Kundenmagazin Gotteswerk 6.2016

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In Ihrer Arbeit sind Sie mit einer nahezu unendlich großen Flut an Design und Projekten konfrontiert, die sie ja als chefredakteurin oder auch als Juror bewerten müssen.

Gute Sachen bleiben hängen und alles andere eben nicht

FRAGE 07 / 19

NOVUM-HEFTE AUS VERSCHIEDENEN JAHRZEHNTEN: DIE ERSTAUSGABE ERSCHIEN 1924 UNTER DEM NAMEN „GEBRAUCHSGRAPHIK“

Wie schaffen Sie es bei soviel Input einen klaren Kopf zu behalten? Wann ist in Ihren Augen eine Idee exzellent umgesetzt?

Das ist relativ einfach, denn wirklich gute Sachen bleiben hängen und alles andere eben nicht. Das ist aber nicht nur bei mir so, sondern bei jedermann und damit ist die zweite Frage eigentlich auch schon beantwortet. Wenn man die handwerklichen Qualitätskriterien im Design einmal voraussetzt, dann ist wohl Relevanz ein wichtiges Stichwort. Ich sehe oft viele, unglaublich toll umgesetzte Dinge und stelle mir gleichzeitig die Frage – wer um alles in der Welt braucht das? Wer kauft das? Wer liest das? Natürlich dürfen Dinge, Drucksachen oder was auch immer, einfach „nur schön“ sein, was dann aber mit Grafikdesign im engeren Sinn schlichtweg nicht mehr viel zu tun hat. In den Anfangsjahren hieß die novum ja noch „Gebrauchsgraphik“– ein Titel, der genau das aussagt, was Design auch heute noch sein sollte. Und würde er nicht nach Antiquariat klingen, würde ich glatt für eine Wiederein-

führung plädieren. Gebrauchsgrafik erfüllt eine erkennbare Aufgabe und ist nicht nur eine etwas strukturiertere Art der freien Kunst. Eigentlich hatte der von mir sehr geschätzte Kurt Weidemann alles in seinen zehn Geboten der Typografie auf den Punkt gebracht, bei denen es unter anderem heißt, „… die Kunst dabei ist vor allem die Kunst, von sich selbst weitgehend absehen zu können.“ Ich glaube, jetzt habe ich die Kurve zur Exzellenz noch nicht bekommen – ein echt schwieriger Begriff. Rein sachlich ist Design wohl exzellent, wenn höchste handwerkliche Qualität eine komplexe Kommunikationsaufgabe originär löst und damit folglich sowohl überrascht, als auch ein Problem nachhaltig löst. Aber philosophisch betrachtet, kann es auch eine relativ kleine Aufgabe sein, die soviel Charme hat, dass sie der Betrachter nicht vergisst. Ich bleibe dabei, ein schwieriger Begriff, der wohl nicht nur eine Definition verdient hat.

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6.2016

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BETTINA SCHULZ

EINE MENGE HOLZ


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