DSO-Nachrichten 01/02 2014

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Januar | Februar 2014

DSO -NACH R ICHTE N Chefdirigent und Künstlerischer Leiter T UG AN SOKHIE V

ein Ensemble der

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Eine Publikation des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin

Die Seele der Musik Vladimir Ashkenazy im Gespräch —–– S. 3 Freier Blick Tugan Sokhiev mit Mahlers Zweiter Symphonie —–– S. 5 ›Ultraschall Berlin‹ Das Festival für Neue Musik —–– S. 6 ›Into a New World‹ Remix-Wettbewerb des DSO —–– S. 7


Editorial und Kurzmeldungen

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Eine Publikation des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin | dso-berlin.de

Liebe Leserinnen und Leser der DSO-Nachrichten, nun bin ich dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin bereits seit 10 Jahren verbunden. Immer wieder haben wir gemeinsam musiziert, und ich durfte meine Werke vom Orchester interpretiert hören, darunter zwei Uraufführungen: ›Chor für Orchester‹ und ›Labyrinth‹. Ich schätze die immer hochprofessionelle Atmosphäre, auch und gerade wenn es gilt, ungewöhnlichste und komplexeste Klänge herzustellen, immer wieder akribisch zu probieren, bis sie genau stimmen. Um dann im Konzert gemeinsam loszulassen und zu fliegen.

INHALT —––

2 Willkommen

Editorial und Kurzmeldungen

3 Die Seele der Musik

Vladimir Ashkenazy im Gespräch

Mit dem Solocellisten des Orchesters, Dávid Adorján, bin ich schon seit Schulzeiten verbunden. Neun Jahre drückten wir nebeneinander (!) die Schulbank des Münchner Pestalozzi-Gymnasiums. Wenn ich beim DSO zu Gast bin, ist das auch immer eine schöne Gelegenheit für unser Wiedersehen, da meine Wirkungsstätte Freiburg und seine, Berlin, doch arg weit auseinanderliegen.

4 Poesie und Sinnlichkeit

Philippe Jordan und Evelyn Herlitzius

Halali: Volles Rohr geblasen Kulturradio-Kinderkonzert

5 Freier Blick

Apropos Freiburg: was im Moment in der baden-württembergischen Kulturpolitik geschieht, ist unerhört: Die Sinfonieorchester Baden-Baden/Freiburg und Stuttgart sollen fusioniert werden, die Existenz zweier Musikhochschulen steht auf dem Spiel. Von der Bundespolitik ist keine Hilfe zu erwarten. Man verschanzt sich hinter dem Argument, Kulturpolitik sei Ländersache.

Tugan Sokhiev dirigiert Mahler

Pultnotiz

Viola Wilmsen, Solo-Oboistin des DSO

6 Herbsttournee

Rückblick auf die Gastspiele mit Tugan Sokhiev

Wir dürfen nicht mehr tatenlos zusehen, wenn Eckpfeiler unserer Kultur zerstört werden. Deutschland besitzt eine einzigartige Theater- und Orchester-Landschaft. Doch diese ist bedroht wie nie zuvor. Wir, die Künstler, die Kulturpolitiker, wir alle sind aufgerufen, sie zu pflegen, zu erhalten, zu schützen. Mehr denn je.

›Ultraschall Berlin‹

Das DSO beim Festival für Neue Musik

7 ›Into a New World‹

Remix-Wettbewerb des DSO

Herzlich, Ihr

8 Konzertkalender

Alle Konzerte im Januar und Februar

JÖRG WIDMANN Komponist und Klarinettist —–– S. 6 unten

Für Spätentschlossene: Konzerte als Weihnachtsgeschenk

›Notturno‹ im Hamburger Bahnhof

CD-Neuerscheinungen beim Label NEOS

Zu Weihnachten erlauben wir uns eine Empfehlung in eigener Sache: Schenken Sie Musik! Wählen Sie aus unserem Konzertangebot der Saison 2013 | 2014 eines oder mehrere Konzerte aus und verschenken Sie sie an Freunde und Familie. Mit einem unserer WahlAbonnements können Sie vier oder acht Konzerttermine bestimmen und damit alle Vorteile eines Abonnements nutzen. Als Bonus legen wir jeder Bestellung ein Buch oder eine CD bei. Zur Buchung kontaktieren Sie bitte unseren Besucherservice und bestellen mit dem Stichwort ›Weihnachtsangebot‹ Karten für die gewünschten Konzerte oder WahlAbonnements. Nach Eingang der Bestellung melden wir uns bei Ihnen, um gemeinsam die CD oder das Buch aus mehreren Titeln auszuwählen. Karten und Bonus senden wir Ihnen dann als schön verpacktes Geschenk zu. Wir bitten um rechtzeitige Bestellung bis zum 17.12. und wünschen Ihnen eine schöne Advents- und Weihnachtszeit!

1996 hat die Gegenwartskunst im Hamburger Bahnhof eine Berliner Heimat gefunden, die sich rasch zu einem Ort des künstlerischen Experiments und der pointierten Epochenbegegnungen entwickelte. Am 10. Januar treffen dort Musik des 17. und des 20. Jahrhunderts, vokale und instrumentale Kunst aufeinander und treten in einen nächtlichen Dialog mit Räumen und Exponaten, wenn das DSO und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zum zweiten ›Notturno‹Konzert der Saison einladen. Gergely Bodoky (Flöte), Adele Bitter (Violoncello), Yeree Suh (Sopran) und Petteri Pitko (Cembalo) gestalten ein Pro-gramm mit Werken von Vivaldi bis Berio. Das Konzept der Reihe kommt so gut an, dass die Konzerte dieser Saison bereits ausverkauft sind. Allen Kammermusikfreunden legen wir deswegen bereits jetzt schon unser ›Notturno‹-Abo der kommenden Spielzeit ans Herz, das ab dem 15. April 2014 erhältlich sein wird.

Besucherservice des DSO (Stichwort ›Weihnachtsangebot‹): Tel 030. 20 29 87 11 | Fax 030. 20 29 87 29 E-Mail: tickets@dso-berlin.de Adresse: siehe S. 8

Fr 10. Januar 22 Uhr Hamburger Bahnhof — Museum für Gegenwart

Andreas Grau und Götz Schumacher zählen zu den international renommiertesten Klavierduos der Gegenwart. Beide Pianisten verbindet eine bereits dreißigjährige Zusammenarbeit, die durch zahlreiche Preise und auf mittlerweile über 20 Tonträgern dokumentiert ist. Unter dem Titel ›Concerti II‹ erscheint nun eine neue CD mit Konzerten für zwei Klaviere und Orchester, die gemeinsam mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und dem Dirigenten Martyn Brabbins entstanden ist. Sie enthält das ›Concerto pathétique‹ von Franz Liszt in der Transkription von Stefan Heuke (2008), das Konzert für zwei Klaviere C-Dur von J. S. Bach sowie das ›Concerto per due pianoforti soli‹ von Igor Strawinsky. Mit Peter Ruzicka verbindet das DSO eine lange gemeinsame Geschichte: 1979 bis 1987 war er Intendant des damaligen RSO Berlin, als Dirigent ist er bis heute regelmäßiger Gast des Orchesters. Unter seiner Leitung hat das DSO nun Ruzickas Kompositionen ›Über Unstern‹ (2011), ›Trans‹ (2009) und ›Mahler | Bild‹ (2010) für die CD ›Orchestra Works Vol. 2‹ erstmalig eingespielt.

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Das Konzert ist bereits ausverkauft.

Beide CDs erscheinen am 7. Januar 2014 bei NEOS. Weitere Informationen unter dso-berlin/neuerscheinungen


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Vladimir Ashkenazy im Gespräch

DI E S EELE DER M US I K Vladimir Ashkenazy im Gespräch über sein Konzert am 17.02.

Vladimir Ashkenazy ist einer der wenigen Künstler, die eine Karriere als Pianist und Dirigent erfolgreich kombinierten. Der Gewinn des Chopin-, des Königin-Elisabeth- und des Tschaikowsky-Wettbewerbs eröffnete ihm seine internationale Karriere, sieben Mal wurde er mit einem ›Grammy‹ ausgezeichnet. Er war von 1989 bis 1999 Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, leitete die Tschechische Philharmonie und das NHK Symphonieorchester in Tokio. Er ist Musikdirektor des European Union Youth Orchestra und noch bis Ende 2013 Chefdirigent des Sydney Symphony Orchestra. 2012 ging er mit dem DSO auf Südamerika-Tournee, am 17. Februar kehrt er mit einem englisch-tschechischen Programm ans Pult des Orchesters zurück. Maestro Ashkenazy, als Sie sich Anfang der 70er-Jahre dem Dirigieren zuwandten, waren Sie bereits ein weltweit gefeierter Pianist. Wann erwachte Ihr Interesse an symphonischer Musik? Schon in frühester Kindheit hat mich das Orchester eigentlich viel mehr fasziniert als das Klavier. Ich war vielleicht sieben oder acht Jahre alt und Schüler an der Zentralen Musikschule des Moskauer Tschaikowsky-Konservatoriums, als mir ein Mitschüler, der Geiger Victor Danchenko, eine Kinderkarte für ein Konzert des Staatlichen Symphonie-Orchesters organisierte, in dem sein Vater spielte. Dieses erste Orchesterkonzert meines Lebens, wahrscheinlich eine Tschaikowsky-Symphonie, machte einen ungeheuren Eindruck auf mich. Ich war überwältigt vom Klang des Orchesters. Und selbst als ich dann große Erfolge als Pianist feierte, habe ich viel Zeit mit Orchesterpartituren verbracht. Und ich ging andauernd ins Konzert. Pianisten hörte ich mir eher selten an, mit Ausnahme von Swjatoslaw Richter oder Emil Gilels. Und auch wenn das Angebot in Russland eher beschränkt war, begann ich, Schallplatten zu sammeln. Dabei wäre ich nie auf die Idee gekommen, selbst zu dirigieren. Das Zuhören genügte mir. Wie kam es dann zu Ihrem Schritt ans Pult? Als ich viele Jahre später in London lebte, fragte mich mein Schwiegervater, der dort ein semi-professionelles Orchester leitete, ob ich es nicht auch einmal versuchen wolle, er würde mir schon alles Nötige zeigen. Ich dirigierte also Beethovens ›Coriolan‹-Ouvertüre, und das natürlich nicht sonderlich gut [lacht]. Aber das Ende gelang prächtig, was mich sehr überraschte. Als ich dann in Island lebte — der Heimat meiner Frau —, habe ich mit dem dortigen Orchester gearbeitet, und Ende der 70er-Jahre lud mich das Philharmonia Orchestra ein, in der Royal Festival Hall Tschaikowskys ›Manfred‹-Symphonie zu dirigieren, das müssen Sie sich einmal vorstellen! Ich hatte anfangs ziemliche Schwierigkeiten, habe aber viel dabei gelernt — und das Orchester war unglaublich nett zu mir und lud mich wieder ein, denn sie schätzten meine Art, Musik zu machen. Das hat mich sehr berührt, und ich bin immer wieder gekommen. Das letzte Mal liegt erst ein paar Wochen zurück. Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Dirigent? Sergiu Celibidache soll einmal gesagt haben, ein Dirigent sei eigentlich ein Diktator, der sich zum Glück auf das Feld der Musik beschränke. Sie sehen das wahrscheinlich anders? Allerdings. Das Diktatorische liegt nicht in meiner Natur. Wenn ich mit einem Orchester arbeite, versuche ich das, was ich musikalisch ausdrücken möchte, den Musikern zu verstehen zu geben, ohne ihnen explizit vorzuschreiben, was sie tun sollen. Es ist also keine Diktatur, sondern eine kollegiale Zusammenarbeit. Für die Musiker bin ich einer von ihnen, und das sagen sie mir auch immer. Ich bin Musiker, und ich weiß, wie schwierig das sein kann, und das nur zu gut [lacht]. Sie haben gerade eine CD mit Klavierminiaturen von Rachmaninoff aufgenommen. Wie viel Zeit widmen Sie selbst noch dem Instrument? Ich bin gut in Form, ich übe jeden Tag zwei bis drei Stunden. Aber als Solist möchte ich eigentlich nicht mehr auftreten. Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber ich kenne etliche Instrumentalisten, die auch mit 70 oder 80 Jahren noch konzertiert haben und leider eben nicht mehr so gut waren wie früher. Das soll mir nicht passieren.

Deswegen trete ich als Pianist nur noch im Duo mit meinen Söhnen Vovka [Pianist] und Dmitri [Klarinettist] auf. Dabei fühle ich mich sicher, als Teil von etwas. Und natürlich nehme ich weiterhin Schallplatten auf. Sie werden im Februar das großartige Violinkonzert von Edward Elgar dirigieren. Was bedeutet Ihnen diese Musik? Sie berührt mich zutiefst. Wenn Elgar etwas komponiert hatte, fragte er seinen Verleger und Freund, ob dieser es für gut genug hielte. Er zweifelte an seiner Begabung und seinen Ausdrucksfähigkeiten. Er hat Gewichtiges zu sagen, aber ich finde, man spürt in seiner Musik auch immer diese Zerbrechlichkeit, und gerade das fasziniert mich. Ich mag das Violinkonzert unglaublich gern; ich habe fast alle Orchesterwerke Elgars dirigiert und freue mich auch diesmal sehr darauf. Die Musik ist phantastisch, sie ergreift mich, wie die von Rachmaninoff, auch wenn beide so gut wie gar nichts miteinander zu tun haben. Den Solopart wird im Februar James Ehnes übernehmen. Sie haben beide bereits 1995 gemeinsam mit dem DSO konzertiert. Oh ja, das war ganz am Anfang seiner Karriere. Wir haben seitdem viel zusammengearbeitet, und er hat einen enormen Eindruck auf die Musikwelt gemacht. Er ist ein großartiger Musiker, ein guter Freund, und ich trete sehr gern mit ihm auf. Im Anschluss steht Dvořáks Achte Symphonie auf dem Programm … Ich liebe sie! Dvořák war für mich ein wunderbarer Mensch, bescheiden, warmherzig, er suchte sich niemals zu profilieren. Man hat ihm manchmal formale Mängel seiner Symphonien vorgeworfen, aber das ist überhaupt nicht wichtig. Johannes Brahms bewunderte ihn und schrieb [an seinen Verleger Simrock]: »Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen könnte sich jeder andere die Hauptthemen zusammenklauben«. Dvořák ließ sich von nichts beirren, er goss einfach seine Seele in Musik. Das liebe ich ganz besonders … Im Dezember 1974 traten Sie zum ersten Mal als Pianist mit dem RSO Berlin (heute DSO) auf, unter der Leitung des damaligen Chefdirigenten Lorin Maazel mit Prokofjews zweitem Klavierkonzert. 1987 waren Sie dann erstmals auch als Dirigent beim Orchester zu Gast, zwei Jahre später schon Chefdirigent des DSO. Wie haben Sie diese zehn Jahre zwischen 1989 und 1999 erlebt? In meiner Erinnerung bedeutete diese Position mehr oder weniger den Beginn meiner Dirigentenkarriere, zumindest als Chefdirigent. Ich war den Orchestermusikern sehr dankbar, dass sie bereitwillig all das umgesetzt haben, was ich ausdrücken wollte — ohne dass ich ein unglaublicher Techniker gewesen wäre. Sie haben mich freundlich und offen aufgenommen, und dabei so gut gespielt, dass ich nur die besten Erinnerungen an diese Zeit habe. Ich habe sie ungeheuer genossen — und ich komme immer gern wieder! Maestro, haben Sie vielen Dank für das Gespräch. DAS GESPRÄCH FÜHRTE MA XIMILIAN RAUSCHER.

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Edward Elgar ›Chanson de matin‹ Edward Elgar Violinkonzert h-Moll Antonín Dvořák Symphonie Nr. 8 G-Dur VLADIMIR ASHKENAZY James Ehnes Violine Mo 17. Februar 20 Uhr | 18.55 Uhr Einführung Philharmonie Karten von 15 € bis 45 € | AboPlus-Preis ab 13 €


Phillippe Jordan | Kinderkonzerte

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Eine Publikation des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin | dso-berlin.de

POESIE UND SINNLICHKEIT Philippe Jordan und Evelyn Herlitzius am 05.02. mit Strauss und Wagner

Tannhäuser, Don Juan, Salome und Till Eulenspiegel — eine so merkwürdige Figurenkonstellation hat wohl selten zusammengefunden. Doch alle vier folgen ihren Leidenschaften, pfeifen auf Konventionen — und gehen am Ende daran zugrunde. Sinnlichkeit und Liebestaumel, Verderbtheit und Tod prägen ihre Geschichten: Tannhäuser kehrt dem Venusberg zwar den Rücken, doch die göttliche Vergebung erreicht ihn zu spät. Don Juan stolziert von einem erotischen Abenteuer ins andere und bereut rein gar nichts. Salome, die ständig Begehrte, kann mit Zurückweisung nicht umgehen und stillt ihre Begierde auf grausamste Weise. Till Eulenspiegel hingegen provoziert und stellt bloß — und auch der sorglos kluge Narr bezahlt seine Grenzüberschreitung mit dem Leben. Gesellschaftlich mag das Quartett also nicht der beste Umgang sein, als musikalisches Sujet aber haben ambivalente Charaktere dieses Kalibers großen Widerhall unter Komponisten gefunden. Aufbruch in die Moderne Don Juan und Till Eulenspiegel bilden das Zentrum des Abends, in Tondichtungen von Richard Strauss, die dessen Aufbruch in die musikalische Moderne manifestierten. Obgleich programmatisch angelegt, sollten diese nicht etwa eine Handlung illustrieren; die Protagonisten stehen vielmehr für poetische Ideen, die es zu vertonen galt. An den Schriftsteller Romain Rolland schrieb Strauss 1905: »Für mich ist das poetische Programm auch nichts weiter als der Formen bildende Anlass zum Ausdruck und zur rein musikalischen Entwicklung meiner Empfindungen. [...] Aber dass die Musik nicht in reine Willkür sich verliere […], dazu braucht sie […] bestimmender Gränzen u. dieses Ufer formt ein Programm. Und mehr als ein gewisser Anhalt soll [es] auch für den Hörer […] nicht sein.« Dass der Opportunist Strauss selbiges ad absurdum führte, indem er — als

»Marketingmaßnahme« — die Publikation ausführlicher Erläuterungsschriften zuließ, steht auf einem anderen Blatt. Die Musik bedarf ihrer durchaus nicht. Denn schon mit dem farbprächtigen und kunstvoll instrumentierten ›Don Juan‹ hatte der 24-Jährige zu seiner eigenen, prägnanten Stimme gefunden. Er sah seine Tondichtungen später selbst als »Vorbereitungen« auf dem Weg zur ›Salome‹. Für die hypnotisierende, rauschhafte Klangwelt dieser skandalumwitterten Oper ist das DSO nicht zuletzt seit seiner Residenz im Festspielhaus Baden-Baden bestens präpariert (die Produktion von 2011 ist auch auf DVD dokumentiert). Der ›Tanz der sieben Schleier‹, dramatischer Wendepunkt der Handlung, erklingt im zweiten Teil des Konzertabends, im großartigen Schlussgesang der Salome findet er seinen Abschluss. Evelyn Herlitzius, die große Wagner- und StraussSopranistin, mehrfache Brünnhilde in Bayreuth, Elektra in Aix-en-Provence, Sächsische Kammersängerin mit enger Partnerschaft zur Dresdner Semperoper — sie wird der Strauss´schen Titelheldin ihre Stimme leihen.

Rebellion und künstlerischer Wandel Am Pult steht dabei der Schweizer Philippe Jordan. Er überzeugte zuletzt 2011 beim DSO mit chorsymphonischen Werken; im Februar kommen dem Musikdirektor der Opéra National de Paris seine ausgeprägten Straussund Wagner-Erfahrungen zugute. An den Anfang seines Programms hat er die Ouvertüre und die ›Venusberg‹Musik aus Richard Wagners ›Tannhäuser‹ gestellt – Ausgangspunkt nicht nur für den Abend, sondern auch für Strauss: Ohne die Bewunderung für den Meister vom grünen Hügel ist dessen Werk nicht denkbar. Erst mit Anfang zwanzig konnte sich der junge Kapellmeister aus den Fesseln seines erzkonservativen Geschmackskorsetts befreien, als ein Freund »zum Kummer meines guten Vaters einen Wagnerianer aus mir machte ...«. Der Rest ist Musikgeschichte. MA XIMILIAN RAUSCHER

—–– Richard Wagner Ouvertüre und ›Venusberg‹-Musik aus ›Tannhäuser‹ Richard Strauss ›Till Eulenspiegels lustige Streiche‹ Richard Strauss ›Don Juan‹ Richard Strauss ›Tanz der sieben Schleier‹ und Schlussgesang aus ›Salome‹ PHILIPPE JORDAN Evelyn Herlitzius Sopran Mi 5. Februar 20 Uhr | 18.55 Uhr Einführung Philharmonie Karten von 15 € bis 45 € | AboPlus-Preis ab 13 €

HA L A AL I: VOLLES ROHR GEBL ASEN Kulturradio-Kinderkonzert am 16.02.

Nashorn, Nebelhorn, Martinshorn — es gibt die verschiedensten Arten von Hörner. Und auf einigen kann man Musik machen, Blasmusik. Packen wir also den Stier bei den Hörnern! Wahrscheinlich haben schon die Menschen in grauer Vorzeit auf Hörnern geblasen, und zwar auf den Hörnern von Tieren. Die sind innen hohl und wenn man sie an beiden Seiten absägt, kann man darauf blasen und auf diese Weise Töne erzeugen. Diesen Tönen haben die Menschen magische Kräfte nachgesagt. Priester im alten Mexiko haben z. B. mit Horntönen die Regengötter beschworen, damit die nächste Ernte gut ausfiel. Auch aus Holz kann man Hörner machen — Alphörner. Mit Tönen dieser riesigen Instrumente haben sich die Menschen in den Bergen verständigt. Als sie die Metalle entdeckt und gelernt haben, wie man daraus Blech schmieden kann, haben sie Signalhörner gefertigt — man findet sie im alten Ägypten, im alten Rom und auch im Europa der Bronzezeit, wo die Menschen Rinderhörner aus Metall nachgebaut haben. Hörner haben Priester begleitet, Herrscher, Jäger oder Krieger. Die Hörner, die heute im Symphonieorchester gespielt werden, haben also eine lange und spannende Vorgeschichte. Und der Klang dieser modernen Hörner hat immer noch etwas Magisches. Hörner spielen mit, wenn die Musik von Helden wie dem sagenhaften Siegfried erzählt oder von Geheimnissen — und natürlich wenn es um Jagd und den Wald geht. Denn im Wald wird das

Horn auch heute noch als Signalinstrument verwendet, mit dem sich die Jäger Nachrichten übermitteln wie »Auf zur Jagd«, »Sau tot« oder »Zum Essen«.

Gewinnspiel: Stell Dir einmal einen Zauberer vor, der mit einem magischen Horn die Regengötter beschwört. Male ein Bild dazu und schick es uns. Mit etwas Glück gibt es einmal vier Karten für das Kinderkonzert am 16.02. zu gewinnen. Die schönsten Bilder findest Du ab Ende Januar unter: dso-berlin.de/kinderkonzerte

Ein Symphonieorchester mittlerer Größe hat meistens vier »Waldhörner«. Zur Horngruppe des DSO gehören sogar sechs Musiker. Und die werden am 16. Februar das 51. Kulturradio-Kinderkonzert gestalten: ›Halali: Volles Rohr geblasen‹. Sie bringen dazu ihre Orchesterinstrumente mit und verraten, was man damit für Kunststücke machen kann. Ein modernes Horn besteht aus einem Blechrohr, das fast vier Meter lang ist. Es wird zu einem Kreis aufgewickelt, an einem Ende ist das Mundstück, am anderen der Schalltrichter und dazwischen liegen Ventile. Wozu Hornisten diese Ventile brauchen, wann sie erfunden worden sind und wie solche Erfindungen die Hornmusik beeinflusst haben, das und noch viel mehr spannende Geschichten gibt’s im Kinderkonzert zu hören — außerdem Musik von Ludwig van Beethoven, Robert Schumann, Carl Maria von Weber und natürlich auch von Sergei Prokofjew, der mit den Hörnern in ›Peter und der Wolf‹ nicht etwa die Jäger darstellt, sondern den Wolf. Übrigens: Natürlich finden wir auch heraus, was der Jagdruf »Halali« bedeutet. Und vor dem Konzert lassen Euch die Musiker des DSO beim Open House wieder ihre Orchesterinstrumente ausprobieren. CHRIST IAN SCHRUFF

Einsendungen bis zum 17. Januar an: Deutsches Symphonie-Orchester Berlin im rbb-Fernsehzentrum Stichwort: Kinderkonzert-Gewinnspiel Masurenallee 16–20 | 14057 Berlin

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›Halali: Volles Rohr geblasen‹ Werke von Beethoven, Prokofjew, Schumann, von Weber HORNGRUPPE DES DSO | Christian Schruff Moderation So 16. Februar 12 Uhr Konzert | 10.30 Uhr Open House Haus des Rundfunks, Großer Sendesaal Für Kinder ab 6 Jahren. Karten zu 4 € | Erwachsene 10 €


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Tugan Sokhiev | Pultnotiz

PULTNOTIZ

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Viola Wilmsen, Solo-Oboistin des DSO

FREIER BLICK

Viola Wilmsen studierte Oboe in Lübeck, Paris und Berlin und gewann zahlreiche erste Preise bei internationalen Wettbewerben, u.a. beim Sony-Wettbewerb in Japan oder beim Wettbewerb ›Young Musician of the Year‹ in England. Derzeit ist sie Mitglied der Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler des Deutschen Musikrates. Sie spielte als Solistin mit Orchestern wie dem Kansai Philharmonic Orchestra (Japan) oder dem Münchener Kammerorchester und war als Kammermusikerin bei zahlreichen Festivals zu Gast. Nach drei Jahren als Solo-Oboistin an der Deutschen Oper Berlin bekleidet sie seit der Saison 2012 | 2013 diese Position beim DSO.

scher Leite r eri

Tugan Sokhiev dirigiert am 15. + 16.01. Mahlers Zweite Symphonie Eine Symphonie? Eine Kantate? Eine Symphonische Dichtung? Ein Musikdrama ohne Szene? Gustav Mahlers Zweite ist alles. Ihr erster Satz, ein Stück von stattlichen Dimensionen, sollte zunächst als Tondichtung für sich allein stehen. Ihm folgen nun — nach angemessener Pause — ein Andante, ein Scherzo und ein Finale wie in einer Symphonie. Das Finale wird gesungen, vor das Chorstück setzte der Komponist noch ein Solo, wie in einer Kantate. Und der große gedankliche Bogen von der ›Totenfeier‹, wie das Anfangsstück einmal heißen sollte, zum Auferstehungschor am Schluss ist so weit gespannt, dass ihm kein Bühnenszenario gerecht werden könnte; ein Musikdrama ereignet sich aber zwischen diesen konträren Polen gleichwohl. Gustav Mahler war in seinem musikalischen Denken ein Universalgeist. Ein universelles Werk Mit der ›Auferstehungssymphonie‹ wendet sich Tugan Sokhiev einem Hauptwerk der deutschen Tradition zu. Der deutschen Tradition? Gewiss, die Idee zum ersten Satz kam Mahler in Leipzig, dort begann er auch mit der Ausarbeitung. Den befreienden Einfall zum Finale empfing er in Hamburg, wo er auch letzte Hand an die Partitur legte (die kompositorische Hauptarbeit leistete er in den Urlauben, die er meist in Österreich verbrachte). Doch die Anregung für das Eröffnungsstück stammt aus einem Epos von Adam Mickiewicz. Der war ein polnischer und litauischer Dichter, für beide Länder von nationaler Bedeutung. Mahler lernte seine Werke in den Übersetzungen des Freundes Siegfried Lipiner kennen. Mahlers Schlusssatz beginnt nicht nur leise, wie von weit her, sondern auch tief; er verlangt schwarze Bässe wie sonst nur russische Chorstücke. Die Auferstehung als Mysterium fand nirgends so ergreifenden Klang wie in diesem Finale. Die Wahrhaftigkeit des tiefen Geheimnisses, bei der es egal ist, ob man daran glaubt, kommt nicht aus deutschen Traditionen; Chassiden haben sie gepflegt, auch die Ostkirchen. Mahler gab ihr Töne und öffnete ihr die Tore zur säkularen Welt, in der man merkt: Die Stärke der Religionen liegt nicht in ihren Glaubenssätzen, sondern darin, dass sie uns zu denken geben, worauf wir von selbst nicht kommen. Mit der Kunst verhält es sich wohl ähnlich. Junge Interpreten Wer sein »Auferstehn, ja auferstehn wirst du« einmal sehr gut gehört hat, vergisst es nicht und will es nie mehr anders hören. Am 15. und 16. Januar singt es der Rundfunkchor Berlin. Zwischen ihm und Tugan Sokhiev entwickelte sich in der vergangenen Saison eine gute, intensive Kommunikation. Sie nährt für Mahler hohe Erwartungen. Für die beiden Solopartien — den Sopran, der dem Auferstehungschoral das helle Licht aufsteckt, und dem Mezzosopran, der mit dem ›Urlicht‹ auf den Schlusschor vorbereitet — wählte Sokhiev zwei junge Sängerinnen. Die Sopranistin Anastasia Kalagina kennt er vom St. Petersburger Mariinski-Theater, wo sich die mehrfache Wettbewerbsgewinnerin innerhalb kurzer Zeit die großen Rollen ihres Fachs ersang. Die Amerikanerin Sasha Cooke gab 2010 ihr DSO-Debüt mit Mahlers ›Rückert-Liedern‹. Gemeinsam lassen sie eine Interpretation erwarten, die sich vom Ballast der Mahler-Jubiläen löst und einen freien Blick auf dessen symphonische Riesenlandschaften wagt. HABAKUK T R ABER

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Gustav Mahler Symphonie Nr. 2 c-Moll ›Auferstehungssymphonie‹ TUGAN SOKHIEV Anastasia Kalagina Sopran Sasha Cooke Mezzosopran Rundfunkchor Berlin Risto Joost Mi 15. + Do 16. Januar 20 Uhr | 18.55 Uhr Einführung Philharmonie Karten von 20 € bis 59 € AboPlus-Preis ab 17 €

Ich bin Oboistin geworden, weil … ich vom Klang der Oboe so berührt und fasziniert war, dass ich dafür die Trompete aufgegeben habe. Wäre ich nicht Oboistin geworden, wäre ich heute … vielleicht Sängerin. Als ich zum ersten Mal auf einer Bühne stand, ... war ich so aufgeregt, dass ich beim Preisträgerkonzert von ›Jugend musiziert‹ mit meiner Trompete den schnellen Satz so rasch wie nie zuvor spielte – zum Leidwesen meines Pianisten. Meine drei Lieblingswerke der Orchesterliteratur: 1. Mahlers ›Das Lied von der Erde‹. Ich erinnere mich sehr gerne an mein erstes Symphoniekonzert an der Deutschen Oper Berlin. 2. Strawinskys ›Le sacre du printemps‹ war im Bundesjugendorchester nach Wochen der Vorbereitung und intensiven Proben sehr energiegeladen und hat unglaublich viel Spaß gemacht. 3. Schumanns Zweite Symphonie. Die habe ich erstmals im Jugendorchester aufgeführt und nun mit dem DSO unter Christoph Eschenbach wieder spielen dürfen. Ich liebe ihren dritten Satz mit dem Oboensolo am Anfang. Das höre ich momentan privat am liebsten: Soul aus den 80er-Jahren: Randy Crawford, The Crusaders oder Steely Dan. Wenn ich nicht Oboe spiele, ... baue ich Oboenrohre. Diese Tempobezeichnung entspricht am ehesten meinem Temperament: Vivace lietissimo un poco teneramente, ma non troppo con dolore, non tanto strasciando, ma impensierito con moto.


Herbsttournee | Ultraschall Berlin

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Eine Publikation des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin | dso-berlin.de

HERBST TOURNEE MIT TUGAN SOKHIEV Großer Erfolg für das DSO in Bratislava, Zagreb und Udine

Wie wichtig es für einen großen Klangkörper ist, dass ein Rädchen in das andere greift, stellt das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin in jeder Probe und jedem Konzert in der Berliner Philharmonie unter Beweis. Wenn das DSO zu einer Gastspielreise aufbricht, kommen weitere Faktoren hinzu, die die Auftritte noch etwas anspruchsvoller machen, deren Erfolg aber dafür umso bemerkenswerter ausfällt. Logistisch darf nichts dem Zufall überlassen werden, Musiker und Dirigent stehen vor der Aufgabe, unterschiedliche akustische Gegebenheiten in den Sälen vorzufinden, und trotz Reiseanstrengungen muss das Orchester auf den Punkt das Publikum stets aufs Neue in den Bann ziehen. Vom 11. bis 13. Oktober stellte sich das DSO wieder diesen Herausforderungen und unternahm mit einem Programm, das zuvor bereits in der Philharmonie das Berliner Publikum begeisterte, eine kurze Gastspielreise in die Slowakei, nach Kroatien und Italien. Neben Chefdirigent Tugan Sokhiev, der erstmals mit seinem Orchester auf Tournee ging, war auch der herausragende Pianist Boris Berezovsky mit an Bord.

Musikalisches Verständnis Bereits im zweiten gemeinsamen Jahr ist es offensichtlich, wie sehr das Orchester und sein Dirigent auf einer Wellenlänge liegen. »Das erlaubt uns, direkt an die Feinarbeit zu gehen und unsere gemeinsame musikalische Sprache zu perfektionieren«, sagt Tugan Sokhiev. Gleich auf der ersten Station in Bratislava wird deutlich, dass es genau auf diese wesentlichen Nuancen ankommt. Die Slowakische Philharmonie ist ein prunkvoller Saal, der aber im Vergleich zur Berliner Philharmonie, der Konzerthalle ›Vatroslav Lisinski‹ in Zagreb oder dem Teatro Nuovo Giovanni da Udine kleiner ausfällt und somit gänzlich andere akustische Anforderungen stellt. Gerade bei der groß orchestrierten ›Skythischen Suite‹ von Sergei Prokofjew müssen die Blechbläser die richtige Klangbalance finden, ebenso die Streicher sämtliche Feinheiten von Dmitri Schostakowitschs Suite ›Das goldene Zeitalter‹ herausarbeiten und Solist Boris Berezovsky die virtuosen Klavierkonzerte Nr. 2 von Schostakowitsch und Nr. 1 von Prokofjew bis in die letzte Reihe brillant erlebbar machen. Allen Beteiligten gelang dies auf beeindruck-

ende Weise: Der Dirigent fand mit dem Orchester das richtige Gleichgewicht, um jedem Saal gerecht zu werden, stets mit klarem und verbindlichem Ton, und Boris Berezovsky begeisterte mit makelloser Technik und großer Virtuosität. Frühe Größe Tugan Sokhiev wählte das außergewöhnliche Programm ganz bewusst für seine erste Gastspielreise: »Die beiden frühen Ballettsuiten zeigen eine dynamische, teils ungestüme Seite der Komponisten, die mehr entdeckt werden sollte. Wenn man sie aufmerksam hört, kann man den einzigartigen Stil von Prokofjew und Schostakowitsch bereits deutlich erkennen«. Das Publikum folgte diesem Ansatz des Chefdirigenten und dankte es ihm und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin mit lang anhaltendem Jubel in ausverkauften Sälen. PAOLO OLLIG

Tournee-Bilder unter: dso-berlin.de/herbst2013

›ULTRASCHALL BERLIN‹ Das DSO am 22. + 26.01. zu Gast beim Festival für Neue Musik

›Ultraschall Berlin‹. Mit diesem leicht veränderten Titel geht das gemeinsame Festival für Neue Musik von Kulturradio vom rbb und Deutschlandradio Kultur in seinen neuen Jahrgang. In gewohnter Manier versammelt es gerade erst Entstandenes und Uraufführungen. Daneben bietet es aber auch den akustischen Blick auf Wiederentdeckungen, deren Relevanz im gegenwärtigen Spannungsfeld neu beleuchtet wird. Avantgarde und Klassiker der Moderne stehen in befruchtendem Austausch, in gewohnter Spitzenqualität interpretiert. Traditionell ist das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin ein wichtiger Partner von ›Ultraschall Berlin‹. 2014 wird es das Eröffnungs- und Abschlusskonzert bestreiten — geleitet von Lothar Zagrosek und Heinz Holliger, zwei führenden Vertretern (nicht nur) der Neuen Musik. Die Doppelgesichtigen Zwei Seiten einer Medaille vereint Heinz Holliger in seinem Doppelkonzert ›Janus‹ — und gibt damit einen Kommentar zu seiner eigenen Künstlerpersönlichkeit als Komponist und Interpret. In beiden Funktionen ist auch Jörg Widmann bei ›Ultraschall Berlin‹ zu erleben, dessen aphoristische ›Bruchstücke‹, fünf Duos für Klarinette und Klavier, beide Künstlerkomponisten aufführen. Widmann wiederum wird als Solist in Elliott Carters Klarinettenkonzert zu erleben sein. Dieses vereint in sich Altersweisheit und jugendliche Energie, ebenso aber auch einen freien Umgang mit einer klassischen Form. Auch Klaus Hubers ›Tenebrae‹ haben ein Doppelgesicht als eine Passion mit instrumentalen Mitteln und einsätzige Symphonie.

Späte Uraufführung Eine bemerkenswerte Uraufführung enthält das Abschlusskonzert: Erst mit fünfzig Jahren begann Giacinto Scelsi, seinen eigenen unverwechselbaren Kompositionsstil zu entwickeln. Auf dem Weg dahin entstand nach einer Schaffenskrise das Orchesterwerk ›Kamakala‹, das Scelsi niemals veröffentlichte und das jetzt erstmals öffentlich aufgeführt wird. Während Scelsi in seinen Werken immer wieder Bezug auf östliche, speziell indische Philosophien nimmt, hat Nicola Sani seinem Orchesterwerk ›Al folle volo‹ ein Zitat aus Dantes ›Divina Commedia‹ vorangestellt. Theatralisch geht es dagegen zu in ›touché‹ von Hanspeter Kyburz: ein Duett, oder besser: ein brillantironisches Duell auf einen Text der Sprachwissenschaftlerin Sabine Marienberg, in dem die beiden Sänger zunächst fragmentarisch aneinander vorbeireden und erst gegen Ende versöhnlicher zueinander finden. Um das Schreiben selbst geht es Helmut Lachenmann in seinem gleichnamigen Orchesterwerk, zum einen direkt physisch erfahrbar in den Aktionen der Musiker, aber auch in dem Gedanken, dass Notation mehr ist als der Ablaufplan eines Werkes, vielmehr den Ausdrucksgehalt von Musik in sich einschließt. ANDREAS GÖBEL Andreas Göbel (rbb-Kulturradio) gestaltet ab 2013 zusammen mit Dr. Rainer Pöllmann (Deutschlandradio Kultur) das Programm des Festivals ›Ultraschall Berlin‹.

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214. Konzert ›Musik der Gegenwart‹ Jörg Widmann ›Fünf Bruchstücke‹ für Klarinette und Klavier Elliott Carter Klarinettenkonzert Heinz Holliger ›Janus‹ – Doppelkonzert für Violine, Viola und Orchester Klaus Huber ›Tenebrae‹ HEINZ HOLLIGER Leitung und Klavier Jörg Widmann Klarinette Thomas Zehetmair Violine Ruth Killius Viola Mi 22. Januar 20 Uhr Haus des Rundfunks

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215. Konzert ›Musik der Gegenwart‹ Hanspeter Kyburz ›touché‹ für Sopran, Tenor und Orchester Giacinto Scelsi ›Kamakala‹ (UA) Nicola Sani ›Al folle volo‹ Helmut Lachenmann ›Schreiben‹ LOTHAR ZAGROSEK Cornelia Horak Sopran Daniel Kirch Tenor So 26. Januar 20 Uhr Haus des Rundfunks Karten zu 18 € | 12 € ermäßigt


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Remix-Wettbewerb

BEGEGNUNG ZWEIER WELTEN Remix-Wettbewerb des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin

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Mit den Casual Concerts hat das Deutsche SymphonieOrchester Berlin sein Gespür für neue Konzertformen unter Beweis gestellt. Seit sechs Jahren und mit großem Erfolg locken sie ein neues, junges Konzertpublikum in die Philharmonie. Und auch die Casual Concert Lounge überzeugt mit spannenden Begegnungen von klassischer Musik und zeitgenössischen Club-Sounds. Vor diesem Hintergrund hat das DSO im Oktober 2013 unter dem Titel ›INTO A NEW WORLD — dvořák 24 loops‹ einen Remix-Wettbewerb ins Leben gerufen. Neue Ideen und neue Wege Der Remix, das Neu-Abmischen und -Arrangieren bestehender Musikaufnahmen, gehört zu den Grundkonzepten der elektronischen (Tanz)musik. Geschickt verschmilzt sie vorhandenes Material und Selbstgeschaffenes zu einem neuen künstlerischen Amalgam. Das Ausdrucksspektrum ist weit, die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Und anders als bei allen bisher dagewesenen Klassik-Remix-Projekten werden für ›INTO A NEW WORLD‹ keine alten Aufnahmen aufgearbeitet. Gemeinsam mit dem jungen Dirigenten Cornelius Meister hat das DSO eigens für den Wettbewerb nicht nur den 3. Satz von Antonín Dvořáks Neunter Symphonie vollständig eingespielt, sondern auch ausgesuchte Klangbausteine, Einzelstimmen und kurze Phrasen aus diesem, sogenannte Loops. Das Material — 24 Fragmente, Motive und Themenköpfe — soll den Produzenten und Musikern die Möglichkeit eröffnen, die Musik Antonin Dvořáks aus einem neuen Blick-

winkel zu betrachten, den Charakter und die Seele des Werks neu zu ergründen, sich das klassische Klangmaterial anzueignen und nach der eigenen künstlerischen Vision weiterzuentwickeln. Der Musikproduzent Johann Fanger, DJ in Residence der Casual Concert Lounge, ist bestens mit den Grenzgängen zwischen klassischer und Club-Musik vertraut. Er erzählt, wie es zur Entscheidung für Dvořáks Symphonie ›Aus der Neuen Welt‹ kam: »Die Neunte ist ein sehr populäres Stück. Wir haben den dritten Satz ausgewählt, weil er viele solistische Abschnitte enthält, Passagen mit ein oder zwei Instrumentengruppen, an denen man als Remixer sehr gut ansetzen kann. TuttiPartien sind schwieriger zu bearbeiten, einzelne Elemente lassen sich dort kaum herauslösen.« Und er erwähnt eineweitere Herausforderung für die Zielgruppe des Wettbewerbs, die Produzenten von Club₃ Musik: »Das Scherzo steht im ⁄₄-Takt, was dort eher ungewöhnlich ist. Ich bin sehr gespannt, was die Wettbewerbsteilnehmer daraus machen werden.«

zum Spielen, zum Nachdenken, zum Austausch von Ideen. Cornelius Meister, gern gesehener Gast am Pult des DSO und als gefeierter Chefdirigent des RadioSymphonieorchesters Wien anbiedernder Populismen unverdächtig, sieht das ähnlich: »Ich habe einen sehr offenen Kunstwerk-Begriff. Wenn ich diese DvořákSymphonie als solche aufführe, dann möchte ich das natürlich möglichst so tun, wie sie der Komponist vermutlich im Sinn hatte — wenn ich das ganze Stück spiele. Aber das bedeutet ja nicht, dass man mit der Musik und ihren Bestandteilen nicht zusätzlich noch kreative Dinge anstellen könnte. Das ist dann nicht mehr die Neunte von Dvořák, sondern etwas Neues. Und es hat genauso eine Berechtigung, als Kunstwerk zu gelten, wie das Ursprungswerk.« Alle Informationen zum Remix-Wettbewerb des DSO finden Sie unter dso-berlin.de/remix. Im Bereich ›Playlist‹ können Sie auch eine Auswahl der bislang eingereichten Beiträge anhören. MA XIMILIAN RAUSCHER

Ein anregendes Experiment Aus der Sicht eines traditionellen Werkbegriffs mag diese Herangehensweise problematisch erscheinen. Andererseits kann, soll und wird die genreübergreifende Bearbeitung das Original niemals verdrängen. Dvořáks Musik ist viel zu eigenständig und zeitlos, als dass sie sich von Experimenten erschüttern ließe. Und um ein Experiment handelt es sich dabei. Der Wettbewerb soll anregen —

Der Wettbewerb läuft noch bis zum 31. Januar 2014. Als Preise sind ein Studio-Mikrophon-Set TLM 103 der Firma Neumann, die Musik-Software Ableton Live 9 Suite und ein SoundCloud proAccount ausgelobt. Die drei Gewinner werden von einer Jury im Februar bestimmt, die Preisverleihung findet im Rahmen des Casual Concerts mit Tugan Sokhiev am 3. März 2014 statt.

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Der perfekte Ein- oder Ausklang ist 3 Minuten von der Philharmonie entfernt. QIU Lounge im The Mandala Hotel am Potsdamer Platz Potsdamer Strasse 3 | Berlin | 030 / 59 00 5 00 00

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Eine Publikation des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin | dso-berlin.de

Letzte Meldung: DSO-Musiker laufen für den Nachwuchs

KONZERTE Januar Fr 10.01. 22 Uhr Hamburger Bahnhof Mi 15.01. Do 16.01. 20 Uhr Philharmonie

Mi 22.01. 20 Uhr Haus des Rundfunks

So 26.01. 20 Uhr Haus des Rundfunks

Kammerkonzert ›Notturno‹ Berio, Ibert, Vivaldi ENSEMBLE DES DSO Das Konzert ist ausverkauft. Mahler Symphonie Nr. 2 c-Moll ›Auferstehungssymphonie‹ TUGAN SOKHIEV Anastasia Kalagina Sopran Sasha Cooke Mezzosopran Rundfunkchor Berlin Risto Joost ›Ultraschall Berlin‹ – Festival für Neue Musik 214. Konzert ›Musik der Gegenwart‹ Widmann ›Fünf Bruchstücke‹ für Klarinette und Klavier Carter Klarinettenkonzert Holliger ›Janus‹ – Doppelkonzert für Violine, Viola und Orchester Huber ›Tenebrae‹ HEINZ HOLLIGER Leitung und Klavier Jörg Widmann Klarinette Thomas Zehetmair Violine Ruth Killius Viola ›Ultraschall Berlin‹ – Festival für Neue Musik 215. Konzert ›Musik der Gegenwart‹ Kyburz ›touché‹ für Sopran, Tenor und Orchester Scelsi ›Kamakala‹ (UA) Sani ›Al folle volo‹ Lachenmann ›Schreiben‹ LOTHAR ZAGROSEK Cornelia Horak Sopran Daniel Kirch Tenor

Februar Mi 05.02. 20 Uhr Philharmonie

So 16.02. 12 Uhr Haus des Rundfunks

Mo 17.02. 20 Uhr Philharmonie

Wagner Ouvertüre und ›Venusberg‹-Musik aus ›Tannhäuser‹ Strauss ›Till Eulenspiegels lustige Streiche‹ Strauss ›Don Juan‹ Strauss ›Tanz der sieben Schleier‹ und Schlussgesang aus ›Salome‹ PHILIPPE JORDAN Evelyn Herlitzius Sopran Kulturradio-Kinderkonzert Beethoven, Prokofjew, Schumann, von Weber HORNGRUPPE DES DSO Christian Schruff Moderation Elgar ›Chanson de matin‹ Elgar Violinkonzert h-Moll Dvořák Symphonie Nr. 8 G-Dur VLADIMIR ASHKENAZY James Ehnes Violine

Kammerkonzerte Die ausführlichen Programme und Besetzungen finden Sie unter dso-berlin.de/kammermusik Konzerteinführungen Zu allen Symphoniekonzerten in der Philharmonie — mit Ausnahme der Casual Concerts — findet jeweils 65 Minuten vor Konzertbeginn eine Einführung mit Habakuk Traber statt.

Die Firma ›tour concept‹, die Transportlogistik für Orchestertourneen anbietet, hat mehrere Berliner Klangkörper eingeladen, an der 21. Marathon-Staffel am 17.11. teilzunehmen. Neben einem Team der Komischen Oper liefen gleich zehn DSO-Musiker für einen guten Zweck: Adele Bitter, Andreas Lichtschlag, Peter Pühn, Leslie Riva-Ruppert und Dagmar Schwalke (Team DSO  1) sowie Nikolaus Kneser, Matthias Kühnle, Bernhard Nusser, Thomas Rößeler und Frauke Ross (Team DSO  2). Auch das kalte Wetter konnte die Läufer nicht abschrecken: Bei über 1000 teilnehmenden Staffelteams belegten die DSO-Musiker die durchaus beachtlichen Plätze 469 (DSO 2) und 727 (DSO 1). Für jede Minute unter der Sollzeit von vier Stunden spendete jedes Quintett fünf Euro. Der erlaufene Betrag von 485 € wurde von ›tour concept‹ auf 1200 € aufgestockt, die dem gemeinnützigen Verein ›Kiezklänge e.V.‹ zugutekommen. Er ermöglicht es Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Berliner Bezirken, ihre musikalische Begabung zu entfalten, finanziert Instrumentalunterricht, stellt Musikinstrumente zur Verfügung, veranstaltet Konzerte und vieles mehr.

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K ARTEN, ABOS UND BERATUNG Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Besucherservice Charlottenstraße 56 | 2. OG 10117 Berlin | Am Gendarmenmarkt Öffnungszeiten Mo bis Fr 9 – 18 Uhr Tel 030. 20 29 87 11 | Fax 030. 20 29 87 29 tickets@dso-berlin.de IMPRESSUM Deutsches Symphonie-Orchester Berlin in der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin im rbb-Fernsehzentrum Masurenallee 16 – 20 | 14057 Berlin Tel 030. 20 29 87 530 | Fax 030. 20 29 87 539 dso-berlin.de | info@dso-berlin.de Orchesterdirektor Alexander Steinbeis (V. i. S. d. P.) Orchestermanager Sebastian König Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Benjamin Dries Redaktion Maximilian Rauscher, Benjamin Dries Redaktionelle Mitarbeit Paolo Ollig Branding | Marketing Jutta Obrowski Abbildungen | Fotos Frank Eidel (S. 1), DSO (S. 2 links), bpk | Jens Ziehe (S. 2 Mitte), Dietmar Scholz (S. 2 rechts), Keith Saunders (S. 3), Jean-François Leclercq (S. 4 oben), Dorothee Mahnkopf (Grafik S. 4 unten), David Beecroft (S. 5 links), Anna Klemm (S. 5 rechts), Paolo Ollig (S. 6), Andreas Meier | Drews Design (Grafik S. 7), tour concept (S. 8) Art- und Fotodirektion .HENKELHIEDL Redaktionsschluss 05.12.2013 Änderungen vorbehalten © Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 2013 Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin ist ein Ensemble der Rundfunk Orchester und Chöre Gmbh Berlin. Geschäftsführer Thomas Kipp Gesellschafter Deutschlandradio, Bundesrepublik Deutschland, Land Berlin, Rundfunk BerlinBrandenburg


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