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Spanien: vier Sprachen, 3.000 unabhängige Verlage und ein 1,1 Milliarden schweres Projekt zur digitalen Sprachförderung

Dämonen aus den Gräbern der Macht

Der Schriftsteller Helmut Lethen über seine „Obsession für die Faszination des Bösen“

Der spanische Buchmarkt
ÖSTERREICHISCHE POST AG FIRMENZEITUNG / GZ 02Z030877 M / 157. JAHRGANG anzeigerDas Magazin für die österreichische Buchbranche 11 2022 Weingut Silvia Heinrich:Gewinnen Sie eine Weinverkostung für zwei Personen! www.folioverlag.com | www.evarossmann.at Foto: Daniela Zedda JETZT BESTELLEN Mohr Morawa Buchvertrieb GmbH Tel. 01 68014 5 · Fax 01 68871 30 · bestellung@mohrmorawa.at ISBN 978-3-85256862-1 · Hardcover · 304 S. · € [D/A/I] 24,„Ich wünsche mir noch viele sardische Krimis von Eva Rossmann!“ Rotraut Schöberl, Buchhandlung Leporello „Alles, was Rossmann liebt: Sardinien, gute Küche, Mord.“ Die Presse am Sonntag Mira Valensky ermittelt wieder! Folio_Rossmann_Anzeiger_2022.indd 1 11/11/22 14:50

Die Buch Wien steht vor der Tür – und damit das größte Netzwerktre en der Buchbranche in Österreich. Diese Buchfestspiele beginnen heuer bereits am 20. November mit der Verleihung des Ehrenpreises des Österreichischen Buchhandels r Toleranz in Denken und Handeln an Miljenko Jergović. Am Tag darauf wird der Österreichische Buchpreis verliehen, am 23. November die Buch Wien feierlich erö net und die Lange Nacht der Bücher gefeiert. All das soll in der Vorweihnachtszeit das Augenmerk auf Literatur, auf Sachbuch und vor allem aufs Bücherkaufen lenken.

Die Buch Wien hat sich zu einer der wichtigsten deutschsprachigen Buchmessen entwickelt, insbesondere zu der wohl flexibelsten, modernsten und r Besucher:innen und Aussteller:innen interessantesten Messe. Nirgendwo sonst ist der Austausch von Verlagen, Buchhandlungen, von Autor:innen und Leser:innen so intensiv wie auf der Buch Wien, dem Ort der Literatur, des Wissens und der Information.

Wie wichtig der persönliche Austausch, die individuelle Begegnung und das Netzwerken r unsere Branche sind, zeigt sich nicht nur im Hauptverband und seiner täglichen Arbeit, sondern auch im internationalen Kontext. Der Europäische Verlegerverband (FEP) in Brüssel ist unsere wichtigste Informationsquelle, unsere beste Vertretung und Repräsentanz. 27 nationale Verbände sind vertreten, und auch die FEP lebt vom Engagement ihrer Mitglieder und Delegierten. Für drei Funktionsperioden war ich einer der Vorstände und der Schatzmeister des Verbandes, eine ehrenvolle Aufgabe, die ich nun zurückgelegt habe, um Transparenz und neuen Ideen Raum zu geben.

In diesem Zeitraum hat die FEP viel erreicht, die Verbindungen zwischen den nationalen Verbänden konnten gestärkt werden, und der Austausch von Ideen war r uns alle fruchtbar. So wird es auch in Zukun sein, auf europäischer Ebene und in der österreichischen Buchbranche. In diesem Sinne: Ich freue mich auf viele inspirierende Gespräche bei der Buch Wien!

Benedikt Föger HVB-Präsident

Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at Geschäftsführung: Gustav Soucek Projektleitung: Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at Aboverwaltung : Manon Rieser, DW 12, rieser@hvb.at Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlagsgesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, T: +43 1/536 60-0, E: magazine@falter.at, www.falter.at Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Linn Ritsch, DW 991 Geschäftsführung: Siegmar Schlager Anzeigenleitung: Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH., Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

Florian Vernschach Zuhause ist es doch am schönsten Reiseerzählungen

Reisen sind immer ein Gewinn. Entweder wird man mit einer angenehmen Zeit belohnt oder mit einer guten Geschichte. Selten mit beidem. Vernschach versammelt zwei Dutzend Geschichten aus beinahe ebenso vielen Jahren. Sein scharfzüngiger Humor schont dabei weder Land noch Leute und macht auch vor ihm selbst nicht halt. 160 Seiten, ISBN 978-3-7025-1073-2

€ 24,–

Emanuel Weyringer Poesie des Kochens Weyringer Wallersee

Dieses Buch vereint alles, was glücklich macht: Kochkunst auf höchstem Niveau trifft Kunstwerk trifft Literatur trifft Fotografie. Ein Kochkunstbuch. Oder ein Kunstkochbuch. Mit über 60 Rezepten von gebratenen Miesmuscheln mit Erdbeeren und jungem Spinat über Spargelrisotto mit CognacTrüffeln, Rhabarber und Minze bis zu Salzburger Nockerln mit Preiselbeermarmelade. 304 Seiten, ISBN 978-3-7025-1071-8

€ 48,–

Lesen Sie uns kennen. www.pustet.at

anzeiger / 3 – 156. Jahrgang –FOTO: KATHARINA F. ROSSBOTH
„Der Europäische Verlegerverband in Brüssel ist unsere wichtigste Informationsquelle, unsere beste Vertretung und Repräsentanz“
Unsere Geschenktipps

Gegen das Böse

Was die Literaturszene (nicht) kann

Der Satz „Brennt in der Hölle, ihr Schweine.“ ist mittlerweile vielleicht bekannter als der Titel des Buches, in dem er vorkommt. Geschrieben hat ihn der Ukrainer Serhij Zhadan, der mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde (mehr dazu auf S. 6). In seinem Roman „Himmel über Charkiw“ bezeichnet Zhadan die Russen als „Unrat“, „Tiere“ und „Verbrecher“. Ob die Vergabe des Friedenspreises daher skandalös ist, oder ob das, was Literatur „darf“, sich angesichts des Krieges verändert, darüber kann man streiten. Das soll man sogar, denn diese Themen müssen diskutiert werden.

Diskutieren ja. Aber nicht gehässig und untergri g. In der Kulturszene, die, ö er als man zählen kann, als Bastion gegen Sittenverfall und Scheuklappendenken beschworen wurde, muss es möglich sein, die Vergabe des Friedenspreises, die literarischen Fähigkeiten des Buchpreisträgers Kim de L’Horizon oder die politische Gesinnung der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux di erenziert zu erörtern. Und respektvoll.

O geschieht das nicht (Stichwort Social Media), manchmal aber durchaus. Eine Plattform da r bietet die Buch Wien mit zahlreichen Diskussionsveranstaltungen (S. 8). Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen eine gemeinsame Veranstaltung des Gastlandprojekts „meaoiswiamia“ und TRADUKI (S. 5). Und wenn Ihnen nach di erenzierten Betrachtungen ist, lesen Sie das Interview mit Benedikt Föger und Peter Kraus vom Cle , die auf ihre Amtszeit bei der FEP zurückblicken (S. 10).

Falls Sie aber lieber von seelischen Abgründen und dem personifizierten Grauen hören möchten, lesen Sie unsere Krimi- und Thriller-Tipps (S. 16–20) und das Interview, das Erich Klein mit Helmut Lethen ge hrt hat (S. 26).

Linn Ritsch

Was Leser:innenzahlen und kulturelle Inklusion betrifft, gibt es aber noch Luft nach oben 12

5 GASTLAND ÖSTERREICH

Leipzig 2023: „meaoiswiamia“ TRADUKI und meaoiswiamia: ein Gemeinscha sprojekt 6

WISSENSWERT

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels Für den Ukrainer Serhij Zhadan Autor:innenförderungen Finanzielle Unterstützung im Rahmen von „Leipzig liest“ 10

INTERNATIONAL

Federation of European Publishers

Benedikt Föger und Peter Kraus vom Cleff lassen ihre gemeinsame Amtszeit Revue passieren

Der spanische Buchmarkt

SCHWERPUNKT

Krimis und Thriller im Winter 21 GEWINNSPIEL

Gewinnen Sie eine Weinverkostung für zwei Personen

22

HVB-PORTRÄTS

Melanie Hofinger Buchhandlung Meritas Hugo Wetscherek Antiquariat Inlibris 24

BESTSELLER

Meistverkaufte Titel im Oktober

SELBSTREDEND

Helmut Lethen

Der Autor des kürzlich erschienenen Romans „Der Sommer des Großinquisitors“ spricht über die Faszination des Bösen 32 KLASSIKER

Peter Handke 33

GASTKOMMENTAR

Márton Méhes

Der Initiator und Kurator der Donau Lounge auf der Buch Wien schreibt über das Jubiläum 34 TERMINE

Veranstaltungen im Dezember

anzeiger / 4
– Inhalt –
12 ESSENZIELL
16
26
FOTO: NINI TSCHAVOLL, ILLUSTRATION: GEORG FEIERFEIL
Chefredakteurin Spaniens Buchbranche freut sich über stetiges Wachstum.

Leben im Dazwischen

„Es soll anders sein!“ heißt die Veranstaltung, die das Gastland-Projekt gemeinsam mit TRADUKI kuratiert hat. Zu sehen am 26. November im Rahmen der Buch Wien

In jedem Kunstwerk, schrieb Theodor W. Adorno, steckt die Au orderung „Es soll anders sein!“. Obwohl er sich dabei nicht explizit auf kulturelle Vielschichtigkeit oder Zerrissenheit bezog, bietet seine These einen Ansatz, um sich damit auseinanderzusetzen. Hatte er recht? Und wenn ja, was bedeutet es r Autor:innen, die in einem kulturellen und sprachlichen Dazwischen schreiben?

Diese Frage bildet den Ausgangspunkt r eine Veranstaltung, die genau das zeigt, was das österreichische Gastlandprojekt „meaoiswiamia“ insgesamt erreichen möchte. Sie thematisiert den Reichtum, der durch Verschiedenheit und Vielstimmigkeit entsteht, zeigt aber auch, dass daraus o kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander entsteht. Warum ist das so? Auch das ist eine Frage, der am 26. November nachgegangen wird. Neben der Musikerin Jelena Popržan werden Ana Marwan, Marko Dinić, Anna Baar und Mascha Dadić auf der Bühne stehen: Autor:innen, die sich persönlich, wissenscha lich und künstlerisch mit kultureller Pluralität auseinandersetzen.

„Katja Gasser und TRADUKI wollten r die Buch Wien unbedingt gemeinsam etwas planen – diese Veranstaltung

ist eine natürliche Symbiose zwischen meaoiswiamia und TRADUKI“, sagt Annemarie Türk. Sie ist Kulturconsulterin, Kuratorin und bei TRADUKI von Beginn an dabei. Die Vereinigung versteht sich als Netzwerk, das durch Literatur, Übersetzungen, Festivals, Workshops und Artist-in-Residence-Programme den Südosten Europas und den deutschsprachigen Raum mit ihm verbindet. Ein Anliegen, das TRADUKI mit dem Gastlandprojekt teilt, hat Österreich doch seine Vielfalt nicht zuletzt Menschen, Geschichten und Kunstwerken aus Ost- und Südeuropa zu verdanken.

Auf der Buch Wien ist TRADUKI mit zahlreichen weiteren Veranstaltungen präsent. „Wir möchten diese Region Europas in den Mittelpunkt rücken. Es geht dabei um Literatur, aber auch um geschichtliche Zusammenhänge“, erklärt Türk. „Auch die aktuelle Situation am Balkan wird thematisiert.“ Vorgestellt werden auf der Buch Wien neben literarischen Titeln auch zwei Sachbücher: Norbert MappesNiediek präsentiert „Krieg in Europa“, Cyrill Stieger spricht über sein Buch „Die Macht des Ethnischen. Sichtbare und unsichtbare Trennlinien auf dem Balkan“.

Wer Trennlinien überwinden will, muss sie sichtbar machen. Darum geht es bei TRADUKI und bei meaoiswiamia.

Vom Glück und Schrecken der Gleichzeitigkeit

Die Frankfurter Buchmesse ist hinter uns, vor uns die Buch Wien. Es braucht die Begegnung, es braucht das direkte Gespräch: Im ausschließlich Dezentralen und Digitalen gehen wir einander verloren, es zerbrechen auch die letzten Reste an Solidarität: Davon bin ich überzeugt. Um Begegnung, um Gespräche, um Austausch geht es auch bei unserem Gastland-Projekt: Literatur und Bücher aus Österreich sollen durch das Gastland-Engagement mehr Aufmerksamkeit bekommen. Wir sind mitten im Gelingen, habe ich

unlängst gesagt. Und im Anschluss darum gebeten, dass mir jene, die mit unserem Projekt noch unzufrieden sind, diesen Optimismus verzeihen mögen. Er wurde allerdings in Frankfurt bestärkt: Die Sympathie und das Interesse an dem Projekt sind groß. Auch das sind Früchte unserer bisherigen Arbeit.

Die Kritik, die ich zuletzt hier eingefordert habe, auch die war präsent in Frankfurt. Ich nehme sie ernst. Zugleich werden wir nicht allen Wünschen und Vorstellungen mit und in dem Projekt nachkommen

können. Es ist die Gleichzeitigkeit von Zuspruch und Kritik, die den Zustand des Projekts zur Zeit kennzeichnet: Gutes Haushalten mit beiden Momenten ist gefragt. Ich komme von der Literatur her, von der Inhaltsseite. Verpflichtet hle ich mich in meiner Funktion als künstlerische Leiterin vor allem jenen, die es mit der Kunst des Schreibens ernst meinen. Sie wissen auch am besten, dass es stets darauf ankommt, sich vom Zuspruch nicht blind machen und von der Kritik nicht in die Knie zwingen zu lassen.

anzeiger / 5
– Gastland
FOTO: INGO PERTRAMER
in Leipzig –
Was für das Schreiben gilt, trifft auch auf die künstlerische Leitung eines Großprojekts zu: Zuspruch und Kritik sind essenziell, die innere Richtschnur sollte davon unberührt bleiben
Katja Gasser, künstlerische Leiterin des österreichischen Gastland-Auftritts in Leipzig

Ö1 Buch des Monats

„Maria malt“ nennt Kirstin Breiten fellner ihren zweiten Roman, der von der Jury zum Ö1 Buch des Monats November gekürt wurde. Eine lite rarische Biografie von Maria Lassnig und zugleich das Porträt einer Künst lerin, die zeitlebens hart zu kämpfen hatte – mit sich und dem von Män nern dominierten Kunstbetrieb. Das Buch aber ist noch mehr: Es löst sich vom individuellen Schicksal Lass nigs und wird zum Panorama einer Epoche, da Frauen alte Rollenmuster sprengten und nach vorne preschten für ihr Recht auf jene innere und äu ßere Emanzipation, die ihnen bisher verwehrt geblieben war.

Kirstin Breitenfellner zeichnet Maria Lassnigs erschöpfende Selbst verwirklichung stimmig nach. Was nicht einfach ist. Denn wie geht man mit einer der wichtigsten österrei chischen Künstler:innen um, die als schwieriger Charakter galt? Da fällt es schwer, nicht in Klischees zu ver fallen. Breitenfellner hat umfangrei che Recherchen angestellt, um einen Roman zu schreiben der auch zum Spiegel einer Epoche des Aufbruchs nach dem Nationalsozialismus wird.

Am 25. November spricht die Autorin mit Peter Zimmermann (Ö1) auf der Buch Wien über ihren Roman (Radio Wien-Bühne, 15 Uhr).

Der ukrainische Schriftsteller, Dichter, Übersetzer und Musiker Serhij Zhadan ist der diesjährige Träger des Friedensprei ses des Deutschen Buchhandels. Die Preis verleihung fand vor rund 600 geladenen Gästen in der Frankfurter Paulskirche statt. Seine Dankesrede hielt Zhadan im Wissen um die Wellen, die die Wahl der Jury geschla gen hatte. Dass er in seinem jüngsten Werk, dem bei Suhrkamp erschienenen Roman „Himmel über Charkiw“, die Russen mit abwertenden Schimpfnamen belegt, könne nicht mit der Vergabe des Friedenspreises in Einklang gebracht werden, hieß es von vie len Seiten.

In seiner Ansprache sagte Zhadan: „Wenn wir jetzt, im Angesicht dieses blutigen, dra matischen und von Russland entfesselten Krieges, über Frieden sprechen, wollen eini ge eine simple Tatsache nicht zur Kenntnis

Friedenspreis für kämpferische Literatur

Der ukrainische Dichter Serhij Zhadan erhielt am 24. Oktober den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

nehmen: Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden.“ Er sprach aus der Perspektive eines Menschen, der den Krieg am eigenen Leib er fahren hat – zu einem Publikum, das ihn aus der Ferne beobachtet. „Warum werden die Ukrainer dann so oft hellhörig, wenn euro päische Intellektuelle und Politiker den Frie den zu einer Notwendigkeit erklären? Nicht etwa, weil sie die Notwendigkeit des Friedens verneinen, sondern aus dem Wissen heraus, dass Frieden nicht eintritt, wenn das Opfer der Aggression die Waffen niederlegt.“

Die Laudatio hielt die Autorin, Theater macherin und Kuratorin Sasha Marian na Salzmann. Sie rühmte die distanzlose Betrachtung der Schicksale, die Zhadan beschreibt: „In einer Zeit, in der Worte, Po sitionen, Urteile uns wundreiben bis aufs Fleisch, schafft dieser Dichter Momente des Aufatmens durch radikale Menschlichkeit.“

Projekt dafür um eine Förderung von 800 Euro angesucht werden.

Kirstin Breitenfellner: „Maria malt“, Picus Verlag ISBN 978-3-7117-2130-3

Das Ö1 Buch des Monats ist eine Kooperation des HVB mit Ö1, die exklusiv in den Mitgliedsbuchhandlungen beworben werden kann.

Im Rahmen des Gastland-Auftritts auf der Leipziger Buchmesse wurden bereits zahlreiche Lesungen und Prä sentationen fixiert. Für Veranstaltun gen, die im Rahmen von „Leipzig liest“ stattfinden, fördert das Gastlandpro jekt weitere Auftritte. Kuratiert und ausgewählt werden die Veranstaltun gen von der Redaktion „Leipzig liest“.

Sobald eine Veranstaltung in das Programm von „Leipzig liest“ aufge nommen wurde, kann beim Gastland-

Die Förderung gilt für Autor:innen, die eine österreichische Staatsbürger schaft besitzen oder seit drei Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben. Sie müssen in einem Verlag pu blizieren, der Mitglied im HVB, im Bör senverein des Deutschen Buchhandels oder im Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband ist.

Die Einreichung von Veranstal tungsvorschlägen bei „Leipzig liest“ ist bis zum 30. November möglich. Alle Informationen dazu finden Sie unter: www.leipziger-buchmesse.de/de/ausstell en/anmelden/anmeldung-leipzig-liest

anzeiger / 6 – Wissenswert –FOTOS: I. ORSINI UND ROSENBERG, TOBIAS BOHM
Serhij Zhadan mit der Preisurkunde
Leipzig 2023: Förderung für Autor:innen

Das Salz der Gesellschaft

Es begann mit einem Mangel.

In den 1980er-Jahren gab es in Österreich noch kaum jeman den, der sich die Mühe gemacht hätte, Literatur aus dem Slowe nischen ins Deutsche zu überset zen. Dem jungen Lojze Wieser – mit 27 war er Buchhändler, Druckereibesitzer und Verleger – war das ein Dorn im Auge. Als slowenischsprachiger Kärntner wusste er um die Vielsprachig keit und kulturelle Pluralität, die es im eigenen Land gibt, und da rum, dass man in Österreich viel zu wenig darüber weiß.

Um das zu ändern, legte er 1987 seine Arbeit im Dra va Verlag nieder – er hatte ihn fünf Jahre lang geführt – und

gründete einen eigenen Verlag: Der Wieser Verlag entstand mit dem Ziel, Literatur aus Sloweni en und anderen ost- und mittel europäischen Ländern bekannt zu machen. 2016 übernahm Wieser den Drava Verlag wie der, bis heute hat er in beiden gemeinsam über 2.000 Bücher herausgebracht. Viele sind Über setzungen aus verschiedenen europäischen Sprachen, denn, so schreibt der Verleger: „Die Sprache ist ein Reichtum, ent standen aus jahrhundertelan gen Einflüssen, durchsetzt mit Lehn- und Fremdwörtern, und in der Literatur zeigt sich diese Vielfalt. Erst in den verschiede nen literarischen Formen wird

Titelschutzmeldungen

Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeigers. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E-Mail an Isabel Huber unter huber@hvb.at.

Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/sechs Titel € 110,– und bis zu zwölf Titel um nur € 210,–.

Isabel Huber berät Sie gern unter huber@hvb.at Tel. 01/512 15 35 DW 14.

(*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5% Werbeabgabe und 20% MwSt.)

Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, dass die Titel bereits geschützt sind oder durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

dieser Reichtum bemerkbar, überrascht und überzeugt im mer wieder aufs Neue.“

Neben Kultreihen wie „Eu ropa erlesen“ oder der „Slo wenischen Bibliothek“ bringt der Verlag auch die Reihe „Der Geschmack Europas“, Begleit bücher zur gleichnamigen ORF-Serie, heraus. Die Jour nale verbinden Kunst, Kultur,

Kulinarik, Geschichte und Lite ratur europäischer Länder. Loj ze Wieser, der vor seiner Hin wendung zur Literatur mit dem Gedanken gespielt hat, Koch zu werden, ist auch Gastrosoph. Wissen über andere Kulturen, davon ist er überzeugt, wird durch Kulinarik ebenso trans portiert wie durch Literatur.

Schlussendlich geht es beim Kennenlernen von fremder Lite ratur und Rezepten auch darum, sich selbst zu verstehen. „Kul turen sind das Salz der Gesell schaft“, schreibt Wieser. „Und der Umgang mit ihnen zeigt: Wer nur von der einheimischen Kultur etwas versteht, der ver steht auch von dieser nichts.“

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Herzflüstern Erzählungen über Spiritualität und Liebe in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Giri Ghovardhan printing press Würmlastraße, 3041 Diesendorf/Asperhofen, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: ZeitRaubend in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Sixthkyu Verlag Oberlandstraße 70, 8610 Uster, Schweiz

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: DarkSynfonie – im DunkelBunteN SEIN / gib deiner Seele FreiRaum in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien.

Andrea Girstmair

Patriasdorf, 9900 Lienz, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Meine friedliche Partei für Menschen mit Zirbeldrüse in unserer aller Gesellschaft aller Menschen in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien.

Mario Zaunschirm

Neustiftgasse 43, 1070 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für die Einzeltitel: Das große Alma Mahler Album in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien.

Alma Mahler Produktion

Schulhof 4, 1010 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: د آلماني ژبې لنډ ګرامر

Kurze Grammatik der deutschen Sprache in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Mohammad Naim Iklil

Alte Straße, 1220 Wien, Österreich

anzeiger / 7 – Wissenswert –
In diesem Jahr feiert der Wieser Verlag seinen 35. Geburtstag. Ein Blick auf den Verlag und seinen Gründer
FOTO: WIESER ARCHIV

Veranstaltungshighlights auf der

Buch Wien 22

Mittwoch, 23. November

Radio Wien-Bühne, 20.45 Podiumsdiskussion Marjana Gaponenko, Josef Haslinger, Susanne Scholl:

Der Ukraine-Krieg und die Folgen. Was sind Putins Kriegsziele? Und wie soll der Westen auf den russischen Angriffskrieg reagieren? Eine Kontroverse.

Moderation: Raimund Löw, Falter

Donnerstag, 24. November

ORF-Bühne, 15.00 Gespräch und Lesung Österreichischer Buchpreis und Buchpreis Debüt. Moderation: Katja Gasser

3sat.Lounge, 16.30 Gespräch und Lesung Judith Taschler: „Über Carl reden wir morgen“. Fast hat man sich in der Hofmühle damit abgefunden, dass Carl im Krieg gefallen ist, als er im Winter 1918 plötzlich vor der Tür steht. Moderation: Ernst A. Grandits, 3sat

Freitag, 25. November

ORF-Bühne, 11.30 Andreas Gruber Der Bestseller-Krimiautor ist mit seinem Thriller „Todesrache“ beim Podcast „Dunkle Spuren“ zu Gast.

ORF-Bühne, 12.00 Gespräch und Lesung Ursula Poznanski: „Stille blutet“. Die Bestsellerautorin hat sich eine bizarre Mordserie ausgedacht: Eine Nachrichtensprecherin kündigt vor laufender Kamera ihre Ermordung an. Zwei Stunden später ist sie tot. Moderation: Judith Hoffmann, Ö1

ORF-Bühne, 12.20 Gespräch und Lesung

Anna Kim: „Geschichte eines Kindes“. In ihrem packenden Roman erzählt die österreichische Autorin von rassistischer Segregation und Diskriminierung. Moderation: Judith Hoffmann, Ö1

Samstag, 26. November

Radio Wien-Bühne, 13.00 Podiumsdiskussion

Peter Klimek, Niki Popper: Wie simuliert man die Zukunft?

Die Komplexitätsdebatte. Ö1 Science Arena: Mehr als ein Ratespiel. Moderation: Martin Haidinger, Ö1

Radio Wien-Bühne, 16.00 Podiumsdiskussion

Paula Dorten, Heinz Kopetz, Lena Schilling: Wie lässt sich die Klimakatastrophe noch aufhalten? Eine lösungsorientierte Diskussion jenseits von Angstpolitik und Verharmlosung.

Moderation: Alexandra Föderl-Schmidt, Süddeutsche Zeitung

3sat.Lounge, 17.00 Gespräch und Lesung Andrej Kurkow: „Aufzeichnungen aus der Ukraine“. Samson und Nadjeschda: ein rätselhafter Diebstahl und Tagebuch einer Invasion. Moderation: Ernst A. Grandits, 3sat

Sonntag, 27. November

Radio Wien-Bühne, 11.00 Gespräch und Lesung Cecelia Ahern: „Alle Farben meines Lebens“, ein fein kolorierter Roman über eine Frau, die den Gemütszustand anderer in Farbe sehen kann. Moderation: Florian Baranyi, ORF

Radio Wien-Bühne, 11.30 Podiumsdiskussion

Judith Kohlenberger: „Das Fluchtparadox“: Die bekannte Wissenschaftlerin über unseren Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen. Moderation: Judith Hoffmann

DER STANDARD-Bühne 14.00

Podiumsdiskussion

Noomi Anyanwu, Melanie Kandlbauer, Minitta Kandlbauer, Mireille Ngosso War das jetzt rassistisch? People of Color berichten über Alltagsrassismus in Deutschland und Österreich. Moderati on: Irene Brickner, Der Standard

Buchtipps von der

Einblick

bei der Buch Wien in die Zukunft:

Wolfgang Kienreich ist an der Entwick lung einer KI beteiligt, die Bücher emp fehlen soll: gezielt und differenziert. Bei der Veranstaltung „Aldus Up x Buch Wien present: The future of publishing“ spricht er über seine Forschung.

Wolfgang Kienreich ist am 24.11. auf der Buch Wien zu Gast

Herr Kienreich, KI soll jetzt Bücher empfehlen. Das ist vor allem für Buchkäufe im Onlinebereich relevant … Wenn wir online mit Inhalten interagie ren, geben wir Hinweise auf unsere Inter essen. In Buchhandlungen werden solche Hinweise in Empfehlungen berücksichtigt. Online werden unsere Interessen derzeit weitgehend ignoriert, wir erhalten primär Empfehlungen für eine kleine Auswahl von Massenartikeln. Dieser sogenannte „popularity bias“, die Bevorzugung von be reits bekannten und beliebten Produkten, ist weder im Sinne der Kund:innen, die sich in Empfehlungen Individualität und Diversität wünschen, noch im Sinne des Handels, der bewusst den sogenannten „long tail“, also zahlreiche kleinere Inter essensgruppen, mit individuellen Produk ten bedient. Am Know-Center haben wir neue Empfehlungssysteme entwickelt, die Daten zu Inhalten berücksichtigen und in dividuelle Empfehlungen liefern.

anzeiger / 8 – Wissenswert –FOTO: 2021 KNOW-CENTER GMBH

künstlichen Intelligenz

Online-Buchempfehlungen

Wie funktionieren diese Empfehlungssysteme?

Unsere hybriden Empfehlungssysteme berücksichtigen neben dem unmittelba ren Kaufverhalten von Kund:innen auch inhaltliche Interessen und Vorlieben. Die ser Aspekt kommt in vielen Systemen, die nur auf Muster im Kaufverhalten achten, zu kurz.

Damit lösen wir auch ein als „cold start“ bekanntes Problem, nämlich den Umgang mit neuen Büchern: Was noch nie ver kauft wurde, wird von herkömmlichen Systemen auch nicht empfohlen. Unser Verfahren analysiert die Inhalte neuer Bü cher und vergleicht sie mit den Inhalten, für die sich Kund:innen bereits interessiert haben. So entstehen individuelle Empfeh lungen, wie wir sie auch in der Buchhand lung erwarten würden.

Welche Erfahrungen haben Sie bei bisherigen Tests mit der KI gemacht?

Im April konnte eine Forschungsgruppe des Know-Centers auf der größten euro päischen Fachkonferenz ECIR zeigen, dass herkömmliche Systeme bei der Empfeh lung von Musik tatsächlich einer „popu larity bias“ unterliegen, also Kleingruppen benachteiligen. Kurz darauf haben wir entsprechende Phänomene auch in Buch empfehlungen gefunden. Auf Basis dieser Erkenntnisse konnten wir faire Empfeh lungssysteme entwickeln.

Wie werden Buchhändler:innen das System konkret anwenden können? Wenn wir in der Lage sind, inhaltliche Vorlieben zu erkennen, können wir etwa automatisierte individuelle Zusammen fassungen von Büchern generieren, die

sich viel besser für Informations- und Werbezwecke eig nen als die aktuel len Pauschaltexte.

Für die praktische Nutzung im Buchhan del wollen wir eine Empfehlungsplattform als Alternative zu den Handels- und Emp fehlungssystemen der großen Internet konzerne entwickeln.

Auf der Buch Wien werden Sie über Ihre Forschung sprechen … Ich werde auf der Buch Wien unsere Ergebnisse zur Benachteiligung von Klein gruppen in Online-Buchempfehlungen präsentieren und eine praktische Lösung in Form einer Empfehlungsplattform vor schlagen, die dem Buchhandel und seinen Kund:innen gleichermaßen hilft.

anzeiger / 9 – Wissenswert –
Wie künftig funktionieren könnten, erklärt Wolfgang Kienreich, Direktor des Know-Center in Graz
Ihr Partner für den Buchdruck www.FINIDR.de FINIDR, s. r. o. | Lípová 1965 | 737 01 Český Těšín | Tschechische Republik Tel.: +420 558 772 232 oder +420 602 232 258 | E-mail: druckerei@finidr.de Auch im Jahr 2022 pflanzen wir für jeden Auftrag einen neuen Baum
Zertifikate

Neu denken und neue Formate finden

Nach vier gemeinsamen Jahren an der Spitze der FEP haben Peter Kraus vom Cleff und Benedikt Föger ihre Ämter abge geben. Mit dem Börsenblatt des deutschen Buchhandels und dem anzeiger zogen sie Bilanz ihrer ehrenamtlichen Arbeit.

Was hat aus Ihrer Sicht die europäische Interessenvertretung der Verlage am stärksten beeinflusst?

Benedikt Föger – Der Brexit hat das FEP Gefüge ins Wanken gebracht. Die Satzung wurde geändert, damit die britische Pub lishers Association weiterhin Mitglied sein und die Arbeit von FEP unterstützen kann. Peter Kraus vom Cleff – Mit der Europa wahl 2019 ging ein Bangen einher, wohin die Mehrheiten rutschen. Am meisten be einflusst hat die Verbannung hinter die Bildschirme während der herausfordern den Zeit ab 2020. Man musste neu denken, neue Formate finden.

Sind Sie rückblickend zufrieden damit, wie die FEP auf diese Herausforderungen reagiert hat?

Vom Cleff – Grundsätzlich können wir zu frieden sein. Wir haben Kontakte gehalten und neue aufgebaut, außerdem wichtige Themen und Projekte weiterhin intensiv verfolgt, haben die britischen Kolleg:innen bei uns halten können und schauen für den Dachverband positiv in die Zukunft. Föger – Mit Corona-Berichten, Zah len und Statistiken haben wir bei den Entscheidungsträger:innen in den Institu tionen stark geholfen, die Bedürfnisse der Buchbranche einzuschätzen.

Die Digitalpolitik der EU zielt auf einen digitalen europäischen Binnenmarkt. Welche Chancen liegen darin für die Buchverlage?

Vom Cleff – Die Diskussion um die Urhe berrechtsrichtlinie haben wir in Brüssel ge gen Widerstände und die Lobby von Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft, bearbeitet. Einen ähnlichen Kraftakt habe ich noch nicht erlebt. Konkret werden wir bessere Möglichkeiten haben, illegale Inhal te von Content-Sharing-Service-Providern herunterzubekommen und hoffentlich zu halten. Ziel des europäischen Gesetzgebers war es, die großen Plattformen in die Pflicht zu nehmen, die die Verantwortung allzu gern an die Nutzer:innen abgeben.

Föger – Unzufrieden sind wir mit der un zureichenden technischen Umsetzung beim Thema vergriffene Werke, da muss das Amt der Europäischen Union für geistiges Ei gentum (EUIPO) nacharbeiten. Wir müssen beobachten, wie teils sehr unterschiedliche nationale Umsetzungen etwa bei der Platt formhaftung sich in der Praxis auswirken werden. Deutschland ist dabei einen Son derweg gegangen, der uns durchaus Sorge bereitet.

Wo steht die Buchbranche in Sachen Barrierefreiheit?

Vom Cleff – In Deutschland wurde der EAA mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt. Seitens der FEP versu chen wir Unterstützung für die Mitglieds verbände zu leisten und können da auch stark auf unsere italienischen Kolleg:innen der Fondazione LIA zählen. Wir sind mit der Taskforce Barrierefreiheit im Börsenverein auch national bestens aufgestellt. Föger – Besonders schön ist, dass die Taskforce den deutschsprachigen Buch markt betrachtet und österreichische und Schweizer Kolleg:innen und Expert:innen mitarbeiten. Die Handreichungen, Angebo te und Projekte werden in der Branche sehr gut angenommen.

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– International –FOTOS: KRISTINA KRAMER, FEP
Das war eine Hauptaufgabe des Europäischen Verlegerverbands FEP nach dem Brexit. Ein Rückblick des ehemaligen Präsidenten Peter Kraus vom Cleff und Schatzmeisters Benedikt Föger
Interview: Torsten Casimir und Linn Ritsch Peter Kraus vom Cleff (links), ehemaliger Präsident, und Benedikt Föger, ehemaliger Schatzmeister der FEP
„Die Krisen der vergangenen Jahre wie Pandemie und wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, auf europäischer Ebene geschlossen und koordiniert aufzutreten“
Benedikt Föger

Was bringen die Gesetze über digitale Dienste DSA und digitale Märkte DMA?

Föger – Grundsätzlich werden den OnlineGatekeepern beim DMA Verpflichtungen auferlegt, die im Sinne eines fairen Wett bewerbs, aber auch der kulturellen Vielfalt sind, zu nennen wären hier die gemeinsame Nutzung von Daten, das Verbot der Selbstpräferenzierung und das Verbot von Meist begünstigungsklauseln.

Vom Cleff – Beim Thema Interoperabilität müssen Lösungen jedoch noch passgenauer mit dem Verständnis für die Besonderhei ten des Buchhandels gestaltet werden. Beim DSA hätten wir uns grundsätzlich noch mehr Verständnis und spürbaren Nutzen für die KMU unserer Branche gewünscht.

Was waren Schwerpunkte Ihrer Amtszeit als Schatzmeister und Präsident?

Föger – Als Schatzmeister war es mir sehr wichtig, den Dachverband gut aufzustellen, Sicherheit zu geben. Das ist zum einen mit dem Umzug des Büros in eigene Räume gelungen, aber auch mit der Reform der Beitragsstrukturen. Sie haben uns auch er laubt, in den unsicheren Zeiten seit 2020 saubere und gleichzeitig entgegenkommen de Lösungen zu finden.

Vom Cleff – Ich bin Benedikt für diese Ar beit sehr dankbar, die durchaus großes di plomatisches Geschick verlangt. Wenn ich einen Schwerpunkt herausheben würde, wäre es die Förderung des Branchennach wuchses: jungen Verlagsmenschen Brüssel und die Arbeit von FEP nahebringen, damit sie Lust an den Themen bekommen und den europäischen Gedanken mit Leben fül len. Das haben wir mit dem Projekt YPPiB erfolgreich umgesetzt und ich freue mich, dass dieser Austausch auch nach unserer Amtszeit fortgesetzt wird.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit internationalen Verbänden wie EIBF und der IPA?

Föger – Leider haben wir gerade beim The ma „Freedom to Publish“ immer wieder Anlässe, gemeinsam mit IPA an die EU-Institutionen heranzutreten. Aber auch auf an deren Ebenen wie dem Urheberrecht oder bei der Erarbeitung von relevantem Zahlen material ist die Zusammenarbeit sehr wich tig und befruchtend.

Vom Cleff – Auch die Zusammenarbeit mit der EIBF ist sehr eng. Nicht nur in den ge meinsamen Projekten wie dem EUPL, son dern auch bei gesetzgeberischen Beratun gen und Stellungnahmen. Darüber hinaus gibt es Zusammenschlüsse der Kreativ- und Kulturwirtschaft in Brüssel, die sich regel mäßig austauschen und zusammenwirken.

Was wurde bisher für die Ukraine erreicht?

Föger – Exemplarisch würde ich hier das Crowdfunding-Projekt nennen, das in Bo logna im Frührjahr 2022 aufgesetzt wur de. Bislang konnten mit den gesammelten Geldern 15.000 Bücher in Polen, Ungarn, Deutschland und Italien an geflüchtete ukrainische Kinder verteilt werden.

Vom Cleff – Wir haben die Stiftung zur Un terstützung der ukrainischen Buchbranche, die mit dem Börsenverein aufgesetzt wurde, über die FEP-Mitglieder beworben. Ein wei teres Projekt wird unter anderem deutsch sprachige Kinderbuchverlage involvieren, dazu können wir bald mehr erzählen.

Inwiefern konnte die FEP dazu beitragen, die Buchbranche nachhaltiger zu gestalten?

Föger – Als ersten wichtigen Schritt hat sich die FEP bei Büroorganisation und Reiseroutinen den Spiegel vorgehalten.

Vom Cleff – Mit Hochdruck arbeiten wir zudem in einer Arbeitsgruppe Sustainabi lity. Zwei Schwerpunkte werden dort im Moment verfolgt: Best Practices in den Mitgliedsverbänden zusammentragen und teilen. Der andere Schwerpunkt ist die Aus einandersetzung mit Förderprojekten, um guten Initiativen europaweit Schwung zu geben.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die FEP in den kommenden Jahren?

Föger – Die Krisen der vergangenen Jahre wie Pandemie und wirtschaftlich schwieri ge Rahmenbedingungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, auf europäischer Ebene ge schlossen und koordiniert aufzutreten. Das zu leisten, was einzelne Ländervertretungen allein nicht können, ist die große Stärke und auch zukünftige Aufgabe der FEP Vom Cleff – Es wird weiterhin großer Anstrengungen bedürfen, die für unsere Branche so elementaren rechtlichen Rah menbedingungen, insbesondere das Urhe berrecht, zu verteidigen. Gerade rund ums E-Lending wird es weiterhin spannend blei ben. Das Marktversagen der Plattformöko nomie muss immer wieder hervorgehoben werden – alle großen Verlage, die gesamte Buchbranche sind im Kern europäisch, alle Internetplattformen jedoch entweder US amerikanisch oder chinesisch. Der EU sollte allmählich klar werden, für wessen Interes sen sie entschieden einzutreten hat.

Für die Print-Ausgaben des anzeigers und des Börsenblattes wurde das Interview gekürzt. In voller Länge lesen Sie es unter www.boersenblatt.net/news

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– International –
Teilnehmer:innen des YPPiB 2022 mit Kommissar Thierry Breton

Publiziert wird in Kastilisch, Baskisch, Galizisch und Katalanisch. Nur Katalanisch besteht neben Kastilisch aus eigener Kraft am Buchmarkt

Buchmarkt Spanien

Windmühlen bekämpfen

und Rosen verschenken

SPANIEN BEREICHERN VIER OFFIZIELLE SPRACHEN, ÜBER 3.000 UNABHÄNGIGE VERLAGE UND EIN MILLIARDENSCHWERES PROJEKT ZUR FÖRDERUNG DES SPANISCHEN IM DIGITALEN RAUM. ÜBERFLUSS?

Text: Linn Ritsch

Illustrationen: Georg Feierfeil

Überschwängliche Adjektive wie „großartig“ „inspirierend“ hörten die spanischen Ehrengäste für ihren Auftritt auf der Frankfurter Buchbranche –und für ihre Aktionen als Gastland auf der Buchmesse. Die Begeisterung dürfte einer allgemeinen Wiedersehensfreude nach der Pandemie und der Erleichterung über die hohen Besucher:innenzahlen zuzuschreiben sein. Frankfurt ist als weltgrößte Buchmes se auch für die Buchbranche in Spanien von großer ökonomischer Bedeutung. Das Land, in dem in vier Sprachen publiziert wird und dem ein riesiger Markt in Lateinamerika zur Verfügung steht, betrachtet Diversität und Globalität als überlebenswichtig.

GELD AUF DER EINEN SEITE, IDEALISMUS AUF DER ANDEREN

Die Frankfurter Buchmesse ist aus spani scher Sicht auch deswegen relevant, weil der deutschsprachige Markt Spaniens Nummer zwei bei Übersetzungsrechten ist – Platz eins besetzt der englischsprachige Markt. Jedes internationale Großereignis, das die spanische Literatur und Kultur im Ausland bekannt macht, erfährt seitens der spani schen Regierung eine großzügige finanzielle Unterstützung. „In anderen europäischen Ländern – Deutschland, Frankreich, Schwe den etc. – gibt es seit Langem eine Politik der Unterstützung von Übersetzungen einhei mischer Autoren, mit dem Ziel, die eigene Kultur international zugänglich zu machen“, sagt Jesus Badenes, Geschäftsführer der Ver lagsgruppe Grupo Planeta. „In Spanien ist dieses Phänomen jünger und konzentriert sich auf besondere Anlässe.“

Seine Gruppe benötigt finanzielle Zuwen dungen weniger dringend als manch anderer

Verlag, denn Planeta liegt an der Spitze der „Big Five“. Die fünf größten Verlagshäuser Spaniens erwirtschaften zusammen rund sechzig Prozent des Gesamtumsatzes. Gern wird aber auch betont, dass es neben den Riesen in Spanien eine beeindruckend hohe Zahl unabhängiger Verlage gibt – im Vorjahr waren es über 3.000. „Ich halte den spani schen Buchmarkt in dieser Hinsicht für sehr dynamisch“, meint Badenes.

„Dynamisch“ bedeutet jedoch auch, dass die vielen Kleinverlage oft ums Überleben kämpfen. Nicht immer erfolgreich: Geschätz termaßen wird in Spanien täglich ein Verlag gegründet, während ein anderer verschwin det. „Unabhängige Verlage haben einen stark idealistischen Charakter. Sie sind das große Labor für neue Werte“, sagt Javier Fernán dez Rubio, Journalist und selbst Kleinverle ger. „Die Welt der kleinen Verlage in Spanien ist eine Absurdität und aus wirtschaftlicher Sicht nicht nachhaltig – aus kultureller Sicht hingegen wichtig. Das Buch als Produkt ist eher Kultur denn Ware.“

BUCHPREISE NIEDRIG HALTEN TROTZ HOHER INFLATION

Die spanische Verlagsbranche setzte im Vorjahr 2,5 Milliarden Euro um. Der Sektor wächst kontinuierlich, 2021 wurde mit plus

5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr der bis her höchste Umsatzanstieg in diesem Jahr hundert verzeichnet.

Bemerkenswerterweise setzt man in Spanien alles daran, die Buchpreise niedrig zu halten. Es besteht wie in Österreich eine Buchpreisbindung, spanische Bücher sol len billig bleiben. Aktuell kostet ein Buch durchschnittlich 13,97 Euro. „In erster Linie ist wichtig“, sagt Planeta-Verleger Badenes, „niemanden von der Möglichkeit auszu schließen, Bücher zu kaufen.“ Die spanische Buchbranche könne es sich nicht leisten, Leser:innen zu verlieren. „Trotz einer Infla tionsrate von acht Prozent tun wir unser Bestes, um die Preise um nicht mehr als fünf Prozent ansteigen zu lassen.“

66 Prozent der spanischen Bevölkerung lesen regelmäßig Bücher. „Obwohl sich die Situation in den letzten Jahren deutlich ver bessert hat, sind wir von einem Anteil von über achtzig Prozent wie etwa in Deutsch land weit entfernt“, sagt Badenes.

HELFER:INNEN IN DER PANDEMIE: FREUNDE, FAMILIE UND BÜCHER

Unsere Serie internationaler Buchmärkte im anzeiger: • der französische Buchmarkt im anzeiger 3/22

• der italienische Buchmarkt im anzeiger 6/22

Letzthin haben sich die Lesegewohnheiten einiger Spanier:innen positiv verändert. Aus löser war die Pandemie. Dennoch hat das Coronavirus wie beinahe überall in Europa (aber nur beinahe, siehe „Essenziell“ im anzeiger 6/22) auch in der spanischen Buch branche eine Spur der Zerstörung hinter lassen. Laut Kleinverleger Javier Fernández Rubio brachte die Schließung der Buchhand lungen einen erheblichen Rückgang des Geschäftsvolumens. „Die Kredite, mit denen die Regierung dem Buchsektor ermöglicht hat, durch Verschuldung zu überleben, for dern ihren Tribut und neue Opfer.“

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– Essenziell –

» Durch Corona ist allerdings auch die Zeit signifikant angestiegen, die bestimmte Spanier:innen wöchentlich aufs Lesen verwenden – nämlich die, die gern lesen. „Vielleser:innen“ mit mehr als zehn gekauften Büchern pro Jahr kamen vor der Pandemie auf durchschnittlich 6,5 Lesestun den pro Woche, während der Lockdowns dann auf über acht. Mittlerweile halten sie bei siebeneinhalb Stunden pro Woche. Auf die Frage einer Studie, was während der Krise am meisten geholfen habe, lautete die Antwort der spanische Bevölkerung: „Freun de, Familie und Bücher.“

Geschlossene Buchhandlungen in der Pandemie ließen den Umsatz im Onlinehan del in die Höhe schnellen. Diese Entwicklung ist wieder rückläufig. Der stationäre Handel ist in Spanien grundsätzlich Absatzweg Num mer eins. Es gibt über 4.000 Buchhandlun gen, ein Großteil ist unabhängig. „Besonders bemerkenswert sind Buchhandlungen, die sich auf ein bestimmtes Genre oder eine be stimmte Art von Lektüre spezialisiert haben“, sagt Carmen Arenas Cuenca, wissenschaft liche Mitarbeiterin an der Universität Wien. „Die Themen sind breit gefächert. Beispiele sind feministische Literatur, LGBT, Kinderund Jugendliteratur, Inkunabeln und sogar von Frauen geschriebene Science Fiction. In Österreich sehe ich keine so große Vielfalt.“

Buchmarkt Spanien

jeweiligen Sprachregionen ist das Angebot von spanischen Büchern übermächtig. Ohne staatliche Subventionierung würde es keine Produktion galizischer oder baskischer Bü cher geben.

Das weiß auch Henrique Alvarellos, Vor sitzender des Galizischen Verlegerverbands „Asociación Galega de Editores“: „Nur eine von zehn Personen, die in Galizien in eine Buchhandlung geht, entscheidet sich für ein Buch in galizischer Sprache. Im Basken land liegt diese Zahl bei 18 Prozent, in kata lanischen Buchhandlungen sind es dreißig Prozent.“ Es müsse das gemeinsame Ziel der galizischen Buchbranche sein, mehr Leser:innen zu gewinnen. „Gleichzeitig ist es unsere Pflicht, gute Bücher zu publizieren und die Leserschaft damit zu verführen.“

Einzig Katalanisch kann sich aus eigener Kraft am Buchmarkt halten. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Erstens leben 16 Pro zent der spanischen Bevölkerung in Katalo nien; zu den Katalanisch-Sprechenden zählt außerdem noch ein hoher Prozentsatz der Bewohner:innen der Balearen und Valencias. Insgesamt beträgt die Sprecheranzahl etwa 10 Millionen. Zweitens gibt es in Katalonien ein starkes „Nationalbewusstsein“, die ei gene Kultur und Sprache werden geschätzt und gepflegt, gerade in Abgrenzung zu al lem „Spanischen“, was sich auch in politi schen Abspaltungsabsichten zeigt. Vor allem aber ist Katalonien traditionell die „Hoch burg“ der Buchproduktion. „Barcelona war jahrelang das Zentrum des Verlagswesens“, erklärt Carles Batlle i Enrich, Lektor für ka talanische Sprache und Geschichte an der Universität Wien. „Erst in letzter Zeit hat es sich zunehmend nach Madrid verlagert.“ Ein Großteil der Verlage befindet sich weiterhin in Katalonien. Im Vorjahr waren es 52 Pro zent. 41 Prozent sind in Madrid ansässig.

VIER „SPANISCHE“ SPRACHEN KÄMPFEN UM LESER:INNEN

Spanisch ist die Sprache im Land, in der ein Großteil der Bücher publiziert wird. In der größten Landessprache heißt „Spanisch“ „Castellano“, also Kastilisch. Daneben gibt es im Land noch drei weitere offiziell aner kannte Sprachen: Baskisch, Galizisch und Katalanisch, das in Katalanisch und Valenzi anisch unterteilt werden kann

Publiziert wird in allen vier Sprachen. Zwei davon kämpfen um ihr Überleben in der Buchbranche: 2021 waren 2,3 Prozent der in Spanien veröffentlichten Titel bas kisch, 2,2 Prozent galizisch. Selbst in den

In Katalonien wird also für den gesamten spanischen sowie den internationalen Markt produziert. Daher sind bei weitem nicht alle „spanischen“ Titel auf Katalanisch erhältlich. „Umfragen zeigen, dass viele Menschen in Katalonien Literatur nur auf ,Spanisch‘ lesen, weil die katalanische Fassung nicht vorhan den ist“, erklärt Batlle i Enrich.

Auch der für die Buchbranche wichtige „Welttag des Buches“, der 23. April, hat sich aus einer katalanischen Tradition entwickelt. Er wird in ganz Spanien am mutmaßlichen Todestag von Shakespeare und Cervantes begangen. In Katalonien fällt er mit dem St.Georgs-Tag zusammen. Seit dem Mittelalter schenkt man Rosen. Mittlerweile sind es Ro sen und Bücher.

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ILLUSTRATIONEN: GEORG FEIERFEIL
„Trotz einer Inflationsrate von acht Prozent tun wir unser Bestes, um die Preise um nicht mehr als fünf Prozent ansteigen zu lassen“
Jesus Badenes, Grupo Planeta, Spaniens größte Verlagsgruppe

Buchmarkt Spanien

DER GANZ GROSSE SCHATTEN VON ÜBERSEE

Ein eigentümliches Bild ergibt sich auch im Hinblick auf das dominante Castellano: Von neun Spanisch Sprechenden ist nur einer oder eine Spanier:in – knapp über elf Pro zent der 500 Millionen Spanisch Sprechen den. „Spanische Literatur aus Spanien ist nur eine Minderheit“, sagt Batlle. Lateinamerika, vor allem Mexiko und Argentinien als größ te Absatzmärkte, ist für Spanien wichtig.

Ganz so bedeutend, wie er sein könnte, sei der lateinamerikanische Markt aber noch nicht, bedauert der Verleger Jordi Nadal. „Er hätte für spanische Verlage das Potenzial, zwanzig bis vierzig Prozent zum Umsatz bei zutragen, tatsächlich sind es aber im Schnitt nur 13 Prozent.“ Der Markt in Lateinameri ka hat andere Ansprüche, allein schon im Hinblick auf die Ausstattung: Hardcover gibt es dort kaum, Softcover wird bevorzugt. Aus Umwelt- und Kostengründen verschickt man die Manuskripte spanischer Bücher di gital, gedruckt werden sie dann in Amerika.

Und was ist mit dem Inhalt der Bücher? Auch hier sei noch Potenzial auszuschöpfen. „Spanien hat eine Hassliebe zu Amerika im Sinne einer gewissen kolonialen und hie rarchischen Vision“, sagt Fernández Rubio. „Aber im Verlagswesen überholen seit Jahren Länder wie Mexiko Spanien. Außerdem sind die Schriftsteller:innen des amerikanischen Kontinents aufgrund ihres Ehrgeizes, ihrer Vielfalt und ihres sprachlichen wie literari schen Reichtums gegenwärtig die attraktivs te Quelle unserer Sprache.“

SOCIAL MEDIA UND BÜCHER VON YOUTUBERN

Junge Menschen, durch soziale Netzwer ke global vernetzt, sind tendenziell immer

als Marketingplattform“, so Badenes. „Und wir suchen dort nach Talenten.“ Die Stra tegie erwies sich als erfolgreich: Bücher, die von Influencern und YouTubern geschrieben wurden, erzielen Verkäufe in Millionenhöhe.

EINE NEUE SPRACHÖKONOMIE FÜR SPANIEN

weniger an Büchern interessiert. In Spanien lesen 77,5 Prozent der Kinder im Alter zwi schen zehn und 14 Jahren. „Dies ist meiner Meinung nach auf die Förderung durch die Schulen zurückzuführen“, meint Arenas Cuenca. „In Madrid muss meine siebenjähri ge Nichte alle vierzehn Tage ein kleines Buch lesen, in anderen Schulen kommt jeden Mo nat ein Buch dran. Ab elf Jahren lesen Kinder alle drei Monate ein aktuelles Buch und ver anstalten gemeinsame Lesungen von Klassi kern im Fach ‚Sprache und Literatur‘.“

Mit zunehmendem Alter sinkt der An teil der Vielleser:innen, auch wenn sich die Situation verbessert. „Ein Großteil der Men schen zwischen 16 und 25 Jahren kaufte bis vor einigen Jahren wenige Bücher“, sagt Planeta-Verleger Badenes. „Jüngst haben die Bemühungen der Verlage, attraktive Bücher für diese Altersgruppe zu veröffentlichen, zu einem deutlichen Anstieg der Leserschaft in diesem wichtigen Segment geführt.“

Um ihn zu erreichen, hat man sich in Spa niens Buchbranche in die Welt der jungen Leser:innen begeben. „Wir schauen uns so ziale Netzwerke an, wir sehen, was den Men schen wichtig ist, und nutzen Social Media

Rund 1,1 Milliarden Euro investiert die spa nische Regierung in die digitale Entwicklung der spanischen Sprache. Das Geld soll der gesamten Wertschöpfungskette der Sprach-, KI- und Wissenswirtschaft in Spanien ei nen Impuls geben. Das Projekt soll gewähr leisten, dass KI auf Spanisch „denkt“ und dass spanischsprachige Unternehmen und Bürger:innen eine führende Rolle bei der Entstehung und Schaffung von hochwerti gen Arbeitsplätzen spielen.

Das Megaprojekt heißt „Nueva Economía de la Lengua“, neue Sprachökonomie. Ist das auch für die Buchbranche relevant? „Wir fördern die digitale Präsenz der spanischen Sprache, das heißt, wir erschließen neue Märkte auch für den Buchsektor, sagt Chris tina Gallach, Hochkommissarin dieser stra tegischen Initiative. „Außerdem lesen gerade junge Menschen mehr online als offline. Wir helfen sicherzustellen, dass sie Zugang zu ih rer Lektüre auf Spanisch haben.“ Außerdem soll die Buchpiraterie, in Spanien immer noch ein großes Problem, bekämpft und der „Übertritt aller offiziellen Sprachen Spaniens in die digitale Welt“ sichergestellt werden.

Spaniens Buchmarkt ist zukunftsorien tiert, gleicht mancherorts aber auch dem Kampf, den Spaniens größter literarischer Held gegen Windmühlen ausfocht. Doch wie Don Quijote hat auch die Buchbranche sei nes Heimatlandes große Stärken: Optimis mus und Fantasie.

Wir suchen zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen

Vertriebsleiter (m/w/d)

Als größter Buchgroßhändler Österreichs betreuen wir insgesamt über 600 Verlage sowie 3.000 Verkaufsstellen. Mohr Morawa ist für seine Partner die erste Adresse in der Verlagsauslieferung sowie im Barsortiment. Wir suchen einen zeitlich flexiblen Vertriebsprofi, bevorzugt aus dem Buchhandel bzw. Verlagswesen, der die Schnittstelle zwischen unserem Haus und unseren Partnern darstellt. In dieser zentralen Führungsposition erwarten wir eine hohes Maß an Flexibilität und Belastbarkeit, strategische und planerische Kompetenzen, sowie eine ausgeprägte Dialog- und Teamfähigkeit. Reisefreudigkeit, Handschlagqualität, Kommunikationsfreude sowie Affinität zu Zahlen setzen wir voraus.

Wir bieten eine nicht alltägliche Karrieremöglichkeit beim Marktführer.. Für ausreichende Einarbeitungszeit ist gesorgt. Die Position bietet exzellente Entwicklungsmöglichkeiten und wird neben einem Dienstwagen, der auch privat genutzt werden kann, mit einem Gesamtjahresgehalt ab EUR 65.000,- dotiert. Je nach Qualifikation und Erfahrung besteht Bereitschaft zur Überzahlung.

Sollten wir Ihr Interesse geweckt haben, richten Sie Ihre Bewerbungsunterlagen bitte an Herrn Rainer Fritthum rainer.fritthum@mohrmorawa.at www.mohrmorawa.at

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– Essenziell –
„Es ist wichtig, den Übertritt aller offiziellen Sprachen Spaniens in die digitale Welt sicherzustellen“
Econimía
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Schwerpunkt: Editor’s Choice

„Tee! Segne den alltäglichen Nachmittagstee!“, schrieb Agatha Christie. Teekränz chen und Mord vertragen sich: „Tea Party“ heißt der neue Roman von Ingrid Noll

Tee, Kuchen und Mord

Eigentlich müsste es uns wider sprüchlich erscheinen, dass aus gerechnet Kriminalromane eine besonders beliebte Einschlaf- oder Ferien lektüre sind. Von Geschichten über Mord und Totschlag fühlen wir uns hervorragend unterhalten. Warum? Weil auf diese Weise ein Ventil für unsere Ängste entsteht: Wir erzeugen künstliche Extremsituationen, die uns in der Realität nichts anhaben können, heißt es in der Psychoanalyse.

Aber auch, weil das Entsetzliche in Kri mis mit Witz, Ironie und genauen Analysen der menschlichen Psyche gepaart ist. Der Schrecken allein macht noch keine gute Geschichte. Agatha Christie, mit über zwei Milliarden Büchern im Umlauf erfolgreichs te Schriftstellerin aller Zeiten, konnte es. Patrica Highsmith konnte es und die irische Schriftstellerin Liz Nugent hat gerade er neut bewiesen, dass sie es kann: Geschich ten über Verbrechen schreiben, die wir un bedingt lesen wollen.

Nach „Kleine Grausamkeiten“ ist jetzt der zweite Roman der Autorin im Steidl Verlag erschienen: Auch in „Auf der Lauer liegen“ erlaubt sich Liz Nugent etwas, das Krimifans die Haare zu Berge stehen lassen

Was im eigenen Leben die wohl entsetzlichste Sache ist, die man sich vorstellen kann, ist in der Literatur oft das reinste Vergnügen: Mord

könnte – würde sie nicht eine meisterhaft erzählte und bis zur letzten Sekunde span nende Geschichte folgen lassen. Die Autorin beschreibt auf den ersten Seiten nicht nur den Tathergang, sondern lässt uns auch wissen, wer die Mörderin ist: Lydia stammt aus reichem Hause, hat standesgemäß ge heiratet und lebt mit Ehemann Andrew und Sohn Lawrence im riesigen Dubliner Herrenhaus ihres verstorbenen Vaters. Auf ihr Umfeld wirkt sie scheu, elegant und lie bevoll – doch dieser Eindruck täuscht.

Dass die junge Prostituierte Annie umge bracht werden musste, ist völlig klar – für

die Mörderin und auch für die Leser:innen, denn Lydia schildert die Geschehnisse aus der Ich-Perspektive. Ebenso wie ihr Sohn Lawrence und Karen, die Schwester des Mordopfers: Die drei Figuren erzählen ab wechselnd darüber, was Annies Mord für sie bedeutet, wie er ihr Leben verändert.

Nugent verwebt die drei Sichtweisen ge konnt zu einer Geschichte mit vielen Erzähl strängen und Zeitebenen, in der auch das Haus „Avalon“ keine geringe Rolle spielt. Es ist ein Haus, in dem Leichen vergraben sind, Geheimnisse gehütet werden und die Vergangenheit aus dem Gartenteich kriecht, in den sie verbannt worden ist.

Das Ende ist schockierend, nieder schmetternd und großartig. Es hätte nicht anders kommen können, denkt man als Leser:in, während man das Buch zur Seite legt und traurig ist, dass man gerade keinen weiteren Roman von Liz Nugent zur Hand hat.

Allzu lang sollte man nicht Trübsal blasen, schließlich kann man einfach den neuen Krimi von Ingrid Noll lesen. Er ist weniger düster als Nugents Geschichte, je doch nicht ganz so harmlos, wie der Titel vermuten lässt: Sämtliche Hauptfiguren in

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FOTO: SHUTTERSTOCK

„Tea Time“ sind Spinnerinnen – so jeden falls nennen sie sich: Sie gehören dem „Club der Spinnerinnen“ an. Gegründet wurde er von der Ich-Erzählerin Nina, Apothekenhel ferin, „Arm-Kräutlein-Fotografin“, Hobbykleptomanin und Schläferin mit besonderen Ansprüchen an ihre Bettdecke. Weitere Mitglieder sind: ihre Freundin, die Schulsekre tärin Franzi, die unordentliche Tep pichfransen nicht erträgt, die Leh rerin und Voyeurin Corinna und deren Kollegin, die Schlangenfrau und Ethiklehrerin Eva, die glühende Feierrednerin Heide und die wol kendeutende Supermarktkassiere rin Jelena.

Die Frauen haben sich nicht etwa zum Morden zusammengeschlos sen, wenngleich sie den einen oder anderen Gesetzesübertritt für halb so schlimm halten. Doch es kann eben passieren, dass man in eine so missliche Lage gerät, dass Mord die einzige vernünftige Lösung ist. Beispielsweise, wenn Jelenas un liebsamer Ex-Partner auftaucht und freche Forderungen an Nina stellt. In einem solchen Fall greift man am besten zu Gift.

Ebenso wie Liz Nugent hat Ingrid Noll einen Krimi geschrieben, in dem es nicht um die Aufklärung ei nes Verbrechens geht, sondern um das Seelenleben der Täterinnen. Als Leser:in ist man weitaus geneigter, sich der Perspektive der Mörderin nen anzuschließen, als um den we nig sympathischen Ermordeten zu trauern. Bedrückend ist dieser Ro man ohnehin in keiner Weise. Mord kann eben sehr witzig sein.

Das beweist auch Rita Falk seit Jahren. In ihren Krimis ermittelt der bayrische Dorfgendarm Franz Eber hofer, wohnhaft in der fiktiven Ge meinde Niederkaltenkirchen. Mitt lerweile ist der 11. Band erschienen: „Rehragout-Rendezvous“ (dtv). Wer Rita Falk noch nicht kennt, könnte bei diesem Titel (oder dem pinken Cover mit Bayernbezug und blutiger Mordwaffe) stut zig werden, er klingt doch ein wenig nach Mittelklasse-Regionalkrimi. Das ist er aber nicht. „Rehragout-Rendezvous“ ist genauso spannend, gewitzt und lustig wie alle voran gegangenen Bände.

Auf der Lauer liegen Liz Nugent. Steidl ISBN: 978-3-96999-108-4

Kriminell guter Lese-Herbst!

Tea Time Ingrid Noll. Diogenes ISBN: 978-3-257-07214-3

Rehragout-Rendezvous Rita Falk. dtv ISBN: 978-3-423-26273-6

DER
280 Seiten
Fehringer/
DIE PERSPEKTIVE DES ZWIELICHTS 240 Seiten
Günther
HERR
200
Der beliebte ORF-Star Günther Mayr bietet in seinem ersten Kriminalroman Hochspannung zwischen Wien und Japan. Eine junge, ehrgeizige Personenschützerin mit besonderer Gabe kämpft nicht nur gegen Verbrecher sondern mit ihren eigenen Dämonen und um ihre Karriere! Geschichten auf zwei Arten erzählt - Einmal düster und dann humorvoll. Ein Buch, das Gänsehaut und Lachfalten garantiert. Silvia Roth
AUFTRAG
| € 18,–
Köpf
| € 16,–
Mayr
KURANAGA
Seiten | € 22,–

Krimis und Thriller

Von sanftem Gruseln bis zum kalten Horror

Das Buch, Dornbirn

Text: Lisa Schöttel

Betritt man „Das Buch“ im Dornbirner Einkaufszentrum Messepark, wähnt man sich mit ein bisschen Fantasie bei nahe an einem mystischen Ort: Mit Spot lights beleuchtete Bücher vor samtenen schwarzen Vorhängen scheinen in diesem Herbst geradezu auf ihre nach Spannung und Nervenkitzel suchenden Leser:innen zu warten. Auf 225 Quadratmetern Geschäfts fläche findet sich ein breites Sortiment, von Buchhändler:innen Kuratiertes findet sich in Regalen, in denen in großen Lettern „Buchtipp“ zu lesen ist.

Explizit nach Thrillern und Krimis ge fragt, rät Buchhändlerin und „Das Buch“Inhaberin Rebekka von der Thannen zu folgenden Titeln: Wer sich in diesem Herbst mit einem klassischen Whodunnit-Krimi zurückziehen möchte, der greife am besten zu „Der Tote aus Zimmer 12“ (Insel Ver lag) von Anthony Horowitz. „Ein Muss für Krimifans“, findet von der Thannen. Wie schon im ersten Buch der Reihe ermittelt Lektorin Susan Ryeland ihrem Autor Alan Conway hinterher. „Für Krimieinsteiger und Fans mit eher empfindlichem Magen sehr geeignet.“

Ein bisschen härter als bei Horowitz –und vor allem kälter – geht es in Ragnar Jónassons Hulda-Helgi-Reihe (btb) zu. Die Geschichte der „durchaus sympathischen“ Ermittlerin Hulda wird in der Reihe rück wärts durch die Zeit erzählt. Im kalten Is land, wo es auch heute noch Orte gibt, an denen Handyempfang kaum vorhanden ist, erzeuge Jónasson beklemmende Stim

mungen und klirrende Spannung. Kurz um: „Ein Geheimtipp!“ Spannend, gruse lig und vor allem merkürdig wird es bei C. K. McDonnells „The Stranger Times“ (Eichborn), dessen zweiter Band „The Charming Man“ heuer erschienen ist. „Als Krimi mit übersinnlichen Begebenheiten und Slapstick-Einlagen kommt der erste Band zuerst ein wenig sperrig daher. Wenn man sich allerdings mit dem Humor ange freundet hat, findet man eine spannende Story zum Mitfiebern.“ Von der Thannen legt den Band Krimifreunden auf der Su che nach dem Außergewöhnlichem ans Herz.

Mit „Das tiefschwarze Herz“ (blanva let) setzt Robert Galbraith – das Pseudo nym von J.K. Rowling – auf 1.360 Seiten seine Serie um das Ermittlerduo Strike und Ellacott fort. „Mit den aktuellen Diskussi onen zum Hass ist der Titel fast ein Muss. Und hier bewahrheitet sich, dass Rowling einfach schreiben kann. Der Krimi nimmt sehr schnell Fahrt auf und lässt sich nur schwer aus den Händen legen.“

Das ganz persönliches Herbst-High light der Buchhändlerin ist „Fairy Tale“ (Heyne) von Stephen King, mit dem sie die regnerischen Tage zu Beginn des Herbs tes genossen hat. Als Coming-of-Age-Ge schichte sei das Buch „sicher kein HorrorKing“, meint von der Thannen. „Trotzdem riss die Spannung bis zum Ende nicht ab, und die Geschichte war dann trotz 880 Sei ten viel zu schnell vorbei. Auch für NichtKing-Fans ein Tipp!“

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– Schwerpunkt –
FOTO: BEIGESTELLT
Rebekka von der Thannen über „Das tiefschwarze Herz“
„Hier bewahrheitet sich, dass J.K. Rowling einfach schreiben kann“
ISBN: 978-3-458-64287-9 ISBN: 978-3-442-75931-6 ISBN:  978-3-8479-0090-0 ISBN: 978-3-7645-0817-3 ISBN: 978-3-453-27399-3
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Gruselige Unterhaltung

für

Als Nahversorgerin in Stockerau ist Lucia Kirchner-Krämers Buchhandlung längst kein Geheimtipp mehr. 1993 eröffnet, fin det sich in der Buchhandlung im histori schen Gebäude auf hundert Quadratmetern reichlich Lesestoff: Sachbücher, Belletristik, Kinder- und Jugendliteratur und natürlich Kriminalliteratur.

Kirchner-Krämer kennt ihre Stammkund schaft. Nicht selten komme es vor, dass sie ih rer Klientel ungefragt Buchempfehlungen zur Seite legt, wenn sie das Gefühl hat, das Buch könnte das Richtige für die jeweilige Person sein. Für den anzeiger hat sie auch ein paar Empfehlungen für alle Krimiliebhaberinnen und Thriller-Connaisseure.

Der erste Tipp ist ein historischer Krimi: Alex Beers „Felix Blom. Der Häftling aus Moabit“ (Limes). „Die Geschichte spielt 1878, zu einer Zeit, die nicht ganz so häufig für Er zählungen genutzt wird“, sagt Kirchner-Krä mer. Der Protagonist in Beers Geschichte ist ein Dieb und Betrüger „und dabei ungemein sympathisch“, erklärt die Buchhändlerin. Nicht zu „cosy oder kitschig“, aber auch nicht zu blutig oder brutal. „Ich glaube, da kom men alle Krimifans auf ihre Kosten.“

Wer lieber zu einem nordisch-düsteren Roman greifen möchte, dem empfiehlt Kirchner-Krämer „Was wir verbergen“ (Bastei Lübbe) vom finnischen Autor Arttu Tuominen. Die Handlung: Es gab eine Explo sion in einem queeren Club, bald stellt sich heraus, dass Oberkommissar Henrik Oksman persönlich involviert ist. „Oksman ist ein sehr angreifbarer und verletzlicher Ermittler, kein strahlender Held“, sagt Kirchner-Krämer. Das Buch sei „sehr klar und straight“ geschrie ben, dabei aber unglaublich spannend, mehr

die kalten Tage

Buchhandlung Kirchner-Krämer, Stockerau

psychologisch und nicht so blutrünstig wie manch anderer Kriminalroman, biete dabei trotzdem Thrillerspannung auf höchstem Niveau.

Viel gemütlicher geht es bei „Mord in Montagnola“ (Eichborn) von Mascha Vasse na zu, wo Moira Rusconi im Tessin ermittelt. „Nach all den vielen Italien- und FrankreichKrimis fand ich es sehr erfrischend, dass jetzt auch einmal die Schweiz ihr Cosy-Crime be kommt“, begründet Kirchner-Krämer ihre Wahl. Die Ermittlerin Rusconi ist eigentlich Übersetzerin, besucht ihren alten Vater, einen Literaturprofessor, in einem kleinen Schwei zer Ort und stolpert unvermittelt in eine Polizeiangelegenheit – wobei es zwischen ihr und dem Kommissar funkt. Eine intime Dorfgemeinschaft mit skurrilen Charakteren, ein bisschen Liebe, ein Geheimnis aus der Vergangenheit und eine mysteriöse Leiche: Der Roman sei „der perfekte Wohlfühlkrimi“, mitreißend und kurzweilig geschrieben, ohne Längen und biete ein „befriedigendes Ende“, so Kirchner-Krämer.

Zum Abschluss empfiehlt die Buchhänd lerin etwas für Jane-Austen-Fans. Im ThieleVerlag sind bereits zwei Bände von Lynn Messina rund um ihre Heldin Beatrice HydeClare erschienen. Die Reihe spielt im England der Regency-Zeit und ist im englischspra chigen Raum unglaublich erfolgreich, meint Kirchner-Krämer. „Das Setting, die Sprache, die Protagonistin, alles versetzt einen sofort in bekannte Romane der Regency-Zeit.“ Wit zige Dialoge und eine schlagfertige Heldin würden auch „Nicht-Krimifans“ überzeugen. Bis jetzt sind „Mord in bester Gesellschaft“ und „Der fliegende Dandy“ erschienen, auf Englisch gibt es schon Nachschub.

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– Schwerpunkt –
FOTO: BEIGESTELLT
Lucia Kirchner-Krämer
ISBN: 978-3-8090-2759-1 ISBN: 978-3-7857-2811-6 ISBN:  978-3-8479-0102-0 ISBN: 978-3-7518-0058-7
„‚Mord in Montagnola‘ ist der perfekte Wohlfühlkrimi: mitreißend, kurzweilig und mit befriedigendem Ende“

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anzeigerDas
Buchbranche FOTO: WEINGUT SILVIA HEINRICH
Magazin für die österreichische
– Schwerpunkt: Gewinnspiel –anzeiger / 21

Melanie Hofinger

Als Branchenneuling mit Mitte 20 ein Traditionsgeschäft übernehmen?

In Coronazeiten expandieren? Wo manche Probleme sehen, witterte Melanie Hofinger Chancen. Und der Erfolg gibt ihr recht: 43 Mitarbeiter:innen und neun Lehr linge beschäftigt die Jungunternehmerin an mittlerweile sieben Standorten. Das Management-Buy-out der Traditionsbuch handlung Veritas erfolgte 2018, als sie von der Mitarbeiterin zur Chefin wurde und die Buchhandlung in Linz als „Veritas by Mela nie Hofinger“ neu eröffnete. Nach einem Jahr als Angestellte und Teamleiterin in der Ver kaufsleitung traf sie das drohende Schicksal der Schließung sehr: „Die einzige Möglich keit, die Buchhandlung zu erhalten, war, sie zu übernehmen.“

Veritas war schon immer persönlicher Be rater in Sachen Taufe, Erstkommunion oder Hochzeit – eine Nische, die Hofinger nicht aufgeben wollte. „Wo geht ein junger Mensch hin, wenn er im theologischen Bereich Bera tung sucht?“ Ausschlaggebend für die Ent scheidung war auch ihre soziale Verantwor

tung. „Einige Mitarbeiter:innen hatten nicht mehr lange bis zur Pension, eine Schließung hätte sie in die Arbeitslosigkeit manövriert.“

Dass sie als Führungskraft in der Buch branche landen sollte, war keineswegs vor herzusehen: Nach ihrem Jusstudium arbei tete Hofinger als Commercial Manager in einem schwedischen Möbelhaus. Doch Ho finger wusste um ihre Fertigkeiten und eig nete sich neue Kompetenzen an. Wo sie zu wenig Expertise besaß, lagerte sie aus.

Das Bücherwissen hätten ohnedies ihre erfahrenen Mitarbeiter:innen. „Die Verkaufsmitarbeiter:innen kennen unsere Kunden am besten. Meine Aufgabe als Füh rungskraft ist es, zuzuhören, was meine An gestellten erzählen und was sie bewegt. Und dieses Wissen dann zu nutzen.“

Was hat sich seit der Übernahme und seit Corona verändert? „Was mir seit Coro na aufgefallen ist: Der Kundenanspruch hat sich verändert. Viele sind festgefahrener in ihrer Meinung und wissen gezielter, was sie wollen. Gerade im Kunstbereich wird mehr aufs Geld geschaut, früher gab es die Preisthematik in diesem Bereich nicht“, er zählt Hofinger. Verändert hat sich auch die Unternehmensstruktur, insgesamt sieben

Standorte betreibt die Jungunternehmerin mittlerweile.

Einen fixen Bürostandort hat Hofinger nicht. „Ich bin immer woanders, in meinem Smartphone und Laptop habe ich mein Büro und kann überall arbeiten.“ Apropos digital: Hofinger hat in der Coronazeit ein Click-andCollect-System sowie die Möglichkeit einge führt, über WhatsApp zu bestellen.

Neuerungen sind wichtig, in ihrem Team setzt Hofinger aber vor allem auf ältere Mitarbeiter:innen „Natürlich kosten sie mehr, aber sie haben viel gelesen und sich über die Jahre einen Wissensschatz angeeig net, den sich Junge erst erarbeiten müssen.“ Alle Mitarbeiter:innen, die kurz vor der Pen sionierung stehen, bekommen einen Lehr ling zugeteilt. „Ob sie wollen oder nicht!“

Um sich von großen Online-Händlern abzuheben, brauche es vor allem eines: professionelle und persönliche Beratung.

Bücher- und Geschenkefachhandel Harrachstraße 5, 4020 Linz handel@meritas-hofinger.com www.meritas-hofinger.com

anzeiger / 22
HVB -Mitglieder im Porträt –Bücher- und Geschenkfachhandel Meritas
„Die einzige Möglichkeit, die Buchhandlung zu erhalten, war, sie zu übernehmen“
Meritas by Melanie HOFINGER
FOTO: MELANIE
HOFINGER

Hugo Wetscherek

Hugo Wetscherek, Gründer des An tiquariats Inlibris Gilhofer, spricht über die Bedeutung des alten Buchs.

Guten Tag, Herr Wetscherek. Wie geht es Ihnen geschäftlich?

Hugo Wetscherek – Danke, alles geht seinen gewohnten Gang. Ich stehe zwischen zwei Messen, London ist vorbei und die nächste Messe wartet. Keine Selbstverständlichkeit in den letzten beiden fast messefreien Jah ren. Die Messen im Nahen Osten waren die einzigen, die uns auch in der Coronazeit ge blieben sind.

Wie haben Sie in der Coronazeit Ihr Geschäft in Wien geführt?

Wetscherek – Als Firma haben wir die Zeit genutzt und stark in unseren Onlineauftritt investiert, wir haben auch die Datenbank struktur und die Abläufe verbessert. Auch bespielen wir die Ausstellungsräume stark mit anlassbezogenen thematischen Aus stellungen. Wir haben etwa während des Radiologenkongresses Medizinbücher in die Auslage gestellt und die Leute proaktiv angesprochen und eingeladen. Außerdem schalten wir vermehrt Inserate, mit dem Fal ter Verlag zum Beispiel sind wir eine News letterkooperation eingegangen. Das hat uns neue Kunden gebracht.

Während sich in Österreich Antiquariate über sinkende Kundenzahlen beklagen, boomt in anderen Ländern das Geschäft. Warum?

Wetscherek – Alle Märkte sind ständigem Wandel unterworfen; dass es zu Verschie bungen kommt, ist keine Besonderheit des österreichischen Antiquariats. Der Einzel handel gehört zu den unkompliziertesten Geschäftsmodellen unserer Gesellschaft. Man kann nur verkaufen, was man auch einkauft. Wenn man nicht einkauft, braucht man sich nicht beklagen, dass es zu wenige Käufer gibt.

Was müsste passieren, um sich den veränderten Bedingungen anzupassen?

Wetscherek – Dazu kann ich wenig sagen, weil wir das Gros unseres Umsatzes im Aus land realisieren. Aber nehmen wir als Bei spiel den Mangel an Messen in der Corona

zeit. Man kann sich beklagen, dass Messen nicht stattfinden, oder man kann dorthin gehen, wo sie stattfinden. Die Möglichkeiten und Chancen sind unverändert dieselben. Ich glaube, die Krux ist, dass man müde wird und nachlässt. Man darf gerade in unserer Branche nicht aufhören, proaktiv einzukau fen und umherzufahren.

Sie meinten einmal, Antiquitätenhandel trage zur Bildung einer nationalen Identität bei. Inwiefern?

Wetscherek – Bücher sind immer identi tätsstiftend: zum Beispiel im politischen Be

reich, etwa wenn sich Länder, die sich selbst als kommunistisch verstehen, Karl Marx’ Werke als Legitimation für ihre Staatsphi losophie heranziehen. Oder historische Werke, die das gemeinsame kulturelle Erbe zum Inhalt haben. Städte am Persischen Golf etwa schätzen einen Reisebericht von Gasparo Balbi, einem venezianischen Schmuckhändler des 16. Jahrhunderts, der den Golf als Schatztruhe der Perlentauche rei empfand.

Auch in Saudi-Arabien sind Sie als Anbieter präsent. Inwiefern ist dieser Markt besonders?

Es ist ein sehr abgeschlossener Markt, der aufgrund seiner institutionellen Strukturen schwer zugänglich ist. Was für uns relevant ist und immer relevanter wird, ist, dass sich die Region öffnet, um sich touristisch interessant zu machen. Das kann man in erster Linie mit Geschichte.

anzeiger / 23
Interview: Elisabeth
Antiquariat Inlibris Gilhofer Rathausstraße 19 1010 Wien Tel.: 01/409 61-900 office@inlibris.com https://inlibris.com anzeiger / 23 – HVB -Mitglieder im Porträt –Innsalz Verlag
„Man darf nicht aufhören, proaktiv zu sein“
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„Ich bin entschieden gegen die Dämonisierung, die etwa mit Putin passiert. Das macht uns nur dümmer“

anzeiger / 26 – Selbstredend –

Die Dämonen aus den

Gräbern der Macht

HHelmut Lethen, 1939 in Mön chengladbach geboren, ist ein deutscher Germanist und Kultur wissenschaftler. Er studierte an den Univer sitäten Bonn, Amsterdam und der FU Berlin. Von 1971 bis 1976 war er an der FU Berlin Assistent, von 1977 bis 1995 Professor in Ut recht. 1996 erhielt er den Lehrstuhl für Neu este Deutsche Literatur in Rostock. Von 2007 bis 2016 arbeitete er als Direktor des Interna tionalen Forschungszentrums Kulturwissen schaften IFK in Wien. Seit 2016 hat er eine Professur an der Kunstuniversität Linz inne. Lethens Klassiker „Verhaltenslehren der Käl te. Lebensversuche zwischen den Kriegen“ (1994) wurde heuer bei Suhrkamp neu auf gelegt. Bei Rowohlt erschien „Der Sommer des Großinquisitors. Über die Faszination des Bösen“.

Herr Professor Lethen, wie entstehen Ihre Bücher?

Helmut Lethen – Alles beginnt mit dem Abschreiben. Wann immer ich ein Buch lese, tue ich das mit Bleistift oder Buntstift. Ich exzerpiere die Stellen, die mir wichtig sind, auf der linken Seite eines DIN-A4-Blattes und kommentiere dann auf der rechten Seite. Da raus entsteht langsam ein handschriftlicher Text, den ich dann übertrage. So kommt eine erste Fassung auf dem Laptop zustande, ein Glücksmoment. Man fällt nicht mehr ins Bodenlose eines weißen Blattes, sondern hat diesen ersten Ausdruck, in dem dann gestri chen und ergänzt wird. Es ist ein ziemlich aufwendiger Produktionsprozess, den ich aber sehr liebe.

Haben Sie auch schon als Kind Bücher angekritzelt?

Lethen – Nein, in meinem Elternhaus waren Bücher eher Fremdkörper. Mein Vater hat te einige Schallplatten. Das änderte sich, als sich meine Mutter überreden ließ, „Readers Digest“ zu abonnieren. Wir bekamen jeden Monat nicht nur die Zeitschrift, sondern auch dicke Bände, in denen jeweils vier große Schriften der Weltliteratur versammelt wa ren. Auf diese Weise habe ich als junger Mann viel Weltliteratur gelesen, allerdings in höchst verkürzter Form. Was ich als Kind las, daran kann ich mich nicht erinnern. Es gab eine schreckliche Ausgabe des „Nibelungenliedes“. Auch war ich äußerst beeindruckt von „Le derstrumpf“, er hat mich aus welchen Grün den auch immer regelrecht traumatisiert. „Lederstrumpf“ und „Die Schatzinsel“ waren die großen Leseerlebnisse meiner Jugend.

Vorgelesen wurde nicht?

Lethen – Ich kann mich nicht daran erin nern, dass mir meine Mutter vorgelesen hätte. Als Kind und vor allem als Jugendli cher war Lesen für mich ein Abenteuer der Einsamkeit. Ich zog mich beim Lesen in eine Höhle zurück. Insofern ist mir Vorlesen ein wenig fremd. Das größte Hörerlebnis war

seltsamerweise Lyrik von Gottfried Benn. Jazz und Lyrik, gelesen von Gert Westphal. Mit Hörbüchern habe ich wenig Erfahrung, könnte mir aber vorstellen, mir Proust noch mal vorlesen zu lassen.

Was halten Sie vom Auswendiglernen von Gedichten?

Lethen – Das ist eine große Schwäche von mir. Ich kann keine Gedichte auswendig. Ich kenne gerade noch Brechts „Pfingsten, sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten was einbrachten“ und einige weitere Dreizeiler. Ich bewundere Menschen, die Gedichte aus wendig können. Meine Frau kann zu jeder Gelegenheit Gedichte aufsagen, am liebsten jene von Robert Gernhardt. Ich hatte einen Freund, der die ganzen Balladen von Goethe auswendig wusste. Ich halte das für eine un glaubliche Gabe der Geselligkeit, die wahr scheinlich weitgehend ausgestorben ist. Ich habe verschiedene große Defizite. Zum Bei spiel kann ich keine Genealogien behalten: Mythen sind für mich ein völlig leeres Blatt. Auch die Genealogie meiner Familie kann ich im besten Fall bis zum Ersten Weltkrieg verfolgen. Damit endet mein Traditionsbe wusstsein im Nebel des Vergessens.

Dem Vorwort zu Ihrem neuen Buch über Dostojewskis „Großinquisitor“ ist zu entnehmen, dass Sie erst kürzlich das Alte Testament zum ersten Mal gelesen haben … Lethen – Stimmt. Das ist nicht nur kurios, das ist auch mangelhaft, aber nicht untypisch für Katholiken. Wir hatten unsere

anzeiger / 27 »
„Die Naziverbrechen hatten sich mittels des Films ,Nacht und Nebel‘ von Alain Resnais aus 1955 in meine Brust wie große Steine versenkt“, sagt der Kulturwissenschaftler und Schriftsteller Helmut Lethen und gesteht seine „Obsession für die Faszination des Bösen“
– Selbstredend –
„Ich selbst bin für Macht unbrauchbar, sogar als Vater“
Helmut Lethen

Wirklichkeit selber.“ Das ist meine Faszinati on am Großinquisitor. Die Sätze werden auf einem Platz gesprochen, wo an die hundert Häretiker – eine fürchterliche Formulierung, „an die hundert“, denn es kommt auf die genaue Zahl gar nicht an – verbrannt wur den, und die Scheiterhaufen rauchen noch. Da spricht dieser Mann mit völligem Mangel an Empathie die kardinalsroten Wahrheiten aus. In meinem Buch gibt es ein Kapitel über Max Weber, der sich auf die Seite des Groß inquisitors schlägt. Dabei muss man wissen, dass die einzige Erfahrung, die Max Weber mit der Macht hatte, seine faktische Ohn macht war. Wenn der Machtapparat fertig ist, steigen aus den Gräbern der Herrschaft wieder die Dämonen. Das stellt für mich das Faszinosum der Macht dar. Ich selbst bin für Macht unbrauchbar, selbst als Vater bin ich für Macht untauglich.

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Kinderbibel und damit kamen wir durch, die Liturgie fängt einen ohnehin auf. (lacht) Es gab auch da Stellen, bei denen ich über die Brutalität der Kämpfe entsetzt war. Das dritte Buch Mose, in dem sechshundert dreizehn Regeln vom richtigen Essen, Beten und Lieben aufgelistet werden, hat mich auch entsetzt. Deshalb war ich glücklich, als ich in einem Aufsatz von Jan Assmann über das Buch Hiob las, dass es an die großen ori entalischen Weisheitslehren anschließt und in eine Zeit vor dem Bund Gottes mit Abra ham und Moses zurückreicht, wo es noch keinen Richter-Gott und keinen Gott gab, der Gesetze befahl. Ich war glücklich, dass ich auf der Ebene von Hiob weiterhin Christ sein durfte ohne all diese Verbote und schreckli chen Praktiken der katholischen Kirche.

Wurden Sie mit der Dostojewski-Lektüre etwa zum Kirchgänger?

Lethen – Nachdem ich mich durch Dosto jewski durchgearbeitet hatte, dachte ich, ich weiß gar nichts über die orthodoxe Kirche. Also bin ich in die russisch-orthodoxe Kirche in Wien gegangen. Es hat mich verwundert, dass es da nur große Fresken von Christus als Pantokrator, als triumphierenden Christus, gibt. Kein Bild des Leichnams oder mit dem gekreuzigten Christus. Darauf spielt ja Dos

tojewski an, der beim Anblick von Holbeins Bild des Gekreuzigten in Basel vollkommen erschüttert war und dann mehrfach ins Museum ging, um sich diesen Körper anzu schauen. Er lässt das in seinem Roman „Der Idiot“ durch den kleinen schwindsüchti gen Positivisten Ippolit kommentieren – es bleibt meines Erachtens unklar, ob das nicht auch Dostojewskis eigene Stimme ist.

Im Untertitel Ihres Buches ist von der Faszination durch das Böse die Rede –fasziniert Sie Macht? Lethen – Wenn ich Faszination sage, handelt es sich um das merkwürdige Mischungsver hältnis von Anziehungskraft und Abwehr. Der Großinquisitor hat für mich äußerste Anziehungskraft, weil keiner seiner Sprüche widerlegbar ist. Wenn er etwa sagt, das ele mentare Bedürfnis der Massen bestehe nicht in der Freiheit, sondern in der Achtung. Oder wenn er sagt, Humanismus erzeugt nur kraft lose Kreaturen. Es gibt eine ganze Reihe von derartigen Sätzen, und ich kann nur in selte nen Fällen sagen, hier irrt der Großinquisi tor. Diese Sätze sind auf fürchterliche Weise wahr und voller historischer Erfahrung. Hier gilt, was Brecht im „Lesebuch für Städtebe wohner“ sagt: „Wenn ich mit dir rede, kalt und allgemein, so rede ich doch nur wie die

Was war der Grund für Ihre mehrfache Beschäftigung mit diesen dunklen Gestalten der deutschen Geistes- und Literaturgeschichte – Ernst Jünger, Wilhelm Furtwängler, Carl Schmitt … Lethen – Meine Freunde haben nie begrif fen, warum ich immer an Ernst Jünger fest gehalten habe. Ich glaube, einer der Gründe ist seine pessimistische Sicht der Dinge, die schwarze Anthropologie. Wenn Sigmund Freud im „Unbehagen in der Kultur“ von der destruktiven Natur des Menschen spricht, wird das unter Umständen noch akzep tiert. Wenn Ernst Jünger vom schreckli chen Hohnlachen der Natur über die Moral sprach, stellte es ein Problem dar. Für mich geht es dabei um den Wahrheitsgehalt. Die ses „brillante“ Quartett des Nationalsozialis mus, das ich in „Die Staatsräte“ beschrieb, stellt den Sound der Väter dar – man muss deren Stimmen nur mischen, also jene des großartigen Mediziners Sauerbruch, des fan tastischen Schauspielers Gründgens und des hervorragenden Theoretikers Schmitt – jetzt habe ich einen vergessen …

Furtwängler, den Dirigenten … Lethen – Der leider die miesesten Um gangsformen im Verkehr mit den Größen des Dritten Reiches hatte. Er hofierte Goeb bels unentwegt, weil er einen anderen Luft schutzbunker wollte und verschiedene Pri vilegien haben musste. Die Mixtur dieser Stimmen ergibt für mich den schaurigen Sound der Väter. Ich habe ja noch als Schüler die Wunschkonzerte mit Furtwängler mitge kriegt. Im Rückblick würde ich sagen – offen sichtlich hat mich das fasziniert. Was mein Buch „Die Staatsräte“ betrifft, ist noch ein

anzeiger / 28 – Selbstredend –
„Wenn der Machtapparat fertig ist, steigen aus den Gräbern der Herrschaft wieder die Dämonen. Das stellt für mich das Faszinosum der Macht dar“

Umstand wichtig: Diese vier Personen haben sich ja nie wirklich getroffen. Solche Treffen schriftstellerisch zu arrangieren, hat mir viel Spaß gemacht. Plötzlich wurde mir klar, dass ein Schriftsteller viel größere Freiheit hat als ein Wissenschaftler! Beim Schreiben mei ner Autobiografie gab es im Vergleich dazu große Unfreiheit bei der Beschreibung von Personen. Der Verleger machte mich ständig darauf aufmerksam, nur ja keine Persönlich keitsrechte von anderen zu verletzen.

Sie haben die Zeit des Nationalsozialismus als kleines Kind noch erlebt. Taucht diese Zeit notwendigerweise später noch einmal auf? Lethen – Nein, nicht notwendigerweise. Ich beschreibe ja meine relativ simple Psyche nie in den Kategorien der Schuld. Das Ver brechen selbst hatte sich einfach mittels des Films „Nacht und Nebel“ von Alain Resnais aus 1955 in meine Brust wie große Steine ver senkt. Ich wusste damit alles und brauchte mich nicht mehr in die Holocaust-Forschung einzuklinken. Schlimmer als die Bilder die ses Films konnte es nicht sein. Das hat auch bedeutet, es war eingekapselt, und ich habe dann erstmals anlässlich der Wehrmachts ausstellung über die Verbrechen im Rahmen des Dritten Reiches geschrieben. Es war wohl kein Zufall, dass einer meiner Genossen, Hannes Heer, das Ganze aufgedeckt hat – die Vätergeneration wurde plötzlich mitten in diese „Killing Fields“ geführt. Damit kam der Sound der Väter zurück, dieses Aquarium an Stimmen aus meiner Kindheit, und irgend wie mussten die dargestellt werden.

Warum haben sich auch die Deutschen mit einem Schuldbekenntnis so schwergetan? Später wurde von „Sündenstolz“ gesprochen … Lethen – Zum Teil hängt es wohl damit zu sammen, dass dieser fantastische Wieder aufbau der Bundesrepublik ohne die Stütze der alten Funktionselite überhaupt nicht denkbar gewesen wäre. Die Funktionselite war das stabile Rückgrat, die Flüchtlinge aus Ostpreußen waren die Motoren des Wieder aufbaus. Man hatte Verwaltungsjuristen wie Hans Globke, weil dem Kanzler Konrad Ade nauer klar war, dass der absolut zuverlässig ist: Er steckt in so tiefer Schuld, dass er nichts gegen mich unternehmen kann, auf den kann ich mich verlassen.

Wann haben Sie eigentlich zum ersten Mal Dostojewski gelesen?

Lethen – Ganz spät, ich weiß es nicht mehr genau – vielleicht vor fünf Jahren „Schuld und Sühne“. Ich bleibe lieber bei diesem Titel, weil er Geschichte gemacht hat. „Schuld und

Sühne“ gefiel mir überhaupt nicht. Im Zu sammenhang mit einem Vortrag stieß ich dann bei Carl Schmitt auf dessen Lobrede auf den „Großinquisitor“ und nahm mir vor, „Die Brüder Karamasow“ zu lesen, sobald ich Zeit habe. Die Zeit wurde mir im Som mer 2020 gegeben. (lacht) Wir flohen damals eine Nacht vor dem Lockdown aus Wien zum Gehöft der Schwester meiner Frau, und dort habe ich dann die großen Russen gele sen. Ich kannte die Großinquisitor-Geschich te, die in diesem Buch von eintausend Seiten nur dreißig Seiten ausmacht, natürlich vom Hörensagen. Diese dreißig Seiten haben vor allem in Deutschland eine riesige Karriere gemacht. Die Legende ist ein merkwürdiger Fremdkörper in den „Brüdern Karamasow“ – da geht es um Sex and Crime, um leiden schaftliche Wellen von Liebesaffären, Affek ten, Zorn und Tötungswünschen. Auf diesen Wellen der Leidenschaft schwimmt diese Legende wie ein Papierschiffchen. Alles, was den Roman sonst bewegt, fehlt hier – die großen Leidenschaften für Frauen kommen gar nicht vor. Ich habe mich dann gefragt, worin die Ausstrahlung dieser Geschichte besteht, die so viele deutsche Soziologen, Philosophen und Schriftsteller befasste. Ich habe das nicht philologisch untersucht, als Slawist, sondern als jemand, der eine Obses sion für die Faszination des Bösen hat.

Den „Großinquisitor“ kann man ja auch im Zusammenhang mit Kommunismus und Stalinismus lesen, der in Ihrem Leben während der 68er-Bewegung eine Rolle gespielt hat.

Lethen – Nicht direkt. In meinem Fall war das keine Liebe zum Sowjetkommunismus, sondern eine Liebe zu etwas völlig Abstrak tem, zum Maoismus nämlich. Wir hatten da von nicht die geringste Ahnung und kannten dessen Praktiken seinerzeit auch gar nicht. Wir kannten nur die Schriften von Mao.

Haben Sie sich später nie gewundert, wie blöd Sie damals als Maoisten waren? Lethen – Ja, natürlich waren wir blöd. Wir hätten nämlich alles wissen können. Das Gan ze war ein Zufallsprodukt der Studentenbewe gung, die noch keine Form angenommen hat te. In deren Sturz in die Formlosigkeit war die RAF quasi der einzige Kristallisationspunkt einer Form. Ich habe später gesagt, diese mao istischen Parteien waren eine Erfindung des Weltgeistes, um die revolutionären Energien der Studentenbewegung in den Kühlschrän ken der maoistischen Parteien einzufrieren. Es gab fünf, sechs konkurrierende Parteien, die ganze Bewegungsenergie wurde »

Kontinent Kinderbuch

Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Alles gesagt

Nach den Nachrichten (und der Lektüre einiger Bücher) kann ich mich bisweilen des Eindrucks nicht erwehren: Manche reden unheim lich viel, um möglichst wenig sagen zu müssen. Dabei braucht es bekanntlich oft nur wenige Worte – die Kunst ist, sie zu finden.

Die Figuren in Barbara Hofmanns Debüt „Alles, was gesagt werden muss“ (Jungbrunnen), das eben mit dem Illustrationspreis der Stadt Wien ausgezeichnet wur de, beherrschen diese Kunst mit großer Selbstverständlichkeit. Die Schildkröte kann zum Löwen sagen: „Ich liebe warmen Kakao, aber noch mehr liebe ich dich“, als er vergisst, ihr Kakao zu machen.

Herr Wurst beruhigt den Kreis, der sich um seine Endenlosigkeit sorgt: „Ich mag dich so, wie du bist“.

Und Frosch Lennard in der dritten kleinen Geschichte findet ebenfalls entscheidende Worte: „Es tut mir leid.“ Bilderbücher sind schon eine tolle Sache. Sie können ohne erho benen Zeigefinger davon erzählen, wie wichtig es ist, Gefühle zu zeigen. Und sich zu entschuldigen, wenn man Mist gebaut hat. Das ist nämlich wirklich oft alles, was ge sagt werden muss. Ob sich Kraken entschuldigen, weiß ich nicht. Die Protagonisten in einem anderen Stadt-Wien-Preisträgertitel, Micha el Stavarićs „Faszination Krake“ (Leykam), kommunizieren mit Farben. Für mich wäre „Es tut mir leid!“ irgendwas zwischen Orange und Gelb. Schwierig für Kraken. Aber auch für viele Menschen …

anzeiger / 29
FOTO: PRIVAT

aufgefressen und auf Eis gelegt. Ich dachte später auch, wir hätten eigentlich das Bundesverdienstkreuz erhalten sollen. Je mand vom Verfassungsschutz sagte mir ein mal, im Umkreis dieser maoistischen Partei en habe es 60.000 Sympathisanten gegeben. Wissen Sie, was man mit 60.000 Menschen machen kann! Aber die wurden in diesen Organisationen kaltgestellt, das funktionier te für fünf, sechs Jahre. Das nächste Zerfalls produkt dieser Geschichte waren dann die Grünen. (lacht)

Mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat Ihr Buch unerwartet Aktualität bekommen.

Lethen – Ich hatte das Buch schon früher abgeschlossen. Am 20. Februar, als es schon erschienen war, hatte ich mit Freunden dis kutiert. Wir sprachen zwar darüber, dass es einen Krieg geben könnte, aber er hatte noch nicht begonnen. Ich bin auch mit dem Titel, der Aktualität suggeriert, nicht ganz glücklich. Verblüffend ist für mich eher, dass Carl Schmitt plötzlich wieder in den Diskus sionen zum Vorschein kommt – seine geopolitische Schrift aus 1940 spielte wieder eine Rolle. Selbst in der FAZ schrieb ein Leit artikler, die Freund­Feind­Theorie hätte sich irgendwie doch bewahrheitet, man habe sie

falsch eingeschätzt. Auch das politische Kli ma, das ich in meinen Büchern beschreibe, ist wieder vorhanden. Insofern verstehe ich, dass man da Vergleiche anstellt. Aber ich bin entschieden gegen die Dämonisierung, die etwa mit Putin passiert. Das macht uns nur dümmer und bedeutet die Verabschiedung aller analytischen Kategorien.

Ein Erbe der 68er-Bewegung war die Friedensbewegung. Erstaunt es Sie nicht, wie martialisch die Rhetorik heute ist? Lethen – Ich bin hier tatsächlich sehr miss trauisch. Mir geht all das zu schnell. Die deutsche Außenministerin sagte, sie führe eine menschenrechtsgeleitete Außenpoli tik – dieses Wort ist eigentlich ein Unding. Gleichzeitig lernen jetzt alle Politiker erst mals die Namen der Waffensysteme auswen dig! Das Fürchterliche an der gegenwärti gen Situation ist, dass der Unterschied von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik verwischt wird – alle Verantwortungsethiker der praktischen Politik treten heute unter der Maske des Gesinnungsethikers auf. Ich halte die merkwürdige Mischung dieser bei den Positionen für ziemlich verhängnisvoll. Die großen Machtinteressen treten heute in humanitärer Maske auf. Wenn so etwas pas siert, bin ich höchst misstrauisch.

Welchen Autor haben Sie am häufigsten gelesen?

Lethen – Ich glaube „Die helle Kammer“ von Roland Barthes, ein für mich rätselhaf tes Buch. Also einen Theoretiker. Das Gute beim Lesen von dicken Romanen ist, dass ich am Ende den Anfang vergessen habe. Man kann ihn dann noch mal lesen. (lacht) Es gab mit dem Auftritt von Karl Heinz Boh rer in der deutschen Literaturkritik einen merkwürdigen Knick – Bohrer hielt ein Plä doyer gegen die Gesinnungsethik in der Lite ratur. Im Grunde genommen war Bohrer der Großinquisitor der deutschen Literaturkri tik. Er hat Gesinnungsethiker wie Heinrich Böll oder Christa Wolf abserviert und Ernst Jünger groß gemacht. Also eine eher mili tante Literatur. Ich bin mit Autoren wie Böll groß geworden, Böll war in den 1950er und 1960er­Jahren einer meiner Lieblingsauto ren, auch die frühen Romane von Christa Wolf habe ich außerordentlich gern gelesen. Mit Uwe Johnson begann meine große Vor liebe für Literatur ohne Psychologie und die Abkehr von den Gesinnungsethikern, die ich aber nach wie vor für wertvolle Schriftsteller halte.

Keine neueren Namen?

Lethen – Ich hätte keine Mühe, Thomas Bernhard als meinen Favoriten zu nennen. Das ist ein Sound, in den ich mich ein schwingen kann. Ich habe alle Bücher von Emmanuel Carrère gelesen, auch Michel Houellebecq. Eine ganz eigene Stimme hat für mich auch Christian Kracht. Und eine lebenslängliche Lektüre ist Hans Magnus Enzensberger, der mich vom Studium bis heute immer begleitet hat und den ich auch persönlich kenne. Also auch ein Autor der Reflexion.

In Ihrer Autobiografie schreiben Sie über eine gewisse Distanz zu Wien, wo Sie seit geraumer Zeit leben …

Lethen – Die Stelle am IFK war ein Traum job für mich. Ich hatte eine Mannschaft, die mir sämtlichen bürokratischen Kram ab nahm, und konnte in dieser Zeit auch sehr viel schreiben. Ich kenne die Wiener Oper, aber vor allem schätze ich die Wiener Linien, die noch mit dem Roten Wien zu tun haben. Ich fühle mich in meinem Arbeitsalltag im Takt der Wiener Linien regelrecht aufgeho ben – in Wien kann ich am besten schreiben. Berlin ist im Vergleich dazu eine riesige Tran sitstrecke in den Osten, was für mich Ablen kung bedeuten würde. Dort würde ich gar nicht zum Schreiben kommen.

anzeiger / 30 « – Selbstredend –
»
„Ich war glücklich, dass ich auf der Ebene von Hiob weiterhin Christ sein durfte ohne all diese Verbote und schrecklichen Praktiken der katholischen Kirche“

Bücher von Helmut Lethen

Der Sommer des Großin quisitors. Über die Faszination des Bösen Rowohlt Berlin 2022

ISBN: 978-37371-0162-2

In Dostojewskis „Legende vom Großinquisitor“ kommt Jesus ins Sevilla des 16. Jahrhunderts, wo gerade die Inquisition stattfindet. Den Dialog zwischen Jesus und dem irdischen Verwalter des christlichen Heilsgeschehens nimmt Helmut Lethen als Ausgangspunkt einer essayistischen Reflexion über Macht und den Kult des Bösen. Dabei

wird ein Bogen von den Schwarzen Messen des Fin de Siècle über die historischen Avantgarden und die französischen „Salonnihilisten“ bis in die Gegenwart geschlagen. Der Großinquisitor geistert durch die Schriften der politischen Philosophie des 20. Jahrhunderts, als Denkfigur der Realpolitik bei Max Weber, als Idol bei Carl Schmitt und Helmuth Plessner. Noch in Arthur Koestlers Renegaten-Roman „Sonnenfinster nis“ tritt eine Art Inquisition auf und mit ihr das Grauen der Verfolgung politischer Gegner in der Sowjetuni on. Am Ende steht die Apotheose des Fürsten Myschkin, einer nicht weniger frenetischen Figur aus dem Arsenal Dostojewskis.

Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug. Erin nerungen. Rowohlt Berlin 2020 Sieben Jahrzehnte bundesdeutscher Geschichte, beginnend mit der Kindheit im Krieg. Mit achtzehn wird der Autor in Alain Resnais’ Film „Nacht und Nebel“ erstmals bewusst mit dem Holocaust konfrontiert. Nach dem Studium in Amsterdam demonstriert Lethen 1967 gegen den Besuch des Schahs und findet sich im Zentrum der Studentenbewegung wieder. Aus einer maoistischen K-Gruppe wird er wegen „Versöhn lertums“ ausgeschlossen, dennoch erhält er aufgrund des „Radikalener lasses“ in Deutschland Berufsverbot. Als Professor schreibt er sein heute als kulturwissenschaftlicher Klassiker geltendes Buch „Verhaltenslehren der Kälte“, in dem das Verhältnis von Geist und Politik im 20. Jahrhundert

auf neue und bis heute aktuelle Weise ausgeleuchtet wird.

Verhaltenslehren der Kälte. Lebensversuche zwischen den Kriegen. Suhrkamp 2022

Am Beispiel von Autoren wie Bertolt Brecht, Ernst Jünger oder Helmuth Plessner zeigt Lethen, wie in der Weimarer Republik, nachdem Tradi tionen und Moral ihre orientierende Funktion eingebüßt hatten, Verhal tenslehren propagiert wurden, die auf Härte und Kälte setzten. In einem ausführlichen Nachwort zu dieser Neuausgabe erkundet Lethen die Resonanzen auf seine „Verhaltensleh ren“ in den knapp dreißig Jahren seit ihrem Erscheinen und untersucht, ob sein Schlüsselsatz „Die Kälte rührt vom Eindringen der Physik in die mo ralische Idee.“ (Ossip Mandelstam) noch von analytischem Wert ist.

Ein gutes Buch gewinnt in Zeiten wie diesen wieder an Bedeutung. Nur der Vertriebsweg ist neu.

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Der Fabulist am Baum

PETER

„Mein Vater war ein deutscher Soldat“, heißt es in einer Notiz des 1942 in Griffen geborenen Peter Handke. Die Mutter ist Kärntner Slowenin. An die einhundert Titel, Romane, Hörspiele, Thea terstücke und Essays hat der Literaturnobelpreisträger des Jahres 2019 seit seinem Debüt „Die Hornis sen“ (1966) verfasst. Dazu kommen Tage und No tizbücher sowie zahl reiche Übersetzungen und Briefwechsel.

Der Krieg blieb ein ständiger Begleiter: In den ersten Bü chern Erinnerung an das Geräusch überfliegender ame rikanischer Bomber. Später in den 1960er und 1970er Jahren als vehementes Aufbegehren gegen den Literaturbetrieb oder in Gestalt einer zur literari schen Form erhobenen „Publikums beschimpfung“.

Über die Jahrzehnte nicht minder präsent blieb das Interesse für die südslawische Herkunfts welt seiner Mutter, deren Leben und Freitod er in „Wunschloses Unglück“ (1972), seinem vielleicht bedeutendsten Buch, zum Gegenstand machte. Sein literarisch politisches Engagement für diesen vielfach bereisten Raum verführte Handke wäh rend der Kriege um die Jahrtausendwende zu bis heute aufreizenden Fehlurteilen. Dies war umso bemerkenswerter, als der einstige Beatliterat mit Büchern wie „Langsame Heimkehr“ (1979) oder „Die Lehre der Sainte Victoire“ (1980) längst gera dezu heiligmäßige Töne angeschlagen hatte. Die abschließende Botschaft des meist im Ausland

lebenden Autors über sein Herkunftsland hatte im vielfach unterschätzten Theaterstück „Über die Dörfer“ (1982) gelautet: „Der Friede ist die einzige rechtmäßige Macht. Und die Freundschaft. Der ewige Friede ist möglich!“

Anlässlich von Handkes achtzigstem Geburts tag am 6. Dezember wurde jetzt die „Kleine Fabel der Esche von München“ aus 1989 mit Fotos von Isolde Ohlbaum und einem Nachwort des lang jährigen literarischen Gefährten Michael Krüger in einer aufwendigen Ausgabe samt Faksimile des Textes wiederaufgelegt. Der ganze Handke ist in diesem Porträt eines Baumes im Zenrum der bayrischen Hauptstadt auf zehn Seiten zu lesen. Der Baum trat, wie es da heißt, „aus seinem üblichen, wie auch immer liebgewor denen Bild heraus und überraschte als ein Ort des Geschehens. Ort des Geschehens? Nein, die Esche selbst wurde zum Geschehen.“ Die minutiöse Beschrei bung des Naturob jektes mutiert im mar kanten Handke Sound zu einer Lehre des „selbstlosen Schauens“ und eröffnet schließlich als „Baum Ereignis“ ein Spiel von Assoziati onen über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg in vorzeitige und ferne Weltgegenden. Zuletzt wird das meditative Wortgepränge zugunsten der „selt samen Heimatlichkeit und Freundschaftlichkeit“ des Baumes weggewischt.

Die knapp vor dem Fall der Berliner Mauer ver fasste Aesthetica in nuce hat auch drei Jahrzehnte später nichts an Bedeutung verloren – eine Ge schichte der Geschichte, wie sie nur Peter Handke zu schreiben imstande ist.

DER HERAUSGEBER

ZUM BUCH:

Michael Krüger

Peter Handke: Kleine Fabel der Esche von München.

Mit Fotos von Isolde Ohl baum und einem Nachwort von Michael Krüger Reihe: Edition Petrarca, Wallstein Verlag 2022 ISBN 978-3-8353-5247-6

anzeiger / 32 –
Klassiker –neu entdeckt
„Wir haben von Peter Handke und seiner Art zu denken und zu schreiben viel gelernt. Mit diesem Buch verknüpft sich der Name von Peter Handke für immer mit München, was nicht nur der Stadt gefallen sollte“

Gastkommentar

Die Donau als Zukunftsidee?

Seit zehn Jahren widmet sich die Donau Lounge auf der Buch Wien der Literatur aus den Donauländern. Mittlerweile hat sich das einstige Nischenprogramm zu einer wichtigen internationalen Bühne entwickelt

Das Jubiläumsprogramm 2022 bietet eine Bühne r an die zwanzig zeitgenössische Autor:innen aus der Region. Damit ist die vom Verein Danube Cultural Cluster und der Buch Wien veranstaltete Donau Lounge die einzige Plattform, auf der jährlich die bedeutendsten Schri steller:innen aus allen Donauländern an einem Ort au reten und somit einem breiten deutschsprachigen Publikum zugänglich sind.

Doch woher schöp die Donau im Jahr 2022 noch ihre kulturelle Anziehungskra ? Wir können wohl ausschließen, dass die Interessenten allesamt der K.-u.-k.-Monarchie nachweinen.

Trotzdem, ein klarer Ansatz findet sich in der Kulturgeschichte: Sie zeichnet von der Donauzivilisation von vor 5.000 Jahren über den römischen Limes bis hin zu einer der wichtigsten Handels- und Kulturrouten Europas das riesige Bild von einer Region

mit fließenden Übergängen von West nach Ost und von Ost nach West. Ein Gebiet, das Schauplatz unzähliger Höhen und Tiefen der Geschichte, des Zusammenlebens, der Bewegungen und auch der Konflikte so vieler Kulturen, Ethnien, Religionen und Sprachen gewesen ist. Die Donau hat schon immer Wellen geschlagen.

Also „nur“ Geschichte? Haben das Claudio Magris, Péter Esterházy und viele weitere Größen der Literatur nicht schon viel besser dargestellt? Gab es nicht genug Aufsätze und Sonntagsreden à la „Die Donau ist eine Brücke“?

Doch. Beziehungsweise – nein. Die echte Begeisterung entfaltet sich nämlich aus dem Zukun spotenzial des Donauraumes. Man blickt nach vorn, auch wenn der Rückspiegel unverzichtbar ist. Es macht Ho nung, dass im Rahmen der EU-Donauraumstrategie Jahr r Jahr vielversprechende Projekte entstehen. Dass im Interreg-Donau-

Förderprogramm zu Fragen der Kultur, der Natur und der Nachhaltigkeit so viele innovative Lösungen entstehen. Dass die Donau Lounge so viele Partner hat.

Der Kontext ist also viel breiter. Die schöne blaue (graue, braune, grüne, schwarze etc.) Donau ist nicht zu einem historischen Klischee verkommen. Die Zuneigung zu diesem schwer definierbaren, fluiden, viel ltigen historisch-politisch-kulturellen Raum sitzt tiefer in uns und will unter anderem auf der Couch der Donau Lounge aus dem Unterbewusstsein heraus.

Fangen wir bei uns selbst an: Die Nachbarn entlang des Flusses wissen – trotz des jahrhundertelangen Zusammenlebens – immer noch erstaunlich wenig voneinander. Da kann der literarische Austausch helfen. Das machte es notwendig, auf der Buch Wien so eine Plattform zu begründen – gerade in Wien! Die Autor:innen der Donau Lounge stehen mit Leben und Werk r den Donauraum. Sie sind Grenzgänger:innen, sie sind o mals in mehreren Kulturen und Sprachen zu Hause. Sie gehen in ihren Geschichten den brennenden aktuellen Themen und dem schwierigen historischen Erbe dieser Region nach – wie etwa Barbi Marković, Georgi Gospodinov oder Andrea Tompa – um nur einige Beispiele aus dem Programm 2022 aufzugreifen.

Wer Europa verstehen will, muss die vielen Geschichten zu einem „big picture“ zusammen gen. Nur so können wir in die Zukun navigieren.

…:
– Kurz vor Schluss –
ILLUSTRATION: GEORG FEIERFEIL, FOTO: ALEŠ ROSA
Dr. Márton Méhes, internationaler Kulturmanager in Wien, Initiator und Kurator der Donau Lounge auf der Buch Wien
„Die echte Begeisterung entfaltet sich aus dem Zukunftspotenzial des Donauraumes“
anzeiger / 33
Text: Márton Méhes

Veranstaltungen Dezember 2022

DONNERSTAG, 1.12.

Buchpräsentation: Ernst & Christoph Grissemann: „Klappe, Santa!“ (Bühne im Hof, Julius Raab-Promenade 37, 3100 St. Pölten, 19:30)

Chris Lohner und Toni Matosic: „Bazooka und die Vier im Jeep“ (Kleines Theater – Kulturzentrum Salzburg Schallmoos, Schallmooser Hauptstraße 50, 5020 Salzburg, 19:30)

FREITAG, 2.12.

Unruhe bewahren: Monique Schwitter (Literatur haus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00

Reinhard Kaiser-Mühlecker: „Wilderer“ (Salz hof Freistadt, Salzgasse 13, 4240 Freistadt, 20:00)

SAMSTAG, 3.12.

Theaterwerkstatt: Der utopische Raum (Lan destheater Niederösterreich, Rathausplatz 11, 3100 St. Pölten, 19:30)

Jürgen Wegscheider liest Busch, Ringelnatz, Morgenstern u. v. a. (Kulturverein Bahnhof Andels buch, Hof 347, 6866 Andelsbuch, 20:00)

SONNTAG, 4.12.

Michael Buchinger: „Alle Jahre nie wieder!“ (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Haupt straße 2a, 1030 Wien, 16:00)

„Warten und Lauschen“: Streichquartett Sonare & Peter Simonischek (Kunst- und Kulturhaus [ ku : L ], Öblarn 26, 8960 Öblarn, 17:00)

MONTAG, 5.12.

Barbara Frischmuth: „Dein Schatten tanzt in der Küche“ (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 16:00)

DIENSTAG, 6.12.

Erstes Wiener Lesetheater: „Blaue Stunde“ (Café Florianihof, Florianigasse 45, 1080 Wien, 19:00)

Best of Lyrik: Timo Brandt, Nils Jensen, Precious Chiebonam Nnebedum und Siljarosa Schletterer (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00)

MITTWOCH, 7.12.

Lesung und Gespräch: Maria Lisa Huber liest „Die Waffen nieder!“ (Kunsthaus Bregenz, Karl-Tizian-Platz 1, 6900 Bregenz, 18:00)

Thomas Stangl: „Quecksilberlicht“ (Literaturhaus am Inn, Josef-Hirn-Straße 5/10. Stock, 6020 Innsbruck, 19:00)

DONNERSTAG, 8.12.

Fritz Karl: „Ausgerechnet Weihnachten“ (Theater der Komödie Graz, Münzgrabenstraße 36, 8010 Graz, 19:30)

FREITAG, 9.12.

Rote Bar: Lesen und Tschechern #10 (Volksthe ater, Arthur-Schnitzler-Platz 1, 1070 Wien, 22:00)

Am 15.12. stellt Roman Danksagmüller „Echte Wiener Weihnachtsg’schichten“ vor

SAMSTAG, 10.12.

Signierstunde: Norbert Ruhrhofer: „Mordsradau in Bad Vöslau & Mord in Bad Vöslau“ (Thalia Buchhandlung 1030, Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien, 16:00) „Gaudete … freuet euch!!!“ (Kultur im Kotter, Kaiser Franz Josef-Straße 2, 2301 Groß-Enzersdorf, 17:00)

SONNTAG, 11.12.

Lesung Elena Kaufmann (Reaktor, Geblergasse 40, 1170 Wien, 17:00)

Dorothee Hartinger liest aus Elfriede Jelineks „Winterreise“ (Konzerthaus, Lothringerstraße 20, 1030 Wien, 19:30)

MONTAG, 12.12.

Buchpräsentation: Michael Köhlmeier & Monika Helfer: „Das Leben der Krawatten“ (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00)

Maria Hofstätter liest „Marie Jahoda: Wissenschaf terin, Widerstandskämpferin, Jüdin“ (Tischlerei am Schopperplatz, 4082 Aschach an der Donau, 19:30)

Lucy Fricke: „Die Diplomatin“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

DIENSTAG, 13.12.

„Warum zerstören wir einander.“ Ingeborg Bach mann – Max Frisch: Ein Briefwechsel (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:30)

Margit Schreiner: „Mü tter. Väter. Männer. Klassen kämpfe“/Anna Silber: „Chopinhof-Blues“ (KIK – Kunst im Keller Ried, Johann-Georg-Hartwagner-Straße 14, 4910 Ried im Innkreis, 20:00)

MITTWOCH, 14.12.

Bastian Zach: „O Tannenbaum. Morbide Weih nachtsgeschichten“ (Bücherei Penzing, Hüttel dorfer Straße 130d, 1140 Wien, 19:00)

Raphaela Edelbauer: „Dave“ (Kultur Hof Linz, Ludlgasse 16, 4020 Linz, 20:00)

Chris Lohner: „Bazooka und die Vier im Jeep“ (Gloria Theater, Prager Straße 9, 1210 Wien, 20:00)

DONNERSTAG, 15.12.

Roman Danksagmüller: „Echte Wiener Weihnachtsg’schichten“ (Café Central, Hauptplatz 19, 2500 Baden, 19:00)

Ernst & Christoph Grissemann: „Klappe, Santa!“ (Theater der Komödie Graz, Münzgrabenstraße 36, 8010 Graz, 20:00)

FREITAG, 16.12.

Renate Minarz, Doris Kloimstein: „Noahs Fest. Eine Art Stundenbuch“ (Club International, Payer gasse 14/Yppenplatz, 1160 Wien, 19:00)

Manuel Rubey: „Der will nur spielen“ (Tischlerei am Schopperplatz, 4082 Aschach an der Donau, 20:00)

SAMSTAG, 17.12.

Thomas Brezina: „Die Weihnachtsgeschichte in Reimen“ (Thalia Buchhandlung Wagnersche, Museumstraße 4, 6020 Innsbruck, 14:30)

Max Simonischek: „Weihnachten“ (Musikverein, Bösendorferstraße 12, 1010 Wien, 20:00)

MONTAG, 19.12.

Michael Donhauser: „Wie Gras“ (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00) „Warten und Lauschen“: Streichquartett Sonare & Peter Simonischek (Museum Angerlehner, Ascheter Straße 54, 4600 Thalheim bei Wels, 19:30)

DIENSTAG, 20.12.

Wolfram Huber: „Da war Weihnachten noch schön“. Musikal. Begleitung Daniel Pusterhofer, Steirische Harmonika: (Haus Hofmannsthal, Reisnerstraße 37, 1030 Wien, 19:30)

MITTWOCH, 21.12.

Experiment Literatur: Teresa Präauer & Fritz Ostermayer (Alter Schl8hof Wels, Dragonerstraße 22, 4600 Wels, 19:30)

DONNERSTAG, 22.12.

Dichtes Lesen XXIII: „Kann ich teilen?“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 19:00)

FREITAG, 30.12.

Amici Ensemble: Udo Wachtveitl: „Casanovas Rückkehr“ (Festspielhaus Erl, Mühlgraben 56a, 6343 Erl, 18:00)

anzeiger / 34 – Buchtermine –
FOTOS: NINI TSCHAVOLL, TOM TOM TV
Chris Lohner liest am 1.12. gemeinsam mit Toni Matosic im Salzburger Kulturzentrum

ISST SO WIEN

WIEN WIE ES ISST

Birgit Wittstock (Hg.)

Ein Führer zu Wiens Lokalen: zu den Neuen, den Exoten, den Traditionellen.

4000 Lokale nach Bezirken geordnet.

688 Seiten, € 18,50

ISBN: 978-3-85439-711-3

Auslieferung
Mohr Morawa

Musikwissenschaftlicher Verlag Wien Der Spezialist für Anton Bruckner und Hugo Wolf

Bruckner-Symposion Linz 2019

Anton Bruckner und die Frauen

Die Beziehung des ewigen Junggesellen Anton Bruckner zu Frauen ist in der Biographie des Komponisten zwar allgegenwärtig, wird aber hier erstmals in größerem Zusammenhang interdisziplinär aufgearbeitet. Ausgehend vom Frauenbild jener Zeit stehen vielfältige Einflüsse von Frauen auf Bruckners persönliche und künstlerische Entwicklung im Mittelpunkt.

350 Seiten, Format 17 x 24, broschiert MV 331, ISBN 978-3-903196-13-1 € 53,90 (A)

ANTON BRUCKNERS FRÜHE LINZER ZEIT

Lehrerausbildung und Musikstudium an der Präparandie 1840/41 (Wiener Bruckner-Studien 7)

Vor fast 180 Jahren fasste der junge Lehrgehilfe Anton Bruckner seine an der Linzer Lehrerbildungsanstalt in Methodik, Psychologie und Didaktik erworbenen Kenntnisse in einem rund 220 Seiten umfassenden Skriptum zusammen. Der Inhalt der Handschrift gibt u.a. eindrucksvolles Zeugnis von den damaligen Bestrebungen bekannter Reformpädagogen, die Lehrerausbildung zu modernisieren.

172 Seiten, Format 17 x 24, broschiert MV 510, ISBN 978-3-903196-11-7, € 30,05 (A)

Leopold Spitzer

Hugo Wolf – Sein Leben in Bildern

Mehr als 200 Abbildungen von Hugo Wolf, seiner Familie und Persönlichkeiten aus seinem privaten und beruflichen Umfeld sowie seiner Wohnorte und Wirkungsstätten ermöglichen einen umfassenden Einblick in vielfältige Lebensbereiche des Komponisten.

Mit ausführlichen Erläuterungen steht diese Bildbiographie durchaus für sich und ist darüber hinaus eine optimale Ergänzung zu Hugo Wolfs Texten und Briefen 120 Seiten, Format 19,5 x 26,5 cm, Hardcover W 106, ISBN 978-3-903196-07-0, € 52,05 (A)

Leopold Spitzer

Hugo Wolf – Werk und Leben

Erstmals gibt es nach längerer Zeit wieder eine grundlegende Biographie von Hugo Wolf. Leopold Spitzer, Editionsleiter der Hugo-Wolf-Gesamtausgabe und Herausgeber seiner Schriften, ist ein Experte ersten Ranges auf diesem Gebiet. Sein vom Werk des Komponisten ausgehendes Lebensbild aus dem Jahr 2003 wurde für diese Ausgabe auf den aktuellen Stand gebracht. 192 Seiten, Format 17 x 24, broschiert W 105, ISBN 978-3-903196-02-5, € 31,40 (A)

Weitere Informationen über unser umfangreiches Buchprogramm unter www.mwv.at

Auslieferung: Edizioni Musicali Europee, via delle Forze armate 13, 20147 Milano (ITALIEN) Tel. 0039-02/48 71 31 03, Fax: 0039-02/30 13 32 13, office.eme@libero.it

BRUCKNER SYMPOSION 2019 /Bericht Anton Bruckner und die Frauen ANTON BRUCKNER INSTITUT BRUCKNER SYMPOSION 2019
Musikwissenschaftlicher Verlag Wien
SPITZER
Hugo Wolf
Sein Leben in Bildern LEOPOLD
Verlag
Hugo Wolf – Werk und Leben LEOPOLD SPITZER
Musikwissenschaftlicher
Wien
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