Dolomitenstadt - Das Magazin 03/2012

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2012 /// politik /// wer geht baden?

wer geht baden? text: gerhard Pirkner /// fotos: MArtin lugger

In einem Wettstreit hinter den politischen Kulissen kämpfen Lienz und Matrei um Millionen für ein neues Schwimmbad. Es geht um Landesmittel, Tourismusförderung und Geld der Osttiroler Investment GmbH. 36

In seltener Deutlichkeit rief die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik Anfang August in Richtung Matrei: „Wir brauchen die Hilfe von Andreas Köll nicht. Er soll sich um seine eigene Gemeinde kümmern.“ Anlass für die Zurechtweisung war Kölls Vorschlag, doch gemeinsam zum zuständigen Landesrat Johannes Tratter nach Innsbruck zu fahren, um Geld für das Lienzer Schwimmbad aufzutreiben. Blanik roch den Braten und winkte ab. Köll hat eigene Interessen. Auch Matrei plant ein Schwimmbad, wenngleich mit anderen Vorzeichen. In Lienz ist die Stadt selbst Projektbetreiber. Die Kommune kämpft zwar mit steigenden Sozialausgaben und finanziellen Altlasten der Hochstein-Erschließung, ist aber wirtschaftlich passabel aufgestellt. Innerhalb der Lienzer Gemeindegrenzen befindet sich das Gros der relevanten Unternehmen Osttirols, darunter der Lohnsummen-Gigant Liebherr. Lienz hat

steigende Steuereinnahmen, Rücklagen und eine Investitionsplanung, die auch den Neubau des Hallenbades einschließt. Es soll 18 Millionen Euro kosten, zehn davon will die Stadt selbst hinblättern. Die verbleibenden acht Millionen sollen zu je einem Drittel die anderen Osttiroler Gemeinden, der TVB Osttirol und das Land beisteuern. Anders sieht die Lage in Matrei aus. Auch dort soll ein großes Hallenbad mit Wellnesseinrichtungen gebaut werden. Es wäre nach den aktuellen Plänen sogar teurer als jenes in Lienz und integriert in das Hotel Goldried. Ein schwedischer Investor sei bereit, zehn private Millionen in dieses Projekt zu stecken. Während die Stadt Lienz ein kommunales Unternehmen weiterentwickelt und bestenfalls dessen Betrieb in private Hände auslagern könnte, kommt für Matrei nur ein privat finanziertes Bad in Frage. Die Kommune ist stark verschuldet und hat keinen Spielraum für ein Investment dieser Größe. Kommunale Bäder sind zudem chronische Defizitbringer und auch deshalb weitgehend verschwunden. Ein Bad ist wie eine Yacht oder ein großes Auto – man muss sich auch den Betrieb leisten können. Dieser Unterschied – für den Badegast irrelevant – könnte am

Andreas Köll hofft auf Millionen für ein Erlebnisbad in Matrei.

Ende entscheiden, wer wieviel und welche Millionen an Fördergeldern einstreifen kann. Ein Blick in Richtung Lienzer Bergbahnen ist aufschlussreich. Die Lifte der Stadt Lienz sind zur Hälfte im kommunalen Eigentum, die andere Hälfte gehört dem TVB, einer halböffentlichen Einrichtung. Dagegen gehören die Matreier Lifte einem Privatunternehmer, Heinz Schultz. Investiert in Tirol ein Privater in touristische Infrastruktur und macht er das im strukturschwachen Bezirk Osttirol, dann kann er mit rund einem Drittel an direkter Förderung rechnen. Siehe Schultz, siehe Grandhotel Lienz, siehe Golfplatz. Zu den Millionen kommt noch kräftiger Applaus in den Medien, die den Investor gern zum Wohltäter machen. Investiert aber die Kommune in ihre eigenen Betriebe, gibt es in aller Regel Watschen für „Millionenausgaben“ und Diskussionen über Sinn und Nutzen. Siehe Lienzer Bergbahnen. Außerdem bleiben in


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