Dolomitenstadt - Das Magazin 03/2012

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bulle

Jos pirkners meisterwerk Der bildhauer vollendet mit 85 jahren eine gigantische skulptur

Atelierbesuch bei einem Künstler, der in großen Dimensionen denkt. Das ist er, der letzte von 14 Bullen, die Jos Pirkner in Lehm formte. Sie bilden gemeinsam eine gewaltige Figurengruppe aus Bronce.

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Mit den Fingerkuppen streicht Jos Pirkner fast zärtlich über das Schulterblatt des mächtigen Bullen. Der Gigant aus Lehm ist der letzte seiner Art, einer von 14, ein Anführer, der weit überlebensgroß seinen massigen Körper in einer wilden Jagd nach vorne wuchtet, mit gesenktem Kopf, ohne Rücksicht auf Verluste. Vieles an diesem größten Werk des in Tristach lebenden Bildhauers hat Symbolcharakter. Das ist Pirkners Stil und seine Stärke. 14 Bullen für Red Bull? Kunst im X-Large-Format für eine „Dosenfirma“? Pirkner hält sich nicht mit solchen Fragen auf. Er und sein größter Auftraggeber Dietrich Mateschitz haben sich gefunden und manches gemeinsam: zum Beispiel den Hang zum Superlativ und zu Gesten, die man nicht falsch interpretieren kann. Beide Männer wollen grundsätzlich Großes schaffen und beide sind sich sicher, dass ihr Werk gelingt. Von Anfang an. Es sind nicht die broncenen Tiere allein, um die es in Pirkners monumentaler Skulptur geht. Die Handschrift des Bildhauers prägt auch den Ort, an dem die Bullen im Spätsommer 2013 erstmals vor aller Augen durch wild sprudelndes Wasser stürmen sollen: das Hauptquartier von Red Bull im

salzburgischen Fuschl am See. Pirkner hat auch dieses Headquarter gezeichnet. Es sollte ursprünglich ganz anders aussehen, dann hat der Künstler ein Modell gebaut, ein paar Skizzen geskribbelt und Mateschitz überzeugt. Red Bull braucht ein Haus, „das nach Red Bull aussieht“, ein Markendach über dem Kopf von rund 800 Mitarbeitern, die derzeit in Fuschl arbeiten. Nach Pirkners Vorgaben wurde der Bürokomplex Realität, der an einen Vulkankegel erinnert und irgendwie auch an James Bond. Das Hauptgebäude aus Stein, Glas und Stahl schwebt auf einem künstlichen See. Aus dem Haus heraus bricht künftig die riesige Figurengruppe Pirkners mitten durch eine Glasscheibe ins Freie, 22 Meter lang und unaufhaltsam, wie der Siegeszug des Coffeingetränks, das seinen Erfinder reich gemacht hat. Das Atelier von Jos Pirkner in Tristach bei Lienz wurde eigens für diese Monumentalplastik gebaut. Hier kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Dieses gigantische Werk hat der bald 85 Jahre alte Künstler mit eigenen Händen aufgetürmt. 57 Tonnen (!) Lehm hat Pirkner mit nur zwei Helfern Kilo für Kilo, Schicht für Schicht geformt, zur Vorlage für eine der größten Bronceskulpturen, die weltweit in den letzten Jahrezehnten

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