Viennale 23

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„Poor Things“ (Regie:

Der Gewinner von Venedig Poor Things mit Emma Stone +++ Interviews mit Claire Simon und Mia Wasikowska +++ 50 Jahre chilenischer Film Widerstand, Erinnerung, Neuerfi ndung +++ Doku über Joan Baez +++ Retrospektive Raúl Ruiz +++ Filmlexikon & Programm von 19. bis 31.10.

DIE BESTEN FILME. ALLE TERMINE
Nr. 41b/23 Österreichische Post AG, WZ 02Z033405 W, Falter Zeitschri˜ en GmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien
FALTER
Viennale 2023
Yorgos Lanthimos), Foto: Atsushi Nishijima / Searchlight Pictures

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Die 61. Viennale eröffnet mit einem hrausragenden, für manche vielleicht überraschenden Film: „Magyarázat mindenre“ („Explanation for Everything“) von Gábor Reisz. Vor dem Hintergrund einer Maturaprüfung spiegelt dieser Film die politische Spaltung im gegenwärtigen Budapest in der Interaktion seiner unterschiedlichen Protagonist:innen. Dabei kreuzt er verschiedene Blickwinkel und politische Seiten von der Linken über den Nationalismus bis hin zur radikalen Rechten. Mit akribischer Genauigkeit entwirft Reisz hier einen Mikrokosmos jener Kräfte, die heute Länder überall auseinanderreißen. Seine subtile Inszenierung führt ideologische und mediale Instrumentalisierungen ad absurdum und enthüllt elegant das Parodistische, das unserer Realität auch immer innewohnt.

„Magyarázat mindenre“ ist ein Film, der von unmittelbarer nachbarschaftlicherZeitgenossenschaftdurchdrungen ist; er wurde zum Auftaktausgewählt mit der Absicht, den politischen Ton zu setzen, der unser Programm in seiner Gesamtheit kennzeichnet – und insbesondere jene Spannungen zu adressieren, die Österreich selbst durchziehen und unmittelbar betreffen.Der perfekte Einstieg in eine ihrer Zeit tief verpflichtete,zugleich wunderbar kinematografischeViennale.

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EVA SANGIORGI DIREKTORIN VIENNALE FOTOS: VIENNALE (5), FILMLADEN Vorwort Impressum Inhalt 6 19 12 14 20 Falter 41b/23 Herausgeber: Armin Thurnher Medieninhaber: Falter Zeitschriften GmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1010 Wien, T: +43-1/536 60-0, E: wienzeit@falte .at, www.falter.at  Redaktion: Michael Omasta  Herstellung: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.; Layout: Andreas Rosenthal, Nadine Weiner, Marion Großschädl; Lektorat: Helmut Gutbrunner, Daniel Jokesch; Geschäftsführung: Siegmar Schlager; Anzeigenleitung: Ramona Metzler  Druck: Passauer Neue
Druck
94036 Passau  DVR: 047 69 86. In Kooperation
VIENNALE.
Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung ge äß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter ständig abrufba Beer, Bennett,Baldwin Fünf Empfehlungen aus dem aktuellen Programm der Viennale 5 Widerstand, Erinnerung, Neuerfindun Eine außergewöhnliche Retrospektive über 50 Jahre chilenisches Filmschaffen 6 Ein wahrer Höllentrip Keine Angst! Das Filmarchiv Austria lädt zur Wiederentdeckung des österreichischen Films der 1980er ein 8 Die Parodie eines Emanzipationsdramas Yorgos Lanthimos’ Frankenstein-Fantasy „Poor Things“ setzt auf augenzwinkerndes Amüsement 9 „Was ich nicht zeigen konnte, waren große Schmerzen“ Frausein ist nichts für schwache Nerven: Claire Simons einzigartige Doku „Notre corps“ 10 Anderswo schon einmal gesehen Cinephiler Urahnen-Klau: Timm Krögers „Die Theorie von Allem“ ist ein Suchbild in Gediegenheit 11 Die Wahrheit hinter der Lüge Angela Schanelecs Ödipus-Paraphrase „Music“ erzählt von Liebe und der Macht des Gesangs 12 Eine Lebensreise zu sich selbst Ein neues Porträt der Sängerin und Aktivistin Joan Baez gibt tiefe persönliche Einblicke 13 Brüderliche Neugier Barbet Schroeder und Alain Cavalier leisten filmischeFreundschaftsdienst 14 Der erste Kontakt ist der tiefste Bruno Jorges „The Invention of the Other“ ist das Dokument einer gefährlichen Mission 15 Timetable Alle Filme auf einen Blick: Der Falter-Plan zur Viennale ’23 16 „Miss Novak ist eine wahrhaftGläubige“ Mia Wasikowska treibt in „Club Zero“ die Kinder einer Eliteschule volley in die Essstörung 19 Von einer Welt in eine andere Viennale und Filmmuseum widmen dem Exil-Chilenen Raúl Ruiz (1941–2011) eine große Retrospektive 20 Lexikon Empfehlungen der Redaktion und Kurzbeschreibungen aller Filme der Viennale ’23 22
Presse
GmbH,
mit der
Alle Rechte, auch die der Übernahme von

Ticketinformationen

Ticketverkauf ab 14. Oktober 2023, 10 Uhr

Tickets können an den Viennale Kassen, online oder per Telefon gekauft werden:

VORVERKAUFSSTELLE GARTENBAUKINO (Barzahlung, Bankomat oder Kreditkarte)

14. bis 18. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr (19. Oktober, 10 bis 16 Uhr)

Bei großem Andrang werden am 14. Oktober 2023 Wartenummern ausgegeben.

TICKETS ONLINE – VIENNALE.AT

14. bis 31. Oktober

(Bezahlung per Online-Banking, PayPal, Kreditkarte) Zum Normalpreis online gekaufte Tickets können als Print-at-home-Tickets ausgedruckt oder am Display Ihres Smartphones beim Einlass in den Kinosaal vorgewiesen werden.

Ermäßigte Tickets können online gekauft werden, müssen jedoch an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino oder in den Festivalkinos gegen Vorweis des Ermäßigungsnachweises abgeholt werden.

TICKETS PER TELEFON

14. bis 31. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr (Bezahlung nur per Kreditkarte)

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GEKAUFTER TICKETS

Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.

TICKETVERKAUF IN DEN FESTIVALKINOS

19. bis 31. Oktober

Geö net ab einer Stunde vor Beginn der ersten bis zum Beginn der letzten Vorstellung (Barzahlung, Bankomat oder Kreditkarte)

Gartenbaukino

Stadtkino im Künstlerhaus

Urania

Österreichisches Filmmuseum

Metro Kinokulturhaus

Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.

TICKETVERKAUF FÜR DIE RETROSPEKTIVE

Ab 14. Oktober sind Tickets für die während der Viennale gezeigten Filme (20. bis 31. Oktober) an allen Viennale Kassen sowie online und telefonisch erhältlich. Es gelten die Preise der Viennale. Für Mitglieder des Filmmuseums gelten die Preise des Filmmuseums (nicht bei Onlinekauf).

RESTTICKETS

BEI AUSVERKAUFTEN FILMEN

30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für Resttickets ausgegeben.

ZUGEWIESENE SITZPLÄTZE

Für alle Vorstellungen werden ausschließlich zugewiesene Sitzplätze vergeben, es gibt keine freie Platzwahl.

KEIN NACHEINLASS NACH VORSTELLUNGSBEGINN

TICKETPREISE

Einzelticket € 10,50

Ab 10 Tickets € 10,—pro Ticket

Ab 20 Tickets € 9,30 pro Ticket

ERMÄSSIGUNGEN

erhältlich mit entsprechendem Nachweis

Einzelticket € 10,—

Ab 10 Tickets € 9,50 pro Ticket

Ab 20 Tickets € 8,80 pro Ticket

VERMEHRT SCHÖNES!

JUBILÄUMS-TICKET € 7,50

10 Jahre Vermehrt Schönes! Anlässlich des Jubiläums unseres Hauptsponsors Erste Bank erhalten

Student:innen, Schüler:innen, Lehrlinge, Präsenzund Zivildiener unter 27 Jahren sowie Pensionist: innen – gegen Vorweis des entsprechenden Ausweises – für alle Vorführungen vor 17.30 Uhr ermäßigte Tickets um € 7,50 (ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn an der jeweiligen Kinokassa).

EN LE N VI

BRING YOUR KIDS!

Die Viennale bietet allen Eltern, die gerne einen Nachmittagsfilm sehen möchten, die Möglichkeit, ihre Kinder während der Vorstellung professionell und kostenlos betreuen zu lassen! Genießen Sie den Film Ihrer Wahl (Ticketkauf erforderlich), während Ihre Kinder malen, basteln, spielen können (ab 2 Jahren).

21. und 22. Oktober, 12.30 bis 18.30 Uhr, Urania, Terrassensaal Bitte melden Sie den Betreuungsbedarf unter kinderbetreuung@viennale.at (Anmeldung erforderlich, begrenzte Platzzahl. First come, first served.)

VIENNALE MERCHANDISING

Publikationen und Artikel des Festivals sind an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino, in den Kinos sowie

online erhältlich: Festivalkatalog € 10 Katalog Raúl Ruiz € 12 Textur #1 – Angela Schanelec € 12 Textur #6 – Lisandro Alonso € 12 Viennale 60. On Film Festivals. € 12 V’23-Plakat (A1) € 3 Plakat Retrospektive (A1) € 3 V’23-Schlüsselband € 4
61st VIENNA INTERNATIONAL FILM FESTIVAL
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Beer, Bennett, Baldwin

Die 30. Falter-Beilage zur Viennale: Fünf Empfehlungen aus dem aktuellen Programm

VORSPANN:

MICHAEL OMASTA

Was ist Arbeit? Den kaputten Kühler vom Auto reparieren? Ja. Die Teerpappe am Dach ausbessern? Ja. Essen zubereiten? Ja. Schreiben, fotografieren?Da gehen die Meinungen schon auseinander. Felix werkt an seiner Bewerbung für die Kunstakademie, Leon brütet über seinem zweiten Buch. Dafür haben sich die Freunde in einem Sommerhaus an der Ostsee einquartiert; dort findensie mit Nadja unerwartet noch eine Mitbewohnerin plus deren Bekannten vom Strand vor.

Nicht wegen ihres regen Liebeslebens, sondern durch ihre bloße Anwesenheit sorgt „die Russin“, wie der genervte Leon sie nennt, für Unruhe. Diese wird noch verstärkt durch Flugzeuglärm und Meldungen von einem Waldbrand, der außer Kontrolle zu geraten scheint. Einmal stehen die vier auf dem Dach und sehen in der Ferne den Widerschein des nahenden Feuers.

Christian Petzolds „Roter Himmel“ ist ein Film der schwelenden Gefühle. Um den Schluss hinzukriegen, zitiert er Rossellinis „Viaggio in Italia“, doch eine wichtigere Referenz, sagt der Filmemacher, seien die Werke von Eric Rohmer, deren Tempo und Leichtigkeit. In den Hauptrollen spielen Thomas Schubert, Langston Uibel und Paula Beer. Sie darf Heine rezitieren und lakonisch schöne Sätze sagen wie: „Du hast da Gulasch“ im Gesicht.

„The Woman on the Beach“ spielt gleichfalls am Meer. Jean Renoir hat ihn 1946 gedreht, als letztes Werk seiner Jahre im Hollywoodexil; danach kaufteRKO ihm seinen Vertrag ab, auf dass er keinen der zwei weiteren vorgesehenen Filme mehr für sie mache. Es ist die Geschichte eines traumatisierten Lieutenants (Robert Ryan), eines erblindeten Malers (Charles Bickford) und seiner jungen Frau (Joan Bennett), das Thema: die Einsamkeit. Es handelte sich um eine „Art Avantgardefilm“,meinte Renoir später, „der aber zu undurchsichtig war, um dem Publikum zu gefallen“.

Tatsächlich ist der „Look“ dieses Films ganz außergewöhnlich. Er versucht die Kulissenhaftigkeitseiner Bauten nicht zu kaschieren, im Gegenteil: Selbst das Meer sieht bei Renoir aus wie im Studio gedreht.

Dazu ein herrliches Score von Hanns Eisler! „The Woman on the Beach“, ein Lieblingsfilmdes früheren Viennale-Direktors Hans Hurch, wird in einer jüngst von der Library of Congress und der Film Foundation restaurierten Fassung gezeigt.

Manchmal zeigen die Qualitäten eines Werks sich erst Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung.Das gilt für Flops wie den Renoir-Film genauso wie für das kurze TV-Feature „Meeting the Man: James Baldwin in Paris“ von Terence Dixon. Ein britisches Fernsehteam rückt im Winter

Avantgardistische Formenpracht: Micrasterias in „Last Things“

1970 aus, um James Baldwin im Exil in Paris zu interviewen. Doch das Gespräch an der Place de la Bastille lässt sich nicht gut an; dem Starautor und seinen Begleitern, einer Gruppe junger Afroamerikaner, die den Kriegsdienst in Vietnam verweigert und Asyl in Frankreich gefunden haben, kommen plötzlich Zweifel an dem Filmprojekt.

„I’m not interested in Jimmy Baldwin’s Paris“, ärgert sich der Autor und hebt stattdessen zu einer Lektion über europäische Geschichte und rassistische Diskriminierung an. Die zwölf Filmminuten sind der seltene Fall einer „missglückten“ Begegnung, aus der man mehr lernt, als aus einem elegant abgerundeten Dokuformat. („Meeting the Man“ ist Teil des Kurzfilprogramms „James Baldwin Abroad“.)

Fern der Heimat, in Albanien, ist Beate Winter im Spielfilm„Europa“ unterwegs. Sie arbeitet für einen Konzern gleichen Namens, der unter dem Vorwand der gesellschaftlichenModernisierung eigenen ominösen Geschäftsinteressenfolgt. Regisseurin Sudabeh Mortezai verhandelt in ihrem Film die Zusammenhänge zwischen „Wokewashing“, Ausbeutung und Neoliberalismus. Miss Winter (toll: Lilith Spangenberg) erinnert an Sandra Hüllers Figur in „Toni Erdmann“, allerdings ist sie noch weit kälter, unnahbarer. Sie soll den alteingesessenen Bauern ihr Land abluchsen, sie nötigenfalls delogieren lassen.

So wie der Sozialist Enver Hoxha in den 1970ern das Land mit zigtausenden Bunkern gegen imaginäre Feinde rüstete, so richtet die Firma Europa nun klandestine Militäranlagen ein. Bei aller Bitterkeit hat der Film auch seine komischen Momente: Etwa wenn die Protagonistin – in schöner Umkehr der traditionellen Rollenverteilung – ihren Assistenten lässig herumkommandiert oder sie sich der kulinarischen Kostproben nicht erwehren kann, die ihr überall als Gast ständig angeboten werden.

Deborah Stratman sagt über sich: „Ich will Dinge ohne Wissen angehen. Ich mache, weil ich etwas nicht weiß.“ Das ist kein schlechter Ansatz, nimmt man die neue Arbeit der US-amerikanischen Filmkünstlerin in den Blick: „Last Things“ heißt der 50-Minüter, eine Art wissenschaftlicher Experimentalfilm,der weniger durch seine philosophischen, abwechselnd in englischer und französischer Sprache vorgetragenen Texte (von Roger Caillois, Clarice Lispector und J.-H. Rosny, einem Sci-Fi-Autor des 19. Jahrhunderts) besticht als vielmehr durch die faszinierenden Bilder, die mikroskopisch kleine Pflanzenund gewaltige Gesteinsformationen bieten. Es geht um den Urknall und die Klimakatastrophe, die ersten und die letzten Dinge eben. F

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Gefühle schwelen, Feuer naht: „Roter Himmel“ von Christian Petzold
FOTOS: VIENNALE
Die einsame Joan Bennettin Renoirs „The Woman on the Beach“ Nomen est omen: Beate Winter (Lilith Spangenberg) in „Europa“

Widerstand, Erinnerung, Neuerfindun

Das chilenische Filmschaffenhat sich in seiner schwierigen Geschichte immer wieder neu erfunden: Eine Retrospektive aus mehr als 50 Jahren bezeugt seine beeindruckende Vielfalt

ÜBERBLICK: RAMÓN REICHERT

Seit der 1959 erfolgten Machtübernahme Fidel Castros auf Kuba versuchten die USA weitere kommunistische Regimes in Lateinamerika zu verhindern und wurden mit Unterstützung ihres Geheimdienstes und finanziellerund politischer Einflusnahme auch in Chile aktiv. Sie unterstützten den Wahlkampf der Christdemokratischen Partei Chiles und im September 1964 gewann deren Spitzenkandidat Eduardo Frei Montalva die Präsidentschaftswahlen

Als Folge der von Frei durchgeführten Modernisierung von Staat, Bildung und Verwaltung entwickelte sich ab Mitte der 1960er eine lebendige nationale Filmkultur, die als Nuevo Cine Chileno bekannt wurde: An der Universität von Chile wurde eine Abteilung für Experimentalfilmgegründet, an der Katholischen Universität in Santiago de Chile ent-

stand ein Filminstitut. In dieser Zeit entwickelten sich die Karrieren junger Regisseure wie Raúl Ruiz, Patricio Guzmán, Aldo Francia, Helvio Soto und Miguel Littín und es entstand ein neues Genre, das von gesellschaftlichenund politischen Strömungen der Zeit inspiriert war: der Dokumentarfilm.

Kalter Krieg und Nuevo Cine Chileno

Politik war in den 1960ern ein Schlüsselthema für das chilenische Kino. Auch in anderen südamerikanischen Ländern wurde das Kino zum Schauplatz politischer Reformbewegungen. Es entstanden das Cinema Novo in Brasilien und das Nueva Cinema in Argentinien. In seinem Buch „Documentary Cinema in Chile“ betont der australische Filmtheoretiker

Antonio Traverso, dass „linke chilenische Filmemacher*innen nicht verstanden werden können, ohne sie mit der entstehenden sozialen und politischen Identität des lateinamerikanischen Kontinents in Verbindung zu bringen“.

Das 1967 in Viña del Mar erstmalig stattfindendeFestival del Nuevo Cine Latino americano leitete die Bewegung des jungen chilenischen Films ein. Die christdemokratische Regierung unter Präsident Eduardo Frei beschloss ein Gesetz zur Förderung des nationalen Films, das 1968/69 einige der wichtigsten Werke aus der Zeit der Erneuerung des chilenischen Kinos ermöglichte: Raúl Ruiz’ „Tres tristes tigres“, Miguel Littíns „Elchacalde Nahueltoro“, Aldo Francias „Valparaíso mi amor“ und Helvio Sotos „Caliche sangriento“. Mit der Verstaatlichung der Produk -

tionsfirmaChile-Films durch seinen Nachfolger Salvador Allende wurde das internationale Ansehen des chilenischen Films zusätzlich gestärkt. Patricio Guzmán, der in der Retrospektive mit dem sehenswerten „Chile, la memoria obstinada“ (1997) vertreten ist, wurde Direktor der Werkstatt für Dokumentarfilmevon Chile-Films und drehte „Premier año“ über das erste Regierungsjahr von Allende. Diese einflussreiche Ära der chlenischen Filmkultur wird im Programm der Viennale umfangreich abgebildet; von Raúl Ruiz ist nicht nur sein einflussreichesWerk „Palomita blanca“ (1973) zu sehen, sondern er wird zudem mit einer eigenen Personale geehrt. Aber auch die filmischen Arbeiten von Aldo Francia („Valparaíso mi amor“, 1969), Helvio Soto („Caliche sangriento“, 1969) und Miguel Littín („El Chacal de Nahueltoro“,

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FOTO: VIENNALE

1969), die bereits im Vorfeld der sozialistischen Utopien Allendes produziert werden, hat das Kuratoren-Team, bestehend aus der chilenischen Regisseurin Dominga Sotomayor und Haden Guest, dem Direktor des Harvard Film Archive, in ihr Programm „Widerstand, Erinnerung, Neuerfindung: Fünfzig Jahre Chilenischer Film“ aufgenommen.

„Un sueño como de colores“ (1972) von Valeria Sarmiento ist die – chronologisch gesehen – erste Filmarbeit einer weiblichen Regisseurin der Programmauswahl. Dieser dokumentarische Kurzfilmporträtiert eine Gruppe von Striptease-Tänzerinnen und konnte aufgrund des Staatsstreichs von 1973 nicht öffentlichaufgeführt werden. Ein Jahr später ging Sarmiento gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Filmemacher Raúl Ruiz, nach Frankreich ins Exil, wo

sie seither lebt. Zwischen Staatsterror, Repression und Flucht ins Ausland ging Sarmientos zehnminütiger Film verloren, erst 2021 wurden die Originalnegative wieder gefunden, an die Cineteca der Universidad de Chile übergeben und restauriert. Ihr Debütfilmbefasst sich mit dem Privatleben und der Intimität von Frauen, die ihre Familien finanziellunterstützen, indem sie in Stripteaseclubs ihre Körper zur Schau stellen. Der Film beeindruckt nicht nur durch seine experimentelle Inszenierung, bei der dokumentarisches Schwarzweiß mit Farbaufnahmen gemischt werden, sondern auch durch sein investigatives Kinoverständnis bei der Thematisierung von Frauenrechten.

Militärdiktatur und Diaspora

Der Kalte Krieg spaltete nicht nur die chilenische Gesellschaft,sondern fast alle lateinamerikanischen Länder. Für kurze Zeit öffnetesich das Land, als 1970 bis 1973 Salvador Allende regierte. Als Parteiführer des Linksbündnisses Unidad Popular wollte er auf demokratischem Wege eine sozialistische Gesellschaftetablieren.Seine tausend Tage im Präsidentschaftsamt weckten die Hoffnungenvon Millionen in Chile, indem er Maßnahmen zur Verstaatlichung von Industrien, zur Ausweitung des Bildungswesens und zur Stärkung der Arbeitnehmer erließ. Doch am 11. September 1973 wurde das Land von einem folgenschweren Militärputsch durch General Augusto Pinochet heimgesucht, dessen US-unterstützte Inszenierung die CIA später zugab. An diesem Tag wurde nicht nur die sozialistische Regierung von Salvador Allende beendet, sondern es begann auch eine 17-jährige Diktatur unter General Augusto Pinochet.

Nach dem Militärputsch flohen zahlreiche Filmschaffendeins Ausland, wo sie weiterhin Filme drehten, in denen sie im Kino des Exils die chilenische Militärdiktatur unter Augusto Pinochet reflektiertenund kritisierten. Während dieser Zeit studierte die chilenische Experimentalfilmerin Gloria Camiruaga am San Francisco Art Institute. Sie kehrte Anfang der 1980er nach Chile zurück, in ein Land, in dem die gewalttätige HerrschaftPinochets dominierte und abweichende Meinungen mit Folter und Tod bedroht waren. In diesem Klima alltäglicher Repressionen drehte sie 1984 den subversiven Kurzfilm „Popsicles“, der ein klares Statement gegen das Militärregime darstellt. Er zeigt in Großaufnahmen Frauen, die schmelzendes Eis am Stiel lecken, in dem kleine Spielzeugsoldaten sichtbar werden, welche die militärische Gewalt in Chile repräsentieren.

Auch Cristián Sánchez ist einer der wenigen Regisseure, die unter Pinochet im Untergrund Filme dreh-

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Valeria Sarmiento porträtiert in ihrem Kurzfilm„A Dream As in Colors" (1972) eine Gruppe von Strip-Tänzerinnen. Helvio Sotos „Caliche sangriento“ (1969) spielt im Salpeterkrieg von 1879. Pablo Perelman sucht in „Latent Image“ (1987) nach Spuren seines ermordeten Bruders. Cristián Sánchez drehte „El zapato chino“ (1979) während der Diktatur im Untergrund. Aldo Francia gewinnt seiner Heimatstadt in „Valparaíso mi amor“ (1979) nicht nur Pittoreskesab

»Politik war bereits in den 1960er-Jahren ein Schlüsselthema für das chilenische Kino

Ramón Reichert forscht und lehrt zu Film- und Medienwissenschaftan der Universität für angewandte Kunst in Wien

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Verurteilt zum Tode: Miguel Littíns„Jackal of Nahueltoro“ FOTOS: VIENNALE

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ten. Auf der Viennale ist sein 1979 entstandener Spielfilm„El Zapato Cino“ zu sehen, der in zahlreichen Straßenaufnahmen versucht, die Atmosphäre der Angst und der Verlorenheit inmitten der Diktatur abzubilden. 1982 und 1983 kehrten die aus ihrem Land vertriebenen DokumentarfilmerinnenMarilú Mallet und Angelina Vázquez wieder nach Chile zurück und begannen, filmsche Tagebücher zu drehen. „Journal inachevé“ und „Fragmentos de un diario inacabado“ entstanden. Als die Geheimdienste ihre geheime Einreise entdeckten, mussten sie erneut vor dem Regime fliehenund ihre Filme aus der Ferne vervollständigen. Vor diesem historischen Hintergrund kann die bis in die Gegenwart nachhallende Filmkultur Chiles als ein Sammelbecken traumatischer Erinnerungen an Menschenrechtsverletzungen, Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit verstanden werden.

Aufbruch in die Gegenwart

Während des Militärregimes wurde die Filmproduktion in Chile unterdrückt, da die meisten Filmemacher*innen im Exil arbeiteten. Mit dem Ende des Regimes im Jahr 1990 begann sie jedoch wieder zu steigen. „Imagen latente“ (1987) von Pablo Perelman ist der erste chilenische Film, der die Verwüstungen der Militärdiktatur zeigt. Der Film wurde in Chile zensiert und durfteerst gezeigt werden, als Diktator Augusto Pinochet das Präsidentenamt verließ. 1992 wurde der nationale Kunstfonds fondart gegründet, der später etwa 90 Prozent der Filme unterstützen sollte. Seit 2000 gewannen chilenische Filme auch auf renommierten internationalen Festivals Preise. Das Geschichtsdrama „No!“ von Pablo Larraín (2012), der sich mit der Militärdiktatur in Chile auseinandersetzte, war der erste chilenische Film, der für den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert wurde, und „A Fantastic Woman“ (2017) von Sebastián Lelio war der erste, der ihn gewann. Auf der Viennale ist sein mit Festivalpreisen honoriertes Spielfilmdebüt„La Sagrada Familia“ (2005) zu sehen.

In den Filmen der jüngeren Gegenwart werden soziale und politische Konfliktevielschichtig um persönliche Figurenentwicklungen und subjektive Erzählwelten angelagert. „El Pejesapo“ (2007) von José Luis Sepúlveda und „El viento sabe que vuelvo a casa“ (2016) von José Luis TorresLeiva zählen zu den überragenden Beispielen dieses experimentierfreudigen und formalästhetisch anspruchsvollen Erzählkinos. F

Ein wahrer Höllentrip

Keine Angst! Das Filmarchiv Austria lädt zur Wiederentdeckung des österreichischen Films der 1980er ein

WIEDERGESEHEN: ALBERT MEISL

Dass das Filmarchiv Austria seine Viennale-Reihe mit österreichischen Filmen der 80er-Jahre nach Hansi Langs New-Wave-Hit „Keine Angst“ betitelt hat, wirkt schon fast etwas zynisch. Ist doch die zentrale Wiederentdeckung, mit der die Filmschau aufwarten kann, das verstörende Porträt eines Serienmörders: Gerald Kargls „Angst“ (1983).

Dieser Film, der den Zuschauer auf einen wahren Höllentrip mitnimmt – teilweise in Echtzeit – und in dem eine der heftigstenMordszenen der Filmgeschichte zu sehen ist, war lange ein Phantom des österreichischen Films. Nur ganz wenige hatten ihn gesehen und die, die dazugehörten, wurden nicht müde, von „Angst“ zu schwärmen (unter ihnen auch Extrem-Filmer Gaspar Noé, der ihn zu seinen Lieblingsfilmenzählt).

Nach einer kurzen, erfolglosen Kinoauswertung verschwand Kargls Meisterwerk in der Versenkung. In den 2000er-Jahren gab es zwar immer wieder kleinere DVD- und Blu-RayVeröffentlichungen,trotzdem blieb der Film weitgehend unbekannt. Nun ist er erstmals wieder, 40 Jahre nach der Uraufführung,auf einer österreichischen Kinoleinwand in neu restaurierter Fassung zu sehen.

Gerald Kargl hatte zuvor nur Dokumentarfilmerealisiert und von 1976 bis 1982 mit Horst Dieter Sihler die Österreichischen Filmtage geleitet. In „Angst“ lehnt er sich an einen wahren Fall an. 1980 brachte der Serienmörder Werner Kniesek eine St. Pöltener Familie in seine Gewalt und metzelte sie grausam nie -

der. Kargl stellt den Psychopathen als von einem sadistischen Trieb gequälte Kreatur dar, in deren Gedankenwelt man durch eine Off-Stimme eindringt. Dass die Figur nie grell, bizarr oder unglaubwürdig wird, liegt auch an der überragenden Darstellung durch Erwin Leder, der zwei Jahre zuvor als Maschinist Johann in Wolfgang Petersens „Das Boot“ über Nacht zum Star geworden war.

Leder verkörpert den Psychopathen rein mimisch und physisch, da der Film nahezu ohne Dialoge auskommt, und schafftes, der Bestie ein menschliches Gesicht zu verleihen. Genauso herausragend wie Leders Spiel ist die Kameraarbeit von Zbigniew Rybczyński, die fast ausschließlich aus komplexen Kranfahrten und gleitenden Kamerabewegungen besteht. Sie umkreisen das Grauen und visualisieren eine Welt ohne Halt und doppelten Boden. Rybczyński arbeitet dabei auf einem für den österreichischen Film dieser Zeit unüblich hohen, artifiziellenNiveau. Der nachmalige Kurzfilm-Oscarpreistrger war 1982 aus Polen emigriert und hatte in Österreich auf seinem Weg nach Hollywood quasi Zwischenstation gemacht. Dass das Aufeinandertreffendieser drei Künstler nicht zu einem Riesenerfolg führte, sondern zum völligen Gegenteil, gehört zu den großen Tragödien des österreichischen Films. Kargl hatte „Angst“ selbst finanziertund stand am Ende schwer verschuldet da. Er sollte nie wieder einen Spielfilmrealisieren. Ein weiterer Höhepunkt der Reihe ist Kitty Kinos Film „Die Nacht-

Erwin Leder schafft es in „Angst“, der Bestie ein menschliches Gesicht zu verleihen

Die Viennale-Termine der „Kinematografie: Keine Angst“ (Retro bis 29.11.) findenSie im Programmteil Viele Screenings in Anwesenheit der Filmemacher:innen

meerfahrt“ (1986), der vom damals noch experimentierfreudigen ORF finanziertwurde und als BerlinaleTeilnehmer auch eine Kinoauswertung bekam. Für ein Sendeformat unter dem Motto „Neue Geschichten aus Österreich“ entwickelte Kitty Kino die Geschichte des Fotomodells Lilly, dem über Nacht ein Bart wächst. Nach dem ersten Schock erkennt sie, dass sie nun für einen Mann gehalten wird. Und so ergreift sie die Chance, in männlich dominierte Welten einzudringen und dort mit pro-emanzipatorischen Statements für reichlich Irritation zu sorgen. Kitty Kinos genüssliches Genderbending wirkt überraschend heutig – nicht nur, weil Lilly ein bisschen wie Conchita Wurst aussieht –und kann als fast prophetische Vorausahnung aktueller Diskurse über die Infragestellung von Geschlechtergrenzen gelesen werden.

Der dieser Reihe den Titel spendende Hansi Lang ist in Dieter Berners „Ich oder Du“ (1984) nicht nur als Sänger, sondern auch als Schauspieler zu erleben. Was eine spannende Innenschau der Wiener Musikszene hätte werden können, wird hier jedoch erst mit einer konventionellen Dreiecksgeschichte verbunden, um am Ende in eine vollends alberne Räuberpistole abzugleiten: Hansi Lang stiehlt einen Porsche, „mocht a Tankstö“, wird dabei angeschossen und reißt a Bankl. Frustrierend in jeder Hinsicht. F

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FOTO: FILMARCHIV AUSTRIA
Die einzelnen Filme und Termine findenSie im Programmteil Albert Meisl ist Schauspieler und Filmemacher in Wien

Seine bisherigen Filme waren alle nicht ohne Humor, aber so richtig etwas zu Lachen gab es weder in „Dogtooth“ noch in „Killing of a Sacred Deer“ oder zuletzt „The Favourite“. Mit „Poor Things“ kommt Yorgos Lanthimos dem Genre Komödie nun näher als je zuvor. Wobei der Unterschied weniger mit der Zahl an visuellen Gags oder Dialogpointen zu tun hat als mit der Einstellung gegenüber dem Kinobesucher. Wo „Dogtooth“ oder „The Lobster“ es noch ganz darauf abgesehen hatten, dem Zuschauer zwiespältige, durchaus auch unwohle Gefühle zu bereiten, lädt „Poor Things“ gleichsam augenzwinkernd dazu ein, sich zu amüsieren.

Das ist das Geheimnis dieser Adaption einer Parodie auf die viktorianische Gothic Novel vom schottischen Autor Alasdair Gray aus dem Jahr 1992: dass sie so viel Spaß macht, obwohl sie von wirklich grausamen Dingen handelt. Eines davon ist die Genese der HauptfigurBella Baxter, gespielt von Emma Stone, deren pietätlose Details erst nach und nach im Film enthüllt werden. Bis dahin überwiegt bereits die Komplizenschaft,die man mit der sympathisch als temperamentvolles Kleinkind auftretendenFrau eingeht, so dass man keinen Anstoß mehr nimmt.

Bella scheint zwar die liebevoll behandelte Adoptivtochter im Haushalt von Dr. Godwin Baxter (Willem Dafoe) zu sein, des am Vorbild von Mary Shelleys „Frankenstein“ angelegten „Doktors“ mit Neigung zum extraordinären chirurgischen Eingriff,sie ist aber nur eines seiner vielen „Monster“. Hunde mit Schwanenhälsen, Ziegen mit Entenschnäbeln und Hühner mit Mopsgesicht bevölkern das Anwesen und zeugen vom operativen Geschick des Mediziners, der sich von Adoptivtochter Bella „God“ nennen lässt.

Was unter anderen Umständen unweigerlich den Anklang von Missbrauch in sich tragen würde, ist hier nur eine Art Running Gag. Denn „God“ gebärdet sich als ausgesprochen sanfterund rücksichtsvoller „Mad Scientist“.

Die eigene Opfer-Erfahrung ist ihm im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht geschrieben, das mit seinen Wülsten und Operationsnarben dem eines klassischen Frankenstein-Monsters gleicht. Während er zusammen mit seinem Assistenten Max (Ramy Youssef) Bellas Entwicklung mit wahrer Forscher-Pedanterie misst, beobachtet und registriert, erzählt er immer wieder von den grauslichen Experimenten, die sein eigener Vater an ihm verübt hat. Es geschah alles im strengen Geist des wissenschaftlichenFortschritts, weshalb er auch noch die sadistischste Folter ungerührt als neutrales Stillen von Wissensdurst schildert. Einzig der melancholischen Grundstimmung, die Willem Dafoe seinem Godwin Baxter verleiht, meint man das Trauma anzumerken, das solche Kindheitserfahrungen hinterlassen müssen.

„Poor Things“ wurde bei der Premiere in Venedig im September als Emanzipationsdrama gepriesen, mit Emma Stones Bella Baxter im Zentrum, die in einer viktorianisch inspirierten Fantasy-Landschaft – großartiges Produktionsdesign von Fiona Crombie, wunderbar desorientierend

Die Parodie eines Emanzipationsdramas

Yorgos Lanthimos’ Frankenstein-Fantasy „Poor Things“ setzt auf augenzwinkerndes Amüsement

KRITIK: BARBARA SCHWEIZERHOF

aufgenommen vom Fish-Eye-Spezialisten Robbie Ryan – aufwächst und über das Sammeln von sexuellen Erfahrungen zu einem befreiten Selbst findet.Der springende Punkt dabei ist, dass ihr „Aufwachsen“ ein rein geistiges ist, denn in Wahrheit verfolgen Godwin und Max und mit ihnen die Zuschauer das Erwachsenwerden eines kindlichen Gemüts in einem immer schon erwachsenen Frauenkörper.

Tatsächlich kann man sein Vergnügen haben an Stones clownesken Bemühungen, mit dem Körper einer 34-Jährigen den staksenden Gang einer Zweijährigen nachzuahmen oder mit der ungeschickten Zerstörungslust eines Kleinkinds auf Leichenteile einzuhacken. Bald entdeckt sie dank eines Apfels die eigene Orgasmus-Fähigkeit und kurz darauf wird mit dem von Mark Rufflo gespielten Lebemann Duncan Wedderburn ein Verführer vorstellig, der Bella auf eine Reise quer durch Europa mitnimmt.

Bella (Emma Stone) macht sich selbstständig – indem sie in einem Pariser Bordell jobbt

Dort exploriert sie ihre Sexualität weiter, zum Missvergnügen ihres bald völlig in sie verschossenen Begleiters.

Im Kern wird „Poor Things“ hier zur Parodie auf den erotischen Roman à la „Fanny Hill“, in dem die männliche Fantasie der naiven und deshalb sexuell befreit auftrtenden Kindfrau als emanzipatorisch ausgegeben wird. In dieser Tradition macht sich Bella selbstständig – indem sie in einem Pariser Bordell jobbt.

Gartenbaukino:

Mi, 25.10., 18.00

Sa, 28.10., 12.30

Mo, 30.10., 6.30 (OmU)

So bleibt die Perspektive in „Poor Things“ auf Sexualität und den weiblichen Körper doch eine stark männlich bestimmte. Nur dass die männlichen Helden, allen voran Ruffalossensationell empfindsames Porträt eines Hallodri, allesamt schlecht wegkommen. Es sei denn, sie machen sich zum Verbündeten der Heldin. F

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Barbara Schweizerhof ist Filmkritikerin in Berlin und Redakteurin der Zeitschriftepd-Film
FOTO: VIENNALE

„Was ich nicht zeigen konnte, waren große Schmerzen“

Frausein ist nichts für schwache Nerven: Claire Simons einzigartige Doku „Notre Corps“

Die französische Regisseurin Claire Simon hat für ihre Doku „Notre corps“ mehrere Monate in einer gynäkologischen Klinik in Paris gedreht und das Gesundheitsrisiko Frausein dokumentiert: von der Wiege bis zur Bahre. Der Film beginnt mit einem Beratungsgespräch über einen Schwangerschaftsabbruch,zeigt medizinische Möglichkeiten, die wie Science-Fiction anmuten, und macht deutlich, dass jedes Einzelschicksal Teil eines Systems ist. Ein zärtlicher Film, auch ein heftiger, jede Sekunde grundsolidarisch mit den Patientinnen, aber ebenso den Fachkräften, zwischendurch mitreißend komisch und manchmal einfach herzzerreißend. Von den zweidreiviertel Stunden Laufzeit ist keine einzige Minute zu viel.

Falter: Frau Simon, wie haben Sie es geschafft,dass sich Menschen filmen

INTERVIEW: JULIA

PÜHRINGER

lassen, die gerade in einer ungemein schwierigen Phase ihres Lebens stecken?

Claire Simon: Ich habe sie einfach gefragt! Es passieren aber auch so dermaßen wichtige Dinge in ihrem Leben, dass die Kamera gar keine große Rolle spielt.

Es gibt Dinge, die man nur mit Menschen teilen kann, die diese auch schon erlebt haben.

Simon: Ja, so ging es mir, als mir der Arzt meine eigene Brustkrebsdiagnose mitteilte: Hätte ich nicht andere Frauen gefilmt,die auch Krebs haben, wäre das für mich eine Katastrophe gewesen. Aber so hatte ich bereits verschiedene Frauen in verschiedenen Phasen erlebt, es war für mich kein unbekanntes Terrain mehr. Weil man andere sieht, kann man damit umgehen – auch wenn es nicht heißt, dass man überlebt.

Haben Sie gewusst, was Ihnen bei diesem Projekt bevorsteht?

Simon: Nein. Mir war aber schon klar, dass es sehr spannend wird. Ich habe ein bisschen gescoutet und nach zwei Tagen wusste ich: Ich muss sofort drehen, sonst versäume ich all diese Geschichten. Ich bin da wie Frederick Wiseman, ich fange einfach sofort an. Sonst sucht man ständig nach dem, was man vorher schon gesehen hat. Das verfälscht.

War es schwierig zu entscheiden, was im Film bleibt und was nicht?

Simon: Ja, sehr. Wir haben viele schöne Szenen wegwerfen müssen. Aber es musste eine runde Geschichte werden. So habe ich den Film anhand der verschiedenen Lebensabschnitte angeordnet. Und ich wollte dieselbe Frau nicht zweimal zeigen. Diese zwei Regeln waren genug. Das

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Regisseurin Claire Simon porträtiert eine gynäkologische Klink in Paris, wird mit Brustkrebs diagnostiziert und so selbst Teil des Films (kleines Bild ganz links)
FOTOS:
Notre Corps Metro: Mi, 25.10., 21.00 (OmU) Stadtkino im Künstlerhaus: Do, 26.10., 11.30 (OmenglU)
VIENNALE

Einzige, was ich nicht zeigen konnte, waren große Schmerzen. Ich habe sie gesehen, aber dabei wollten die Leute natürlich nicht gefilmtwerden. Bei der Geburt beispielsweise. Ich habe zwei Wochen in der Geburtenstation verbracht und den Hebammen gesagt: Ich weiß, ich liefere mit dieser einen 18-minütigen Version in einer Einstellung ein komplett falsches Bild einer Geburt ab – doch anders ist das nicht zu machen.

Geburten werden im Film ja oft verharmlost dargestellt.

Simon: Beim Kaiserschnitt befürchtete ich schon, dass mir das spritzende Blut die Kameralinse kaputtmacht. Ich dachte: Jetzt bin ich auch bereit, an einem Kriegsschauplatz zu drehen. Alle, die glauben, dass ein Kaiserschnitt leichter ist als eine natürliche Geburt, sollen sich das einmal anschauen.

Sie zeigen, dass ein SchwangerschaftsabbruchTeil der normalen Gesundheitsversorgung ist, ebenso wie Trans-Versorgung.

Simon: Mir hat das so gefallen, dass alles im selben Gebäude untergebracht ist. Ich dachte zuerst, die Transpersonen würden nicht wollen, dass ich filme,aber alle haben ja gesagt, das war toll. Und auch das Mädchen, das für den Schwangerschaftsabbruchdie Pille vor der Kamera schluckt.

Sie vermeiden Krankheit als Metapher, auch als Sie selbst an Brustkrebs erkranken.

Simon: Ich wollte im Film sein, es war eine Art Gelegenheit, das zu kommunizieren. Ich war zuerst die Regisseurin und dann waren wir einfach alle gleich, mit all unseren Geschichten. Ich verehre Johan van der Keuken sehr – er hat Filme gemacht wie „Das blinde Kind“ –, aber sein letzter Film war über seinen Krebs und nicht so spannend. Das wollte ich nicht. Deshalb habe ich die Kamera dann meiner Freundin Céline Bozon übergeben – es ist ihre Perspektive auf meine Situation. Das war ein großer Moment, mir war nicht klar, dass mich das so berührt. Plötzlich hatte ich dieses Beratungsgespräch, genau wie alle anderen.

Gab es etwas, das Sie überrascht hat?

Simon: Die Ärztinnen und Ärzte, ihr Commitment. Es geht um das Leben und den Tod, aber auch um die Wissenschaft.Ich habe bei diesen Besprechungen ihr Engagement gespürt. Die fangen um sieben Uhr morgens an, und abends zuhause lesen sie sich noch ein und überlegen, wie etwas funktionieren könnte. Ich war echt beeindruckt. Der eine Arzt, der voller Stolz sagt, er hat eine Viertel von einem Eileiter gerettet. Ich bewundere diese Leute wirklich. Auch ihre Integrität. Es ist auch so schön, wenn sie während einer Operation mit den jungen Kolleg:innen über Anatomie sprechen, auch wenn sie mit dem OP-Roboter arbeiten. Inzwischen kann man eine OP von Paris aus in Marrakesch vornehmen mit einem Joystick. F

Claire Simon, 68, ist eine vielfach ausgezeichnete französische (Dokumentar-) Filmemacherin. Bei der Viennale war sie

u.a. 2021 mit dem Kammerspiel „I Want to Talk About Duras“

über die Beziehung von Marguerite Duras und Yann Andréa vertreten

Anderswo schon

einmal gesehen

Cinephiler Urahnen-Klau: Timm Krögers

„Die Theorie von Allem“ ist ein Suchbild in Gediegenheit

ZITATENLESE: DREHLI ROBNIK

Ich bin der Tod geworden: Zertrümmerer der Welten!“ Ein hinduistisches Zitat, ausgerufen im Kontext von Verstrickungen der Anfänge von Atomkraftforschung in staatliche Gewaltprojekte: So etwas kennen manche aus „Oppenheimer“, in dem ebenfalls, Heisenberg hier, Formel da, allerlei Physik-Trara regierte, dazu Schuld überall und Frau verschwunden.

lern. Dass Filmmusik hier alles, auch die Theorie, im Großangriff zukleistert, enspringt eher einem Missverständnis von Stimmung, die Voice-over zu Krögers melancholischer Zeitraffer-Schlusssequenz wiederum rezenten Dominik Graf-Filmen (Graf spricht hier selbst).

Beim Kaiserschnitt befürchtete ich schon, dass mir das spritzende Blut die Kameralinse kaputtmacht. Ich dachte: Jetzt bin ich auch bereit, an einem Kriegsschauplatz zu drehen

Dieser Vergleich tut Timm Krögers „Die Theorie von Allem“, einer mit viel angeblichem Wissenschaftsjargon(„Mathematische Esoterik!“) garnierten Mystery, etwas unrecht: Die deutsch-schweizerisch-österreichische Produktion war längst fertig, als Christopher Nolans Kernspalter diesen Sommer seinen Zertrümmerer-Satz abließ. Auch ihr Schwarz-Weiß-Chiaroscuro muss sich „Die Theorie von Allem“ nicht bei Nolan holen: Vielmehr belehnt sie da den Altbestand des Film noir. Ebenso in Sachen Hotelsetting, Finsterblick unterm Breithut – und Femme fatale: Olivia Ross spielt die viel durchschauende, selbst undurchsichtige Pianistin eines alpinen Ballsaals anno 1962.

Krögers schräge Bildachsen, Weitwinkel und Kokettieren mit Plot-Konfusion entstammen hingegen eher den Rätseldramen eines Orson Welles. Aus „A Cure for Wellness“, einem Neo-noir von 2017, wiederum scheint das unentrinnbare Schweizer Hotel zu stammen; ebenso die Konstellation, in der kauzige Patriarchen – „Doktorvater“, Polizist – dem obsessiv investigativen Schnuckelhelden seine schiere Vitalität zu beschneiden drohen, weshalb dieser (Jan Bülow, 2020 als Udo Lindenberg im Biopic-Einsatz) auch hier hinkt. Konkret nach einem Skiausflug;der scheint „Spellbound“ entnommen zu sein, die Tönung des Scores hingegen späteren, von Bernard Herrmann orchestrierten Hitchcock-Thril-

Eine lichtmalerisch angestupste Glühbirne stammt aus „Alphaville“; altgediente Mimen als wandelnde Assoziationsträger zu casten, auch das stammt u.a. von Godard. In „Die Theorie von Allem“ kommen die Betreffenden,Hanns Zischler und David Bennent, vom Neuen Deutschen Film. Hallt von dort das Ominöse als Umgangsform mit dem Thema Holocaust nach? Vielleicht aber geht die ein Paar heimsuchende Frage nach vergessenen Nazi-Massenmordopfern auch auf Steven Soderberghs Schwarz-Weiß-Neo-noir

„The Good German“ zurück und die Rolle der Pianistin als Zeiten durchwandelnder Geist auf die alte Mystery-Romanze „Portrait of Jenny“. Wenn sie im KlaustroGrandhotel „Kennen wir uns nicht von früher?“ gefragt wird, dann sind wir allerdings in Resnais’ „Letztes Jahr in Marienbad“.

„Die Theorie von Allem“ hat von allem etwas, das ist praktisch. Einiges hab ich wohl übersehen (von Lynch bis von Trier und retour). Unübersehbar aber ist ein Wille zur unwillkürlichen Erinnerung durch andeutungsreiches Design- und Bildungskino. F

Drehli Robnik schreibt über Film und Politik, zuletzt erschien seine Essaysammlung „Ansichten und Absichten“ (Hg. Alexander Horwath, 2022)

„Die Theorie von Allem“

Gartenbau: Sa, 28.10., 18.15 (OmU)

Stadtkino im Künstlerhaus: Mo, 30.10., 12.15 (OmenglU)

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Julia Pühringer ist Redakteurin des Tele-Magazins. Für den Falter interviewt sie Filmstars und Regisseurinnen auf den großen Festivals von Berlin und Cannes
FOTO: VIENNALE
Im alpinen Klaustro-Grandhotel geht Ominöses vor sich: Physiker Johannes (Jan Bülow) spinnt Theorien von Multiversen, sein Doktorvater (Hanns Zischler) staunt

Am Beginn eine göttliche Ouvertüre. Knapp zwei Minuten lang wabern Nebelschwaden über einen schütter bewaldeten Berghang ins Tal. Mit gewaltigem Donnergrollen kommt irgendwo in Griechenland, irgendwann in den 1980er-Jahren, ein Kind zur Welt. Sein Vater lässt das Neugeborene allein zurück, um die sterbende Mutter zu retten. Vergebens. Ein Samariter und seine Frau adoptieren den Buben. Sie nennen ihn Jon. Viele Jahre später wird der leibliche Vater, kaum verändert, durch die Hände seines Sohnes, den er nie mehr sah, zu Tode kommen.

„Music“ von Angela Schanelec ist eine Ödipus-Paraphrase und ein Liebesfilm.Ein Musikfilmin dem Sinn, dass Lieder und die Macht des Gesangs in ihm eine wesentliche Rolle spielen. Und wie alle Filme Schanelecs stellt er eine Herausforderung dar, die man unbedingt annehmen sollte. Was nicht bedeutet, dass Schanelecs verdichtete Erzählungen – fälschlicherweise oftals „sperrig“ bezeichnet – eine Hürde darstellten. Sie widersetzen sich bloß jener Konformität, der sich auch das Kino weitgehend angepasst hat.

Nach dem Vatermord landet Jon (Aliocha Schneider) im Gefängnis, wo er die Aufseherin Iro (Agathe Bonitzer) kennenlernt. Die männlichen Gefangenen tragen Weiß, die Aufseherinnen Schwarz. Doch diese sind selbst Gefangene, laufen im betonierten Innenhof beim Tischtennis-Spiel im Kreis. Iro kümmert sich um Jon, nimmt auf einem Kassettenrekorder Musikstücke für ihn auf: Monteverdi. Bach. Pergolesi. Ob diesem tragi -

Die Wahrheit hinter der Lüge

Angela Schanelecs ÖdipusParaphrase „Music“ erzählt von Liebe und der Macht des Gesangs

DEUTUNG:

MICHAEL PEKLER

schen Ödipus zu helfen ist, muss jedoch offenbleiben.Können seine seit der Geburt wunden Füße heilen? Iro kauftfür ihn eine Salbe. Sie würde nicht helfen, meint die Apothekerin, nur die Schmerzen lindern.

Schanelec, für „Music“ in Berlin mit dem Silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet, skizziert eine lose Abfolge von Augenblicken, Stunden, Tagen und letztlich Jahren, die enigmatisch wirken mag, tatsächlich aber eine Kraftentwickelt, die sich erst durch diese scheinbar rätselhafte Erzählweise ergibt: Wie ist es möglich, in dieser Welt, in die man wie ein moderner Ödipus geworfen wird und in der man die Last der eigenen Geschichte und des Handelns immer mitschleppt, zu überleben, ohne sich schuldig zu machen? Das Gewicht der Abhängigkeiten, von Arbeit, Beziehungen, Familien, kann so schwer wiegen wie der Felsblock des Sisyphos. Auch wenn sie nicht wüssten, was sie wollen, wüssten sie immer genau, was sie nicht wollen, schrieb Ulrich Köhler, Filmemacher der Berliner Schule, einmal über Schanelecs Charaktere. Man könnte auch sagen: Sie erfüllen keine kapitalistischen Erfordernisse.

sein Augenlicht verlierende Jon mit seiner Lebenslüge, sondern die Frau: Iro. Allein mit der Wahrheit – dem Wissen um die Tragödie – in einer einsamen Bucht, fast nackt und im buchstäblich letzten Augenblick eine Echse am Knöchel.

Angela Schanelec ist auf der Suche nach dieser Wahrheit hinter der Lüge: in den für sie typischen langen Einstellungen, in den oftharten Schnitten. Aber auch im Spiel der Darsteller, das oftvon jeder Sprachmelodie befreit anmutet. „Music“ ist ein Film über die Sprachlosigkeit schlechthin. „Die Erzählung entwickelt sich über das Unausgesprochene“, so Schanelec, „es entsteht, weil es keine Sprache dafür gibt.“ So wie für die meisten Dinge im Leben die Worte fehlen. Die archaische Tragik des Ödipus mag einen sprachlos zurücklassen, und doch liegt der wahre Schrecken erst im durch diese Unfassbarkeit hervorgerufenen Schweigen. Die Lieder, die der moderne Ödipus im zweiten Teil von „Music“ singt, komponiert vom kanadischen Musiker Doug Tielli, sind der Versuch, dieses Schweigen zu durchbrechen.

Michael Pekler schreibt über Filme und Fernsehserien im Berliner Freitag, im Wiener Falter und im Züricher Filmbulletin. Er ist Co-Autor von Büchern über Ang Lee, Realismus im US-Kino und Terrence Malick

Stadtkino im Künstlerhaus:

Fr, 20.10., 17.45 (OmU)

Urania: Sa, 21.10., 21.00 (OmenglU)

Doch kann man sich deshalb ein Leben lang belügen? „Die Lüge darf nicht auf die Wahrheit stoßen, weil sie alle lächerlich und klein macht“, erboste sich in Schanelecs „Ich war zuhause, aber ...“ (2019) Maren Eggert als aus der Lebensbahn des Alltags geworfene Mutter zweier Kinder. Weil Lüge und Wahrheit sich nicht vertragen. Und so ist in „Music“ in Wahrheit die tragische Figur nicht der langsam

Lieder können Trost spenden. In „Music“ tun sie das, um die Tragödie erträglich zu machen. Die Liebe kann das nicht. Auch Jons Liebe hat Iro nicht geholfen. Im Gegenteil. „Die Freuden der Liebe / Sie währen nur einen Augenblick / Des Herzens Leid dafür ein Leben lang“, singt am Beginn des halbstündigen Epilogs eine junge Frau irgendwo in einer Berliner Küche. Sie ist Jons und Iros Tochter. Doch weder die Zeit noch die Musik heilt alle Wunden. F

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Die Aufseherinnen sind auch selbst Gefangene, laufen im betonierten Innenhof beim Tischtennisspielen im Kreis
FOTO: GRANDFILM

Wenn ich deprimiert bin, singe ich Lieder, um mir zu beweisen, dass das Leben nicht so schlecht ist“, schrieb ein Mädchen namens Joan Baez im frühen Teenager-Alter in sein Tagebuch. Als Halbmexikanerin fühlte es sich den weißen Kindern unterlegen. Doch bald nahm es eine Ukulele mit in die Schule und sang dazu mit seiner glockenklaren Stimme. Joan liebte es, im Mittelpunkt zu stehen: „Ich bin keine Heilige. Ich bin ein Geräusch“, notierte sie.

Mit „Joan Baez – I Am a Noise“ bringt das Regisseurinnen-Trio Karen O’Connor, Miri Navasky und Maeve O’Boyle ein neues Porträt der Folksängerin und -gitarristin, Bürgerrechtlerin, Pazifistinund Künstlerin ins Kino. 1941 in New York City geboren, stieg Joan Baez bereits mit 18 Jahren zum Star auf. In der Folge wurde sie die wichtigste Künstlerin, die aus der amerikanischen Folkmusik-Bewegung der späten 1950er- und frühen 1960er-Jahre hervorgegangen ist. Doch ihr Leben war immer auch von Problemen überschattet. Schon sehr früh litt sie unter Panikattacken und Depressionen, spürte oft eine große Dunkelheit in sich.

Der Erforschung dieser Schatte widmet sich die Doku in ihrer zweiten Hälfteausführlich – beginnen tut das Werk aber 2019. In ihrem traumhaftenZuhause in Kalifornien bereitet sich die 79-jährige Baez auf den Abschied von ihrer 60-jährigen Bühnenkarriere vor.

Ihre letzte Tournee bildet eine der wiederkehrenden Erzählebenen des Films. Aus dieser Gegenwart steigt er in der Zeit zurück, um eine reiche Biografieschlaglichtartig zu erhellen. Von Baez’ Erinnerungen an die Eltern und das häufigschwierige Verhältnis zu ihren Schwestern führt er zu ihren Erfahrungen mit Ruhm und Reichtum und weiter zum politischen Aktivismus der Sängerin, die sich in der Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King sowie gegen den Krieg in Vietnam engagierte und sich der Gewaltlosigkeit verschrieb.

Nicht fehlen dürfen auch Baez’ Liebesbeziehungen mit Männern und Frauen: Zentral ist jene zum gleichaltrigen Bob Dylan, den sie mit mütterlicher Fürsorge unterstützte. Als er selbst bekannt geworden war, ließ er sie fallen. Es folgte eine kurze Ehe mit David Harris, einem Kriegsdienstverweigerer, der die ersten Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Gefängnis verbrachte.

Vieles aus Baez’ geschichtsträchtigem Leben setzt das Regisseurinnen-Trio als bekannt voraus und streiftes nur. Auf externe Stimmen wurde fast völlig verzichtet. Wiewohl „Talking Heads“ manchmal wünschenswert gewesen wären, insbesondere, was Baez’ musikalisches Werk angeht, das nur wenig betrachtet wird. Als Alleinstellungsmerkmal des Films arbeitet das Team einen anderen Schwerpunkt heraus: einen stark psychologischen Strang, der sich mit Joan Baez’ inneren „Dämonen“ beschäftigt.Mit größter Offenheitund Ehrlichkeit berichtet die Künstlerin von Ängsten, Depressionen und Drogenkonsum, von einem ständigen Wechsel zwischen Spaßhaben und Zusammenbrüchen.

Eine Lebensreise zu sich selbst

Ein Porträt der Sängerin und Aktivistin Joan Baez gibt tiefe persönliche Einblicke

EINFÜHLUNG: SABINA ZEITHAMMER

Die langjährige Freundschaft zwischen Baez und Regisseurin O’Connor ermöglicht diese besondere Nähe. Baez stellte ihr persönliches Familienarchiv zur Verfügung, einen bemerkenswert vielgestaltigen Erinnerungsraum, wie gemacht für eine Doku. Hier findensich Filmaufnahmen und Fotos, Tagebücher und Briefe, Zeichnungen – die als Animationen zum Leben erweckt werden – und auf Kassetten eingesprochene Nachrichten, die Baez ihrer Familie von unterwegs schickte. Selbst Psychotherapiesitzungen auf Band durften verwendet werden.

Und in Therapie war Baez, seit sie 16 Jahre alt war. Hier biegt der Film in düstere Gefildeab. Die Sängerin berichtet, wie sie begann, ihren psychischen Belastungen auf den Grund zu gehen. Mit professioneller Hilfe förderte sie verstörende Familiengeheimnisse zutage.

Joan Baez (*1941) widmet sich seit ihrem Abschied von der Bühne 2019 verstärkt der bildenden Kunst

Stadtkino im Künstlerhaus: Di, 24.10., 21.15

Urania: So, 29.10., 13.30 (OmU)

Auch in diesem Punkt ist „I Am a Noise“ nicht perfekt: Baez’ höchst private innere Prozesse werden fast zu reißerisch ins Licht des Kinoprojektors gezerrt; das Schicksal ihrer Schwester Mimi, die ebenfalls zeitlebens mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte, im Lauf des Films für den Spannungsbogen instrumentalisiert.

Dies schmälert aber nicht die Anerkennung, die Baez für ihren Mut, sich derart zu öffnenund über tabuisierte Themen zu sprechen, gebührt. Selten hatte man das Gefühl, der Protagonistin eines Dokuporträts so nah gekommen zu sein. Besonders schön und berührend ist es, nachzuvollziehen, wie diese hoch reflektierteFrau ein Leben lang eine Reise zu sich selbst gemacht hat: „Jemand fragte mich, welches Jahrzehnt ich mochte“, erzählt Baez einmal. „Ich sagte: dieses.“ F

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Joan Baez öffneteihr Familienarchiv mit Filmaufnahmen und Fotos, die sie in ihrer Jugend (oben) und bei ihrem Engagement für die Bürgerrechtsbewegung zeigen
FOTO: ALBERT BAEZ/ALAMODE FILM FOTO: MATT HERON/ALAMODE FILM
FOTO: ALAMODE FILM

Der verschmitzte Chanson-Texter Boris Bergman, porträtiert von Alain Cavalier

L’Amitié

Metro: So, 22.10., 11.00 (OmenglU)

te Unmittelbarkeit. So ist ein gleichsam doppelter und höchst unordentlicher Werkstattfilmentstanden, in dem die Technik beider Kunstformen stets präsent ist und zum Staunen animiert.

Das kleine, schelmische Spätwerk des 82-Jährigen könnte man leicht übersehen angesichts der massiven Präsenz, die das französische Kino heuer auf der Viennale gewinnt. Mit den Siegerfilmenvon Berlin („Auf der Adamant“) und Cannes („Anatomie eines Falls“), dem Comeback von Catherine Breillat und der unbeirrten Romantik Philippe Garrels zeigt es sich in glänzender Form. Pierre Creton, ein Stammgast des Festivals, tritt gar unverhofftdas Erbe Sacha Guitrys an: Wie dieser es in seinem „Napoleon“ vorexerziert hat, tauscht der filmende Landwirt aus der Normandie auf halber Strecke seinen Hauptdarsteller aus. Und eine diesjährige Monografieist dem Gespann Nicolas Klotz und Elisabeth Perceval gewidmet, das mit der Filmindustrie gebrochen hat, um eigensinnig den Zustand der Welt zu reflektieren.

Brüderliche Neugier

Barbet Schroeder, rechts mit Kappe, in der Küche von Künstlerfreund Ricardo Cavallo

Ricardo et la peinture

Urania: Fr, 20.10., 16.00

Filmmuseum: Mo, 30.10., 16.00 (OmenglU)

Barbet Schroeder und Alain Cavalier leisten filmischeFreundschaftsdienst

FRENCH CONNECTION: GERHARD MIDDING

So lässt man sich die Kunstgeschichte gern erklären. Wenn Ricardo Cavallo vor einem Gemälde steht oder in einem Bildband blättert, liegt in jedem seiner Worte eine magische Gewissheit. Gedankenschnell streiftder Maler durch die Jahrhunderte und entdeckt dort lauter Meilensteine. Annibale Carraci, sagt er, hat Mitte des 16. Jahrhunderts das erste Landschaftsgemäldeüberhaupt gemalt. Als Caravaggio 1598 ein Stillleben malte, schuf er das erste Bild über etwas Alltägliches. Und Monet wurde erst modern, als er anfing,Kathedralen zu malen.

Akademiker mögen hier und da Bedenken anmelden. Aber wie ließe sich gegen Cavallos Begeisterung argumentieren? Immer wieder bricht es aus ihm hervor: „Ein großer Moment der Malerei!“

Der Filmemacher Barbet Schroeder lässt sich gern die Augen von seinem Freund öffnen. In „Ricardo et la peinture“ sind dessen Schaffenund die Traditionen seiner Kunst unzertrennlich verbunden – gleich

von Beginn an, als Cavallo in einer Grotte an der bretonischen Felsküste das Erbe der Höhlenmaler von Lascaux antritt. Da lernen wir ihn allerdings auch in einem Augenblick der Krise kennen. Nein, er ist ganz und gar nicht zufrieden mit dem, was er heute geschaffthat. Ein regelrechtes Desaster, schimpfter, als er die kleinen Holzplatten betrachtet, die er zu einem Großformat zusammenlegen will. Eine Montagekunst, wie das Kino.

Schroeders Film ist die Studie einer ansteckenden, nie verzehrenden Leidenschaft, zu der Cavallo in einer eigens gegründeten Schule auch die Kinder des Dorfes anstiftet.Der Filmemacher und er kennen sich seit 40 Jahren, als der Exilargentinier nach Paris kam. Für den Film schließen sie einen Pakt unter veränderten Vorzeichen: Schroeder muss zu einer ursprünglichen Neugier auf die Überlegungen, den unermüdlichen Elan und die Exzentrik seines Vertrauten zurückfinden.Er schert sich nicht um formale Eleganz, sondern möch-

Gerhard Midding, freier Filmkritiker und Übersetzer in Berlin, schreibt u.a. für epd-Film, die Berliner Zeitung, Die Welt und den Falter

Ein Freischärler im Filmgeschäft ist auch Alain Cavalier, der seit einigen Jahrzehnten die Kunst des handgemachten Porträtfilmsverfeinert. Er ist noch ein Jahrzehnt älter als Schroeder und stellt in „L’Amitié“ gleich drei langjährige Weggefährten vor. Da ist zunächst der verschmitzte Boris Bergman, der die Texte zu 1000 Chansons verfasst hat, für Juliette Gréco, Mireille Mathieu und vor allem Alain Bashung; ein gemeinsames Filmprojekt scheiterte, aber man blieb einander verbunden. Der Filmproduzent Maurice Bernart ist ein rüstiger Grandseigneur mit drei Wohnsitzen und einem gerüttelt Maß an Bauernschläue; einst stellte er Schecks für Cavalier aus, als sie gemeinsam am Film „Thérèse“ arbeiteten. Der Motorradkurier Thierry Labelle spielte 1993 für den Regisseur eine kleine Rolle in „Libera Me“, die sein Leben aber nicht veränderte; gegen seinen Mutterwitz ist kein Kraut gewachsen.

Während Schroeders alter Freund seit Jahrzehnten auf eine Reis-Diät schwört, wird bei Cavalier stets gut getafelt. „L’Amitié“ ist ein Triptychon von Home Movies, in denen die Ehefrauen als vergnügte Komplizinnen auftreten.Cavalier filmtdiese Kabinettstücke der Geselligkeit ebenso unaufgeräumt wie sein Kollege: weit und breit kein Anflugvon Altmeisterlichkeit, dafür eine unentwegt spitzbübische Schaulust. Ein großes Team braucht dieser bescheidene filmeu nicht; Schroeder hingegen muss regelmäßig von seiner Kamerafrau aus dem Bildausschnitt gescheucht werden. Auch Cavalier stellt lauter Fragen, auf die er selbst die Antwort bestimmt seit Ewigkeiten kennt, die er dem Publikum aber auf keinen Fall vorenthalten will.

»Während Schroeders alter Freund seit Jahrzehnten auf eine Reis-Diät schwört, wird bei Cavalier stets gut getafelt

Die Frage, wie sich Intimität filmen lässt, treibt diesen Regisseur seit Jahrzehnten um. In seinem jüngsten Werk herrscht eine Atmosphäre der angeordneten Spontaneität. „Das war eine schöne Stille“, sagt er einmal zu Labelle, „halte sie aufrecht!“ Zum Ende jeder Episode lässt er die Freunde abtreten. Wenn man ihnen nachblickt, wie sie, mal heiter, mal wehmütig, aus dem Bild spazieren, ist das jedes Mal ein Abschied, der viel zu früh kommt. F

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FOTOS: VIENNALE

Der erste Kontakt ist der tiefste

Bruno Jorges „The Invention of the Other“ ist das Dokument einer gefährlichen Mission

BEOBACHTER: MARTIN NGUYEN

Was sich die Science-Fiction erdachte, nämlich den „First Contact“, die Erstbegegnung zwischen Menschen und extraterrestrischen Lebensformen, faszinierte die Kunst schon seit Generationen. Und doch existiert das einmalige Zusammentreffennoch auf unserer Erde. In dem Länderdreieck „Tres Fronteras“, dort, wo Brasilien, Peru und Kolumbien aneinandergrenzen, lebt die höchste Konzentration isolierter indigener Völker der Welt.

2015 verloren Mitglieder des Stammes der Korubo den Kontakt zu ihrem Herkunftsvolk.Die Funai, die staatliche brasilianische Agentur zum Schutz indigener Rechte, nahm sich der Gruppe an. Vier Jahre später macht sich ein Trupp aus FunaiMitgliedern, Gesundheitspersonal und indigenen Helfern auf eine Expedition in die Terra incognita. Das Ziel: die verloren geglaubten Angehörigen wieder zu vereinen. Bruno Jorge begleitet in seiner faszinierenden Doku „The Invention of the Other“ als Einmannteam die Entdeckungsreise. Die Mission gilt als hochgefährlich. Sechs Funai-Angestellte wurden in der Vergangenheit, beim Versuch, die Korubos zu kontaktieren, getötet. Nun soll mit Hilfe der

aufgegabelten Korubo-Männer der erste Kontakt gelingen.

Doch die Begegnung könnte auch für den isolierten Stamm tödlich enden. Gegen die Grippe, die „Krankheit der Weißen“, besitzen sie keine Abwehrkräfte. Zudem dringen Menschenhändler, Holzfäller und Goldgräber immer tiefer in ihr Stammesgebiet ein. Die vergangenen Aufeinandertreffen verliefen traumatisch: tödliche Ansteckungen, gewalttätige Übergriffe– „zähmt sie, damit wir hier eine Straße bauen können!“, fasst Bruno Pereira, der sanftmüt -

true to your skin

ge, aber bestimmte Forschungsleiter, die koloniale Haltung der Anderen, der Weißen, zusammen.

Die inhärente Spannung vor dem Aufeinandertreffenverstärkt der Film mit Zeitlupenaufnahmen und einem bedrohlichen Score, vertraut sonst jedoch auf Beobachtung. Pereira muss die Ungeduld der Korubos zähmen. Wer auf der Reise bestimmt, ist schnell klar. Der Film stellt ethnologisch-philosophische Fragen: Wie viel Social Distancing ist erforderlich, um die alte Lebensweise zu erhalten? Wie viel Eingriff notwendig, um sie gegen die Außenwelt zu schützen? Gerade die Korubos, die den Erstkontakt hinter sich haben, zeigen bereits Anpassungen an die moderne Welt.

Schließlich werden die Brüder und Schwestern gefunden. Die Spannung löst sich in Freudengeschrei, Tränen und Umarmungen auf. Ob alte oder neue Welt, die Emotionen sind die gleichen. Dabei ist die Entdeckung des Anderen ein beidseitiges Spiel. Warum die einen bedeckt sind und die anderen nicht, ist nur eine Frage der Perspektive. Der Film ist ein beispielloses Dokument und ein fesselnder Blick zugleich: in die Vergangenheit und in eine mögliche Zukunft F

– die neue Gesichtspflege für sensible Haut.

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VIENNALE 23 FALTER 15
FOTO: UTOPIA DOCS
„The Invention of the Other“ Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 21.10., 14.30 Metro: So, 22.10., 21.00 (OmenglU) Martin Nguyen ist Filmemacher und arbeitet in der Programmredaktion der Falter:Woche
skjur.at Hersteller: URSAPHARM Arzneimittel GmbH · Industriestraße 35 D-66129 Saarbrücken; Vertrieb Österreich: URSAPHARM Ges.m.b.H., 3400 Klosterneuburg, Tel. +43 2243 26006, www.ursapharm.at

DER FALTER-VIENNALE-PLANER 23

GARTENBAUKINO

13.00

She Came to Me (Rebecca Miller, USA 2023, OF, 102 min)

15.30

18.00

20.30

12.45 Le grand chariot (Philippe Garrel, F/CH 2022, OmenglU, 95 min)

12.30 Anselm –Das Rauschen der Zeit (Wim Wenders, D 2023, OmU, 93 min)

Priscilla (SofiaCoppola, USA/I 2023, OmU, 113 min)

12.45 Rapito (Marco Bellocchio, I/F/D 2023, OmenglU, 134 min)

6.30 Priscilla (SofiaCoppola, USA/I 2023, OmU, 113 min)

12.00 Sur l’Adamant (Nicolas Philibert, F/J 2022, OmenglU, 109 min)

18.30

21.00

15.15 Kimitachi wa dô ikiru ka (Hayao Miyazaki, J 2023, OmenglU, 124 min)

Stillstand (Nikolaus Geyrhalter, Ö 2023, OmenglU, 137 min)

21.15 Eureka (Lisandro Alonso, ARG/F/D/P/MEX 2023, OmU, 146 min)

Chile, la memoria obstinada (Patricio Guzmán, CAN/F/CL 1997, OmenglU, 59 min)

Mademoiselle Kenopsia (Denis Côté, CAN 2023, OmenglU, 80 min)

This Is How a Child Becomes a Poet (Céline Sciamma, F/I 2023, englOF, 16 min) Being in a Place … (Luke Fowler, GB 2022, OF, 61 min)

Le Retour à la raison (Man Ray, F 1923–29/2023, OmenglU, 76 min)

Zinzindurrunkarratz (Oskar Alegria, E 2023, OmenglU, 89 min)

11.30 Los delincuentes (Rodrigo Moreno, ARG/LUX/BRA/CL 2023, OmenglU, 189 min)

15.00 Robot Dreams (Pablo Berger, E/F 2023, 102 min)

17.45Music (Angela Schanelec, D/F/GR/SRB 2023, OmU, 108 min)

BlackBerry (Matt Johnson, CAN 2023, OmU, 121 min

23.15 Le procès Goldman (Cédric Kahn, F 2023, OmenglU, 116 min)

Crowrã (João Salaviza, Renée Nader Messora, P/BRA 2023, OmU, 124 min)

13.30 El Eco (Tatiana Huezo, MEX/D 2023, OmenglU, 102 min)

Ricardo et la peinture (Barbet Schroeder, CH/F 2023, OmenglU, 106 min)

Augure (Baloji, B/NL/COD/F/ZAF 2023, OmU, 90 min)

Tótem (Lila Avilés, MEX/DK/F 2023, OmU, 95 min)

Qingchun (chun) (Wang Bing, F/LUX/NL 2023, OmenglU, 212 min)

Kurzfilmprogramm1: and so it came about (OmenglU, 77 min)

El Realismo Socialista (Raúl Ruiz, Valeria Sarmiento, CL 1973/2023, OmenglU, 78 min)

Dearest Fiona (Fiona Tan, NL 2023, OmU, 102 min)

15.15 Kaibutsu (Hirokazu Koreeda, J 2023, OmenglU, 127 min)

Roter Himmel (Christian Petzold, D 2023, OmenglU, 103 min)

20.45 Kuru otlar üstüne (Nuri Bilge Ceylan, TR/F/D/SWE/QAT 2023, OmenglU, 197 min)

Valparaiso mi amor (Aldo Francia, CL 1969, OmenglU, 90 min)

Dearest Fiona (Fiona Tan, NL 2023, OmU, 102 min)

16.15 Clorindo Testa (Mariano Llinás, ARG 2022, OmenglU, 100 min)

El Chacal de Nahueltoro (Miguel Littin, CL 1969, OmenglU, 89 min

Bên trong vo kén vàng (Pham Tien An, E/F/SGP/VNM 2023, OmenglU, 178 min)

12.45 Un prince (Pierre Creton, F 2023, OmenglU, 82 min)

14.30 A Invenção do outro (Bruno Jorge, BRA 2022, OmenglU, 144 min)

17.45Adentro mío estoy bailando (Leandro Koch, Paloma Schachmann, Ö/ARG 2023, OmU, 117 min)

LaRoy (Shane Atkinson, USA/F/Ö 2023, OF, 112 min)

23.15 Hokage (Tsukamoto Shinya, J 2023, OmenglU, 96 min)

Robot Dreams (Pablo Berger, E/F 2023, 102 min)

13.45 Un andantino (Alejo Moguillansky, ARG 2023, OmenglU, 65 min)

Les meutes (Kamal Lazraq, QAT/MAR/SAU/B/F 2023, OmenglU, 94 min)

Retratos fantasmas (Kleber Mendonca Filho, BRA 2023, OmenglU, 93 min)

Music (Angela Schanelec, D/F/GR/SRB 2023, OmenglU, 108 min)

L’Île au trésor (Raúl Ruiz, F/GB/USA 1986, OmenglU, 117 min)

13.45 Le procès Goldman (Cédric Kahn, F 2023, OmenglU, 116 min)

16.15 Kurzfilmprogramm2:

Encounters (OmenglU, 74 min)

La Ville des pirates (Raúl Ruiz, F/P 1983, OmenglU, 113 min)

21.15 Los delincuentes (Rodrigo Moreno, ARG/LUX/BRA/CL 2023, OmenglU, 189 min)

Bai ta zhi guang (Zhang Lu, CHN 2023, OmenglU, 144 min)

18.30 Club Zero (Jessica Hausner, Ö/GB/D/F 2023, OmU, 110 min)

21.30 Perfect Days (Wim Wenders, J/D 2023, OmU, 123 min)

L’Amitié (Alain Cavalier, F 2022, OmenglU, 124 min)

Adentro mío estoy bailando (Leandro Koch, Paloma Schachmann, Ö/ARG 2023, OmenglU, 117 min)

16.15 Unutma bicimleri (Burak Cevik, TR 2023, OmenglU, 70 min)

... à Valparaiso (Joris Ivens, F/CL 1963, OmenglU, 27 min) Morir un poco (Álvaro Covacevich, CL 1966, OmenglU, 69 min)

A Invenção do outro (Bruno Jorge, BRA 2022, OmenglU, 144 min)

This Is How a Child Becomes a Poet (Céline Sciamma, F/I 2023, englOF, 16 min) Being in a Place … (Luke Fowler, GB 2022, OF, 61 min)

Tótem (Lila Avilés, MEX/DK/F 2023, OmenglU, 95 min)

LaRoy (Shane Atkinson, USA/F/Ö 2023, OF, 112 min)

20.45 Roter Himmel (Christian Petzold, D 2023, OmenglU, 103 min)

23.30 BlackBerry (Matt Johnson, CAN 2023, OmU, 121 min

Kuru otlar üstüne (Nuri Bilge Ceylan, TR/F/D/SWE/QAT 2023, OmenglU, 197 min)

15.30 Daaaaaali! (Quentin Dupieux, F 2023, OmenglU, 79 min)

17.15 Eureka (Lisandro Alonso, ARG/F/D/P/MEX 2023, OmenglU, 146 min)

Coup de chance (Woody Allen, F/GB 2023, OmenglU, 96 min)

Europa (Sudabeh Mortezai, Ö 2023, OmU, 98 min)

20.45 Anatomie d’une chute (Justine Triet, F 2023, OmU, 151 min)

Desde siempre (Marialy Rivas, CL 1996, OmenglU, 23 min)

La sagrada Familia (Sebastián Lelio, CL 2005, OmenglU, 99 min)

14.00 In Our Day (Hong Sangsoo, KOR 2023, OmenglU, 84 min)

Un sueno como de colores (Valeria Sarmiento, CL 1973, OmenglU, 10 min)

El zapaton chino (Christián Sánchéz, CL 1979, OmenglU, 71 min)

18.00 Huellas (Valeria Sarmiento, F/CL 2023, OmenglU, 63 min)

20.00 El Juicio (Ulises de la Orden, ARG/F/I/NOR 2023, OmenglU, 177 min)

12.30 Clorindo Testa (Mariano Llinás, ARG 2022, OmenglU, 100 min)

14.30 Wu yue xue (Chong Keat Aun, MYS/TW/SGP 2022, OmenglU, 116 min)

17.30 Perfect Days (Wim Wenders, J/D 2023, OmenglU, 123 min)

Nouveau monde! (Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval, F 2023, OmenglU, 102 min)

Mars Express (Jérémie Périn, F 2023, OmenglU, 88 min)

Xue yun (Wu Lang, CHN 2022, OmenglU, 102 min)

13.30 Xue bao (Pema Tseden, CHN 2023, OmenglU, 109 min)

Aku wa sonzai shinai (Hamaguchi Ryusuke, JPN 2023, OmenglU, 106 min)

19.00 Menus plaisirs –Les Troisgros (Frederick Wiseman, F/USA 2023, OmenglU, 240 min)

Ferrari (Michael Mann, USA 2023, OmU, 130 min)

18.15 Aku wa sonzai shinai (Hamaguchi Ryusuke, JPN 2023, OmenglU, 106 min)

21.00 La Bête (Bertrand Bonello, F/CAN 2023, OmU, 146 min)

Unutma bicimleri (Burak Cevik, TR 2023, OmenglU, 70 min)

Inside (Kurzfilmprogramm I (Narcisa Hirsch, ARG 1967–1980, OmenglU, 68 min)

The Woman on the Beach (Jean Renoir, USA 1947, OF, 72 min)

18.00 Nous disons révolution (Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval, F 2021, OmenglU, 128 min)

Angst (Gerald Kargl, Ö 1983, OmenglU, 79 min)

The Feeling That the Time for Doing Something Has Passed (Joanna Arnow, USA 2023, OF, 88 min)

15.00 Club Zero (Jessica Hausner, Ö/GB/D/F 2023, OmU, 110 min)

La passion de Dodin Bouffan (Tran Anh Hùng, F 2023, OmU, 134 min)

21.15 Joan Baez - I Am A Noise (Karen O’Connor, Miri Navasky, Maeve O’Boyle, USA 2023, OmU, 113 min)

14.30 La Bête (Bertrand Bonello, F/CAN 2023, OmenglU, 146 min)

Poor Things (Yorgos Lanthimos, UK/IRL/USA 2023, OmU, 141 min)

21.00 L’étédernier (Catherine Breillat, F 2023, OmU, 104 min)

23.30 Birth/Rebirth (Laura Moss, USA 2022, OF, 98 min)

La Blessure (Nicolas Klotz, F/B 2004, OmenglU, 163 min)

14.45 Outside (KurzfilmprogrammII) (Narcisa Hirsch, ARG 1967–1991, OmenglU, 52 min)

16.30 Die Nachtmeerfahrt (Kitty Kino, Ö 1985, OmenglU, 72 min

Camping du Lac (Éléonore Saintagnan, BEL/F 2023, OmenglU, 69 min)

Notre Corps (Claire Simon, F 2023, OmU, 168 min)

Perdidos en la noche (Amat Escalante, MEX/D/NL/DK 2023, OmenglU, 120 min)

Europa (Sudabeh Mortezai, Ö 2023, OmenglU, 98 min)

Anqa (Helin Çelik, Ö/E 2023, OmU, 91 min)

Mal viver (João Canijo, P/F 2023, OmenglU, 127 min)

23.30 The First Slam Dunk (Takehiko Inoue, JPN 2022, OmenglU, 124 min)

Il sol dell’avvenire (Nanni Moretti, I 2023, OmU, 96 min

Tres tristes tigres (Raúl Ruiz, CL 1968, OmenglU, 98 min)

Zinzindurrunkarratz (Oskar Alegria, E 2023, OmenglU, 89 min)

Kurzfilmprogramm3: Presences (OmenglU, 65 min)

Slike iz zivota udarnika (Bahrudin Čengić, YU 1972, OmenglU, 78 min)

Les trois couronnes du matelot (Raúl Ruiz, F 1982, OmenglU, 118 min)

Dialogue d’exilés (Raúl Ruiz, F 1974, OmenglU, 105 min)

13.00 La Nuit Bengali (Nicolas Klotz, F/CH 1987, englOF, 113 min)

Klimt (Raúl Ruiz, Ö/D/GB/F 2006, OmU, 97 min)

Allensworth (James Benning, USA 2023, OF, 65 min)

20.30 Nuit obscure –Au revoir ici, n’importe où (Sylvain George, F/CH 2023, OmenglU, 183 min)

Un prince (Pierre Creton, F 2023, OmenglU, 82 min)

12.45 Stillstand (Nikolaus Geyrhalter, Ö 2023, OmenglU, 137 min)

Wu yue xue (Chong Keat Aun, MYS/TW/SGP 2022, OmenglU, 116 min)

18.45 L’étédernier (Catherine Breillat, F 2023, OmenglU, 104 min)

21.30 Sur l’Adamant (Nicolas Philibert, F/J 2022, OmU, 109 min)

Colloque de chiens + L’ Hypothèse du tableau volé (Raúl Ruiz, F 1977 / 1978, OmenglU, 86 min)

Paria (Nicolas Klotz, F 2000, OmenglU, 125 min)

16.30 La Telenovela errante (Raúl Ruiz, Valeria Sarmiento, CL 1990/2017, OmenglU, 78 min)

19.00 I Heard It Through the Grapevine (Dick Fontaine, USA 1982, OF, 91 min)

21.30 COSTA_GODARD_SNOW (CAN/USA/F/P 1967–2023, OmenglU, 74 min)

Mars Express (Jérémie Périn, F 2023, OmenglU, 88 min)

13.30 Huellas (Valeria Sarmiento, F/CL 2023, OmenglU, 63 min)

Anselm – Das Rauschen der Zeit (Wim Wenders, D 2023, OmenglU, 93 min)

Sobre todo de noche (Víctor Iriarte, E/P/F 2023, OmenglU, 105 min)

21.15 Perpetrator (Jennifer Reeder, USA/F 2023, OF, 100 min)

Het dak van de Walvis (Raúl Ruiz, NL/F 1982, OmenglU, 97 min)

Imagen latente (Pablo Perelman, CL 1987, OmenglU, 92 min)

James Baldwin Abroad (Sedat Pakay, Brian Meacham / Terence Dixon / Horace Ové, GB/TR/USA 1968–2022, OF, 94 min)

La Question humaine (Nicolas Klotz, F 2007, OmenglU, 144 min)

21.45 Généalogies d’un crime (Raúl Ruiz, F/P 1997, OmenglU, 115 min)

SA,
SO,
FR,
21.10.
22.10. MO, 23.10. DI, 24.10. MI, 25.10.
20.10.
METRO KINOKULTURHAUS STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS URANIA FILMMUSEUM 11.00 13.30 16.00 18.30 21.00 13.00 15.30 18.00 20.30 23.00 11.00 11.00 13.00 13.30 16.00 16.00 18.30 21.00

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ERÖFFNUNG: DO, 19.10. GARTENBAUKINO: 19.00 (OmU) / STADTKINO: 20.30 (OmenglU)

METRO KINOKULTURHAUS: 21.00 (OmenglU) / URANIA: 21.00 (OmU)

Viennale-Trailer 2023 Magyarázat mindenre (Gábor Reisz, HU/SVK 2023, 152 min)

Features Shorts Kinematografien Widerstand, Erinnerung, Neuerfindung / Keine Angst Monografien Klotz & Perceval / Hirsch Historiografien Schickele / Baldwin Retrospektive Raúl Ruiz

27.10. SA, 28.10. SO, 29.10. MO, 30.10. DI, 31.10. DO, 26.10.

11.30 La passion de Dodin Bouffan (Tran Anh Hùng, F 2023, OmenglU, 134 min)

14.30 Überraschungsfil

17.30 The Holdovers (Alexander Payne, USA 2023, OmU, 133 min)

Le Temps retrouvé (Raúl Ruiz, F/I 1999, OmU, 162 min)

10.00 Essential Truths of the Lake (Lav Diaz, PHL/F/P/SGP/I/CH/GB 2023, OmenglU, 215 min)

14.45 COSTA_GODARD_SNOW (CAN/USA/F/P 1967–2023, OmenglU, 74 min)

16.30 Anqa (Helin Çelik, Ö/E 2023, OmenglU, 91 min)

19.00 Bushman (David Schickele, USA 1971, OmenglU, 73 min)

21.15 Ich oder du (Dieter Berner, Ö 1984, 92 min)

11.30 Notre Corps (Claire Simon, F 2023, OmenglU, 168 min)

La práctica (Martín Rejtman, ARG/CL/P/D 2023, OmenglU, 96 min)

Vista mare (Julia Gutweniger, Florian Kofler, Ö/I 2023, OmU, 80 min)

20.15 Sobre todo de noche (Víctor Iriarte, E/P/F 2023, OmenglU, 105 min)

He bian de cuo wu (Wei Shujun, CHN 2023, OmenglU, 101 min)

Low Life (Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval, F 2011, OmenglU, 120 min)

14.00 Mul-an-e-seo (Hong Sangsoo, KOR 2023, OmenglU, 61 min)

Camping du Lac (Éléonore Saintagnan, BEL/F 2023, OmenglU, 69 min)

Arturo a los 30 (Martín Shanly, ARG 2023, OmenglU, 91 min)

Viver mal (João Canijo, P/F 2023, OmenglU, 125 min)

Raúl Ruiz: Kurzfilmprogram (Raúl Ruiz, CL/F 1963-2020, OmenglU, 98 min)

Palomita blanca (Raúl Ruiz, CL 1973/1992, OmenglU, 126 min)

16.30 Outside (KurzfilmprogrammII) (Narcisa Hirsch, ARG 1967-1991, OmenglU, 52 min)

Laberint Sequences (Blake Williams, CAN/E 2023, OF 3D, 21 min)

Last Things (Deborah Stratman, P/USA/BRAS/F 2023, OmenglU, 50 min)

L’héroique lande – La frontière brûle (Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval, F 2017, OmenglU, 219 min)

Ferrari (Michael Mann, USA 2023, OmU, 130 min)

15.45 She Came to Me (Rebecca Miller, USA 2023, OF, 102 min)

All of Us Strangers (Andrew Haigh, UK/USA 2023, OmU, 105 min)

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby (A. Goiginger, Ö/D 2023, OmenglU, 104 min)

23.15 Perpetrator (Jennifer Reeder, USA/F 2023, OF, 100 min)

Die Erben (Walter Bannert, Ö 1982, 95 min)

Arturo a los 30 (Martín Shanly, ARG 2023, OmenglU, 91 min)

Nearer (KurzfilmprogrammIII) (Narcisa Hirsch, ARG/Ö 1972–2012, OmenglU, 61 min)

Give Me a Riddle (David Schickele, USA/Nigeria 1966, OF, 69 min)

20.30 Zielona granica (Agnieszka Holland, PL/F/CZ/B 2023, OmenglU, 152 min)

Allensworth (James Benning, USA 2023, OF, 65 min)

El viento sabe que vuelvo a casa (José Luis Torres Leiva, CL 2016, OmenglU, 104 min)

Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin (Martha Mechow, Ö/D 2023, OmenglU, 100 min)

20.45 In Our Day (Hong Sangsoo, KOR 2023, OmU, 84 min)

Coup de chance (Woody Allen, F/GB 2023, OmenglU, 96 min)

10.45 Klotz und Perceval: Kurzfilmprogram (F/BRA 2016–2022, OmenglU, 106 min)

13.30 Hokage (Tsukamoto Shinya, J 2023, OmenglU, 96 min)

15.45 La práctica (Martín Rejtman, ARG/CL/P/D 2023, OmenglU, 96 min)

Cerrar los ojos (Víctor Erice, E/ARG 2023, OmenglU, 169 min)

22.15 He bian de cuo wu (Wei Shujun, CHN 2023, OmU, 101 min)

Fado majeur et mineur (Raúl Ruiz, F/P 1994, OmenglU, 116 min)

Puan (María Alché, Benjamín Naishtat, ARG/I/F/D/BRA 2023, OmenglU, 109 min)

16.15 Kurzfilmprogramm4: Visibilities (OmenglU, 70 min)

Comédie de l’innocence (Raúl Ruiz, F 2000, OmenglU, 103 min)

Laberint Sequences (Blake Williams, CAN/E 2023, OF 3D, 21 min)

Last Things (Deborah Stratman, P/USA/BRAS/F 2023, OmenglU, 50 min)

12.30 Poor Things (Yorgos Lanthimos, UK/IRL/USA 2023, OmU, 141 min)

Le grand chariot (Philippe Garrel, F/CH 2022, OmU, 95 min)

18.15 Die Theorie von Allem (Timm Kröger, D/Ö/CH 2023, OmU, 118 min)

21.15 Nu astepta prea mult de la sfârsitul lumii (Radu Jude, RO/LUX/F/HRV 2023, OmenglU, 164 min)

Popsicles (Gloria Camiruaga) Fragmentos de … (Angelina Vázquez) Journal inachevé (Marilú Mallet) (CL 1982–1984, OmenglU, 112 min)

Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin (Martha Mechow, Ö/D 2023, OmenglU, 100 min)

16.15 Further Away (KurzfilmprogrammIV) (Narcisa Hirsch, ARG 1974–2023, OmenglU, 59 min)

Kanata no uta (Sugita Kyoshi, J 2023, OmenglU, 84 min)

Totentanz (Pablo Sigg, MEX/CH 2023, OmenglU, 93 min)

10.30 Menus plaisirs –Les Troisgros (Frederick Wiseman, F/USA 2023, OmenglU, 240 min)

15.00 Shashvi Shashvi Maq’vali (Elena Naveriani, GEO/CH 2023, OmenglU, 110 min)

El auge del humano 3 (Eduardo Williams, ARG/BRA/P 2016, OmenglU, 121 min)

21.00 Here (Bas Devos, B 2023, OmenglU, 82 min)

23.15 Daaaaaali! (Quentin Dupieux, F 2023, OmenglU, 79 min)

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby (Adrian Goiginger, Ö/D 2023, OmenglU, 104 min)

13.45 Mal viver (João Canijo, P/F 2023, OmenglU, 127 min)

16.45 Zielona granica (Agnieszka Holland, PL/F/CZ/B 2023, OmenglU, 152 min)

20.30 Essential Truths of the Lake (Lav Diaz, PHL/F/P/SGP/I/CH/GB 2023, OmenglU, 215 min)

Les Âmes fortes (Raúl Ruiz, F/B/CH 2001, OmenglU, 121 min)

Bushman (David Schickele, USA 1971, OmenglU, 73 min)

Kurzfilmprogramm5: Incidences (OmenglU, 62 min)

Trois vies et une seule mort (Raúl Ruiz, F/P 1996, OmU, 123 min)

Mademoiselle Kenopsia (Denis Côté, CAN 2023, OmenglU, 80 min)

10.00 Kaibutsu (Hirokazu Koreeda, J 2023, OmU, 127 min)

13.00 All of Us Strangers (Andrew Haigh, UK/USA 2023, OmU, 105 min)

Priscilla (SofiaCoppola, USA/I 2023, OmU, 113 min)

La chimera (Alice Rohrwacher, I/F/CH 2023, OmU, 130 min)

21.15 Kimitachi wa dô ikiru ka (Hayao Miyazaki, J 2023, OmU, 124 min)

Retratos fantasmas (Kleber Mendonca Filho, BRA 2023, OmenglU, 93 min)

Vista mare (Julia Gutweniger, Florian Kofler, Ö/I 2023, OmenglU, 80 min)

I Heard It Through the Grapevine (Dick Fontaine, USA 1982, OF, 91 min)

Celluloid Underground (Ehsan Khoshbakht, GB/IRN 2023, OmenglU, 80 min)

Savvusanna sosarad (Anna Hints, EST/F/ISL 2023, OmU, 89 min)

11.00 L’Amour fou (Jacques Rivette, F 1969, OmenglU, 254 min)

15.45 Mul-an-e-seo (Hong Sangsoo, KOR 2023, OmU, 61 min)

17.15 Animal (SofiaExarchou, GR/Ö/RO/CY/BG 2023, OmU, 116 min)

20.15 Simple comme Sylvain (Monia Chokri, CAN/F 2023, OmenglU, 111 min)

El Eco (Tatiana Huezo, MEX/D 2023, OmenglU, 102 min)

Here (Bas Devos, B 2023, OmenglU, 82 min)

13.30 Joan Baez – I Am A Noise (Karen O’Connor, Miri Navasky, Maeve O’Boyle, USA 2023, OmU, 113 min)

Le Retour à la raison (Man Ray, F 1923–29/2023, OmenglU, 76 min)

The First Slam Dunk (Takehiko Inoue, JPN 2022, OmU, 124 min)

Nu astepta prea mult de la sfârsitul lumii (Radu Jude, RO/LUX/F/HRV 2023, OmenglU, 164 min)

La maison Nucingen (Raúl Ruiz, F/CL/RO 2008, OmenglU, 98 min)

Nearer (KurzfilmprogrammIII) (Narcisa Hirsch, ARG/Ö 1972–2012, OmenglU, 61 min)

Kurzfilmprogramm6: Intersection (OmenglU, 64 min)

18.15 Notas para una película (Ignacio Agüero, CL/F 2022, OmenglU, 104 min)

La Recta provincia (Raúl Ruiz, CL 2007, OmenglU, 160 min)

6.30 Poor Things (Yorgos Lanthimos, UK/IRL/USA 2023, OmU, 141 min)

12.30 The Holdovers (Alexander Payne, USA 2023, OmU, 133 min)

Rapito (Marco Bellocchio, I/F/D 2023, OmU, 134 min)

19.00 Amadeus (Milos Forman, USA/F 1984, OF, 180 min)

Anatomie d’une chute (Justine Triet, F 2023, OmenglU, 151 min)

10.15 Bên trong vo kén vàng (Pham Tien An, E/F/SGP/VNM 2023, OmenglU, 178 min)

13.45 Notas para una película (Ignacio Agüero, CL/F 2022, OmenglU, 104 min)

16.30 Animal (SofiaExarchou, GR/Ö/RO/CY/BG 2023, OmenglU, 116 min)

19.30 Atemnot (Käthe Kratz, Ö 1984, 97 min)

21.30 Shashvi Shashvi Maq’vali (Elena Naveriani, GEO/CH 2023, OmenglU, 110 min)

12.15 Die Theorie von Allem (Timm Kröger, D/Ö/CH 2023, OmenglU, 118 min)

15.15 Celluloid Underground (Ehsan Khoshbakht, GB/IRN 2023, OmenglU, 80 min)

17.30 Cosmosapiens (Pavel Cuzuioc, Ö 2023, OmU, 97 min)

20.15 La chimera (Alice Rohrwacher, I/F/CH 2023, OmenglU, 130 min)

23.15 Birth/Rebirth (Laura Moss, USA 2022, OF, 98 min)

Xue bao (Pema Tseden, CHN 2023, OmenglU, 109 min)

13.30 Augure (Baloji, B/NL/COD/F/ZAF 2023, OmenglU, 90 min)

Puan (María Alché, Benjamín Naishtat, ARG/I/F/D/BRA 2023, OmenglU, 109 min)

Il sol dell’avvenire (Nanni Moretti, I 2023, OmenglU, 96 min

20.30 Qingchun (chun) (Wang Bing, F/LUX/NL 2023, OmenglU, 212 min)

Ce jour-là (Raúl Ruiz, F/CH 2003, OmenglU, 105 min)

Kanata no uta (Sugita Kyoshi, J 2023, OmenglU, 84 min)

Ricardo et la peinture (Barbet Schroeder, CH/F 2023, OmenglU, 106 min)

Palomita blanca (Raúl Ruiz, CL 1973/1992, OmenglU, 126 min)

El auge del humano 3 (Eduardo Williams, ARG/BRA/P 2016, OmenglU, 121 min)

19.30 Yannick (Quentin Dupieux, F 2023, OmU, 65 min)

10.30 Cerrar los ojos (Víctor Erice, E/ARG 2023, OmenglU, 169 min)

14.00 The Woman on the Beach (Jean Renoir, USA 1947, OF, 72 min)

Cosmosapiens (Pavel Cuzuioc, Ö 2023, OmenglU, 97 min)

Totentanz (Pablo Sigg, MEX/CH 2023, OmenglU, 93 min)

21.30 Yannick (Quentin Dupieux, F 2023, OmenglU, 65 min)

Nouveau monde! (Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval, F 2023, OmenglU, 102 min)

Les meutes (Kamal Lazraq, QAT/MAR/SAU/B/F 2023, OmenglU, 94 min)

Savvusanna sosarad (Anna Hints, EST/F/ISL 2023, OmenglU, 89 min)

Yannick (Quentin Dupieux, F 2023, OmenglU, 65 min)

Perdidos en la noche (Amat Escalante, MEX/D/NL/DK 2023, OmenglU, 120 min)

13.30 Crowrã (João Salaviza, Renée Nader Messora, P/BRA 2023, OmU, 124 min)

Bai ta zhi guang (Zhang Lu, CHN 2023, OmenglU, 144 min)

19.00 Simple comme Sylvain (Monia Chokri, CAN/F 2023, OmenglU, 111 min)

21.45 Yannick (Quentin Dupieux, F 2023, OmU, 65 min)

Mistérios de Lisboa (Raúl Ruiz, F/P 2010, OmenglU, 265 min)

16.15 Kurzfilmprogramm7: Taking Care (OmenglU, 71 min)

Cien ninos esperando un tren (Ignacio Aguero, CL 1988, OmenglU, 56 min) No olvidar (Ignacio Aguero, CL 1982, OmenglU, 30 min)

The Territory (Raúl Ruiz, USA/P 1981, OF, 113 min)

OF Originalfassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln englOF englische Originalfassung

21.00

18.30

21.00

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KURZFILMPROGRAMM 1: AND SO IT CAME ABOUT and so it came about (A Tale of Consequential Dormancy) (Charlotte Pryce, USA 2023, 13 Min, OF Projekt (Dane Komljen, D/Nigeria 2023, 25 Min, OmenglU)

The Fist

(Ayo Akingbade, GB/Nigeria 2022, 24 Min, kein Dialog) Valley Pride (Lukas Marxt, Ö/D 2023, 15 Min, kein Dialog)

KURZFILMPROGRAMM 2: ENCOUNTERS

Shrooms

(Jorge Jácome, P 2023, 18 Min, OmenglU) Nocturno para uma florest (Catarina Vasconcelos , P 2023, 16 Min, OmenglU) Sertão, América (Marcela Ilha Bordin, BRA 2023, 18 Min, OmenglU) When We Encounter the World (Zazie Ray-Trapido, Leonardo Pirondi, P/USA 2023, 11 Min, eOF) Kinderfil ( Ö2023, 11 Min, kein Dialog, eZT)

KURZFILMPROGRAMM 3: PRESENCES

The Secret Garden (Nour Ouayda, Libanon 2023, 27 Min, OmenglU) Cinzas e nuvens, Extended Presences (Margaux Dauby, B/P 2023, 12 Min, kein Dialog)

Aqueronte (Manuel Muñoz Rivas, E 2023, 26 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 4: VISIBILITIES

Trouble (Miranda Pennell, GB 2023, 33 Min, OF)

Sensitive Content (Narges Kalhor, D/Iran 2023, 8 Min, OmenglU)

Bloom (Helena Girón Vázquez, Samuel M. Delgado, E 2023, 18 Min, OmenglU)

INSIDE

Marabunta (Narcisa Hirsch, ARG 1967, 8 Min, kein Dialog)

Canciones Napolitanas (Narcisa Hirsch, ARG1970, 10 Min, kein Dialog)

Pink Freud

(Narcisa Hirsch, ARG 1973, 10 Min, kein Dialog)

Aida

(Narcisa Hirsch, ARG 1976, 7 Min, kein Dialog)

La noche Bengalí

(Narcisa Hirsch, Werner Nekes, ARG 1980, 6 Min, stumm)

Testamento y vida interior

(Narcisa Hirsch, ARG 1976, 19 Min, kein Dialog)

Retrato de Marta Minujin

(Narcisa Hirsch, ARG 1974, 16 Min, OmeU)

OUTSIDE

Diarios Patagónicos 2

(Narcisa Hirsch, ARG 1972, 11 Min, stumm)

Mundial 78

(Narcisa Hirsch, ARG 1978, 20 Min, OmenglU)

Manzanas

(Narcisa Hirsch, ARG 1969, 4 Min, OmenglU)

Tambores en la plaza

(Narcisa Hirsch, ARG 1970, 3 Min, stumm)

Pichón en el Obelisco

(Narcisa Hirsch, ARG 1989, 5 Min, stumm)

Warnes

(Narcisa Hirsch, ARG 1991, 3 Min, stumm)

Edgardo

(Narcisa Hirsch, ARG 1967, 5 Min, stumm)

Come Out

(Narcisa Hirsch, ARG 1974, 11 Min, kein Dialog)

NEARER

Postal Austria

(Narcisa Hirsch, ARG/Ö 2012, 3 Min, eZt)

Patagonia

(Narcisa Hirsch, ARG 1972, 9 Min, kein Dialog)

Seguro que Bach cerraba la puerta cuando … (Narcisa Hirsch, ARG 1979, 27 Min, OmenglU)

Medien

APA

Biorama

DATUM

Die Furche

Fleisch Magazin

springerin

Vienna Würstelstand

Kultur, Kunst, Non-Pro t Akademie der Bildenden

Künste

Amnesty International

Österreich

Arbeiterkammer Wien

Blickfang

Buch Wien

Büchereien Wien

Burgtheater

Die Angewandte

ImPulsTanz

Institut für Theater-, Film& Medienwissenschaft

Kulturreferat ÖH Uni Wien

Kunsthalle Wien

Kunsthistorisches Museum

Wien

Lateinamerika Institut

MuseumsQuartier

Tanzquartier Wien

VHS Wiener Urania

Volkstheater Wien

Weltmuseum Wien

Wiener Festwochen

WUK

Business

cyledge

Direct Marketing

European Youth Card

Filmgalerie Achteinhalb

Goldbach Audience

KAFFEEKÜCHE

Schottentor-Passage

KINO VOD CLUB AUSTRIA

ORF OMC

Schüren Verlag

Thalia

Tools at work

ZONE Media

El Chinero, un cerro fantasma, El Chinero, a Phantom Hill (Bani Khoshnoudi, MEX/F 2023, 11 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 5: INCIDENCES

Unglückliche Stunde (Ted Fendt, D 2023, 10 Min, OmenglU)

Fälle (Mischa Hedinger, Michela Flück, CH 2022, 14 Min, OmenglU)

Faces Of Death (Jan Soldat, Ö/D 2023, 7 Min, kein Dialog)

Four Unloved Women, Adrift on a Purposeless Sea, Experience the Ecstasy of Dissection (David Cronenberg, CAN/I 2023, 4 Min, kein Dialog)

Dildotectónica

(Tomás Paula Marques, P 2023, 16 Min, OmenglU)

Der gestohlene Brief (Friedl vom Gröller, Ö 2023, 3 Min, stumm)

Palmer (Friedl vom Gröller, Ö 2023, 3 Min, stumm) AfterWork (Jan Soldat, Ö/D 2023, 5 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 6: INTERSECTION

We Don’t Talk Like We Used To (Joshua Gen Solondz, USA/HK/J 2023, 36 Min, OF) In a Nearby Field (Laida Lertxundi, Ren Ebel, E 2023, 18 Min, OmenglU) Intersection (Richard Tuohy, Dianna Barrie, QAT/LT/MEX/RUS/AUS 2023, 10 Min, kein Dialog)

KURZFILMPROGRAMM 7: TAKING CARE

The Grave‘s Sky (John Gianvito, USA 2023, 19 Min, kein Dialog) Music for Solo Performer (Jenny Brady, Irland 2023, 18 Min, OF)

The Tuner (Sasha Pirker, Österreich 2023, 13 Min, OmenglU) Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach (Christiana Perschon, Österreich 2023, 12 Min, OmenglU) Taking Care, This Is for Jonas Mekas (Friedl vom Gröller, Österreich/USA 2023, 3 Min, kein Dialog) Friedl (Christiana Perschon, Österreich 2023, 3 Min, OmenglU) Ich will nicht gefilmt werden, sondern selber film (Friedl vom Gröller, Österreich 2023, 3 Min, stumm)

Pocos son los que conocen el secreto del amor – V2 (Narcisa Hirsch, ARG 1976, 10 Min, OmenglU)

Rafael, Agosto de 1984 (Narcisa Hirsch, ARG1984, 12 Min, OmenglU)

FURTHER AWAY

Aleph

(Narcisa Hirsch, ARG 2005, 1 Min, OmenglU)

Ama-Zona

(Narcisa Hirsch, ARG 1983, 15 Min, kein Dialog)

Materia Oscura (Narcisa Hirsch, ARG 2023, 12 Min, OmenglU)

Myst (Narcisa Hirsch, ARG 2019, 15 Min, OmenglU) Kosmos II La incertidumbre (Narcisa Hirsch, Robert Cahen, Rubén Guzmán, ARG/F 2018, 10 Min, kein Dialog)

Workshop (Narcisa Hirsch, ARG 1974, 10 Min, eOF)

Kartenvorverkauf

Vorverkauf ab 14. Oktober, tägl. ab 10 Uhr

GARTENBAUKINO: 14. bis 18. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr, 19. Oktober von 10 bis 16 Uhr

Tickets per Telefon

14. bis 31. Oktober, tägl. 10 bis 20 Uhr Tel. 01/526 594 769

Ausverkaufte Vorstellungen: Ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für verfügbare Resttickets ausgegeben

Tickets Online ab 14. Oktober, viennale.at

Kartenverkauf Retrospektive

An allen Viennale-Kassen, online und telefonisch

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OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln

OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln

TICKETS: TEL. 01/526 594 769

18 FALTER VIENNALE 23
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Viel zu tun hat Miss Novak nicht bei ihrem bösen Werk: Ein paar Stehsätze, ein paar laminierte Bildchen, die Eltern sind von der Sinnhaftigkeitihres Fachs „Bewusste Ernährung“ überzeugt und die Schuldirektorin sowieso. Miss Novak (abgründig: Mia Wasikowska) verteilt ihre Gunst manipulativ per Fastentee und Illusion von Konsumbewusstsein und Stärke – den Rest erledigen die Opfer per Gruppendruck quasi selbst. Hellhörig wird das Umfeld erst, als die jungen Menschen beinahe zu essen aufhören.Und dann ist es schon zu spät: Die reichen Eltern der EliteSchüler:innen sind völlig hilflos.Jessica Hausners Inszenierung arbeitet wie immer mit strengen Farb-Welten, in ihrem „Club Zero“ geht es weniger ums Essen als um Kontrolle.

Falter: Hat es Sie überrascht, dass diese Geschichte auch lustig ist?

Mia Wasikowska: Jessica Hausner weiß, dass dem Leben immer auch eine gewisse Absurdität innewohnt. Ja, der Film ist lustig, aber nicht auf die Art, wo man laut lacht. Man verspürt ein gewisses Unbehagen dabei.

Miss Novak gibt viele Plattitüden von sich, wie haben Sie Ihrer Rolle da Ersthaftigkeitverliehen?

Wasikowska: Wir haben alle Versionen durchprobiert – von albern bis ganz natürlich. Diese Balance war Jessica Hausner sehr wichtig, der Humor entsteht ja manchmal gerade dadurch, dass man alles völlig normal wirken lässt. So etwas verstört – es ist so, wie Donald Trump im Weißen Haus zu sehen.

Wo haben Sie die Schulszenen gedreht?

Wasikowska: Im St Catherine’s College in Oxford. Im Gegensatz zu den

Hollywoodstar Mia Wasikowska treibt in „Club Zero“ die Kinder einer Eliteschule volley in die Essstörung

INTERVIEW: JULIA PÜHRINGER

klassischen englischen Schulen, die eher gotisch inspiriert sind, wurde es vom skandinavischen Architekten Arne Jacobsen gestaltet. Ich mag das, es macht alles ein bisschen weniger konkret, die Geschichte könnte überall spielen.

Fasten, innere Reinigung, das ist alles sehr in Mode. Haben Sie darüber gesprochen, woher die Faszination dafür kommt?

Wasikowska: Zu Beginn des Unterrichts von Miss Novak hat das bis zu einem gewissen Punkt ja alles Sinn. Nur wenn man das im Extrem betreibt, wird es gefährlich. Miss Novak nützt einfach, dass Essstörungen oftein Symptom von tieferliegenden Problemen sind, generell Angst und Zorn und auch das Bedürfnis, etwas kontrollieren zu können. Es geht weniger darum, wie sich das dann manifestiert.

Miss Novak ist eine verführerische Bösewichtin, eine richtige Rattenfängerin, macht das Spaß beim Spielen?

Unterricht oder Kult? Die Lehrerin Miss Novak (Mia Wasikowksa) folgt ihrer eigenen Doktrin

»Jessica Hausner arbeitet sehr präzise, man muss sich ihrer Vision anpassen

Wasikowska: Das ist das Beunruhigende: Miss Novak gibt den Kindern auch viel. Sie sieht etwas in ihnen, das ihre Eltern nicht sehen. Sie lernen, ihre eigene Meinung zu haben, sich von den Eltern zu lösen. Aber natürlich nützt sie das für ihre eigene Doktrin.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Jessica Hausner gestaltet?

Wasikowska: Sie arbeitet sehr präzise und hat sehr genaue Vorstellungen. Man kann bei Jessica als Schauspielerin jedenfalls nicht ans Set kommen und sagen: Ich stelle mich mal da drüben hin, weil sie schon längst beschlossen hat, wo du stehst und wo die Kamera. Man muss sich ihrer Vision anpassen. Manche tun sich vermutlich schwer damit; ich sehe das als Teil meines Jobs, ich halte das gut aus.

Miss Novak hat selbst keine Familie – haben Sie sich ein Leben für sie ausgedacht?

Mia Wasikowska, geboren 1989 in Canberra, wurde mit der Serie „In Treatment“ (2008) bekannt. Zwei Jahre später war sie „Alice in Wonderland“, danach „Jane Eyre“ und drehte mit Jim Jarmusch und David Cronenberg

Club Zero

Gartenbau: So, 22.10.,18.30

Stadtkino im Künstlerhaus: Di, 24.10., 15.00 (OmU)

Wasikowska: Jessica hat darauf bestanden, dass Miss Novak ein „true believer“ ist, eine wahrhaftGläubige. Ich habe mich anfangs gegen diese Vorstellung gewehrt, weil es so offesichtlich manipulativ ist. Aber immer, wenn ich die Rolle so spielen wollte, bestand Jessica auf dem Gegenteil. Das war klug, denn dass diese Psychopathin selbst daran glaubt, macht alles noch gefährlicher und beängstigender.

Es gibt diese verletzenden Sätze der Eltern wie „Du könntest schon ein bisschen auf dein Gewicht achten“ – wenn Ihre Figur dann auf diese Kinder trifft,sind sie ja bereits auf eine Weise gebrochen.

Wasikowska: Ja, ich war natürlich neugierig. Andererseits: Ich muss es nicht wissen, es spielt keine Rolle. Ich fide es gut, dass man keine direkten Schlüsse ziehen kann, was sie betrifft.Sie ist eine Projektionsfläche, man kann sie nicht psychoanalysieren. Jessica und ich haben darüber gesprochen: Ist sie allein? Oder gibt es einen größeren Kult? Wir wissen es nicht.

Waren die Kinder recht von Ihnen beeindruckt?

Wasikowska: Sie waren sehr herzig, aber ich habe mich echt alt gefühlt: Sie sagten so Dinge wie: „Ich war sechs Jahre alt, als ‚Alice im Wunderland‘ in die Kinos kam!“ Aber sie haben wirklich ganze Arbeit geleistet. Sie hatten diese ungeheure Frische, hatten so etwas nie zuvor gemacht und deshalb keine vorgefasste Meinung, was Schauspielen bedeutet. F

VIENNALE 23 FALTER 19
„Miss Novak ist eine wahrhaft Gläubige“
MIA WASIKOWSKA
FOTO: VIENNALE/FILMLADEN

VON EINER WELT IN EINE ANDERE

Ökonomie und Transzendenz sind

Kernthemen im Werk von Raúl Ruiz (1941–2011), Viennale und Filmmuseum widmen dem Exil-Chilenen eine große Retrospektive

HOMMAGE: GERHARD MIDDING

Kann man im Poncho einen Roman von Balzac verfilmen?Im Falle von Raúl Ruiz gibt es darauf zwei Antworten. Die erste ist ein entschiedenes Ja. Man muss sich nur einmal anschauen, wie entspannt, vergnügt und zielstrebig er in Hut und traditionellem Mantel wirkt, als er bei „La Maison Nucingen“ die Schauspieler führt.

Die zweite Antwort ist ein heiteres Nein. Der Regisseur macht überhaupt keine Anstalten, Balzacs Roman zu verfimen. Von der Handlung hat er praktisch nichts übrig gelassen und diesen schmalen Rest auch noch nach Chile verlegt. Das Haus Nucingen ist bei ihm keine Bank, wo mit Börsenkursen gefiebert wird, sondern ein vewunschener Landsitz. Nicht an Balzacs Gesellschaftsrealismusnimmt Ruiz Maß, sondern an den alten Gruselfilmender Universal Studios und Jacques Tourneur.

Die Frage, ob ein Ponchoträger dergleichen auch darf, hat sich ihm nie gestellt. Die kulturelle Aneignung war das ureigene Element des Exil-Chilenen, der sich alle erzählerischen Freiheiten nahm, die ihm seine Wahlheimat Frankreich und seine

barocke, stets sprungbereite Fantasie gewährten. Er erobert sich das prachtvolle bürgerliche oder aristokratische Ambiente des Landes, ist ein Experte für die atmosphärische Vergegenwärtigung vergangener Zeiten, insbesondere der Belle Époque.

Zugleich ist dieser selbstbewusste Regisseur ein Künstler, der sich der Gegenwart und Zukunftgewiss ist. So konnte er ein Werk schaffenvon haarsträubendem Umfang: Zwischen 1963 und 2010 drehte er sage und schreibe 115 Filme, auf meist fragiler ökonomischer Grundlage (ein so extravaganter Filmemacher ist etwas für Eingeweihte, nicht für Kassenrekorde), dafür aber als dichtes Netzwerk der persönlichen Interessen und Obsessionen. Selbst sein Tod im Jahr 2011 setzte seiner Schaffenskraftnoch kein Ende: Er hinterließ zahlreiche Projekte, die seine Frau Valeria Sarmiento oder Freunde realisierten.

Sein Werk ist zugleich von ausgreifender Internationalität. Er hat nicht nur mit französischen Stars wie Catherine Deneuve, Michel Piccoli und Melvil Poupaud gedreht und in „Drei Leben und ein Tod“ ein Gipfeltreffeneuro -

Drei von Raúl Ruiz Meisterwerken und ein Europudding, oben: „Mistérios de Lisboa“ (2010) mit Afonso Pimentel, rechts oben: Catherine Deneuve mit Marcello Mazzarella im Proust-Film „Die wiedergefundene Zeit“ (1999) und mit Michel Piccoli in „Genealogie eines Verbrechens“ (1997), darunter das Ensemble des in Wien gedrehten „Klimt“ (2006)

päischer Schauspielkunst (Marcello Mastroianni, Marisa Paredes, Lou Castel, Anna Galiena) inszeniert, auch Amerikaner wie Martin Landau und John Malkovich stellten sich in den Dienst seiner Visionen. Die Internationalität ist auch eine springteufelnd erzählerische Kategorie. Man schaue sich nur einmal den Justizfilm„Genealogie eines Verbrechens“ an, der zwar in Frankreich spielt, aber auf einer wahren Geschichte beruht, die sich in Neapel und Wien zugetragen hat. Selbstredend spielt hier die Psychoanalyse eine tragende Rolle, zumal das Moment der Übertragung. Und da wir schon in Wien sind: Manchmal kommt bei dem System Ruiz auch nur ein Europudding wie „Klimt“ heraus.

Die einzelnen Filme und Termine zur Retrospektive Raúl Ruiz (läuftbis 10.1.2024)während der Viennale finden Sie im Programmteil

Als Gäste werden Valeria Sarmiento, Produzent Paulo Branco, Schauspieler und Regisseur Ignacio Aguero sowie Catherine Deneuve erwartet

Mit seinem ersten Kurzfil „La Maleta“ über einen Koffermit verwunderlichen Einsatzmöglichkeiten legte der Regisseur 1963 seine surrealistische Visitenkarte vor. Bekannt wurde er fünf Jahre später mit der Adaption von Guillermo Cabrera Infantes’ Roman „Drei triste Tiger“, für die er sich den Goldenen Leoparden in Locarno mit zwei weiteren Siegerfilmenteilen musste. Obwohl die verschmitz -

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FOTO: VIENNALE

ten Stilexperimente des Exilkubaners eigentlich ganz nach seinem Geschmack sein müssten, bürstet Ruiz den Roman gegen den Strich. Aus Cabrera Infantes’ Kaleidoskop einer Nacht am Ende des Battista-Regimes wird eine helllicht vagabundierende Eskapade durch das von den Christdemokraten (mit Wahlhilfe der USA, aber durchaus reformfreudig) regierte Chile.

Hier trittbereits ein Grundmotiv von Ruiz’ Werk auf den Plan: die schicksalhafteBegegnung von Fremden, die einander in einen fabulierenden, disputierenden, gern auch trunkenen Dialog verstricken. Mit „Drei triste Tiger“ wies er sich als Spezialist für unmögliche Literaturverfilmungen aus. Immerhin sollte ihm vier Jahrzehnte später mit „Die wiedergefundene Zeit“ die beste und eleganteste Proust-Verfilmungüberhaupt gelingen.

Wie der Großteil der chilenischen Künstler unterstützte er Allende. Als nach dem Militärputsch Pinochets die Kinos geschlossen und der erste Filmemacher (Patricio Guzman) verhaftetwurde, floher schleunigst nach Europa. Sein Kollege Peter Li -

Ruiz’ Filme schillern zwischen den Welten und werden insgeheim von Untoten bevölkert. Er kennt keine Berührungsängste, weder zum Hehren noch zur Kolportage von B-Pictures

lienthal stellte eine Verbindung zum ZDF her. Heimisch wurde Ruiz indes in Paris. Die satirischen Seitenhiebe in „Dialogue d’exilés“, einer glücklicherweise sehr freien Variation über Brechts „Flüchtlingsgespräche“, erregten 1995 großen Unmut in der Exil-Gemeinschaft

Dafür knüpftRuiz rasch Kontakt zur Pariser Intellektuellenszene. Der Schriftstellerund Maler Pierre Klossowski sowie der Filmkritiker Pascal Bonitzer schrieben erste Drehbücher für ihn. „Colloque de chiens“ (ein Fotofilmin der Nachfolge von Chris Markers „Am Rande des Rollfelds“) wurde 1978 mit einem César ausgezeichnet. „L’Hypothèse du tableau volé“, wo er erkundet, was hinter den Bildern steckt, nahm 1979 dreist Dan Browns „Da Vinci Code“ vorweg. Mit „Les Trois Couronnes du matelot“ („Die drei Kronen des Matrosen“) wandte er sich, durchaus sehnsuchtsvoll, 1983 dem fortan zentralen Motiv des Exils zu.

Ein weiteres kardinales Thema scheint hier auf: der Tauschhandel von Ökonomie einer- und Transzendenz andererseits. Ruiz’ Filme schillern zwischen den Welten und wer -

den insgeheim von Untoten bevölkert. Seine Variante des Mythos vom Fliegenden Holländer zeigt zugleich, wie ungebunden er unterschiedlichste Inspirationsquellen für sich vereinnahmt. Hier sind es Stevenson, Conrad und die Comics von Milton Caniff. Er kennt keine Berührungängste, weder zum Hehren noch zur Kolportage von B-Pictures. Disparate Geschichten dürfen nicht nur koexistieren, sondern munter miteinander kommunizieren.

Ihm eignet ein unbändiges Vertrauen in die filmischenMöglichkeiten. Er hat von der Nouvelle Vague gelernt, aber nicht mehr als unbedingt nötig. Seine Bildkompositionen orientieren sich an den Verstiegenheiten eines Orson Welles (Weitwinkel, mit dräuenden Objekten im Vordergrund), arbeiten mit Doppelbelichtungen, Unschärfen und Schattenspielen. Raumgreifende Kamerafahrten greifen elegant die Spiralen von Erinnerung und Einbildung auf. Dieser Regisseur errichtet exquisite Spiegelkabinette. Welch köstliches Privileg, sich während der Viennale und im Filmmuseum bis zum Januar in ihnen verlieren zu dürfen! F

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Raúl Ruiz bei den Dreharbeiten zu „La telenovela errante“, 1990
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FOTOS: VIENNALE

VIENNALE 23

Features

Adentro mío estoy bailando / The Klezmer Project (Ö/ARG 2023) R: Leandro Koch, Paloma Schachmann

D: Leandro Koch, Paloma Schachmann, Perla Sneh, Rebeca Yanover, César Lerner. 117 min. Humorvolle, musikalisch kräftigleuchtende, semifiktionaleMusikdoku: Der frustrierte jüdische HochzeitsfilmerLeandro interessiert sich nicht für die Religion seiner Familie. Doch als er sich in die Klezmer-Klarinettistin Paloma verliebt, erfindet er ein Dokumentarfilmprojekt, dami er Zeit mit ihr verbringen kann. Auf der Suche nach verschollenen Klezmer-Melodien, die in der Obhut der Roma überdauert haben, weil diese vor dem Zweiten Weltkrieg Tür an Tür mit den Juden gelebt haben, reisen die beiden von Buenos Aires ins Dreiländereck Ukraine-Rumänien-Moldau. In den Hauptrollen der Metaerzählung ist das Regieduo Koch/Schachmann selbst zu sehen. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 21.10., 17.45 (OmU) + Metro: So 22.10., 13.30 (OmenglU)

A Invenção do outro / The Invention of the Other (BRA 2022) R: Bruno Jorge. 144 min. Das Volk der Korubo, das im brasilianischen Javari-Tal im Nordwesten des Amazonas-Regenwalds lebt, hatte bis zum Jahr 2019 keinen Kontakt zur sogenannten Außenwelt. In diesem Jahr machte sich eine kleine Gruppe Korubos, die lang von ihrem Volk isoliert waren, auf den Weg nachhause. Eine Expedition rund um den Ethnologen und Aktivisten Bruno Pereira, darunter Mitglieder der brasilianischen Behörde für indigene Völker, begleitete sie. Dokumentarist Jorge zeigt, wie ein solches Zusammentreffen vorbereitet wird und sich schließlich vollzieht. Ein anthropologisches Abenteuer und eine filmischeSensation! Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 21.10., 14.30 + Metro: So 22.10., 21.00 (OmenglU) Aku wa sonzai shinai / Evil Does Not Exist (JPN 2023) R: Hamaguchi Ryusuke D: Omika Hitoshi, Nishikawa Ryo, Kosaka Ryuji, Shibutani Ayaka. 106 min. Takumi und seine Tochter Hana leben im beschaulichen Dorf Mizubiki bei Tokyo. Eines Tages erfahren die Bewohner, dass in der Nähe von Takumis Haus ein GlampingPlatz errichtet werden soll – glamouröses Camping für stressgeplagte Städter. In der Folge gerät das Gefüge im Dorf durcheinander. Das stoisch-poetische Drama erhielt in Venedig den Grand Prix. Urania: Mo 23.10., 16.00 + Gartenbau: Di 24.10., 18.15 (OmenglU) Allensworth (USA 2023) R: James Benning. 65 min. Allensworth, die erste selbstverwaltete afroamerikanische Gemeinde in Kalifornien, wurde 1908 gegründet. Heute ist die Stadt verlassen. In zwölf statischen Einstellungen, die jeweils fünf Minuten dauern, zeigt Benning restaurierte Gebäude, eine ehemalige Bibliothek, eine Kirche, die Schule. Begleitet werden die Bilder von Songs wie „Blackbird“ von Nina Simone oder „In the Pines“ von Huddie Ledbetter sowie Gedichten von Lucille Clifton. So wird der Film zu einer Auseinadersetzung mit schwarzer Kulturgeschichte und afroamerikanischer Identität. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 27.10., 13.00 (OF) + Filmmuseum: Mo 23.10., 18.30

All of Us Strangers (UK/USA 2023) R: Andrew Haigh

D: Andrew Scott, Paul Mescal, Jamie Bell, Claire Foy. 105 min. Eines Abends klopft Harry an die Tür des einsamen Drehbuchautors Adam: „Ich sah, dass sie mich von der Straße aus betrachtet haben.“ Aus den Nachbarn im modernen Londoner Hochhaus wird ein Liebespaar. In der Folge besucht Adam die Straße, in der er aufgewachsen ist, bevor seine Eltern starben, als er elf Jahre alt war. Da stellt er fest, dass sie noch in ihrem Haus leben – und genauso alt sind wie vor 30 Jahren.

Nach einem Roman des japanischen Schriftstellers

Taichi Yamada schuf Andrew Haigh einen mysteriösfantastischen Liebesfilm, toll besetzt mit Andrew Scott und dem irischen Jungstar Paul Mescal. Gartenbau: Fr 27.10., 18.00 + So 29.10., 13.00 (OmU)

Amadeus (USA/F 1984) R: Milos Forman D: Tom Hulce, F. Murray Abraham, Elizabeth Berridge, Simon Callow. 180 min. Ein Knüller sondergleichen, gewiss, diese fiktive Lebensbeichte des Wolferl Amadeus in Milos Formans konzise recherchierter Filmoper über die letzten zehn Lebensjahre des großen Komponisten. „Amadeus“, basierend auf dem Bühnenstück Peter Shaffers, ist ein vergnügliches wie anspruchsloses Stück Kintopp aus Amerika, mit zahlreichen Oscars dekoriert und perfekt ins Bild gesetzt von Formans tschechischem Kameramann Miroslav Ondricek. Gartenbau: Mo 30.10., 19.00 (OF)

L’Amitié(F 2022) R: Alain Cavalier. 124 min. Der mittlerweile 92-jährige Filmemacher Alain Cavalier blickt in poetischer und liebevoller Manier zurück auf die Freundschaften, die sein Berufsleben geprägt haben: So trifft er u.a. mit Boris Bergman, Maurice Bernart, Florence Delay und Thierry Labelle zusammen. Metro: So 22.10., 11.00 (OmenglU)

L’Amourfou (F 1969) R: Jacques Rivette D: Bulle Ogier, Michèle Moretti, Jean-Pierre Kalfon. 254 min Eine vierstündige Tiefenanalyse des Verhältnisses zwischen Leben und Kunst, Bühne und Realität: angestellt in Echtzeit bei der (realen) Probe zu einer Aufführung von Racines „Andromaque“, während der es zur (fiktionalen)Beziehungskrise zwischen dem Regisseur und seiner Frau kommt. Stadtkino im Künstlerhaus: So 29.10.,11.00 (OmenglU)

Anatomie d’une chute / Anatomie eines Falls (F 2023) R: Justine Triet D: Sandra Hüller, Swann Arlaud, Milo Machado Graner. 151 min. Sandra, eine deutsche Schriftstellerin, ihr französischer Ehemann Samuel und ihr blinder Sohn Daniel leben in einem kleinen Ort in den französischen Alpen. An einem strahlend schönen Tag wird Samuel am Fuße ihres Chalets tot im Schnee gefunden. War es Mord? Selbstmord? Oder doch nur ein tragischer Unfall? Der Polizei erscheint Samuels plötzlicher Tod verdächtig, und Sandra wird zur Hauptverdächtigen. Goldene Palme in Cannes 2023. Gartenbau: Di 31.10., 13.00 (OmenglU) + Mo 23.10., 20.45 (OmU)

Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin / Losing Faith (Ö/D 2023) R: Martha Mechow. 100 min. Das Langfilmdebütder deutschen Filmemacherin, Theaterkünstlerin und Performerin Martha Mechow beschäftigtsich mit Weiblichkeit, Mutterschaft und den Einschränkungen der Heterosexualität. Die Handlung des experimentellen Werks ankert in der Wiederbegegnung von zwei entfremdeten Schwestern: der jüngeren Flippa und der älteren Furia, die sich in Sardinien einem feministischen Kollektiv am Rande der Gesellschaftangeschlossen hat. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 27.10., 18.00 + Metro: Sa 28.10., 13.30(OmenglU)

Animal (GR/Ö/RO/CY/BG 2023) R: Sofia Exarchou

D: Dimitra Vlagopoulou, Flomaria Papadaki, Ahilleas Hariskos. 116 min. Kalia macht ihren harten Job als Animateurin in einem Mittelklassehotel auf einer griechschen Insel schon lang – viel zu lang. Langsam fordern die ständigen Exzesse und schlaflosen Nächte ihren Tribut. Regisseurin Exarchou betrachtet die Kehrseite der massentouristischen Vergnügungsindustrie, blickt nüchtern auf Selbstausbeutung und Selbsttäuschung und zeigt einen Zusammenbruch in Zeitlupe. Stadtkino im Künstlerhaus: So 29.10., 17.15 (OmU) + Metro: Mo 30.10.,16.30 (OmenglU)

Anqa (Ö/E 2023) R: Helin Çelik. 91 min. Experimentell angehauchter Dokumentarfilmüber drei jordanische Frauen, die traumatisierende Gewalterfahrungen – Vergewaltigungen, Überfälle und Inhaftierung –gemacht haben. Eine Frau wurde von ihrem Mann geblendet, eine andere sagt, obwohl sie ihre Kinder liebe, wären sie besser dran, wenn sie sie töten würde. Im Schutzraum ihrer Wohnungen, in die die Frauen sich vor der Gewalt der Außenwelt zurückgezogen haben, werden sie behutsam beobachtet und interviewt. Regisseurin Helin Çelik und Kamerafrau Raquel Fernández Núñez skizzieren ihre posttraumatische Situation in eindrucksvollen, poetischen Filmbildern, u.a. mit extremen Close-ups. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 25.10., 18.00 (OmU) + Metro: Do 26.10., 16.30 (OmenglU)

Anselm – Das Rauschen der Zeit (D 2023) R: Wim Wenders. 93 min. Ein sinnigerweise in 3D gefilmtes Porträt des 1945 geborenen, so bedeutenden wie polarisierenden deutschen Malers und Bildhauers

Anselm Kiefer. Freilich schuf Wenders keine schlichte Biografie, sondern lässt in seiner kunstvollen Ton- und Bildkomposition auch philosophische Gedanken über Mythen und deutsche Geschichte, das menschliche Sein und das Danach einfließen Gartenbau: So 22.10., 12.30 (OmU) + Urania: Mi 25.10., 16.00 (OmenglU) Arturo a los 30 / About Thirty (ARG 2023) R: Martín Shanly D: Martín Shanly, Camila Dougall, Julia Azcurra, Ivo Colonna Olsen, Paul Grinszpan. 91 min. Arturo ist Mitte 30, lebt wieder bei seinen Eltern, hat keinen Job, keinen Erfolg und keinen Plan. Als sein Protagonist sich auf den Weg zu einer Hochzeitsparty macht, weitet

Regisseur und Hauptdarsteller Martín Shanly den sanft ironischen Blick auf ein missglücktes Erwachsenwerden auf ein größeres Gesellschaftsporträt aus: Rückblenden beleuchten ein soziales Umfeld, das von Egozentrik und Eigennutz geprägt ist. Urania: Do 26.10., 18.30 + Metro: Fr 27.10., 13.30 (OmenglU)

Augure (B/NL/COD/F/ZAF 2023) R: Baloji D: Marc Zinga, Lucie Debay, Eliane Umuhire, Yves-Marina Gnahoua. 90 min. Koffiwurde als Zabolo, also Zauberer, angesehen, seine Mutter hat ihn deshalb verstoßen. Als er nach 15 Jahren in Begleitung seiner zukünftigen Frau Alice wieder nach Lubumbashi zurückkehrt, um seine Mitgift zu bezahlen, sieht er sich neuerlich mit den Vorurteilen und dem Misstrauen seiner Mitmenschen konfrontiert. Urania: Fr 20.10., 18.30 (OmU) + Mo 30.10.,13.30 (OmenglU)

Bai ta zhi guang / The Shadowless Tower / Der schattenloseTurm (CHN 2023) R: Zhang Lu D: Xin Baiqing, Huang Yao, Tian Zhuangzhuang, Nan Ji, Wang Hongwei. 144 min. Der Restaurantkritiker Gu Wentong, der eigentlich Schriftsteller ist, irrlichtert durchs Leben: Er ist geschieden, seine Tochter wächst bei seiner Schwester auf, und zumeist ist er alkoholisiert. Seine Mutter ist tot, zu seinem Vater hat er schon seit Kindheitstagen keinen Kontakt mehr, nachdem ein Vorfall die Familie zerstört hatte. Eines Tages erfährt Gu Wentong, dass sein Vater allein in der Küstenstadt Beidaihe lebt. Aufgrund des Grolls, den er gegen seinen Vater hegt, sträubt er sich jedoch dagegen, ihn zu besuchen. Als er eine Beziehung mit der Fotografin Ouyang Wenhui eingeht, beginnt er sich mit seinen Rollen auseinanderzusetzen – als Vater, als Sohn, als Geliebter –, und es kommt Bewegung in die Geister der Vergangenheit. Ein berückendes Liebes- und Familiendrama. Gartenbau: So 22.10., 15.30 + Urania: Di 31.10., 16.00 (OmenglU) Being in a Place – A Portrait of Margaret Tait (GB 2022) R: Luke Fowler. 61 min. Über vier Jahrzehnte hat Margaret Tait (1918–1999) im Alleingang Filme gedreht. Die meisten auf einer schottischen Insel, ihrer nördlichen Heimat Orkney. Im bürgerlichen Beruf war sie Allgemeinmedizinerin, doch nahm sie ihre 16-mmKamera zur Hand, blickte durch den Sucher und filmte, dann war das für sie wie „atmen“, notierte sie einmal in ihrem Tagebuch. Margaret Taits Filme beschreibt man am besten mit Worten aus einem ihrer Gedichte:

„I used to lie in wait to see the clover open / Or close, / But never saw it.“ Luke Fowlers eindringliches Porträt kombiniert Archivmaterial wie Notizen, Briefe, Tonaufnahmen von Menschen und Orten sowie seine eigene Skizze eines leider nicht realisierten Tait-Filmprojekts namens „Heartlandscape“. Sehenswert. Metro: Fr 20.10., 16.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 22.10., 13.00 (OF)

Bên trong vo kén vàng / Inside the Yellow Cocoon Shell (E/F/SGP/VNM 2023) R: Pham Tien An D: Le Phong Vu, Nguyen Thi Truc Quynh. 178 min. Die Geschichte beginnt am 16. Juni 2018 während der Fußballweltmeisterschaft: Ein Unfall aus dem Off, in den T ệns Schwägerin, die stirbt, und sein kleiner Neffe, der überlebt, verwickelt sind, schickt Thi ện auf eine sensorische Reise auf der Suche nach seinem Bruder, den weder er noch sein Neffe seit Jahren gesehen haben. Träume und Rückblenden schleichen sich ohne Vorwarnung in die Erzählung ein und machen diesen Debütfilm, der von Ho-Chi-Minh-Stadt bis in die Bergwelt des westlichen Vietnams führt, zu einem außergewöhnlichen Erlebnis. Metro: Sa 21.10., 21.00 + Mo 30.10., 10.15 (OmenglU)

La Bête (F/CAN 2023) R: Bertrand Bonello D: Léa Seydoux, George MacKay, Guslagie Malanda, Dasha Nekrasova. 146 min. In einer nahen Zukunft, in der künstliche Intelligenz herrscht, sind die menschlichen Emotionen zu einer Bedrohung geworden. Um sie loszuwerden, muss Gabrielle (Léa Seydoux) ihre DNA reinigen, indem sie sich in ihre früheren Leben zurückversetzt. Dort begegnet sie Louis (George MacKay) und fühlt sich ihm verbunden, als ob sie ihn schon immer gekannt hätte.Verkünsteltes Mystery, inspiriert von „The Beast in the Jungle“ (1903), einer Schauergeschichte von Henry James! Gartenbau: Di 24.10., 21.00 (OmU) + Mi 25.10., 14.30 (OmenglU)

Birth/Rebirth (USA 2022) R: Laura Moss D: Marin Ireland, Judy Reyes, A.J. Lister, Breeda Wool. 98 min. Die Pathologin Rose arbeitet daran, Menschen das ewige Leben zu schenken. Nachdem sie bereits ein Schwein

TEXTE: MICHAEL OMASTA SABINA ZEITHAMMER

reanimieren konnte, ist jetzt der erste menschliche Proband an der Reihe: die plötzlich verstorbene Tochter von Hebamme Celie. Im provisorischen Heimlabor finden die beiden ungleichen Frauen zusammen, doch es stellt sich heraus, dass gruselige Mittel notwendig sind, um das Kind am Leben zu halten. „Frankenstein“ und „Friedhof der Kuscheltiere“ lassen in diesem feministischen Horrorwerk grüßen. Gartenbau: Mi 25.10., 23.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 30.10., 23.15 (OF) BlackBerry (CAN 2023) R: Matt Johnson D: Jay Bauchel, Glenn Howerton, Matt Johnson, Cary Elwes, Saul Rubinek, Michael Ironside. 121 min. Mit beißendem Humor rekonstruiert Matt Johnson Aufstieg und Fall des kanadischen Unternehmens BlackBerry, das in den 2000er-Jahren das gleichnamige erste Smartphone auf den Markt brachte. Alles beginnt mit dem Zusammenschluss des hochintelligenten Innovators Mike Lazaridis und des knallharten Geschäftsmanns Jim Balsillie. Mit ihrem Gerät, das der eine erfunden hat und der andere vermarktet und das die Art, wie die Welt arbeitet, spielt und kommuniziert, für immer verändert, haben sie innerhalb von zehn Jahren weltweit Erfolg. Doch im bald aufziehenden Nebel aus Smartphone-Kriegen, Managementkrisen und Ablenkungsmanövern steuert alles unausweichlich auf den Zusammenbruch des Unternehmens zu. Stadtkino im Künstlerhaus: So 22.10., 23.30 + Fr 20.10., 20.30 (OmU)

Camping du Lac (BEL/F 2023) R: Éléonore Saintagnan

D: Éléonore Saintagnan, Anna Turluc’h, Jean-Benoît Ugeux. 69 min. Nachdem ihr Auto einen Motorschaden erlitten hat, mietet sich Eléonore an einem See in der Bretagne auf einem Campingplatz ein. Hier beschäftigt sie bald nicht nur die Legende um einen großen Fisch, der seit biblischen Zeiten im See hausen soll, sondern auch die Dauerbewohner des Campingplatzes, eines Refugiums der Tauschökonomie und sachten Exzentrik. In ihrem Langfilmdebüt spielt Regisseurin Éléonore Saintagnan auch die Hauptrolle. Metro: Mi 25.10., 18.30 + Urania: Do 26.10., 16.00 (OmenglU) Celluloid Underground (GB/IRN 2023) R: Ehsan Khoshbakht. 80 min. Nach der Islamischen Revolution im Iran versteckte der Teheraner Kinobesitzer und Filmsammler Ahmad Jurghanian verbotene Filmrollen und bewahrte so tausende Werke vor ihrer Zerstörung durch das Mullah-Regime. An seiner Seite war ein junger cinephiler Zauberlehrling namens Ehsan Khoshbakht, der, mittlerweile Filmhistoriker von Beruf, seinem verstorbenen Freund mit dieser autobiografischen Collage ein filmisches Denkmal setzt Metro: So 29.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 30.10., 15.15(OmenglU)

Cerrar los ojos / Close Your Eyes (E/ARG 2023) R: Víctor Erice D: Manolo Solo, Jose Coronado, Ana Torrent, Mario Pardo. 169 min. Julio Arenas, ein bekannter spanischer Schauspieler, verschwindet während der Dreharbeiten zum neuen Film des Regisseurs Miguel Garay spurlos. 22 Jahre später, als eine Retrospektive von Arenas Werk geplant wird, gerät das rätselhafte Eeignis wieder in die Schlagzeilen. Denn gezeigt werden dort auch die letzten Szenen, die der Schauspieler kurz vor seinem Verschwinden gedreht hat. Ein Krimi rund um die Themen Identität, Freundschaft und das Kino selbst. Urania: Fr 27.10., 18.30 + Metro: Di 31.10., 10.30 (OmenglU)

La chimera (I/F/CH 2023) R: Alice Rohrwacher D: Josh O’Connor, Carol Duarte, Isabella Rossellini, Alba Rohrwacher. 130 min. Ein Märchen über Obsession und unglückliche Liebe, angesiedelt im Italien der 1980erJahre: Der junge Arthur tut sich mit einer Bande zusammen, die etruskische Gräber plündert. Denn er hat eine besondere Gabe: Er ist in der Lage, die Leere der Erde zu spüren, in der sich die Überreste lang vergangener Zeiten befinden. Eine Leere, die er schon erfahren hat, als er seine große Liebe, Benjamina, verlor. Gartenbau: So 29.10., 18.00 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 30.10., 20.15 (OmenglU)

Clorindo Testa (ARG 2022) R: Mariano Llinás. 100 min. „Das ist kein Film über meinen Vater“, betont Regisseur Mariano Llinás in diesem Doku-Essay immer wieder. Tatsächlich lügt er sich damit in die eigene Tasche: Zwar unternimmt er vordergründig den Versuch, einen Film über den italienisch-argentinischen Architekten Clorindo Testa zu drehen, über den sein Vater, der Künstler, Kunstkritiker und Intellektuelle Julio Llinás, ein Buch geschrieben hat. Dieses Unterfangen stellt sich

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aber als Mockumentary heraus, denn alsbald geht es in diesem bittersüßen Werk mehr um die Freundschaft von Clorindo Testa und Julio Llinás, das politische Umfeld, in dem sie arbeiteten, die Architekturströmungen im Argentinien des 20. Jahrhunderts und Mariano

Llinás’ Familie. Metro: Sa 21.10., 16.15 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 23.10., 12.30 (OmenglU)

Club Zero (Ö/GB/D/F 2023) R: Jessica Hausner D: Mia Wasikowska, Sidse Babett Knudsen, Elsa Zylberstein, Mathieu Demy. 110 min. Frau Novak (Mia Wasikowska), die neue Lehrerin an einer englischen Privatschule, will ihren Schützlingen bewusste Ernährung beibringen: langsam essen, Bissen für Bissen, nicht zu viel – und schließlich immer weniger. Das neue Werk der heimischen AutorenfilmerinJessica Hausner ist eine hoch stilisierte, eigenwillig entrückte, gesellschaftkritische Thrillersatire rund um die Themen Konsum, sektenhafteExtreme und schlechte Essgewohnheiten.

Gartenbau: So 22.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 24.10., 15.00 (OmU)

Cosmosapiens (Ö 2023) R: Pavel Cuzuioc. 97 min. In einem Dorf in den Bergen des Kaukasus befindet sich das Spezielle Astrophysikalische Observatorium, in dem Astrophysiker:innen das All erforschen und nach Signalen von außerirdischem Leben suchen. Regisseur Cuzuioc versucht in seiner Doku jedoch nicht, die Arbeit im Observatorium zu vermitteln, sondern lässt die Forscher:innen über Irdisches philosophieren: über die Globalisierung und unser Verhältnis zur Natur, objektive und subjektive Wahrnehmung. Dazwischen werden die Ziegen gefüttert Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 30.10., 17.30 (OmU) + Metro: Di 31.10., 16.00 (OmenglU)

COSTA_GODARD_SNOW: Wavelength (CAN/USA

1967) R: Michael Snow. 45 min. Ein halluzinatorischer Moment der siebten Kunst: Ein Zoom durchmisst 45 Minuten lang ein Loft, um das Bild des weiten Raums unbeirrbar langsam auf ein heranrückendes Detail auf der gegenüberliegenden Wand zu verengen.Filmmuseum: Di 24.10., 21.30 + Metro: Do 26.10., 14.45 (OF) Coup de chance (F/GB 2023) R: Woody Allen D: Lou de Laâge, Valérie Lemercier, Melvil Poupaud, Niels Schneider. 96 min. Fanny und Jean sind ein glückliches, wohlhabendes Paar mit einem Pariser Appartement, das keine Träume offen lässt. Da begegnet Fanny ihrem alten Schulfreund Alain wieder, der als Schriftsteller und Bohemien in einer romantischen Dachwohnung haust. Schnell beginnt eine stürmische Affäre, die Fanys Ehe bedroht und schließlich ihre krimibesessene Mutter auf den Plan ruft. In seinem ersten französissprachigen Film untersucht Woddy Allen die Rolle des Zufalls mit viel trockenem Humor. Gartenbau: Mo 23.10., 15.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 27.10., 23.00 (OmenglU)

Crowrã / The Buriti Flower (P/BRA 2023) R: João

Salaviza, Renée Nader Messora D: Ilda Patpro Krahô, Francisco Hỳjnõ Krahô, Solane Tehtikwỳj Krahô. 124 min. Halb dokumentarisches Drama um das Volk der Kraho, das im brasilianischen Regenwald in einer eigenen Zeit lebt. Auf Handys verfolgen die Menschen die Rede einer indigenen Aktivistin in der Hauptstadt, zugleich wird ein lang zurückliegendes Massaker an ihren Vorfahren als identitätsstiftendesEreignis erinnert. Unter Präsident Bolsonaro hat sich der Überlebenskampf der Gemeinschaft massiv verschärft – s brechen schließlich einige der Kraho nach Brasilia auf, um ihre Stimmen zu erheben. Urania: Di 31.10., 13.30 + Fr 20.10., 11.00 (OmU)

Daaaaaali! (F 2023) R: Quentin Dupieux D: Anaïs

Demoustier, Gilles Lellouche, Édouard Baer. 79 min. Eine französische Journalistin trifft sich mit Salvador Dalí für ein Dokumentarfilmprojekt, das freilich nie Gestalt annimmt. „Wie Dalí selbst sagte, war seine Persönlichkeit wahrscheinlich sein größtes Meisterwerk“, so Regisseur Quentin Dupieux, ein Garant für unberechenbaren Nonsense: „Mein Film erzählt diese Geschichte in aller Bescheidenheit.“ Urania: So 22.10., 15.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 28.10., 23.15 (OmenglU)

Dearest Fiona (NL 2023) R: Fiona Tan. 102 min. Die Künstlerin Fiona Tan, geboren in Indonesien als Kind einer australischen Mutterund eines indonesischchinesischen Vaters, verschränkt in diesem Werk Found-Footage-Stummfilme aus der Frühzeit des niederländischen Kinos (bis 1920) auf der Bildebene mit vorgelesenen Briefen ihres Vaters auf der Ton -

ebene – Briefe, die sie in den späten 1980ern empfing, als sie zum Kunststudium nach Amsterdam ging. Sie handeln von großen Entwicklungen, Gewichtsverschiebungen in der Globalisierung, aber auch von ganz Privatem. Filmmuseum: Fr 20.10., 21.00 + Metro: Sa

21.10.,13.30 (OmU)

El Eco / The Echo (MEX/D 2023) R: Tatiana Huezo. 102 min. Das Dorf El Eco, im mexikanischen Hochland rund 200 Kilometer östlich von Mexico City gelegen, scheint außerhalb der Zeit zu existieren. Behutsam beobachtet Regisseurin Huezo die Lebensumstände der isolierten Gemeinschaft,insbesondere jene der Kinder: Sie wachsen naturverbunden, sozial und partizipativ auf, aber müssen im Angesicht von Frost, Dürre, Krankheit und Tod auch schnell erwachsen werden. Urania: Fr 20.10., 13.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 29.10., 23.00 (OmenglU)

El auge del humano 3 / The Human Surge 3 (ARG/ BRA/P 2016) R: Eduardo Williams D: Sergio Morosini, Shine Marx, Domingos Marengula, Chai Fonacier. 121 min. Drei junge Männer auf drei verschiedenen Kontinenten setzt Eduardo Williams in seinem Langfilmdebüt miteinander in Beziehung. In Buenos Aires, Mosambik und den Philippinen streifen Exe, Alf und Archie durch Stadt und Dschungel, eingefangen mit einer atemberaubenden, akrobatischen Kameraarbeit. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 28.10., 18.00 + Filmmuseum: Mo 30.10., 21.00 (OmenglU)

El Juicio / The Trial (ARG/F/I/NOR 2023) R: Ulises de la Orden. 177 min. Im April 1985 beginnt der Prozess gegen neun ranghohe Vertreter der argentinischen Militärdiktatur (1976 bis 1983). Die Anklage lautet auf Freiheitsberaubung, Folter und Mord. Die Urteile werden im Dezember verkündet. Zehn Jahre lang hat sich Ulises de la Orden durch 540 Stunden dokumentarisches Material gearbeitet, die Videoaufnahmen aus dem Gerichtssaal gegliedert und in einer kunstvollen, spiralförmigen Montage zu einem dreistündigen Dokumentarfilm verdichtet. Am Ende nennt Staatsanwalt Julio Strassera den Prozess einen „Abstieg“ – dorthin, „wo das Elend, die Verworfenheit und das Grauen eine Tiefe erreichen, die man sich zuvor kaum hat vorstellen und danach kaum hat begreifen können“. Metro: Mo 23.10.,20.00 (OmenglU)

Essential Truths of the Lake (PHL/F/P/SGP/I/CH/GB

2023) R: Lav Diaz D: John Lloyd Cruz, Hazel Orencio, Shaina Magdayao. 215 min. Lav Diaz beschäftigt sich eneut mit dem Schreckensregime des ehemaligen philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte: Neuerlich tritt sein melancholischer Noir-(Anti-)Held Detective Hermes Papauran auf, Protagonist seines Vorgängerfilms „When the Waves Are Gone“. Er rollt einen 15 Jahre alten Fall wieder auf, den obskuren „Philippine Eagle Case“. Die Naturschützerin Esmeralda wurde zum hilflosen Opfer und gleichzeitig zur Symbolfigu für den Kampf gegen die Unterdrückung kritischer Stimmen. Metro: Do 26.10., 10.00 + Urania: Sa 28.10., 20.30 (OmenglU) Eureka (ARG/F/D/P/MEX 2023) R: Lisandro Alonso D: Alaina Clifford, Viggo Mortensen, Chiara Mastroianni, Sadie Lapointe, Rafi Pitts. 146 mi Alaina ist es leid, Polizistin im Pine Ridge Reservat zu sein, und so geht sie nicht mehr an ihr Funkgerät. Ihre Nichte Sadie verbringt eine lange Nacht damit, auf sie zu warten – vergeblich. Verletzt beschließt sie, mithilfe ihres Großvaters eine Reise anzutreten: Sie wird durch Zeit und Raum nach Südamerika fliegen, endlich aufhören alte Schwarz-Weiß-Western zu sehen, die sie in keiner Weise repräsentieren, und alles wird sich anders anfühlen, wenn sie die Träume der Menschen hört, die im Wald leben ... Bei seiner Premiere in Cannes entzweite Lisandro Alonsos lang erwarteter Nachfolger von „Jauja“ (2014) die Kritik: metaphysisches Meisterwerk oder Selbstparodie? Gartenbau: Fr 20.10., 21.15 (OmU) + Urania: So 22.10., 17.15 (OmenglU)

Europa (Ö 2023) R: Sudabeh Mortezai D: Lilith Stangenberg, Jetnor Gorezi, Steljona Kadillari, Mirando Sylari,. 98 min. Die junge, ambitionierte Managerin Beate Winter ist für den multinationalen Konzern Europa am Balkan unterwegs, allem Anschein nach um Philanthropie, Strukturentwicklung und Investitionen in unterentwickelten Regionen zu fördern. In einem abgelegenen Tal in Südalbanien versucht sie, den wenigen verbliebenen Einheimischen ihr Land für eine zunächst unklare Agenda abzukaufen. Doch in der kleinen, traditionellen Gemeinschaftautarker Land-

wirte stößt sie auf Widerstand, allen voran jenen des eigensinnigen und tief spirituellen Jetnor. Gartenbau: Mo 23.10., 18.00 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 25.10., 15.30 (OmenglU)

The Feeling That the Time for Doing Something

Has Passed (USA 2023) R: Joanna Arnow D: Scott Chen, Babak Tafti, Joanna Arnow, Alysia Reiner, Peter Vack. 88 min. Ann, eine New Yorkerin in ihren Dreißigern, ist in einem recht eintönigen Alltagsleben festgefahren: Da gibt es ihren ziemlich durchschnittlichen Job, ihre streitsüchtige jüdische Familie und ihre langjährige BDSM-Beziehung, in der es auch nicht mehr richtig läuft. So treibt Ann die Sehnsucht nach einer Neausrichtung um. Mit ihrem Regiedebüt schuf Joanna Arnow eine sehr freizügige und witzige Sexkomödie. Stadtkino im Künstlerhaus: Di 24.10., 13.00 (OF)

Ferrari (USA 2023) R: Michael Mann D: Adam Driver, Penélope Cruz, Shailene Woodley, Sarah Gadon, Gabriel Leone. 130 min. Eines der starbesetzten Features der heurigen Viennale, mit Adam Driver, Penélope Cruz, Shailene Woodley und Patrick Dempsey in den Hauptrollen. Michael Mann widmet sich der Biografie des Autobauers und Rennsportbegründers Enzo Ferrari, der 1957 an einem beruflichen und privaten Wendepunkt steht. Seine Firma ist finanziell unter Druck, einer seiner besten Fahrer ist gerade bei einem Rekordversuch verunglückt, und er befindet sich in einem wachsenden Konfliktmit seiner kämpferischen Ehefrau: Sie trauert um den verstorbenen Sohn, während ihr Mann ohne ihr Wissen ein jüngeres Kind mit seiner Geliebten großzieht. Gartenbau: Di 24.10., 15.30 + Fr 27.10., 13.00 (OmU)

The First Slam Dunk (JPN 2022) R: Takehiko Inoue. 124 min. Der Sport-Manga „Slam Dunk“ erschien von 1990 bis 1996 in 31 Bänden (sowie als Anime-Serie), nun hat sein Schöpfer Takehiko Inoue eine Anime-Adaption fürs Kino als Autor und Regisseur verantwortet.

OF Originalfassung

OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln

OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln englOF englische Originalfassung

Im Zentrum der Handlung rund um eine Basketballtruppe problembeladener Außenseiter, die um einen landesweiten Oberschulen-Pokal kämpft,steht der wortkarge 17-jährige Ryota. Er muss sich vom Schatten seines älteren Bruders befreien, eines BasketballCracks, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 25.10., 23.30 (OmenglU) + Urania: So 29.10., 18.30 (OmU)

Le Grand Chariot (F/CH 2022) R: Philippe Garrel D: Louis Garrel, Damien Mongin, Esther Garrel, Lena Garrel. 95 min. Großmutter,Vater, drei erwachsene Kinder: Seit vielen Jahren betreiben sie das Wander-Puppentheater „Der große Wagen“. Es wirkt ebenso aus der Zeit gefallen wie das Patriarchat, das die Familie prägt. Als der Vater plötzlich stirbt, ist alles in Auflösung begriffen: Die Kinder sollen das Theater übernehmen, wollen aber nicht. Altmeister Garrel blickt gnadenlos hinter die Bilderbuchfassade einer einstmals bürgerlichen Familie und reflektiert über das Künstlerdasein

Gartenbau: Sa 28.10., 15.30 (OmU) + Sa 21.10., 12.45 (OmenglU)

He bian de cuo wu / Only the River Flows (CHN 2023) R: Wei Shujun D: Zhu Yilong, Chloe Maayan, Hou Tianlai, Tong Linkai. 101 min. Eine Stadt an einem Fluss im ländlichen China der 1990er-Jahre: Die Sonne scheint diesen Ort vergessen zu haben, es regnet ständig. Und eine Reihe von Morden an alten Frauen ereignet sich, gerade wurde die Leiche der „vierten Großmutter“gefunden. Der hartgesotteneKommissar Ma Zhe macht sich daran, zu ermitteln, und Regisseur Wei Shujun zieht dem Publikum mit seinem Neo-Noir mit Mystery-Elementen ganz langsam und unmerklich den Boden unter den Füßen weg. Stadtkino im Künstlerhaus: Do 26.10., 23.00 (OmenglU) + Urania: Fr 27.10., 22.15 (OmU)

Here (B 2023) R: Bas Devos D: Stefan Gota, Liyo Gong, Teodor Corban. 82 min. Der Bauarbeiter Stefan, ein

ZUM LIEBE FILM

VOM WIDERSCHEIN DES KINOS

Hans Hurch: Essays, Interviews und Kurz texte zum Thema Film, Filmschaffende und Kino des ehemaligen Viennale-Direktors

248 Seiten, € 22,90

FALTER 23
Alle Termine, Film für Film, vom 19. bis zum 31. Oktober
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Spurensuche im Moos: Shuxiu (Liyo Gong) und Bauarbeiter Stefan (Stefan Gota)

Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 28.10., 21.00 + Urania: So, 29.10., 11.00 (OmenglU)

Die chaotische Ordnung der Natur: „Here“ von Bas Devos

Vieles, wovon dieser Film erzählt, kann man gar nicht sehen. Nicht weil diese Dinge und Menschen nur in Schilderungen vorkommen, sondern weil der belgische Regisseur Bas Devos es wie bei einer Spurensuche uns überlässt, die Leerstellen mit Bildern zu füllen. Die entgegen dem doppeldeutigen Titel in „Here“ eben nicht hier sind.

„Here“ erzählt eine so einfache Geschichte, dass man sie in zwei Sätzen zusammenfassen kann: Ein in Brüssel lebender rumänischer Bauarbeiter (Stefan Gota) steht kurz davor, seinen Urlaub in der Heimat anzutreten. Auf dem Weg zu seiner Wohnung durch den Wald – sein Auto steht noch in der Werkstatt – triffter auf eine chinesischstämmige Biologin (Liyo Gong), die Moose studiert und mit ihm ins Gespräch kommt.

Er wisse nicht, ob er ein wenig länger zuhause bleiben wird, erklärt der Mann zuvor seinen Freunden beim Abschied. Er sei müde, kön -

ne nicht schlafen. Er besucht seine ebenfalls in Belgien arbeitende Schwester. Aus dem restlichen Gemüse im Kühlschrank kocht er eine Suppe, die er verteilt. Das chinesische Takeaway, in das ihn der Regen treibt, heißt „La Langue Marche“.

Ein Stück Moos sei wie ein eigener kleiner Wald, meint die Wissenschaftlerinzum Wanderarbeiter, und auch Bas Devos interessiert sich für die kleinen Dinge: Gedreht im alten 4:3-Format, blickt die Kamera in Nahaufnahme auf durchsichtige Blätter oder fängt einen Lichtstrahl ein. Halbsätze genügen als Antwort, und statt eines vorbeiratternden Zuges hört man Vogelgezwitscher.

In der Tradition des poetischen Realismus erzählt „Here“ von der chaotischen Ordnung der Natur und jener der menschlichen Technik; vom Mikrokosmos am Wegesrand und von himmelhohen Gebäuden, die eben deshalb von winzigen Systemen überdauert werden.

rumänischer Arbeitsmigrant, wandelt aufgrund seiner Schlaflosigkeit Tag und Nacht durchs sommerliche Brüssel, trifft Freunde oder seine Schwester. Die aus China stammende Botanikerin Shuxiu widmet sich indes ihrem Studium der Moose oder hilft im Lokal ihrer Tante. Dort treffen die beiden einander und fühlen sich sofort verbunden. Ein im besten Sinne moosiges Drama, das bei der Berlinale mit dem Hauptpreis der Sektion Encounters ausgezeichnet wurde. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 28.10., 21.00 + Urania: So 29.10., 11.00(OmenglU) Hokage (J 2023) R: Tsukamoto Shinya D: Shuri, Tsukao Oga, Kono Hiroki. 96 min. Nach „Nobi“ (2014) und „Zan“ (2018) schließt Tsukamoto Shinya mit „Hokage“ seine Trilogie über die menschlichen Konsequenzen von Krieg ab. Im Mittelpunkt des Dramas steht ein namenloser japanischer Waisenbub, der in den Ruinen seiner Heimatstadt nach dem Zweiten Weltkrieg ums Überleben kämpft.In einem verlassenen Ramen-Restaurant trifft er auf eine kränkliche Sexarbeiterin; später wird er von einem ehemaligen Soldaten mit PosttraumatischerBelastungsstörung für schäbige Arbeiten eingespannt. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 21.10., 23.15 + Urania: Fr 27.10., 13.30 (OmenglU)

The Holdovers (USA 2023) R: Alexander Payne D: Da’Vine Joy Randolph, Paul Giamatti, Dominic Sessa. 133 min. Der allgemein unbeliebte, alleinstehende Geschichtsprofessor Paul Hunham übernimmt während einer zweiwöchigen Weihnachtspause die Aufgabe, jene Schüler einer Highschool zu betreuen, die nicht (sofort) nachhause fahren können. Nach ein paar Tagen ist nur Angus Tully, ein begabter 15-jähriger Schüler mit rebellischem Wesen, übrig. Weiters ist die schwarze KüchenchefinMary Lamb anwesend, die vor kurzem ihren Sohn im Vietnam-Krieg verloren hat. Paynes komödiantisches Drama, angesiedelt im Jahr 1970, erzählt, wie diese drei Menschen einander zu einer weihnachtlichen Ersatzfamilie werden: „,The Holdovers‘ nimmt sich Zeit, um eine emotional reiche und komplizierte Geschichte zu erzählen, und steigert sich zu einem der bewegendsten Filme seit langem“ (Bert Rebhandl). Gartenbau: Mo 30.10., 12.30 + Do 26.10., 17.30 (OmU)

Huellas / Traces (F/CL 2023) R: Valeria Sarmiento. 63 min. In den 1970ern flohen Valeria Sarmiento und ihr Mann vor der chilenischen Diktatur unter Augusto Pinochet ins Exil. Mit sich trugen sie ein diffuses Schuldgefühl der Davongekommenen. Nun, da ihre Generation langsam schwindet, sucht Sarmiento bei Jüngeren nach den Überresten der Gewalterfahrungen, erkundet epigenetische Spuren von Verschwundenen, die fiktional verarbeitet weiter in die Zukunft bluten

Die Älteren wiederum erinnern sich an die Existenz von mehr als 1000 Anhaltelagern, von der privaten Foltervilla am Stadtrand bis zum Konzentrationslager nach nationalsozialistischem Vorbild auf der Dawson-Insel.

Metro: Mo 23.10., 18.00 + Urania: Mi 25.10., 13.30 (OmenglU)

Il sol dell’avvenire / A Brighter Tomorrow (I 2023)

R: Nanni Moretti D: Nanni Moretti, Marherita Buy, Silvi Orlando, Barbara Bobulova, Mathieu Amalric. 96 min. Filmdreh-im-Film-Geschichte mit Regisseur Moretti in der Hauptrolle: Der Filmemacher Giovanni arbeitet an einem Herzensprojekt über die Kommunistische Partei Italiens und die ungarische Revolution im Jahr 1956. Doch nicht nur dieses gestaltet sich als kompliziert: Zeitgleich will seine Frau und Produzentin, Paola, eigene Wege gehen. Eine satirische Dramödie voll mit spielerischen Metaebenen, Selbstbezügen und Gedanken über Kino(-kunst).Urania: So 22.10., 21.00 (OmU) + Mo 30.10., 18.30 (OmenglU)

In Our Day (KOR 2023) R: Hong Sangsoo D: Ju-bong Gi, Kim Min-hee. 84 min. Im neuen Werk des südkoreanischen Meisters sind wieder einmal Figuren aus dem Feld der Kunst die Protagonisten, diesmal in einer filmischen Konstruktion, die zwei Orte und zwei verschiedene Personen-Konstellationen miteinander verwebt und jeweils durch Texttafeln näher vorstellt. Die ehemalige Schauspielerin Sangwon ist bei einer Freundin untergekommen und denkt über ihre weitere Karriere nach, der ältere Schriftsteller Uiji hat Besuch von einer Filmstudentin, die eine Doku über ihn dreht.

In beiden Settings treten weiters junge Schauspiler:innen auf den Plan, die Fragen über die Kunst und das Leben stellen. Metro: Mo 23.10., 14.00 (OmenglU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 27.10., 20.45 (OmU) Joan Baez – I Am A Noise (USA 2023) R: Karen O’Connor, Miri Navasky, Maeve O’Boyle. 113 min. Porträt der 1941 in New York geborenen Folksängerin und Gitarristin, Bürgerrechtlerin, Pazifistinund Umweltaktivistin Joan Baez. Das Biopic beginnt mit den aktuellen Lebensumständen der Künstlerin im Abschiedsmodus und blickt sodann auf 60 Jahre US-amerikanische Folkund Sozialgeschichte zurück, thematisiert aber auch viel Persönliches, wie Baez’ Beziehung mit Bob Dylan, familiären Missbrauch und die psychischen Probleme der Sängerin. Baez erscheint als Mikrokosmos der

Gegenkultur: „I’m not very good at one-on-one relationships, I’m great with one-on-two thousand.“ Stadtkino im Künstlerhaus: Di 24.10., 21.15 + Urania: So 29.10., 13.30 (OmU)

Kaibutsu / Monster (J 2023) R: Hirokazu Koreeda D: Sakura Ando, Eita Nagayama, Soya Kurokawa, Hinata Hiiragi. 127 min. Eine alleinerziehende Mutterverspürt eine Veränderung im Verhalten ihres Sohnes und fragt sich, was die Ursache dafür sein könnte. Bald macht sie Vorfälle an seiner Schule als Ursache aus und stürmt zur Direktorin, um Gerechtigkeit zu fordern. Koreedas neuer Film blickt changierend auf das Geschehen – aus der Perspektive der Mutter, des Sohnes und der Lehrer – und bringt nach und nach Licht in die mysteriöse Situation. Gartenbau: So 29.10., 10.00 (OmU) + Sa 21.10., 15.15(OmenglU)

Kanata no uta / Following the Sound (J 2023) R: Sugita Kyoshi D: Ogawa An, Nakamura Yuko, Mashima Hidekazu. 84 min. Eine zarte Atmosphäre diskreten Mitfühlens ist, was diesen Film ausmacht, und dasselbe fordert er, der kaum etwas über die Vergangenheit seiner Protagonisten verrät, vom Publikum ein. Die junge Haru, die in einer Buchhandlung arbeitet, kommt in Kontakt mit zwei einsamen Menschen: Sie trifft den älteren Takeshi wieder, den sie vor einigen Jahren kennengelernt hat. Vor dem Bahnhof unterhält sie sich mit Yukiko, um die sie sich Sorgen macht. Haru selbst, die gern Musikkassetten anhört, die ihre vestorbene Mutter ihr hinterlassen hat, trägt viel Trauer in sich. Zuletzt findet sie Trost und Heilung von tief eingewurzelter Verletztheit. Metro: Sa 28.10., 18.30 + Filmmuseum: Mo 30.10., 13.30 (OmenglU) Kimitachi wa dô ikiru ka / The Boy And the Heron (J 2023) R: Hayao Miyazaki. 124 min. Wie schön, dass es sich Hayao Miyazaki mit seiner angekündigten Pensionierung noch mal anders überlegt hat. Die ersten Bilder des Trailers zu seinem neuen Film rufen sogleich lebhafteErinnerungen an (das Erscheinungsbild von) „Prinzessin Mononoke“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“ wach. Im Zentrum der in den 1940ern angesiedelten Geschichte mit autobiografischen Zügen steht der junge Mahito Maki, der durch den japanischen Pazifikkrieg, der seine Mutter das Lebe gekostet hat, traumatisiert ist. Sein Vater heiratet die jüngere Schwester seiner toten Frau, die Familie flieht von Tokio aufs Land. Mahito tut sich schwer, sich in der neuen Umgebung zu integrieren. Da begegnet ihm ein merkwürdiger Graureiher, der ihm eine magische Welt zeigt. Gartenbau: So 29.10., 21.15 (OmU) + Fr 20.10., 15.15(OmenglU)

Kuru otlar üstüne / About Dry Grasses (TR/F/D/ SWE/QAT 2023) R: Nuri Bilge Ceylan D: Deniz Celiloglu, Merve Dizdar, Musab Ekici. 197 min. „Was Plot angeht, hat Ceylans neues Dreieinhalb-Stunden-Epos, wie man es von dem türkischen Regisseur gewohnt ist, nur wenig zu bieten: Es geht um ein Trio von Lehrer:innen, die je unterschiedlich mit ihren staatlich verordneten Stellungen in der tiefen Provinz hadern, während sie in wechselnden Konstellationen herumsitzen und reden. Doch was sich in den langen, mäandernden Dialogen ereignet, ist an Story- und Nuancenreichtum unerreicht.“ (Barbara Schweizerhof) Gartenbau: Sa 21.10., 20.45 + Urania: So 22.10., 11.00 (OmenglU) La Passion de Dodin Bouffant / Geliebte Köchi (F 2023) R: Tran Anh Hùng D: Juliette Binoche, Benoit Magimel, Bonnie Chagneau-Ravoire, Jean-Marc Roulot. 134 min. Frankreich, Ende des 19. Jahrhunderts. Seit 20 Jahren arbeitet die hochbegabte Köchin Eugénie für den berühmten Gourmet Dodin. Zusammen schaffen sie die köstlichsten Gerichte und sind lang schon auch privat ein Paar. Doch Eugénie will ihre Freiheit nicht aufgeben und hat keinerlei Absichten, Dodin zu heiraten. Also beschließt dieser, etwas zu tun, was er noch nie zuvor getan hat: für sie zu kochen. In dieser filmischen Liebeserklärung an die Kunst der Verfürung und die Sinnlichkeit des Essens glänzen Juliette Binoche, Benoît Magimel und allerlei kulinarischen Kreationen, choreografiertvon Sternekoch Pierre Gagnaire. Stadtkino im Künstlerhaus: Di 24.10., 18.00 (OmU) + Gartenbau: Do 26.10., 11.30 (OmenglU)

LaRoy (USA/F/Ö 2023) R: Shane Atkinson D: John Magaro, Steve Zahn, Dylan Baker. 112 min. Nachdem der depressive Jedermann Ray erfahren hat, dass seine Frau ihn betrügt, will er sich erschießen. Da taucht in seinem heimatlichen Kaff in Texas ein Mann auf, der ihn mit einem Auftragskiller verwechselt. Ray sieht sich unangenehm in Missverständnisse verstrickt, während der tatsächliche Mörder bereits anreist. Shane Atkinsons Regiedebüt ist eine staubtrockene Neowestern-Kleinstadt-Krimikomödie, bevölkert von glücklosen Privatdetektiven, sarkastischen Stripperinnen und schmierigen Baumarktbesitzern. Stadtkino im Künstlerhaus: So 22.10., 18.00 + Sa 21.10., 20.30 (OF) Last Things (P/USA/BRAS/F 2023) R: Deborah Stratman D: Valérie Massadian, Marcia Bjørnerud. 50 min. Anhand von Zitaten von Roger Caillois, Clarice Lispector sowie des Science-Fiction-Autors J.-H. Rosny aus dem 19.

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FEATURE Poetischer Realismus
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VIENNALE ZENTRALE

IN DER KUNSTHALLE WIEN

KONZERTE • DJS • DISKUSSIONEN

Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen!

KUNSTHALLE WIEN im MuseumsQuartier 1070 Wien, Museumsplatz 1 (U3 Volkstheater)

Die Viennale Zentrale kehrt in diesem Jahr zurück in die Kunsthalle Wien im MuseumsQuartier und wird wieder zum Treffpunkt für Cinephile und Audiophile. An sieben Abenden wird die Zentrale zur Partyzone mit internationalen DJs und Live Acts. Außerdem findet eine Reihe von Gesprächen und Diskussionen mit Filmemacher:innen und Expert:innen statt. Erstmals in diesem Jahr gibt es die VIENNALE CAMPARI LOUNGE – täglich geöffnet ab 18 Uhr – in der Zentrale, die zum gemütlichen Plaudern einlädt und mit täglichen DJ Line-ups für die perfekte Soundkulisse sorgt.

Do, 19. 10., ab 22 Uhr • Viennale Eröffnungsparty

ROSA PISTOLA / EDNA MARTINEZ / MTASA

Rosa Pistola hat sich voll und ganz dem Reggaeton verschrieben, bleibt dabei jedoch gleichzeitig underground und subversiv. Mit ihren Mixen euphorisiert sie die Crowds auf Festivals, in Clubs und im Boiler Room. Die perfekte Ergänzung sind DJ und Kuratorin Edna Martinez und Mtasa.

Presented by

Fr, 20. 10., ab 22 Uhr

DIE P (LIVE) / FIGUB BRAZLEVIC / PHEKT /

D.B.H

Rapperin Die P hat sich mit ihren deepen Lyrics und einem musikalischen Spagat zwischen Boombap, 90s HipHop, R&B und zeitgenössischen

Sounds zu einem der stabilsten LiveActs im HipHop entwickelt. Instrumental-HipHop-Legende Figub Brazlevic legt im Anschluss auf und lässt die Golden Era wieder aufleben.

In Kooperation mit

Sa, 21. 10., 18.30 Uhr

GESPRÄCH MIT LISANDRO ALONSO

Höchst präzise in seinem Blick auf die Menschen und minimalistisch klar in der Herausarbeitung geheimnisvoller

Möglichkeitsräume: Der argentinische Regisseur Lisandro Alonso hat zu einem unverwechselbaren Inszenierungsstil gefunden. (Ausführlich besprochen in Viennale Textur #6.) In einer Masterclass spricht er über seine Arbeit.

In englischer Sprache

In Kooperation mit

Sa, 21. 10., ab 23 Uhr

LARS EIDINGER

Auf den letzten beiden Viennalen sorgten die musikalischen Abende von Schauspieler und Nicht-mehr-so-neoDJ Lars Eidinger für Massen-Euphorie auf dem Dancefloor. Umso größer ist die Freude, dass er auch in diesem Jahr wieder dabei ist und uns mit seiner Anti-Disco auf einen Trip quer durch verschiedenste Genres mitnimmt.

Mi, 25. 10., 18.30 Uhr

GESPRÄCH MIT CATHERINE BREILLAT

Wegen ihres expliziten Zugangs zu Sexualität und Geschlechterdynamik ist die französische Regisseurin Catherine Breillat bekannt – und kontroversiell diskutiert. Neben der Erkundung menschlicher Begierden behandeln Breillats Filme stets auch Machtverhältnisse und Identitätsfragen. Im Rahmen der Viennale spricht sie über das Drehbuch-Schreiben.

In französischer Sprache mit Übersetzung

In Kooperation mit

Mi, 25. 10., ab 22 Uhr

DISCO ARABESQUO / LUMA / QAMAREEN AKA

LUNA AL-MOUSLI / ABU NAIMA

Disco Arabesquo, leidenschaftlicher Sammler arabischer Musikkassetten, ist spezialisiert auf den CrossoverSound zwischen arabischer Musik und dem Westen und der musikalischen Identitätssuche in der Diaspora. DJ Luma lässt mit ihrer Radioshow Habibti Nation Underground elektronische Musik aus der SWANA -Region hochleben. Shake your bellies!

Do, 26. 10., 18.30 Uhr

PANEL: BODY OF EXPECTATIONS

Von Yorgos Lanthimos’ POOR THINGS bis zu Lauren Moss’ BIRTH/REBIRTH werden männliche Tropen feministisch interpretiert und bestehende Erwartungen an weibliche Figuren unterwandert. Reproduktion, Sexualität, Macht liegen im weiblichen Körper. Jennifer Reeder (PERPETRATOR ), Claire Simon (NOTRE CORPS ) und Martha Mechow (DIE ÄNGSTLICHE VERKEHRSTEILNEHMERIN ) diskutieren neue Anforderungen.

Moderation: Anna Mendelssohn

In englischer Sprache

Fr, 27. 10., ab 22 Uhr

KAMPIRE / ROZALY / DALIA AHMED

Das queere Nyege Nyege Kollektiv und sein gleichnamiges Festival prägen den New Wave Ostafrikas, DJ Kampire ist seine wichtigste Protagonistin, die mit ihren vibrierenden, basslastigen Sets durch die Clubs weltweit tourt. DJ Rozaly erforscht die Musik der früheren Karibik-Kolonien und stellt sie in einen neuen Kontext.

In Kooperation mit

Sa, 28. 10., ab 22 Uhr

EFDEMIN / NEWA / ALPHATRACKS / SCHOOL

Efdemin hat sich als DJ und Produzent einen Namen gemacht und eine eigene Herangehensweise an House und Techno geprägt. Der Berghain-Resident hostet den Abend und holt sich die georgische Techno-Repräsentantin Newa, Produzent Alphatracks und das Kollektiv school als Support dazu.

So, 29. 10., 18.30 Uhr

GESPRÄCH MIT RADU JUDE

In brillanten Kombinationen aus Erzähltechniken, historischen und literarischen Anspielungen, absurden Witzen und, neuerdings, der allgegenwärtigen Präsenz von TikTok analysiert Jude wirtschaftlichen Kolonialismus, kommunistische Vergangenheit und neoliberale Gegenwart. Ein Gespräch über das Drehbuch-Schreiben.

Moderation: Roger Koza

In englischer Sprache

VIENNALE

LOUNGE IN DER ZENTRALE

TREFFPUNKT • BAR • DJS

täglich geö net ab 18 Uhr

Eintritt frei bei allen

Veranstaltungen

Do, 19. 10., ab 22 Uhr

Viennale Eröffnungsparty

ROSA PISTOLA / EDNA MARTINEZ / MTASA

Fr, 20. 10., ab 20 Uhr

WOXOW

DJ Woxow erforscht Black Music und ihre Wurzeln und bewegt sich dabei von Funk, Jazz über Electronic Global Beats bis zu Tropical Bass.

So, 21. 10., ab 20.30 Uhr

TEREZA HOSSA

Tereza Hossa ist Kabarettistin & Tierärztin und mit ihr fährt man Tagada.

So, 22. 10., ab 20 Uhr

ALASKA AL TROPICAL

Alaska Al Tropical begibt sich auf die Suche nach noch nie gehörten Sounds und obskuren Beats und bereist dafür den Globus mit seinem Plattenkoffer.

Mo, 23. 10., ab 20 Uhr

BJÖRN WAGNER

Musiker Björn Wagner, Teil der Bacao Rhythm & Steel Band ist spezialisiert auf Deep Funk und Rare Grooves aus der Karibik und Psychedelic Soul.

Di, 24. 10., ab 20 Uhr

FILMEMACHER:INNEN AN DEN TURNTABLES

Sudabeh Mortezai, Lilith Stangenberg (EUROPA) und Ted Fendt (UNGLÜCKLICHE STUNDE) – Filmemacher:innen der diesjährigen Viennale – lassen uns an ihren musikalischen Inspirationen teilhaben.

Mi, 25. 10., ab 20.30 Uhr

PETER NACHTNEBEL

Peter Nachtnebel hat als Mitbetreiber des Fluc 20 Jahre das Wiener Musikgeschehen mitbestimmt. Er legt Vintage-Vinyl aus den 70s und 80s auf. Seine Mixes umfassen die bevorzugten Genres Afrobeat, Afrodisco, Benga und Ethio Jazz. Get on up!

Do, 26. 10., ab 20.30 Uhr

ANDAKA

Andaka ist eine DJ und Designerin aus Linz, deren musikalisches Spektrum eine Vielzahl verschiedener Genres und Worldwide Grooves umfasst.

Fr, 27. 10., ab 20 Uhr

JJ WHITEFIELD

Gitarrist und Produzent JJ Whitefield (Poets of Rhythm) gilt bei Connaisseuren von Funk, HipHop und Afro als Legende.

Sa, 28. 10., ab 20 Uhr

STEFANIE SARGNAGEL

Autorin und Karikaturistin Stefanie Sargnagel ist die Stimme ihrer Generation –wie klingt der Soundtrack dazu?

In Kooperation mit

Di, 31. 10., ab 22 Uhr • Viennale Abschlussparty

COSMICA BANDIDA (LIVE) / TEREZA / NSASI / DIAMOND

Analoge Synthesizer, Space Disco, Cumbia und elektronische Beats – all das vereint das Duo Cosmica Bandida in seinen rhythmischen Live-Sets. Im Anschluss rockt DJ Tereza die Viennale-Abschlussparty, die mit ihren groovy Mixen der Electronic Dance Music in all ihren Facetten huldigt.

So, 29. 10., ab 20.30 Uhr

TEREZA

DJ und Radio-Host Tereza erobert mit ihrer groovy Underground Dance Music das tanzwütige Partyvolk quer durch Europa.

Mo, 30. 10., ab 20 Uhr

COMETA SÓNICO

Die Cometa Sónico-DJs verschmelzen Überbleibsel von Cosmic und 70s Disco mit Dark Cumbia und psychedelischen Sounds.

Di, 31. 10., ab 20 Uhr

HANNAXDIZZY

HannaXDizzy feiern Eklektizismus quer durch die Genres, aber immer mit Beats und Bass.

Der o zielle V’23 Cocktail Campari Spritz Campari, Prosecco, Soda, Orangenscheibe Enjoy responsibly

Stadt sowie einige Obsessionen des Regisseurs – die Wohnung, in der er den größten Teil seines Lebens verbrachte und die immer wieder in seinen Filmen auftaucht, die Gespenster John Carpenters, die Art und Weise, wie Architektur das Leben bestimmt – tauchen in diesem Phantomfaden auf. Urania: Sa 21.10., 18.30 + Metro: So 29.10., 11.00 (OmenglU)

Ricardo et la peinture (CH/F 2023) R: Barbet Schroeder. 106 min. Altmeister Schroeder porträtiert mit dieser Doku den Maler Ricardo Cavallo, mit dem er seit 40 Jahren befreundet ist. Cavallo, 1954 in Argentinien geboren und seit 1976 in Frankreich zu Hause, malt bevorzugt in einer Grotte an der bretonischen Felsküste und setzt großen Landschaftstableausaus kleinen Holzplatten zusammen. Gleichzeitig ist er ein höchst eigensinniger Kunsthistoriker, fasziniert von Bildhauerei und Malerei, besonders jener von Diego Velásquez. Die filmische Reise mit diesem Künstler wird so auch eine in die Kunstgeschichte. Filmmuseum: Fr 20.10., 16.00; Mo 30.10., 16.00 (OmenglU)

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby (Ö/D 2023)

R: Adrian Goiginger D: Voodoo Jürgens, Ben Winkler, Agnes Hausmann, Der Nino aus Wien. 104 min. Erich „Rickerl“ Bohacek arbeitet seit Jahren an seinem ersten Album, hat aber nicht die Konsequenz, seine Songs ordentlich aufzuschreiben und bei seinem dubiosen Manager abzugeben. So zieht er mit seiner Gitarre durch die Wiener Beisln und Tschocherln und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Rickerls Sohn Dominik lebt bei seiner Ex Viki und deren neuem Freund. Rickerl versucht zwar, ihm ein guter Vater zu sein, doch ebenso wenig, wie er sich zutraut, seiner Singer-Songwriter-Leidenschaftzu folgen, übernimmt er Verantwortung für sein Kind. Erst als er Gefahr läuft, Dominik endgültig zu verlieren, merkt er, dass er sein Leben grundlegend ändern muss. Voodoo Jürgens komponierte die Lieder für den Film und ist hier in seiner ersten Kinohauptrolle zu sehen. Gartenbau: Fr 27.10., 20.30 + Urania: Sa 28.10., 11.00 (OmenglU) Robot Dreams (E/F 2023) R: Pablo Berger. 102 min. Robo und Hund sind die besten Freunde. Robo putzt, Robo räumt auf, und Robo kocht Hund jeden Tag etwas Leckeres. Nach einem gemeinsamen Ausflug zum

Strand kann Robo jedoch nicht mehr aufstehen, und Hund geht allein nachhause. Was soll das? Robo hat doch bisher immer funktioniert! Hund beschließt, sich neue Freunde zu suchen, doch schließlich erkennt er, was wahre Liebe ist. Der im New York der 1980er-Jahre angesiedelte, dialoglose Animationsfilm ist eine bitersüße Tragikomödie über Freundschaft, Einsamkeit, Loyalität und die unausweichlichen Veränderungen im Dasein, basierend auf der gleichnamigen Graphic Novel der Amerikanerin Sara Varon. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 20.10., 15.00 + Urania: Sa 21.10., 11.00 Roter Himmel (D 2023) R: Christian Petzold D: Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt. 103 min Vier junge Leute versuchen, der Welt eigene Wege und Erfüllung abzutrotzen. Eine kaum merkliche Ahnung von Gefahr liegt über der Unbeschwertheit dieses Sommers nahe des Ostseebads Ahrenshoop: auf der einen Seite das Meer, auf der anderen ein heranrollendes Feuer. Zwischen den Elementen eingekeilt: Leon und Felix und Nadja und Devid, die gerade erst ihren Platz im Leben zu finden suchen. Gartenbau: Sa 21.10., 18.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 22.10., 20.45 (OmenglU)

Savvusanna sosarad / Smoke Sauna Sisterhood (EST/F/ISL 2023) R: Anna Hints. 89 min. In Estland gibt es sie noch, die Rauchsaunen, die von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt wurden. In einer solchen Schwitzhütte tief im schnebedeckten Wald treffen sich in Anna Hints’ Doku Fraen aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten zum gemeinsamen Saunieren. Hier tauschen sie sich aus, berichten von Ängsten und Liebschaften, von sexuelen Übergriffen und unerträglichen Geburtsschmezen. In seiner Intimität ein fast mystisches Werk, blickt der Film voll Empathie auf weibliche Lebenserfahrung und macht die heilende Wirkung femininer Solidarität spürbar. Metro: So 29.10., 21.00 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 31.10., 18.00 (OmenglU)

Shashvi Shashvi Maq’vali / Blackbird Blackbird Blackberry (GEO/CH 2023) R: Elena Naveriani D: Eka Chavleishvil, Teimuraz Chinchinadze. 110 min. Etero, 48, lebt in einem kleinen Dorf in Georgien und hat sich entschieden, unverheiratet zu bleiben. Sie schätzt ihre Freiheit ebenso sehr wie ihre Kuchen. Unerwartet verliebt sie sich in einen Mann und steht plötzlich vor der Entscheidung, ob sie den traditionellen Weg der Ehe gehen oder weiterhin ein Leben in Unabhängigkeit führen soll. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 28.10., 15.00 + Metro: Mo 30.10., 21.30 (OmenglU)

She Came to Me (USA 2023) R: Rebecca Miller D: Peter Dinklage, Marisa Tomei, Joanna Kulig, Brian d’Arcy James, Anne Hathaway. 102 min. Steven, ein Komponist moderner Opern, erlitt nach Vollendung seines letzten Werks einen Zusammenbruch – und heiratete

seine Psychotherapeutin mit zwanghaftemPutztick, Patricia. Nun hat er eine Schreibblockade. Bei einem Spaziergang lernt er Katrina kennen, eine Schleppschiffkapitänin, die sich gerade ihre Liebes- und Sexsucht abzugewöhnen versucht. Und dann gibt es da noch Patricias Putzfrau und deren aufgeblasenen Ehemann. Rebecca Miller, Meisterin der Neurosen-Dramedy, erzählt in dieser leicht exzentrischen Ensemblekomödie vom New Yorker Kulturbürgertum und seinen mitunter merkwürdigen Wegen zum erhofftenGlück, aber auch von sozialer und künstlerischer Ausbeutung. Gartenbau: Fr 20.10., 13.00 + Fr 27.10., 15.45 (OF) Simple comme Sylvain (CAN/F 2023) R: Monia Chokri D: Magalie Lépine-Blondeau, Pierre Yves Cardinal, Francis-William Rhéaume. 111 min. Sophia stammt aus einer wohlhabenden Familie, ist Philosophieprofessorin – und langweilt sich mit ihrem langjährigen Partner. Da lernt sie den Handwerker Sylvain kennen, der ihr Wochenendhaus renoviert. Sie beginnt eine Beziehung mit ihm; dass er ihr intellektuell nicht das Wasser reichen kann, reizt sie erst recht. Doch als sie ihn ihren Freunden vorstellt, kommt Unwohlsein auf. Könnten Bildung und Beruf tatsächlich eine größere Rolle in der Liebe spielen, als wir zugeben wollen? Eine humorvolle Untersuchung des widersprüchlichen Begehrens einer intellektuellen Frau. Stadtkino im Künstlerhaus: So 29.10., 20.15 + Urania: Di 31.10., 19.00 (OmenglU) Slike iz zivota udarnika / Life of a Shock Force Worker / Szenen aus dem Leben eines Arbeitshelden (YU 1972) R: Bahrudin Čengić D: Adem Čejvan, Stojan Aranđelović, Zaim Muzaferija, Ilija Bašić. 78 min. Jugoslawien eifert in den Nachkriegsjahren noch der UdSSR nach. So wird in Titos jungem Staat als Maßnahme zur Produktivitätssteigerung ein Wettbewerb um den Titel „Held der Arbeit“ nach russischem Vorbild eingeführt. Adem und einige seiner Kumpel in einer bosnischen Kohlemine bewerben sich. Unverhofftgewinnen sie den Wettbewerb und Adem wird im ganzen Land bekannt. Doch der Ruhm beschert ihm kein glücklicheres Leben ... Cengic persifliert den Kult um die sozialistischen Arbeitshelden mit schonungsloser Offenheit und zeichnet mal humoristisch, mal bitterernst ein Bild der Gesellschaft vor dem Tito-Stalin-Bruch Filmmuseum: So 22.10., 18.30 (OmenglU) Sobre todo de noche / Foremost by Night (E/P/F 2023) R: Víctor Iriarte D: Lola Dueñas, Ana Torrent. 105 min. Gespenstergeschichte und Melodram, Cinéma épistolaire der inneren Stimmen und Thriller zugleich: In seinem Debüt greift Filmkurator Víctor Iriarte auf Elemente unterschiedlicher Genres zurück, ehe sich seine Charaktere – zwei Mütter, die leibliche und die adoptive, und ihr halbwüchsiger – zur solidarischen Dreierbande formieren. Bereit, sich an Verhältnissen zu rächen, die selbst die elementarsten menschlichen Bindungen zerstören. (Stephan Settele Urania: Mi 25.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 26.10., 20.15(OmenglU)

Stillstand / The Standstill (Ö 2023) R: Nikolaus Geyrhalter. 137 min. Entleerte Räume, Rettungsvesuche, Erklärungsmuster, Lernprozesse – und vor allem Menschen, die unermüdlich daran arbeiten, die Grundversorgung aller sicherzustellen. Geyrhalter dokumentiert mit „Stillstand“ über zwei Jahre hinweg am Beispiel der Millionenstadt Wien die Krise: Mit Covid-19 trifft im Frühjahr 2020 eine globale Pandmie mit nie da gewesener Wucht die Menschheit mit all ihren vermeintlichen Sicherheiten und scheinbar perfekten Routinen. Gartenbau: Fr 20.10., 18.00 + Urania: Di 24.10., 12.45 (OmenglU)

Sur l’Adamant / Auf der Adamant(F/J 2022) R: Nicolas Philibert. 109 min. Mitten in Paris liegt die Adamant am Ufer der Seine vor Anker: An Bord befindet sich eine Tagesklinik für psychisch Kranke. Dokumentarfilmer Philibert beleuchtet den Alltag und das Miteinander in diesem einzigartigen Kosmos und gibt vor allem den Patient:innen Raum, die voll Vertrauen Einblicke in ihr Leben und ihre Erfahrungen geben. Goldener Bär bei der Berlinale 2023! Urania: Di 24.10., 21.30 (OmU) +

Gartenbau: Mi 25.10., 12.00 (OmenglU)

Die Theorie von Allem (D/Ö/CH 2023) R: Timm

Kröger D: Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler, Gottfried Breitfuss. 118 min Ein finsterglänzender Wissenschaftskrimiin Schwarz-Weiß: Johannes Leinert, Doktor in spe, reist 1962 zu einem physikalischen Kongress in die Schweizer Alpen. Ein iranischer Wissenschaftler soll hier einen Vortrag zur Quantenmechanik halten, verspätet sich jedoch. Eine geheimnisvolle Pianistin zieht Johannes in ihren Bann, doch etwas stimmt nicht mit ihr. Sie weiß Dinge über ihn, die sie gar nicht wissen kann. Als einer der Physiker auf monströse Weise ums Leben kommt, treten zwei Ermittler auf den Plan, die einen Mord vermuten. Während bizarre Wolkenformationen am Himmel erscheinen, verschwindet die Pianistin, und Johannes gerät auf die Spur eines Geheimnisses, das tief unter dem Berg Wurzeln geschlagen hat. Gartenbau: Sa

FEATURE Odyssee in Armut

Eine Nacht in Casablanca: „Les

von Kamal Lazraq

Nur ein kleiner Job. Das verarmte Vater-Sohn-Duo Hassan und Issam (Abdellatif Masstouri, Ayoub Elaid) hantelt sich mit kleinen Aufträgenfür die lokale Mafia in Casablanca von Tag zu Tag, bis sie in die Fehde zweier Unterweltbosse gerät. Bandenführer Dib (Abdellah Lebkiri) verliert bei einem illegalen Hundekampf seinen geliebten Vierbeiner. Um sich zu rächen, beauftragter Hassan und Issam, den bulligen Handlanger des verfeindeten Clans zu entführen. Nur verstirbt das Opfer beim Transport. Unbeabsichtigt. Bis zum Morgengrauen muss der Leichnam nun schleunigst weg. Ein Strudel der falschen Entscheidungen beginnt, der die beiden immer tiefer in die nächtliche Rue de la gack treibt.

Kamal Lazraqs Spielfilmdebüt „Les Meutes“ besticht durch seine rohe Authentizität, die er aus einem mehrheitlich aus Laien bestehendem Ensemble zieht. Masstouris verbeultes, geschlagenes Ge-

sicht etwa fand Lazraq hinter der Theke eines Grillstandes. Improvisierte Dialoge verstärken den Realismus, eine mobile Handkamera folgt den Gesichtern durch die Dunkelheit. Für einen kurzen Moment tauchen sie im orangen Laternenlicht auf, um später wieder in der Finsternis zu verschwinden. Ein Leben unter der Wahrnehmungsgrenze, das von leeren, gottesfürchtigen Formeln geprägt scheint, doch vor allem gilt es zu überleben. Denn der steinharte, trockene Boden verweigert den Leichnam, das Meer spuckt den Körper wieder aus – die Zeit läuftihnen davon.

Hassan ist verzweifelt, bis Sohn Issam den traditionellen Vatergehorsam ablegt und sich bei zwielichtigen Figuren fremde Hilfe sucht. Eine geradlinig inszenierte Odyssee durch die verarmten Schichten der Stadt, beinah mit zu wenig Subtext, ist „Les Meutes“ dennoch eine gewichtige Talentprobe.

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Meutes“
MARTIN NGUYEN Vater und Sohn in Nöten: Hassan und Issam (Abdellatif Masstouri, Ayoub Elaid) Urania: Sa, 21.10., 16.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Di, 31.10., 15.30 (OmenglU) FOTO: BARNI/MONT FLEURI PRODUCTION FOTO: VIENNALE

Studenten konzentriert. (Haden Guest) Filmmuseum: Di 31.10., 18.30 (OmenglU)

Desde siempre (CL 1996) R: Marialy Rivas. 23 min. Eine bekannte Drag Queen, ein Sexarbeiter, ein bisexueller Mann und andere Personen geben Zeugnis über ihre Homosexualität ab. Dabei reizt der Film die Grenzen des Dokumentarischen aus. Metro: Mo 23.10., 11.00(OmenglU)

El Chacal de Nahueltoro / Jackal of Nahueltoro (CL 1969) R: Miguel Littin D: Nelson Villagra, Marcelo Romo, Héctor Noguera, Luis Alarcón. 89 min. Bauer

Jorge Valenzuela Torres hat seine Partnerin und deren fünf Kinder ermordet. Im Gefängnis lernt er lesen und schreiben, nur um nach mehrjähriger Internierung doch die Todesstrafe zu erleiden. Mit dokumentarischem Gestus (Off-Kommentar,Text-Inserts)in Szene gesetzter Meilenstein des chilenischen Kinos der 1960er. Metro: Sa 21.10., 18.30 (OmenglU)

El viento sabe que vuelvo a casa / The Winds Know

I’m Coming Back Home (CL 2016) R: José Luis Torres

Leiva D: Ignacio Agüero. 104 min. Doku-Fiction: Der Filmemacher Ignacio Agüero (er spielt sich selbst) bereitet seinen ersten Spielfilm vor. Er reist nach Meulín im Archipel von Chiloé, um nach Hinweisen auf die Ursprünge einer Geschichte zu suchen, die er über die Insel gehört hat. Anfang der 1980er hörte er, dass ein junges Paar spurlos in den Wäldern verschwunden sei, woraufhin sich um die mysteriöse Geschichte dieser tragischen Liebe eine eigene Legende gebildet hat. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 27.10., 15.30 (OmenglU) Fragmentos de un diario inacabado / Fragments from an Unfinished Diar (CL/FL 1983) R: Angelina Vázquez. 57 min. Angelina Vázquez war Aktivistin der Revolutionären Linken, ihre Arbeit als Übersetzerin für ein finnisches Filmteam in Chile ermöglichte ihr, sich ins Exil nach Finnland zu flüchten. Jahre später kehrte sie heimlich in ihr Heimatland zurück, und was als Dokumentarfilm im Sinn des Wortes begann, wurde bald auch zu einem Versuch der „Entortung“. Während der Wochen, die sie in Chile verbrachte, führte Vázquez ein Tagebuch – das unvollendet blieb, nachdem ihre Anwesenheit entdeckt und sie ein zweites Mal ausgewiesen wurde. Metro: Sa 28.10., 11.00 (OmenglU)

Imagen latente / Das latente Bild (CL 1987) R: Pablo

Perelman D: Bastián Bodenhöfer, Gloria Münchmeyer, María Izquierdo. 92 min. Der Fotograf Pedro ist bemüht, sich aus politischen Auseinandersetzungen herauszuhalten und sich auf Privates zu konzentrieren.

Doch in Anbetracht von Terror, Angst und Tod im ganzen Land muss er einsehen, dass das unmöglich ist. Der packende Spielfilm verhandelt politische und moralische Fragen anhand eines Einzelschicksals und macht die Zerrissenheit Chiles zur Zeit der Diktatur spürbar. Filmmuseum: Mi 25.10., 13.30 (OmenglU)

Journal inachevé / UnfinishedDiary (CAN/CL 1982)

R: Marilú Mallet. 50 min. Der Film entstand aus der Korrespondenz zwischen Mallet und Sarmiento, zwei Vertreterinnen der chilenischen Diaspora, und war als Teil eines unvollendet gebliebenen Projekts gedacht.

In dem Ich-Tagebuch wird die dreifache Verpflichtung hinterfragt, eine Frau, Exilantin und Filmemacherin zu sein. Metro: Sa 28.10., 11.00 (OmenglU)

La sagrada familia / The Sacred Family (CL 2005)

R: Sebastián Lelio D: Néstor Cantillana, Patricia López, Sergio Hernández. 99 min. Binnen drei Tagen gedrehtes Familiendrama. Schauplatz ist das Strandhaus einer Architektenfamilie, wo Marco in den Osterferien seine Eltern besucht. Nicht zuletzt, weil er Architektur studiert, ist die Beziehung zu seinem Vater weniger von Zuneigung denn von Konkurrenz geprägt. Soledad, seine Mutter, versucht ständig, die beiden zu beruhigen. Doch als Marcos Freundin Sofia mit ihrem Bohemien-Gehabe und ihrer aufreizenden Erotik auftaucht,eskaliert der Streit. Metro: Mo 23.10., 11.00 (OmenglU)

Morir un poco / To Die a Littl (CL 1966) R: Álvaro Covacevich. 69 min. Ausschließlich in den Straßen, Elendsvierteln und an den Stränden von Santiago und Valparaíso gedreht, strahlt „Morir un poco“ durch die Figur des namenlosen Antihelden (gespielt vom Nicht-Schauspieler Luis Olivos) einen gesteigerten, ängstlichen Realismus aus, dessen Blick dieselben schwelenden Klassenungleichheiten beobachtet, die später zu Allendes Sturz beitragen sollten. Covacevich, ein Architekt, Filmemacher und enger Vertrauter des Präsidenten, glückte damit ein kritisches Gegenstück zu den neorealistischen Ideen der Bewegung. (Haden Guest) Metro: So 22.10., 18.30 (OmenglU)

No olvidar (CL 1982) R: Ignacio Aguero. 30 min. Die Frauen der Familie Maureira erzählen von ihrem Kampf um das Schicksal von fünf Mitgliedern ihrer Familie, die nur wenige Tage nach dem Putsch 1973 von der Militärpolizei festgenommen wurden. Filmmuseum: Di 31.10.,18.30 (OmenglU)

Palomita blanca / Little White Dov (CL 1973/1992)

R: Raúl Ruiz D: Beatriz Lapido, Rodrigo Ureta, Monica Diaz. 126 min. Aus einem Bestseller um eine arme

Halbwaise und ein rebellisches Bourgeois-Bübchen machte Ruiz ein mit Stilmitteln der Telenovela spielendes sarkastisches Panorama der chilenischen Gesellschaft. Die Negative des 1973 nur Wochen vor dem Pinochet-Putsch fertig abgemischten Films wurden dem Regisseur erst 1992 wieder zugänglich.

Filmmuseum: Do 26.10., 13.30 (OmenglU)

Popsicles (CL 1984) R: Gloria Camiruaga. 5 min. Die Teenage-Töchter der Filmemacherin sprechen ein Ave Maria und lutschen Eis am Stil, in dem kleine Plastikmanderl stecken: Soldaten – ein Sinnbild für die Gewalt, die Frauen in der Diktatur Pinochets drohte.

Metro: Sa 28.10., 11.00 (OF)

Un sueno como de colores / A Dream as in Colors (CL 1973) R: Valeria Sarmiento. 10 min. Mit ihrem Debütfilm brach Valeria Sarmientos mit dem politischen Fokus des Neuen chilenischen Kinos und widmete sich einem scheinbar peripheren Thema: dem schwierige Leben von Stripperinnen. Toll! Metro: Mo 23.10., 16.00 (OmenglU)

Valparaiso mi amor (CL 1969) R: Aldo Francia D: Hugo Cárcamo, Sara Astica, Rigoberto Rojo, Liliana Cabrera. 90 min. Das erstaunliche Spielfilmdebüt des einstiges Kinderarztes Aldo Francia, der in dieser „Chronik der Entbehrungen“ den Einflüssen des italienischen Neorealismus und der Nouvelle Vague huldigt. Erzählt wird die Geschichte einer Familie aus der Perspektive der vier Kinder, die sich im Kampf ums bloße Überleben selbst überlassen sind. In der Wahl des Milieus und der Schauplätze bricht Francia gekonnt mit Valparaísos touristischem Image. Metro: Sa 21.10., 11.00(OmenglU)

El zapaton chino (CL 1979) R: Christián Sánchéz D: Andrés Quintana, Felisa González, Fernando Andía, Juan Carlos Ramírez. 71 min. Eine chilenische Variation auf „Taxi Driver“: Ein Chauffeur lernt ein minderjähriges Mädchen aus der Provinz kennen, das in die Prostitution abgeglitten ist, und beschließt, es zu retten. Di väterliche Fürsorge verwandelt sich bald in eine bizarre Leidenschaft Metro: Mo 23.10., 16.00 (OmenglU)

Kinematografie:

Keine Angst

Angst (Ö 1983) R: Gerald Kargl D: Erwin Leder, Silvia Rabenreither, Edith Rosset. 79 min. Erwin Leder als stummer Mörder, der nach seiner Entlassung sich sofort wieder auf die Suche nach dem nächsten Opfer macht. Grotesk, blutig, ein Film. wie’s ihn kein zweites Mal hierzulande gab. Großartig die Kameraarbeit von Zbigniew Rybczyński, des späteren Oscar-Preisträgers, der hier auch als Co-Autor verantwortlich zeichnete. Metro: Di 24.10., 21.00 (OmenglU)

Atemnot (Ö 1984) R: Käthe Kratz D: Henriette Cejpek, Johannes Silberschneider, Sigi Maron, Hilde Berger, Maria Martina, Andreas Vitasek. 97 min. Der „legendäre“ Film, in dem Konstantin Wecker vor Punks singt und auch noch akklamiert wird. Im Grunde geht’s um die Jugendlichen Tina und Gerhard, die sich nach Selbstmordversuchen in der Klinik begegnen. Von der Liebe und Klassenkonflikten, das Drehbuch verfasste

Peter Turrini.Metro: Mo 30.10., 19.30

Die Erben (Ö 1982) R: Walter Bannert D: Nikolaus Vogel, Roger Schauer, Anneliese Stöckl-Eberhard, Wolfgang Gasser, Jaromir Borek, Kurt Jaggberg. 95 min. Charly und Thomas, zwei 16-jährige Burschen, werden eher zufällig Mitglieder der neuen Rechten. Sie treten in deren Jugendclub ein, um der Kälte der Erwachsenenwelt zu entrinnen. Wie wird man Neonazi? Dieser Frage geht Walter Bannert in seinem zweiten Spielfilm nach. Leider gerät bei dem Versuch, den Reiz einer typischen Pubertierenden-Kameraderie als Erklärungsmodell heranzuziehen, die spezifischeAnziehungskraftdieser Ideologie bald aus dem Blick. Metro: Fr 27.10., 11.00

Ich oder du (Ö 1984) R: Dieter Berner D: Hansi Lang, Beate Finckh, Karl Kröpfl, Hilde Berger, Wolfgang Ambros, Gerald Pichowetz. 92 min. Hansi Lang als Rocksänger, der sich selbst und die Drogen nicht in den Griff kriegt. Sein Antagonist ist ein Jungbauer, der seinen Hof aufgegeben und in die Stadt gezogen ist. Zwischen den beiden steht ein Mädchen aus Deutschland, das in Wien gestrandet nun als Groupie bei Rockkonzerten mitmachen darf. Sagenhaft, für Fans

Metro: Do 26.10., 21.15

Die Nachtmeerfahrt (Ö 1985) R: Kitty Kino D: Anita Kolbert, Wilfried Scheutz, Christine Jirku, Beatrix Wipperich, Anne Mertin, Sibylle Kos. 72 min. Dem Fotomodell Lilly wächst über Nacht ein Bart, der nach ein paar Tagen wieder weg ist. In der Zwischenzeit jedoch erleidet sie den Verlust der eigenen Identität, taucht in der Anonymität der Nacht unter und lernt nach einer Phase lähmender Lethargie männliches Rollenverhalten aus eigener Erfahrung kennen. Kitty Kinos Variation auf den Weimarer Klassiker „Viktor und Viktoria“ geriet in den 1980ern ungewollt zum Lachschlager, beim

FEATURE Stoizismus in 3D

Der letzte Mann: „Perfect Days“ von Wim Wenders

So sollte es überall sein: öffentlche Toiletten als „Schutzzonen des Friedens und der Würde“. Da man das in Japan so sieht, ließ Tokio im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele von 2020 eine Reihe von Klohäusern von internationalen Top-Architekten entwerfen. Und Wim Wenders wurde eingeladen, eine Serie von Kurzfilmenüber sie zu drehen, um „omotenashi“, japanische Gastfreundschaft,zu promoten. Mit Hilfe seines Co-Autors Takuma Takasaki machte Wenders dann den Spielfilm „Perfect Days“ daraus, der die Designer-Örtchen als Hintergrund nimmt für die Geschichte eines alleinlebenden Witwers und seines stark von Routinen geprägten Alltags.

Kōji Yakusho verkörpert den Toilettenputzmann, den der Film ganz durch die Art und Weise, wie er seinen Tagesablauf organisiert, vorstellt. Hirayama ist schweigsam, selbstgenügsam, stets auf den Moment konzentriert, sei es beim

morgendlichen Aufstehen oder bei der Ausübung des nicht immer appetitlichen Jobs des Kloreinigens. Seine Vorlieben – im Auto hört er ausschließlich seine Vintage-Kassettensammlung mit Musik von Patti Smith, den Animals, Van Morrison und Konsorten – zeichnen ihn als selbstbestimmtes Individuum aus. Was als Vorbild eines stoischen Glücks erscheint, wird schließlich etwas aufgebrochen, als eine 15-jährige Nichte auftaucht, deren emtionales Chaos sich nicht so leicht durch Rituale wegordnen lässt.

Vom immersiven, sich empathisch ins Geschehen versenkenden Blick, der seine 3D-Dokus „Pina“ und „Das Salz der Erde“ so eindrücklich wirken ließ, macht Wenders hier einmal anderen Gebrauch. Dank der grandiosen Kameraarbeit von Franz Lustig wird aus der einfach gehaltenen Geschichte eine fesselnde Reflexiondarüber, was Wohlgefühl ausmacht und bedeutet.

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BARBARA SCHWEIZERHOF Der schweigsame Witwer Hirayama (Kōji Yakusho) mit seiner 15-jährigen Nichte Gartenbau: So, 22.10., 21.30 (OmU); Stadtkino im Künstlerhaus: Mo, 23.10., 17.30 (OmenglU) FOTO: VIENNALE FOTO: VIENNALE

Wiedersehen heute: ein fast schon visionäres Werk. Metro: Mi 25.10., 16.30 (OmenglU)

Monografie: Nicolas Klotz und Élisabeth Perceval

La Blessure / The Wound (F/B 2004) R: Nicolas Klotz D: Noëlla Mobassa, Adama Doumbia, Matty Djambo, Ousman Dialo. 163 min.Blandine wird auf dem Flughafen Roissy verletzt, wo sich eine Gruppe afrikanischer Migranten gegen ihre Abschiebung wehrt. Ihre Wunde wird zum Zeichen des kolonialen Unbewussten, das Frankreich heimsucht und das seit diesem zentralen Film das Kino von Klotz und Perceval bewohnt. Die Wunde – und ihre Vernarbung – ist sowohl eine Figur als auch eine Form, die Produktionsweisen verkörpert, die auf Gegenseitigkeit und dem Teilen phänomenologischer Materialität beruhen. Inspiriert von „L’Intrus“, dem späten Hauptwerk des Philosophen Jean-Luc Nancy. Metro: Mi 25.10., 11.00 (OmenglU)

La Nuit Bengali / Die bengalische Nacht (F/CH

1987) R: Nicolas Klotz D: Hugh Grant, Shabana Azmi, Supriya Pathak, John Hurt, Élisabeth Perceval. 113 min. Allen, ein junger Bauingenieur in Kalkutta, lebt im Haus seines Chefs, eines reichen Bengalen, der ihn als potenziellen Schwiegersohn betrachtet. Als er sich tatsächlich in das Mädchen verliebt und sie verführt, kommt es zum Eklat, an dem die Familie zerbricht. Unspektakulärer TV-Film mit spektakulärer Besetzung. Filmmuseum: Mo 23.10., 13.00 (englOF)

La Question humaine / Der Wert des Menschen (F 2007) R: Nicolas Klotz D: Mathieu Amalric, Michael Lonsdale, Lou Castel, Édith Scob, Laetitia Spigarelli. 144 min. Der unübertrefflichMathieu Amalric gibt hier Simon, den Personalpsychologen eines petrochemischen Großkonzerns, der den Auftragbekommt, den zunehmend schrulligen Herrn Generaldirektor unter die Lumpe zu nehmen. Bei den firmeninternen Nachforschungen stößt Simon auf eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg, die ihm schwer zu schaffen macht. Sperrig in Szene gesetztes Meisterwerk, eine kühle Abrechnung mit der umfassenden „Optimierungsethik“ des kapitalistischen Gesellschaftssystems

Filmmuseum: Mi 25.10., 18.30 (OmenglU)

L’Héroique Lande. La frontière brûle / The Wild Frontier (F 2017) R: Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval. 219 min. „Wir sind in Calais. Das Leben ist hart. Wir sind nackt, unsere Kleidung ist schmutzig“, spricht ein Mann in die Kamera und hebt die Hand zum Gruß. „Der Dschungel ist die Welt von morgen“, sagt Klotz. Wie kann man ein Gebiet filmen, das oft als Abstraktio dargestellt wurde und die Menschen hinter einer selbstgefälligen Opferrolle versteckt? Filmmuseum: Do 26.10.,21.00 (OmenglU)

Low Life (F 2011) R: Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval D: Camille Rutherford, Arash Naiman, Luc Chessel, Maud Wyler. 120 min. Der Film markiert einen Bruch in der Arbeit von Klotz und Perceval, er brachte sie dazu, die poetischen Möglichkeiten der Flucht aus der Gesellschaft zu entdecken. Im Mittelpunkt steht ein Gruppe von Studenten und Asylbewerbern, die sich über Kunst, Politik und Solidarität zusammenfinden, während sie mit den blendenden Kräften des Anthrpozäns konfrontiert werden. Mit einer Mischung aus rigider Strenge und hypnotisierendem Exzess sowie mit Charakteren, die an die melancholischen Herumtreiber von Bresson und Garrel erinnern, konfrontiert der Film den staatlichen Apparat der Strafverfolgung, dessen Zynismus das Regieduo auch schon in früheren Arbeiten aufs Korn genommen hat. Urania: Do 26.10., 11.00(OmenglU)

Nicolas Klotz & Élisabeth Perceval: Kurzfilmprgramm (F/BRA 2016–2022) R: Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval. 106 min. Drei rezente, kleinere Arbeiten: „Mata Atlantica“, eine Elegie auf die verlorenen Seelen des Amazonas (2016). „Chant pour la ville enfouie“, die dritte Beschäftigung des Regiepaars mit dem Dschgel von Calais (2022). „Cosmocide“, eine experimentelle Auseinandersetzung mit unserer Welt im Zeichen der internationalen Krisen und nahen Kriege (2022). Urania: Fr 27.10., 10.45 (OmenglU) Nous disons révolution / Let’s Say Revolution (F 2021) R: Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval. 128 min. Von Barcelona über Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo, bis nach São Paulo führt dieser experimentell geprägte Dokumentarfilm, der um die Themen Revolution, Sklaverei, Macht und reale sowie metaphorische Fluchtbewegungen kreist. Zur komplexen audio-visuellen Textur mit philosophisch-theoretischer Metaebene gesellt sich der Tanz als Revolution des Körpers, der Bilder und Töne

in schwindelerregender Rotation mitreißt. Metro: Di 24.10.,18.00 (OmenglU)

Nouveau monde! / New World! (F 2023) R: Nicolas Klotz, Élisabeth Perceval D: Fosco Corliano, Josiane Jezegou, Helene Michèle, Christian Dubet. 102 min. Der Film, der in Ushant vor dem Hintergrund der Einwanderungskrise und des neuen Krieges in Europa gedreht wurde, ermöglicht Klotz und Perceval den Zustand der Welt und den Zustand des Kinos in Bezug auf die Geschichte und das Werden zu hinterfragen. Die Spannung zwischen dem Realen und dem Irrealen – ein zentraler Aspekt im Denken von Jean Epstein, der sich 1928 hier an der Küste niederließ und das Meisterwerk „Finis terrae“ drehte – findet ihren formalen Ausdruck in einer rigorosen Inszenierung, die auf einem dialektischen Verständnis von Zeit und Raum beruht: in langsamen, unbewegten Einstellungen, nicht-figurativen Elementen und begleitet von Alain Francos „musikalischer Dramaturgie“. (Raquel Schefer) Stadtkino im Künstlerhaus: Di 31.10., 13.00 + Mo 23.10.,20.30 (OmenglU)

Paria (F 2000) R: Nicolas Klotz D: Cyril Troley, Gérald Thomassin, Didier Berestetsky. 125 min. Noch nie hat ein Silvesterabend in Paris so düster ausgeschaut.

Victor wird die Wohnung und sein Job im Videoladen gekündigt. Als er wenig später Momo kennenlernt, der auf der Straße lebt, erfährt Victor nach und nach, was es heißt, ein Außenseiter der Gesellschaft zu sein. Fotografiert von Hélène Louvart Filmmuseum: Di 24.10.,13.30 (OmenglU)

Monografie: Narcisa Hirsch

GESTAL SPRACH TUNG

DAS GESPROCHENE BILD

Florian Reiners | Susanne Altweger

Die Methode Bilder sprechen beschreibt den Findungsprozess für eine kreative Sprachgestaltung. Für alle, die mit Sprechen Erfolg haben wollen.

112 Seiten, € 14,50

Further Away (KurzfilmprogrammIV) (ARG 1974–2023) R: Narcisa Hirsch. 59 min. In den späteren Filmen von N. Hirsch spielt das Universum, die Begegnung des Körpers mit dem Ewigen, eine wesentliche Rolle. In „Aleph“ (2005) und „Ama-Zona“ (1983) erforscht sie ihr Verhältnis zur Zeit oder sie konzentriert sich auf die Materie und ihr Geheimnis, wie in „Myst“ (2019), „Kosmos II: La incertidumbre“ (2018, gem. mit Robert Cohen und Rubén Guzmán) sowie in ihrem letzten Film „Materia Oscura“ (2023), der hier internationale Premiere feiert. Den Abschluss bildet „Workshop“ (1974), einer von Hirschs frühesten Filmen: Eine Aufnahme ihrer Werkstatt, die sich mit dem Licht verändert, wird von ihren Reflexionen begleitet und fasst ihr Leben in elf Minuten zusammen. Strukturalismus, der bewegt! Metro: Sa 28.10., 16.15 (OmenglU) Inside (KurzfilmprogrammI) (ARG 1967–1980) R: Narcisa Hirsch. 68 min. Von geschlossenen Räumen: „Marabunta“ (1967), eine Performance von Hirsch, Marie Louise Alemann und Walther Mejía im Foyer eines Kinos, in dem „Blow Up“ läuft. Das Publikum kam aus dem Kino und sah sich mit der Skulptur einer Frau konfrontiert, die mit Essen und Vögeln bedeckt war. Hirsch schreibt, dass sie daraufhin beschloss, sich dem Kino zu widmen, und begann, mit befreundeten Künstler:innen Filme wie „Pink Freud“ (1973), „Aida“ und „Testamento y vida interior“ (beide 1976) zu drehen: Werke, die spielerisch den Körper und den Raum, das Leben, das Begehren und den Tod in einer verstörenden, traumähnlichen Atmosphäre erforschen.

„La noche Bengalí“ (1980) ist ebenfalls Teil dieses Universums und wurde durch ein Seminar von Werner Nekes inspiriert. In „Canciones Napolitanas“ (1970) verschlingt ein riesiger Mund eine Leber und eine Postkarte. „Retrato de Marta Minujin“ (1974) schließlich ist ein Interview mit der Künstlerin, die erklärt, dass die akademische Welt ein Raum sei, in dem man stolz auf das Scheitern ist. Metro: Di 24.10., 13.30 (OmenglU)

Nearer (KurzfilmprogrammIII) (ARG/Ö 1972–2012)

R: Narcisa Hirsch. 61 min. Einige persönlichere Filme von Narcisa Hirsch, die ihre enge Beziehung zur Natur im Süden Argentiniens und zu den Menschen um sie widerspiegelt. Sie sind autobiografischgeprägt. Manche, wie „Pocos son los que conocen los secretos del amor – V2“ (1976) oder „Rafael, Agosto de 1984“, ein bewegender Liebesbrief, untersuchen die Möglichkeit sentimentaler Beziehungen. In manchen, wie „Seguro que Bach cerraba la puerta cuando quería trabajar“ (1979), geht es um autobiografische Reflexion i Laufe der Zeit. Eröffnet wird das Programm mit der Premiere des Videobriefs „Postal Austria“ (2012), den Narcisa Hirsch nach ihrem Besuch der Viennale an Hans Hurch adressiert hat. Metro: Fr 27.10., 16.00 + Filmmuseum: So 29.10., 13.30 (OmenglU) Outside (Kurzfilmprogramm II (ARG 1967–1991)

R: Narcisa Hirsch. 52 min. In ihren Anfängen dokumentierte Narcisa Hirschs kollektive Aktionen im öffentlichenRaum. „Manzanas“ (1969), „Edgardo“ (1967) oder „Tambores en la plaza“ (1970) zeigen die Reaktionen eines zufällig ausgewählten Publikums. In den 1980ern drehte sie Dokumentarfilmen über veschiedene Ereignisse in der Stadt, so den Abriss eines

Gebäudes in „Warnes“ (1981) oder die Aneignung eines Denkmals in „Pichón en le obilisco“ (1989). „Mundial 78“ ist eine humorvolle Darstellung der Fußballweltmeisterschaft 1978 während der argentnischen Diktatur. Das Programm beginnt mit „Diarios Patagonicos 2“ (1972), Aufnahmen aus Hirschs Alltag, die auch ihre Arbeitsweise offenbaren. Den Abschluss bildet „Come Out“ (1974), ein Schlüsselwerk dieser experimentellen Filmemacherin. Metro: Mi 25.10., 14.45 + Filmmuseum: Do 26.10., 16.30 (OmenglU)

Retrospektive Raúl Ruiz

Ce jour-là / That Day (F/CH 2003) R: Raúl Ruiz D: Elsa Zylberstein, Bernard Giraudeau, Jean-Luc Bideau, Michel Piccoli. 105 min. Raffiniert stilisiertes Todesballett Ein junges Mädchen von schlichtem Gemüte erbt das Vermögen seiner verstorbenen Mutter.Die übrige Familie engagiert einen Killer, um an das Erbe heranzukommen, doch stattdessen erliegt dieser seinem charmantem Opfer. Filmmuseum: Do 4.1., 18.00 + Mo 30.10.,11.00 (OmenglU)

Colloque de chiens + L’ Hypothèse du tableau volé / Dog’s Dialogue + The Hypothesis of the Stolen

Painting (F 1977/1978) R: Raúl Ruiz D: Hugo Santiago, Eva Simonet, Raúl Ruiz / Jean Rougeul, Anne Debois, Chantal Palay, Jean Reno. 86 min. Ruiz’ populärster Film, eine an Borges und Calvino geschulte kunsthistorische Detektivgeschichte irgendwo zwischen Camp und Poststrukturalismus: In einer wertvollen Kunstkollektion fehlt ein Gemälde. Der Sammler, der sie übernommen hat, und ein Interviewer gehen die Bilder ab und suchen in ihnen nach Hinweisen über die Natur des fehlenden Objekts. Kolportage-Elemente treiben auch die Narration des 1977 entstandenen Kurzfilms „Colloque de chiens“, der visuell über weite Strecken als filmischerFotoroman erzählt wird. Filmmuseum: Di 24.10., 11.00 + Mo 4.12., 18.00 (OmenglU) Comédie de l’innocence / Comedy of Innocence (F 2000) R: Raúl Ruiz D: Isabelle Huppert, Jeanne Balibar, Charles Berling, Denis Podalydès. 103 min. Camille wird neun Jahre alt und und will den Eltern zum Geburtstag seine heimlich aufgenommenen Videos zeigen. Und seiner Mutter eröffnet er, dass er nicht ihr Kind sei sondern das einer Klavierlehrerin, die ihren Sohn vor zwei Jahren verlor hat. „Ruiz inszeniert sein mit filmischenVerweisen gespicktes Ensemble-Stück um das grandiose Duo Huppert/Balibar (mit Édith Skob in einer mysteriösen Nebenrolle) in gediegenem Arthouse-Ambiente, das durch den abgründigen Plot und verpixelte Videobilder aus dem Camcorder des kleinen Camille gebrochen wird.“ (Silvia Hallensleben) Filmmuseum: Fr 27.10., 18.30 + Mi 3.1., 18.00 (OmenglU) Dialogue d’exilés / Dialogues of the Exiled (F 1974) R: Raúl Ruiz D: Francoise Arnoul, Carla Oristi, Daniel Gélin. 105 min. Ruiz’ erste Arbeit nach seiner Flucht aus Chile, inspiriert von Brechts „Flüchtlingsgesprächen“: Chilenische Exilierte spielen sich selbst in dieser Szenenfolge, die mit viel Ironie das Leben der in Paris neu Angekommenen imaginiert. Filmmuseum: Mo 23.10., 11.00 + So 3.12., 18.00 (OmenglU)

El Realismo Socialista / Socialist Realism(CL 1973/2023) R: Raúl Ruiz, Valeria Sarmiento D: Jaime Vadell, Javier Maldonado. 78 min. „Ich ging von zwei Geschichten aus, die durch ein Gedicht getrennt sind und sich nie treffen (wie in Faulkners ‚Wild Palms‘). Wir haben also zwei Figuren: Die eine lebt im kleinbürgerlichen Milieu, das mit den bürokratischen Strukturen der Volkseinheit verbunden ist; die andere, eine Art Proletarier, gleitet in Richtung Lumpenproletariat ab. Für einen Moment finden sich diese Figuren und treffen aufeinander: Das war die Grundstruktur, die ich verwendet habe. Doch als ich in Frankreich ankam, sah ich mich mit einem ganz anderen System des Erzählens konfrontiert.“ (Raúl Ruiz) Filmmuseum: Fr 20.10., 18.30 + Sa 2.12., 18.00 (OmenglU)

Fado majeur et mineur / Fado, Major and Minor (F/P 1994) R: Raúl Ruiz D: Jean-Luc Bideau, Melvil Poupaud, Ana Padrao, Jean-Yves Gautier, Bulle Ogier. 116 min. Touristenführer Pierre hat ein totales Blackout und erkennt sein eigenes Leben nicht mehr. Subtil verrätselter Thriller um Geheimnisse und Geständnisse, Reue und Rache. Filmmuseum: Fr 27.10., 11.00 + Sa 23.12.,18.00 (OmenglU)

Généalogies d’un crime / Genealogien eines Verbrechens (F/P 1997) R: Raúl Ruiz D: Catherine Deneuve, Michel Piccoli, Melvil Poupaud, Andrzej Seweryn, Bernadette Lafont. 115 min Ein kleiner Bub wird beschuldigt, seine Tante getötet zu haben; die Anwältin Solange beginnt zu recherchieren. Ein Film, der auf einer Anekdote aus der Psychoanalyse gründet, als ironisch-elegantes Vexierspiel inszeniert. Catherine Deneuve spielt beide Hauptrollen, die Tote und die Verteidigerin. Seltsam, sehr seltsam. Filmmuseum: Mi 25.10., 21.45 + Fr 29.12., 18.00 (OmenglU)

Het dak van de Walvis / On Top of the Whale (NL/F 1982) R: Raúl Ruiz D: Willeke van Ammelrooy, Herbert

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Curiel, Amber De Grauw. 97 min. In naher Zukunft folgt ein Anthropologe mit Frau und Kind einer Einladung nach Patagonien, um eine aussterbende indigene Sprache zu erforschen. Den minimalen Plot dieses binnen 24 Tagen entstandenen intellektuellen Puzzles nutzt Ruiz gleichermaßen zum ästhetischen Experiment wie zur Parodie. Filmmuseum: Sa 9.12., 20.30 + Mi 25.10., 11.00 (OmenglU)

Klimt (Ö/D/GB/F 2006) R: Raúl Ruiz D: John Malkovich, Veronica Ferres, Nikolai Kinski, Saffron Burrows, Joachim Bißmeier, Annemarie Düringer. 97 min.„Vor allem darf man in dem Film keinen filmischen Lebenslauf (was heute mit dem Ausdruck ‚Bio-pic‘ bezeichnet wird) des Malers Gustav Klimt sehen. Es handelt sich vielmehr um eine Fantasie oder, wenn Sie so wollen, um eine Fantasmagorie – ein Gemälde, in dem sich reale und imaginäre Figuren vermengen und nur um einen zentralen Punkt drehen: den Maler Klimt.“ (Raúl Ruiz)

Filmmuseum: Mo 23.10., 16.00 + Sa 6.1., 18.00 (OmU)

La Maison Nucingen / Nucingen House (F/CL/ RO 2008) R: Raúl Ruiz D: Isa Zylberstein, Jean-Marc Barr, Laurent Malet. 98 min. Bei einem Kartenabend hat ein Mann eine Villa am Rande der Kordilleren gewonnen, die er mit seiner Frau erstmals besucht. Von Anfang an liegt eine surreale Stimmung über dieser Reise, ein Geist erscheint ihm auf dem Weg, die hochneurotischen Dauermieter empfangen das Paar mit zweideutigen Angeboten. Es sind Monarchisten, die nur in der Sprache (Französisch) des alten Wiener Hofes sprechen, nicht das einzig Gespensterhafte hier. „Österreicher sind alle verrückt“, heißt es einmal, und besonders gilt dies für die Pensionsgäste, die einander im Verein mit den Geistern der Vergangenheit bespuken. (Robert Weixlbaumer) Filmmuseum: Mi 10.1., 20.30 + So 29.10., 11.00 (OmenglU)

La telenovela errante / The Wandering Soap Opera (CL 1990/2017) R: Raúl Ruiz, Valeria Sarmiento

D: Luis Alarcón, Patricia Rivadeneira, Mauricio Pesutic, Francisco Reyes. 78 min. Raúl Ruiz drehte das Material für diesen Film unmittelbar nach Ende der Diktatur Pinochets, seine Witwe Valeria Sarmiento stellte das Werk 2017 fertig. „Die ganze chilenische Realität wird aus der Perspektive einer Seifenoper beleuchtet, die als entlarvender Filter dieser Realität dient“, so Ruiz über seine Idee. Filmmuseum: Fr 22.12., 20.30 + Di 24.10.,16.30 (OmenglU)

La Ville des pirates / City of Pirates (F/P 1983)

R: Raúl Ruiz D: Hugues Quester, Anne Alvaro, Melvil Poupaud. 113 min.Anne Alvaro fordert zu Beginn mit hypnotischer Stimme: „Ouvre la porte“ und führt die Zuschauer:innen in eine Traumfantasie mit dissonanten Orchesterschlagermelodien, die wie eine weiche Brise durch den Film wehen. In den Träumen stecken neue Träume, Vatermord, Männermord – und die Begegnung mit einem Zehnjährigen (Melvil Poupaud in seinem Debüt, dem neun weitere Filme mit Ruiz folgen sollten), mit dem sie auf eine Insel von Piraten flieht, die mitten im Satz ihre multiple Persönlichkei wechseln. (Robert Weixlbaumer) Filmmuseum: Mo

11.12., 20.30 + Sa 21.10., 18.30 (OmenglU)

Les Âmes fortes / Savage Souls (F/B/CH 2001) R: Raúl Ruiz D: Laetitia Casta, Frédéric Diefenthal, Arielle Dombasle, John Malkovich, Charles Berling. 121 min.

Als lange Rückblende gefilmteLebensbeichte, die vom Schicksal zweier starker Frauen erzählt, die einander bewundern und dabei wissen, dass sie ein Spiel miteinander treiben. Die junge Thérèse zieht 1882 mit ihrem Geliebten in die Provence, um ein neues Leben anzufangen. Dabei erhalten sie Unterstützung durch Madame Numance, doch der naive Firmin nutzt ihre Wohltäterin über Gebühr aus und die Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten. Nach dem Roman von Jean Giono. Filmmuseum: Sa 28.10., 11.00 + Mi 3.1., 20.30 (OmenglU)

Les Trois Couronnes du matelot / Three Crowns of the Sailor (F 1982) R: Raúl Ruiz D: Jean-Bernard Guillard, Philippe Deplanche, Nadége Clair. 118 min. Den ersten Erzähler dieses Films, der bald nur noch Zuhörer ist, lernen wir kennen, als er gerade seinen Mentor ermordet hat. Ein Unbekannter, der vor dem Tatort wartet, nötigt ihn zu einem Handel, der bis zum Morgengrauen dauern soll: Als Preis für seine Flucht muss der Mörder ihm zuhören, eine Nacht lang – und am Ende die drei titelgebenden Dänische Kronen für eine Schiffspassagebereithalten. (Robert Weixlbaumer) Filmmuseum: So 22.10., 21.00 + Fr 15.12., 18.00 (OmenglU)

Le Temps retrouvé / Die wiedergefundene Zeit

(F/I 1999) R: Raúl Ruiz D: Marcello Mazzarella, Catherine Deneuve, Emmanuelle Béart, John Malkovich, Vincent Pérez, Édith Scob Pascal Greggory, Melvil Poupaud, Mathilde Seigner, Chiara Mastroianni, Alain Robbe-Grillet. 162 min. Paris, anno 1922. Marcel Proust, der soeben den Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beendet hat, liegt im Sterben und erinnert sich, zum letzten Male, all der Frauen, die er geliebt, und

all der Männer, die er bewundert hat. Gartenbau: Do 26.10., 20.30 + Filmmuseum: Sa 30.12., 17.00 (OmU) L’Île au trésor / Treasure Island (F/GB/USA 1986) R: Raúl Ruiz D: Martin Landau, Melvil Poupaud, Lou Castel, Jean-Pierre Léaud, Anna Karina. 117 min. Variation über Robert Louis Stevensons klassischen Abenteuerroman, schließlich kommen darin Jim Hawkins, Long John Silver und all die anderen Lieblingsfiguren vor.

Zudem ist Ruiz‘ Film eine Variation über Herman Melvilles „Benito Cereno“, den einer der Protagonisten leidenschaftlich liest und diskutiert. Long John wiederum besitzt Fähigkeiten, nach denen man bei Stevenson vergeblich sucht: Er kann zum Beispiel ein Omelette zubereiten, ohne Eier aufzuschlagen.

Chapeau! Filmmuseum: Sa 21.10., 11.00 + Sa 16.12., 20.30 (OmenglU)

Mistérios de Lisboa / Mysteries of Lisbon (F/P 2010) R: Raúl Ruiz D: Adriano Luz, Maria Joao Bastos, Léa Seydoux, Melvil Poupaud, Lena Friedrich, Ricardo Pereira. 265 min. Der gewitzte LiteraturverfilmerRaúl Ruiz hat sich an einen Großroman des Portugiesen Camilo Castelo Branco aus dem 19. Jahrhundert herangewagt: In die pralle Erzählwelt des Films führt der Waisenjunge Joao ein, der mehr über seine Eltern herausbekommen will und damit ein Spiel um geheime Identitäten, verbotene Leidenschaftenund weitere schockierende Enthüllungen anstößt. (Am 7.1.2024 steht die 338 Minuten lange TV-Fassung auf dem Programm.) Filmmuseum: So 7.1., 16.30 + Di 31.10., 11.00 (OmenglU) Palomita blanca / Little White Dov (CL 1973/1992)

R: Raúl Ruiz D: Beatriz Lapido, Rodrigo Ureta, Monica Diaz. 126 min. Aus einem Bestseller um eine arme Halbwaise und ein rebellisches Bourgeois-Bübchen machte Ruiz ein mit Stilmitteln der Telenovela spielendes sarkastisches Panorama der chilenischen Gesellschaft. Die Negative des 1973 nur Wochen vor dem Pinochet-Putsch fertig abgemischten Films wurden dem Regisseur erst 1992 wieder zugänglich. Filmmuseum: Mo 30.10., 18.30 (OmenglU)

Raúl Ruiz: Kurzfilmprogram (CL/F 1963–2020)

R: Raúl Ruiz D: Rubén Sotoconil, Sergio Hernández, Claudia Paz. 98 min. Drei Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden.Ruiz’ allererste Regiearbeit „La Maleta“ (1963) ist die Geschichte eines Mannes, in dessen Koffer ein weiterer, kleinerer Mann versteckt ist. Der Film galt als verschollen, doch als das Rohmaterial 2008 wiederentdeckt wurde, schnitt Ruiz ihn noch eimal neu. „El tango del viudo y su espejo deformante“

(1967 gedreht, 2020 von Valeria Sarmiento ediert) erzählt vom Witwer Señor Iriarte, einem Gelehrten, der von surrealen Visionen seiner verstorbenen (oder doch ermordeten?) Frau heimgesucht wird. „Ahora te vamos a liamar hermano“ (1971/74) dokumentiert ein Treffen von Vertretern des Mapuche-Volkes mit Chiles damaligem Präsidenten Salvador Allende. Filmmuseum: Mo

27.11., 18.00 + Do 26.10., 11.00 (OmenglU)

La recta provincia (CL 2007) R: Raúl Ruiz D: Bélgica Castro, Ignacio Aguero, Angel Parra, Raúl Ruiz. 160 min. Am Land in Chile: Ein Mann lebt mit seiner Mutter auf einem Hof. Eines Tages findet er auf seinem Grund und Boden einen Knochen, der ein Loch aufweist und sich wie eine Flöte spielen lässt. Das Lied, das dabei entsteht, bettelt geradezu darum, nach dem restlichen Gebein dieses Körpers zu suchen – und ihm endlich ein christliches Begräbnis zu bereiten. Filmmuseum: So

29.10., 21.00 + Mo 8.1., 20.30 (OmenglU)

The Territory (USA/P 1981) R: Raúl Ruiz D: Geoffrey Carey, Paul Getty Jr., Isabelle Weingarten, Rebecca Pauly. 113min. Eine Gruppe von Amerikanern kommt bei einem Ausflug in die tiefverschneite südfranzösische Bergwelt vom rechte Wege ab. Um zu überleben, verspeisen sie die Leiche ihres Führers. Quasi ein Horrorfilm, doch „man könnte auch sagen, es sei ein Film über Protestanten, die die Eucharistie entdecken“ (Ruiz).

Filmmuseum: Di 31.10., 21.00 + Sa 9.12., 18.00 (OF)

Tres tristes tigres / Three Sad Tigers (CL 1968)

R: Raúl Ruiz D: Nelson Villagra, Shenda Román, Luis Alarc ón, Delfina Gozman. 98 min In seinem ersten Spielfilm übersetzt Ruiz den fast noch druckfrischen Debütroman von Guillermo Cabrera Infante in eine Hommage auf ein trink- und gewaltseliges nächtliches Santiago. „Heute beeindruckt der mit minimalen Mitteln realisierte und in Locarno mit dem Goldenen Leoparden ausgezeichnete Film als luzider Kommentar zum Thema Männlichkeit.“ (Silvia Hallensleben)

Filmmuseum: Do 30.11., 18.00 + So 22.10., 11.00 (OmenglU)

Trois vies et une seule mort / Drei Leben und ein einzelner Tod (F/P 1996) R: Raúl Ruiz D: Marcello Mastroianni, Anna Galiena, Melvil Poupaud, Chiara Mastroianni. 123 min. Mastroiannis vorvorletzter Film, episodisch in der Struktur, überdeutlich in der Erzählung: der Star als multiple Persönlichkeit, in verschiedenen Masken auftretend und vier Geschichten durchlebend, verknüpfend, beendend (Drehbuch: Raoul Ruiz, Pascal Bonitzer). Geht so. Filmmuseum: Sa 28.10., 18.30 + Do 28.12., 18.00 (OmU)

FEATURE Avantgarde aus Argentinien

Argentiniens berühmte Unbekannte: MonografieNarcisa Hirsch

Der Viennale-Trailer 2022: Rote Frauenlippen lächeln verführerisch in die Kamera – plötzlich beginnt der Mund wie wild ein Stück rohe Leber zu essen. „Songs from Naples“, so der Titel des Trailers, wurde von der damals 94-jährigen Narcisa Hirsch gestaltet. Bei der diesjährigen Viennale wird der argentinischen Experimental-Filmemacherin nun eine Schau gewidmet.

Narcisa Hirsch wurde 1928 in Berlin geboren, knapp vor dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie mit ihrer argentinischen Mutter nach Buenos Aires. Dort trat Hirsch zuerst in die Fußstapfen ihres Vaters und beschäftigtesich mit expressionistischer Malerei. Anfang der 1960er-Jahre begann sie, Happenings zu organisieren. So baute sie anlässlich der argentinischen Premiere von Michelangelo Antonionis Film „Blow Up“ ein riesiges weibliches Skelett, sperrte in dessen hohlen Brustkorb Tauben ein und hängte frische Früchte an die

weißen Knochen. Die Kinobesucher von „Blow Up“ konnten das Obst pflückenund essen – bis die Tauben wieder frei waren. Aus dem Happening entstand das achtminütige Filmdokument „Marabunta“ –der erste Film von Narcisa Hirsch.

Ab den 1970er-Jahren entstanden laufend neue Kurzfilmeauf Super-8 oder 16 mm. Hirsch musste ohne viel Budget auskommen, als wiederkehrende Locations dienten ihre Wohnung und die Straßen von Buenos Aires. Die Kamera rückt dabei den weiblichen Körper ins Zentrum, untersucht die Beziehungen zu Männern, lotet das Ungleichgewicht in der Gesellschaft aus – in schnellen Schwenks und Schnitten, in Close-ups und mit viel Musik.

Seit ein paar Jahren wird „una famosa cineasta desconocida“ (eine berühmte unbekannte Filmemacherin) – wie sie selbst sich nennt –auch in Europa entdeckt. Narcisa Hirsch wird zur Viennale anreisen. DOMINIQUE GROMES

VIENNALE 23 FALTER 31
Hirschs Filme wie „Ama-Zona“ (1983) rücken den weiblichen Körper ins Zentrum Die vier Programme mit den einzelnen Titel findenSie nebenan FOTO: VIENNALE FOTO: VIENNALE/NARCISA HIRSCH

„Wie schön wäre Wien ohne Wiener“

Wir sehen das anders.

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