Erinnerte Bilder-Images.Remembered

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ERINNERTE BILDER SAMMLUNG DEUTSCHLAND

IMAGES REMEMBERED COLLECTION GERMANY

Thomas Kutschker


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ERINNERTE BILDER SAMMLUNG DEUTSCHLAND 2000 - 2004

IMAGES REMEMBERED COLLECTION GERMANY 2000 - 2004

Thomas Kutschker



Inhalt Einleitung

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BLICKE DATEN ERINNERUNG FOTOGRAFIE 01[Negativ Nummern] FOTOGRAFIE 02 [Archiv Nummerierungen] FOTOGRAFIE 03 [Bestell Markierungen] FOTOGRAFIE 04 [über Fotografie] FOTOGRAFIE 05 [graphisches, abstraktes] ORTE PRIVATES

013 021 039 047 061 079 087 095 111 133

„Die andere Seite der Bilder“, Essay von Esther Ruel Impressum

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Table of Content Introduction

008

VIEWS DATA PHOTOGRAPHY 01[NEGATIVE NUMBERS] PHOTOGRAPHY 02 [ARCHIVAL NOTES] PHOTOGRAPHY 03 [MARKS OF SELECTION] PHOTOGRAPHY 04 [ABOUT PHOTOGRAPHY] PHOTOGRAPHY 05 [ABSTRACTS] PLACES PRIVATE REMEMBRANCE

013 021 039 047 061 079 087 095 111 133

„The other side of the image“, Essay by Esther Ruelfs Impressum

183 188

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Die Arbeit ERINNERTE BILDER-SAMMLUNG DEUTSCHLAND besteht aus ca. 200 Fotografien. Die Originalfotos stammen aus Privatbesitz, sind Fundstücke oder ich habe sie auf Flohmärkten und bei Wohnungsauflösungen gekauft. Der Zeitraum aus dem diese Bilder stammen reicht von 1894 bis 1993. Was mich an diesen Amateurfotos interessiert ist deren Rückseite. Man sieht die verschiedenen Handschriften, Papierarten, Markennamen, mechanische Einschreibungen, Spuren der Zeit. Sie erzählen eine Geschichte. Für meine Arbeit ERINNERTE BILDER reproduziere diese Originalfotos, sodass die Rückseite zu einer neuen, eigenständigen Fotografie wird, deren durchscheinende Vorderseite man noch ahnen kann. Ein archivarischer Ansatz, der den Wandel der Gesellschaft widerspiegelt: die Veränderungen der fotografischen Materialien und Stile, der Einschreibungen der Maschinen, der Gebrauchsspuren und der Kommentare. Der Wandel der Lebensweisen ist ebenso spürbar, wie Veränderung der individuellen Realitäten. Das Verhältnis Sprache - Bild wird umgekehrt. Nicht die Sprache erklärt das vorhandene Bild, sondern die Schrift evoziert Bilder. Welche Beobachtung die Schrift hervorgerufen hat, dh. welches Motiv zugrunde lag bleibt vage - ein Geheimnis. Das neue Bild wird Projektionsfläche von Erinnerungsbildern der Betrachter. Die Sammlung ist in die Serien BLICKE, DATEN, ERINNERUNG, FOTOGRAFIE 01-05, ORTE und PRIVATES gegliedert. Hängung und Anzahl der Arbeiten variiert je nach Ausstellungskontext und -möglichkeiten. Die Sammlungen FINNLAND und ITALIEN sind ebenfalls abgeschlossen. Thomas Kutschker

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The collection IMAGES.REMEMBERED-COLLECTION GERMANY consists of about 200 photographs. The originals are private images which I found or bought on fleemarkets. They were taken between 1894 and 1993. What interests me in these amateur images is their backsides. Hand writings, the kind of paper, marks by hand or by machines are marks of the time and form the story of each image. For this project I reproduced the original photograph from the backsides in a way that you still have a glimpse, an idea what the image on the front might have been like. This is an archival approach in a subjective, selective manner which reflects the different social functions of photographs. It shows the development of photographic materials and styles as well as the changes of society and life style. The relation of language/writing and image is inverse. Photography itself is met into discussion - the medium in which this work is presented and archived. The series can be seen as a time warp through society, photographic habits and materials. The collection consists of the following series: DATA, PHOTOGRAPHY 01-05, PLACES, PRIVATE, REMEMBRANCE and VIEWS. The collection IMAGES.REMEMBERED function as a modular system. The presentation and the number of pictures can vary depending on the exhibition space and possibilities. The collections of Finland and Italy are as well completed. Thomas Kutschker

010




BLICKE VIEWS

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DATEN DATA

021



















ERINNERUNGEN REMEMBRANCE

039









FOTOGRAFIE 01

[Negativnummern]

PHOTOGRAPHY 01

[negative numbers]

047















FOTOGRAFIE 02

[Archivnummern]

PHOTOGRAPHY 02

[archival numbers]

061



















FOTOGRAFIE 03

[Bestellnummern]

PHOTOGRAPHY 03

[order numbers]

079









FOTOGRAFIE 04 [端ber Fotografie]

PHOTOGRAPHY 04 [on photography]

087









FOTOGRAFIE 05

[abstrakt, leer]

PHOTOGRAPHY 05

[abstract, empty]

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ORTE PLACES

111























PRIVAT PRIVATE

133





















































The other side of the image Kutschker focuses in his work on the „other side“ of photographs and thus shows us the „bureaucratic“ side of them. In this way he brings to our attention the way the pictures are handled, and he himself becomes a collector and an archivist. When usually only historians and archivist are interested in stamps or writings in order to identify a photograph as the work of some particular photographer, to determine where the picture was taken or to reconstruct the photographer or firm by the stamps, Kutschker also finds the backsides also aesthetically interesting. This aesthetical interest is directed towards the form of instrumental self-reflection of photographs, which is also typical of palimpsests. If the reading process is disturbed because the letters of the hidden text show trough, it becomes immediately clear that text is not an immaterial medium when its physical attributes come to the fore. Or when an exciting video film suddenly is interrupted only to show fragments of an previously recorded film, the medium itself becomes visible. Kutschker uses this palimpsest analogy as well. The photographs themselves tell their own media story, not the people imortalized on the front. Photography as an object comes to the fore. Burn marks, tears, creases and sur face damages become visible. The viewer asks himself, for example, how the enormous number of scratchings made by a sharp object have appeared there, or how a tear, which runs straight through a little family standing in line, was born. The aesthetic value of the series is the impressive connection and comparison of the palimpsest and photography. Kutschker manages in his work to visualize the otherwise invisible „other side of photographs“, the side of organizing and remembering . That which the theory of photography truly needs to spesialize on is immediately, precisely and impressively seen here: a photograph is more than a representation of the object, more than a picture of the photographee, that is, it is a medium and as a medium a part of collective culture of remembering, which would not be possible without photographs. Without the „other side of photographs“ the function of the pictures in the cultural memory could not be fulfilled and they would remain as individual shots and their order would fade irreversibly with the memory of the people who took them. excerpt from „The other side of the image-Thomas Kutschkers Images.Remembered“ by Esther Ruelfs for Fotogeschichte/Austria, 82; 2003)

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Die andere Seite der Bilder 1845, wenige Jahre nach Entdeckung der Fotografie, vergleicht der englische Schriftsteller Thomas De Quincey das menschliche Gehirn mit einem Palimpsest. Mit jenem vielschichtigen Medium also, das entsteht, wenn ein bereits vorhandenes Dokument ein zweites Mal überschrieben wird. „Unvergängliche Schichten von Ideen, Bildern, Gefühlen haben sich so sanft wie das Licht auf dein Gehirn gelegt. Jede neue Schicht scheint alle vorangehenden unter sich zu begraben. Und doch ist in Wirklichkeit nicht eine von ihnen ausgelöscht.“ Wie Chemikalien die im Palimpsest verborgene Schrift sichtbar machen, so entsteigt dem Entwicklerbad das fotografische Abbild. Die Arbeit „Erinnerte Bilder“ von Thomas Kutschker thematisiert das Phänomen des Palimpsests in dreierlei Hinsicht. Zunächst einmal buchstäblich: als Überschreibung. Der Fotograf zeigt uns die leicht vergilbten Kehrseiten von Fotografien: Eine Ansammlung unterschiedlicher Fotos, die sich in Papierqualität und -art, Beschriftung, Stempelung, Erhaltungszustand und in ihren Formaten unterscheiden. In nüchterner objektivierender Weise fotografiert Kutschker die Rückseite der Fotografien vor weißem Hintergrund. Die „Versuchsanordnung“ bleibt immer dieselbe. Das Bild im Bild ist zentriert angeordnet und von einem breiten weißen Rand umgeben. Metaphorisch bezieht sich Kutschkers Arbeit auf das Palimpsest, indem sie seine Eigenschaft als Gedächtnismetapher aufgreift. Das Palimpsest ist nach Auskunft De Quinceys ein Speicher latenter Erinnerungen. Zum Motiv seiner Arbeit wählt der Fotograf gerade jenen Teilbereich der fotografischen Praxis, aus der sogenannte „Erinnerungsbilder“ hervorgehen: private Bilder aus Urlaub oder Freizeit, mit Familie oder Freunden, die jeder von uns besitzt. Diese Knipserfotografien bleiben dem nicht Eingeweihten gegenüber unverständlich, wie Timm Starl in seiner Arbeit über den Knipser deutlich gemacht hat, denn man weiß meist nicht, wer oder was darauf zu sehen ist. Sie bleiben stumm. Um die Bilder zu beleben, „bedarf es des erinnernden Blicks, der das vergangene Geschehen, das sich hinter dem Sichtbaren einer Fotografie verbirgt, in die Gegenwart überführen kann.“ Man muss also, wie bei der Lektüre eines Palimpsestes, eine zweite Schicht erschließen. „Niemand anderer als der Hersteller der Bilder vermag - ausgestattet mit dem Blick der Erinnerung - den Schleier der Beiläufigkeit zu durchdringen. In diesem Blick liegt das Eigentliche der Knipserfotografie verborgen, die nicht nur den Akt der Aufnahme und das daraus resultierende Produkt umfasst, sondern auch den Umgang mit den Abzügen, das Beschriften, Ordnen, wiederholte Betrachten.“ Diese Ordnung der Beschriftung führt Kutschker vor, indem er die Rückseiten fotografiert, auf denen das Wissen über die Bilder festgehalten ist. Kutschker greift in seinem Arrangement des Materials auf Vorbilder einer Ordnung zurück, die an archivarische Verzeichnisse oder Bestandskataloge erinnert. Es handelt sich hier um ein Archiv, in das er mit geradezu „wissenschaftlichem“ Interesse die einzelnen Bilder verschiedenen Klassen zuzuordnen.

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In der Präsentation seiner Arbeit zeigt er unter dem Stichwort „Daten“ eine Rubrik einer Chronologie von Jahreszahlen zwischen 1919 bis 1963. Unter der Serienbezeichnung „Fotografie 01“ zeigt er eine Zahlenreihe von 1 bis 13, die sich auf die Nummerierung des Negativfilmmaterials bezieht. All diese Informationen befinden sich auf der „anderen Seite des Fotos“, auf der Rückseite, die Kutschker als archivarische Seite des Bildes sichtbar macht. Zugleich ähneln nicht nur die Ordnungsschemata denen eines Archivs, sondern auch der Umfang der Arbeit ist wie dieses prinzipiell ins Unendliche erweiterbar. Darüber hinaus ähnelt die Arbeit, seine Tätigkeit selber der eines Archivars. Er dreht die Fotografien um. Nicht das Dargestellte ist hier von Interesse, sondern die Bezeichnung, die Beschriftung auf der Rückseite des Fotos. Kutschker stellt in seiner Arbeit die „andere Seite“ der Fotografien ins Zentrum des Interesse und macht damit die „bürokratische“, verwaltete Seite der Fotografien deutlich. Hierbei lenkt er unseren Blick auf den Umgang mit Fotografien, er selbst wird zum Sammler zum Archivar. Während es sonst vor allem Historiker und Archivare sind, die sich für die Stempel oder Beschriftungen interessieren, etwa um ein Bild einem bestimmten Fotografen zuordnen zu können, Ort und Datum der Aufnahme zu bestimmen oder aus den Stempeln den Autor oder den Vertrieb zu rekonstruieren, sind die Rückseiten für Kutschker aber auch von ästhetischem Interesse. Dieses ästhetische Interesse fokussiert auf eine Form der medialen Selbstreflexion der Fotografie, die gleichzeitig typisch für Palimpseste schlechthin ist. Wenn der Lesefluss bei der Lektüre unterbrochen wird, weil die Zeichen eines verborgenen Textes hindurchscheinen, wird sofort deutlich, dass ein Text kein immaterielles Medium ist, denn seine Materialität tritt in den Vordergrund. Das fotografische Objekte selbst tritt in den Vordergrund. Es zeigt Brandspuren, Risse, Knicke und Verletzungen der Oberfläche. Man fragt sich beispielsweise nach der Herkunft einer Unzahl kleiner mit einem scharfen Gegenstand entstandener Einritzungen oder nach der Entstehung eines Risses der mittig durch eine aufgereihte Kleinfamilie verläuft. Die ästhetische Leistung dieser Arbeit liegt in der überzeugenden Verknüpfung dieser Aspekte des Palimpsestes der Fotografie. Kutschkers Arbeit gelingt die Visualisierung der sonst verborgenen „anderen Seite der Bilder“ als Seite der Ordnung und der Erinnerung. Wofür die Fototheorie den Umfang von Monographien benötigt, wird hier schnell, präzise und eindringlich sichtbar: daß das Bild mehr ist als die Repräsentation eines Objekts, mehr als das Abbild eines Vorbilds – nämlich ein Medium und als Medium Teil einer kollektiven Erinnerungskultur, die ohne Fotografien nicht sein könnte. Ohne die „andere Seite der Bilder“ könnte die Funktion der Fotos im kulturellen Gedächtnis nicht erfüllt werden, sie blieben privat, und ihre Ordnung würde mit der Erinnerung ihres „Knipsers“ unwiederbringlich verblassen. „Die andere Seite der Bilder. Thomas Kutschkers: Erinnerte Bilder- Collection“ von Esther Ruelfs erschien in einer Langfassung 2003 in der Fotogeschichte/Austria, 82-2003



fotografische Serie | series of photographs Originalabzüge | original prints C-Print auf weißem Plexiglas | c-print on white plexiglas 17cm x 23cm Auflage | edition 8 (+1 AP) C-Print auf Aluminium hinter Diasec | c-print on white plexiglas behind Diasec 48cm x 58cm Auflage | edition 5 (+1 AP) alle Fotografien | all photographs © 2004 Thomas Kutschker Buch + Konzept | book + concept © 2011 Thomas Kutschker, fotografisches.com ISBN 978-3-00-036915-5

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moc.sehcsfiargotof 1102 Š 5-519630-00-3-879 NBSI


Š 2011 fotografisches.com ISBN 978-3-00-036915-5


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