Dolomitenstadt - Das Magazin 03/2014

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ÖSTERREICH: 8 EURO - DEUTSCHLAND: 9,50 EURO - ITALIEN: 9,50 EURO. WWW.DOLOMITENSTADT.AT

DAS MAGAZIN FÜR LIENZ UND DIE REGION 03 | 2014

ALTERN PFLEGE IN OSTTIROL

SCHRÄG BERNHARD GANDER KOMPONIERT ARIEN

FRÜCHTE DES WALDES

MEDIZIN AM STRAUCH

VERENA SPRINGT!

KLETTERN IN DER CITY

TRACHT & STYLE

PILZE IM BILD

HOLLERSULZE

PINK BOOGIE

FREE SOLO

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EDITORIAL VON GERHARD PIRKNER

Liebe Leserin, geschätzter Leser, eine der wichtigsten Entscheidungen bei der Produktion eines Lifestyle-Magazins ist jene für das Covermotiv. Auch die DOLOMITENSTADT-Redaktion steht vier Mal pro Jahr vor der Qual der Wahl und einer zentralen Frage: Nehmen wir das Motiv, das uns am besten gefällt oder das, das sich am Kiosk am besten verkauft? Ein prominentes Gesicht kann den Absatz fördern, schließlich liegt unser Magazin nicht vor jeder Haustüre, sondern im Handel und da buhlen wir um die Gunst der Leserinnen und Leser neben sehr prominenten Titeln, die noch dazu meist weniger kosten. Die Titelseite der vorliegenden Ausgabe zeigt vielleicht besser als alle vorhergehenden, dass uns nicht der Mainstream, die Markttauglichkeit und der kommerzielle Erfolg wichtig sind, sondern eine redaktionelle Qualität, die DOLOMITENSTADT als Marke definiert. Wir wollen etwas Besonderes sein und das Besondere zeigen, nicht nur das Beliebte und schon gar nicht das Beliebige. DOLOMITENSTADT schreibt sich seit der Gründung des Verlages vor vier Jahren auf die Fahnen, das Bild von Osttirol nicht einfach in noch schöneren

Farben als die anderen zu malen, sondern ein neues, frisches, modernes und vor allem der Realität entsprechendes Bild der Region zu spiegeln. Das ist das Ziel unserer Redaktion. Deshalb sind und bleiben wir auf der Suche nach besonderen Menschen, die dem traditionellen Osttirol-Bild entsprechen können – wie der wunderbare Peischler Wirt, zu sehen ab Seite 40 – aber nicht entsprechen müssen. Bernhard Gander, unser Covermodel, zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern mit Osttiroler Wurzeln und ist obendrein auch noch ein supercooler Typ. Seine Coolness ist ebenso erfrischend, wie sein musikalisches Werk. Das passt zu uns und einem Osttirol-Bild, das sich nicht im Erhalt des Bestehenden erschöpft. "Schräg" steht auf unserem Cover und schräg ist manches, was wir Ihnen in dieser Ausgabe präsentieren. Neues entsteht, wenn Altes aufbricht und wenn wir selbst in Aufbruchstimmung sind. Für mich ist der Herbst der wahre Jahresbeginn. Der Sommer – und sei er noch so regnerisch – ist die Urlaubszeit. Aber im Herbst, da starten

wir durch. In keiner anderen Jahreszeit brechen mehr Osttirolerinnen und Osttiroler auf zu neuen Ufern. Hunderte Studentinnen und Studenten packen ihre sieben Sachen und ziehen in die Städte, um ihrem Leben und ihrer Zukunft eine neue Perspektive zu geben. Ihnen haben wir eine neue Serie gewidmet. Warum sie "Heimweh?" heißt, verrät Ihnen die Erfinderin, Linda Steiner, die heuer bei uns als Ferialpraktikantin gearbeitet und dabei künstlerische Spuren hinterlassen hat. Lesen Sie mehr auf Seite 36. Und freuen Sie sich auf einen produktiven, spannenden und bunten Herbst, durch den wir Sie mit diesem Heft begleiten möchten.

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INHALT LEBEN 006 OSTTIROL SEINERZEIT

052 ALTERN IN OSTTIROL

Wir bringen alte Filme!

Wie gut ist die Pflege im Bezirk?

008 LIBELLEN

065 WALK THE LINE

Lebensraum am Alten See

Tanzen gegen Demenz

020 KLASSIKER MIT HAUBE

Pflege Die Menschen in Osttirol werden sehr alt. Wer pflegt sie, was kostet das – und wer zahlt? Eine Bestandsaufnahme. Seite 52

Pepi Kreuzer kocht auf

WIRTSCHAFT

026 GUT BEHÜTET

068 ANDREAS BRAUN

Hommage an die Pilze

Osttirol Leitbild – von außen gesehen

036 LINDA UND DAS HEIMWEH

070 EVA HASELSTEINER

Studenten im Porträt

Die Neue bei der „Osttirol Werbung“

040 HOLLER, DAS SCHMECKT!

074 WAS KANN DER DOLOMITENMANN?

Die Sulze vom Peischler Wirt

Analyse und Potenzial einer Erfindung


KULTUR 088 ES MUSS EINE ARIE WERDEN! Bernhard Gander

094 SEHNSUCHT NACH THEATER Cornelia Rainer

098 STADT ALS RAUM FÜR KUNST Essay von Eleonora Bliem-Scolari

SPORT

SZENE/LIFESTYLE

104 FREE SOLO MASTERS

112 TRACHTENLOOK ...

Ein neues Topevent?

... und alles, was dazugehört

108 VERENA SPRINGT

120 HERBSTMODE

Bilder vom Pink Boogie

Für Groß und Klein

130 PROGRAMM Was? Wann? Wo?

Pilze Keine anderen Waldbewohner sind so märchenhaft, wie diese Lebewesen, die weder Tier noch Pflanze sind. Seite 26


2014 /// leben /// osttirol seinerzeit

„OSTTIROL SEINERZEIT“

DOLOMITENSTADT BRINGT VINTAGE-VIDEOS AUF YOUTUBE! Vor einigen Monaten besuchte uns Walter Aichner in der Redaktion. Er hatte einen Stapel VHS-Kassetten und eine Story im Gepäck, die älteren Lienzern bekannt vorkommen könnte.

„Osttirol im Bild“ war wie fernsehen – nur ohne Sender. Jetzt stellen wir alle Folgen online.

Andreas Köll

Anfang der neunziger Jahre beschloss ein Häufchen kreativer Dolomitenstädter, ins Fernsehbusiness einzusteigen. Das Internet war damals schon erfunden, steckte aber noch in den Kinderschuhen. Klassisches TV war angesagt, der ORF noch fast unbehelligt von privater Senderkonkurrenz und „Österreich Bild“ eines der Lieblingsformate der heimischen Fernsehzuseher. Was lag also näher, als eine Osttiroler Variante der Nachrichtensendung zu produzieren, samt modisch gekleideter Sprecherin, Reportagen, Interviews und natürlich Werbespots.

und in Trafiken verkauft. Sogar eine Art Pfandsystem hatte sich das Team um Aichner ausgedacht.

Aichner war damals Geschäftsführer von Taura-Film, einer Gesellschaft, die der Creativcenter-Gründer, Eventveranstalter und Produzent Louis Holzer ins Leben gerufen hatte. Ein bunt zusammengewürfeltes Kamerateam und Reporter wurden angeheuert und eine Vertriebsstrategie entwickelt. Dem jungen „Sender“ fehlte nämlich genau das, was Fernsehen eigentlich ausmacht, nämlich eine TV-Lizenz und damit die Möglichkeit, wirklich auf Sendung zu gehen. Der Versuch, „Osttirol im Bild“ dennoch in die Wohnzimmer zu bringen, mutet zwanzig Jahre später fast rührend an. Einmal pro Monat wurde die aktuellste Ausgabe von „Osttirol im Bild“ als VHS-Kassette an Supermarktkassen

Dolomitenstadt.at ist als regionales Medium zurzeit auch Osttirols größter „Filmproduzent“. Seit dem Start des Onlinemagazins wurden auf youtube.com/dolomitenstadt rund 400 Videos hochgeladen, im Schnitt zwei Filme pro Woche. 1,5 Millionen Mal wurden diese Videos bereits aufgerufen, der Dolomitenstadt-YouTube-Channel hat mehr als tausend Zuseher pro Tag. Was liegt also näher, als das Alte mit dem Neuen zu verknüpfen, die alten Filmschätze wieder auszugraben und einem breiten Internetpublikum zu präsentieren? Genau das haben wir vor.

Christian Zanon

Robert Geiger (City Ring Obmann)

Gab man eine Kassette zurück, erhielt man die nächste Folge günstiger. Es kam, was kommen musste. Das Projekt floppte, es wurde von der Zeit und neuen Technologien überholt, die VHS-Kassette verschwand von der Bildfläche und die Digicams traten gemeinsam mit der DVD ihren Siegeszug an, gefolgt von Bezahlfernsehen und einem neuen Channel mit Millionenpublikum: YouTube.

Die „Fernsehsendungen“, die damals gedreht wurden, sind gefilmte Zeitdoku-


mente aus dem Bezirk und teilweise originelle Rückblicke mit Akteuren, die auch heute noch prominent sind. Werner Grissmann, Andreas Köll & Co. waren jünger, aber nicht leiser, die Themen oft die selben wie heute: Dolomitenmann, Krampus, Schwimmbad, Nationalpark ... alles schon dagewesen, alles auf Band! Gerald Hauser

Peter Jungmann

Werner Grissmann

Wir haben, mit freundlicher Erlaubnis von Walter Aichner und Louis Holzer, die alten Bänder digitalisiert und präsentieren sie auf dem YouTube-Channel von Dolomitenstadt, als Start für eine neue InternetVideoserie, die wir „Osttirol Seinerzeit“ nennen. Schauen Sie sich das an!

Dietmar Ruggenthaler

QR Code scannen oder einfach Link zum Video eintippen! dolomitenstadt.at/12/damals

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2014 /// leben /// libellen

TEXT UND FOTOS: OLIVER STÖHR

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„Ready for takeoff“ – frisch geschlüpfte Großlibelle am Alten See beim Sonnenbad, nur wenige Sekunden vor ihrem Jungfernflug.


Libellen am „Alten See“

Es ist ein ungewöhnlich warmer, sonniger Frühherbsttag, der einmal mehr Lust auf ein unvergessliches Naturerlebnis in Osttirol macht. Ausgerüstet mit meiner Spiegelreflex-Kamera und einem 180mmTelemakro-Objektiv mache ich mich geländebereit und parke nach nur wenigen Minuten Anfahrt unweit des Parkhotels. Linkerhand lasse ich den Tristacher See, an dem sich im Sommer die Badeurlauber tummeln, ungeachtet liegen, um nach nur wenigen Minuten Gehzeit ein Osttiroler Naturjuwel erster Güte zu erreichen: den „Alten See“.

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Oliver Stöhr Biologe

Oliver Stöhr ist Sprecher der NAGO, der Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft Osttirol und arbeitet als Geschäftsführer für Biologie bei der Fa. REVITAL Integrative Naturraumplanung GmbH in NußdorfDebant. Neben der Erforschung der Pflanzenwelt Osttirols widmet er sich auch zoologischen Themen, insbesondere Heuschrecken oder Libellen.


2014 /// leben /// libellen

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HerzfÜrmiges Paarungsrad bei der Federlibelle – eine erst seit wenigen Jahren in Osttirol nachgewiesene Kleinlibelle.


Die Große Königslibelle (Anax imperator) ist die größte heimische Libellenart.

Dieses seit 1977 als Naturdenkmal ausgewiesene Kleinod wird im Text der im Internet einsehbaren Schutzgebietsbeschreibung treffend wie folgt charakterisiert: „Am Fuß der Tristacher Seewand liegt der Alte See, das eigentliche Quellgebiet des Tristacher Sees (Badesee). Beide Gewässer sind über den Ausrinn des Alten Sees verbunden. Der Alte See ist vom östlich gelegenen Seehotel auf einem Fußweg in wenigen Minuten erreichbar. Er liegt auf 830 Meter Seehöhe und ist ca. 140 x 50 Meter groß. Zahlreiche Seggenpolster bilden mehrere kleine Inseln. An seiner Westseite liegt ein ausgedehntes Verlandungsmoor mit Schwingrasen. Dieses Moor hat laut Österreichischem Moorschutzkatalog nationale Bedeutung. Der Uferbereich des Alten Sees weist eine überaus reiche Vegetation mit mehr als 70 Arten von Blütenpflanzen und zwei seltenen Schachtelhalmarten (Equisetum) auf. Im angrenzenden Wald findet man eine vielfältige Gehölzflora; der pflanzliche Artenreichtum dieses Gebietes ist durch den Wechsel der Gesteine im Untergrund (Muschelkalk, Tonschiefer, Konglomerate und Gneise) bedingt.“ Bereits am Ostufer des Sees angelangt, wo sich im zeitigen Frühjahr Erdkröten beim Ablaichen beobachten lassen, sehe ich mit einer im Flug vorbeizischenden Mosaikjungfer ein erstes „Objekt der Begierde“ – und wieder bin ich verblüfft von der Geschwindigkeit und der Wendigkeit dieses kontrastreich gefärbten Fluginsekts. Wenig später gelingt es mir, diese Großlibelle sogar sitzend auf einem Holzast abzulichten und als Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea) eindeutig anzusprechen. Vor allem im Herbst und damit gegen Ende der Libellensaison werden selbst solche „Dauerflieger“ unter den Libellen ruhiger und lassen sich an sonnenexponierten

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Stellen nieder, um Kraft für die letzten Flüge im Jahr zu tanken. Denn der erste Frost lässt wohl nicht mehr lang auf sich warten und dann wird es ruhig am Alten See, wenn das Insektenleben „scheinbar“ erlischt. Scheinbar deshalb, weil die Aktivität, zumindest was die Libellen anbelangt, unter der Wasseroberfläche weitergeht: dort leben nämlich die räuberischen Larven der Libellen, die je nach Art bis zu fünf Jahre im Wasser verweilen, ehe sie am Ufer wieder an Stängeln hochklettern und

zu den nur für wenige Wochen flugfähigen Adulttieren (Imagines) schlüpfen. Libellen sind überaus eindrucksvolle, farbenfrohe Insekten, die mit einigen verblüffenden Details aufwarten können. So zählen sie erdgeschichtlich zu den ältesten Insektengruppen, deren Vorfahren bereits aus dem oberen Karbon, also seit rund 350 Mio. Jahren bekannt sind. Aufgrund ihres erstaunlichen Flugapparates können sie im Flug bis zu 50 km/h erreichen, wobei die Frequenz des Flügelschlages


2014 /// leben /// libellen

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Verlandungsröhricht des Ufer-Schachtelhalmes am Westufer des Alten Sees – die Halme bieten schlüpfenden Libellen optimale Kletterbedingungen und Halt.


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2014 /// leben /// libellen

Blauflügel-Prachtlibelle: Aufgrund ihrer Flügelfärbung eine der schönsten heimischen Libellen überhaupt.

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dabei mit etwa 30 Schlägen pro Sekunde relativ langsam ist. Auffällig am Körperbau sind zudem die beiden großen Facettenaugen, die bei einigen Arten aus bis zu 30.000 Einzelaugen bestehen können. Libellen sind an das Wasser gebundene Organismen und nur jagend abseits von Gewässern anzutreffen. Etliche Arten sind ökologisch anspruchsvoll und kommen nur in sauberen Gewässern mit spezieller Ufer-Struktur vor. Aus diesem Grund gelten Libellen als wichtige Zeiger für den Zustand unserer Gewässer. Wie auch andere geflügelte Insekten sind sie zudem ausgesprochene Sonnentiere, die bei bewölkter Witterung oder Regen kaum zu beobachten sind. Viele Arten zeigen zudem ein ausgesprochenes Revierverhalten und bekämpfen ungewünschte Eindringlinge und Artgenossen. Bei meinem Rundgang um den Alten See brauche

ich mich allerdings nicht vor Libellen zu fürchten: Alle Arten sind – ganz entgegen manch landläufiger Meinung – für den Menschen völlig harmlos, weder stechen sie, noch sind sie giftig! Im Sommer und auch noch im Frühherbst sind am Alten See besonders viele Libellen beim Liebesspiel anzutreffen. Männchen und Weibchen, die mitunter verschieden gefärbt sein können, bilden dabei sogenannte „Paarungsräder“ – eine innige und sogar erstaunlich gut flugfähige Umklammerung der beiden Partner. Heute habe ich es unter anderem auf die Paarung des Großen Blaupfeiles (Orthethrum cancellatum) abgesehen, weil sogenannte „Indigenatsnachweise“ dieser Großlibelle bislang kaum für Osttirol dokumentiert sind. Der Nachweis des Indigenats einer Libelle, d.h. ihrer Bodenständigkeit in einem

bestimmten Gebiet, lässt sich vor allem durch die Beobachtung von Paarungen, Eiablagen oder leeren Larvenhäuten als Relikte des Libellenschlupfs erbringen. Leider gehe ich an diesem Tag leer aus, aber immerhin habe ich im vorigen Sommer am Alten See bereits ein Paarungsrad des Großen Blaupfeiles erspäht. Am Südufer entdecke ich anstatt dessen ein Männchen der Blutroten Heidelibelle (Sympetrum sanguineum), eine in Osttirol seltene und später im Jahr fliegende Art. Wenige Meter davon entfernt legt ein schon etwas „abgeflogenes“ Weibchen einer Braunen Mosaikjungfer (Aeshna grandis) – nur auf einem kleinen frei schwimmenden Algenfetzen nahe am Ufer sitzend – ihre Eier in den Schlamm ab. Sie taucht dabei den Hinterleib tief in das Wasser und entlässt die nächste Generation ihrem weiteren Schicksal.


Wissenschaftlicher Artname

Deutscher Artname

Flugzeit

Aeshna cyanea

Blaugrüne Mosaikjungfer

Frühling-Herbst

Aeshna grandis

Braune Mosaikjungfer

Sommer

Aeshna juncea

Torf-Mosaikjungfer

Sommer-Herbst

Anax imperator

Große Königslibelle

Sommer-Herbst

Calopteryx virgo

Blauflügel-Prachtlibelle

Sommer

Coenagrion puella

Hufeisen-Azurjungfer

Sommer-Herbst

Cordulia aenaea

Falkenlibelle

Frühling

Ennalagma cyathigerum

Becher-Azurjungfer

Frühling-Herbst

Libellula depressa

Plattbauch

Frühling-Sommer

Libellula quadrimaculata

Vierfleck

Frühling-Sommer

Orthetrum cancellatum

Großer Blaupfeil

Sommer-Herbst

Platycnemis pennipes

Federlibelle

Frühling-Sommer

Pyrrhosoma nymphula

Frühe Adonislibelle

Frühling-Sommer

Somatochlora metallica

Glänzende Smaragdlibelle

Sommer

Sympetrum danae

Schwarze Heidelibelle

Sommer-Herbst

Sympetrum sanguineum

Blutrote Heidelibelle

Sommer-Herbst

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Obige Artenliste gibt die derzeit vorkommenden Libellen des Alten Sees samt jeweiliger Flugzeit wieder.

Zwei Stunden später – nach mehreren Runden um den See – kehre ich mit einer reichen Fotoausbeute wieder heim, um am PC die restliche Bestimmungs- und Dokumentationsarbeit vorzunehmen. Die heimischen Libellen lassen sich nämlich weitgehend einfach anhand guter Bilder bestimmen. Auch ihre Artenvielfalt ist vergleichsweise überschaubar, denn es gibt in Österreich lediglich 77 Arten. In Tirol sind es gerade einmal 65 Arten und in Osttirol wurden bislang 43 Arten nachgewiesen. Letzteres ist insofern erstaunlich, als sich im Bezirk Lienz bis vor Kurzem

Libellen im Flug zu fotografieren, wie hier bei der TorfMosaikjungfer, benötigt Geduld und eine Portion Glück.


2014 /// leben /// libellen

Die Blaugrüne Mosaikjungfer zählt zu den prächtigsten, aber auch zu den häufigsten Libellen Österreichs.

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nur eine Person eingehender mit den heimischen Libellen beschäftigt hat, und zwar der in Lienz wohnende Zoologe und Schuldirektor in Ruhe Alois Kofler. In seinen beiden, schon aus den 1970er und 1980er Jahren stammenden wissenschaftlichen Publikationen über die Odonatenfauna Osttirols dokumentierte Kofler für den Alten See immerhin sieben Libellenarten.

Das Männchen der Schwarzen Heidelibelle ist anders als die meisten Heidelibellen nicht rot sondern schwärzlich gefärbt.

Aufgrund meiner Forschungen der letzten vier Jahre sind es heute insgesamt 18 Libellenarten, die bislang in diesem kleinräumigen Gebiet nachgewiesen sind. 16 Arten kommen rezent am Alten See vor, davon sind fünf den Kleinlibellen und elf den Großlibellen zugehörig. Zwei von Kofler erwähnte Arten, nämlich die SpeerAzurjungfer (Coenagrion hastulatum) und die Östliche Moosjungfer (Leucorrhinia

albifrons) konnte ich nicht mehr nachweisen – die Vorkommen dieser beiden Libellen dürften somit hier erloschen sein. Vor allem der Verlust der letztgenannten Art ist bedauerlich, handelt es sich doch um eine sehr seltene, europaweit über die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Anhang IV) geschützte Libelle, von der es in ganz Österreich fast keine Rezentnachweise mehr gibt. Mit den 18 nachgewiesenen Arten löst der Alte See den Nörsacher Teich als bisherigen Osttiroler Libellenhotspot ab. DieserTeich an der Grenze zu Kärnten im Drautal gelegen, ist zwar ebenfalls als Naturdenkmal ausgewiesen, kann in seiner ökologischen Qualität dem Alten See aber nicht mehr „das Wasser reichen“. Mit fast fehlender offener Wasserfläche, stark verwachsenen Ufern, reichem Vorkommen des Drüsigen Springkrautes und


mit Faulschlammgeruch belastet, offenbart sich dieses im Buch „Die Libellen Tirols“ als einziges Libellenparadies gepriesene Kleingewässer heute. Während in Nörsach aus Naturschutzperspektive also akuter Handlungsbedarf herrscht, braucht man sich beim Alten See derzeit keine Gedanken zu allfälligen Pflegemaßnahmen machen. Bereits der frühere NaturschutzBezirksbeauftragte Alois Heinricher sprach beim Alten See von einem „schutzwürdigen Osttiroler Moor“ nicht zuletzt richtigerweise deswegen, weil „in ganz Osttirol kein weiteres Sumpfgebiet in der gleichen Höhenlage mehr besteht“. Und er fährt weiter fort: „Hier dient Naturschutz auch dem körperlichem und geistigem Wohlergehen des Menschen“. Erlebnis und Erholung in der Natur können, wie ich selbst im Zuge meiner früheren Tätigkeit als Schutzgebietsbetreuer erfahren habe, wesentliche Schlüsselfaktoren zur Akzep-

tanz von Schutzgebieten sein. Im Falle des Alten Sees ist die artenreiche Libellenfauna für mich jedenfalls wesentlicher Teil von Naturerlebnis und Erholung zugleich, der in mir den Entschluss aufrechterhält: „Ich komme bald wieder!“ Epilog: Wie die jüngsten Nachweise am Alten See exemplarisch zeigen, ist die Erforschung der Libellenfauna des Bezirkes Lienz noch unzureichend. Daher bitte ich um Mithilfe und lade die geschätzten Leser des DOLOMITENSTADT-Magazins ein, Fotos von in Osttirol gesichteten Libellen an folgende Adresse zu mailen: nago_osttirol@gmx.at. Sehr gerne werden auch Art-Bestimmungen anhand der Fotos durchgeführt – bitte, wenn möglich, Fundort und Funddatum so genau wie möglich angeben. Jeder Nachweis aus Osttirol ist wertvoll und willkommen!

Erst seit den 1990er Jahren ist die Braune Mosaikjungfer (Aeshna grandis) in Osttirol nachgewiesen.

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Ein frisch geschlüpftes Tier der Glänzenden Smaragdlibelle mit stark glänzenden Flügeln.


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LEBEN

POLITIK

KULT UR


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hirsch mit haube

2014 /// leben /// kulinarik

FOTOS: EXPA / Hans Groder

Osttirol hat elf Haubenrestaurants. Nicht schlecht für einen Bezirk mit ca. 49.000 Einwohnern, der sich selbst gerne als eher ärmlich und rückständig präsentiert. Manche dieser Gourmettempel haben gastronomische Berg- und Talfahrten hinter sich, andere sind erst wenige Jahre alt. Aus all diesen ersten Adressen für feines Essen ragt eine seit Jahrzehnten heraus und ist nicht einfach ein Haubenlokal, sondern eine kulinarische Institution, die jeder Osttiroler kennt: das Restaurant am Tristachersee, geprägt von einem der schillerndsten Exponenten des Osttiroler Tourismus: Josef „Pepi“ Kreuzer. Kreuzer

ist ein Qualitäts- und Querdenker, ein rastloser Diener seiner Gäste, einer, der persönlichen Service ebenso zelebriert, wie die Huldigung heimischer Produkte in einer Küche, die seit geraumer Zeit von Christian Hofer geleitet wird. Als wir uns im Parkhotel Tristachersee angekündigt haben war klar, diese Kulinarikstrecke wird anders als die anderen. In früheren Heften haben wir immer Vor- und Hauptspeise präsentiert. Diesmal gibt es einen dritten Gang – von und mit Pepi Kreuzer. Viel Spaß und guten Appetit!

HIRSCHCARPACCIO MIT SOMMERTRÜFFELN Hirschrücken: fein zugeputzt in Silberfolie einwickeln und einfrieren. Pesto: Basilikum, Rucola, Olivenöl, Pignoli und Parmesan mixen. Eingelegte Pilze: 1⁄4 l Wasser, 1⁄4 l Apfelessig, 4 EL Zucker, 1 EL Salz, Senfkörner, Lorbeerblätter, Knoblauchscheiben, Schuss Olivenöl -


GEBEIZTE UND GERÄUCHERTE

FORELLE MIT AVOCADO Ganzes Forellenfilet mit einer Mischung aus 70g Salz, 50g Zucker und Zesten einer Zitrone bestreuen bzw. marinieren und für ca. drei Stunden kühl stellen. Danach das Filet vom Salz reinigen (abwaschen) und in dünne Scheiben schneiden. Gemeinsam mit geräuchertem Filet anrichten.

Avocadocreme: Eine weiche Avocado mit Olivenöl, Zucker, Salz und einem Spritzer Zitrone mixen. MEHR

www.parkhotel-tristachersee.at

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alles zusammen aufkochen und die Pilze für 5 Minuten mitkochen. Den Teller mit dem zubereiteten Pesto bestreichen. Den tiefgefrorenen Hirschrücken in hauchdünne Scheiben schneiden und je nach Belieben auf dem Teller arrangieren. Die eingelegten Pilze mit Marinade auf das Carpaccio verteilen, ein paar Tropfen feines Olivenöl zusetzen.


2014 /// leben /// kulinarik

HIRSCHKOTELETT MIT SERVIETTENKNÖDEL, ROTWEINSCHALOTTEN UND FRISCHEN STEINPILZEN Hirschkotelett

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Gut abgelegene Hirschkrone mit Knoblauch und Thymian anbraten und für ca. 30 Minuten im Ofen bei ca. 80°C (Kerntemperatur 61°C) fertig garen lassen.

Serviettenknödel traditionell 4 Semmeln grob schneiden, 0,1 l Milch, 4 Eier, Zwiebel, Salz, Pfeffer und Schnittlauch zusammenmischen und in Klarsichtfolie zu einer länglichen Rolle zusammenwickeln. Die beiden Enden verknüpfen und in einer Alufolie festigen. Danach für ca. 20 Minuten im heißen Wasserbad garen.

Rotweinschalotten 8 Schalotten schälen und mit Zucker karamellisieren. Danach mit Rotwein ablöschen. Rosmarin, Salz und Pfeffer dazu geben. Dünsten bis sie weich sind und mit Maizena binden.

Frische Steinpilze aus heimischen Wäldern In Scheiben schneiden und in Butter braten. Mit etwas Knoblauch, Salz, Pfeffer, Balsamicoessig, Petersilie und feinem Olivenöl verfeinern.

Rezepte nach Küchenchef Christian Hofer



2014 /// leben /// kulinarik

FRUCHTIG SÜSSES FINALE

PEPI KREUZERS LEGENDÄRE NACHSPEISE

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Vielleicht ist mancher Gourmet jetzt enttäuscht, weil wir für die legendärste Süßspeise der Osttiroler HaubenKochkunst kein Rezept liefern. Aber es ist ein bisschen wie mit Led Zeppelin. Man kennt die Akkorde und bringt den Sound doch nicht zusammen. Pepi Kreuzers flambierte Marillen mit Vanilleeis kocht man nicht nach. Dieses Gericht lässt man sich vorkochen, und zwar ausschließlich vom Meister persönlich. Es ist eine spezielle Show, die alle anderen Optionen auf der Dessertkarte zur zweiten Wahl macht. Wenn Kreuzer den Zucker karamellisiert und mindestens sechs verschiedene Spirituosen scheinbar wahl- und maßlos darüberträufelt, wenn all das, garniert mit ein paar Seitenhieben auf Osttirols Tourismusfunktionäre, schließlich in Flammen aufgeht und betörend duftend auf dem Teller angerichtet wird, dann schließt man kurz die Augen und lässt der Nase den Vortritt, bevor man ehrfürchtig die Zungenspitze in eine köstliche Mischung aus heiß und kalt taucht, die zugleich fruchtig und süß im Mund zergeht, zartbitter im Abgang, weil Kreuzer zwischendurch mit großer Geste ein wenig Orangenschale in seine Komposition

Der Solist und seine süße Showeinlage. Pepi Kreuzer bereitet am Tisch flambierte Marillen mit Vanilleeis zu.

geraspelt hat. Mit seiner Koch- und Theaterkunst demonstriert Kreuzer ein ums andere Mal, was einen gastronomischen Champion ausmacht: die Seele, die Besessenheit, die Eleganz köstlicher Zutaten, gepaart mit schlafwandlerischer Routine in deren Zubereitung. Pepis Marillen muss man gegessen haben. Koste es, was es wolle.


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2014 /// leben /// pilze

Gut behütet TEXT: GERHARD PIRKNER /// FOTOS: WOLFGANG C. RETTER Gleich vorweg: In dieser Geschichte geht es nicht um das Pilzesammeln und schon gar nicht um Tipps, welche Früchte des Waldes sich wunderbar zum Verzehr eignen und welche nicht. Es geht viel mehr um die Schönheit des Bergwaldes, um seinen Duft, den die Pilze gerade in einem nassen Sommer wie dem heurigen so intensiv prägen und darum, dass man nur sieht, was man auch weiß.

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2014 /// leben /// pilze

Pilze sind weder Tiere noch Pflanzen. Sie haben ihr eigenes Reich. Im Bild der Täubling.

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Warum finden manche Menschen Pilze auf Schritt und Tritt und andere sehen kaum einmal ein Hütchen, geschweige denn das von einem köstlichen Steinpilz, den Haubenkoch Christian Hofer vom Restaurant am Tristachersee auf Seite 20 so appetitanregend neben sein zart gebratenes Hirschkotelett drapiert? Vermutlich weil nicht jeder mit offenen Augen durch die Natur und den Wald wandert, oder – in der weniger romantischen Variante – kein Funkgerät dabei hat wie unsere italienischen Nachbarn, deren „appetito“ auf die Früchte des Osttiroler Waldes beinahe unstillbar scheint. Im Herbst, wenn nach Ferragosto wieder Ruhe einkehrt, ist zwar manch leicht zugängliche Waldlichtung abgejätet und für den weniger Kundigen nicht mehr viel zu holen, doch unser Fotograf Wolfgang C. Retter ist eine Art Indianer mit Kameraauge und dem sensitiven Spürsinn, der den wahren Pilzsammler und Waldkenner auszeichnet. Sammeln ist sowieso das falsche Wort, es muss natürlich suchen heißen. Retter war für uns auf

der Suche – weniger nach Essbarem, als nach einem Augenschmaus. Wir zeigen auf den folgenden Seiten die Schönheit der seltsamen Gewächse, die keine Tiere und keine Pflanzen sind, sondern ein eigenes Reich vielzelliger Eukaryoten bilden, trotz ihrer Sesshaftigkeit eher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt. Entsprechend groß ist ihre ökologische Bedeutung. Pilze wirken als Zersetzer von totem organischem Material und unterstützen 80 bis 90 Prozent aller Pflanzen in ihrem Wachstum. Aus der Nähe betrachtet sind sie – wie so vieles im Wald – ein Wunder der Natur, das wir auf den folgenden Seiten vor Ihnen ausbreiten. Ein Wort zur Genießbarkeit sei aber noch geschrieben. Pilze sind seit Jahrtausenden für den Menschen auch wichtiges Nahrungsmittel, sie werden nicht nur gesammelt, sondern auch kultiviert. Sie beglücken und berauschen uns, sie können sich aber auch auf den Magen schlagen und deshalb ist unsere


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Pilze sind auf organische Stoffe anderer Lebewesen angewiesen. Partner des Pantherpilzes sind Laub- und Nadelb채ume.


2014 /// leben /// pilze

Pilze sind die wichtigste Gruppe der am Abbau organischer Materie beteiligten Lebewesen.

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DOLOMITENSTADT-Faustregel: „Iss nichts, was kein Steinpilz oder Eierschwammerl ist, höchstens noch einen gebackenen Parasol mit Sauce Tartare im Stammlokal.“ Wer sich daran hält, bleibt gesund und munter, vor allem durch die Bewegung im Wald und ihre meditative Wirkung auf den unruhigen Geist des Städters, der verlernt hat zu hören, zu riechen – und zu staunen. Wolfgang C. Retters Sinne sind intakt, er hat für uns die wichtigsten Pilze nicht nur gefunden, sondern auch wunderbar ins Bild gerückt, uns aber natürlich nicht verraten wo. Das ist nämlich auch ein wichtiges Element des Pilzekultes in den Alpen: die Orte, an denen die Eingeweihten die Köstlichkeiten liebevoll mit einem Messerchen abschneiden, dann gleich mit einem speziellen Pinselchen reinigen und in einen geflochtenen Korb oder Jutesack legen, diese Orte sind geheim oder zumindest geheimnisumwittert. Vielleicht liegt es auch daran, dass Pilze gerne dort wachsen, wo man auch eine Folge von „Herr der Ringe“ drehen könnte. Oder Rotkäppchen. Oder die Schlümpfe. Wo Pilze sind, da sind auch Märchen, da ist ein Zauberwald, in

dem zauberhafte Wesen wachsen, nicht Tier und nicht Pflanze, behütet von großen Freunden, den Bäumen. Diese Freundschaft nennt der Botaniker Symbiose. Die Pilze umschlingen die Pflanzenwurzeln eng mit ihren Hyphen und bilden damit einen sogenannten Myzelmantel, über den die Wurzeln Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen. Pilz und Baum profitieren von dieser Kooperation. Die Pflanze erhält über den Pilz mehr Nährstoffe, weil sein feines Mycel den Boden enger durchwirkt, als es ihre eigenen Saugwurzeln je könnten. Auf nährstoffarmen Böden kann das eine Überlebensfrage sein. Der Pilz erhält als Gegenleistung Nahrung in Form von Kohlenhydraten, die die Pflanze durch Photosynthese erzeugt. Alle Pilze sind für ihren Stoffwechsel auf die von anderen Lebewesen gebildeten organischen Stoffe angewiesen. Außer Bäumen leben auch viele Orchideen mit Pilzen in Symbiose, die sie bei der Keimung ihrer Samen brauchen. Und zu guter Letzt ist der Pilz auch der Letzte, der gemeinsam mit Bakterien und Kleinlebewesen alles zerstört, was einmal lebendig war. Pilze sind die


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Der „Satanspilz“ heißt auch Gallenröhrling – nomen est omen. Er schmeckt bitter und ist kein Speisepilz.


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Das Eierschwammerl heißt auch „Echter Pfifferling“ und ist der geselligste unter den Speisepilzen.


Warum finden manche Menschen Pilze auf Schritt und Tritt und andere sehen kaum einmal ein Hütchen?

wichtigste Gruppe der am Abbau organischer Materie beteiligten Lebewesen. Nur sie können Lignin aufspalten. Sie sind die effizientesten Verwerter von Zellulose und Keratin. Weniger botanisch ausgedrückt sorgen diese wunderbaren Waldbewohner dafür, dass alles, was im Wald wächst, kreucht und fleucht am Ende zu Humus wird und damit zum Nährboden für neues Leben. Ein epischer Gedanken, der dem Eierschwammerlgulasch samt Semmelknödel die philosophische Würze gibt. Gerade das Eierschwammerl, der geselligste unter den Pilzen, ist im heimischen Nadelwald weit mehr als ein gesuchter Speisepilz. Der „Echte Pfifferling“, den in unseren Breiten niemand so nennt, ist von allen Pilzen am leichtesten zu finden. Potenzieller Pfifferlingsstandort ist laut Wikipedia (man merkt, das Internet ist überall) „bodensaurer Fichtenwald mit spärlichem Pflanzenbewuchs.“ Der Echte Pfifferling ist ein Mykorrhizapilz, der mit diversen Nadel- und Laubbäumen Symbiosen eingeht. In Mitteleuropa ist der bevorzugte Baumpartner die Fichte, gefolgt von der Rotbuche. Außerdem kann der Pilz mit Eichen, Kiefern und Tannen gut leben. Das Eierschwammerl besiedelt also auch die heimischen Waldtypen, wächst

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Die „Platzln“, an denen Eingeweihte Köstlichkeiten wie den Steinpilz suchen und finden bleiben geheim.

gern auf mäßig trockenen, basen- und nährstoffarmen Böden, oft fröhlich gelb auch in Jungpflanzungen und an mehr oder weniger offen, nur schütter von Gräsern, Stauden und Moosen bewachsenen Stellen. Kein Wunder, dass selbst untalentierte Sammler ab und zu ein Schwammerl finden. Es wächst in Mitteleuropa von Juni bis November. Der Echte Pfifferling kommt aber auch in Australien, Südamerika, Nordasien und Nordamerika vor. Unser Fotograf Wolfgang C. Retter hat natürlich nicht nur Eierschwammerl gefunden, sondern noch viele andere der mehr oder weniger köstlichen Waldbewohner. Tagelang war er für eine Fotostrecke unterwegs, deren Schönheit ein Buch füllen könnte. Vielleicht finden wir einen Sponsor dafür. Der Duft der Pilze, die Mystik des Waldes, seine Ruhe und seine Kraft, seine

Wunder und seine Genüsse sind unglaublich wertvoll und in Osttirol allgegenwärtig. Vielleicht muss man auch deshalb manchmal darauf hinweisen, dass dieser Schatz nicht selbstverständlich ist – und schon gar nicht wertlos. Es ist viel mehr ein Schatz, den wir wie die Zwerge im Märchen sorgfältig hüten sollten und nur Eingeweihten erschließen. Erst wenn aus den Pilzbrigaden mit Funkund GPS-Geräten wieder ehrfürchtige Waldwanderer auf der Suche nach den letzten Wundern geworden sind, werden wir verstehen, warum Nationalparks und Natura 2000 nicht sinnlos sind, sondern die einzige Garantie, dass der Kreislauf des Lebens weitergeht.

Der Maronenröhrling wächst vor allem in alten Fichtenwäldern oder unter Lärchen.


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Der Duft der Pilze, und die Ruhe des Waldes – in Osttirol gibt es viele dieser mystischen Orte.


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LINDA UND DAS HEIMWEH TEXT: GERHARD PIRKNER /// FOTO: MICHAEL B. EGGER

Seit in den achtziger Jahren mit dem ersten Apple-Rechner auch das DesktopPublishing erfunden wurde, schießen die Ausbildungsstätten für Grafikdesigner wie Schwammerl aus dem Boden und mit dem Internet-Boom, der in den Neunzigern einsetzte, gesellen sich Unilehrgänge und Fachhochschulen für Multimedia- und Kommunikationsdesign dazu, zeitgeistige Ausbildungsorte mit hoher MacbookDichte und ganzen Schwärmen junger, talentierter Menschen, die in das bunte Biotop der Kreativberufe drängen. Wenn so ein junger Mensch aus Osttirol kommt, und das sind gar nicht wenige, dann hat er oder sie im Sommer ein Problem: wo finde ich einen Ferialjob, der zugleich als Praktikum für meinen Studiengang angerechnet wird, einen Nebenverdienst

Linda Steiner hat als Ferialpraktikantin künstlerische Spuren hinterlassen.

bringt, ein professionelles Umfeld bietet und – in Osttirol liegt. Auf diese schwierige Frage lautet die Antwort für zwei oder drei Studentinnen oder Studenten in jedem Jahr: bei DOLOMITENSTADT. Unser Verlag beschäftigt seit der Gründung immer wieder junge Menschen, die diverse Designrichtungen oder Kommunikation studieren und über den Sommer „in der Heimat“ arbeiten möchten. Das war auch heuer so. Mit Martin Oberbichler hatten wir einen jungen Kommunikationswissenschaftler in unseren Reihen, Kristin Meinhart, die in Graz studiert, saß schon zum zweiten Mal in unserem Newsroom am Rechner – und dann kam auch noch Linda Steiner. Linda hatte schon bei ihrer Bewerbung einen Sonderstatus, weil sie nicht an einer der meist jungen Fachhochschulen ausgebildet wird, sondern an der „Graphischen“, einer Institution, in der schon Kommunikationsdesign gelehrt wurde, als nicht Apple und Google den Ton angaben, sondern der alte Kaiser Franz Joseph und seine Sissi. Zum Glück hat diese Patina nicht auf die Ausbildung abgefärbt, die Graphische gilt auch heute noch als Topadresse, die kre-

ativ in einer eigenen Liga spielt und nicht nur gute Mediendesigner hervorbringt, sondern immer wieder auch Künstler mit jenem individuellen Gestaltungswillen, der sich nicht in ein Computerkastl oder ein Photoshop-Dokument pressen lässt. Linda ist eines dieser Talente. Das war uns Tastatur- und Mausfetischisten schnell klar. Linda packte nämlich ihre Farbstifte aus. Echte Stifte, nicht solche, die man sich als App für's iPad herunterladen kann. Und sie malte ein Porträt, eher nebenbei. „Ich habe da eine Idee“, meinte die Dölsacherin, die 21 Jahre alt ist und grundsätzlich voller Ideen. „Ich porträtiere Studentinnen und Studenten, die ich kenne, frage, was sie so machen, was sie in Zukunft vorhaben und ob sie wieder nach Osttirol zurückkehren möchten.“ Zugegeben, diese Idee hatten wir in der Redaktion auch schon. Allerdings haben wir „porträtieren“ nicht wörtlich gemeint, eher schriftlich, während Linda schnell einmal die erste Skizze zu Papier und uns zum Staunen brachte. Und so wurde eine ganz besondere Dolomitenstadt-Serie geboren, die uns künftig Woche für Woche begleiten wird, 50 Wochen

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Jasmin van der Waude, porträtiert von Linda Steiner. Mit ihr startet unsere Heimweh-Serie.

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bzw. ein Jahr lang, bis zum Spätsommer 2015. In jeder Woche befragt Linda eine Studentin oder einen Studenten aus Osttirol, irgendwo draußen in der weiten Ausbildungswelt. Den Start macht Jasmin van der Waude, die ein sehr seltenes Studium an einem besonderen Studienort absolviert: Jasmin büffelt in Amsterdam auf das Hochsee-Kapitänspatent! Ob sie wieder nach Osttirol zurückkehren möchte – wo Hochseekapitäne eher schwach vertreten sind – das verraten wir an dieser Stelle nicht. Das können Sie, liebe Leserin, geschätzter Leser, auf dolomitenstadt.at erfahren, wenn Sie Lust auf frische Interviews mit tollen jungen Menschen und auf Lindas künstlerische Porträts haben. Nun ist das Internet ein flüchtiges Medium und Papier ist das nicht. Deshalb ist die Geschichte auch noch nicht zu Ende. Wir

haben uns vorgenommen, alle 50 Studentinnen und Studenten mit ihren Freunden im nächsten Sommer zu einer großen Party einzuladen. Es kommt noch besser. Weil Richard Piock, permanent „vordenkender“ Chef des Osttiroler Paradeunternehmens Durst , genau wie wir Gefallen an Lindas Idee und ihren Zeichnungen fand, wird die Fete mit Livemusik und Fingerfood in der neuen Durst-Halle stattfinden, gesponsert von diesem Unternehmen, das weltweit einzigartige Drucksysteme baut. Die Porträts werden als Bigprints die Halle schmücken und die Originalzeichnungen von Linda überreichen wir allen, die sich als Interviewpartner zur Verfügung gestellt haben, als ganz besonderes Geschenk, hübsch gerahmt und handsigniert. Fehlt noch ein passender Name für

die Aktion. Um ihn zu finden, haben Linda und unsere junge Redaktionstruppe ein „Brainstorming“ veranstaltet, also einen Gedankensturm. Das Ergebnis: Wir nennen Lindas Serie „Heimweh?“ – mit einem Fragezeichen, das sich auf eine Frage bezieht, die in jedem Interview vorkommt: „Möchtest du wieder nach Osttirol zurückkommen?“ Lassen Sie sich von den Antworten überraschen! „Heimweh?“ – Die Interviewserie von Linda Steiner auf dolomitenstadt.at.

QR Code scannen oder einfach Link zum Video eintippen! dolomitenstadt.at/12/heimweh


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HOLLER, DAS SCHMECKT GUT! TEXT: EVELIN GANDER UND GERHARD PIRKNER /// FOTOS: RAMONA WALDNER


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In dieser Geschichte geht es um Dreierlei. Um den Holler, um die Franzosen und um Klein-Hemma. Nun erschließt sich nicht auf den ersten Blick, wie all das zusammenhängt. Aber wenn man auf der Felbertauernstraße von Lienz in Richtung Huben fährt, kommt man der Sache näher. In Unterpeischlach, das zu Kals gehört, befindet sich der „Peischler Wirt“, der kein Gastronom sondern ein Bauer ist. Ein ganz besonderer Bauer allerdings. Bleiben wir zunächst beim Holler, der Schriftdeutsch Holunder heißt. Achtung, er hat nur ein L in der Mitte, heißt also nicht Hollunder! Mit den Holländern hat die Staude, auf der ein Holler wächst, nämlich nichts zu tun, schon eher mit inneralpiner Medizin und ihren wunderbaren Volksweisheiten. Eine davon sagt: "Vor jeder Holunderstaude muss man


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den Hut ziehen„. So gesund ist diese Pflanze, von der zarten Blüte bis zur ausgereiften Beere. Das wusste auch einer, auf den die Mediziner noch heute schwören, nämlich der alte Hippokrates, der die Heilkraft des Holunders schon in der Antike anpries und ihn einen “Medizinschrank" nannte. Solch einen Medizinschrank hat der Peischler Wirt in Unterpeischlach nahe Huben vor der Haustüre.

"Wir produzieren und verkaufen nur Lebensmittel, die wir selber gerne essen“.

Ganz in der Nähe der „Harpfe“, auf die wir auch gleich zu sprechen kommen, wachsen prächtige Hollerstauden und sie sind der eigentliche Grund unserer Anreise. Immer wieder, wenn „Osttirol-Vordenker“ und andere Lokalphilosophen auf die Vorzüge des Bezirkes zu sprechen kommen, dann geht es auch um die Verarbeitung traditioneller Rohstoffe der Natur, um


„alte“ Köstlichkeiten, die im Osttirol der Gegenwart nach wie vor kunstvoll und oft nach traditionellen Rezepten zubereitet werden. Die „Hollersulze“ steht bei solchen Betrachtungen ganz oben auf der Liste, weil sie zwei Eigenschaften in sich vereint, die das Leben schlechthin ausmachen: Gesundheit und Genuss. Die schwarzen Hollerbeeren enthalten sehr viel Vitamin C, auch deshalb eignet sich Hollersulzentee hervorragend zur Vorbeugung gegen Erkältungen. Die Sulze – Flachländer gib acht, nicht „Sülze“!! – schmeckt auch köstlich als Brotaufstrich oder in diversen Süßspeisen. Vor dem Genuss steht aber auch bei dieser Köstlichkeit die Arbeit, das Hollerklauben, zu dem wir im Spätsommer mit der ganzen Familie des Peischler Wirts aufbrechen. Dabei erfahren wir auch gleich, dass hier weder aufgekocht noch ausgeschenkt wird. „Peischler Wirt“ ist ein Vulgoname.

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Die meisten Höfe in Osttirol heißen nämlich anders als ihre Besitzer und nicht immer hat dieser Vulgoname mit der Gegenwart zu tun. Wirtshaus haben Vroni und Hannes Riepler jedenfalls keines, dafür einen hübschen Hofladen samt Cafe, in dem man auch selbstgebrannten Schnaps kaufen kann. Das ist doch was! Wir sind in der Zwischenzeit bei den Hollerstauden angelangt. Vroni, Hannes und

Klein-Hemma machen sich an's Pflücken, Fotografin Ramona dokumentiert das alles fleißig und wir erfahren einiges über die jungen Bauersleute. Hannes hat den elterlichen Hof 2007 übernommen, seit 2013 ist der Hofladen geöffnet, immer mittwochnachmittags und den ganzen Samstag. Ein Besuch zahlt sich aus, nicht nur, weil das Platzl

einfach schön ist. Sämtliche Produkte in diesem Laden sind hausgemacht, viele davon etwas Besonderes, nicht alle aus der Produktion des Peischler Wirts. Der Laden hat sich schnell zum Umschlagplatz entwickelt, ist einerseits zum Nahversorger geworden, bei dem auch die Nachbarn einkaufen und andererseits zu einer Absatzchance für ausgewählte Köstlichkeiten mehrerer Landwirte aus


Hannes hat den elterlichen Hof 2007 übernommen. Er und Vroni sind auf das gemeinsame Landleben eingetaktet sind. Jeder Griff sitzt.

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der Umgebung. Das herrlich duftende Brot backt Oma Regina, aber zur Abwechslung liefern auch die Bäuerinnen umliegender Höfe Selbstgebackenes, vom Wecken bis zum Kuchen. Für die Auswahl des Sortiments hat Hannes eine einfache Regel: „Wir produzieren und verkaufen nur Lebensmittel, die wir selber gerne essen“. Und da steht im

Herbst die Hollersulze ganz oben auf der Liste. Während wir plaudern, füllen sich die Körbe mit den schwarzen Beeren. Klein-Hemma hat ihren eigenen Korb und auch ihren eigenen Kopf, sie will ganz allein ein Hollergericht zubereiten, während man bei Vroni und Hannes spürt, wie gut die beiden auf das gemeinsame Landleben eingetaktet sind. Jeder Griff sitzt. Die beiden haben sich wirklich gefunden, haben

das Leben und Arbeiten im Rhythmus der Natur im Blut und auch sonst einiges gemeinsam. Zum Beispiel die Musikalität. Vroni kommt aus Kärnten, ist Tochter eines Musikschullehrers und spielt mehrere Instrumente, Hannes ist Mitglied der legendären „Schobergruppe“ und der „Hubener Gstanzlsänger“. Ungewöhnlich ist, dass beide den


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selben Beruf erlernt haben: Maschinenschlosser. Bei der Schrauberei hören für Vroni dann auch die Gemeinsamkeiten auf: „Hannes kann wirklich gut putzen, und in der Küche sind wir ein ausgezeichnetes Team. Nur gemeinsam in der Werkstatt schweißen, das geht überhaupt nicht!“ Vroni repariert die Maschinen deshalb lieber allein. Wir sind aber ohnedies aus kulinarischen Gründen vor Ort und bleiben deshalb alle zusammen. Die Körbe sind jetzt voll, lang wird es nicht mehr dauern, bis wir erfahren, wie die köstliche Sulzenmedizin zubereitet wird. Beim Klauben ist uns die wunderschöne „Harpfe“ aufgefallen, ein Holzbauwerk, das früher in Osttirol allgegenwärtig war und heute nur noch auf wenigen Höfen zu finden ist. Die Harpfe des Peischler Wirts ist, wie wir erfahren, gar nicht alt, sondern „wahrscheinlich die jüngste Harpfe Osttirols“, erklärt Hannes. Sein Vater hat sie erst in den achtziger Jahren gebaut. Weit älter ist der „Bindemäher“, mit dem Dinkel, Roggen und Weizen bodennah abgeschnitten und zu Garben gebunden werden. Fast 100 Jahre hat das Gerät auf dem Buckel, das der Traktor des Peischler Wirts noch heute hinter sich herzieht. Gut, dass die beiden Bauersleute Maschinenschlosser sind. Alle Garben werden nach der Ernte händisch in der Harpfe zum

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Trocknen aufgehängt. Das dauert in der Regel zwei Wochen, aber bei einem derart nassen Sauwetter wie heuer im Sommer kann sich die Trockenphase auch viel länger hinziehen. Bevor es verarbeitet wird, muss das Korn staubtrocken sein. Die Backfähigkeit des Roggens hängt wesentlich davon ab. „Je trockener, desto besser“, heißt die Regel. In der Harpfe wird das Korn auch gedroschen. Außerhalb der Erntezeit wird das prächtige Holzbauwerk als Garage genutzt und für die feinen „Harpfenfestln“ beim Peischler Wirt. Jetzt wissen wir also auch das und sind plaudernd in der Küche angelangt, mit Körben voller Holler und voller Erwartung, was Hannes und Vroni daraus zaubern werden. Hannes feuert den Schurherd an und während diese ultimative Kochstelle

die perfekte Hitze aufbaut, erzählt er uns, was es mit den Franzosen beim Peischler Wirt auf sich hat. Am 4. November 1809, nachdem die Bezirkshauptstadt Lienz schon besetzt war, rückte die französische Armee in die Iselregion vor, um die Unterwerfung der dort angesiedelten Dorfbevölkerung entgegenzunehmen, die Bauern zu entwaffnen und für die Truppe Lebensmittel zu organisieren. Bei Huben wurden die Franzosen allerdings von den Verteidigern aufgehalten. Jetzt war Diplomatie gefragt und die Lienzer Ratsherren vermittelten. Am 10. November kam es zu einer Unterredung zwischen Anton Wallner und dem Kommandanten des französischen Bataillons im Gasthaus „Peischlerwirt“! Das Ergebnis der Gespräche ging als „Friede von

Unterpeischlach“ in die Geschichte ein, wenngleich sich bald herausstellte, dass das feierlich unterzeichnete Dokument eher psychologischen Wert hatte, da beide Seiten nicht berechtigt waren, einen „Friedensvertrag“ zu unterzeichnen. Immerhin blieb es nach diesen Verhandlungen den restlichen November ruhig im Iseltal. Anfang Dezember kam es dann zu den letzten, längst völlig sinnlosen Kampfhandlungen in Ainet, die eine grausame Rache der Franzosen nach sich zogen. Doch das ist eine andere Geschichte! Im Schurherd prasselt nämlich jetzt das Feuer und Vroni verrät uns – endlich! – ein Geheimnis. Sie kocht die Sulze nicht nach altem Rezept: „Beim urprünglichen Hollersulzenrezept wird der Saft stundenlang leicht gekocht, bis sich die Menge auf ca. die Hälfte reduziert hat und dann wird das alles mit normalem Zucker versetzt“.


von Vroni und Hannes Riepler (vulgo „Peischler Wirt“)

REZEPT

HOLLERSULZEN

Die Dolden werden „abgebeerndlt“. Nur reife Beeren verwenden! Im Topf mit wenig Wasser langsam auf ca. 50 – 70°C erwärmen, bis die Beeren so weich sind, dass bei leichtem Druck Saft herausrinnt. Alles in die „Flotte Lotte“ geben und auspressen. Wer nicht weiß, was das ist, findet die Beschreibung zu diesem wunderbaren Küchengerät im Internet, auch wenn diese originelle Mischung aus Mühle und Sieb küchenhandwerklich in ein anderes Jahrhundert zurückreicht. Für die Verarbeitung von Holler gibt's nichts Besseres! Der Rückstand wird in einem Tuch ausgepresst. Den Saft mit Gelierzucker ca. 5 – 10 Minuten aufkochen (je nach Geschmack: 90 dkg Saft + ½kg Zucker oder 1kg Zucker).

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Die Peischler Wirtin hat sich dagegen etwas richtig Fruchtiges einfallen lassen, eine Methode, die den Holler noch köstlicher und noch gesünder macht. Exklusiv für die Leser und Leserinnen von DOLOMITENSTADT haben wir das Rezept auch abgedruckt.

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Natürlich liest sich das alles einfacher, als es ist, wie so oft im Leben. Aber man bringt mit Vronis Methode eine tolle Sulze zusammen und macht am besten öfters Gelierproben. Einfach etwas Sulze auf einen gekühlten Teller geben und den Geliergrad prüfen. Hier endet unser Ausflugsbericht über den Peischler Wirt. Aber wo ist eigentlich Klein-Hemma? Eben haben wir sie noch mit einem Körbchen Hollerbeeren im Hof gesehen. Wir machen uns auf die Suche und finden die kleine Köchin in ihrem eigenen Reich, bei der Zubereitung ihrer ganz persönlichen Hollerspeise, deren Rezept sie uns auf gar keinen Fall verraten möchte. Doch eines ist sicher: Was Hemma in ihrem Töpfchen und kurz darauf auch im Gesicht hat, ist richtig gesund und schmeckt einfach herrlich!

Klein-Hemma kocht ihr eigenes Süppchen. Es ist gesund und schmeckt köstlich!


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Altern in Osttirol

TEXT: GERHARD PIRKNER /// FOTOS: MICHAEL B. EGGER UND EXPA / HANS GRODER

Wie nähert man sich dem Thema Altenpflege in Osttirol an? Indem man jenen Mann zu einem Gespräch bittet, der diese Dienstleistung wie kein anderer personifiziert: Franz Webhofer, Chef der Osttiroler Wohn- und Pflegeheime. Webhofer gilt quer über die Partei- und Gemeindegrenzen hinweg nicht nur als unumstrittener Fachmann, sondern auch als unermüdlicher Planer und Vernetzer jener Strukturen, die ein würdevolles, im


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besten Fall sogar ein entspanntes und behütetes Altern in Osttirol ermöglichen sollen. Das Fazit eines langen Gespräches mit dem Experten: Es sieht gut aus für alte Menschen im Bezirk Lienz. Ihre Versorgung ruht auf einer Reihe von miteinander verbundenen Säulen, die nicht nur stabil, sondern auch nachhaltig abgesichert sind. Die stärkste und wichtigste Institution lenkt Webhofer seit Jahren selbst, die Wohn- und Pflegeheime, deren Träger ein Gemeindeverband ist, dem derzeit die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik vorsteht. Das Thema Pflege ist ebenso vielschichtig wie lebenswichtig. Betroffen sind zum einen ältere Menschen, die fürchten, sich bald nicht mehr selbst organisieren zu können und zum anderen deren Angehörige, die nicht selten außerhalb Osttirols leben und ihren Eltern ein angenehmes Altern mit guter Pflege sichern möchten. Die meist gestellte Frage beider Gruppen ist:

Gibt es einen gesicherten Platz in den Wohn- und Pflegeheimen Osttirols? Immer wieder ist die Rede von langen Wartelisten. Entsprechend groß ist die Angst, dass in einer Akutsituation – etwa nach einem Schlaganfall – kein Platz verfügbar sein könnte. Webhofer zerstreut diese Sorge nicht ganz, aber weitgehend. „Osttiroler sind gewissenhafte Menschen. Deshalb gibt es ca. 250 vorsorgliche Anmeldungen. Diese Liste sagt wenig aus, weil sich die Leute damit in erster Linie selbst beruhigen. Die meisten denken gar nicht daran, sofort ins Heim zu gehen und wir belästigen sie auch nicht, wenn etwas frei wird. Akut warten derzeit 40 Personen auf einen Platz.“ Mit diesen Menschen und deren Angehörigen sind die Pflegeeinrichtungen permanent in Kontakt. Neben den Wohn- und Pflegeheimen haben auch das Bezirkskrankenhaus Lienz und die acht Sozialsprengel des Bezirkes eine wichtige Funktion im sozi-

alen Netz für alte Menschen. Diese Institutionen arbeiten praktisch nahtlos zusammen, eine Errungenschaft, die Osttirol zur Musterregion macht. Was dem Bezirk immer wieder als Nachteil angerechnet wird – im Bereich der Altenpflege wird es zum Vorteil: die Homogenität und Intimität einer ländlich geprägten, in sich geschlossenen Gesellschaft. Auch wenn sich die traditionellen Familienstrukturen auflösen – noch immer sind die Wege kurz und das Netz an persönlichen Kontakten ist dicht. Genau diese Qualitäten und die vernetzte Struktur der Pflegeeinrichtungen greifen voll, wenn ein alter Mensch in Osttirol plötzlich zum Pflegefall wird. In dieser akuten Problemsituation muss die Lösung nicht zwingend „fixer Heimplatz“ lauten. Als Puffer, um Zeit Franz Webhofer führt die Wohnund Pflegeheime Osttirols. 55


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Heimplätze in Osttirol sind knapp, doch im Bedarfsfall gibt es Übergangslösungen. 56

für die Entwicklung einer nachhaltigen Pflegestrategie zu gewinnen, wird eine Kurzzeitpflege angeboten, für ein, zwei Wochen, maximal für 28 Tage. Webhofer: „Das wird viel genutzt und vom Land Tirol finanziell sehr gut unterstützt. Wir haben derzeit zwei Betten in Lienz, zwei Betten in Matrei und ein Bett in Sillian für Kurzzeitpflege reserviert und sind permanent ausgelastet.“ Damit bleiben den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen einige Wochen Zeit zur Organisation dauerhafter Pflegelösungen. Manchmal wird die Kurzzeitpflege auch als „Verschnaufpause“ genutzt. Pflege strengt an, besonders dann, wenn sie von Angehörigen neben dem beruflichen Alltag geleistet wird. In Osttirol werden 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen zu Hause versorgt. Das ist auch in anderen Regionen des Landes so. Der Bezirk liegt auch bei der


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24-Stunden-Betreuung zu Hause im Landesschnitt. Diese Pflege durch fix angestellte Pflegerinnen, von denen viele aus dem Osten Europas kommen, wurde 2007 legalisiert und wird attraktiv gefördert, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Es gilt eine Einkommensobergrenze und man muss nachweisen, dass eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung nötig ist. Dann gibt es 550 Euro Zuschuss pro Monat für selbständige und 1100 Euro für angestellte Betreuerinnen. Rund 100 Menschen in Osttirol werden nach diesem Modell gepflegt. Sie sind die Ausnahme. Die weitaus meisten alten Menschen werden von den eigenen Angehörigen betreut. Webhofer: „Was diese Leute leisten, ist manchmal fast unmenschlich. Ohne sie hätten wir ein gesellschaftliches Problem. Das ist unser größtes Potenzial in der Altenpflege.“ Deshalb arbeiten Land, Gemeinden und alle Institutionen auf die

Unterstützung der Angehörigen hin. Die Kurzzeitpflege ist dafür ein Beispiel. Webhofer: „Wenn man den Menschen die Möglichkeit gibt, sich zumindest eine Zeit lang auszurasten und eine Pause zu machen, dann sehen sie sich länger dazu im Stande, eine Pflege zu Hause zu bewältigen.“ In das selbe Schema passt die „Tagespflege“, die von den Sozialsprengeln angeboten wird. Sehr erfolgreich wird dieses Modell in Abfaltersbach umgesetzt, in eigens adaptierten Räumen des Sprengels. Dort werden alte Menschen tagsüber betreut, das gibt den Angehörigen eine Verschnaufpause und verhindert, dass den Senioren zu Hause „die Decke auf den Kopf fällt“. Auch ein Mittagessen wird angeboten. Je nach Förderstufe kann man diese Leistung schon ab ca. 15 Euro halbtags und ca. 25 Euro ganztags in Anspruch nehmen.

DATEN ZU WOHN- UND PFLEGEHEIMEN Genau 370 Personen werden derzeit in Osttirols Wohn- und Pflegeheimen stationär, also dauerhaft betreut. Das Heim in Lienz bietet 240 alten Menschen Platz, Matrei hat nach dem jüngst erfolgten Ausbau mittlerweile 86 vollstationäre Plätze, das Heim in Sillian 40 und bis Anfang 2017 soll das neue Haus in Nußdorf-Debant fertig sein, mit 90 zusätzlichen stationären Heimplätzen. 80 bis 90 Menschen pro Jahr beenden ihr Leben in einem der Wohn- und Pflegeheime Osttirols.


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Die Heime des Bezirkes – links das älteste in Lienz – sind in einem gemeinsamen Verband organisiert.

Tagesbetreuungen bieten auch die Wohnund Pflegeheime in Lienz und Matrei an. Seit kurzem haben Senioren in einer besonders entlegenen Ecke Osttirols ebenfalls die Möglichkeit, ein paar Stunden „unter die Leute“ zu kommen und zugleich die eigenen Angehörigen zu entlasten. In St. Veit im Defereggental wurde ein Haus neben der Kirche restauriert, samt gemütlicher Bauernstube. Unterstützt vom Sozialsprengel DefereggentalKals, aber auf der Basis ehrenamtlicher Nachbarschaftshilfe, werden dort alte Menschen betreut. Allein von 2009 bis 2013 wuchs die Zahl der mobil von den Sozialsprengeln gepflegten Personen von 720 auf 888 an. Im Jahr 2010 wurden ohne Wegzeiten von den Sprengelmitarbeitern rund 88.000 Stunden für die Betreuung aufgewendet, 2013 waren es bereits mehr als 120.000 Stunden. Trotz all dieser Anstrengungen


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hält Experte Franz Webhofer die Abfederung von Akutsituationen für ausbaufähig. „Es gibt noch ein Verbesserungspotenzial. Wir planen eine Übergangspflegestation. Gemeinsam mit dem Lienzer BKH wird an einer Station mit 25 bis 30 Plätzen gearbeitet, in der alte Menschen bis zu drei Monate bleiben können. Dort bekommt der Patient eine Therapie, um wieder mobil und selbständig zu werden. Es bleibt ausreichend Zeit, einen Heimplatz zu finden oder die Wohnung zu adaptieren“. Osttirols Modellcharakter führt Webhofer auf die Überschaubarkeit und die Organisation der Pflege zurück: „Alle Anbieter kennen sich bestens, zudem sind die Wohn- und Pflegeheime in einer Hand.“ Das hat historische Gründe. Das Haus in Lienz wurde als erstes gebaut und von der Stadt betrieben, mit dem Ausbau in den Tälern entstand dann ein gemeinsamer

Verband, was Webhofer für einen entscheiden Vorteil hält: „Wenn in Matrei gerade nichts frei ist und in Lienz oder Sillian ein Platz verfügbar, kann ich das überbrücken, ohne dass ich jemand anderen kontaktieren muss. Das ist in Nordtirol anders.“ Alle 33 Osttiroler Gemeinden sind Mitglieder im Verband. Die Bürgermeister treffen sich zwei Mal im Jahr und handeln die wichtigen Themen ab, das Budget, den Rechnungsabschluss und Projekte wie den Neubau in Nußdorf-Debant oder neue Schritte wie den Ausbau des „betreuten Wohnens.“ Für Webhofer ist „Ausbau“ ein Stichwort. Er ist bekannt für seinen Elan als Bauherr. Das führt zur nächsten Frage: Wie komfortabel sind die Wohn- und Pflegeheime? Jedenfalls komfortabler als noch vor wenigen Jahren, lautet die Antwort. Im jüngsten Projekt des Verbandes, dem Wohn-

Die Menschen in Osttirols Wohn- und Pflegeheimen werden immer älter. Das verändert den Heimalltag.

BEWOHNERSTATISTIK DER WOHN- UND PFLEGEHEIME IN OSTTIROL (SEPT. 2014)

Vollstationär betreute Personen: 365 Durchschnittsalter: 83,74 Jahre Zahl der über Neunzigjährigen: 94 Zahl der über Hundertjährigen: 3 Verweildauer im Schnitt: 4,35 Jahre Längste Aufenthaltsdauer: Philomena Tiefenbacher. Sie zog im März 1985 als Siebzigjährige ein und wird bald 100 Jahre alt.


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sem Hintergrund bringt der Neubau in Nußdorf-Debant zwar 90 neue Betten aber nur 60 neue Heimplätze, weil in den anderen Heimen Mehrbettzimmer aufgelassen werden. Verändert haben sich über die Jahre aber nicht nur Ausstattung und Architektur der Wohn- und Pflegeheime, sondern auch das Alter, die Befindlichkeit und die Einstellung der betagten Bewohnerinnen und Bewohner. In den siebziger Jahren, als das Haus in Lienz eröffnet wurde, ging man relativ rüstig ins Heim – das damals mehr Komfort bot als manches Bauernhaus – um sich noch ein „paar schöne Jahre“ zu machen.

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Fast 900 Personen werden von den Mitarbeitern der acht Osttiroler Sozialsprengel betreut.

und Pflegeheim Nußdorf-Debant werden neue Maßstäbe gesetzt. Es gibt nur noch Einzelzimmer mit rund 20 m2 Nutzfläche und 4,5 m2 Sanitärbereich. Sobald dieses Haus in Betrieb geht, werden auch im ältesten Heim des Verbandes, jenem in Lienz, die Mehrbettzimmer reduziert. „Eigentlich müssten wir nach den Vorgaben bereits mindestens 90 Prozent Einzelzimmer haben“, erklärt der Verwalter, doch früher waren die Zeiten eben anders. Im Oktober 1971 wurde das von Architekt Buchrainer geplante Haus eröffnet und galt als sehr modern. „Es war damals überhaupt nicht selbstverständlich, dass man in jedem Zimmer WC und Dusche hat und das war beim Bau auch umstritten“, erzählt Webhofer. Damals redeten noch geistliche Schwestern mit bescheidenen Ansprüchen bei der Planung mit und meinten, eine Dusche und ein WC pro Etage seien völlig ausreichend. Zum Glück für die heutigen Heimbewohner setzte sich Buchrainer durch. In Lienz gibt es heute noch ein Drittel Drei- und Zweibettzimmer, in Matrei haben 30 Prozent der Zimmer zwei Betten, in Sillian die Hälfte. Vor die-

Ab Mitte der Achtziger wurden zunehmend Pflegestationen gebaut, eher mit Krankenhäusern vergleichbar, bevor sich die heute übliche Integration von Wohnbereich mit möglicher Vollpflege etablierte. Die Veränderung in der Funktion der Räume spiegelt den Trend zu immer höherem Eintrittsalter wider, mit sämtlichen damit verbundenen Konsequenzen. Heute sind die Heimbewohner auch in Osttirol weit älter als vor 30 Jahren, haben entsprechend mehr Beschwerden und brauchen mehr Betreuung. Da passt es ins Bild, dass derzeit eine weitere Wohnvariante für ältere Menschen entsteht: betreutes bzw. betreubares Wohnen. Webhofer: „Im Idealfall wird diese Variante der Altenbetreuung direkt neben den Wohn- und Pflegeheimen realisiert, weil eine Durchmischung gewünscht ist.“ In betreuten Wohnungen leben rüstigere Senioren in privater Atmosphäre in 40, 50 und 60 m2 großen, speziell adaptierten Wohnungen. Sie können nach Wunsch jene Versorgungen zukaufen, die sie wirklich brauchen und wollen. "Im Heim gibt es Pauschalversorgung, aber im betreuten


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Wohnen könnten wir zum Beispiel die Reinigungsleistungen anbieten und die Sozialsprengel diverse Pflegeangebote machen. So stellt sich der Kunde sein abgestuftes Pflegeprogramm selbst zusammen, erklärt Franz Webhofer. In Matrei war im Sommer 2014 Baubeginn für ein Pilotprojekt in Osttirol. Bauherr ist die Osttiroler Siedlungsgenossenschaft. „Es wird einen Verbindungsgang zum Heim geben, den wir sogar zur Hälfte mitfinanzieren“, erklärt der Pflegeheimleiter, „damit die Leute witterungsgeschützt aus ihren Wohnungen in das Heim kommen und die Struktur mitnützen können.“ Pläne gibt es auch schon in Lienz, wo der Parkplatz neben dem Altenheim ein guter

Standort für neue Seniorenwohnungen wäre. In Sillian startet die Genossenschaft Frieden demnächst ein Projekt, das auch Räume für den Sozialsprengel integriert und in Nußdorf-Debant war eine entsprechende Erweiterung bereits Vorgabe bei der Planung des neuen Heimes. Diese Durchmischung und fast stufenlose Erweiterung von geschützten und privaten Bereichen hat auch einen wichtigen sozialen Aspekt. „Mit diesen Projekten bringen wir rüstigere Menschen ins Haus und mit ihnen auch Aktivitäten, Leben und Abwechslung für die Heimbewohner.“ Durch das permanente Ansteigen des Altersschnitts und den Trend, nur noch wirklich Pflegebedürftige in den Heimen

DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG IN OSTTIROL Bis 2050 wird die Bevölkerung in Osttirol nach aktuellen Prognosen von derzeit ca. 49.000 Menschen auf 45.000 Einwohner schrumpfen. Der Anteil der über 85-Jährigen an der Bevölkerung wird sich aber fast verdreifachen. Heute sind ca. 1.100 Menschen im Bezirk älter als 85 Jahre, 2050 werden es fast 3.000 Menschen sein. Die Zahl der Pflegegeldbezieher ab 65 Jahren könnte von heute rund 2.000 Menschen auf 4.800 in 40 Jahren ansteigen.


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Das größte Kapital in der regionalen Altenbetreuung sind gut ausgebildete, heimische Pflegekräfte.

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unterzubringen, verschwindet das Bild von den lebenslustigen Senioren, die immer einen Scherz auf den Lippen haben, zunehmend aus dem Heimalltag. Das drückt nicht nur die Stimmung, es wird auch zur Belastung für das Personal, das im Vergleich zu früher weit mehr klassische Pflegeleistungen erbringt. Beim Thema Personal kommt Webhofer ins Schwärmen. Auch hier wird die Randlage Osttirols und die tendenziell niedrige Mobilität der Einheimischen von der strukturellen Schwäche zum Vorteil. 98 Prozent einheimische Pflegekräfte 98 Prozent aller Beschäftigten der Osttiroler Wohn- und Pflegeheime stammen aus der Region, oft sogar im engeren Sinn. In Matrei arbeiten Iseltaler, in Sillian Oberländer. „Für die alten Menschen ist das eine wunderbare Sache. Das vermittelt einfach große Vertrautheit, wenn man in Matrei von jemandem betreut wird, der weiß, was der Kranzltag bedeutet.“ Von 320 Bediensteten sind 290 Frauen. Viele

arbeiten Teilzeit, mit flexiblen Arbeitszeiten. „Junge Pflegehelferinnen und Diplomkräfte, die eine Familie gründen, kommen nach drei, vier Jahren zurück und haben kein großes Problem wieder einzusteigen, weil sie einfach gebraucht werden“, erklärt Webhofer. Zunehmend interessieren sich auch „Umsteiger“ für Pflegeberufe, vorwiegend Frauen ab Mitte 30, die aus der Gastronomie oder dem Handel kommen, sowohl Stress als auch den Umgang mit Menschen gewöhnt sind, sich nach Jahren der Unregelmäßigkeit und Saisonarbeit aber eine planbare Zukunft wünschen. Die Krankenpflegeschule Lienz bietet eine berufsbegleitende Ausbildung zum Pflegehelfer für Quereinsteiger an. Ein Erfolgsmodell, wie Webhofer erläutert: „Der letzte Lehrgang hat Mitte April begonnen und dauert 15 Monate, dann sind wieder 30 neue Kräfte verfügbar. Alle Absolventinnen des letzten Lehrgangs, der im Mai endete, haben bereits eine

Stelle oder eine Zusage, entweder bei den Sozialsprengeln oder bei uns.“ Die Leistung, die das Personal der Pflegeheime und Sozialsprengel erbringt, ist enorm, wird entsprechend geschätzt und für regionale Verhältnisse auch gut bezahlt. „Wir zahlen nach dem Tiroler Vertragsbedienstetengesetz. Da gibt es keine Ausnahmen“, erzählt der AltenheimChef, „auf unserer Website steht exakt, was man verdient und das ist – gemessen an der Ausbildungszeit – nicht so schlecht. Die Mitarbeiter sind nicht überbezahlt, weil sie auch viel leisten, aber im Vergleich mit Handel und Gastronomie steigen sie gut aus.“ Eine Pflegehelferin verdient nach 15 Monaten Ausbildungszeit beim Einstieg mit zwei WochenendDiensten und einem Nachtdienst 1.600 Euro netto. Diplomkräfte erhalten beim Einstieg monatlich 1.750 Euro netto. Kann sich jeder die Pflege leisten? Hier kommt vom Experten ein klares Ja. Wer einen Platz braucht, bekommt ihn nach Verfügbarkeit völlig unabhängig vom Einkommen. Webhofer: „Das schaffen wir immer. Wo sich das finanziell nicht ausgeht, muss eine Mindestsicherung beantragt werden, früher hieß das Sozialhilfe, dann Grundsicherung. In absehbarer Zeit wird man es wieder umbenennen, da Hilfe für betreuungsbedürftige Menschen ja keine Mindestsicherung ist, sondern eher eine Daseinsvorsorge.“ Die Mindestsicherung übernimmt jene Restkosten, die der Heimbewohner nicht selbst decken kann. Die Insassen zahlen – etwas vereinfacht – 80 Prozent ihrer Pension für die Unterbringung plus das jeweilige Pflegegeld. Ein Taschengeld von 44,30 Euro im Monat, die verbleibenden 20 Prozent der Nettopension und


Ein Platz im Wohn- und Pflegeheim ist auch in Osttirol keine Frage des Einkommens.


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der 13. und 14. Pensionsbezug in voller Höhe verbleiben den Senioren als persönliches Einkommen. Webhofer: „Bei der Prüfung ob Mindestsicherung gewährt wird, kommen dann die Dinge ins Spiel, die manchmal für Verunsicherung sorgen, Haus- und Grundeigentum über 7.000 Euro, das einbringlich gemacht werden muss. Das heißt natürlich nicht, dass jemand Haus oder Grund verkaufen muss, aber dieses Eigentum wird pfandrechtlich belastet. Da springt im Prinzip das Land Tirol als Bank ein und macht den Betrag im Verlassenschaftsverfahren wieder geltend“. Bleibt abschließend die Frage, wieviel die öffentliche Hand zum System der Altenpflege beisteuert und ob sich die immer älter werdende Gesellschaft die umfassende Betreuung ihrer Ältesten auch künftig leisten kann. Hier verblüfft

der Experte mit einer unerwarteten Rechnung. 80 Prozent und damit die gesamten laufenden Kosten der Wohnund Altenheime bezahlen die Insassen selbst, mit ihren Pensionen, mit ihrem Pflegegeld-Anteil und ihren Vermögenswerten. Die verbleibenden 20 Prozent übernehmen zu 35 Prozent die Gemeinden und zu 65 Prozent das Land, wobei die Kommunen seit vier Jahren zur Abpufferung zusätzliche Mittel aus dem neuen Pflegefond bekommen. Das Pflegefondgesetz wurde zur Querfinanzierung durch den Bund entwickelt, um Länder und Gemeinden zu entlasten. Wir werden immer als der große Kostenfaktor hingestellt und wollen da demnächst kommunikativ in die Offensive gehen. Wir möchten das MCI in Innsbruck gewinnen, um zu ermitteln, wie das tatsächlich ausschaut. Da wird man draufkommen, dass viele Kosten und

Aufwendungen wieder 1 zu 1 zurückgehen an den Staat und in die Region. Die Lohnsteuer und die Sozialversicherung gehen 1 zu 1 zurück an den Staat. Und letztendlich wird das, was unsere Mitarbeiter verdienen, zu fast 100 Prozent im Bezirk wieder umgesetzt. Diese Menschen leben hier mit ihren Familien, beleben die regionale Wirtschaft und das im täglichen Leben. Auch die Heimbauten und andere Investitionen zählen auf der Habenseite. Altenpflege als wirtschaftliche Chance für einen Bezirk in Randlage? Franz Webhofer kann dieser Idee etwas abgewinnen.

Die Betreuung von älteren Menschen kostet Geld, belebt aber auch den Wirtschaftsstandort.


Walk the Line! TEXT: MARCUS G. KINIGER

Jüngst stehe ich in einem Park in Alsternähe auf meiner Slack-Line und versuche mit drei Bällen zu jonglieren, als ein älteres Paar neben mir vom Weg abkommt. Genauer gesagt, die Dame sitzt auf einem Dreirad, hält sich an der Lenkgabel fest und steuert stoisch ihr Rad in die Wiese, während der neben ihr herlaufende Mann auf sie einredet und sie zu bremsen versucht. Sie scheint verwirrt und auch ein wenig stur zu sein. Sie beharrt darauf, sie mache das schon richtig. Er ist im Ton bestimmt, aber liebevoll geduldig.

ganze Weile. Ich erzähle von Stürzen und vom Aufstehen, von Verletzungen und von Akrobatik, für die ich schon viel zu alt sei, von Kindern, die sehr schnell begreifen und sich auf der Line zurechtfänden. Berichte davon, auch schon auf einem Bein zu stehen helfe, das eigene Gleichgewicht zu finden. Die alte Dame in ihrem weißen Kleid lächelt. Ihr Mann verabschiedet sich, nimmt seine Frau am Arm und führt sie zurück zu ihrem Rad. Als er weggeht, höre ich ihn sagen: „Also, wenn du das lernen willst, dann müssen wir…“.

Als mich die Slack-Line abwirft, steht der Begleiter der Dame plötzlich neben mir und fragt, was ich da tue, ob das schwierig sei, und wie lange man dafür brauche, bis die ersten Schritte gelängen. Ob ich Akrobat sei? Ich muss lachen und verneine. Seine Frau steht etwas abseits bei ihrem Rad, das beide gemeinsam wieder auf den Schotterweg zurückgerollt haben. Mit langsamen, unsicheren Schritten kommt sie näher. Ich kann ihre Hand zittern sehen.

Ich war beeindruckt. Weil sich beide offenbar nicht in ihr Schicksal ergaben. Weil sie beide an Bewegungsreserven und an die Kraft des Gehirns, Neues zu lernen, glaubten. Weil sie in einer Slack-Line einen Hoffnungsschimmer sahen, nicht mehr auf ein Dreirad angewiesen zu sein. Sehr wahrscheinlich illusorische Vorstellungen, aber auch Liebes- und Glaubensbeweis der beiden alten Menschen an sich und das Leben und die Hoffnung, etwas tun zu können.

Ihr Mann will mehr wissen. Wie das für die Muskulatur sei, und vor allem für das Gehirn. „Da lernt man doch sicher immer wieder was dazu, bei so neuen Bewegungen?“, fragt er und ich begreife. Sein Interesse gilt nicht mir und meinen leidlichen Slack-Line Künsten, sondern der Möglichkeit für seine Frau, die er liebevoll im Arm hält, durch Bewegung einen Weg zurück zu sich zu finden. Um vielleicht wieder ganz zu werden. Sie nickt mir freundlich zu, nicht nur ihre Hand zittert. Ich wünsche mir, es ist ein willentliches Nicken.Wir unterhalten uns noch eine

Die Hoffnung der beiden in meine SlackLine als probates Mittel gegen das Leiden der alten Dame dürfte enttäuscht werden. Aber, so habe ich vielfach gehört, Bewegung kann Hilfe sein. So berichtete zum Tag des Tanzes am 29. April 2014 der TV-Sender NDR-Info ausführlich über die belebende Wirkung von Gesellschaftstanz auf Alzheimererkrankte. Menschen, die lange nur stumpf und ohne Interesse an ihrer Umwelt mehr vegetiert als gelebt hatten, erinnerten sich beim Tanztee an Schrittkombinationen, lachten, traten in

Kontakt mit anderen, holten Schwung und waren wieder präsent. Eine ermutigende Vorstellung. Vor allem für diejenigen, die Gesellschaftstänze gelernt haben. Tanzen soll sogar schon vorbeugend dazu dienen, das Demenzrisiko um 20 Prozent – besonders euphorische Tanz-Verfechter sprechen sogar von 70 Prozent – zu verringern. Als Begründung wird angegeben, Tanzen sei Multitasking und rege somit immer wieder neue Hirnregionen an. Außerdem trage Tanzen dazu bei, den CortisolSpiegel, ein Indikator für Stressbelastung, abzusenken. Stress wiederum erhöhe die

Marcus G. Kiniger Tourismuskaufmann

Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und exzellente Bassist bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er liefert uns als DOLOMITENSTADT-Korrespondent und Kolumnist „Waterkantiges“ aus der Hansestadt.

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2014 /// leben /// walk the line

im Verlauf der Demenz eingebüßt haben, führe ich die Hand, bringe sie zum Schwingen. Das alleine zeigt bereits Wirkung, so wie körperliche Berührung der Schlüssel für sehr vieles sein kann. Sich wieder durch die Berührung eines anderen zu spüren, eine Form von Selbstwirksamkeit zu erleben, eröffnet den Erkrankten viele Möglichkeiten. Bei der Bewegungsarbeit ist mir wichtig, dass keiner nach Normen zu funktionieren hat. Es gibt da kein Richtig und kein Falsch. Wer etwas tun muss, das er nicht kann, reagiert mit Aggression und sperrt sich. Wer tut, was ihm Freude macht, nützt diese Freude“, sagt Nicole Frank. „Frauen sind für Tanz leichter zu gewinnen. Rührend zu sehen war bei wöchentlichen Tanzveranstaltungen, dass manche Frauen die Betreuungskräfte baten, doch ihr schönes Kleid und ihre Tanzschuhe vorzubereiten, damit sie dann auch gut aussehen. Sie erinnerten sich an den Termin und freuten sich darauf. Männer hingegen stehen dem Tanz erst oft skeptisch bis ablehnend gegenüber. Bei ihnen setze ich eher auf sportliche Aspekte.“

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Foto: maiwind / photocase.de

Wahrscheinlichkeit einer Demenzerkrankung. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bewirbt seit 2007 Tanz als wichtiges Mittel in der Therapie, und verweist auf den Sitztanz. Sitztanz klingt ein wenig traurig. Der Effekt dürfte aber ein weitaus positiverer sein, als der Begriff vermuten lässt. „Durch Sitztanz haben wir Lahme zum Gehen gebracht“, sagt Nicole Frank, die schon lange als Betreuerin in der Geriatrie arbeitet und sich zur Leiterin für Heilpädagogisches Tanzen ausbilden ließ. Sie berichtet von Erfolgen, die sie selbst immer wieder aufs Neue überraschen und bewegen. „Ein besonders berührendes Erlebnis hatte ich mit einer über 90-jährigen Dame, die nicht mehr sprach und nur noch steif im Rollstuhl saß. Durch ihre Tochter wusste ich, dass sie früher auf Musik sehr positiv reagiert hatte. Ich drehte einfach die Musikanlage sehr laut auf und setzte

die Dame direkt neben die Box. Du konntest plötzlich sehen, wie sie in Bewegung geriet, plötzlich zu lächeln und sogar, wenn auch unverständlich, zu sprechen begann. Es war dann noch ein langer Weg, aber durch Musik und Bewegung gelang es ihr, wieder mobil zu werden, geistig wie körperlich. Was auch die weitere Pflegearbeit immens erleichtert hat“, sagt Nicole Frank. Manchmal sei der Effekt von Bewegungsarbeit nur kurzfristig, manchmal aber auch nachhaltig. Demenz wieder rückgängig zu machen gelingt hingegen nicht. „Bewegung ist ein wichtiges Element bei der Arbeit mit Demenzkranken. Hilfreich ist, wenn wir aus der Biographie wissen, was unser Gegenüber besonders mag. Der Zugang für die meisten ist Musik. Bei Menschen, die schon Gehör wie Sprache

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der geistigen wie körperlichen Mobilisierung sei die basale Stimulation, die durch das Setzen äußerer Reize wie Berührung, Vibrationen oder Licht Resonanzen bei den Erkrankten erreiche. Was in der Pflegearbeit kurzfristig als zeitfressender Mehraufwand erscheinen mag, zahle sich für Demenzkranken wie Pfleger aus. Je mehr Fähigkeiten wiedererlangt würden, desto leichter ließe sich der Pflegealltag bewältigen, erklärt Nicole. „Die Freude darüber, ohne unter Druck gesetzt worden zu sein wieder etwas zu können, ist ein Erfolgserlebnis für Pfleger wie Gepflegten, das beiden hilft. Ohne Frage ist das anfangs unglaublich mühselig. Aber dieser Mehraufwand zahlt sich nach meiner Erfahrung aus.“ Sich auf die Realität des Demenzerkrankten einzulassen, helfe ebenfalls. Leitfaden dafür stelle die integrative Validation nach


der im Juli 2014 verstorbenen Psycho-Gerontologin Nicole Richard dar. „Die integrative Validation propagiert, sein Gegenüber in seinem Bewusstseinszustand ernst zu nehmen. Sich auf die Welt des Patienten einzulassen, ist für den Pflegenden eine weitaus geringere Hürde, als für den Demenzkranken. Ihn dort abzuholen, wo er sich gerade in seinem Bewusstsein befindet, ihn in seinem Gefühl zu spiegeln und ihn in seiner Welt ernst zu nehmen, verhindert viel an Frustration und daraus folgender Aggression. Deswegen verlange ich in der Bewegungsarbeit nichts, sondern lade die Teilnehmer zu Möglichkeiten ein“, sagt Nicole Frank. Nicole erzählt mir noch von der belebenden Wirkung von Berührung beim Paartanz, wie sehr sich ein Körper auch im Sitzen durchbewegen lässt, wie Singen, egal ob aktiv oder passiv, Resonanzen hervorruft, wie schon kleine Signale dazu

dienen können, den Hebel für langfristige Erfolge anzusetzen, wie unwichtig Strukturen im Erleben von Demenzkranken sind und wie wichtig sie von Pflegekräften und Angehörigen genommen werden, wie kontraproduktiv Zeitdruck und Ungeduld sind, wie jeder von uns von Demenz betroffen sein kann. Nach dem Gespräch mit Nicole Frank frage ich mich, wie wohl mit mir umgegangen werden wird, wenn ich mich nicht mehr erinnern kann. Ob man dann ungeduldig sein wird, mich zurechtweist, weil ich Alltägliches nicht mehr kann? Mich ausschimpft wie ein Kleinkind, weil ich mein Essen lieber mit den Händen als mit dem Besteck zu mir nehmen will? Ob ich die Chance erhalten werde, Musik so laut zu hören, damit sich wenigstens mein Körper wieder bewegt, weil mein Hirn schon zu viel vergessen hat? Ob mir jemand die Hand streichelt und mich so wohlfühlen

Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Dolomitenstadt Media KG Geschäftsführung: Dr. Gerhard Pirkner Chefredaktion: Dr. Gerhard Pirkner Grafik: Mathias Gomig MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Michael B. Egger, Evelin Gander, Klaudia Zanon, Manuela Pirkner, Evelyn Suntinger

IMPRESSUM

GastautorInnen: Oliver Stöhr, Marcus G. Kiniger, Andreas Braun, Daniela Ingruber, Eleonora BliemScolari FotografInnen: Martin Lugger, Oliver Stöhr, EXPA / Hans Groder, Wolfgang C. Retter, Michael B. Egger, Ramona Waldner, Brunner Images, RedBull Contentpool, Tomy Oberrainer, Marion Luttenberger, Dominik Angerer, Miriam Raneburger, Julian Kollreider, Marco Leiter, Tobias Tschurtschenthaler

lässt? Ob wer auf die kleinen, kaum merklichen Signale achten wird, die anzeigen, ich sei noch da? Und ich frage mich, ob ich Geduld und Verständnis für die aufbringe, die nicht mehr können, was ich jetzt noch für selbstverständlich halte. Wahrscheinlich eine Frage des Bewusstseins. Wenn das Wetter gut ist, gehe ich wieder in den Park und spanne meine Slack-Line. Weil es mir Freude macht. Sie schwingt durch meine Bewegung, dehnt sich unter meinem Gewicht, reagiert auf mich, und fordert meinen Gleichgewichtssinn. Wenn sie mich abwirft, weil ich müde oder unkonzentriert geworden bin, entscheide ich, ob ich wieder aufsteige. Das wird nicht so bleiben. Das ist mir bewusst. Ich hoffe, wenn ich nicht mehr kann, wird da jemand sein, der mich auffängt, der mich an der Hand nimmt und mir die Freude macht, mich sein zu lassen. Bis dahin könnte ich das bei anderen tun.

Coverfoto: Marion Luttenberger Verlags- und Redaktionsadresse: Dolomitenstadt Media KG Bürgeraustraße 20, A-9900 Lienz Tel. 04852/700500 Mail Redaktion: redaktion@dolomitenstadt.at Mail Office und Abo-Bestellung: office@dolomitenstadt.at www.dolomitenstadt.at Jahres-Abo (4 Ausgaben): Euro 28,00 in Österreich, Euro 44,00 im Ausland. Druck: Oberdruck Digital, Medienproduktion GesmbH Druckauflage: 2.000 Exemplare Für die Präsentation der Herbstmode auf den Seiten 112-127 wurde ein Druckkostenbeitrag geleistet. Sie gelten deshalb als bezahlte Anzeigen.


2014 /// wirtschaft /// andreas braun

Andreas Braun

Foto: Brunner Images

über das „Zukunftsbild Osttirol 2025“

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Osttirol hat seit kurzem ein Leitbild, entwickelt von den „Vordenkern“. Wir wollten wissen, wie dieses Leitbild außerhalb des Bezirkes beurteilt wird und haben ein Exemplar an Andreas Braun geschickt. Er schreibt: „Zunächst mache ich DOLOMITENSTADT ein Kompliment zu den beiden mir übersandten Ausgaben des Magazins: erfreulich frische Kaleidoskope auf intellektuell/ästhetischer Augenhöhe mit den Potenzialen des alten Kulturraums, daher beste Werbung nach innen und außen. Konsequenterweise bekommt dieser Verlag sicherlich eine Menge Geld von jenen Institutionen, die derzeit das Osttirol-Bild verwalten bzw. offiziös über die Zukunft der Region nachdenken, pardon vordenken, um gleich beim Thema 'Zukunftsbild Osttirol 2025' zu bleiben, das Sie mir zur kurzen Kommentierung beigefügt haben.“

1986 hat Craig Reynolds herausgefunden, dass Individuen, aus deren Summe ein Schwarm – im gegenständlichen Falle die 150-köpfige Gruppe „ARGE Vordenken für Osttirol“ – entsteht, sich an drei Regeln halten: Erstens: Bewege dich als Mitglied des Schwarmes immer in Richtung des Schwarm-Mittelpunkts. Zweitens: Vermeide Zusammenstöße. Drittens: Bewege dich in dieselbe Richtung wie deine Nachbarn. In den fünfziger Jahren hat Solomon Asch ein Experiment gemacht: Er fragte eine Gruppe von Menschen, die vier Linien zu vergleichen haben, welche Linien gleich lang seien. Zuvor hatte er mit dem größeren Teil der Gruppe verabredet, dass sie


Wieso muss Osttirol immer in die „Konformitätsfalle“ tappen?

übereinstimmend falsche Antworten geben sollen. Die überwiegende Mehrheit der nicht eingeweihten Versuchspersonen schlossen sich entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung dem falschen Urteil der Mehrheit an. Sie dachten sich vielleicht, dass mit ihren Augen etwas nicht stimme, jedenfalls wollten sie nicht unangenehm auffallen. Nur ganz wenige Außenseiter hatten den Mut, ihren eigenen Augen mehr als der Gruppe zu trauen. Offensichtlich schleifen Schwarmintelligenz und Gruppendynamik auch Leitbilder zurecht: Bei der Lektüre anderer regionaler Leitbilder und ihrem Vergleich mit dem vorliegenden Osttiroler Zukunftsbild 2025 stelle ich wenig überrascht fest: Kennst du eines, kennst du alle. Das ausgeglühte Vokabular regionalpolitischer „correctness“ und diffuser Unverbindlichkeit wiederholt sich in gebetsmühlenhafter Redundanz. Insofern hätte man sich die aufwendige Übung sparen können und mit elektronischen Kopiertasten alle verbalen Gemeinplätze über Natur, Verantwortung, Selbstverwirklichung, Vernetzung, Innovation, Wertschätzung, Interregionalität, etc. – sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner regionalen „Vordenkens“, kostengünstiger nach Osttirol herbeizaubern können. Wenn ich nun den generellen Nutzen des beliebig austauschbaren Papiers skeptisch beurteile, frage ich mich gleichzeitig, wie das Hirn und Herzblut der vielen engagierten BürgerInnen angemessener und zukunftswirkmächtiger aufgehoben und dokumentiert hätten werden können.

Da ich - wie oben angedeutet - prinzipiell den Publikumsjokern beim Lösen komplexer Fragestellungen misstraue und nur jenen Individuen, die vom Schwarm zu gefährlichen Irren gestempelt werden, die Kompetenz echten Fortschritts zutraue, hätte ich – im cineastischen Kauderwelsch ausgedrückt – eher ein „ making of“ des Vordenkprozesses und kein Leitbild erstellt. Ein „making of“ blickt hinter die Kulissen, hätte die inoffiziellen Artikulationen der Schwarmmitglieder – mit oder ohne Alkoholeinfluss - festhalten können und auf diese Weise querdenkerische Reaktanz und anarchische Utopie freilegen können. Denn in jedem braven Osttiroler schlummert bekanntlich eine gehörige Portion krimineller Energie, welche allemal die Welt auf den Kopf stellen könnte. Auch aus der Befragung der nicht so braven Osttiroler Emigranten hätte zusätzlicher Erkenntnisgewinn erwachsen können.

die vielen offiziellen Gremien des Tourismus befragt, würde mich sicherlich das Leitbild-Schicksal ereilt haben. Das heißt, man kommt, wenn man Aufbruch und Veränderung wirklich will, nicht um eine disruptive Methodik des Denkens und Handelns herum.

Vor über dreißig Jahren übernahm ich die Tiroler Fremdenverkehrswerbung, die ich zur Tirol Werbung umstrukturierte. Als Basis für meine schwierige kommunikative Aufgabe befragte ich einerseits schräge, junge Leute in deutschen Großstädten nach ihrem Tirol-Bild und andererseits kritische TirolerInnen außerhalb des Tourismus nach ihrem Gefühl mit diesem Phänomen. Erstere meinten, dass sie erst von 70 aufwärts unser Land im Sommer bereisen würden und letztere schämten sich irgendwie für den Tourismus. Beide Erkenntnisse bildeten die Grundlage meiner 14-jährigen Arbeit, deren Erfolg ich an der Anzahl von Tirol Plakaten, die sich coole junge TirolerInnen in ihre Zimmer hängen, ablesen wollte. Hätte ich damals

Andreas Braun

Eine abschließende Frage sei mir noch gestattet: Wieso muss Osttirol, das über mehr helle Köpfe als andere Regionen verfügt, eigentlich immer wieder in die traditionelle, den Bezirk lähmende „Konformitätsfalle“ tappen?

Andreas Braun leitete in den achtziger Jahren die Tirol Werbung und polarisierte mit Plakatserien, die mit Almhütten- und Dirndlklischees aufräumten. Er entfachte eine Qualitätsdiskussion mit seinem legendären Sager: „Von zehn in Österreich servierten Gulaschs sind acht schlecht“. 1994 wechselte der Querdenker zu Swarovski und setzte mit André Heller die Idee der „Kristallwelten“ um. Sie zählen zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Österreichs. Seit 2012 ist Braun Geschäftsführer der Destination Wattens GmbH, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Region im Hinblick auf Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur weiter zu entwickeln.

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INTERVIEW: GERHARD PIRKNER /// FOTOS: MARTIN LUGGER

2014 /// wirtschaft /// eva haselsteiner


EVA STEHT AM START Im Jahr 2014 wurde die Steirerin Eva Haselsteiner nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren als neue Geschäftsführerin der „Osttirol Werbung“ bestellt. Wir haben sie nach ihren ersten Eindrücken und ihren wichtigsten Plänen gefragt.

Die „Osttirol Werbung“ ist eine 100 Prozent-Tochter des TVB-Osttirol und wurde bisher auch in Personalunion vom jeweiligen TVB-Geschäftsführer geleitet. Nach Differenzen mit der Verbandsspitze legte Barbara Nussbaumer, die derzeitige TVBO-Geschäftsführerin, die Führung der OW zurück und bestand auf einer Trennung der Funktionen. Der Job wurde ausgeschrieben. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Diskussionen über eine Abschaffung dieser hausinternen Marketingagentur des Verbandes. Sie führe lediglich zu Doppelgleisigkeit und Mehraufwand, sei intransparent und ineffizient, argumentierten die Gegner. Die Befürworter verwiesen darauf, dass die „Tirol Werbung“ primär Nordtiroler Interessen und Produkte kommuniziere und Osttirol „als zweiter Landesteil“ auch eine eigene touristische Marketing- und Vertriebsagentur brauche.

Warum haben Sie sich beworben? Ich war in den vergangenen zehn Jahren in der Hotellerie unterwegs, dann war das „roomz“ in Graz erfolgreich auf dem Markt eingeführt. Ich wollte einen neuen Blickwinkel und da kam die Ausschreibung. Ich habe mich mit dem Thema beschäftigt und mir gesagt: die Region gefällt mir!

Die Winterplanung ist gelaufen, es gibt da noch kleine Justierungen. Wir sind bei der Sommerplanung, da habe ich gewisse Vorstellungen. Noch arbeiten wir auf der strukturellen Ebene und ich hoffe, dass wir schnell in die eigentliche Planung gehen können. Außerdem bin ich noch immer damit beschäftigt, alle Leute kennenzulernen und derzeit gar nicht so viel im Büro.

Aus Graz ins entlegene Osttirol? Ist das kein Kulturschock?

Kaum eine Organisation wird vor Ort so viel kritisiert wie die Osttirol Werbung.

Nein, gar nicht. Ich bin sportlich und finde, es ist viel Leben hier. Die Menschen sind sehr offen. Wochenends fahre ich noch hie und da in die Steiermark, fühle mich aber in Lienz schon ganz zu Hause.

Tourismus ist so. Jeder war schon einmal auf Urlaub und hält sich deshalb für einen Tourismusexperten, das war in Wien und in Graz nicht anders. Aufgefallen ist mir, dass das Leistungsspektrum der Osttirol Werbung vielen nicht klar ist. Immer wieder höre ich: Die Osttirol Werbung tut nix. Ich lasse die Leute dann schätzen, wie groß die Osttirol Werbung ist. Sie besteht lediglich aus Bernhard Pichler, Martin Unterberger, Verena Ganeider, einer Halbtagskraft und mir. Deshalb müssen wir auch an der Innenkommunikation arbeiten.

Erstmals wird die „Osttirol Werbung“ als Inhouse-Werbeagentur nicht in Personalunion mit dem TVBO geführt. Bringt das was? Natürlich. Wir kümmern uns um Marketing und Vertrieb, bauen eine aktive Verkaufsförderung auf und sind damit Dienstleister für die Betriebe. Der TVB kümmert sich um die Infrastruktur, die Finanzverwaltung und die Infostellen.

Eva Haselsteiner leitet seit Mitte August 2014 die Osttirol Werbung.

Was haben Sie derzeit auf dem Schreibtisch? Woran arbeiten Sie?

Was war Ihre bisher größte berufliche Herausforderung? Die Eröffnung des „roomz“ in Graz. Das hat 131 Zimmer. Ich habe alles verantwortet, was unabhängig vom Bau war,

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vom Besteck bis zu den Mitarbeitern, von der Logistik bis zur Markteinführung. Sind sie Praktikerin? Eher ja. Ein Vorteil ist, dass ich beide Seiten kenne. Ich arbeite gerne strategisch. Dabei ist aber wichtig zu wissen, was die Strategie für den bedeutet, der sie umsetzen muss. Ich war in der Hotellerie und weiß das aus Erfahrung.

Das spürt man noch. Da ging viel Kraft verloren. Jetzt scheint das Konstrukt zu funktionieren. Für mich ist der Zeitpunkt also genau richtig, auch wenn noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Hat Tourismus nicht grundsätzlich das Problem, dass viele Köche an einem Brei kochen? Klar. Und jeder glaubt, er kann gut kochen.

Gibt es in Osttirol einen erkennbaren strategischen Ansatz? Oder bringen Sie diese Leistung mit?

Ist Osttirol als Marke überlebensfähig? Müssen wir unbedingt unser eigenes Ding drehen?

Ich würde nicht sagen, dass es keinen strategischen Ansatz gibt. Mein Eindruck ist, dass sehr viel Energie und Zeit für die Fusionierung und deren Nachwirkungen aufgewendet wurde. Das ist mein Gefühl.

Ich kann das aus der Außensicht beurteilen. Seit meiner Kindheit nehme ich in meinem Umfeld Osttirol als eigene Marke wahr. Osttirol ist Osttirol, Tirol ist Tirol und Südtirol ist Südtirol.

Wir müssen weltweit kommunizieren wo wir sind und wer wir sind. Sind wir da nicht doch zu klein? Und kann man mit den Ressourcen vor Ort überhaupt professionelle Kommunikation so betreiben, dass man im internationalen Konzert mitspielt? Man muss an der Marke arbeiten. Das war auch eine klare Empfehlung von mir. Wie ich mich auf das Hearing vorbereitet habe, wusste ich nicht, dass es 241 Dreitausender in Osttirol gibt. Genausowenig, dass der größte Zirbenwald in Osttirol wächst. Für mich als Steirerin war das Murtal das Zirbenland. Man muss sagen, wofür man steht und wofür nicht. Man darf kein Bauchladen sein. Mag sein, dass dann das eine oder andere nicht kommuniziert wird, aber letztlich


profitieren alle. Ich bin klar der Meinung, wenn man die großen, spannenden Dinge hernimmt, profitieren alle.

ders einfach nicht gibt. Authentizität ist in vielen Bereichen noch da und wird immer mehr gesucht.

Der Bezirk denkt in vier Regionen. Hochpustertal, Lienz, Nationalparkregion und Defereggental. Sind das zu viele?

2012 wurde eine Wiener Werbeagentur beauftragt eine neue Werbelinie zu entwickeln. Diese wurde auch in der Vollversammlung präsentiert. Der Slogan war: Osttirol, das Urtirol.

Ich habe einen anderen Zugang. Ich sehe das nicht als geografische Region. Im Marketing geht die Segmentierung über Themenmanagement. Man ist 'Bike', man ist 'Klettern'. So lange der Gast die Urlaubsdestination nicht kennt, bucht er nicht den Ort, sondern das Thema. Der sagt erst: Ich will tauchen gehen. Und dann: Wo kann ich tauchen? Deshalb hab ich den Zugang über das Thema und nicht über den Ort. Und da hat Osttirol sehr viel zu bieten. Decken sich die Themen, über die Sie jetzt nachdenken, mit dem, was bisher schon entwickelt wurde? Grundsätzlich ja. Die Infrastrukturanalyse von Kohl & Partner schlägt vor, Lienz und die Dolomitenregion nach dem Muster des Dolomitenmanns als sportliche Abenteuerzone zu definieren und im Iseltal auf den Nationalpark zu fokussieren. Ist das für Sie nachvollziehbar? Ich will das nicht auf die Infrastruktur herunterbrechen. Das ist Aufgabe des TVBO. Jede strategisch geplante Investi-tion macht Sinn. Wenn man sich für etwas entscheidet, dann muss man das frühzeitig an die Osttirol Werbung kommunizieren und wir werden das entsprechend vermarkten. Nichts ist blöder, als zu investieren und zu spät mit dem Marketing zu beginnen.

Zu mir ist das noch nicht durchgedrungen. Im Markenkern sind sich fast alle einig. Dennoch halten viele Iseltaler den Nationalpark für einen wirtschaftlichen Nachteil. Ist er schlecht vermarktet? Ich glaube, das ist in der Angebotsentwicklung vor Ort begründet. Es mangelt nicht an Qualität, sondern an verkaufbaren Angeboten, die die Osttirol Werbung nach außen tragen kann. In dieser aktiven Verkaufsförderung ist nicht wirklich viel passiert. Man muss überlegen, wie kann ich den Nationalpark mit einem zweiten Leistungsträger zusammenschließen und das dann verkaufen, damit Wertschöpfung da ist. Womit wir beim Thema Wertschöpfung wären. Es ist leichter, am Drehkreuz eines Skiliftes Geld abzusammeln, als bei den Umbalfällen. Wieviel ist die Ursprünglichkeit wert und wo generiere ich diesen Wert? Deshalb wollen ja alle den Lift.

Osttirol ist also eine Marke. Wo ist aus Ihrer Sicht der Kern, die Alleinstellung?

Ja, aber es ist nicht der Lift. Zufällig habe ich in einem Pressetext gelesen, es gibt im Pustertal ein Angebot für grenzüberschreitendes Langlaufen ohne Gepäck. Das ist verkaufbar, aber noch nicht nach außen getragen. In der Angebotsentwicklung gemeinsam mit den Betrieben, da fehlt es für mich. Nicht, dass die nicht wissen, was sie tun. Aber man braucht jemanden der sagt, schau her, die zwei Angebote passen zusammen, da machen wir ein Paket.

In der Ursprünglichkeit. Dort, wo man sich gewisse Dinge erhalten hat, die es woan-

Wie schätzen Sie die Eventkultur vor Ort ein? Dolomitenmann, Radrundfahrt,

Tourenski, Langlaufen. Wenn Tourismus, dann Event? Bei jeder Vollversammlung gibt es am Anfang einen Film mit allen Events. Ist das gut? Ich glaube es gibt fünf relevante Events. Das passt schon. Fünfzehn wären ein bissl viel. Wichtig ist zu fragen: Wie kann ich die Radrundfahrt dazu verwenden, um in den Köpfen zu verankern: Osttirol steht für Radfahren. Da liegt die Herausforderung. Die Trennung ist hier übrigens klar. Die Events sind beim TVBO angesiedelt, wir machen die begleitenden Marketingmaßnahmen. Ich muss mich also fragen, was kann die Osttirol Werbung aus den Events machen. Das Free Solo Masters ist so ein Beispiel. Osttirol ist eine Kletterdestination. Wie kann man da zusammenarbeiten? Angeblich entsteht in Graz die größte Kletterhalle Österreichs. Also könnte man so ein Event mit dieser Kletterhalle in Graz zusammenspannen und Nutzen daraus ziehen. In einer Kletterhalle sind viele Kletterer. Die finden Hallenklettern zwar klass, gehen aber noch lieber ins Gelände und da brauchen sie jemanden, der jeden Felsen kennt und ihnen das vor Ort zeigt. Fazit? Es geht darum, die Leistungsträger zusammenzuspannen und mit ihnen Produkte zu entwickeln, die der Markt will und die zeigen, wofür die Region steht. Der Auftrag ist, gemeinsam mit den Leuten vor Ort verkaufbare Angebote zu kreieren.

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Foto: Mirja Geh / Red Bull Content Pool

Werner Grissmann hat seit Jahrzehnten die „weltgrößte Sportarena“ im Auge.


WAS KANN DER DOLOMITENMANN? Werner Grissmanns Extremstafette zählt in Osttirol zu den erklärten Topevents. Die im Juni 2014 präsentierte „Infrastrukturanalyse“ von Kohl & Partner traut dem herbstlichen Sportspektakel noch mehr zu, als nur mediale Breitenwirkung. Der Dolomitenmann könnte eine zentrale Rolle in der touristischen Markenentwicklung spielen und ein „Leuchtturmprojekt“ im Süden von Lienz begründen. 06.09.2014 – Seit den Morgenstunden knattern Hubschrauber über dem Lienzer Becken, die Wolkendecke beginnt sich zu lichten, eine Mischung aus Spannung und Fröhlichkeit liegt in der Luft. Am Iselkai, mitten in der Dolomitenstadt, federn drei Läufer aus Afrika vorbei, so leichtfüßig, als wären sie gewichtslos. Sie wärmen sich auf. Ich wohne am Iselkai und bin – fast

schon aus Prinzip – nicht sportlich. Aber meine Bewunderung gilt jenen, die die Grenzen der Physis und der Physik überwinden und sportliche Dinge tun, die ein Couchpotatoe wie ich unter die Begriffe „verrückt“ und „lebensgefährlich“ einreiht. Deshalb nehme ich die Fernbedienung, zappe auf ServusTV und schaue mir gemeinsam mit unserem – etwas

TEXT: GERHARD PIRKNER 75

Foto: Martin Lugger / Red Bull Content Pool


2014 /// wirtschaft /// dolomitenmann

Der Stoff, aus dem die Helden sind. Jonathan Wyatt ist einer von ihnen. Einer der ganz Großen.

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übergewichtigen – Kater Niki den Dolomitenmann im Fernsehen an. Mir fällt gerade auf, dass unser Kater so heißt wie der Sohn von Werner Grissmann, dem Dolomitenmann-Erfinder. Irgendwie macht mich das zum Experten. Ich könnte auch aus dem Fenster schauen, weil die tollkühnen Helden dieses Extrembewerbes vor der Haustüre der Lienzer schwitzen und kämpfen, aber ServusTV überträgt direkt und hat einen Vorteil: mit 40 Kameras, montiert entlang der ganzen Strecke und auf Hubschraubern sind die Leute des RedBull-Senders an diesem Tag die einzigen, die wie in der Fabel vom Hasen und vom Igel immer schon da sind, wenn die „Dolomitenmänner“ eintreffen.

Foto: Mirja Geh / Red Bull Content Pool

Der erste Hase heißt Petro Mamu und jagt in ungefähr 80 Minuten vom Hauptplatz in Lienz auf das sogenannte Kühbodentörl.


Foto: Philip Platzer / Red Bull Content Pool

Für Kühe ist das kein guter Ort, das Törl liegt auf 2.441 Metern Seehöhe mitten in den Felsen der Lienzer Dolomiten, es sind nur noch ein paar Meter von deren wichtigstem Gipfel entfernt, dem Spitzkofel. Jeder, der schon einmal hinaufgewandert ist, nennt das, auf gut Osttirolerisch einen „Hatscher“. Ein Hatscher ist ein langer Marsch, der selbst die Kraft und Kondition eines erprobten Bergwanderers fordert. Ein solcher würde für den Weg vom Cafe Petrocellis auf dem Lienzer Hauptplatz bis zum Kühbodentörl vielleicht sechs Stunden einkalkulieren. Ich würde so einen Hatscher gar nicht einkalkulieren. Wie gesagt, der kleine Mamu aus Eritrea schnupft das weg in 80 Minuten und wer sieht, wie er nach 1.600 Höhenmetern in einer steilen Geröllhalde wie ein Uhrwerk dahintrippelt, der hat den Mund noch offen, als der nächste Wahnsinnige mit einem aberwitzigen Unterfangen startet.

Mamu hat abgeklopft, hat seine Arbeit getan und einen anderen in die Spur geschickt, der eigentlich Gleitschirmflieger von Beruf ist. Müsste er nur seine Profession ausüben, schwebte vermutlich kein RedBull-Hubschrauber über ihm. Aber die Stafette, die sich in den Lienzer Dolomiten abspielt, heißt Dolomitenmann und da musst du erstens lebensmüde und zweitens ein sportliches Perpetuum Mobile sein, sonst bleibst du besser vor dem Fernseher, wie der Kater und ich. Der Gleitschirmflieger gleitet also nicht, sondern muss samt seinem Schirm einen so steilen Geröllhang auf mehr als 2.000 Metern Seehöhe entlanglaufen, dass ein Fehltritt diesen Mann das Leben kosten würde, was ihn und Hunderte andere, die ihm an diesem Tag noch folgen, offenbar nicht kümmert. Es ist schon der Hammer, was echte Dolomitenmänner so leisten

müssen, bis nach den aberwitzigen Mountainbikern der Letzte in der Viererkette mit hängender Zunge, am Ende seiner Kräfte, total „blau“, am Hauptplatz in Lienz einläuft. Heuer war das übrigens ein cooler Typ, ein 24 Jahre alter Steirer, der in „Five Finger Shoes“ durch die Andrä-Kranz-Gasse in Richtung Ziel tapste und ein Kanu hinter sich herzog. Was für ein Anblick! Was für eine Show! Wen wundert da noch, dass in einem Sommer, in dem es wochenlang durchregnete, der einzige Halbtag mit Sonnenschein auf jene vier Stunden fiel, in denen der Dolomitenmann über die Bühne ging. Das ist kein Zufall Leute, das ist ein Zeichen! Von ganz oben, wenn ihr wisst was ich meine. Eine Etage darunter, beim TVB Osttirol, hat man dieses Zeichen auch verstanden. Dieser Eindruck entstand zumindest bei der Vollversammlung des Verbandes am


Foto: Harald Tauderer / Red Bull Content Pool

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Gleitschirmflieger laufen bergauf, Radler fahren auf Skipisten, Kanuten ziehen Boote durch die Stadt. Was für ein Spektakel.

30. Juni 2014 im Lienzer Stadtsaal. Dort lauschten die anwesenden Touristiker, Politiker und Wirtschaftstreibenden gespannt dem Vortrag von TourismusKonsulent Martin Mayerhofer, der die „Infrastrukturanalyse“ für Osttirol präsentierte. Sie soll Klarheit über jene touristischen Projekte bringen, in die es sich zu investieren lohnt. Beauftragt wurde mit dieser politisch brisanten Analyse die Klagenfurter Firma Kohl & Partner, deren fachliche Qualifikation außer Streit steht.

Foto: Martin Lugger / Red Bull Content Pool

Was die Experten unter Mayerhofers Leitung entdeckten ist spannend, weil hinter der grauen Theorie der Studie die harte Realität der Geldverteilung steht. Diese Bauwerke lassen nämlich im günstigsten

Fall auch manche Gemeindekasse klingeln. Deshalb sind die Bürgermeister hinter den „Leuchtturmprojekten“ her, wie die Läufermeute hinter Petro Mamu. Auf Rang 1 der Prioritätenliste von Kohl & Partner steht ein „Outdoor-DolomitenKompetenz-Zentrum“ in Lienz, das sich im Sommer auf die Disziplinen Mountainbike, Klettern und Wildwasser fokussiert und im Winter auf Tourenski und Langlaufen. Es lässt eine durchgängige Spezialisierung auf Action erkennen und flankiert diverse Abenteuer-Sportarten mit einem spannenden Rahmenprogramm. Dieses Zentrum könne zum einen eine Art Drehscheibe und Ausgangspunkt für Outdoor-Sportaktivitäten aller Art sein, erklären die Berater, zum anderen aber auch Indoor-Sportaktivitäten bieten, allen voran eine Kletterhalle. Diese Halle dürfe jedoch nicht austauschbar sein, meint


Foto: EXPA / Hans Groder

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Mayerhofer: „Die Kletterhalle muss einen USP bekommen, sie dürfte nicht zum Beispiel auch in Wien so stehen können.“ Als Benchmark für eine erfolgreiche Umsetzung eines derartigen Zentrums nennt der Experte die neuseeländische Metropole Queenstown, die in fünf Jahren ihre Sommernächtigungen um neun Prozent und die Winternächtigungen um 17 Prozent steigerte, seit sie sich mit diversen In- und Outdooraktivitäten als „Outdoor Activity Capital of the World“ positioniert. Für Mayerhofer manifestiert sich im „Dolomitenmann“ als Bewerb genau diese Philosophie. Die Sportarten sind auf die Kompetenz der Region maßgeschneidert und zudem mit dem einzigartigen Austragungsort untrennbar verbunden. Der „Dolomitenmann“ wäre vor diesem Hintergrund weit mehr als ein vierstündi-

ges Sportspektakel. Das Event könnte zum Aufhänger für ein ganzes Bündel von Angeboten werden, die unterschiedlichste Betriebe und touristische Services miteinander verbinden. Für Mitorganisator Niki Grissmann ein Szenario, an das er auch schon öfter gedacht hat: „Dieses Potenzial des Dolomitenmanns liegt auch nach Jahrzehnten noch brach. Obwohl die Veranstaltung so erfolgreich ist, gibt es keine Packages, keine Angebote auf den Spuren des Dolomitenmanns, keine Adventurewoche usw. Da wären viele Möglichkeiten, um aus dem Event Kapital zu schlagen.“ Nicht zuletzt durch die Werbewirkung der Stafette, die in Kombination mit konkret buchbaren Angeboten potenziert werden könnte. Die Schätzungen und Messungen der Reichweiten mögen je nach Blickwinkel unterschiedlich sein, aber allein die

Direktübertragung durch ServusTV und das mediale Sponsoring der reichweitenstarken Kleinen Zeitung rechtfertigen bereits die Kosten und den Aufwand. Wie weit wird der Dolomitenmann medial verbreitet? Rund 22 Millionen „Kontakte“ zählte das RedBull-Mediahouse für die Veranstaltung 2013. Gemeint ist damit die Zahl an möglichen Lesern, die sich aus der Reichweite der berichtenden Medien ergibt. 2014 sollte dieser Wert noch deutlich übertroffen werden. Steht etwa eine Story über den Dolomitenmann in der österreichweiten Ausgabe der Kleinen Zeitung, dann ergibt das rund 800.000 Kontakte für die Medienstatistiker, unabhängig davon, ob alle potenziellen Leser den Bericht auch wahrgenommen haben.


2014 /// wirtschaft /// dolomitenmann

Diese Bilder sprechen auch für die Region und verkünden eine Markenbotschaft.

Hier zeigt der Blick auf das Detail auch klar, dass die Kleine Zeitung, die auch mit einem Team bei der Stafette antritt, für den Löwenanteil der erfassten Medienberichte verantwortlich zeichnet. Unter den Top 15 von den RedBull-Statistikern erfassten Artikel im Jahr 2013 erschienen gleich 10 Stories im Kleinformat.

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Das relativiert die Gesamtreichweite, weil der Kreis der Informierten bei zehn Artikeln in der Kleinen Zeitung ja nicht wächst. Doch auch die Tiroler Tageszeitung, „Österreich“ und der ORF berichteten zum Teil ausführlich und steigerten damit die Reichweite. In Summe entfallen von den 22 Millionen Gesamtkontakten rund 15 Millionen auf heimische Medien. Im Ausland punktet der Dolomitenmann speziell in Gegenden, aus denen teilnehmende Teams stammen. Im Vorjahr sahen Millionen Japaner, wie einige der ihren recht ambitioniert versuchten, bei der Extremstafette vorne mitzumischen. In eine neue Dimension stieß das Extremevent in seiner jüngsten Ausgabe vor, weil Hauptsponsor RedBull seinen hauseigenen Sender gleich mit der Kavallerie aufmarschieren ließ und 350.000 Euro für eine Direktübertragung locker machte, die bislang nie gesehene Bilder vom Dolomitenmann in zigtausende Wohnzimmer übertrug. ServusTV beziffert die Reichweite in Österreich mit 4,8 Prozent. Im Schnitt saßen über die gesamte Dauer des fünfstündigen Spektakels 26.000 Menschen vor den Bildschirmen, in den spannendsten Momenten wurden mehr als 56.000 zeitgleiche Seher registriert und insge-

samt erreichte der Bullensender einen Kreis von 350.000 Menschen, die zumindest einmal in die Liveübertragung zappten. Da auch der Bezahlsender SKY Sport HD mit rund einer Million potenziellen Zuschauern und der ORF mit diversen Berichten zur Bilanz beitragen, stieß der Dolomitenmann 2014 medial in jedem Fall in eine neue Dimension vor. Noch wichtiger als Reichweite: Marke Der Dolomitenmann hat aber auch Markenqualität. Marken erweitern Produkte um zwei Eigenschaften: Alleinstellung und Emotion. Ein Radrennen ist super, aber letztlich austauschbar. Ein Radmarathon über Landesgrenzen ist da schon besser, aber immer noch nicht einmalig. Das selbe gilt für Tourenskirennen und Langlauf-Bewerbe. All das gibt es auch anderswo in ähnlicher Qualität. Ein Theaterfestival setzt Emotionen frei, ist vielleicht einmalig in der Region aber – bei Licht betrachtet – vergleichbar mit anderen Festivals. Der „Dolomitenmann“ ist tatsächlich unvergleichlich, in dieser Form nicht kopierbar und in seiner gesamten Inszenierung hoch emotional. All das würde das Event aber noch nicht zum Markenkern eines Leuchtturmprojektes machen, wie Kohl & Partner es vorschlagen. Die wahre Genialität der Extremstafette liegt in der Auswahl der Sportarten und der dazupassenden Orte, die man vor dem zeitlichen Hintergrund ihrer Entstehung betrachten muss. Als Werner Grissmann sich den aberwitzigen Sportzauber ausdachte – passend zu seinem Image als bunter Hund der

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Bis zu 25 „Sideevents“ flankieren den Dolomitenmann. Die Vorbereitung dauert ein Jahr.

Foto: EXPA / Hans Groder

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österreichischen Sportler- und Sportadabei-Szene – da waren Bergläufer noch knorrige Alpenrautler und Gleitschirmflieger eine winzige Community von Lebensmüden. Montainbikes gab es zwar schon, der Hype um das Radeln im Gelände hatte aber noch nicht eingesetzt und auch im wilden Wasser tummelten sich nur wenige Abenteuerlustige aus der Kajakfraktion. Rafting und Canyoning gab es noch nicht. Ein Vierteljahrhundert später sind Grissmanns Sportarten allesamt ganz oben auf der Hype-Liste der alpinen Adrenalinjunkies und ihrer Epigonen. In einer RedBull-Gesellschaft, in der sich Tausende mit Helmkameras bewaffnet über Felsen und ins Wildwasser werfen, mutet der Dolomitenmann so frisch und modern an, als wäre er eben erst erfunden worden. Dass es nebenbei der erste Bewerb überhaupt war, auf den RedBull – heute Weltsponsor aller Sportwahnsinnigen – sein Bullenlogo heftete, ist auch kein Zufall und macht den Dolomitenmann zum logischen Imagebringer für ein ganzes Set an Möglichkeiten im Tourismus. Deshalb spricht Berater Martin Mayerhofer von einem Outdoor-Dolomiten-KompetenzZentrum rund um Lienz und das legendäre Staffelevent. Auch Niki Grissmann denkt dabei an alles, was schon da ist und eigentlich nur vernetzt und ausgebaut

werden müsste: „Es gibt Anbieter, die super sind im Rafting und Kajak, Paraglide-Schulen, Radverleiher und Kletterguides. Das Problem: Wie schafft man es, rund 60 Ansprechpartner zusammenzuspannen.“ Es gibt internationale Vorbilder. Als ein Beispiel nennen Kohl & Partner die neuseeländische Metropole Queenstown, die sich ein ähnliches Image gibt und nicht nur zeigt, was man dazu an Facilities braucht, sondern wie man daraus ein touristisches Ganzjahresangebot machen kann. Auch die frisch gebackene Geschäftsführerin der Osttirol Werbung, Eva Haselsteiner, schlägt mit ihren Denkansätzen in einem ersten Dolomitenstadt-Interview auf Seite 70 in die selbe Kerbe. Sie will sich auf die Vernetzung starker Einzelangebote zu marktfähigen, wertschöpfungsorientierten Gesamtprodukten konzentrieren. Und hier greift der zweite Genieblitz des „Grizzly“. Der Dolomitenmann bringt nicht nur die Trendsport-Szenen am Berg, in der Luft und im Wasser unter einen Hut, er inszeniert dieses Event um den einzig dafür geeigneten Ort: die Dolomitenstadt. So wird der Trend lokal verortet, bekommt neben spektakulären Bildern und ausgebuchten Betten auch geografische Koordinaten. Dieses Thema ist deshalb so wichtig, weil es ein Kernproblem Osttirols in seinem Kern erkennt – und löst.

Wo ist denn das? Diese Frage fürchten Osttirols Touristiker am meisten. Jeder weiß, wo Nordtirol und Südtirol sind, Kärnten, Salzburg, aber Osttirol? In der Strategie des Tourismusverbandes Osttirol sind – ebenso wie in den Ratschlägen von Kohl & Partner – im Prinzip zwei Zonen erkennbar, die Markenkraft haben und den gebirgigen Markenkern in sich tragen. Zum einen die Nationalparkregion mit dem Großglockner, der in der alpinen Weltklasse spielt. Über Visionen und Möglichkeiten dieser Nationalparkregion werden wir im kommenden DOLOMITENSTADT-Magazin berichten. Und zum anderen die Dolomiten und die nach ihnen benannte Stadt. Wir lassen jetzt einmal beiseite, dass die Lienzer Dolomiten eigentlich aus Kalkgestein bestehen und das Lienzer Stadtmarketing in einem markentechnischen Schwächeanfall – und ausgerechnet von RedBull-Erfinder Hans Kastner beraten – die Stadt in „Sonnenstadt“ umtaufte. Für das Gros der Tourismustreibenden und Tourismuswerber, für die meisten Bewohner und natürlich auch für die Besucher bleibt Lienz die Dolomitenstadt, die neben einem „Dolomitenbad“ auch ein „Dolomitenstadion“ und eben einen „Dolomitenmann“ anzubieten hat. Die touristische Relevanz von Bad oder Stadion erschließt sich erst auf den


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Foto: Michael B. Egger

DAS FAMILIENUNTERNEHMEN: SANDRA, WERNER, NIKI UND NINA Sie wirken nicht nur unzertrennlich, sie sind es auch. Die Grissmanns, die den Dolomitenmann als eine Art „Familienunternehmen“ Jahr für Jahr auf die Beine stellen. Im Kernteam des Vereins „Sportclub Dolomitenmann“ arbeiten 25 Personen fast das ganze Jahr an der Realisierung der Extremstafette, viele davon in ihrer Freizeit. Wichtigste Partner vor Ort sind die Heeressportvereine, der Kajakclub Osttirol und der Paragleitclub Touch Heaven, die Schützen sowie alle Blaulichtorganisationen. Am Tag des Ereignisses sind rund 700 Helfer im Einsatz, allesamt freiwillig. 500 Athleten, ihre Trainer und Angehörigen bleiben im Schnitt nach einer 2012 durchgeführten Umfrage eine Woche in Lienz. Neben dem Rennen gibt es rund 20 flankierende „Sideevents“, von Pressekonferenzen über Spaghettiparty und Ö3-Disco bis zum VIP-Abend. Insgesamt kostet der Dolomitenmann rund 600.000 Euro, weniger als 20 Prozent dieser Kosten werden öffentlich gefördert. Den Löwenanteil zahlt Haupt- und Titelsponsor RedBull. Die Mateschitz-Firma legte heuer grob geschätzte 350.000 Euro drauf, für die Direktübertragung auf ServusTV. Exakte Zahlen werden hier nicht genannt. Mehr als 200 Zimmer buchte das Organisationsteam allein für TV-Leute und Techniker. Die Sportler und Besucher des Dolomitenmanns sind in dieser Bilanz noch gar nicht eingerechnet.


2014 /// wirtschaft /// dolomitenmann

zweiten Blick. Abgesehen vom üblichen politischen Kleinkrieg sind sich die wichtigsten Akteure in der Stadt über die Funktion dieses Areals aber weitgehend einig. Der Um- und Ausbau des Dolomitenbades ist in der Spur und im Budget, noch vor Jahresende wird der Auftrag wohl vergeben werden und damit eine neue Drehscheibe für sportliche Aktivitäten im Süden der Stadt entstehen. Nach einem politischen Gerangel um den Bau einer Kletterhalle wurde auch in dieser Causa weitgehend Einigkeit erzielt. An diversen Masterplänen wird gearbeitet. Die Infrastrukturanalyse lenkt dabei den Blick auf das Wesentliche, die langfristige Strategie und damit den Sinn solcher Millioneninvestitionen, die in den kom-

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menden Jahren anstehen und wohl auch umgesetzt werden. Obwohl bestimmte Maßnahmen nicht unbedingt koordiniert erfolgten, hat sich die Zone zwischen Amlach und Lienz entlang der Drau in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt in ein Freizeitareal verwandelt, das vor allem einheimische Jugendliche und Aktivsportler für sich okkupiert haben. Die Galitzenklamm mauserte sich Schritt für Schritt von einem schon etwas altmodischen Schulausflugsziel zu einem attraktiven Freizeit-Ensemble mit schweren und leichten Klettersteigen, Attraktionen für Kinder und Jugendliche, familientauglich in jeder Hinsicht und auch noch am Radweg gelegen, also an einem touristischen Trampelpfad erster Güte.

Dieser Weg führt entlang der Drau und damit entlang der DolomitenmannKanustrecke. Neben Berg ist Wasser ein zentrales Markenmerkmal, beides wird in diesem Areal inszeniert. Gleich unterhalb der Galitzenklamm liegt das „Bootshaus“, die Zentrale der Kanuten, deren Community sich zum Teil auch mit den Kletterern überschneidet, eine vitale Szene rund um Paradepaddler Thomas „Zimml“ Zimmermann. SzeneVeranstaltungen wie der FreestyleKanubewerb und das Pappbootrennen, die Erholungs- und Freizeitangebote des Drauparks samt Skaterpark und Stadion lassen in dieser „Dolomitensport-Arena“ schon jetzt Freizeitstimmung aufkommen. Alles, wofür man ein Stadion braucht,

Projektbewertung Priorität 1 1

Priorität 2 2

3

Priorität 3

• Outdoor-Dolomiten-KompetenzZentrum (mit Klettern etc.) • Angebotserweiterung PersonenNahverkehr, Hochpustertal • Erlebniswanderwege bzw. Radwegverbindungen • Hopfgarten bis Staller Sattel • Lienz-Kitzbühel (TRANS-ALP) • Matrei – Großvenediger • Erlebnisraum Staller Sattel • Bikearena Lienzer Dolomiten

• Bikezentrum Hochpustertal 4

Priorität 4

• Goldried Splash • Seilbahnprojekte (Sillian, Debanttal, Brunnalm)

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Martin Mayerhofer von Kohl & Partner empfiehlt ein Outdoor-Dolomiten-KompetenzZentrum für Lienz.

findet hier statt, von Fußball bis Leichtathletik, daneben schlägt sich das Dolomitenbad zumindest im Sommer halbwegs wacker und wird künftig um einen spektakulären Wellnessbereich mit Dolomitenblick und ein generalsaniertes Hallenbad aufgewertet. Die Ansiedlung des Eislaufplatzes ist politisch bereits auf Schiene und wird im Winter zusätzliche Frequenz für das Hallenbad, dessen Wellnesszone und eine dort angesiedelte Gastronomie bringen. Bleibt noch die Dolomitenhalle, in der bislang Tennis gespielt wird, Messen veranstaltet und Parties gefeiert werden und wo seit Neuestem auch das SkitourenFestival sein Zuhause hat. Bald könnte hier auch geklettert werden. Ob die „Dolomitenhalle“ als Kletterlocation die Alleinstellungsmerkmale bieten kann, die Kohl & Partner fordern, ist wohl eine Frage der Planung. Und so fügt sich zusammen, was der „Dolomitenmann“ als singuläres, medial wirksames Marken-Sportevent und die Infrastrukturanalyse als touristisches

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Foto: EXPA / Hans Groder

Markenziel definieren: ein Erlebnisraum rund um die Themen Berg und Wasser, Bewegung, modernes Leben und Natur, definiert durch die unverwechselbare Markenkraft der Dolomiten und die Nähe zur Stadt Lienz, einmalig in seiner Art und ein ganzheitliches Erlebnis, das Einheimische wie Gäste, Ruderer wie Radler, Kletterer wie Schwimmer, Jugendliche wie ältere Menschen anzieht und begeistert. Soweit die Vision. Was man daraus entwickeln könnte, das zeigen wir unseren Lesern auf den folgenden Seiten. Als Werner Grissmann im Jahr 1988 den ersten „Dolomitenmann“ veranstaltete, wollte er „die größte FreiluftSportarena der Welt“ in Szene setzen. Dieses Superlativ werden vermutlich auch andere Orte für sich beanspruchen, die

Welt ist groß und hat Sportlern auch anderswo viel zu bieten. Aber ein Event wie den Dolomitenmann, eine Inszenierung von modernen Bergund Wassersportaktivitäten in einem so bestechenden Mix von Natur und Stadt – das ist nicht leicht zu toppen und könnte tatsächlich der Kern einer auch infrastrukturellen Weiterentwicklung im Osttiroler Tourismus sein, von der nicht nur die Stadt sondern auch das Umland profitiert. Radwege führen Gäste ebenso in die Täler wie Flüsse, Mountainbikerouten und Klettersteige.


2014 /// wirtschaft /// was wäre wenn...

WAS WÄRE, WENN... Gemeinsam mit dem Designer Lukas Jungmann, der zu einem fixen Mitglied unseres Teams geworden ist, hat sich die DOLOMITENSTADT-Redaktion an die Aufgabe gewagt, das „OutdoorDolomiten-Kompetenz-Zentrum“ zu zeichnen. Wir setzen damit unsere Reihe „Was wäre, wenn ...“ fort. Für das Kaufhaus Lienz und den Stadtsaal haben wir bereits in früheren Magazinen Lösungen gezeichnet. Jetzt fragen Lukas Jungmann und das DOLOMITENSTADT-Team: „Was wäre, wenn es die spektakuläre Dolomitensport-Arena wirklich gäbe?“ Sehen Sie selbst!

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„Wir haben versucht, ohne Blick auf Realisierbarkeit und Budget, ohne politische Scheuklappen und vielleicht sogar ohne planerische Vernunft einfach der Fantasie freien Lauf zu lassen“, erklärt Jungmann das Prinzip. Das gezeigte Szenario wird so niemals existieren. Doch die Idee dahinter könnte eine Anregung für Politiker und Touristiker bieten. Das ist zumindest unsere Hoffnung.

DAS DOLOMITEN-SPORTZENTRUM – Direkte Anbindung an die Drau mit Ein- und Ausstieg für Kajakfahrer. – Dolomitensportzentrum mit Konferenzsaal, Osttirol Werbung, Gastronomie etc. – Haus schwebt in der Luft. Darunter Platz für Sportgeräte. – Kletterturm 25 Meter - mit Indoor- und Outdoor-Klettermöglichkeiten. – Kreisverkehr mit eigener Spur für Radler aus dem Pustertal - kein Stress mit Falschfahrern! – Grizzly aus Kupfer – es müssen nicht immer Bullen sein. – Eine Brücke dockt die Sportanlage an Stadion, Jugendzentrum und Bad an.

Visualisierung: Lukas Jungmann


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INTERVIEW: DANIELA INGRUBER /// FOTOS: MARION LUTTENBERGER

2014 /// kultur /// bernhard gander

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Das muss eine Arie werden!

Zur Eröffnung von „Spielfeld Kultur Osttirol“ wurde erstmals ein Werk des Komponisten Bernhard Gander in Lienz aufgeführt. Am Rande des Konzerts sprach Daniela Ingruber mit ihm über seine Sitcom-Oper, Fahrstuhlmusik, Disziplin und Cartoons.

Wie führt man ein Interview mit einem Komponisten, den man nie zuvor getroffen hat und dessen Musik Comicbilder im Kopf auslöst? Keine Bilder einer wohlgeordneten Landschaft, keine Tanzsequenzen, sondern ausgerechnet Comics! Schlimmer noch: ein trotziger zehnjähriger Bub, der die Welt verändern will. Man bereitet Fragen vor, macht einen Termin in einem möglichst ruhigen Lienzer Kaffeehaus aus und hofft, dass der Komponist nicht nach fünf Minuten aufspringt und geht. Dann aber kommt er bei der Tür herein, setzt sich lachend hin und legt sein aufmerksames Lächeln auch in den folgenden eineinhalb Stunden nie ab. Die Höflichkeitsform „Sie“ lässt sich nicht lange durchhalten, gerade aus Respekt vor der Präsenz, die er ausstrahlt.

Beim Konzert in der Tammerburg wurde deine Musik dem Publikum angekündigt mit: „Es könnte ein irritierender Abend werden.“ Denkst du beim Schreiben das Publikum mit?

Er, das ist Bernhard Gander. Seine Musik klingt ebenso eindringlich, wie energisch, zärtlich manchmal, aggressiv schon beim nächsten Ton, und sie erzählt Geschichten von menschlichen Zuständen, Unzulänglichkeiten, Gewalt, Alltagsfragen und das, was das Publikum darin erkennen möchte. Ganz klar, immer wieder tauchen diese Comicbilder des Widerspenstigen auf – und wenn einem Bernhard Gander gegenüber sitzt, wird deutlich, dass dies kein Zufall ist.

Für die Bregenzer Festspiele hast du tatsächlich eine Sitcom-Oper geschrieben?

Das muss ich nicht, ich selbst bin das erste Publikum, und kein abgehobenes. Wenn ich ins Konzert gehe, will ich mich nicht anstrengen. Entweder das Stück kommt mir entgegen oder ich bleibe daheim. Kaum kommt bei einem Konzert eine kleine Pause, geht das Räuspern los. Bei deinen Konzerten hört man eher ein Aufseufzen noch während der Musik. Einmal hat das Publikum bei der Zugabe, dem Stück „Lamento“, sogar mitgeraunzt.

herein. Es hat alles Platz, alles kommt auf den Punkt. Ein Spiegel der Gesellschaft? Ja, und für mich derzeit einer der tauglichsten, weil nicht so schulmeisterlich. Wie wird solch ein Opernformat für die Bregenzer Festspiele aufgenommen? Der jetzt scheidende Intendant David Pountney sagte beim Pressegespräch, dass es für ihn keine Diskrepanz zwischen Oper und Sitcom gäbe. Das finde ich ziemlich cool. Humor als Waffe? Die Schwierigste! Besonders beim Schreiben. Schreibst du die Libretti selbst?

Ja, das war der Versuch, Sitcom und Oper zu mischen, wobei die Frage im Raum schwebt, was Oper mit Sitcom zu tun habe. Ich sage: alles! Für die meisten ist eine Sitcom nur dumme Unterhaltung, für mich nicht. In diesen 20 bis 25 Minuten muss jede Sekunde genutzt werden. Unter dem Deckmäntelchen des Trash kommt viel Sozialkritisches durch die Hintertür

Nein. In diesem Fall waren das zwei Librettisten. Wenn Oper, dann strikte Kompetenztrennung. Ich mische mich auch kaum in die Regie ein.

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Aber wenn Dramaturgen zu kürzen beginnen? Das wäre ok. Ich habe umgekehrt auch beim Libretto angemerkt, man könnte verknappen. Wie beeinflusst der vorhandene Sprachrhythmus die Musik?

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Ich habe die Librettisten gebeten, nicht daran zu denken, dass es eine Oper wird. Denn ich weiß, wenn man Oper im Kopf hat, fängt man automatisch an, deppert zu schreiben. Diese hehre Sprache interessiert mich nicht. Ich will die Alltagssprache. Ich liebe Wörter wie „Evaluierung“. Über ein dermaßen unmusikalisches Wort eine Arie zu machen, ist fantastisch! Wenn man es zu einer Endlosschleife hinmelodieren lässt, karikiert man es. In einer Folge der Sitcom wird ein neues Sofa gesucht. Bei den Fachbegriffen „Zweisitzer“, „Ecksofa“, „Anthrazit“ hallt es mir im Ohr. Das muss eine Arie werden! Im Kaffeehaus sitzend drängt sich die Frage auf: Was wäre, wenn man deine Musik im Kaffeehaus spielte? Super! Man kann sie auch im Fahrstuhl spielen. Zum Glück muss ich nicht kontrollieren, was mit veröffentlichten Stücken passiert. Meist bin ich mit jenen in Kontakt, die etwas von mir spielen. Ansonsten denke ich mir: „Hoppala, das Baby ist jetzt selbständig.“ Beim Theater bestimmen die Autoren nicht ungern, wie und in welchem Rahmen ihr Stück inszeniert wird.

Auch manche Musiker sind da sehr heikel. Ein Kollege sagte einmal, er wolle nicht, dass seine Musik in jenem Raum einer Disco gespielt werde, drehte sich um und ging. Das ist für mich Kulturfaschismus oder Snobismus. Vielleicht will man nicht, dass seine Musik das Titellied einer FPÖ-Veranstaltung ist?

wurde Spengler. Es war herrlich! Ich komme ja aus einer Handwerkerfamilie. Tischler wäre mein Lieblingsberuf gewesen. Ich habe viele Handwerkerjobs gemacht, in der Tischlerei, als Bodenleger, als Dachdecker und in der Gastronomie sowieso alles, vom Zimmermädchen bis zum Koch. In einem Interview hast du einmal gesagt, du seist ins Komponieren hineingeschlittert.

Das möchte ich auch nicht. Du nimmst dir immer wieder gesellschaftspolitische Themen vor. Ist Musik politisch? Ich fürchte, eher nicht sehr, aber ich will es. Ich will über Immigration und Asyl reden! Ob das Auswirkungen hat, weiß ich nicht. Aber ich bin überzeugt, dass man seine Statements abgeben muss, damit die Diskussion am Köcheln bleibt. Natürlich ist es sinnvoller, wenn ein Politiker in der Zeit im Bild etwas sagt. Er kann viel mehr erreichen.

Ich war acht Jahre im Internat. Dort habe ich mit meinem Bruder und einem Freund eine Band gegründet. Zuerst haben wir Nummern von den Beatles und Deep Purple nachgespielt, irgendwann fingen wir an, Nummern zu schreiben. Das war keine bewusste Entscheidung. Dann habe ich studiert und es war relativ bald klar: Das will ich unbedingt machen. Sobald man etwas beruflich macht, verliert es an Leichtfüßigkeit, weil eine gewisse Disziplin dazugehört.

Unbedingt! Du hast in Innsbruck Musik studiert?

Ich mag Disziplin. Mit meiner Disziplin bin ich sicher der totale Antikünstler! Ich stehe um 6 Uhr morgens auf, fange um 7 Uhr an, arbeite bis Mittag, dann wieder von 2 bis 6 Uhr. Das mache ich von Montag bis Freitag, Samstag nur bis Mittag und Sonntag nie. Man hat viel mehr Freiheit, wenn man diszipliniert ist. Man muss der Inspiration entgegenlaufen.

Ja, Klavier, Tonsatz und Dirigieren. Kurz vor Abschluss habe ich das Studium abgebrochen. Es wäre nicht mein Weg gewesen. Ich hatte Angst um meine Musikbegeisterung. So ging ich auf die Baustelle und

Unter der Dusche kann man vielleicht einen netten Gedanken haben, aber wenn ich mich hinsetze, einen Bleistift in die Hand nehme, dann läuft das Werk. Und wenn gar nichts geht, gehe ich auf der

Nicht unbedingt. Ich halte Kunst für eines der ganz großen politischen Mittel. Siehst du, vielleicht sollte ich doch wieder mehr daran glauben!


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2014 /// kultur /// bernhard gander

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Donauinsel spazieren und knalle mir die Ohren voll. Welche Musik hörst du zur Inspiration? Ehrlich gesagt, ich höre nur noch Metal und ich kaufe auch wahnsinnig viel. Ich habe noch nie etwas heruntergeladen. Ich brauche die CDs inzwischen auch für meinen Lieblingsnebenjob: Einmal pro Monat lege ich in einem Club auf. Man findet bei dir zahllose Einflüsse verschiedener Genres und Komponisten: Jazz, Leoš Janácek, György Ligeti. Warum hört man den Death Metal nicht? Es ist nicht direkt der Sound des Death Metal. Ein Orchester schwingt anders, die Musiker denken anders. Ich verwende die Struktur, die Energie des Metal.

Beim Hören deiner Musik sehe ich Cartoons vor mir. Es sind widerspenstige Bilder, eigentlich ein etwa zehnjähriger Bub, der ruft: „Ich stell' mir die Welt anders vor und ich bau' sie mir jetzt so, wie ich sie will!“ Ein super Bild! Vor allem habe ich ja wirklich schon zwei Comicfiguren vertont. Ich habe ein Klavierstück, das heißt „Peter Parker“. Das ist der bürgerliche Name von Spider Man. Hulk habe ich als „Hukl“ für Orchester und als „Khul“ für Streichquartett verwendet. Mich hat das Bild interessiert, dass er explodiert, wenn er sich ärgert. Das ist meine Traumvorstellung: infizierte Klänge oder infizierte Musiker, die sich aufbäumen, zusammensacken und neue Energie aufsaugen. Das ist auch mein eigener Zustand: immer wieder ein wenig positive Aggression.

Positive Aggression? Aggression ist für mich in diesem Fall nicht negativ besetzt im Sinne von Destruktion, sondern eher das gute Gefühl des Anpackens. Obwohl man natürlich auch gewalttätige Fantasien hat. Das ist der Weg, sie zu kanalisieren. Mittlerweile habe ich in manchen neuen Stücken auch recht aggressive Titel. Deine Werkliste liest sich wie ein Horrorcomic: Bunny Games, Dirty Angel, Horribili dictu, Lovely Monster, Take Death, wegda! Ich verwende zunächst einen Arbeitstitel, weil ich das witzig und inspirierend finde, dann fokussiere ich mich auf den Titel, sehe ihn als Marschrichtung und zu 99 Prozent bleibe ich dabei.


Deshalb wundert es mich, dass du nicht selbst die Texte schreibst. Das überlasse ich anderen, aber es stimmt, es wird immer heikler, da ich schon so viele Texte vertont habe. Ich habe ja auch ganz unmusikalische Texte vertont, wie die Reden der Maria Fekter. Das ist Poesie pur, weil es so absurd ist. Wäre Filmmusik interessant? Ja, am liebsten für einen Horrorfilm. Es ist fast überall zuviel Musik drin! Damit machen sie die Filme kaputt. Da etwas Dezentes zu finden, das funktioniert, wäre eine Herausforderung.

Denn ich glaube, man ist Umwelteinflüssen ausgesetzt, ohne dass man es merkt. Wien ist jetzt meine Heimat, dort habe ich ein anderes Arbeitsgefühl. Nein, einen ganz großen Unterschied würde es nicht mehr machen. Denn dass ich plötzlich esoterische Musik schreibe ... Das würde mich dann doch eher schockieren. Klangschalenmusik vielleicht? Und was würde Beethoven heute komponieren? Black Metal!

Könntest du deine Musik auch in Lienz schreiben? Vielleicht würde sie anders sein.

Kurzbiografie Der gebürtige Lienzer Bernhard Gander studierte am Tiroler Landeskonser-vatorium Klavier, Tonsatz und Dirigieren. Später folgten ein Kompositionsstudium bei Beat Furrer in Graz sowie die Ausbil-dung in Elektroakustischer Musik am Studio UPIC/ Paris und am Schweizeri-schen Zentrum für Computermusik in Zürich. Der leidenschaftliche Wahlwiener arbeitet mit zahlreichen (inter)nationalen Festivals und Orchestern zusammen, u.a. Klangforum Wien, Ensemble Modern, Wiener Konzerthaus, steirischer herbst, ORF, Wiener Festwochen, musica strassbourg, wittener tage für neue kammermusik. Er hat zahlreiche Preise erhalten, etwa das Staatsstipendium für Komposition 2005/07 und den Ernst Krenek Preis 2012. Jüngstes Werk ist die eben erschienene Vinyl „Take Death“!

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2014 /// kultur /// cornelia rainer

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Sehnsucht nach Theater TEXT: DANIELA INGRUBER /// FOTOS: MICHAEL B. EGGER

Fragt man Cornelia Rainer, was sie am Theater liebe, antwortet sie, dass jedes Theaterstück auch ein Stück Lebenserfahrung darstelle. „Natürlich faszinieren mich zudem die Verwandlung, die Fiktion, auch die Unvorhersehbarkeit von Situationen und die Möglichkeit einzugreifen.“ Gleichzeitig, so erzählt sie weiter, gehe es im Theater immer um den Moment an sich sowie um die Vergänglichkeit„. Genau darin sei das Theater dem Film noch immer überlegen: in der Nichtperfektion. “Wenn ich statt einer Kameralinse direkten Zugang zu den Körpern auf der Bühne habe, sie rieche, höre, sehe – das ist eine unmittelbare Begegnung, die immer gültig sein wird.“ Kein Wunder, dass die Regisseurin im Gespräch sehr schnell vom Theater zum Leben übergeht und immer wieder zwischen diesen beiden changiert. „Welche Vorstellungen man sich vom Leben auch macht, es ist alles nur ein Gedankenkonstrukt.“ Theater eben. Theatergeschichten. Und genau das, Geschichten erzählen, Menschen berühren, sieht sie als ihre Aufgabe. Vielleicht würde man solch eine Aussage von einer Theaterregisseurin erwarten, doch wenn Cornelia Rainer davon spricht, spürt man darin mehr als eine leere Anmerkung. Die Berührung, die sie meint, soll tiefer gehen, etwas hinterlassen.

Nein, das soll nicht heißen, dass sie sich als politische Regisseurin empfinde: „Politik macht man auch im Kleinen,“ etwa wenn sie Kinder aus verschiedenen Wiener Gemeindebezirken auf die Bühne holt, wie in ihrem Stück I WANNA BE (MADE), das auf ihren Beobachtungen und Interviews an der Peking Oper-Schule in Taipeh basiert. Sie war dort Gaststudentin. Für die Inszenierung am Dschungel Wien – Theaterhaus für junges Publikum im Jahr 2012 ließ Cornelia Rainer eine Peking OperDarstellerin aus Frankreich einfliegen. „Ihrer Disziplin und anerzogenen Härte habe ich die Träume von Wiener Kindern gegenübergestellt, die kaum die Möglichkeit haben, diese zu verwirklichen.“ Ihr Engagement für sozialkritische Themen betrachtet die Regisseurin als selbstverständlich, alles andere wäre verantwortungslos, sagt sie. Präzision und Magie Ihre Theaterstücke schreibt sie großteils selbst. Manchmal dient eine Vorlage anderer Autoren, etwa Büchner oder Shakespeare, als Ausgangspunkt, dann wieder ist es eine Beobachtung. Gerade Letzteres zeichnet Cornelia Rainer aus. Die Figuren wirken ebenso reflektiert wie ihre Geschichten. Sie nimmt sich Zeit zum Hinschauen. Das wird auch im Gespräch deutlich, etwa wenn sie vom Workshop


2014 /// kultur /// cornelia rainer

erzählt, den sie Mitte August im Zuge von „Spielfeld Kultur Osttirol“ gehalten hat. Die jungen TeilnehmerInnen haben sie sichtlich beeindruckt. Wenn Cornelia Rainer mit nicht-professionellen DarstellerInnen, insbesondere Kindern, arbeitet, tut sie das vorsichtig. „Man muss sehr behutsam mit ihnen umgehen und genau wissen, was man erzählen möchte, kann und darf.“ 96

Liebevoll nennt sie sie „Spezialisten des Alltags“, ein Begriff, den sie vom Theaterkollektiv Rimini Projekt entlehnt. Kinder spielen in ihrer Arbeit eine beständige Rolle, in ihren Inszenierungen und Workshops. Doch auch eine Beratungsfunktion gibt sie den Kindern. Sie vertraut auf ihr Urteil. Wenn sie im Interview sagt, dass man das junge Publikum ernst nehmen müsse, dann wird an diesem Punkt deutlich, wie konkret sie das meint: „Ich hole mir Kinder zu den Hauptproben, wähle ein paar Szenen aus und lasse mir sagen, wie sie das finden. Sie sind sehr ehrliche Zuschauer“, insbesondere, weil sie im Moment leben und ganz und gar präsent sind. Wenn Cornelia Rainer von Präsenz spricht, darf man das wörtlich nehmen. Ihre Inszenierungen gelten als präzise, minutiös geplant und doch offen genug, um dem Theater seine Magie zu lassen. Die Figuren erreichen damit eine Unmittelbarkeit, die die Regisseurin trotz aller eleganten Unaufdringlichkeit auch selbst ausstrahlt.

Absolute Leerstelle Der Respekt, mit dem sie den Themen ebenso wie den Menschen begegnet, wird in jeder Inszenierung sichtbar. So wirkt Armut auf ihrer Bühne nicht plakativ oder bloß szenisch, es ist eine Armut, die im Zuschauerraum Kälte verbreitet. Sie erarbeitet und lebt ein Theater, das seine Ästhetik nicht zur Ablenkung nützt. Inhalt und Form bilden eine Einheit. Die Liste der Theater, an denen sie bisher inszenierte, ist lang, bunt und international. In ihre Heimat kommt sie immer wieder, um ihre Eltern zu besuchen. Erinnerungen an die Schulzeit? „Lienz und Theater, da fällt mir ein: Sehnsucht nach Theater! Absolute Leerstelle. Ein Kolpingsaal, übler Geruch – falls man das sagen darf. Eine Nichtmöglichkeit.“ Bühnenerfahrung sammelte sie im Orchester und in Gesangsensembles. „Das Theater in seiner rituellen Dimension habe ich bei Prozessionen und in der Kirche erfahren.“ Die Musik ist ihr geblieben. Ihr kommt in Rainers Inszenierungen besondere Bedeutung zu, keineswegs Beiwerk sondern motivgebend. Als Musikerin (Gesang und Bandoneon) ist sie bei Franui tätig, als Gastmusikerin, wie sie betont. Keine Abgrenzung, doch eine klare Linie zwischen dem, was der Hauptweg ist, die Regiearbeit, und dem, was sonst noch in das berufliche Leben spielt. Die Wege scheinen sich immer wieder zu kreuzen, absichtlich und gerne,

zumal ihre Geschwister bei Franui spielen. So ist es 2008 bei ihrer Inszenierung für die Bregenzer Festspiele passiert, dass Cornelia Rainer mit all ihren Geschwistern gemeinsam auf der Bühne stand. Wie sie Theaterregisseurin wurde? Sie zog das Schreiben immer dem Spielen vor. Der Schritt zur Regie hatte auch etwas Symbolisches, zumindest in der Erinnerung, erzählt sie: „Den Entschluss habe ich in Paris gefasst. Ich war mit ein paar Studenten der Nouvelle Sorbonne bei einer Probe von Peter Brook im Bouffe du Nord. Ganz kurz saß Peter Brook neben mir, schrieb etwas in sein Regiebuch. Wie im Affekt drückte er mir das Heft in die Hand. Damals war mir die Bedeutung der Geste nicht bewusst, rückblickend erscheint mir dieser Moment wie eine innere Aufforderung, meiner bis dahin eher heimlichen Leidenschaft für das Theater nachzugehen und den Mut zu fassen, Regisseurin zu werden.“ Inzwischen hat Cornelia Rainer ihre eigene Theatercompagnie, Theater Montagnes Russes nennt sie die Gruppe, „Achterbahn“, für die sie projektweise Interpreten aus unterschiedlichen künstlerischen Bereichen zusammenführt. Den Namen leitet sie vom Bühnenbild ihrer Inszenierung Jakob Michael Reinhold Lenz bei den Salzburger Festspielen 2012 ab. Es war eine Achterbahn. Das Bühnenbild besitzt sie noch. Und wieder: das Leben, eine Theatergeschichte.


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Daniela Ingruber

Cornelia Rainer

Geboren 1966 in Lienz, ist Kriegsforscherin mit den Schwerpunkten Kriegsberichterstattung, ethischer Journalismus, Kriegsfotografie und -film an der University for Peace (UPEACE) der UNO in Costa Rica, wo sie das Master-Programm für Medien und Konfliktforschung leitet. Zudem ist sie als Mitarbeiterin der Diagonale (Festival des Österreichischen Films) sowie als freie Autorin, Moderatorin und dramaturgische Beraterin im Filmbereich tätig.

Geboren 1982 in Lienz, studiert Theaterwissenschaft in Wien, Regie und Dramaturgie an der Sorbonne Nouvelle und an der Université Saint Denis in Paris sowie klassischen Sologesang, ebenfalls in Paris. Als Gaststudentin kommt sie nach Taiwan, als Stipendiatin zum Festival Avignon. Erste Regiehospitanzen führen sie zu den Tiroler Festspielen Erl, zurück nach Paris und an das Thalia Theater Hamburg. 2005–2009 ist sie als

Regieassistentin am Burgtheater tätig, wo sie ihre ersten Inszenierungen auf die Bühne bringt. Es folgen zahlreiche Engagements im In- und Ausland. 2012 gründet sie ihre eigene Theatergruppe, die Montagnes Russe. Am 10. September 2014 wurde sie vom Bundeskanzleramt mit dem Outstanding Artist Award – Darstellende Kunst – ausgezeichnet. www.theatermontagnesrusses.at


2014 /// kultur /// raum für kunst

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1956 stellte der „Akademische Künstlerbund Osttirol“ erstmals in der Spitalskirche in Lienz aus – Franz Walchegger und Leopold Ganzer (rechts) unterhalten sich angeregt mit einer Besucherin. Foto: Privat/ Archiv Eleonora Bliem-Scolari


Text: Eleonora Bliem-Scolari

Eine Stadt – Raum für Kunst? Vor 50 Jahren wurde die Städtische Galerie in Lienz eröffnet, 40 Jahre später wurde sie wieder geschlossen. Grund genug für einen Rückblick von Kunsthistorikerin Eleonora Bliem-Scolari.

„Der Versuch, ein Kunstleben in einer Zeit zu erzeugen, in der die inneren Bedingungen zu einem solchen nicht vorhanden sind, muss aber nicht nur da misslingen, wo es sich um die künstlerische Produktion selbst handelt, sondern auch da, wo es gilt, die Menschen aus ihrer Gleichgültigkeit für künstlerische Interessen zu erneuter und erhöhter Teilnahme an denselben zu erwecken.“ (Conrad Fiedler, Über Kunstinteressen und deren Förderung, 1879) Er zählt zu jenem unverzichtbaren Teil im Gefüge des kulturellen Zusammenlebens, der uns den wechselseitigen Austausch mit Menschen, mit denen wir mehr oder weniger vertraut oder die uns gänzlich fremd sind, so spannend und berührend lebenswerter macht – nämlich der intellektuelle, kunstinduzierte Diskurs. Die bildende Kunst, die Literatur, die Architektur und die Musik sind Part des evolutionären Gedächtnisses, deren Formierungen unsere Denkprozesse und unser Handeln erweiternd beeinflussen – und in der Tat kann sich niemand wirklich davon befreien und diesen Zugang definitiv unterbinden. Die eigentliche Herausforderung besteht darin – und das unabhängig von dem Umstand, welcher Generationensituation man sich zugeordnet wähnt oder welche ökonomischen Parameter den Lebensbereich einfassen – entweder selbst initiative Zeichen in diese Richtung zu setzen und zu fördern, daran teilzuhaben oder

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2014 /// kultur /// raum für kunst

Leopold Ganzer (1929-2008): Uferspiegelung 1964, 56,5 x 56,6 cm, Öl auf Hartfaserplatte, Privatbesitz Foto: Eleonora Bliem-Scolari

Wer schreibt den besten Weihnachtstext?

Künstler aus Russland in der Städtischen Galerie Lienz im Gespräch mit Gemeinderat Josef Wurzer (September 1975) Foto: Alois Baptist/TAP

sie zumindest offensiv zuzulassen. In diesem Sinn bedeutet jener geschaffene Raum für Kunst gleichzeitig auch, Spielraum für eine nicht zu unterschätzende, erweiterte Lebensqualität für alle zu werden. Die urbane Kleinteiligkeit und die soziale Strukturenvielfalt entscheiden einerseits über das essentielle Flair einer Stadt, aber andererseits bedarf es gleichermaßen der geistigen Öffnung der Gesellschaft, der Thematik Kunst gegenüber. Wirtschaftliche Ausnahmesituationen sind jedenfalls kein ausreichender argumentativer Vorwand, um Ideelles zu verweigern. Immerhin spiegelt der Kunstraum einer

Gesellschaft ihre ideologische Gesinnung bzw. ihre Denkfreiheit wider. Mag es an buntes Fabulieren erinnern, aber das eigentliche initiative Kunstgeschehen mit einem Hauch kosmopoliter Weitsichtigkeit begann in Lienz, als neuralgischer Punkt in der Abgeschiedenheit des Bezirkes, bereits vor beinahe sieben Jahrzehnten. Unmittelbar nach den Kriegsjahren fanden die ersten formierten Kunstausstellungen mit angedachtem Vereinscharakter im Gartensaal des Gasthofes „Zur Rose“ statt, wo zeitgenössische Kunstschaffende und Kunsthandwerker gemeinsam nach einem Leitbild für ihr Publikum suchten. Besonders interessant und medial diskutiert wurden außerdem die so genannten „Krippenausstellungen“ im Heimatmuseum Schloss Bruck, die auf Initiative von Kustos Franz Kollreider regelmäßig stattfanden und neben der Neuaufstellung des musealen Werksbestandes nicht unerheblich von sammelorientierten Kunstankäufen von Privaten, der Stadt Lienz und des Landes begleitet waren. Jedenfalls galt es von Seiten der politisch Verantwortlichen, den Kunstschaffenden des Bezirkes jene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie in deren Intentionen unterstützen bzw. deren Berufsausübung erst gestatten sollte. Wie nostalgisch muss man sein, um diesen Aufbruchsgedanken seinerzeit unpathetisch ins Heute transferieren zu können? Nostalgie ist nicht wirklich nötig, wenn man festhält, dass bereits 1951 der akademische Maler Franz Walchegger


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dringend forderte, sich vereint als Kunstschaffende des Bezirkes zusammenzuschließen, unter anderem auch deshalb, um im sogenannten „Ausland“ – also vorwiegend in den Museums- und Galerienzentren Wien, Klagenfurt oder selbst in Innsbruck – selbstbestimmende Präsenz zu vermitteln. Dass damit der Lebensunterhalt gewährleistet werden sollte, war selbstverständlich. Nach der Gründung des „Künstlerringes Osttirol“ 1951 war

unter den zum Teil akademisch ausgebildeten Mitgliedern, dazu zählten u.a. der Architekt, Bildhauer und Maler Josef Manfreda, die Malerinnen Gertrude Purtscher-Kallab und Elisabeth UnterrainerEck, die beiden Maler Alois Oberlechner und Georg Reitter, die Bildhauer Fausto Verra, Gottfried Fuetsch, Adrian Egger oder eben der Maler Franz Walchegger, die Zufriedenheit endend wollend. In diesem Jahr wurde zwar vom Land Tirol auf

Anordnung des Kunstreferenten im Unterrichtsministerium Gottfried Hohenauer die so genannte 2 Prozent-Klausel gesetzlich akkreditiert, wonach dieser Anteil einer veranschlagten Bausumme für Kunst am Bau anzuwenden sei. Entsprechend der Verordnung konnte so die künstlerische Ausstattung an diversen öffentlichen Einrichtungen und Wohneinheiten im Bezirk gesteigert werden. Damit verbunden war vor allem aber die Akzeptanz


2014 /// kultur /// raum für kunst

Kulturstadtrat Paul Unterweger hält die Laudatio bei einer Werkschau von Franz Lettner 1975 in der Städtischen Galerie. Foto: Alois Baptist/TAP

von Seiten der Bevölkerung Kunstwerken gegenüber und die regelmäßige und wichtige reflektierende Berichterstattung in diversen Printmedien war ebenso selbstverständlicher Teil des Systems.

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In der Kunst ist wohl kaum etwas so unerträglich wie der Stillstand in der Entwicklung aussagekräftiger Sujets, die meistens zum Teil aus ideologisch unterlegten Gesichtspunkten heraus entstanden sind und so oder so Effekte mit Überraschungspotenzial, insbesondere für das Publikum vorbereiten. Nicht von ungefähr drängte die Situation in den 1950erJahren die Künstlerschaft dazu, nach erweiterten Möglichkeiten bezüglich eines nicht minder überregional gültigen Repräsentationskonzeptes zu suchen. Es waren vier Künstler, Josef Manfreda, Adrian Egger, Franz Walchegger und der Akademiestudent Leopold Ganzer, die sich 1956 in beinahe visionärer Zuversicht zum „Akademischen Künstlerbund Osttirol“ zusammenfanden. In der Gründungsausstellung im Herbst 1956, die in der teilweise renovierten Spitalskirche in Lienz stattfand, wurden die Bilder und Plastiken mit mehr oder weniger reaktionärer Erwartungshaltung dem Publikum faktisch vorgeführt – immerhin, die Ausstellung gelangte auch in den Tiroler Kunstpavillon in Innsbruck und wurde mit Bundesankäufen honoriert. „Es war wirklich ein Beginn bei der Stunde Null,

was die Moderne betraf, weil hier unmittelbar die Situation bezüglich bildnerischen Gestaltens der breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt wurde. Die Erfahrung daraus, dass bildnerisches Schaffen aus den zeitgegebenen Einsichten nur dann in der Bevölkerung verankert werden kann, wenn auch die entsprechende Vermittlung gegeben ist.“ (Leopold Ganzer, Mai 2004) Das Heimatmuseum Schloss Bruck, die Spitalskirche, der Iselturm, der Ausstellungsraum in der Handelskammer und diverse Gaststätten waren strukturell betrachtet in Lienz reine Übergangslösungen für die Künstlerinnen und Künstler, deren Bespielung nur im Rahmen eigeninitiativer und selbstkoordinierter Aktivitäten erfolgte. Die Umlandgemeinden existierten in diesem Zusammenhang faktisch nicht. Vielleicht entsprach es der Dynamik in den unmittelbaren Nachkriegsjahrzehnten oder eines ausgeprägten „Revierbewusstseins“ dieser Generation an Kunstschaffenden, jedenfalls wurden in den 1960erJahren in Lienz maßgebliche Impulse im Kunst- und Kulturwesen gesetzt, die im österreichweiten Populationsverhältnis als außerordentlich zu bezeichnen sind. Bereits 1962 unterbreiteten als Arbeitsgruppe die Osttiroler Künstler Franz Walchegger, Leopold Ganzer, Josef Manfreda und neu dabei, der junge Hermann Pedit (der nach seinem Abschluss an der Akademie in Wien in Lienz bereits als

Unternehmer tätig war) Bürgermeister Hubert Huber und dem Gemeinderat ihr Ansinnen, eine Städtische Galerie in Lienz mit regelmäßig wechselnden Ausstellungen zu etablieren. Die planungstechnische Kostenaufstellung für den Bau eines Ausstellungspavillons wurde dabei genauso vorgelegt, wie das organisatorische Prozedere des Galeriebetriebes. Was wäre eine finanzielle Zusage für ein Projekt ohne den Goodwill der Agierenden, die von der Sinnhaftigkeit einer übergreifenden Ausstellungsplattform mit nationalem und internationalem Charakter überzeugt sind und empathisch ihr Ziel verfolgen? Der Kernpunkt der damaligen Ausgangssituation konzentrierte sich nämlich darauf, kein bildungsabgehobenes Nischenprodukt zu schaffen, sondern den für Generationen relevanten Kulturauftrag zu verwirklichen. Der interaktive Austausch zwischen den einzelnen Kunstschaffenden und ihrer Arbeit, deren Publikum und der medialen Rezeption gilt als zivilisatorische Errungenschaft einer kritischen Gesellschaft. Vor 50 Jahren, am 24. Juni 1964 wurde also die Städtische Galerie Lienz mit einer Retrospektive über 50 Jahre Kunstschaffen in Osttirol eröffnet und es folgten sehr bewegte vier Jahrzehnte eines vielfältig konzipierten Ausstellungswesens mit rund 340 Präsentationen, die im Rahmen des Lienzer Kulturreferates organisiert


wurden. Fest steht, dass diese Einheit der Städtischen Galerie Lienz nun seit zehn Jahren nicht mehr existiert. Und welches institutionelle Gefüge begleitet uns heute im Sinn der Kunstvermittlung in Lienz, das der heimischen Künstlerschaft einen interessanten Parcours bieten könnte? Neben den Wechselausstellungen im Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck und dem RLB-Atelier, ferner den Ausstellungsräumen in der Spitalskirche und der Volksbank zählen hier vor allem die Kunstwerkstatt Lienz, die Galerie Gaudens Pedit und die Galerie 9900 zu Orten des regelmäßigen Kunstaustausches, in denen ein sammlungsrelevantes, jeweils spezifisches Galeriekonzept umgesetzt werden kann. „In Begegnungen, Gesprächen, Vorträgen und anderen Medien im Sinne von Inklusion und Barrierefreiheit gilt es nicht nur physische, sondern auch vermittlungs-

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technische und konventionelle Hürden zu beseitigen.“ (Rudolf Ingruber, Leiter der Kunstwerkstatt Lienz, August 2014). Es steht außer Frage: Dieser altruistisch angesetzte Entdeckergeist der 1960erJahre existiert gegenwärtig nicht mehr. Das Galeriewesen der Stadt Lienz wird sich vermutlich in Zukunft gänzlich den kommerziellen Forderungen unterwerfen. Aber, wie zufriedengestellt kann man heute als fordernder und gleichsam konsumorientierter Mensch eigentlich sein, dass man einen Kunstraum weniger akzeptiert? Irgendwie steht der Sinn nach Neuorientierung der Kunstschaffenden selbst im Raum – im Kunstraum – und nach der Formierung einer neuen, mutigen und engagierten Künstlergemeinschaft im Bezirk, die diesem Verblenden ihrer organisierten Repräsentanz initiativ entgegen wirkt – ganz im Sinn der Kunst natürlich.

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Eleonora Bliem-Scolari Kunsthistorikerin

Eleonora Bliem-Scolari wurde in Lienz geboren und studierte Kunstgeschichte und Europäische Ethnologie in Innsbruck. Sie arbeitet als Kuratorin, verfasste zahlreiche Publikationen über zeitgenössische Kunst in Tirol und speziell in Osttirol, darunter eine viel beachtete WalcheggerMonografie. Eleonora Bliem-Scolari lebt und arbeitet als freie Kunsthistorikerin und Autorin in Innsbruck.

2014/15 ienz

ultur L k t d a t S r e d ogramm

Das Kinderpr Do, 25.09. Do, 16.10. Do, 13.11. Do, 18.12. Do, 22.01. Mi, 11.02. 20. – 22.03. Do, 16.04. Do, 21.05.

MS STS KS KS KS KS KS, MS KS KS

Geflötet, gedudelt und gepfiffen, 6+ Kindermusical „Aschenputtel“, 5+ Der Räuber Hotzenplotz, 5+ Herbert & Mimi: Advent, Advent, 4+ Ente, Tod und Tulpe, 6+ Benny Barfuss: Mitmachzirkus, 4+ 9.Figurentheatertage FANTASIMA, 4+ König & König, 6+ Wie Pettersson zu Findus kam, 5+

MS=Musikschule, KS = Kolpingsaal, STS = Stadtsaal, Einzeleintritt € 6,00, Ki-Ku Pass für alle Veranstaltung € 55,00 (inkl. FANTASIMA), KiKu-Karten 10er € 50,00, 20er € 80,00. Info und Reservierung 04852/600-519 und www.stadtkultur.at


2014 /// sport /// free solo

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FREE SOLO FOTOS: EXPA / HANS GRODER


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David Lama ist ein Ausnahmekönner. Das wussten alle, die mit dem Klettern irgendwie zu tun haben, schon vor dem ersten „Free Solo Masters“ auf dem Lienzer Hauptplatz. Als die Premiere dieses spektakulären Kletterevents dann am 13. September vor tausenden Zusehern und bei leichtem Regen über die Bühne ging, bewies der Meister aus Nordtirol einmal mehr seine Extraklasse. Er war der einzige, der die Glocke an der Spitze der fast 18 Meter hohen Kletterwand zum Klingen brachte. Wie ein Gecko stieg Lama außer Konkurrenz die 7c+ Route empor, die er selbst gemeinsam mit Kletterpartner Peter „Luner“ Ortner entwickelt und „gesteckt“ hatte. Kein anderer im hochkarätigen Teilnehmerfeld schaffte es bis ins obere Drittel der künstlichen Wand, die künftig auch außerhalb der Dolomitenstadt für Furore sorgen könnte. Noch überlegen die Organisatoren rund um

Werner Frömel, ob das „Free Solo Masters“ als transportables Werbe- und Eventformat durch die europäischen Metropolen ziehen oder im Rahmen des Kletterverbandes als sportliche Disziplin weiter entwickelt werden soll. Potenzial

hat die Show, vor allem auch wegen ihrer Bühne, die in den Werkstätten des ActionSpezialisten Walter Pondorfer in Dölsach zusammengebaut wurde. Die selektiv und flexibel zu bestückende Wand kann mit einem Kleinlaster transportiert werden


2014 /// sport /// free solo

106 Foto: Free Solo / Dominik Angerer

und ist in einer Stunde einsatzbereit. Das eröffnet eine ganze Reihe von Möglichkeiten, zumal die Profis, die in Lienz bei der Premiere agierten, allesamt von dem Projekt überzeugt sind. Das „Free Solo Masters“ bringt zwei verwandte KlettererCommunities auf eine Wand – die alpinen Freikletterer und das bunte Völkchen der Boulderer. Beide hatten ihren Spaß am Durchsteigen der von Peter Ortner ausgetüftelten Megawand. Sie agieren bei diesem Unterfangen ungesichert. Am Fuß des künstlichen Felsens wartet ein

Mega-Airbag auf die wie Fallobst herunterpatzenden Sportler. Vielleicht lag es auch an diesem Spaßfaktor, dass außer Lama in Lienz niemand auch nur in die Nähe des „Gipfels“ kam. Für die Zuschauer war das Ereignis dennoch eine Riesenshow. Am Ende setzten sich bekannte Namen durch, an der Spitze der Axamer Roland Pingerra, der sich über Qualifikation und Halbfinale bis zum Finale immer weiter steigerte. Zweiter wurde der österreichische Speedmeister Andreas Aufschnaiter vor Christian Feistmantl. Bei den Damen gab's einen Favoritensieg durch Lisi Steurer, die ihre starken Osttiroler Mitbewerberinnen Maria Ranacher aus Matrei und Helga Defregger aus Iselsberg auf Distanz halten konnte. DOLOMITENSTADT war mit einem Film- und Fotografenteam an und auf der Wand, um die Premiere zu dokumentieren.

So sieht es aus, wenn Peter Ortner gemütlich abhängt und sich Helga Defregger fallen lässt. Rechts: In einer Stunde steht die Wand.

QR Code scannen oder einfach Link zum Video eintippen! dolomitenstadt.at/12/freesolo


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Foto: Michael B. Egger


2014 /// szene/lifestyle /// verena springt

VERENA SPRINGT FOTOS: EXPA / HANS GRODER

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Verena Meilinger hat bei der Verlosung eines Tandem-Fallschirmsprunges auf der DOLOMITENSTADT Facebook-Seite mitgemacht – und gewonnen. Also kletterte die Konditorin in ein Flugzeug und lief in 4.000 Metern Höhe in Richtung Ausgang.

Angefangen hat alles damit, dass uns ein paar sehr sympathische Jungs vom 1. Kärntner Fallschirmspringerclub gefragt haben, ob wir ihren „Pink Boogie“ nicht ein wenig auf unserer Website bewerben könnten. Pink Boogie nennen Fallschirmspringer ein Gruppenevent, bei dem alle ihren Spaß haben und aus einer Art fliegender Tonne springen, die sich „Skyvan“ nennt und schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Meist sind diese Flieger pink, immer irgendwie originell angepinselt und auf jeden Fall perfekt für den freien Fall, weil sie einen ganzen Haufen Springer hinten durch die Ladeluke ausspucken können. So einen fliegenden Bus zu mieten kostet eine Kleinigkeit und das finanzieren sich die Clubs mit Tandemsprüngen für Leute, die einmal im Leben etwas Verrücktes machen möchten und glauben, dass die Freiheit über den Wolken grenzenlos ist. Wir haben mit den

Springern aus Kärnten also einen Deal gemacht und Werbung auf dolomitenstadt.at gegen einen kostenlosen Tandemsprung getauscht. Diesen Sprung haben wir unter unseren Leserinnen und Lesern verlost in der Annahme, dass sich dafür vielleicht 20 Leute bewerben. In 4.000 Metern Höhe aus einem Flugzeug springen? Das ist ein Minderheitenprogramm, dachten wir. Weit gefehlt. Innerhalb weniger Tage meldeten sich nicht weniger als 184 Leute und wir hatten die Qual der Wahl. Das Los fiel schließlich auf die Konditorin Verena Meilinger, die in Ainet lebt und in Lienz arbeitet. Verena hat sich gefreut – aber ein bisschen mulmig war ihr auch. Das konnten wir spüren. Zum verständlichen Muffensausen kam dann auch noch nervenzerfetzendes Warten. Es regnete nämlich an beiden programmierten Tagen, nur selten riss die Wolkendecke


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Die „Skyvan“ hat eine große Klappe. Wenn sie aufgeht, heißt es springen. Verena weiß, wie sich das anfühlt.

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2014 /// szene/lifestyle /// verena springt

Ist der Schirm einmal offen, beginnt die entspannte Phase – Verena und Roland schweben in Nikolsdorf ein.

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auf und öffnete ein Zeitfensterchen für die Springer. Der ganze Samstag, als Sprungtag geplant, war Fehlanzeige. Frust im Springerlager breitete sich aus. Dann, Sonntagfrüh, gab es plötzlich einen Rundruf aus Nikolsdorf. Es geht los! Verena mit Freund und Familie, mehrere Dutzend Einzel- und Tandemspringer, das DOLOMITENSTADT-Team mit Film- und Fotoreportern – alle machten sich in kürzester Zeit startklar und für unsere mutige Springerin blieb in diesen Minuten kaum noch Zeit, über ihr künftiges Schicksal nachzudenken. Verena lernte noch schnell ein paar Regeln für Fallschirmspringer, stieg mit ihrem „Tandemmeister“ Roland in die Skyvan, flog auf und davon und fiel wenig später vor unser aller Augen wieder vom Himmel! Das Video von diesem Sprung gibt es auf dolomitenstadt.at.

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2014 /// szene/lifestyle /// trachtenmode

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FOTOS: MIRIAM RANEBURGER

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Von allen Outfits, die man sich zulegen kann, trennt sich bei der Tracht am deutlichsten die Spreu vom Weizen. Wer diesen Stil nicht nur anzieht, sondern lebt, der legt auch Wert auf gute Stoffe, Verarbeitungsqualität und den ganz besonderen „Pfiff“, den nur die guten Manufakturen hinkriegen. Bei Krismer Trachtenmode in Lienz gibt es ausschließlich diese Qualität. Inge Krismer und ihr Team leben für die Tracht und alles, was zu diesem Lebensstil gehört. Da trifft es sich gut, dass eine Tür weiter im Geschäft von Tina Wallensteiner bei Wassermann eine Menge schöner Dinge für ein gediegenes Landleben zu finden sind, zum Beispiel wunderschönes Geschirr. Und so haben wir in der Rosengasse das Outfit und das „Drumherum“ besorgt und uns mit Fotografin Miriam Raneburger auf den Weg zu einer perfekten Location für ein Trachtenshooting gemacht: in die Schaubrennerei beim Obsthof von Friedl Webhofer in Gaimberg.


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2014 /// szene/lifestyle /// trachtenmode

Das ist Sandrina ... ...sie arbeitet bei Krismer Trachtenmode und wir finden, sie ist auch ein tolles Model für Trachtiges! Ihr kurzes Seidendirndl von Gössl hat einen Münchner Ausschnitt. In den Leib aus Seidenjacquard – mit handgearbeitetem Hexenstich und Lampasse – sind Miederstäbe eingearbeitet. Sie sorgen für perfekte Passform und eine schlanke Silhouette. Der Kellerfaltenrock ist aus Shantungseide. Bei der Anprobe gab es auch eine Kostprobe: feine Schnäpse von Webhofer. Das passt zusammen.

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Schneidig! Hans ist ein Trachtentyp ... ... kernig und gut aussehend. Er trägt Sakko und Gilet aus der „Heiligenblut“-Kollektion der edlen „Alpe Adria Manufaktur Strohmaier“, darunter ein Arido-Hemd, dazu eine Hose aus Ziegenleder von MADDOX Country. Die Haferlschuhe von dirndl+bua sind eine Großaufnahme wert. Sie sind aus robustem Paniolo-Rindsleder im „Used Look“. Das ist ein Auftritt! MEHR

Krismer Trachtenmode, Rosengasse, Lienz www.krismer-trachtenmode.at


2014 /// szene/lifestyle /// trachtenmode

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Alltagstauglich, aber nicht alltäglich ... ... ist dieses lässige Trachtenoutfit von Sandrina! Sie trägt über der Bluse von Arido ein wärmendes Gilet und eine modisch geschnittene Trachtenjacke von Alpe Adria. Die herrlich weiche Lederhose hat MADDOX geschneidert und die Schuhe – die sind ein Hingucker, lässig, rote Trachten-Sneaker von Krüger, liebevoll verarbeitet, mit Glitzersteinen auf der Vorderkappe. Ein „Must-have“ für jedes Madl.


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Ein klasser Bursch ... ... ist nicht nur fesch in seinem KrügerHemd samt Giesswein-Janker, er hat auch perfekte Tischmanieren. So wie Hans. Zu seinem Outfit passt der traditionelle Gmundner „Hirsch“ – feinstes Keramikgeschirr, für Gastgeber, die Wild auch einmal wild servieren möchten. Die Kollektion ist frei kombinierbar mit anderen Gmundner Dekoren, perfekt für Individualisten mit Sinn für das Besondere. Den „Hirsch“ gibt es in rustikalem Grün, edlem Grau und wildem Rot bei Wassermann. MEHR

Wassermann, Rosengasse, Lienz


2014 /// szene/lifestyle /// trachtenmode

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Richtig gut angezogen ist Hans ... ... mit dieser perfekt abgestimmten Kombination. Unter dem Ledersakko von MADDOX trägt er ein gelbes Gilet der angesehenen Trachtenmanufaktur Grasegger. Zum edlen Landleben passen auch der feine Apfelessig von Webhofer (unten links) und die bezaubernde, weißblaue Heise-Keramik, die es bei Wassermann in der Lienzer Rosengasse gibt. MEHR

Obsthof Webhofer, Gaimberg – www.obsthof-webhofer.at


Schöne Dinge Ein echter Hingucker ... ... ist das Dekolleté von Sandrina, ein schlicht gehaltener, sogenannter „Münchner Ausschnitt“, stilprägend für dieses Monarchie-Dirndl von Gössl. Es ist im Leib aus rohem Leinen gearbeitet, der Rock ist aus historisch bedruckter Baumwolle, die gesamte Seitennaht mit Ripsband und Zierstich veredelt. Tolles Detail: Die Perlmuttknöpfe wurden liebevoll mit Hahnenfuß angenäht. Kult aus Kärnten ... ... sind Georg Simas Taschen, die nicht nur von Anja Kruse und vielen Volksmusikstars getragen werden. Simas Taschen, Gürtel, Handybags und lederüberzogenen Flachmänner werden weltweit vertrieben und aus echtem antiken Leder in aufwändiger Handarbeit in Spittal a.d. Drau gefertigt. Wäre der gelernte Schuster sprichwörtlich „bei seinem Leisten“ geblieben, müssten Hansi Hinterseer, Arnold Schwarzenegger und die Fußballer von Bayern München ohne ihre bestickten Trachtengürtel auskommen. Wie das Foto im Webhofer-Stadel beweist, passt die rote Stola aus reiner Wolle super zu den rustikalen Taschen. All das gibt es bei Krismer in der Rosengasse in Lienz. MEHR

Krismer Trachtenmode, Rosengasse, Lienz – www.krismer-trachtenmode.at

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2014 /// szene/lifestyle /// herbstmode

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Zwerge im Wald


Der schönste Spielplatz ... ... im Herbst ist der Wald. Da tummeln sich im bunten Laub lustige kleine Zwerge, die deshalb so gut gelaunt sind, weil ihre flauschigen Sweater, Pullover, Hosen und Jacken schön warm halten und sich wunderbar weich anfühlen. Zwerge sind nur im Märchen manchmal eitel, in Wirklichkeit natürlich nicht. Aber hübsch sind sie alle gern! Ihre Outfits stammen aus einem Geschäft namens Litte Z. Das Z steht nicht für Zwerg, sondern für Zanon. Wo ist das Litte Z.? Natürlich in der Zwergergasse, wo denn sonst? Sich verstecken ... ... macht Spaß und gefunden werden auch. schließlich sollen alle sehen, wie gut unsere Zwerge Elijah und Luanne in ihren superbequemen Outdoor-Outfits von Replay und Lui Jo ausschauen. Bei Litte Z. gibt es all das und vieles mehr für Kinder und Jugendliche von 0-12.

MEHR

Little Z., Zwergergasse, Lienz www.zanonsports.com


2014 /// szene/lifestyle /// herbstmode

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Hauptsache Spaß, beim Spielen und beim Shoppen! Celine (unten links) ist schon eine junge Dame und ein echtes Model, mit ihrer ultraschicken Jacke von Replay & Sons und dem Shirt von Liu Jo. Marie (oben), Elijah und seiner Feundin Luanne sind Labels egal. Sie wollen Spaß haben und den garantieren die Outfits von Liu Jo schon beim Einkaufen. Das Litte Z. in der Zwergergasse ist nämlich ein richtig gemütliches Kindergeschäft!


Vor den Vorhang ...

... holen wir nach den kleinen Waldzwergen jetzt auch die groĂ&#x;en Trendsetter im Urban Style, die bezaubernde Alex und ihren Begleiter Philipp, der sich gemeinsam mit ihr bei Zanon eingekleidet hat. Ihr toller Schal und seine Jeans sind von Replay, Philipps Pulli und Jacke sind von samsoe, ebenso der Mantel und die Shorts von Alex. Und die Tasche? Dieses unverzichtbare Accessoire stammt von Roxy. All das und weitere exklusive Brands hat Chris Zanon in seinem Shop in der Zwergergasse fĂźr die Trendsetter der Dolomitenstadt zusammengetragen. Eine Pflichtadresse beim Einkauf der Herbstgarderobe. MEHR

Zanon Sports, Zwergergasse, Lienz www.zanonsports.com

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2014 /// szene/lifestyle /// herbstmode

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Young and beautiful ... ... setzen wir Sarah und Felix in der aktuellen Herbstkollektion von United Colors of Benetton in Szene. Sarah trägt einen kuscheligen Maxi-Cardigan über der luftigen Bluse und einen schwarzen Mini-Hosenrock aus Stretchkunstleder. Zum gefütterten Mantel von Felix – mit Reverskragen und Paspeltaschen – passen perfekt der warme Schal aus wollenem Tuch, ein Hemd aus Baumwollpopeline und die 5-Pocket-Jeans von Benetton. Die Outfits im Hintergrund sind aus Neopren und hängen im Adventurepark in Ainet. MEHR

United Colors of Benetton, Johannesplatz, Lienz – www.benetton.com

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2014 /// szene/lifestyle /// herbstmode

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Es ist Herbst in der Dolomitenstadt ... ...und da kann einem schon ein raues Lüftchen um die Nase pfeifen. Sarah hat deshalb einen Jacquard-Mantel mit Schmuckknopf, einen sehr modischen Schal mit floralem Muster und einen Spitzenpullover angezogen. Herbstlich warm ist auch ihr langer Rock aus Georgette – mit Unterrock und Gummizugbund aus grob geripptem Stoff! Alle Teile sind von United Colors of Benetton in Lienz, natürlich auch das Outfit von Felix, eine slim-fit geschneiderte Jacke aus Baumwolle, gefüttert und durchgefärbt im Indigoblau-Look, mit Reverskragen und aufgesetzten Taschen. An den Füßen ... ... tragen unsere Models Schuhmode von Benetton. Schlicht und doch ultrastylish sind die Pumps, zu denen perfekt eine schwarze Minibag passt. Felix trägt halbhohe Boots. MEHR

United Colors of Benetton, Johannesplatz, Lienz – www.benetton.com


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2014 /// szene/lifestyle /// rückblick

rückblick

Die Ballsaison hat begonnen. Bilder, Videos und Reportagen über die wichtigsten Events und Parties dieses Herbstes gibt es aktuell auf www.dolomitenstadt.at

Fotos: Florian Wiedemayr

Eine Show wie im „Big Apple“ In der Lienzer Tennishalle stieg der Maturaball des BG/ BRG Lienz. Motto „Big Apple – Wir haben uns durchgebissen“. Von der Deko bis zu den Showeinlagen drehte sich alles um New York. Wie auf den Bildern von Marco Leiter und Julian Kollreider zu sehen, gab es eine tolle Show, jede Menge „Beautiful People“ und Party bis tief in die Nacht.

Fotos: Julian Kollreider

13.09.2014

GYMBALL 2014


Fotos: Marco Leiter


Stadtbücherei - Foto: Tobias Tschurtschenthaler

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PROGRAMM

SPORT 15. DRAULAUF ABFALTERSBACH

27.09.2014 | 15:00 | ABFALTERSBACH Der Geländelauf ist Teil des Raiffeisen Läufercups 2014. Veranstalter Sportunion. Start bei der Hauptschule. Mehr Info: sportunion.abfaltersbach.at

2. AUSTRIA SKITOURENFESTIVAL

05.-08.12.2014 | AB 16:00 | LIENZ Produktmesse, Sportmodenschau, Infoveranstaltungen, Sicherheitskurse, Party, geführte Skitourensafari durch Osttirol. Publikumsevent auf dem Hochstein. Mehr Info: www.dolomitensport.at

11. TRATTENBERG TROPHY 2014

28.09.2014 | 10:00 | NIKOLSDORF Klassischer MTB-Bewerb. Am Start auch E-Biker, Läufer und Walker. Organisiert von der Sportunion. Mehr Info: www.nikolsdorf.at

26. PUSTERTALER HERBSTLAUF

12.10.2014 | 11:00 | LEISACH Schlussbewerb der Raiffeisen Läufercups 2014, flacher Rundkurs im Sportplatzbereich. Anschließend, ab 16 Uhr, Siegerehrung der Volkslaufserie im Kolpingsaal Lienz. Mehr Info: www.union-lienz.at

LEBEN NAGO-BESTIMMUNGSABEND UND NATUR-QUIZ

01.10.2014 | 19.30 | STADTBÜCHEREI LIENZ Besucher können Fotos unbekannter Tier- und Pflanzenarten mitbringen und von Experten der NAGO bestimmen lassen. Leitung: Oliver Stöhr Mehr Info: www.nago.or.at

ERNTEDANK & SUPPENFEST

05.10.2014 | 09:30 | KALS AM GROSSGLOCKNER Losverkauf anlässlich des Widderopfers am Kirchplatz, Hl. Messe in der Pfarrkirche St. Rupert, Konzert der Trachtenmusikkapelle Kals. Konzerte der Kalser Stubenfliegen und Großglocknerkapelle Kals. Mehr Info: www.kals.at

APFELFEST BEIM KUENZ-HOF

05.10.2014 | 11:00 | DÖLSACH Gebratenes, Gebackenes, Hochprozentiges, Frühschoppen mit den „Oberleibnigern“, Betriebsführung, Kinderprogramm bis 17 Uhr. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

25. AQUARIENAUSSTELLUNG

11.-12.10.2014 | 10:00 | VOLKSHAUS LIENZ Jubiläumsveranstaltung des Aquarienvereins Lienz für Groß und Klein. Bis jeweils 17 Uhr


PROGRAMM

BIS NOVEMBER 2014

werden Zierfische, Wasserpflanzen und Aquarien gezeigt. Gewinnspiel und Malwettbewerb.

Untersuchungen, die auch im Nationalpark Hohe Tauern stattfinden, nach.

Mehr Info: www.aquarienausstellung-lienz.at

Mehr Info: www.nago.or.at

DIE DOLOMITENFRONT IM (LICHT) BILD

TIROL UND DER ERSTE WELTKRIEG

16.10.2014 | 20:00 | BILDUNGSHAUS OSTTIROL Vortrag mit Lichtbildern - Streifzug durch die Bestände des Tiroler Archivs für photographische Dokumentation und Kunst (TAP) zum Ersten Weltkrieg. Referent Dr. Martin Kofler.

06.11.2014 | 19:00 | BILDUNGSHAUS OSTTIROL Die Schüsse auf Erzherzog Franz Ferdinand lösten einen Weltkrieg aus. Man dachte an einen schnellen Sieg, der „große Krieg“ führte aber zum Untergang der Monarchien … Vortrag von Dr. Rolf Steininger (Historiker).

Mehr Info: www.bildungshaus.info

Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

„WARUM GERADE DU?“ DURCH DIE TRAUER DEM LEBEN BEGEGNEN 20.10.2014 | 20:00 | MATREI Lesung und Gespräch mit Bestsellerautorin Barbara Pachl-Eberhart im Pfarrsaal. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

URSULAMARKT

21.10.2014 | 09:00 | MATREI Der „Urschnmorkt“, so nennen ihn die Matreier, ist ein typischer Krämermarkt, der sich über den ganzen Hintermarkt verteilt.

KULTUR THEATER - „DIE EMMA ISCH KEMM“

NEWCOMER NIGHT 2014

27.09.2014 | 20:00 | SILLIAN Zum 4. Mal organisiert der Sillianer Kultur- und Freizeitverein „dieHitte“ dieses Event mit Kultcharakter und präsentiert „Lacustic“, „The Lying Facts“ und als Headliner des Abends „Frozen Rain“ . Mehr Info: www.diehitte.at

WELCHE WONNE, WELCHE LUST

27.09.2014 | 20:00 | LANDESMUSIKSCHULE Bernhard Böhm (Traversflöte) und Jürgen Ruck (Biedermeier-Gitarre) spielen in Lienz Werke von Wolfgang Amadeus Mozart. Mehr Info: www.stadtkultur.at

KLAVIERKONZERT - GIORGI LATSO

26.09.2014 | 20:00 | KALS Die Volksbühne Kals lädt zum Lustspiel in drei Akten von Fred Bosch in den JohannStüdl-Saal. Weitere Aufführungstermine: 09./22.10.2014

03.10.2014 | 20:00 | SPITALSKIRCHE LIENZ Der Klaviervirtuose spielt Werke von Mozart, Chopin, Schubert und Liszt, teilweise vierhändig mit seiner Frau, der Pianistin Anna Fedorova.

Mehr Info: www.kals.at

Mehr Info: www.stadtkultur.at

Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

„DAS FLÜCHTLINGSLAGER IN DER PEGGETZ 1945-46“ ODER „SLOWENEN IN OSTTIROL“

22.10.2014 | 19:30 | LLA LIENZ Powerpoint-Präsentation von Magdalena Starman und Johanna Kronawetter. Einem einzigen Dachbodenfund sind jene Bilder zu verdanken, die das Leben in der Peggetz, die vielfältige Freizeitgestaltung, die Prozessionen zu den umliegenden Kirchen, die Übersiedlung aller Flüchtlinge ins Spittaler DP-Lager und deren spätere Emigration dokumentieren. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

NAGO-VORTRAG LEOPOLD FÜREDER

05.11.2014 | 19.30 | STADTBÜCHEREI LIENZ Wie sehr beeinflusst der Klimawandel unter anderem unsere Fließgewässer? Der Innsbrucker Limnologe geht dieser Frage anhand aktueller

Slowenen in Osttirol (Flüchtlingslager Peggetz) - Foto: Rafaelova Družba

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Premiere der Verwechslungskomödie im Gemeindesaal. Weitere Aufführungstermine: 24./25./31.10. und 07./08.11.2014 Mehr Info: www.sonnendoerfer.at

BENEFIZKONZERT MIT DEN „SEERN“ 24.10.2014 | 19:00 | TAUERNCENTER MATREI Im Rahmen der Initiative „ÜB-ER-LEBEN“ organisieren Thurner Vereine gemeinsam mit dem Alpinkompetenzzentrum, der Wasserrettung, dem Roten Kreuz und der Bergrettung ein Benefizkonzert zu Gunsten dreier Halbwaisenkinder in Osttirol. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

JANEZ GREGORIC (GITARRE) WALTER AUER (FLÖTE)

Kabarett BlöZinger - Foto: Otto Reiter

LESUNG - ZLAUPE KOFLER 132

03.10.2014 | 19:00 | CAFÉ CAPPUCCINO LIENZ Der 1954 in Villach geborene Schriftsteller und Musiker liest aus seinem Werk „Der Leibstuhlsetzer - Familiendrama“. Eine Veranstaltung der Stadtbücherei Lienz.

KINDERMUSICAL ASCHENPUTTEL

16.10.2014 | 15:00 | STADTSAAL LIENZ Ein musikalisches Märchen für Menschen ab 5, bei dem alle Kinder aus dem Publikum Aschenputtel helfen können, die Linsen aus der Asche zu lesen.

Mehr Info: www.stadtbuecherei-lienz.at

Mehr Info: www.stadtkultur.at

PETER RATZENBECK

BLÖZINGER - „KOPFWASCHPULVER“

04.10.2014 | 20:30 | KIRCHENWIRT „Mr. Fingerpicking“ ist musikalischer Stammgast in Lienz. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

LUIS AUS SÜDTIROL

10.10.2014 | 20:00 | GYMNASIUM LIENZ Kabarettist Manfred Zöschg (alias Luis aus Südtirol) ist wieder einmal auf der Pirsch! Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

FIGURENTHEATER DÖLSACH

11.10.2014 | 16:30 | DÖLSACH Premiere der „Bremer Stadtmusikanten“ im alten Stöffla Haus, ehemals Gasser, jetzt Familie Halbfurter im Ortsteil Stribach. Weitere Aufführungstermine: 12./17./18. und 19.10.2014 Mehr Info: www.theaterwerkstatt-doelsach.com

18.10.2014 | 20:00 | KOLPINGSAAL LIENZ Das österreichische Kabarett-Duo „BlöZinger“ (Robert Blöchl und Roland Penzinger) kümmert sich in seinem neuen Programm um die literarischen Helden seiner Kindheit.

24.10.2014 | 20:00 | SPITALSKIRCHE LIENZ Gemeinsam mit Walter Auer, dem Soloflötisten der Wiener Philharmoniker und der Staatsoper spielt Gregoric eigene Werke sowie Stücke von Mauro Giuliani, Franz Schubert, Jacques Ibert und Astor Piazolla. Mehr Info: www.stadtkultur.at

POETRY SLAMMEN

24.10.2014 | 20:00 | STADTBÜCHEREI LIENZ Stefan Abermann, einer der erfolgreichsten Poetry-Slammer Österreichs, kommt nach Lienz. Er leitet sowohl einen Workshop zum Thema als auch einen Poetry Slam. Osttiroler Poeten jeden Alters sind herzlich eingeladen. Mehr Info: www.stadtbuecherei-lienz.at

Mehr Info: www.ummigummi.at

ALEKSIC-TRIO UND OLIVERA MILOVANOVIC

18.10.2014 | 20:00 | SPITALSKIRCHE LIENZ Neben Trios von Schubert und Beethoven steht das Quartett für Streichtrio und Flöte von Gottfried von Einem auf dem Programm des Kammermusikabends. Mehr Info: www.stadtkultur.at

„TOHUWABOHU“ HEIMATBÜHNE THURN

19.10.2014 | 20:00 UHR | THURN

Poetry Slammen - Foto: Robert Maybach


PROGRAMM

BIS NOVEMBER 2014

THOMAS HOCHKOFLER ALS „DER HAUSMEISTER“

30.10.2014 | 20:00 | GYMNASIUM LIENZ Thomas Hochkofler gehört zu den renommiertesten Schauspielern Südtirols. „Er redet nicht viel, das aber pausenlos. Er ist der unwiderlegliche Beweis für die Fähigkeit, dass man sich beim “i bin liaber still und denk mir mein Toal“ heiser reden kann. Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

DER KLEINE HORRORLADEN

07.11.2014 | 20:00 | STADTSAAL LIENZ Witzig, frech und etwas makaber ist die Geschichte dieses Musicals, das Kultstatus hat: Eine fleischfressende Pflanze soll die Existenz eines Blumenladens in Downtown einer amerikanischen Großstadt retten. Mehr Info: www.stadtkultur.at

THEATERPREMIERE „ERDE“

08.11.2014 | 20:00 | KULTURHEIM ASSLING Eine „Komödie des Lebens“ in drei Akten von Karl Schönherr, einstudiert von der Theatergruppe Bergland Assling. Weitere Aufführungstermine 9./14./15./16.11.2014 Mehr Info: www.theatergruppe-bergland-assling.at

KINDERBUCHLESUNG „DIE KLEINE HEXE“

27.11.2014 | 15:00 | STADTBÜCHEREI LIENZ Büchereileiterin Anja Kofler nimmt sich Otfried Preußler, den Giganten der deutschen Kinderund Jugendbuchliteratur vor und bereitet 6 seiner Werke über ein Jahr verteilt auf. Mehr Info: www.stadtbuecherei-lienz.at

TIROLER LANDESJUGENDCHOR UND BORG-CHOR LIENZ

30.11.2014 | 17:00 | SPITALSKIRCHE LIENZ Junge SängerInnen aus Nord- und Osttirol stimmen das Publikum am 1. Adventsonntag auf die besinnliche Zeit ein. Mehr Info: www.stadtkultur.at

GALERIEN ROSMARIE LUKASSER … BIN IM NETZ 1.2.

03.10.2014 | 19:00 | RLB-ATELIER LIENZ Die Ausstellung läuft zu Banköffnungszeiten bis 12.12.2014 Mehr Info: www.www.rlb-kunstbruecke.at/atelier_lienz

DER RÄUBER HOTZENPLOTZ

13.11.2014 | 15:00 | KOLPINGSAAL LIENZ Wie die Geschichte von Ottfried Preußler geht auch das Stück, gespielt vom Theater Tabor, gut aus. Geeignet für Menschen ab 5. Mehr Info: www.stadtkultur.at

BORNEFELD | LUKASSER | TAVELLA

BIS 25.10.2014 | GALERIE GAUDENS PEDIT Begleitend zur Ausstellung DolomitenDomino2 zeigen die Künstlerinnen ihre Werke auch in der Lienzer Galerie. Mehr Info: www.gaudens-pedit.com

SEXPERTIN BALLDINI „KOMMT“

15.11.2014 | 20:00 | GYMASIUM LIENZ Vortragskabarett von und mit Barbara Balldini.

NORA SOOS

Mehr Info: www.dolomitenstadt.at

30.10.2014 | 19:00 | GALERIE GAUDENS PEDIT Werke der ungarischen Künstlerin sind bis 13.12. in Lienz zu sehen.

ES IST WAS ES IST …

Mehr Info: www.gaudens-pedit.com

21.11.2014 | 20:00 | LANDESMUSIKSCHULE Schauspieler Wolfram Berger rezitiert Liebesgedichte von Erich Fried. Karlheinz Miklin umrahmt, unterstreicht, interpretiert sie musikalisch. Mehr Info: www.stadtkultur.at

JOE WANDALLER ARBEITEN AUF TON

BIS 23.02.2015 | GALERIE IN DER MITTE HOPFGARTEN IN DEFEREGGEN Mehr Info: www.defereggental.eu

SCHLOSS BRUCK DOLOMITENDOMINO2 AUSSTELLUNGSKOOPERATION MIT DER GALERIE GAUDENS PEDIT BIS 26.10.2014

TOTENTANZ EGGER-LIENZ UND DER KRIEG BIS 26.10.2014

SCHLAGLICHT LIENZ UND DER LIENZER TALBODEN BIS 26.10.2014

GESCHÖPFE DER NACHT FLEDERMÄUSE - GEHEIMNISVOLLE JÄGER AM SCHLOSSTEICH BIS 26.10.2014

ARCHÄOLOGISCHER JAHRESRÜCKBLICK

26.10.2014 | 11.00 Uni.-Prof. Dr. Harald Stadler präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse und Tätigkeiten des Instituts für Archäologien der Uni Innsbruck.

www.museum-schlossbruck.com

FARBE | STRUKTUR | LICHT

BIS 07.11.2014 | VOLKSBANK GALERIE LIENZ Der Fotoclub Lienz zeigt zu Banköffnungszeiten Bilder der Rubrik „Lichtmalen“. Mehr Info: www.volksbank-otwk.at

ALLE VERANSTALTUNGEN IM AKTUELLEN COUNTDOWN: WWW.DOLOMITENSTADT.AT

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2014 /// ganz zum schluss

134 Foto: Ramona Waldner

WINTER IN SICHT Wie immer geben wir unseren Lesern mit dem Schlusspunkt der aktuellen Ausgabe auch eine Vorschau auf das nächste Heft. Es erscheint Ende November und hat natürlich den Winter und die Weihnachtszeit im Fokus. Wir suchen nach geschmackvollen Geschenken und der heißesten Mode für kalte Tage. Die Natur ruht sich in dieser Zeit unter einer Schneedecke aus, doch die Diskussion um ihren Schutz wird kaum einschlafen. Deshalb bringen wir im Winterheft einen umfassenden Überblick über die Grabenkämpfe, die Positionen, die Strategien und Meinungen in Sachen Natura 2000. Wir analysieren die größten Ängste und fragen Experten, ob sie begründet sind. Zugleich präsentieren wir konkrete Ansätze und Pläne, aber auch Visionen und Ideen, wie

man diese wunderschöne, einzigartige Region am Fuße von Großglockner und Großvenediger touristisch aus ihrem Dornröschenschlaf wachküssen könnte. Dazu steigen wir hinauf ins ewige Eis und hinunter in die Tiefen der Nächtigungsstatistik. Nachdem wir uns im Herbst mit dem Altwerden in Osttirol beschäftigt haben, fragen wir uns im Winter, wie es ist, in dieser Region jung zu sein. Welche Probleme, Wünsche und Träume hat die Jugend in der Region? Und welche Chancen? Außerdem holen wir neue Gesichter vor die Kamera. Demnächst beginnt unsere Szene-Redaktion mit der Suche nach Models, die bei DOLOMITENSTADT-Fotoshootings vor der Kamera stehen möchten. Wir suchen frische, originelle und selbst-

bewusste junge Osttirolerinnen und Osttiroler, starke Persönlichkeiten und ausdrucksstarke Charaktere, die je nach Thema Mode, Autos oder Sportartikel präsentieren und dabei von den besten Fotografen des Bezirkes abgelichtet werden. Für das Modeln gibt es zwar nur ein Taschengeld, aber die Qualität der Shootings und Stylings von DOLOMITENSTADT setzt Maßstäbe und deshalb hoffen wir auf kräftigen Zuwachs für unsere DOLOMITENSTADT-Style-Community!

Auch im letzten Heft des Jahres geht es um Perspektiven für Osttirol. Wir finden: die Aussichten sind gut.


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mit verlängerten Öffnungszeiten Do 23. Okt, 2014 09.00 – 18.00 Uhr Fr 24. Okt, 2014 09.00 – 18.00 Uhr Sa 25. Okt, 2014 09.00 – 17.00 Uhr

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