Dolomitenstadt - Das Magazin 03/2012

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2012 /// wirtschaft /// karos almwirtschaft

Galtvieh und Jungvieh, das kontrolliert und gezählt werden muss. „Die laufen völlig frei herum. Oft suchen wir lange, bis wir alle beisammen haben.“ Alltag auf der Alm. Ein Alltag ohne Fernseher und Internet. Selbst der Handyempfang funktioniert hier nur mit Einschränkungen. Sind Kuh und Käse in ihrem Element, haben die Frauen Zeit für ein kräftigendes Frühstück und einen Plausch. Dann geht Britta den Stall ausmisten und Karo widmet sich

Einheimischen. „Es ist faszinierend, wie man nur durch Lagerung und Bearbeitung ganz ohne Zusätze aus einem einzigen Ausgangsprodukt so unterschiedliche Sorten machen kann.“ Ein guter Käse will verwöhnt werden, er wird geschleudert, gebadet, geputzt und beschriftet, braucht Pflege, Ruhe – und Zeit. Das schmeckt man am Ende des Tages. Karo liebt Käse: „Besonders entscheidend für die Qualität ist das Futter, das die Kühe bekommen“, erklärt die kreative Sennerin, die eigentlich Schneiderin ist. Wer genau

Vor keinem Problem, das sich hier heroben stellt, kannst du weglaufen.

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wieder ihren Milchprodukten im Salzbad. Schnittkäse, Graukäse, auf Anfrage auch Ricotta und Hüttenkäse stellt sie her, dazu natürlich auch Butter, Molke und Buttermilch. Man kann Karos Produkte direkt auf der Alm und bei umliegenden Hüttenwirten kaufen. Mancher Wanderer kehrt nur wegen der Köstlichkeiten ein, Karos Käsekunst hat sich herumgesprochen, bei Gästen wie

hinschaut erkennt an manchem Kleidungsstück der jungen Frau das Ergebnis dieses Talents. „Karamba“ heißt das Modelabel, das Baumgartner gemeinsam mit Grafikdesignerin und Fotografin Ramona Waldner gegründet hat und natürlich in allen Lebenslagen selbst trägt. Die Mode ist wie der Käse – mit viel Geschmack und Liebe zum Detail von Hand gefertigt. Sie passt nicht nur auf den

Berg, sondern auch in die Lifestyle-Szene „unten“ in der Stadt. In Lienz kann man die aktuelle Karamba-Kollektion zum Beispiel in der Boutique „La Ola“ kaufen. Für Karo Baumgartner reichen weder Käse noch Mode zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts. In der kalten Jahreszeit hält sie sich mit unterschiedlichen Jobs über Wasser. Der Rhythmus klassischer Saisonarbeiten passt nicht zu jenem der Tiere auf der Alm. Diese Tiere und damit wohl die Natur an sich lassen bei Baumgartner dennoch keine Zweifel aufkommen. Wenn sie über die Alm spricht, klingt das nicht nach Beruf. Es ist ganz offensichtlich Berufung, vielleicht sogar Bestimmung: „Der Rhythmus des Lebens wird hier von den Tieren vorgegeben, von der Natur und der Witterung. Du machst, was zu machen ist, weil dir gar nichts anderes übrigbleibt. Alles ist notwendig – und klar. Vor keinem Problem, das sich hier heroben stellt, kannst du weglaufen. Du musst dich damit auseinandersetzen und eine Lösung finden.“ Es ist diese Klarheit, nach der sich Karo in jedem Frühsommer auf das Neue sehnt. Das Leben kann so einfach sein, so reduziert auf das Wesentliche. Vieles, was sonst wichtig scheint, wird auf der Alm scheinbar überflüssig. Strom gibt es zwar, geliefert


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