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Das Magazin für die österreichische Buchbranche Gewinnspiel: Gewinnen Sie einen Korb mit Genuss für Leib und Seele!

Was uns die Zahlen sagen

Kosmopolitischer Krimiautor

Wie war das Geschäftsjahr 2021 für die Buchbranche? Daten und Fakten sprechen für sich, Expert*innen analysieren

Der griechische Romancier Petros Markaris, berühmt für seine scharfsinnigen Kriminalromane, im ausführlichen Gespräch

DER NEUE BRENNER

HOFFMANN UND CAMPE AZ_Haas_anzeiger_192x206.indd 1

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BÜRO PERNDL

Ö S T E R R E I C H I S C H E P O S T A G F I R M E N Z E I T U N G / G Z 0 2 Z 0 3 0 8 7 7 M / 1 5 7. J A H R G A N G

ERSCHEINTZ AM 2. MÄR 2022

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etwas leuchtendes liegt in der luft. befällt pflanzen. und menschen. ist überall.

GUDRUN LERCHBAUM DAS GIFTIGE GLÜCK

Design: Maria Prieto Barea

Roman ISBN 978-3-7099-8149-8 € 19,90 272 Seiten, gebunden

www.haymonverlag.at


– 157. Jahrgang –

Lesen Sie uns kennen. www.pustet.at

Susanne Bisovsky (Hg.)

Wiener Chic

„Der österreichischen Buchbranche ist es im letzten Jahr hervorragend gelungen, sich auf die schwierigen Verhältnisse einzustellen“

Mode für eine große Stadt ISBN 978-3-7025-1039-8 EUR 45,–

Gustav Soucek

F O T O : K A T H A R I N A F. R O S S B O T H

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ahlen, bitte! Das ist nicht nur unsere Abschlussbestellung im Kaffeehaus und Restaurant, es ist auch die Betrachtung des Buchmarktes in Zahlen, Daten und Fakten. Wie haben wir 2021 abgeschlossen? Nun ja – durch­ mischt. Einerseits schließt der Gesamtverkauf im Buchmarkt in Österreich 2021 verglichen mit 2020 mit einem Umsatzplus von 4,2 Prozent ab (alle Absatzwege), aber besondere Beachtung muss man dabei dem stationären Buchhandel schen­ ken, denn der verliert leider 1,8 Prozent! Eine genaue Betrachtung finden Sie auf den Seiten 10 bis 13 der Ihnen vorliegenden aktuellen Ausgabe des anzeigers. Keinesfalls darf bei dieser Analyse auf der Strecke bleiben, wie sehr und wie gut sich die gesamte Buchbranche im Verlauf des Jahres 2021 auf diese volatilen Verhältnisse eingestellt hat. Lockdowns und Veranstaltungsabsagen machten es dem Buchhandel, den Verlagen und den Autor*innen nahezu unmöglich, direkten Kundenkontakt zu wahren. Doch dieser ist essenziell für die Arbeit der einzelnen Buchhändler*innen, gerade in einer sehr kleinteilig strukturierten Branche. Denn der österreichische Buchhandel muss sich mit internationalen Onlinegiganten messen, und der einzelne österreichische Verlag muss sich einer Vielzahl großer Verlagsunternehmen mit zahlreichen Bestsellern stellen. Dass die österreichische Buchbranche das schafft, sieht man an den Umsatz­ zahlen. Danke! Denn es ist dem Buchhandel ab dem Jahr 2020 gelungen, onlinefit(ter) zu werden, was wir an den Onlinezuwächsen im Gesamtmarkt sehen. Und genauso schaffen es auch die österreichischen Verlage, mit ihren Publikatio­ nen vorne in den Bestsellerlisten dabei zu sein. Im kommenden Jahr wird der HVB weiterhin alles dafür tun, um Ihnen die erforderliche Unterstützung zu geben: Gastland Leipzig/Auftakt 2022, Buch Wien 2022, Organisation & Vergabe der wichtigsten österreichischen Buch(branchen)­ Preise, nationales und internationales Lobbying für Buchpreisbindung, Mehrwert­ steuerregelung, Urheberrecht und vieles andere mehr. Es gibt viel zu tun in diesem Jahr, und ich möchte mich an seinem Beginn für Ihre Mitgliedschaft, Ihren Ge­ meinschaftssinn und Ihre Unterstützung bedanken. Bitte zögern Sie nicht, mit uns jederzeit in Kontakt zu treten – ich wünsche Ihnen bis zum hoffentlich raschen nächsten persönlichen Treffen, dass Sie gesund und wohlauf bleiben. Wir sehen uns im neuen Jahr und starten dann gemeinsam durch!

Gustav Soucek HVB-Geschäftsführer Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003­6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at Geschäftsführung: Gustav Soucek Projektleitung: Julia Stumvoll, DW 29, stumvoll@hvb.at Aboverwaltung: Paula Fabiankowitsch, DW 12, fabiankowitsch@hvb.at Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlags­ gesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing, Marc­Aurel­Straße 9, 1011 Wien, T: +43 1/536 60­0, E: magazine@falter.at, www.falter.at Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Linn Ritsch, DW 991 Geschäftsführung: Siegmar Schlager Anzeigenleitung: Sigrid Johler, DW 952, johler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH., Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

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Foto: Susanne Bisovsky, Wiener Chic © Atelier Olschinsky

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– Inhalt –

Aufbruch in neue Abenteuer Im neuen Jahr bringt selbst die Pandemie Unerwartetes, aber Erfreuliches findet man auch, nämlich in Büchern

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Linn Ritsch Chefredakteurin

Das Geschäftsjahr 2021 – ein Rückblick in Zahlen

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WISSENSWERT Jochen Jung wird 80 Wir gratulieren mit einem Porträt des Verlegers Leipziger Buchmesse Messedirektor Oliver Zille spricht über den Gastlandauftritt Österreichs Literarisches Jahrbuch Linz Erich Klein gibt "Facetten" heraus

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James Joyce

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Editor’s Choice: Geschichten über Reisen, Fremdsein und Ankommen für den Bücherfrühling

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GEWINNSPIEL

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BESTSELLER Verkaufsschager im Vormonat

GASTKOMMENTAR Klaus Magele schreibt darüber, was gute Buchhändler*innen ausmacht

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SELBSTREDEND Petros Markaris Der griechische Krimi-Autor im Gespräch

Gewinnen Sie einen Geschenkkorb aus dem Reformhaus Prokopp!

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HVB-PORTRÄTS Elmar Weixlbaumer, Goldegg Verlag Thomas Igler, Buchhandlung Wallig-Igler Irmgard Karlik, Buchhandlung Theodor Karg

ESSENZIELL

SCHWERPUNKT

INTERNATIONAL Aabdulrazak Gurnah Penguin verlegt die Bücher des Literaturnobelpreisträgers

Wie war das Jahr 2021 für den Buchhandel? Die Geschäftszahlen im Überblick

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KLASSIKER

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TERMINE Veranstaltungen im Februar

F O T O : N I N I T S C H AV O L L , I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L

as neue Jahr ist da, trotzdem bleibt (wie so oft) vieles beim Alten. Die Pandemie begleitet uns immer noch, unglücklicherweise. Glücklicherweise bleiben uns aber auch literarische Freuden erhalten und die Menschen, die sie erschaffen. Jochen Jung beispielsweise: Seit jungen Jahren ist er in der Buchbranche tätig, am 5. Jänner dieses Jahres feierte er seinen 80. Geburtstag. Wir gratulieren mit einem Porträt des Verlegers, Autors und Literaturkritikers (S. 5). Schön ist außerdem, dass Erich Klein auch im neuen Jahr weiterschreibt. Er stellt uns wie immer einen literarischen Klassiker vor, in diesem Monat James Joyce (S. 22), und hat für uns mit dem Krimiautor Petros Markaris gesprochen (S. 28). Diesmal ist von Erich Klein außerdem als Herausgeber die Rede (S. 9). Einen Blick auf das vergangene Jahr werfen wir auch in unserem Titelthema: Lesen Sie, was das Geschäftsjahr 2021 für den Buchhandel gebracht hat (S. 10). Über Neuheiten sprechen wir dafür im Schwerpunkt: Buchhändler*innen empfehlen ihre Lieblingstitel für den Bücherfrühling (S. 16), und welche Bücher ich Ihnen ans Herz lege, erfahren Sie in der „Editor’s Choice“ (S. 14): Sie erzählen von Aufbrüchen an neue Orte und in neue Zeiten. Denn auch ein Jahreswechsel ist immer ein Aufbruch und damit ein Abenteuer. Ich wünsche Ihnen ein schönes neues Jahr mit viel Glück und vielen Stunden abenteuerlicher Lektüre!

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– Wissenswert –

Seine drei für die Literatur Jochen Jung hat sein Leben der Literatur gewidmet. Als Kritiker, Autor und vor allem als Verleger. In diesem Monat feiert er seinen 80. Geburtstag. Wir gratulieren herzlich Text: Linn Ritsch

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eit Volksschulzeiten liebt Jochen Jung das geschriebene Wort. Mit zehn Jahren begann er neben der Schule Prosa zu schreiben, zehn Jahre später kam Lyrik dazu. Auch in der Schule musste er Texte verfassen: In der zweiten Klasse zum Beispiel einen Aufsatz zum Thema „Was ich einmal werden möchte“. Der zwölfjährige Jochen schrieb, er traue es sich nicht zu, Bücher zu schreiben – Bücher zu verkaufen aber schon. Damals konnte er noch nicht wissen, dass ihm in seinem Leben beides glücken würde. Der Wunsch, Bücher zu verkaufen, blieb ihm auch während des Germanistikund Kunstgeschichtestudiums. So verwirklichte er ihn schließlich und stieg in die Verlagsbranche ein. Zunächst als Lektor beim Moos-Verlag, später bei Residenz, wo er dann 17 Jahre lang die Geschäfte führte. Dann ein denkwürdiger Tag: „An meinem 25. Jahrestag bei Residenz kamen unangemeldet die Vertreter des damaligen Eigentümers und forderten mich auf, sofort das Büro zu verlassen, ich sei gekündigt“, erzählt Jung. „Schon auf dem Rückweg nach Hause beschloss ich, es ‚eigentümlich‘ weiterzumachen und einen Verlag zu gründen. Damit überraschte ich dann meine Frau.“ Im Jung und Jung Verlag erscheint vor allem (aber nicht nur) österreichische Gegenwartsliteratur – sie zu verlegen lag seinem Gründer immer sehr am Herzen, und das wird auch nach der anstehenden Übernahme durch Daniel Kampa so bleiben. Kompromisslos ist vor allem der Qualitätsanspruch des Verlages: Rasch zu verkaufende, leichte Lektüre war nie Teil des Programms. Hohe Ansprüche unternehmerisch umzusetzen erfordert Mut,

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Neben seiner Tätigkeit als Verleger ist Jochen Jung auch Schriftsteller. Sein jüngster Gedichtband „Am Meer. An Land. Und unter uns.“ ist 2019 erschienen

Jochen Jung: Verleger, Autor und Literaturkritiker denn was sich gut verkauft, ist nicht immer das, was sich zu veröffentlichen lohnt: „Das Grundproblem bleibt die Unverhältnismäßigkeit von Unterhaltungsbedürfnissen und anspruchsvoller Literatur, auch wenn sie entgegenkommt und es mit den Lesenden gut meint“, sagt Jung. Er versteht die Perspektive von Lesenden, sie hat ihn dazu inspiriert, sich überhaupt mit Literatur zu beschäftigen. Seit Jahren schreibt er Kommentare zu literarischen Themen für die Zeit, die Salzburger Nachrichten und die Presse. Meist mit feinem Humor, manchmal scharfzüngig und immer scharfsinnig. Die Anliegen von Autor*innen, deren Werke er verlegt, sind ihm bewusst, denn Jochen Jung ist auch selbst Schriftsteller. Zuletzt sind Gedichtbände erschienen, 2019 der bislang neueste mit dem Titel „Am Meer. An Land. Und unter uns.“. Über Gedichte und deren erstaunliche Unbeliebtheit schrieb er einmal: „Dabei ist Sprache doch das, was wir alle sein wollen: eine Person. Ein Jemand, ein Etwas, das Gedicht ist etwas, so klein kann es gar nicht sein, es hat etwas. Bemerkt etwas. Es fliegt mit offenen Augen wie eine liebe Drohne.“ Das also macht, laut Jung, ein Gedicht aus. Und einen guten Verleger? Ebenfalls offene Augen – nicht nur für den finanziellen Aspekt. „Man muss neben der Geschäftswelt die derzeitigen Fragen der Gesellschaft und der Einsamen begreifen.“ Über jemanden, der wie Jochen Jung aus allen drei Blickwinkeln auf die Literatur geschaut hat, als Schreibender, Kommentierender und Verkaufender, über den kann man wohl mit Recht sagen, dass er sie „durchdrungen“ hat. Daher lohnt es sich wohl für alle in der Buchbranche, seinen Rat zu beherzigen.

Gedichte von Jochen Jung

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– Wissenswert –

Ö1 Buch des Monats

„Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden.“ Klaus Wagenbach

Rot waren seine Bücher Er gab Bücher von Wolf Biermann, Günther Grass und Ingeborg Bachmann heraus, liebte Franz Kafka und bezeichnete sich selbst als den meistangeklagten noch lebenden deutschen Verleger. Klaus Wagenbach stieg 1949 als Lehrling beim damals noch vereinten Verlag Suhrkamp/Fischer in die Buchbranche ein. Ihr widmete er einen Großteil seines Lebens, wenn auch nicht durchgehend im gleichen Verlag: Nachdem er sich bei der Staatsanwaltschaft über die Verhaftung eines DDR-Verlegers während der Buchmesse beschwert hatte, wurde er gekündigt – eine der vielen „Kurven in der Biografie“, wie Wagenbach sagte. Er mochte diese Unregelmäßigkeiten. 1964 gründete er einen eigenen Verlag in West-Berlin. Unter dem Motto „Geschichtsbewusstsein, Anarchie, Hedonismus“ verleg-

„Die Ermordung des Professor Schlick“, David Edmonds, C. H. BeckVerlag, 352 Seiten

Marktdaten Dezember 2021

te er politisch brisante Titel. Es ging ihm um ständigen Diskurs und eine Kultur der Einmischung, die seiner Meinung nach zur Erhaltung der noch jungen westdeutschen Demokratie nötig war. Finanziell war es nicht leicht, politisch auch nicht – Hausdurchsuchungen gab es viele in jenem Verlag, in dem die linke Szene ein und aus ging. Wagenbachs Verlag war auch für seine aufwendig gestalteten Bücher bekannt. Sie sollten „hundert Jahre halten“, sagte der Verleger über seine Bücher mit dem charakteristischen roten Einband. Der Verlag, 2002 von Wagenbachs dritter Ehefrau Susanne Schüssler übernommen, bleibt seinem Gründergeist treu. Das Unternehmen werde im Sinne von Klaus Wagenbachs Lebensmotto weitergeführt, heißt es in einer Verlagsaussendung: „Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden.“

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum

–3,9 % –11,8 % --1,9% Umsatz Gesamtmarkt

Stationärer Buchhandel

Umsatz Belletristik

Weitere Marktdaten zur österreichischen Buchbranche liegen für HVB-Mitglieder exklusiv monatlich dem anzeiger bei.

F O T O S : W I L H E L M W. R E I N K E , U R S U L A H U M M E R - B E R G E R

Am 17. Dezember 2021 ist der Verleger Klaus Wagenbach im Alter von 91 Jahren verstorben. Über 50 Jahre war er als Verleger tätig

Erhebung: xxxMedia Control im Auftrag des HVB.

„Die Ermordung des Professor Schlick“ (C. H. Beck) erzählt von der Erschießung des Physikers und Philosophen Moritz Schlick am 22. Juni 1936. Der 33-jährige Johann Nelböck, ein ehemaliger Student Schlicks, feuerte auf der Hauptstiege der Universität vier Schüsse auf den zu seiner Vorlesung eilenden Professor ab. „Da, du verfluchter Hund!“, rief er dabei, danach wartete er ruhig auf seine Verhaftung. Zu diese Zeit fanden sich Physiker, Mathematiker und Philosophen in Wien zu offenen Gesprächsrunden zusammen, um über den Wirklichkeitsbegriff zu diskutieren. Die Grundlage ihrer Debatten: Außerhalb der Sinneseindrücke existiert nichts. „David Edmonds führt in seinem Buch die komplexe und teils widersprüchliche Philosophie des logischen Empirismus auf anschauliche Weise mit den Lebensgeschichten der Protagonisten des Wiener Kreises zusammen“, so die Jury.

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Bücher für die Zukunft: Das Frühjahr in der Edition Körber

Drei Autoren, eine Mission: Die Demokratie vor Ort erneuern.

Anne Otto erzählt von einer Beziehung, die uns lebenslang prägt.

112 Seiten Klappenbroschur € 14,40 (A) ISBN 978-3-89684-292-3

ca. 280 Seiten Gebunden mit Schutzumschlag ca. € 20,60 (A) ISBN 978-3-89684-294-7

Erscheint am 17. Januar 2022

Erscheint im Mai 2022

Monika Rößiger erklärt uns den Stoff, aus dem die Zukunft ist.

Wolf Lotters Weg zu einer gerechteren Gesellschaft.

ca. 220 Seiten Klappenbroschur ca. € 18,50 (A) ISBN 978-3-89684-295-4

ca. 280 Seiten Gebunden mit Schutzumschlag ca. € 20,60 (A) ISBN 978-3-89684-293-0

Erscheint im Mai 2022

Erscheint im April 2022

Bestellungen über Brockhaus Kommission Telefon +49 · 71 54 · 13 27 - 25 oder bei allen Barsortimenten www.edition-koerber.de

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– Wissenswert –

Veranstaltungsmanagement, Social Media und Metadaten Die Online-Seminare des Mediakollegs im Winter und Frühajhr Gemeinsam mit dem mediacampus frankfurt bietet der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels unter dem Label „mediakolleg“ ein abwechslungsreiches Weiterbildungsprogramm an. Die Veranstaltungen richten sich an Buchhändler*innen, Verleger*innen, Verlagsmitarbeiter*innen, Autor*innen, aber auch Quereinsteiger*innen, die Einblicke in die Buchbranche gewinnen und vertiefen möchten. Das Programm für 2022 ist in Arbeit – einige Online-Termine gibt es schon jetzt zum Vormerken:

WEBINAR: ■ Veranstaltungen im Buchhandel neu denken 2. Februar, 11:00–12:30 Uhr In den vergangenen eineinhalb Jahren sind viele Herausforderungen, aber auch viele

innovative Ideen im Veranstaltungsbereich entstanden. Wie sie aussehen, erfahren Sie hier.

ONLINE-SEMINARE: ■ Online-Texten 18. Mai, 10:00–17:00 Uhr Schnell raus und schnell vergessen? Damit das nicht passiert mit Texten für OnlineKanäle, gilt es, für sie die richtige Form zu finden und Inhalte auf den Punkt zu bringen. Dieses Seminar zeigt: Authentische und wirkungsstarke Social-Media-Texte sind keine Hexerei. ■ Metadatenmanagement erfolgreich gestalten 19. Mai, 10:00–17:00 Uhr Hier erhalten Sie sowohl fachlichen Input als auch Impulse, wie Sie das Thema

Titelschutzmeldungen Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeigers. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E-Mail an Isabel Huber unter huber@hvb.at. Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB-Mitglieder* um nur € 80,–/ 6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–. Isabel Huber berät Sie gern unter huber@hvb.at, Tel. 01/512 15 35 DW 14. (*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)

Metadaten in Ihren Unternehmen positiv verankern und so zusammen mit vielen Kolleg*innen Produkte erfolgreich und zukunftsgerichtet verkaufen. Kosten (Online-Seminar): 250 Euro Kursgebühr für HVB-Mitglieder (zzgl. 20 % Ust.) 280 Euro Kursgebühr für Nichtmitglieder (zzgl. 20 % Ust.) Das laufend aktualisierte Seminarprogramm finden Sie unter www.buecher.at => Seminare. Kontakt: Julia Stumvoll, 01/512 15 35 29, mediakolleg@hvb.at

Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, dass die Titel bereits geschützt sind oder durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Boat Skipper B Kroatisches Küstenschifffahrtspatent in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Raimund Mandl Hauptstraße, 5112 Lamprechtshausen, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Die 14-Tage-Detox-Kur Entgiften und Kraft tanken mit genussvollen Rezepten in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Dr. Claudia Nichterl Zentagasse, 1050 Wien, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Verliebt in einer Winternacht in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Lonely Book Schillerring, 3130 Herzogenburg, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Begegnungen in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Jürgen Ellensohn Bäkalastein, 6836 Viktorsberg, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Gefängnistagebücher in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Mizanur Khan Gerasdorfer Straße, 1210 Wien, Österreich Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Das Wiener Cottage Der Traum vom gesunden Wohnen in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Wiener Cottage Verein Sternwartestraße 38, 1180 Wien, Österreich, 6836 Viktorsberg, Österreich

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– Wissenswert –

Oliver Zille leitet seit 2004 die Leipziger Buchmesse als Direktor

Vorfreude auf Leipzig Nächstes Jahr ist Österreich Gastland bei der Leipziger Buchmesse. Die Vorbereitungen laufen bereits, wie der Direktor Oliver Zille erläutert Bis zum österreichischen Gastlandauftritt in Leipzig dauert es noch über ein Jahr, die Planung dafür läuft aber bereits. Erste Ideen dazu habe es schon vor mehr als zehn Jahren gegeben, berichtet Oliver Zille, seit 2004 Direktor der Messe. „Österreich ist der wichtigste ausländische Buchmarkt für Deutschland. Darüber hinaus lenken wir als Leipziger Buchmesse seit vielen

Jahren den Blick auf die Literatur Mittel-, Ost- und Südosteuropas. So entstehen automatisch enge Verbindungen zum österreichischen Buchmarkt.“ In diesem Jahr wird Österreich einen ersten Gruß nach Leipzig schicken. Neben dem Messeauftritt gibt es auf dem Messegelände und in der Stadt erste Lesungen, die auf 2023 einstimmen. In Leipzig arbei-

tet man eng mit der Gastland-Organisation des HVB und der Künstlerischen Leiterin Katja Gasser zusammen, das Programm nehme allmählich Gestalt an, meint Zille. Die aktuelle Corona-Lage macht solche Vorbereitungen enorm schwierig. Trotzdem blicke man in Leipzig der diesjährigen Messe (17.–20. 3.) mit Freude entgegen, sagt Zille. „Die Branche sehnt sich nach persönlichen Treffen, und wir sehnen uns danach, endlich wieder Gastgeber dafür zu sein. Die Literatur braucht wieder mehr Sichtbarkeit, dafür können wir die Bühne bieten.“ Obwohl die österreichische Literatur der deutschen nahesteht, liegt der Fokus in Leipzig darauf, Österreichs kulturelle Besonderheiten zu betonen und in Deutschland zu präsentieren, erklärt Zille. „Auch wenn die Sprache die gleiche ist, verfügt Österreich doch über eine ganz eigene und vielfältige Literatur.“ Österreichs große literarische Namen sind in Deutschland bekannt, nun sei es an der Zeit, auch der neuen literarischen Generation mehr Öffentlichkeit zu geben. „Ein Gastlandauftritt bringt immer auch bisher eher unbekannte, junge Autor*innen auf die Bühne. Ich bin mir sicher, dass wir die ein oder andere ganz unerwartete literarische Entdeckung machen werden. Darauf freuen wir uns besonders.“

Aus der Sprachlosigkeit kommen

FOTO: TOM SCHULZE

„Facetten – Das literarische Jahrbuch der Stadt Linz“, herausgegeben von Erich Klein, feierte achtzigjähriges Bestehen Das „Literarische Jahrbuch der Stadt Linz“ zählt zu den beständigsten Anthologien Oberösterreichs. Seit 1970 erscheint sie unter dem Namen „Facetten“ und feierte letztes Jahr achtzigjähriges Bestehen. Einmal im Jahr werden oberösterreichische Autor*innen dazu eingeladen, literarische Arbeiten einzusenden. Formale Versuche, thematische Besonderheiten und stilistische Wagnisse sind willkommen, ausgewählt wird vom Herausgeber Erich Klein. In der kürzlich erschienenen Ausgabe des Jahres 2021 finden sich Lyrik wie Prosa, kurze Sprachexperimente und wortgewaltige Erzählungen. Zu diesen gehört Ortrun Veichtlbauers Erzählung „St. P. Eine Mikrogeschichte“. „Der Text begibt sich auf die Suche nach einer neuen, hybriden Form des Schreibens zwischen Literatur und Geschichte“,

schreibt Erich Klein im Vorwort. Der Text ist in vielerlei Hinsicht offen: Wenn Veichtlbauer über den Ersten Weltkrieg erzählt, weiß man nicht, wessen Stimme man hört: die der Autorin, die auch Historikerin ist, oder die des „Innviertler Opa Anton“, der zu seinen Enkeln kaum über den großen Krieg seiner Jugend gesprochen hat. Wie kann man aus Sprachlosigkeit Geschichte schreiben? Oder: eine Geschichte? „In einer Familie im Modus der Sprachlosigkeit muss man forschen, so gibt Sprachlosigkeit beiläufig Anlass zum Staunen, sodass man vor Staunen fast von Neuem sprachlos werden muss, ein sich drehender Kreislauf“, heißt es in der „Mikrogeschichte“. Sprachlos sind die Autor*innen des facettenreichen Jahrbuches bestimmt nicht. Und ihre Texte regen zum Staunen an.

„Facetten. Das Literarische Jahrbuch der Stadt Linz“, Bibliothek der Provinz

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– Essenziell – Marktdaten 2021

Harte Zeiten, gute Werke DURCHWACHSEN WAR DAS JAHR 2021 FÜR DIE ÖSTERREICHISCHE BUCHBRANCHE. DIE PANDEMIE HAT DEN BUCHHANDEL AUCH IN DIESEM JAHR SCHWER GETROFFEN, TROTZDEM SIND DIE UMSATZZAHLEN IN VIELEN SPARTEN BESSER ALS ERWARTET

Text: Linn Ritsch Infografik: Georg Feierfeil / schorschfeierfeil.com

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nsgesamt ist das letzte Jahr ganz ordent­ lich verlaufen, zumindest besser als das sehr schwierige Jahr 2020“, sagt Ale­ xander Potyka, Vorsitzender des Österrei­ chischen Verlegerverbandes. „Natürlich hat unsere Branche aber, ebenso wie alle ande­ ren, unter der Pandemie gelitten.“ Der Buch­ gesamtmarkt verzeichnet im Vergleich zu 2020 in diesem Jahr ein Plus von 4,2 Prozent. Verglichen mit 2019 ist der Umsatz immer­ hin um 0,4 Prozent gestiegen. Quer über alle Warengruppen, Ausgabeformen und Absatz­ wege stieg der Buchpreis um nur 1,6 Prozent gegenüber 2020, die Erhöhung bleibt also deutlich unter der durchschnittlichen Teu­ erungsrate. Ein Buch kostete in Österreich 2021 im Schnitt 15,08 Euro.

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– Essenziell – Marktdaten 2021

Jahres-Charts Belletristik Hardcover

1 RehragoutRendezvous Rita Falk, DTV 2 Der erste letzte Tag Sebastian Fitzek, Droemer HC 3 Uhudler-Verschwörung Thomas Stipsits, Carl Ueberreuter 4 Dunkelkammer Bernhard Aichner, btb 5 Playlist Sebastian Fitzek, Droemer HC

Sachbuch Hardcover

1 Kurz Peter Pilz, Kremayr & Scheriau 2 Von der Pflicht Richard David Precht, Goldmann 3 Und erlöse uns von den Blöden Monika Gruber, Andreas Hock, Piper 4 Die Bibel in Reimen Thomas Brezina, Joppy 5 Pfoten vom Tisch Hape Kerkeling, Piper

Ratgeber Hardcover

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1 Weihnachten mit Christina, Christina Bauer, Löwenzahn 2 Backen mit Christina Christina Bauer, Löwenzahn 3 Das Kind in dir muss Heimat finden Stefanie Stahl, Kailash 4 Brot backen mit Christina Christina Bauer, Löwenzahn 5 Kuchen backen mit Christina Christina Bauer, Löwenzahn

STATIONÄRER BUCHHANDEL MIT STARKEM MINUS Ein Blick auf die Umsatzentwicklung im stationären Buchhandel lässt die Lage deutlich weniger erfreulich erscheinen. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 verliert der stationäre Buchhandel im Ladenverkauf mehr als ein Zehntel seines Umsatzes und kommt auf ein Minus von 13,2 Prozent. Diese Schere zwischen stationärem Umsatz und Gesamtumsatz macht deutlich, dass es gelungen ist, Verluste durch das Onlinegeschäft zum Teil abzufedern. Ladenverkäufe sind für den Buchhandel weiterhin essenziell: Kund*innen wissen es

zu schätzen, vor Ort aussuchen, lesen und stöbern zu können. Der Vorsitzende des Verbandes der Antiquare Österreichs, Michael Steinbach, erklärt, wie wichtig persönliche Interaktion ist: „Gerade das antiquarische Buch ist ein haptisches Erlebnis. Fast alle meine Kolleg*innen im antiquarischen Verkauf haben in ihren Geschäften ein sehr gutes Onlineangebot, deswegen hat sich 2021 für uns nicht als Tragödie erwiesen. Aber auch der beste Onlineauftritt kann den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.“ Auch hier sprechen die Zahlen für sich: Knapp 60 Prozent der Buchkäufe wurden 2021 trotz aller Lockdowns im Ladengeschäft getätigt. Ein besonderer Wermutstropfen

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– Essenziell – Marktdaten 2021

Pandemie-Maßnahmen nicht mehr ganz so unvorbereitet getroffen. „Andererseits war die Solidarität der Kund*innen und ihr Bemühen, den Buchhandel in der Krise zu unterstützen, zu Beginn der Pandemie deutlicher spürbar“, sagt Potyka. Pandemiemüdigkeit spielt also auch bei der Kundschaft der Buchhandlungen eine Rolle. Auch hier sind die Auswirkungen des langfristig eingeschränkten oder fehlenden persönlichen Kontaktes spürbar. Eine gewisse Entlastung brachte die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bücher, die bis zum Ende des letzten Jahres bei 5 Prozent lag. SCHWACHER VERKAUF IM DEZEMBER 2021 Obwohl der Dezember mit 17 Prozent Verkaufsanteil der umsatzstärkste Monat 2021 war, gibt es gegenüber dem Vorjahr 2020 ein Gesamtumsatzminus von 3,9 Prozent (alle Absatzwege). Der stationäre Buchhandel verliert sogar 11,8 Prozent. Der Hauptgrund für diesen Rückgang war der vollständige Lockdown bis 12. Dezember, der für Ungeimpfte bis jetzt andauert. „Der letzte Lockdown des Jahres hat uns kalt erwischt“, sagt Helmut Zechner, Vorsitzender des Österreichischen Buchhänderverbandes. „Das Weihnachtsgeschäft ist in unserer Branche extrem wichtig, vor allem auch im Einzelhandel vor Ort. Die stark gesunkenen Verkaufszahlen zeigen das deutlich: Allein in der Woche zwischen dem 6. und dem 11. Dezember sehen wir ein Umsatzminus von 50 Prozent.“

sei der Ausfall der internationalen Messen gewesen, sagt Steinbach. „Die Messen sind zwar nur für einen kleinen Teil der österreichischen Händler von Bedeutung – für diese dann aber umso mehr.“ PANDEMIEERFAHRUNG – PANDEMIEMÜDIGKEIT Im Vergleich mit dem Krisenjahr 2020 konnten alle Warengruppen im letzten Jahr wieder zulegen: Die Belletristik (+8,1 Prozent) und die Geisteswissenschaften/Kunst/Musik (+6,8 Prozent) weisen den höchsten Zuwachs auf, gefolgt vom Kinder- und Jugendbuch (+5,6 Prozent). Buchhändler*innen wurden im vergangenen Jahr von den

„Unser Gewerbe ist grundsätzlich spekulativ – und wie kann man spekulativ arbeiten und pessimistisch sein?“ Alexander Potyka

SPEKULATION UND OPTIMISMUS Wie auch schon das erste Corona-Jahr war auch 2021 von der Pandemie geprägt. Eine herausfordernde Zeit, gerade für den Buchhandel. Trotzdem ist die Stimmung nicht ausschließlich düster. „Auch in Krisenzeiten muss man optimistisch bleiben“, sagt Potyka. „Unser Gewerbe ist grundsätzlich spekulativ – und wie kann man spekulativ arbeiten und pessimistisch sein? Das ist eigentlich gar nicht möglich.“ HVB-Präsident Benedikt Föger sieht einige positive Entwicklungen. „Wir freuen uns, dass der österreichische Buchhandel das Vorkrisenniveau nicht nur halten konnte, sondern sogar ein leichtes Umsatzplus verzeichnet. Die Branche konnte durch ihr hohes Engagement und ihr rasches Anpassungsvermögen und vor allem durch den Ausbau des Online- und Versandgeschäftes gut auf die Herausforderungen der Pandemie reagieren.“ «

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– Schwerpunkt: Editor’s Choice – Bücherfrühling

Geschichten über den Aufbruch an neue Orte haben uns schon immer begleitet

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n letzter Zeit hört man nicht mehr so viel von Fluchtrouten, Migrationswellen und gesunkenen Schlepperbooten. Um diese „Krise“ ist es still geworden. Vielleicht, weil man sich nicht auf viele unterschiedliche Dilemmata gleichzeitig einlassen kann, vielleicht, weil jedes Problem mit der Zeit an medialer Schlagkraft verliert und durch ein anderes ersetzt werden muss. Tatsächlich ist das Thema heute nicht weniger relevant als vor einigen Jahren. Reisen, der Aufbruch ins Unbekannte, das Zurücklassen der alten Heimat und die Suche nach einer neuen sowie erzwungenes oder selbst gewähltes Exil – all das hat

Was liegt zwischen der alten Heimat, die man hinter sich lässt, und der neuen, nach der man sucht – Reiselust, Flucht, Abenteuer? Zum neuen Jahr empfehlen wir Bücher über den Aufbruch ins Neuland

Text: Linn Ritsch

die Menschheit immer begleitet. Es sind darüber unzählige Erzählungen geschrieben worden, viele davon haben Weltruhm erlangt wie Camus’ „Der Fremde“ oder Cervantes’ „Don Quijote“. Ruhm gebührt auch den folgenden, in jüngerer Zeit erschienenen Büchern, deren Autor*innen sich mit diesem Thema befassen. Jede*r auf seine eigene Weise, doch eines ist für alle zentral: das Fremdsein. Claudia Durastanti hat ihren neuen Roman nach diesem Gefühl benannt: In „Die Fremde“ (Zsolnay) erzählt sie eine Geschichte, die von Migration und Isolation geprägt ist – die Geschichte ihrer eigenen Familie.

FOTO: ISTOCK

Weglaufen, durchreisen und ankommen

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– Schwerpunkt: Editor’s Choice – Bücherfrühling

Sie beginnt mit dem Selbstmordversuch des taubstummen Vaters der Protagonistin, ihre Mutter hält ihn davon ab, von der Brücke zu springen. Auch sie ist gehörlos. Die Erzählung führt uns zu den Großeltern nach Italien, in die Kindheit der Eltern, durch ihr Erwachsenwerden, hinein in die erste Fremdheit: In den 1960er-Jahren verlassen sie Italien und wandern nach Brooklyn aus. Nachdem sich die Eltern getrennt haben, kommt Claudia mit der Mutter zurück in das kleine Dorf in der Basilikata, das ihre Eltern vor Jahren verlassen haben. Es ist nicht Claudias Heimat. Sie ist fremd in allem. Weil sie den falschen Nagellack trägt, weil sie nicht weiß, wie sie mit der Situation hier umgehen muss, in einem Ort, dessen größte Attraktion die Autowaschanlage ist. Italienisch muss sie sich selbst beibringen, die Mutter hat es nie gelernt. „Jedes einzelne meiner Privilegien habe ich dank der Sprache erworben und verloren“, schreibt Durastanti, die Fremde. Im Roman dient Sprache der Verkettung von Erinnerungen und Assoziationen; sie hüpft in unregelmäßigen Sprüngen von einem Ereignis zum nächsten, manchmal distanziert, dann eindringlich und persönlich. „Die besten autobiografischen Geschichten in der Literatur sind für mich jene, die nie geschrieben hätten werden sollen“, sagt Durastanti über ihren Roman. „Wenn du sie über lange Zeit hindurch aufbaust, dann werden sie auf die eine oder andere Art irgendwann explodieren.“

„Meine Flucht war wie mein Schreiben: Impulsgeschichten“ Hamed Abboud

burtsort und davon, wie anders es dort war. Nicht unbedingt besser, nur anders. „Mein Name ist Hamed, und ich komme aus der Stadt, die die Assoziation von Wüste nicht von sich weisen kann, obwohl der Euphrat sie wie eine Lungenarterie durchfließt.“ Von seinem neuen Leben erzählt Abboud in kleinen Schlaglichtern, die Texte sind meist nur wenige Seiten lang. Sie sind fragmentarisch und fragil, eigentlich Prosa, aber manchmal vielleicht doch Lyrik. Die Geschichten, die der Erzähler in seinem Bart versteckt, sind nicht grauenvoll, sondern liebevoll. „Ich wünschte mir, dass alle Menschen plötzlich wie jeder normale Hamed würden und begriffen, dass das Leben mehr gibt, als es nimmt“, heißt es in einer der Erzählungen. Die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk schreibt in „Unrast“ (Kampa) darüber, was das Leben gibt, was es nimmt und wohin es einen führt. Für die Protagonist*innen dieses Textes, der in seiner zerrissenen und unzusammenhängenden Form die Kategorie „Roman“ beinahe sprengt, ist Ankommen nicht das Ziel. Tokarczuk schildert rastlose Menschen, die das Fremdsein suchen und sich oft auch selbst fremd sind. Das Buch umfasst Jahrhunderte und verbindet alle Kontinente der Erde. Die Erzählerin selbst ist süchtig nach dem Reisen, sie lebt nirgends dauerhaft, sondern verbringt ihre Zeit in Hotels in verschiedenen Städten, in denen sie arbeitet, um ein bisschen Geld zu verdienen, gerade genug, um weiterreisen zu können. Die Welt, in der sie lebt, ist ein Dazwischen, und als solches muss man ihr begegnen, schreibt die Erzählerin: „Die Welt nur in Bruchstücken sehen, eine andere wird es nicht geben. Es gibt Augenblicke, Fragmente, vorübergehende Konfigurationen, die kurz nach ihrer Entstehung wieder zerfallen.“ Ian Goldin und Robert Muggah haben die Bewegung von Menschen und ihrer Lebenswelt mit Zahlen, Daten, Karten und aufschlussreichen Analysen greifbar gemacht. Im „Atlas der Zukunft“ (DuMont) sehen wir das „Dazwischen“ der Menschen: Der Atlas knüpft Verbindungen zwischen der ständigen Bewegung der Menschen und ihrer Umwelt. Migration, Flucht, Globalisierung und Verstädterung werden anschaulich gezeigt und erklärt. Indem wir diese Phänomene verstehen, begreifen wir vor allem eines: Der Mensch wird niemals aufhören, sich ins Unbekannte aufzumachen. «

Autobiografisch sind auch die Texte in der neuen Kurzgeschichtensammlung von Hamed Abboud. „In meinem Bart versteckte Geschichten“ (Edition Korrespondenzen) erzählt vom Ankommen in einem neuen Land, in dem alles fremd ist. Auch für Abboud bietet Literatur eine Möglichkeit, sich der eigenen Geschichte anzunähern und sie zu verarbeiten: „Meine Flucht war wie mein Schreiben: Impulsgeschichten.“ 2012 floh er vor dem syrischen Bürgerkrieg, zuerst nach Ägypten, dann nach Dubai und weiter in die Türkei. Seit 2014 lebt er in Österreich, von dem er in diesen Geschichten berichtet. Was es hier bedeutet, als syrischer Flüchtling einen schwarzen Bart zu tragen, zum Beispiel. Oder wie man mit Kriegserinnerungen umgeht, in einem Land, das seit Jahrzehnten keinen Krieg gesehen hat. Über die neue Heimat kann man nicht erzählen, ohne auch an die alte zurückzudenken. Abboud erinnert sich an seinen Ge-

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– Schwerpunkt: Buchhandel – Bücherfrühling

Gartenkrimis, politische Skandale, romantische Segeltrips: Ein literarischer Frühlingsmix Gunter Drexler von der Buch- und Papierbuchhandlung Drexler in Pinkafeld

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„Martina Parkers neues Buch ist ein herrlicher Mix aus Kriminalroman, Gartenbuch, Biologiestunde, Burgenlandreiseführer und ,Die Hexen von Eastwick‘“ Gunter Drexler

„Judith Taschlers Bücher kommen unaufgeregt und leise daher – und hauen einen dann vom Hocker“ Brigitte Stark

berreuter, Carl Verlag) der neue Krimi des Kabarettisten und Autors Thomas Stipsits. Nach einer längeren Auszeit meldet er sich mit diesem Roman zurück und erzählt von der Eierkratztradition, einem alten Stinatzer Kunsthandwerk, das in der Osterzeit von einigen wenigen Frauen ausgeübt wird. Dies führt den „burgenländischen Columbo“ zum bisher kniffligsten Fall seiner Karriere. „Der perfekte Roman für alle, die gern Regionalkrimis lesen und mehr über die Tradition des Eierkratzens erfahren wollen.“ Vom Burgenland hinaus in die weite Welt. Die Kulisse von Michel Houellebecqs neuem Roman „Vernichten“ (DuMont Buchverlag) ist die französische Präsidentschaftswahl 2027. „Schon vorab kursierten Raubkopien des Romans – interessanterweise handelt auch der Roman selbst von Deep Fake und Computerhacken“, sagt Drexler. Als Gegenstück empfiehlt er „Du hast gesagt, es ist für immer“ (Penguin Random House), den Debütroman der ehemaligen Radiosprecherin und Journalistin Thrish Doller aus Irland. „Die Protagonistin Anna hat ihre große Liebe verloren und beschließt, die geplante Segelreise in die Karibik nun mit einem irischen Segler anzutreten, der auch mit einem großen Verlust kämpft.“ Die gemeinsame Reise lenkt das Leben beider wieder in eine hoffnungsvolle Richtung. „Eine Liebesgeschichte, die unter die Haut geht. Der Roman steckt voll Mut, ist lebensbejahend, herzlich und einfach menschlich.“ Eine Mischung aus humorvollen Krimis, politischen und romantischen Romanen für diesen Frühling. Buch- und Papierbuchhandlung DeschDrexler, Pinkafeld, www.desch-drexler.at

F O T O S : P R I VA T

ie Buch- und Papierbuchhandlung Desch-Drexler in Oberwart und Pinkafeld ist ein Familienunternehmen mit Tradition. „1937 wurde die Buchhandlung von Franz Desch gegründet. Caroline Drexler und ich führen das Unternehmen schon in dritter Generation“, erzählt Inhaber Gunter Drexler, nebenher auch Obmann der Buch- und Medienwirtschaft Burgenland. Gemeinsam betreiben sie das Hauptgeschäft in Pinkafeld. Es gibt außerdem eine Filiale in der HTBL und eine Filiale im Einkaufzentrum in Oberwart. „Momentan beschäftigen wir zwölf Mitarbeiter*innen“, erklärt der Buchhändler. Gemeinsam mit seinem Team versorgt er die literaturbegeisterten Burgenländer*innen mit Lesestoff, veranstaltet Buchpräsentationen österreichischer und internationaler Autor*innen und bringt Literatur in die Schulen des Burgenlands. Das Land ist auch Schauplatz humorvoll geschriebener Kriminalgeschichten, die uns im Frühjahr erwarten. Nach dem großen Erfolg von „Zuagroast“ bringt Bestsellerautorin Martina Parker den neuen Gartenkrimi „Hamdraht“ (Gmeiner Verlag) in die Buchhandlungen. Das Setting der Abenteuer des „Klubs der Grünen Daumen“ ist das Südburgenland, wo die Lokaljournalistin Vera während ihres Wellnessurlaubs über eine Leiche stolpert. „Ein herrlicher Mix aus Kriminalroman, Gartenbuch, Biologiestunde, Burgenlandreiseführer und ,Die Hexen von Eastwick‘“, sagt Drexler. Es sei „provinziell“, gehöre aber dennoch von der ganzen Welt gelesen. Besonders freue er sich auf die Buchpräsentation im Frühjahr, die in seiner Buchhandlung stattfinden wird. Von einem alten burgenländischen Brauch erzählt uns „Eierkratz-Komplott“, (Ue-

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– Schwerpunkt: Buchhandel – Bücherfrühling

Vorfreude auf einen starken österreichischen Frühling Brigitte Stark von Stark-Buch in Gmünd

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eit 2011 führt Brigitte Stark gemeinsam mit ihrem Mann und zwei Mitarbeiter*innen eine Buchhandlung in Gmünd. Als literarischer Nahversorger im oberen Waldviertel finden Leseratten in der Buchhandlung Stark „alles quer durch den Gemüsegarten“. Das große Engagement von Birgit Stark und ihrem Team wurde 2018 mit dem Buchhandlungspreis ausgezeichnet. Ein Event, auf das sich die Buchhändlerin besonders freut, ist die Buchpräsentation des neuen Romans „Über Carl reden wir morgen“ von Judith Taschler, der im April im Zsolnay Verlag erscheint. Er ist ihr persönliches Highlight der Frühjahrssaison. „Judith Taschler ist eine meiner Lieblingsautor*innen, darum freut es mich besonders, dass sie zu uns in die Buchhandlung kommt. Ihre Bücher

kommen unaufgeregt und leise daher – und hauen einen dann vom Hocker.“ Im diesjährigen Frühjahrsprogramm finden sich noch weitere österreichische Romane. Ein Fixstarter ist Wolf Haas, der Simon Brenner und seine Leserschaft in „Müll“ (Hoffmann und Campe) diesmal auf einen Wiener Mistplatz führt, wo immer mehr Leichenteile entdeckt werden. Titel zu den Themen Medien, Politik und Macht findet Stark besonders interessant. „Die Pandemie und Fragen, die dadurch aufgeworfen werden, sind in den Neuerscheinungen sehr präsent.“ So handelt der neue Roman „Die Einstellung“ (Suhrkamp) des israelisch-österreichischen Autors Doron Rabinovici von Fake News und „alternativen Wahrheiten“. „Im Roman schwingen Popu-

lismus und Rechtsruck mit – alles, was im Moment leider auch Realität ist.“ Neben politischen Themen zeichnet sich auch ein Rückzug ins Private ab. „Inhalte wie Familie, Liebe und interkultureller Austausch stehen wieder im Vordergrund.“ In diesem Zusammenhang empfiehlt sie „Liebesheirat“ von Monica Ali (Klett-Cotta). Stark hat den Familien- und Liebesroman schon auf Englisch gelesen und ist restlos begeistert. „Ali stammt aus Bangladesch und ist in England aufgewachsen. In ihrem neuen Buch erzählt sie von diesem Leben zwischen den Welten und bricht Klischees in guter englischer Erzählmanier auf.“ Stark-Buch Bahnhofstraße 5, 3950 Gmünd www.stark-buch.buchkatalog.at

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James Joyce im Studentengärtlein des Johannes Jeep Text: Erich Klein Illustration: Katharina Klein

JAMES JOYCE (1882–1941): „ULYSSES (1922)“

Vor hundert Jahren, am 2. Februar 1922, beendet der Schriftsteller James Joyce an seinem vierzigsten Geburtstag und nach sechsjähriger Arbeit den Roman „Ulysses“. Als Sohn eines bankrotten Kalkgrubenbesitzers 1882 in Dublin geboren, besuchte Irlands bedeutendster Schriftsteller zunächst ein Jesuitenkolleg und begab sich nach dem Studium moderner Sprachen ins „Exil“ nach Paris, später nach Triest und Zürich. Seinen ersten Gedichtband „Chamber Music“ veröffentlicht der Bohemien 1907, seinen Lebensunterhalt verdient er als Sprachlehrer. Noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs erscheint der Erzählband „Dubliner“, 1916 folgt das „Porträt des Künstlers als junger Mann“. Die Erzählungen über sinistre Outsider seiner Heimatstadt und das semiautobiografische Romandebüt führen nahtlos zum epochalen Romanexperiment „Ulysses“. In einer monumentalen Paraphrase des abendländischen Grundtextes – Homers „Odyssee“ – wird mit den Mitteln eines unablässig sich erneuernden Sprachspiels ein „Welt-Alltag der Epoche“ (Hermann Broch) beschrieben. Dublin, 16. Juni 1904, acht Uhr morgens. Drei junge Medizinstudenten, die einen Festungsturm in Meeresnähe bewohnen, ulken: „Introibo ad altare Dei“. Der Altar des modernen Romans wird durch die Verarschung der Morgenandacht betreten. Einer von ihnen, Stephen Daedalus, versinkt in Gedanken an die verstorbene Mutter, um sich dann

in die Schule zu begeben, wo er Geschichte unterrichtet. Direktor Deasy erteilt ihm eine Lektion in irischem Antisemitismus. Der anschließende Strandspaziergang zelebriert Joyce’ neue Erzähltechnik des „stream of consciousness“ erstmals in Perfektion. Zur selben Zeit beginnt die eigentliche Hauptfigur des Romans, Leopold Bloom, für seine Frau Molly das Frühstück zu bereiten. Der wenig erfolgreiche Annoncenakquisiteur ist nicht nur ein Liebhaber von Hammelnieren, die gerade am Ofen verkohlen, als Sohn eines aus Ungarn ausgewanderten Juden ist er im katholischen Dublin der Inbegriff des Außenseiters. Am Weg zu einem Begräbnis sinniert er über die Affäre seiner Frau mit ihrem Konzertmanager. Es sind an die sechzig Figuren, die in achtzehn stilistisch höchst unterschiedlichen Kapiteln den Gang von Leopold Bloom und Stephen Daedalus durch Dublin flankieren: eine Irrfahrt durch Bibliothek und Zeitungsredaktion, durch Pubs und Krankenhaus. Im Bordell führen die Wege der beiden Protagonisten schließlich zusammen. Shakespeare, Psychoanalyse, die Mythen aller Völker sind das Unterfutter eines Pandämoniums, das mit der berühmtesten verbalen Ekstase der Weltliteratur endet. Ehefrau Molly Bloom monologisiert orgiastisch darüber, wie alles begann: „und ich hab ihm zuerst die Arme um den Hals gelegt und ihn zu mir niedergezogen daß er meine Brüste fühlen konnte wie sie dufteten und das Herz ging ihm wie verrückt und ich hab ja gesagt ja ich will Ja.“ Bis heute wird der fast eintausendseitige Tag des „Ulysses“ als „Bloomsday“ gefeiert.

James Joyce: Ulysses (Sonderausgabe Dunkelblau) Übersetzt von Hans Wollschläger Suhrkamp 2022

Joyce’ Schöpfung hat Nicolas Mahler zu einer Bilderzählung inspiriert, die keine Illustration oder Adaption des Romans darstellt, sondern ein eigenständiges, erfindungsreiches und witziges Werk. Im Comic werden die verschiedenen literarischen Techniken des Originals zeichnerisch verwandelt. Mahler montiert, zitiert und schwadroniert dabei ganz im Geiste von Joyce.

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– International –

Unter Druck Abdulrazak Gurnah hat letztes Jahr den Literaturnobelpreis erhalten. Der Penguin Verlag macht seine Bücher dem deutschsprachigen Publikum wieder zugänglich Text: Linn Ritsch

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atlosigkeit in der deutschsprachigen Literaturszene nach dem 10. Dezem­ ber 2021: Der tansanische Schriftsteller Abdulrazak Gurnah wurde als Gewinner des Literaturnobelpreises vorgestellt. Seine Wer­ ke, die im Original auf Englisch veröffent­ licht wurden, waren in deutscher Sprache vergriffen. Mehrere Verlage bekundeten ihr Interesse, Gurnahs Werke neu übersetzen zu lassen, den Zuschlag bekam der Penguin Verlag in München. „Dass Penguin über­ zeugen konnte, freut uns enorm“, sagt die Verlegerin Britta Egetemeier. „Abdulrazak Gurnah hat zehn Romane veröffentlicht, die wir nach und nach neu übersetzen las­ sen bzw. wieder lieferbar machen werden. Hier gibt es ein ganzes Werk neu kennen­ zulernen.“ Abdulrazak Gurnah ist nach Wole Soyin­ ka 1986 der zweite schwarze afrikanische Li­ teraturnobelpreisträger. Sein zehn Romane und mehrere Kurzgeschichten umfassendes Werk war weitgehend unbekannt, was in Literaturkreisen seit Jahren kritisiert wurde. „Gerade jetzt und besonders in Deutschland und Europa haben uns Abdulrazak Gurnahs Romane sehr viel zu sagen. Zugehörigkeit und Entwurzelung, Migration und Fremd­ sein, manchmal Heimkehr“, erklärt Egete­ meier. In Gurnahs Bücher gehe es um uni­ versale menschliche Erfahrungen. Das Interesse der Leserschaft an seinen Werken ist groß, berichtet der Verlag. „Das verlorene Paradies“ erschien im Dezember, seitdem befindet sich der Roman in den oberen Plätzen der Bestsellerlisten. Im März wird „Ferne Gestade“ bei Penguin veröffent­ licht. Auch mit diesem Text wendet sich der Autor gegen einen verzerrten Blick auf die westliche Kolonialherrschaft: „Ich will der Vorstellung widersprechen, dass der euro­ päische Kolonialismus Ostafrika von der Trägheit zur Zivilisation führte. Die Realität ist komplexer, denn während vieler Jahr­

Abdulrazak Gurnah, Literaturnobelpreisträger 2021

hunderte fanden viele andere Interaktionen statt, die bis heute andauern.“ Gurnahs neuester Roman „Afterlives“ kommt im Herbst auf den Markt. Bis dahin wird das Warten durch Lesereisen und per­ sönliche Auftritte des Literaturnobelpreis­ trägers verkürzt. „Wir freuen uns, dass er im März auch auf der Leipziger Buchmesse Gast sein wird“, sagt Egetemeier. Denn Gurnahs Literatur sei es wert, von einem großen Pu­ blikum gelesen zu werden: „In der Tradition und Schönheit des Geschichtenerzählens erweitert sie den Blick über die Kontinente hinaus und ins Herz der Menschen.“

„Zugehörigkeit und Entwurzelung, Migration und Fremdsein, manchmal Heimkehr – die Romane Abdulrazak Gurnahs handeln von universalen menschlichen Erfahrungen“ Britta Egetemeier

Britta Egetemeier, Verlegerin Penguin Random House

Steckbrief Penguin Random House Verlagsgruppe: Unternehmenssitz: München Geschäftsführer: Thomas Rathnow (Vorsitzender) Anzahl Mitarbeiter*innen: ca. 900 in 40 Verlagen

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Goldegg Verlag Wien

Elmar Weixlbaumer Text: Lisa Schöttel Foto: Nathalie B. Bauer

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eit zwanzig Jahren gibt es den Goldegg Verlag, seit dreißig Jahren ist der Verleger, Autor und Medienexperte Elmar Weixlbaumer im Geschäft. Trotzdem: Die Formel für den Bestseller hat der gebürtige Tiroler noch nicht gefunden. „Ich bin immer wieder überrascht. Manchmal verkauft sich ein Buch unglaublich gut, und man weiß nicht, warum. Manchmal entpuppt sich ein Titel trotz Top-Autor*in als totaler Flop“, erzählt der Unternehmer. Die Suche nach einer allgemeingültigen Bestseller-Formel empfindet Weixlbaumer als reine Zeitverschwendung. „Kultur ist menschlich und emotional. Die inhaltlichen Bestandteile sind nur ein Teil dessen, was einen Bestseller ausmacht. Alles andere, nämlich der Zeitpunkt des Erscheinens, die Verfassung der Leser*innen, ihre Wünsche – das alles lässt sich nicht analysieren.“ Dabei hat der gebürtige Tiroler Mathematik studiert und ist gewohnt, die Welt mit logischen Formeln zu erklären. Nach einer Tätigkeit als Führungskraft im Bankwesen wechselte er in den Medienkonzern Bertelsmann und war in einer österreichischen Tochterfirma IT-Director. Dass er dort mit Büchern arbeitete, gefiel ihm: „Bücher sind das, wo ich immer hinwollte, auch wenn ich es zunächst nicht wusste.“ Als Arbeitsumfeld war der Konzern allerdings nicht das Richtige. 2002 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Verena Minoggio-Weixlbaumer den Goldegg Verlag. Die Schwerpunkte des Verlags spiegeln sich in den Farben des Logos wider: Blau für Gesundheit und Leben, Rot für Wirtschaft und Grün für Gesellschaft. Die Goldegg Training Verlags- und Medienakademie ist Weixlbaumers „Baby“. „Wir wollen Wissen nicht nur in Form von Büchern, sondern auch in der Praxis wei-

„Bücher sind das, wo ich immer hinwollte, auch wenn ich es zunächst nicht wusste“

tergeben“, sagt der Verleger. Die Arbeit mit Büchern umfasse neben der künstlerischen und kulturellen Aufgabe eben auch viel handwerkliches Können sowie unternehmerische Kenntnisse und Fertigkeiten. „In zwei Semestern erhalten Interessierte das notwendige Handwerkszeug und Know-how, um im Verlagswesen durchzustarten.“ Zwanzig neue Verlage sind über den Lehrgang bereits entstanden, das Abschlusszertifikat ist in der

Branche hoch angesehen. „Mittlerweile haben wir Wartelisten für Plätze im Lehrgang, die Nachfrage ist enorm.“ Eine Portion Glück gehöre aber dazu, um sich als Jungverlag zu etablieren. Der Goldegg Verlag hatte es. Inzwischen ist das Team auf 15 Mitarbeiter*innen gewachsen, der Verlag hat Standorte in Wien und Berlin und bringt zwanzig Neuerscheinungen im Jahr heraus. Mit den diesjährigen Frühjahrstiteln greift man aktuelle Trends auf: Influencer Kojo Boison spricht in „Grenzenlos. Lebe dein Leben, wie du willst“ über seinen Aufstieg als YouTube-Star und erklärt, wie man Teil der „Generation Glücklich“ wird. Anke Elisabeth Ballmann hilft in „Das FaultierPrinzip“ Eltern dabei, Kinder auf sanfte Weise zu fördern und sie für die Anforderungen des Lebens stark zu machen. „Unsere Mission als Verlag ist“, erklärt Weixlbaumer, „Wissen verständlich aufzubereiten, um neue Diskurse anzuregen – das ist in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung essenziell.“

Goldegg Verlag GmbH, Wien Mommsengasse 4/2, 1040 Wien office@goldegg-verlag.com

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Buchhandlung Theodor Kargl e.U.

Irmgard Karlik Text: Lena Wechselberger Foto: Andreas Biedermann

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eder sollte mit einem guten Buch ins Bett gehen, oder mit jemandem, der eines gelesen hat“, begrüßt die Website der Buchhandlung Theodor Kargl ihre Besucher*innen humorvoll. Der Onlineauftritt des Unternehmens lässt auf den ersten Blick gar nicht vermuten, dass die Buchhandlung in Waidhofen an der Thaya bereits auf 146 Jahre bewegter Firmengeschichte zurückblickt. 1876 gründete der Namensgeber Theodor Kargl das Geschäft, nun führt Irmgard Karlik das Familienunternehmen bereits seit über vierzig Jahren in vierter Generation. Karlik ist eigentlich seit sechs Jahren in Pension, die Coronapandemie hat ihr jedoch einen Strich durch die Übergabepläne des Geschäftes gemacht. Heute sieht sie das pragmatisch: „Ich mache es noch immer, weil es mir Spaß macht.“ Aus diesem Grund ist sie immer noch so gut wie täglich in ihrer Buchhandlung mit der sonnengelben Fassade und den liebevoll eingerichteten Schaufenstern am Waidhofner Hauptplatz anzutreffen. Dem Geschäft hat die Pandemie immerhin auch Gutes gebracht: Die Onlinebestellungen wurden kräftig angekurbelt, und für Neukund*innen war ebenfalls gesorgt. Kundentreue macht den Betrieb im Gebiet des nördlichen Waldviertels aus. „Jeder, der zu uns kommt, kommt gezielt“, betont Karlik. Die Region brauche einen Buchladen vor Ort, führt die Inhaberin weiter aus, denn „ohne uns gäbe es in der Bezirkshauptstadt keine Buchhandlung.“ Eine Hommage an den Standort ist der Waldviertler-Shop mit

„Ohne uns gäbe es in der Bezirkshauptstadt keine Buchhandlung“

ausgewählten Büchern, Musik und Kalendern. Damit erweitert die Buchhandlung ihr deutschsprachiges Barsortiment um rare Schätze, darunter etwa Titel lokaler Verlage oder der Kalender eines Fotografen aus der Gegend. Davon abgesehen bemüht sich Karlik, vor Ort ein möglichst rundes Sortiment anzubieten: „Weil das Einzugsgebiet eher klein ist, müssen wir alles haben.“ Neben dem Kundenkontakt weiß Karlik den Zusammenhalt innerhalb der lokalen

Branche besonders zu schätzen. Als sie sich etwa aufgrund des Krankenstandes einer Mitarbeiterin am Ende einer Schulbuchaktion plötzlich mit einem unbekannten Computerprogramm konfrontiert sah, konnte Kollege Tobias Spazierer aus dem benachbarten Schrems per Telefonat aushelfen. „Er ist ja eigentlich ein Mitbewerber, aber das war sehr schön von ihm.“ Die Sortimentsbuchhandlung punktet neben der fachgerechten Beratung außerdem mit dem Serviceangebot, vergriffene Titel zu recherchieren – wenn es sein muss, auch antiquarisch. Das benötigt Zeit und Nerven, aber vor allem Know-how. Erfolgserlebnisse habe sie dabei immer wieder, so Kargl. „Aber meine Recherchegeheimnisse verrate ich nicht“, schließt sie mit einem Augenzwinkern.

Buchhandlung Theodor Kargl e. U.

Waidhofen a. d. Thaya office@kargl-buch-spiel.at

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– HVB-Mitglieder im Porträt – Wallig Igler KG Buch- & Papierfachhändler

Thomas Igler „Die Papierbuchhandlung ist mir schon so in die Wiege gelegt worden“ Text: Mona Saidi Foto: Lorenz Masser

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enn man mit Thomas Igler über seine Arbeit spricht, merkt man sofort: Er ist Buchhändler aus Leidenschaft. So wie seine Vorfahren: Die Buch- und Papierfachhandlung Wallig Igler in der Salzburger Gemeinde Radstadt ist seit drei Generationen im Besitz der Familie: Iglers Großvater Johann Wallig hat die damalige Papierbuchhandlung gegründet. Der kleine Familienbetrieb in der „alten Stadt im Gebirge“ verlegte Bücher und druckte auch selbst in der angeschlossenen Druckerei. Im Jahr 1960 übernahm Iglers Vater Fritz Igler das Geschäft, seit 1. April 1989 führt Thomas Igler gemeinsam mit seiner Frau Anna das Unternehmen in der Schernbergstraße 7. Zweifel, ob er die Papierbuchhandlung weiterführen soll, hatte er noch nie. „Es war eigentlich nie ein Thema. Die Papierbuchhandlung ist mir schon so in die Wiege gelegt worden“, sagte er über die Übernahme der Buchhandlung vor 30 Jahren. Ein Familienunternehmen eben. Heute versorgt Thomas Igler mit seinem Laden den Großteil der Leser*innen in der Region Ennspongau. Auf 85 Quadratmetern bietet er neben Papier und Büchern auch Büro- und Schulbedarfsartikel an sowie Billetts und Karten aller Art. Die Papierhandlung hat zwischen 15.000 und 30.000 Artikel vorrätig, viele davon aus heimischer Produktion. Die Lagerkapazität ist begrenzt, in der Buchhandlung selbst liegt der Fokus auf klassischer Kinder- und Jugendliteratur. Aus diesem Grund bietet Igler einen Bestellservice an, den seine Kundschaft besonders schätzt. Ein Buch, bei ihm bestellt, kann 24 Stunden

später schon von einer Leserin oder einem Leser aufgeschlagen werden. In dreißig Jahren wandelt sich einiges. Die größte Veränderung sieht der Einzelunternehmer im logistischen Aspekt seiner Tätigkeit. „Früher haben wir Bücher in einem Verzeichnis suchen müssen. In sechs dicken Katalogen, genannt ‚Das Verzeichnis lieferbarer Bücher‘, waren alle Bücher alphabetisch nach Autor oder Titel gelistet. Wenn darin irgendetwas auch nur ein bisschen anders betitelt war, hatte man keine Chance, es zu finden“, erzählt er. Seit zwei Jahrzehnten ist das Suchen und Finden von Büchern schon einfacher. Heute braucht Igler nur wenige Klicks, und das Buch erscheint mit Titel und Versandzeit auf dem Screen. Überhaupt beobachtet er eine Veränderung im Geschäftsverhalten. „Früher wurde die Kundschaft sofort bedient, mit dem gro-

ßen Pult mitten im Raum war die Atmosphäre eine betriebliche. Heute schmökern die Menschen, setzen sich zwischendurch hin, lesen ein wenig und bedienen sich selbst.“ Ein schöner Nebeneffekt seiner Jahrzehnte dauernden Beschäftigung: Thomas Igler begrüßt bereits die nächste Generation seiner Kundschaft. Also den Nachwuchs der Kinder, die er damals bedient hat: „Sie haben ihre Schulsachen bei mir gekauft, und jetzt kommen sie schon mit ihren eigenen Kindern.“ Sein Wunsch für die Zukunft passt zum bodenständigen Buchhändler: „Es soll so weitergehen, wie es bisher gegangen ist.“

Buchhandlung Wallig Igler KG

Schernbergstraße 7, 5550 Radstadt info@wallig.at

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– Gastkommentar –

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„Ein Buch ist Berater, Freund, Impulsgeber, es vermittelt Wissen, ist pure Freude, Spannung, Erotik und Spaß“

Mit Freud und Leid ? Buchhändler*innen sind oft mehr als bloße Verkäufer*innen. Sie sind von ihrem Fach begeistert und um ihre Kund*innen bemüht. Ein großes Glück für den Buchhandel – oder? Text: Klaus Magele

I L L U S T R AT I O N : G E O R G F E I E R F E I L , F O T O : J U E R G E N H A M M E R S C H M I D

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ls ich Mitte Dezember die Einladung des anzeigers für das Verfassen dieses Gastkommentars bekommen habe, überlegte ich bei einem Spaziergang durch die – zum Glück – wieder belebten Straßen der Wiener Innenstadt, was ich denn schreiben könnte. Als Erstes kam mir in den Sinn, wie voll die Geschäfte sind. Voll leider nicht mit Kund*innen, sondern voll mit Ware. Aber möchte ich über den Überfluss an Ware schreiben, über den Handel oder gar diese unsäglich schlimme Pandemie und ihre Folgen – die in wirtschaftlicher Hinsicht noch gar nicht abschätzbar sind? Ein klares Nein. Ich möchte ein paar Worte über den ersten Eindruck schreiben, den ich bekommen habe, als ich vor Kurzem in diese Branche eingestiegen bin. Aus dem Modehandel kommend, bin ich mit Anlauf hineingesprungen in die Buchstabensuppe des Bucheinzelhandels. Eines vorweg: Ich habe in meinen

mittlerweile über dreißig Jahren Erfahrung im Handel noch nie kompetentere und passioniertere Verkäufer*innen gesehen als in dieser Branche. Wobei das Wort „Verkäufer*in“ ja schon fast ein Affront ist. Kundenberater*in trifft es wohl eher. In der Buchbranche haben wir keine Verkaufstalente, sondern Beratungstalente in den Geschäften. Alles für die Käufer*innen, also hochgradig kund*innenzentriert! Mein Gott, was haben wir in meinem alten Berufsfeld alles dafür getan, um genau solche Talente auszubilden. Wir hatten zwar sehr viele erfolgreiche Verkaufstalente, aber eben leider weniger Beratungstalente. Da wurde mir warm ums Herz. Aber: Die Wirklichkeit holte mich gleich von meinem Sockel, auf dem ich nach meinen ersten Besuchen in den Geschäften stand und glaubte, mir das Thema Verkaufsschulungen ersparen zu können. Die harte Realität lehrte mich, dass es uns in wirtschaftlicher

Hinsicht nicht weiterhilft, wenn ein perfekter Kundenberater statt des Hardcovers um 24,95 Euro das Taschenbuch um 14,95 Euro verkauft, weil er meint, dass er damit den Kund*innen eine Freude machen würde und diesen damit gleichzeitig unterstellt, dass sie wenig Geld und bestimmt keine Bibliothek in ihrem Zuhause hätten. Bei solchen Beobachtungen verfliegt die Wärme, es wird ganz kalt. Mein Fazit: Ich glaube fest daran, dass es eine ideale Kombination aus Verkaufstalent und Kundenberater*in braucht, um in Zukunft auf dem Markt bestehen zu können. Apropos Markt. Ein Buch ist mehr als bedrucktes Papier zwischen zwei Pappendeckeln. Ein Buch ist Berater, Freund, Impulsgeber, es vermittelt Wissen, ist pure Freude, Spannung, Erotik, Spaß, einfach alles, was unser Leben lebenswert macht. Amazon ist sauschnell, in der Handhabung einfach und man findet dort praktisch alles. Amazon ist der größte Buchhändler der Welt. Aber: Amazon ist kein guter Kundenberater, erzählt keine Geschichten, berührt nichts und niemanden. Amazon riecht nicht so gut wie ein Buchladen. Amazon hat keine Verkäufer*innen und keine Kundenberater*innen, ist aber trotzdem die Nummer eins? Jeff Bezos hat den Puls der Zeit getroffen, und Amazon hat viele Buchhändler*innen auf dem Gewissen. Aber manche bleiben im Einzelbuchhandel: Jene, die verstanden haben, was Amazon nicht kann.

Klaus Magele, Geschäftsführer Morawa Buch und Medien GmbH

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– Selbstredend –

„Ich bin in einer Stadt mit aggressivem Nationalismus aufgewachsen. Das ist einer der Gründe, warum ich jeden Nationalismus so sehr hasse“

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Der kosmopolitische

Krimiautor Heute ist Europas Kultur zum bloßen „Erbe“ verkommen, sagt der griechische Autor Petros Markaris. Das einzige Bindeglied zwischen europäischen Staaten sei das Finanzsystem. Dessen Korruption und jener der Gesellschaft geht er in seinen Kriminalromanen nach Interview: Erich Klein

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FOTO: REGINE MOSIMANN

er griechische Schriftsteller Petros Markaris wurde 1937 als Sohn eines Armeniers und einer Griechin in Istanbul geboren. Anfang der 1960erJahre studierte er in Wien Volkswirtschaft. Er verfasste Theaterstücke, lancierte die griechische TV-Krimiserie „Anatomie eines Verbrechens“ und war Ko-Autor des Filmemachers Theo Angelopoulos. Markaris übersetzte auch, etwa Goethes „Faust“ oder Bertolt Brechts „Mutter Courage“. Seine 2008 erschienene Autobiografie trägt den Titel „Wiederholungstäter. Ein Leben zwischen Istanbul, Wien und Athen“. Seit 1995 veröffentlicht er im Diogenes Verlag Romane über den griechischen Kommissar Kostas Charitos – bislang dreizehn. Den jüngsten, „Das Lied des Geldes“, präsentierte der heute vierundachtzigjährige Autor kürzlich in der Wiener Hauptbibliothek.

Herr Markaris, letztes Jahr wurden 200 Jahre griechischer Freiheitskampf und Aufstand gegen das osmanische Imperium gefeiert. Hat das für heutige Griechen noch immer Bedeutung? Petros Markaris: Laut neueren Untersuchungen von griechischen wie englischen Historikern hatte der Aufstand der Griechen gegen das Osmanische Reich und der Kampf für einen selbstständigen Staat Modellcharakter für viele in Europa. Griechenland wurde in diesem Kampf von allen Seiten unterstützt, Engländern, Franzosen und dem zaristischen Russland. Griechenland liegt am Balkan und gilt als das europäische

Land an sich. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, von den Alliierten unterstützt, war es das einzige westorientierte Land in dieser Region. In allen anderen Ländern herrschte der sogenannte real existierende Sozialismus. Von Anfang an war die Gründung des griechischen Staates als Königreich aus dem Osmanischen Reich für Europäer wünschenswert. Würde Sie ein historischer Roman über diese Zeit interessieren? Markaris: Nein. Ich bin keiner, der historische Romane schreibt. Ich brauche Gegenwart! Mich interessieren Situationen oder Probleme, die gerade in Bewegung sind. Ich will nicht erst danach schreiben, das mache ich nicht. Tag für Tag gibt es Tragödien. Bevor sie zu ihrem Abschluss kommen, schreibe ich lieber einen Krimi. Was mich interessiert, sind die Gründe einer Tragödie. Ihr Ausgang kümmert mich weniger.

Markaris: Meine Muttersprache ist Griechisch. Mein Vater hatte eine griechische Schule besucht. Seine Familie hatte armenische Wurzeln, war jedoch vollständig gräzisiert. Armenisch habe ich nie gelernt. Türkisch schon. Was ich damals gelesen habe, weiß ich nicht mehr. Vermutlich waren es griechische Bücher. Während der Gymnasialzeit las ich sehr viel türkische Literatur, dann kam die deutsche dazu, vor allem deutsche Klassik. Als ich Istanbul verließ, war ich dreisprachig. Ich schrieb und sprach Griechisch, Türkisch und Deutsch perfekt. Dann sind Sie auch ein wenig Türke? Markaris: Natürlich bin ich das nicht! Ganz im Gegenteil. Ich bin in der Türkei in einer Stadt mit einem sehr aggressiven Nationalismus aufgewachsen, und das ist einer der Gründe, warum ich jeden Nationalismus so sehr hasse. Damals hieß es dort: Entweder du bist Türke, oder du bist gar nichts.

Wie verhält es sich mit der klassischen Literatur des alten Griechenland? Markaris: Ich lese sie natürlich, aber ich bin in der deutschen Literatur mehr zu Hause als in der altgriechischen. Ich sage nicht jener der Griechen, sondern der alten Griechen. Ich kenne die deutsche Klassik weitaus besser als die griechische Antike. (lacht)

Sie sprechen Türkisch und pflegen auch Kontakte … Markaris: Na gut, aber ich spreche auch Deutsch, trotzdem bin ich kein Deutscher. Was die Türken betrifft, so schätze ich viele türkische Autoren, habe auch eine Reihe Freunde dort – und spreche Türkisch noch immer fließend.

Sie wurden in Istanbul als Kind eines Armeniers und einer Griechin geboren – in welcher Sprache waren die Bücher Ihrer Kindheit geschrieben?

Wie kamen Sie an die österreichische Schule in Istanbul, das St.-Georgs-Kolleg? Markaris: Das war eine Entscheidung meines Vaters. Damals hatte gerade »

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„Auch wenn man in Europa oft glaubt, im islamischen Raum sei alles ein und dasselbe. Das stimmt nicht: Was haben ein Marokkaner und ein Saudi gemeinsam? Gar nichts!“

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das deutsche Wirtschaftswunder begonnen, und mein Vater war davon überzeugt, dass Deutsch zur internationalen Unternehmersprache avancieren würde. Er wollte auch, dass ich seine Handelsfirma übernehme, also sollte ich Deutsch lernen. Später kam dann alles anders. Deutsch wurde nicht zur internationalen Unternehmersprache, auch habe ich Vaters Firma nicht übernommen, aber immerhin Deutsch gelernt. (lacht) Sie kamen aus Istanbul zum Studium nach Wien. Ist die Entscheidung zu schreiben hier gefallen? Markaris: Daran waren tatsächlich das Burgtheater und andere Theater Wiens schuld. Später auch meine Bekanntschaft mit dem Berliner Ensemble und den Stücken von Bertolt Brecht. Nach dem Studium in Griechenland zurück, bemerkte ich, dass viele deutsche Autoren, Brecht inbegriffen, aus dem Französischen ins Griechische übersetzt wurden. Ich begann aus dem Deutschen zu übersetzen – mein Durchbruch am griechischen Theater. Gleichzeitig fing ich auch an, eigene Stücke zu schreiben.

Und der Sohn aus bürgerlichem Haus wurde zu einem linken Schriftsteller … Markaris: Es kommen nicht alle Linken aus Armenvierteln! Außerdem war die damalige griechische Linke eine äußerst seriöse Partei. Das waren Politiker, die im Bürgerkrieg ziemlich viel mitgemacht hatten, aber dann sehr klug agierten. Ohne Zweifel spielt bei mir auch Brecht eine gewisse Rolle. Als ich Mitte der 1960er-Jahre nach Griechenland kam, war das Land noch ausgesprochen arm – also ging ich zur Linken.

italienischer Autor und Mitglied der Kommunistischen Partei, erzählte mir vom Chef der italienischen Kommunisten Togliatti. Der habe zu seinen Genossen gesagt: „Genossen, wir sind keine Regierungspartei, wir sind eine Partei der Mobilisierung des Protestes der unteren Schichten, die unteren Schichten sollen mehr bekommen.“ Während meiner Zeit in Griechenland war das auch so. Die Linksparteien waren gegen das System und nicht Teil des Systems – das ist der große Unterschied!

Mit der Sie später gebrochen haben – in Ihrem neuen Roman wird sie zu Grabe getragen … Markaris: Ich habe mit der Linken 1981 gebrochen, als die sozialdemokratische PASOK zur Regierungspartei wurde. Aber das war nicht die Hauptsache. Der Hauptgrund war, dass ich merkte, dass die Linke langsam, aber sicher zu einer Systempartei mutierte – für mich und meine Generation schwer zu verstehen.

Worin besteht der Zusammenhang zwischen dieser politischen Überzeugung und Ihren Krimis? Markaris: Mich haben die gesellschaftliche Realität und die Kritik der Gesellschaft schon immer interessiert. Das sieht man an meinen drei Bühnenstücken und auch an meiner Zusammenarbeit mit dem Regisseur Theo Angelopoulos. Mit den Krimis kam noch etwas anderes dazu: Damit bekam ich die Gelegenheit, unmittelbar über die Gegenwart, deren Probleme und deren Entwicklung zu schreiben.

Sie wollte an die Macht – was soll daran schlecht sein? Markaris: Mein Freund Andrea Camilleri,

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Petros Markaris

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Ein zentrales Motiv in Ihren Krimis ist Korruption als Schattenseite der internationalen Finanzsysteme … Markaris: Ich habe vor einigen Jahren bei einer Veranstaltung in Ferrara, bei der es um Politik, Gesellschaft und Kultur ging, fast unabsichtlich einen Skandal ausgelöst. Ich stellte der vorsitzenden Dame der Stiftung für europäisches Kulturerbe die Frage, ob die Kultur schon tot sei, es werde ja nur noch von Erbe geredet. Sie war äußerst empört. Meine Meinung ist folgende: Seit der Antike war Kultur das Bindeglied der europäischen Völker. Selbst Staaten, die sich untereinander bekämpften, akzeptierten die gemeinsame Kultur. Heute ist all das zum bloßen „Kulturerbe“ verkommen. Das einzige Bindeglied zwischen europäischen Staaten ist das Finanzsystem.

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Diesbezüglich hat Griechenland bittere Erfahrungen gemacht … Markaris: Als ich in den 1960er-Jahren nach Griechenland kam, waren die Griechen ein armes Volk, aber mit einem hohen kulturellen Niveau. Ich habe das einmal als „Kultur der Armut“ bezeichnet – Armut mit Kultur. Für mich erstaunlich, hatte ich doch zuvor Istanbul erlebt, eine Stadt der Reichen und des Mittelstands. Und dann sah ich diese armen Leute, die so bewundernswert waren: Wie sie überlebten und dabei eine Kultur der Armut erfanden, in Dichtung, Prosa, im Theater und im Film. Es war erstaunlich! Was die Griechen nicht kannten, war die Kultur des Reichtums. Sie hatten keine Ahnung, dass Reichtum auch Kultur verlangt. Die Gründe dafür liegen weit zurück: Als Teil des Osmanischen Reichs erlebten sie keine Aufklärung, es gab keine Französische Revolution, sie waren lange Zeit von den Entwicklungen Europas abgeschnitten. Später wurde ein rein fiktiver Reichtum geschaffen: Die Griechen glaubten, Geld sei da, um damit herumzuwerfen und es zu verschenken. Mit dem Beitritt Griechenlands zur damaligen EWG begann sich schleichend eine Mentalität auszubreiten, die allzu lange vorherrschte: So wie der Staat nur widerwillig bereit ist, sparsam zu wirtschaften, genauso wenig will der Durchschnittsbürger sparen. Die Wurzeln der Korruption, die Sie angeklagt haben, liegen tiefer … Markaris: Wir haben, was man einen Rechtsstaat nennt, viel später bekommen und viel länger in Diktaturen gelebt als die Mittel- und Nordeuropäer. Griechenland war eigentlich der letzte Staat des real existierenden Sozialismus in Europa, von der Rechten aufgebaut, weil es keine kommunistische

Partei gab. Mit denselben Folgen wie im Kommunismus: Eine Anstellung im öffentlichen Dienst war ein Privileg, man hat alles vom Staat erwartet. Ich habe keine Zweifel daran, dass die Hauptschuld für die Misere des Landes bei den politischen Eliten liegt, beginnend in der Nachkriegszeit. Sie haben durch ihre Klientelmentalität das Land an den Rand des Abgrunds gebracht. Die 1960er-Jahre waren auch eine Zeit des kulturellen Aufbruches – mit Giorgos Seferis gab es etwa den ersten Literaturnobelpreisträger. Markaris: Die Jahre von 1964 bis 1967 waren wunderbar – eine Zeit der Bekanntschaft mit vielen Autoren, Kritikern und Literaturmagazinen, es gab lebhafte Diskussionen. Dann kam die „Obristen-Diktatur“, und viele meiner Freunde mussten fliehen, um nicht auf einer Isolationsinsel im Gefängnis zu landen. Auch die ersten Jahre nach der Rückkehr der Demokratie von 1975 bis 1981/82 waren eine gute Zeit. Damals genoss das Land wirklich eine Demokratie. Es gibt sie auch heute, die Demokratie ist in Griechenland sehr gut verwurzelt, aber ich will lieber nicht von ihrer Qualität sprechen … Sie haben während der Zeit der Obristen-Diktatur geschrieben, sind aber in die Privatwirtschaft gewechselt. Markaris: Ich machte meine ersten Schritte als Autor, meine Stücke wurden auch gespielt, aber ich musste Geld verdienen. 1966 bekam ich die Stelle des Exportleiters einer Zementfirma, war dann in Nordafrika und im arabischen Raum tätig. Ich kenne alle nordafrikanischen und arabischen Länder mit Ausnahme von Mauretanien und Katar. Eine große Erfahrung für mich – all die Reisen und Entdeckungen. Was hat Sie am meisten überrascht: die andere Kultur, das Nord-Süd-Gefälle, die noch größere Armut? Markaris: Wovon sprechen Sie? In SaudiArabien gibt es keine Armut. Also – das hängt davon ab, wie man Armut definiert. Was mich in Bezug auf diese Region wirklich erstaunt, ist ein Islam, der heute in Großbuchstaben geschrieben wird. Es gibt dort keinen einheitlichen Islam. Zwischen Ländern mit islamischer Religion herrschen krasse Differenzen, auch wenn man in Europa oft glaubt, alles sei ein und dasselbe. Das stimmt nicht – was haben ein Marokkaner und ein Saudi gemeinsam? Gar nichts! Wie haben Sie als Autor zum Kriminalroman gefunden? Markaris: Ich war schon fast sech»

Kontinent Kinderbuch Karin Haller Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Zeit und Kosmetik Jetzt ist das neue Jahr auch schon wieder ein paar Wochen alt, und ich habe wie immer Umstellungsschwierigkeiten mit der korrekten Datumsziffernfolge. Die Zeit vergeht ja subjektiv immer schneller, je älter wir werden. Was mir Christine Nöstlinger so erklärt hat: „Mit zehn ist ein Jahr ein Zehntel des Lebens. Mit fünfzig ein Fünfzigstel. Welcher Teil ist kleiner?“ Schlüssig. Eines der bemerkenswertesten Kinderbücher zum Thema „Zeit“ war übrigens im letzten Herbst Johanna Schaibles „Es war einmal und wird noch lange sein“ bei Hanser, ein wunderschön illustriertes, innovatives Bilderbuch, das uns als Individuen in den universellen Fluss der Zeit stellt. Aber der Herbst ist schon ewig lang her, für uns Büchermenschen sowieso, die Produktion, die Präsentation, die Lesezeit, alles fließt ineinander, wir lesen schon längst Frühjahrstitel, wenn es draußen noch schneit. Ich freu mich drauf. Auf die neuen Bücher, wenn sie diesen ganz speziellen Geruch an sich haben, auf die Autor*innen, die ich noch nicht kenne. „In den Büchern liegt die Seele aller gewesenen Zeit“, schrieb Thomas Carlyle. Wobei mein Lieblingszitat zum Thema von Mark Twain kommt. „Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin.“ In diesem Sinne: Auf ein fröhliches 2022!

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– Selbstredend –

Die Romane von Petros Markaris erscheinen im Diogenes Verlag Es ist ein politisch üppiges Gericht, das Petros Markaris in seinem neuen Roman serviert, wenn es da gleich am Anfang heißt: „PROBIEREN SIE UNSER ARMENESSEN. ZU GAST BEI DEN ARMEN.“ Migranten und

Flüchtlinge ziehen mit verarmten Athenern durch die Stadt. Organisiert wird die kostenlose „Ausspeisung“ von Lambros Sissis, Freund des bewährten Kommissars Kostas Charitos. Petros Markaris hat in „Das Lied des Geldes“ seinem Protagonisten einen zweiten Erzähler an die Seite gestellt. Zweck des Trauerzugs für Arme und Obdachlose ist, die „Linke“ zu Grabe zu tragen: „Heute müssen sich die Armen aus eigener Kraft erheben, wenn sie je wieder gute Tage sehen wollen. Von politischen Gruppierungen haben sie nichts zu erwarten. Alles andere sind nostalgische, gefühlsduselige Geschichten aus der Vergangenheit. Auch ich selbst, Lambros Sissis, musste von der Ideologie des Marxismus-Leninismus auf die Ideologie der Armut umschwenken. In Schäfchen ins Trockene gebracht haben.“ Zu Charitos’ Schrecken – im dreizehnten Roman ist der Kommissar mittlerweile zum Vizekriminaldirektor befördert worden – haben sich auch dessen Frau Adriani und Tochter Katerina dem Kampf gegen Kapitalisten und Spekulanten verschrieben. Natürlich gibt es auch Morde: Zuerst taucht die Leiche eines Saudi-Investors, dann jene eines Chinesen auf, der Immobilien in Athens Zentrum aufkauft. „Ich habe diesen Roman als eine Art Epilog zur Finanzkrise 2010 in Griechenland geschrieben. Und wollte zeigen, wie schwer der Mittelstand von der Finanzkrise betroffen war. Wie stark die Menschen vom Mittelstand gelitten haben und immer noch leiden. Was ich nicht voraussehen konnte, war, dass die Pandemie das Werk der Finanzkrise komplettieren würde.

„Das Lied des Geldes. Ein Fall für Kostas Charitos“ Aus dem Neugriechischen von Michaela Prinzinger, Diogenes Verlag 2021

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zig, als der erste Kostas-CharitosRoman erschien. Als junger Mann hatte ich viele Krimis gelesen, hauptsächlich englische Kriminalromane von Agatha Christie oder John Dickson Carr. Kriminalromane mit Fallen für den Leser, damit der Täter nicht sofort entdeckt wird. Man kann sie als Kreuzworträtselromane bezeichnen. Später las ich Georges Simenon, der mich zu den kleinen Leuten brachte – Simenon ist ein Meister ihrer Beschreibung. Von da kam ich zu den Italienern und Spaniern, zu Manuel Vázquez Montalbán, Andrea Camilleri und den Autoren dieser Generation. Mit Camilleri war ich befreundet. Sie nutzten Kriminalromane als Vehikel, um über die Gesellschaft zu sprechen. Bei Montalbán ging es oft um den Übergang von der Franco-Diktatur zur Demokratie. Heutige Kriminalromane handeln nicht mehr unbedingt von Mord aus Eifersucht oder Erbschaftsfragen, es geht um Politik, etwa politische Verwicklungen mit dem organisierten Verbrechen, der Mafia. Mit dem Entstehen der weltweiten Netze im Geldwesen kam auch Illegales, das gemeinhin als legal gilt. Hier ist der Kriminalroman ein ideales Mittel, um die Gesellschaft zu beschreiben. Auch Klassiker wie Emile Zola oder Dostojewski haben für mich große Bedeutung – Dostojewski hat ja auch einige Kriminalfälle aufgerollt. (lacht)

Die Hauptfigur Ihrer Romane entstand, als Sie genug von Kriminalfällen hatten, die Sie jahrelang in Form von Fernsehdrehbüchern abgehandelt hatten. Markaris: Nach den Fernsehkrimis, die in Griechenland sehr erfolgreich waren, wollte ich in Pension gehen. Mein Produzent hat das einfach ignoriert. (lacht) Tatsächlich tauchte mein Kommissar dann plötzlich vor meinem Schreibtisch auf, und ich wurde ihn nicht mehr los. So kam es zum ersten Roman der Serie, „Hellas Channel“. Sie haben mit Theo Angelopoulos an Dreh­ büchern gearbeitet. Wie wichtig war für Sie diese Kinoerfahrung? Markaris: Sehr wichtig und sehr schön! Wir haben nicht nur eng zusammengearbeitet, wir waren bis zu seinem absurden, frühen Tod auch sehr enge Freunde. Wenn Sie meine Romane lesen und ein bisschen Ahnung von Film haben, werden Sie feststellen, dass die Kapitel in meinen Romanen nicht Kapitel im literarischen Sinn sind, sondern Plansequenzen, eine Abfolge von filmischen Einstellungen. Ihr Kommissar Charitos ist kein Unschuldi­ ger. Als junger Mann war er in das Obristen­ Regime involviert … Markaris: Er hat damals studiert, war Student an der Polizeiakademie. Sein Vater war

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der Politik agieren nur mehr Leute, die ihre

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„Ich stellte der vorsitzenden Dame der Stiftung für europäisches Kulturerbe die Frage, ob die Kultur schon tot sei, es werde ja nur noch von Erbe geredet. Sie war äußerst empört“ Petros Markaris

Gendarmerieoffizier und auf der Seite der nationalistischen Machthaber. Der Umgang mit einer diktatorischen Vergangenheit ist nirgendwo problemlos verlaufen: Auch in Deutschland ist die Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg unter ganz besonderen Umständen wiedererstanden. Es gibt immer Konfrontationen: Schauen Sie, was bei den Italienern passiert! Das Gespenst von Mussolini geistert noch immer herum. Vor nicht langer Zeit war bei den Spaniern die Hölle los, als die Gräber aus der Franco-Zeit geöffnet wurden, damit die Familien ihre damals Umgekommenen wiederbekommen. Dasselbe gilt für Griechenland. Das 20. Jahrhundert war kurz, sein Schatten ist umso länger. Markaris: Ja, leider. Man darf nicht vergessen, dass es zwei Weltkriege gab und all das, was danach folgte. Ich meine den Kalten Krieg – die Folgen dauern immer noch an. Petros Markaris – ein Optimist oder ein Pessimist?

Markaris: Wenn man mir diese Frage stellt, antworte ich immer mit einem Zitat von Heiner Müller, der einmal gesagt hat, Optimismus sei Mangel an Information. Wie würden Sie die derzeitige Lage Griechenlands in klassischen Termini beschreiben? Markaris: Griechenland, das ist eine satirische Situation mit tragischen Zügen – wegen der Pandemie. Der nächste Roman wird schon geschrieben? Markaris: Er ist ja schon fast fertig! Ich habe gerade mit den letzten Korrekturen begonnen. Sie haben eine kurze Autobiografie geschrieben – mit vierundachtzig keine großen Memoiren mehr? Markaris: Ich glaube eher nicht, mir ist das zu langweilig. Zum Abschluss soll es nur noch um mich gehen? Interessiert mich nicht. Wenn ich einen neuen Einfall habe, schreibe ich noch einen weiteren Roman. «

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– Buchtermine –

Veranstaltungen Februar 2022 Kathrin Schrocke: „Bunte Fische überall“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 9:00; 10:30) Ruth Brauer-Kvam und Nikolaus Habjan lesen „Späte Liebe“ (Landestheater Niederösterreich, Rathausplatz 11, 3100 St. Pölten, 19:30) MITTWOCH, 2. 2.

Wie es um Veranstaltungen im Februar stehen wird, steht zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Im Zweifelsfall kontaktieren Sie bitte die Veranstalter, vielen Dank für Ihr Verständnis

DONNERSTAG, 17. 2.

Moderation: Ilija Trojanow: Sergey Lebedew: Das perfekte Gift (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00) Radek Knapp spricht über Stanislaw Lem (Österr. Gesellschaft für Literatur, Herrengasse 5, 1010 Wien, 19:00) FREITAG, 18. 2.

Hollywood on Air – Henry Koster: „Mein Freund Harvey“ (Konzerthaus, Lothringerstraße 20, 1030 Wien, 19:30)

Konrad Paul Liessmann: Alle Lust will Ewigkeit: Mitternächtliche Versuchungen (Central Linz, Landstraße 36, 4020 Linz, 19:30)

DONNERSTAG, 3. 2.

SAMSTAG, 19. 2.

Christina Feirer: „Likest du noch oder lebst du schon?“ (Thalia Buchhandlung 1060, Mariahilfer Straße 99, 1060 Wien, 19:00) Monika Helfer: Löwenherz (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00)

„Eine Pilgerfahrt zu Beethoven – Dichterfürsten und andere Zeitgenossen“: Tamara Metelka (Rezitation), Nicholas Ofczarek (Rezitation), Nikolai Tunkowitsch (Violine), Florian Krumpöck (Klavier) (Kasematten, Bahngasse 27, 2700 Wiener Neustadt, 19:30)

FREITAG, 4. 2.

DIENSTAG, 22. 2.

Tonio Schachinger „Nicht wie ihr“ (Röda Steyr, Gaswerkgasse 2, 4400 Steyr, 19:30)

Ursula Poznanski: „Shelter“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 10:00; 11:30) Dicht-Fest: Sophie Reyer, Maria Seisenbacher, Timo Brandt, Susanna Bihari, Emily Artmann (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00)

MONTAG, 7. 2.

MITTWOCH, 23. 2.

7. bis 9. 7.: dreitägiger Schreibworkshop, 14 bis 20 Jahre; Anmeldung: junge.literaturhauswerkstatt@gmail.com: Junge Literaturhaus Werkstatt (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 10:00) Landvermessung. Behinderte Menschen in der Literatur (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00)

Ursula Poznanski: „Cryptos“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 10:00) Vorlesung zur österreichischen Literatur: Doron Rabinovici „Jenseits von Jiddeln und Jodeln. Die Vielfalt jüdischen Schreibens in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ (Literaturmuseum, Johannesgasse 6, 1010 Wien, 19:00)

räume für notizen III: Ilse Kilic & Fritz Widhalm (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 20:00)

Ursula Poznanski liest am 22. und 23. 2. im Literaturhaus Salzburg

SAMSTAG, 5. 2.

Nina Horaczek & Walter Ötsch: StreitschriftLesung am 24.2. im Literaturhaus Wien

DONNERSTAG, 24. 2.

Julya Rabinowich & Anton Thuswaldner „Mein Proust-Moment“ (Literaturhaus am Inn, Josef-Hirn-Straße 5/10. Stock, 6020 Innsbruck, 19:00)

Eva Mattes liest Verne (Brucknerhaus, Untere Donaulände 7, 4020 Linz, 18:00)

DONNERSTAG, 10. 2.

MONTAG, 14. 2.

Lesung: Gerald Ganglbauer „Kopfbahnhof“ (Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, 19:00)Vorstellung des aktuellen Heftes, Moderation: Walter Famler:

Mark Kanak: Tractatus illogico-insanus/Stefan Schmitzer: „liste der künstlichen objekte auf dem mond“ (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00)

Elisabeth Steinkellner: „Klavierpapier“ (Literaturhaus Salzburg, Strubergasse 23, 5020 Salzburg, 9:15; 11:30) Nina Horaczek & Walter Ötsch: „Wir wollen unsere Zukunft zurück! Streitschrift für mehr Phantasie in der Politik“ (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 19:00) Brita Steindwendter: „Gesicht im blinden Spiegel“ (Literaturhaus am Inn, Josef-Hirn-Straße 5/10. Stock, 6020 Innsbruck, 19:00)Buchpräsentation, Karten: office@literaturschiff.at:

FREITAG, 11. 2.

MITTWOCH, 16. 2.

MONTAG, 28. 2.

Die Redaktion der Zeitschrift „PS: Politisch Schreiben“ im Gespräch: Ist das noch Genre oder schon Literatur? (Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien, 19:00)Buchpräsentation; www.eventbrite.at:

Josef Obergantschnig: „Jung – Alt – Tot. Was mich die Börse für mein Leben lehrte“ (Thalia Buchhandlung 1060, Mariahilfer Straße 99, 1060 Wien, 19:00) Erstes Wiener Lesetheater: Lukas Meschik, Florian Klenk: Sprechkultur, Streitkultur?! Wie wir miteinander reden (Literaturhaus am Inn, Josef-Hirn-Straße 5/ 10. Stock, 6020 Innsbruck, 19:30)

MITTWOCH, 9. 2. SAMSTAG, 12. 2.

Simon Sailer: Der Schrank (Alte Schmiede – Literarisches Quartier, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, 19:00) Andreas Vitásek: „Ich bin der Andere. Ein Selbstporträt“ (Rabenhof, Rabengasse 3, 1030 Wien, 20:00)

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DIENSTAG, 1. 2.

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»Und hat es Spaß gemacht?« »Was?« »Den Mörder zu spielen.« Der Kommissar mustert mich.

»EINE ANSTECKENDE LESEERFAHRUNG.«

Ein rasant-lakonischer Roman über die Frage, welche Abgründe man vor sich selbst verborgen halten kann – atmosphärisch und fesselnd, zugleich voller Ironie und Humor.

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Mein Leben als Serienmörder 184 S., Hardcover mit Fadenheftung € 20,– ISBN 978 3 85449 586 4 Erscheinungstermin: 1. Februar 2022

Schattengewächse der Aufklärung Über uns aufgeklärte Menschen im Angesicht der Un-Toten 120 S., Büttenbroschur, Format: 12 × 20 cm € 18,– ISBN 978 3 85449 587 1

© Heidi Pein

Josef Kleindienst

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