Komplex N°9 2016

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Mietbereich nach wie vor akut, meist im mittle­ ren Preissegment. Bezeichnenderweise haben wir es hier mit einem kantonsübergreifenden Phäno­ men zu tun, genauer gesagt einem Wettbewerb zwi­ schen den Kantonen. Das hat zur Folge, dass die Mieten in Genfer Erschliessungsgebieten günstiger sind als im übrigen Genferseebogen. In seinem Legislaturprogramm 2012–2017 er­ hob der Staatsrat des Kantons Waadt den Kampf gegen die Wohnungsnot zur obersten Priorität. De­ batten über das entsprechende Paket werden 2016 auch den Waadtländer Grossrat beschäftigen, unter anderem die Wohninitiative des Schweizerischen Mieterverbands und die Erarbeitung eines Gegen­ entwurfs durch den Staatsrat. Zahlreiche Wohn­ bauprojekte – Chavannes-près-Renens, Plaines-duLoup, Vidy, Renens – werden voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren zustande kommen. Freiburg konnte seine Preise in einem vernünf­ tigen Rahmen halten und das trotz des galoppie­ renden Bevölkerungsanstiegs, der bis 2014 einer der höchsten des Landes war und die Nachfrage stützte. 2015 sah man dagegen einen leichten Rück­ gang der Nachfrage bei weiterhin riesigem Angebot. Diese Kombination dürfte den Preisanstieg in al­ len Segmenten des Wohnungsmarkts in gewissem Umfang bremsen. Die Nebenzentren wie Yverdon und das Gros-de-Vaud sowie der Saane- und Vivis­ bachbezirk im Kanton Freiburg sind für Investo­ ren offenbar interessant. Betroffen von dieser Ent­ wicklung sind dabei die kleinen Ortschaften und alle Standorte in guter Entfernung zu den grossen Ballungsgebieten. Aufgrund der verschärften Finanzierungsbedin­ gungen (BVG, Bankenrichtlinien etc.) bleibt vielen Haushalten keine andere Wahl, als Eigentumswoh­ nungen in günstigeren Gegenden zu kaufen. Das wird jedoch Auswirkungen auf die Verkehrssitua­ tion haben. Im Kanton Waadt etwa treibt nach Che­ seaux und Cossonay nun auch La Sarraz seine Ent­ wicklung voran. Im Kanton Freiburg wurde in Bulle und Châtel-Saint-Denis viel gebaut, demnächst wohl auch im Glane-Gebiet. Sitten, Freiburg und Neuenburg bieten ein städtisches Umfeld, das be­ zahlbar ist, wobei die beiden Letzteren zudem von der Nähe zu Bern profitieren. Der Jura ist dank der extrem günstigen Grundstückspreise vor allem ein guter Markt für Einfamilienhäuser. Dieser Kanton hat ebenso wie das Wallis die meisten Hauseigentü­ mer der Romandie vorzuweisen (rund 55 Prozent).

Delsberg gibt sich sehr dynamisch und bemüht sich, von seiner Nähe zu Basel zu profitieren. In Neuen­ burg zeigt sich im unteren Kantonsteil ein gewisser Mangel. Aufgrund des überalterten Immobilienbe­ stands boomt dort der Renovationsmarkt. Im Wallis geht die Nachfrage zurück, das An­ gebot steigt. Das erklärt, warum hier die Preise für Wohnraum tendenziell sinken. Im obersten Preissegment und in den Ferienorten ist das Un­ gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage am grössten. Die sehr niedrigen Hypothekarzinsen und erschwingliche Grundstückspreise begünsti­ gen auch weiterhin den Kauf von Einfamilienhäu­ sern und Eigentumswohnungen in diesem Kanton, in dem das Preisniveau für Wohneigentum nach wie vor weit unter dem der übrigen Schweiz liegt. Deshalb gestaltet sich auch der Mietwohnungs­ markt im Wallis ganz anders als in der restlichen Romandie. Eine Ausnahme bildet dabei Sitten mit einem dynamischen Markt gerade in diesem Sek­ tor. Auch das Walliser Chablais fällt aus dem Rah­ men. In den Bergregionen verringert sich die Zahl der Projekte, weil der Bau von Wohneigentum, das nicht als Hauptwohnsitz genutzt werden soll, seit Annahme der Zweitwohnungsinitiative erheblich erschwert ist. Gewerblicher und öffentlicher Bau

Der deutliche Rückgang bei den üblichen Abneh­ mern von Büroraum, vor allem von Finanz- und Be­ ratungsfirmen sowie Versicherungen, führte gene­ rell zu einem Überangebot, insbesondere in Genf. Davon betroffen sind viele kleine, alte und teure Gewerbeflächen im Stadtzentrum. Da neue Pro­ jekte immer seltener angestossen werden, verrin­ gert sich jedoch zurzeit das Angebot. Die gute Idee, Büroräume in Wohnungen umzuwandeln, findet leider nicht den erwarteten Zuspruch, zumal das Vorhaben aus technischen wie auch administrati­ ven Gründen offenbar schwieriger ist als gedacht. Lausanne ist zwar weniger von bestimmten Branchen abhängig als andere Schweizer Städte, doch hat auch dort die Nachfrage nach Büroräu­ men nachgelassen. Das Angebot ist deshalb insge­ samt gestiegen. Da es sich auch hier vorrangig um kleinere Flächen in der Innenstadt handelt, sind Grossunternehmen gezwungen, sich mangels pas­ sender Angebote ausserhalb des Stadtzentrums umzusehen. Biopôle und der EPFL-Campus kön­ nen diese Nachfrage befriedigen. Unter den recht


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