Surprise 487/20

Page 1

Strassenmagazin Nr. 487 6. bis 19. November 2020

CHF 6.–

davon gehen CHF 3.– an die Verkäufer*innen

Bitte kaufen Sie nur bei Verkäufer*innen mit offiziellem Verkaufspass

Die IV ha t ein Prob l e m Wir habe . n die Lösu ng. B Bunde rief an srat Al ain Be rset Seite 16


Gutes tun – sinnvoll schenken Surprise bietet armutsbetroffenen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe. Mit Geschenken von Surprise unterstützen Sie uns dabei. Geben einen coolen Look: die SURPRISE-MÜTZE und der SURPRISE-RUCKSACK

Gibt andere Perspektiven: ein SOZIALER STADTRUNDGANG

Talon einsenden an: Surprise, Münzgasse 16, 4051 Basel oder per Mail an: info@surprise.ngo Weitere Infos zu allen Angeboten unter www.surprise.ngo. Hier können Sie auch online bestellen: surprise.ngo/shop RECHNUNGSADRESSE

BESTELLFORMULAR

Vorname, Name:

JA, ich möchte sinnvoll schenken und bestelle: Strasse:

GUTSCHEIN FÜR 1 SOZIALEN STADTRUNDGANG Basel Bern Zürich

pro Person CHF 25.– pro Person CHF 25.– pro Person CHF 30.–

Anzahl: Anzahl: Anzahl:

SURPRISE-MÜTZE CHF 35.– (exkl. Versandkosten) 100% Merinowolle, hergestellt in der Schweiz. Erhältlich in 5 verschiedenen Farben und zwei Modellen. Links: Modell Knitwear / Rechts: Modell Klappkapp Knitwear Klappkapp Modell: rot schwarz petrolblau mittelgrau Farbe: SURPRISE-RUCKSACK CHF 99.– (exkl. Versandkosten)

PLZ/Ort:

Telefon:

Email:

Datum, Unterschrift:

pink

Modell Ortlieb-Velocity, 24 l, wasserfest. Hergestellt in Deutschland. Erhältlich in ultramarin, silber und rot (schwarz ist momentan ausverkauft). rot ultramarin silber Farbe:

LIEFERADRESSE (falls nicht identisch mit Rechnungsadresse) Vorname, Name:

Strasse:

PLZ/Ort:


TITELBILD: BODARA

Editorial

Dranbleiben Mit diesem Heft halten Sie den vierten und letzten Teil unserer Serie zur Invalidenversicherung in den Händen. Es ist das erste Mal, dass wir uns als Redaktion so intensiv und über einen langen Zeitraum hinweg mit einer grossen Investigativrecherche beschäftigt haben.

unserer Gesellschaft auch mal gänzlich aus dem Blickfeld. Der Spardruck in der Medienbranche wirkt sich zusätzlich negativ aus. Aber nur, wenn wir weiter hinschauen und berichten, entsteht Öffentlichkeit, die dann zu politischem Willen werden und etwas bewegen kann.

Wir finden, es hat sich gelohnt. Wir sind auch ein bisschen stolz darauf und freuen uns über die positiven Reaktionen von Leser*innen und Fachpersonen. Doch nicht nur das: Wir haben uns mit dieser Geschichte auch eine neue Art des redaktionellen Arbeitens erschlossen. Wir möchten auch in Zukunft solche Schwerpunkte setzen, um uns intensiver mit den Themen auseinanderzusetzen, die unsere Verkäufer*innen und jenen Teil unserer Gesellschaft beschäftigen, der mit wenig bis gar keinen Privilegien auskommen muss.

Nachlesen kann man das ganze IV-Paket übrigens ab sofort auch online, für alle die etwas verpasst haben. surprise.ngo/iv

Denn wir glauben – und vielleicht stimmen Sie uns zu –, dass dort, wo weder Geld noch Ruhm zu holen ist, auch weniger hingeschaut wird. Wenn es zudem noch an Aktualität fehlt und kein akuter Skandal in Sicht ist, geraten die chronischen, systemimmanenten Probleme

4 Aufgelesen 6 Verkäufer*innenkolumne

Auch die Natur hat Struktur

7 Moumouni…

... zu Rassismus und Liebe

8 IV-Serie

Gesund geschrieben

12 Der IV-Chef im

Interview

14 Lösungsvorschläge 16 Brief an Berset 18 Arbeitsbedingungen HolcimLafarge und

die Verantwortung

Surprise 487/20

Drangeblieben ist auch die Berner Fotografin Karin Scheidegger, deren Indienreise vor vielen Jahren zu einer Langzeitrecherche zu den Arbeitsbedingungen von Leiharbeiter*innen bei LafargeHolcim im Bundesstaat Chhattisgarh führte. Aus ihren Beobachtungen, für die sie vor Ort massiven Gegenwind zu spüren bekam, ist ein ganzes Buch entstanden, in das wir Ihnen gern Einblick geben.

SAR A WINTER SAYILIR

Redaktorin

26 Veranstaltungen

24 Kultur

«Das ist das Downgrading von ‹Brot und Spiele›»

27 Tour de Suisse

Pörtner in Basel

28 SurPlus Positive Firmen 29 Wir alle sind Surprise Impressum Surprise abonnieren 30 Surprise-Porträt

«Bei Surprise bin ich mein eigener Chef»

3


Aufgelesen

News aus den 100 Strassenzeitungen und -magazinen in 35 Ländern, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Ob Tier, Pflanze oder Mensch  –  die verheerenden Brände vom letzten Jahreswechsel haben nicht unterschieden, wer ihnen zum Opfer fiel.

Nach den Flammen Fast ein Jahr ist es her, dass Buschfeuer auf der Insel Kangaroo Island im Süden von Australien wüteten. Zwei Menschen starben, mehr als 100 Häuser wurden zerstört, die Hälfte der 5000-Bewohner*innen-Insel stand in Flammen. Besonders hart getroffen hat es die Wildtiere. Von den rund 50 000 Koalas, die auf Kangaroo Island lebten, haben höchstens ein Fünftel überlebt. Auch Kangurus, Wallabys, Wombats, Opossums und andere

seltene Tierarten wurden stark dezimiert. Die Tierschutzorganisation Humane Society International kümmerte sich in Zusammenarbeit mit lokalen Tierschützer*innen und Tierärzt*innen um verletzte Tiere und entliess diese nach ihrer Gesundung wieder in die Wildnis.

THE BIG ISSUE, SIDNEY / AUSTRALIA U.A.

ANZEIGE

FAIR

Genossenschaftlich Pionier seit 1975 59 000 AnlegerInnen weltweit

Der Podcast rund um nachhaltige Themen Hier geht es darum, wie du den Planeten jeden Tag etwas besser machen kannst. Jeden Monat stellen wir dir ein spannendes Projekt oder eine besondere Person vor.

Jetzt abonnieren: de.oikocredit.ch/podcast

4

www.oikocredit.ch 044 240 00 62

Surprise 487/20


FOTOS (1-3): CHRISTINA SIMONS, ILLUSTRATION: POSTER SYNDICATE

Für Würde und Respekt Verschiedene US-amerikanische Sozialorganisationen setzen sich mit der Kampagne «House Keys Not Sweeps» (Schlüssel statt Razzia) für ein Ende der Zwangsräumungen von Zeltlagern und für einen Wandel im politischen Umgang mit Wohnungs- und Obdachlosigkeit ein: «Obdachlosigkeit wurzelt in Rassismus und in der eklatanten Vernachlässigung durch die Regierung in Washington. Obdachlosigkeit ist keine plötzlich hereinbrechende Naturkatastrophe, sondern die Folge neoliberaler (Finanz-)Politik mit verheerenden Auswirkungen für Schwarze, Ureinwohner*innen, People of Colour sowie armutsbetroffene Bürger*innen.»

HOMEWARD STREET JOURNAL, SACRAMENTO, USA

Weder lesen noch schreiben

Gewalt und Männlichkeit

Weniger Obdachlose

46,5 Prozent aller Hilfskräfte in der Nahrungsmittelindustrie können nicht richtig lesen und schreiben. Auch unter Reinigungskräften (29,5 Prozent) und auf dem Bau (26,9 Prozent) gibt es viele Analphabet*innen. Das hat eine repräsentative Studie der Universität Hamburg ergeben. Hochgerechnet haben in Deutschland 6,2 Millionen Menschen Probleme beim Lesen und Schreiben, zwei Drittel von ihnen sind erwerbstätig. Diverse Fortbildungsprogramme sollen den Betroffenen helfen. Gemäss Studie schafft es immerhin ein Drittel, im Erwachsenenalter noch das Lesen und Schreiben zu erlernen.

112 Amokläufe wurden in den USA zwischen 1982 und 2019 von Männern begangen, nur deren drei von Frauen. Während bei der Ursachensuche die Rolle der Gewalt in Computerspielen oder psychische Probleme debattiert werden, liegt der Fokus selten auf diesem weiteren gemeinsamen Nenner: dem Geschlecht der Täter*innen. Sie sind fast ausschliesslich männlich. Der USamerikanische Pädagoge und Filmemacher Jackson Katz ist daher überzeugt: «Geht es um Amokläufe, muss die Frage nach dem Warum neu gestellt werden. Dabei sollte das Konzept von Männlichkeit und Gewalt als Mittel zum Erfolg auf alle Fälle näher betrachtet werden.»

Finnland ist das einzige Land in der EU, in dem die Obdachlosigkeit zurückgeht. Vor gut zehn Jahren beschloss das Land einen grundlegenden Wandel im Umgang mit der Strassenobdachlosigkeit und setzt seither auf das Konzept Housing First. Das heisst: Eine Mietwohnung für alle, und zwar bedingungslos, aber mit den gewöhnlichen Rechten und Pflichten. Zeltdörfer und Hüttensiedlungen in Wäldern sind seitdem selten; Bau und Betreuung der speziellen Wohnungen hat Helsinki in die Hand von NGOs gelegt. Von den rund 7000 Obdachlosen im Land leben heute noch knapp 2000 auf der Strasse.

HINZ & KUNZT, HAMBURG

MEGAPHON, GRAZ

ASPHALT, HANNOVER

Surprise 487/20

5


Verkäufer*innenkolumne

Auch die Natur hat Struktur Durch die Coronakrise verlor ich während des Lockdowns Anfang Jahr meine Tagesstruktur, die ich durch den Verkauf von Surprise normalerweise habe. Darum ist mir die Bureheimat Brotchorb wieder in den Sinn gekommen, ein gemeinschaftlich geführter Bauernhof, der von Pfarrer Sieber gegründet wurde. Vor zehn Jahren habe ich ein halbes Jahr dort verbracht. Als ich mich jetzt wieder vorstellen ging, bekam ich zum Schluss des Gesprächs den Jahresbericht 2019 mit auf den Weg. Als ich das Vorwort las, musste ich über ein Zitat von Pfarrer Sieber schmunzeln und war überrascht. «D’Natur hilft jedem s’Richtige und s’Nötige z’verstaa! ‹Tagesstruktur› seipme dem hütt, und vu dem hämmer sogar ä ganz natürlichi», las ich da. Genau das, was ich nun versuche zu verwirklichen, hat Herr Pfarrer Sieber schon vor vielen Jahren gesagt. Ich dachte: Nun bin ich wohl auf dem richtigen Weg.

Im Brotchorb arbeite ich in der Küche, was mir sehr gut gefällt, da ich gerne koche, aber für mich allein mache ich das selten. Alles, was wir verarbeiten, Fleisch und Gemüse, stammt aus eigener Produktion. Wir essen alle zusammen, und wie das Kochen ist auch das Essen gemeinsam schöner als allein. Es gibt Leute im Team, die schon seit zehn Jahren dort arbeiten, die kenne ich noch aus der Zeit, die ich damals auf dem Hof verbracht habe. Mit dieser Arbeit, dem Surprise-Verkauf, mit Stricken und Schwimmen ist es mir gelungen, wieder eine Struktur in meinen Tag zu bringen, die mich körperlich und geistig stärkt. Nun bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich zum Glück auch wieder an die Liebe glaube. Denn ohne die Liebe nützt auch die beste Tagesstruktur nichts.

K ARIN PACOZZI  (54) verkauft Surprise in Zug. Aktuell hat sie sich im wörtlichen Sinn selbst ein Bein gestellt. Wegen eines gebrochenen Fusses ist ihre Tagesstruktur zurzeit lahmgelegt. Wenn die Knochen geheilt sind, nimmt sie aber auch ihren Arbeitsweg wieder auf.

Die Texte für diese Kolumne entstehen in Workshops unter der Leitung von Stephan Pörtner und Surprise. Die Illustration zur Kolumne entsteht in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern – Design & Kunst, Studienrichtung Illustration.

ILLUSTRATION: CAMILLLE FRÖHLICH

Psychisch krank und mit Suchtproblemen kommen die Leute dort an. Ihnen kann nur eines helfen, eine Tagesstruktur, um wieder stabiler und gesünder zu werden. Menschen, die diese verloren haben, sind nirgends mehr zuhause, haben nichts mehr zu tun. Ihnen hat Pfarrer Sieber die Hand gereicht. Bei meinen Einsätzen im Brotchorb verdiene ich nichts. Ich mache das für mich und die Gemeinschaft. Trotzdem ist das für mich ein Lohn und mehr wert als alles Geld der Welt. Die Kraft, die ich aus der gemeinschaftlichen Arbeit schöpfe, lässt mich erahnen, woher Pfarrer Sieber seine Energie hatte. Mit dem, was er jeden Tag geleistet hat, wäre jeder andere überfordert gewesen.

Ich kann vorläufig einen halben Tag pro Woche dort arbeiten. Schon der Arbeitsweg tut mir gut, ich fahre mit der Seilbahn auf den Berg hinauf und gehe dann in dreissig Minuten zum Hof, einmal hin und einmal zurück, so gehe ich schon eine Stunde. Eigentlich gehe ich gerne zu Fuss, aber einfach so würde ich nicht spazierengehen.

6

Surprise 487/20


ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING

bestehst, dieses Wort zu sagen? Wenn dein Typ sagt: «Schön für ’ne Schwarze»? Und warum muss ich dein Schokobär sein? Damit hast du nicht gerechnet. Damit hast du jetzt einfach nicht gerechnet. Und ich? Zerbreche mir den Kopf. Suche nach dem richtigen Satz, dem richtigen Knopf. Wie soll ich’s dir sagen, wie krieg ich kein «doch»? Ich meine, kann ich dir vertrauen? Ich meine, dass du für mich kämpfst? Ich meine, ja, du kennst den Traum, aber kennst du auch das Ende? Verteidige dich nicht wenn ich ringe mit mir selbst. Love, friend. Entscheide dich für mich und dann auch für meinen Kampf. Manchmal will ich nicht erklären dann gib mir einfach deine Hand. Und die Ruhe ist der Sturm, richtig laut wird’s erst, wenn’s leise wird. Und dann kommt die Wut und du hast Glück, wenn ich sie teil’ mit dir.

Moumouni …

… zu Rassismus und Liebe Letztens sollte ich einen Text schreiben für eine Veranstaltung, in der es um Liebe und Rassismus ging. «Schon wieder Rassismus!», dachte ich mir! Und doch: Ein guter Blickwinkel, um zu erkennen, wie perfide Rassismus ist. Die Erfindung menschlicher Rassen zeigt ihre Konsequenzen nämlich auch an vielen Orten, an denen man sie am wenigsten vermutet. Denn nicht nur die offensichtlich Ignoranten können exotisieren, Vorurteile als allgemeingültig projizieren und die essenzielle Gleichheit von Menschen verkennen. Sondern auch die, die lieben. Und es ist gar nicht so einfach, das zu besprechen, denn wer will das schon gesagt bekommen? Du bist farbenblind vor Liebe. Und du liebst meine Nase so vor Liebe. Interessierst dich für Afrika so vor Liebe. Und du siehst mich gar nicht, so vor Liebe. Surprise 487/20

Eure Mütter sind schlimmer. Und erst die Väter. Euren Grossmüttern stellt ihr mich gar nicht erst vor. Wie kann ich meine Freunde vor dir schützen? Und erst die Freund*innen. Werd’ ich dich verlieren oder nicht? Kann ich dich verlieren oder nicht? Wenn ich dich verlier’, wer bin ich? Bin grad am Verlieren ohne dich. Du merkst es gar nicht. Wir haben ja nur diskutiert, ganz normal. Also, du warst ganz normal, ich «temperamentvoll», halt emotional, irrational.

Denn ich blute periodisch frage ich mich: warum du es dann nicht einfach so sagst wie du es meinst wenn du es immer nicht so meinst wie du es sagst. Was nun? Wieder abdecken? Ablecken? Dicke, weisse Wundcreme? Ein Pflaster? Oder dem Bluten auf den Grund gehen? Was sagst du? Und werd’ ich dich verlieren oder nicht? Kann ich dich verlieren oder nicht? Wenn ich dich verlier’, wer bin ich? Bin grad am Verlieren ohne dich.

FATIMA MOUMOUNI  ist dankbar für ihr nahes Umfeld.

Ihr wisst gar nicht, wie viel ich an euch denke. Hm. Wie meinst du das, wenn du darauf 7


IV-Serie Eine harte Sparpolitik, willkürliche Entscheide, Millionen für die Gutachter: Die Invalidenversicherung steht in der Kritik. Wir wollen wissen, was dahinter steckt  –  Teil 4 einer vierteiligen Serie.

Sie macht die Betten selbst Mirka Meier hustet, bis sie erbricht oder kollabiert. Wegen der Anfälle verliert sie ihre Arbeit im Altersheim und wird depressiv. Ein Gutachter empfiehlt eine IV-Rente. Dann beginnen Beamte am Schreibtisch zu ermitteln. TEXT  ANDRES EBERHARD ILLUSTRATION  MARIA REHLI

8

Surprise 487/20


Mirka Meier* hustet. Sie hustet tagsüber und sie hustet nachts, oft minutenlang. Bei besonders schlimmen Attacken erbricht sie, hat Schwindelgefühle, kann den Urin nicht zurückhalten. Einmal kollabiert sie und bricht sich eine Rippe. Fünf Jahre lang kämpft sie sich mit dem Husten durch den Alltag. Dann bricht Meier, Pflegehelferin in einem Altersheim, erneut zusammen und wird krankgeschrieben. Sie besucht Spezialist*innen für Lunge, Magen-Darm und Psyche, lebt mehrere Wochen lang in Kliniken. Und sie legt sich unters Messer. Ein Teil der Magenwand wird zur Speiseröhre transferiert, nachdem ärztliche Untersuchungen Reflux (saures Aufstossen) diagnostiziert haben. Doch der Husten bleibt. Meier schämt sich, sie zweifelt an sich. Husten ohne Grund, das sollte nicht sein. Kann nicht sein. Darf nicht sein. Meier hat drei Kinder, der 13-Jährige lebt noch zuhause. Ihr Mann arbeitet Vollzeit als Buschauffeur und muss nun auch noch den Haushalt schmeissen. Das Mittagessen kocht er am Abend für den nächsten Tag vor. «Nachts, wenn ich nicht schlafen kann, bin ich oft sehr wütend», sagt Meier. «Wütend auf mich selbst. Dass ich zu einem Nichtsnutz geworden bin.» «Idiopathisch» nennen Fachleute eine Krankheit, wenn sich dafür keine eindeutige Ursache finden lässt. Für Betroffene ist eine solche Diagnose keine gute Nachricht: Nicht nur, dass viele an sich selbst zu zweifeln beginnen – auch die Chancen, von der IV unterstützt zu werden, sind gering. Denn ob jemand invalide, also wegen Krankheit langfristig arbeitsunfähig ist, gilt heute nicht als medizinische, sondern als juristische Frage. Und vor Gericht zählen Beweise. Die Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit würden bei ihr besonders schwerwiegen, schreibt Meiers Psychiater. «Da die Patientin ein hohes Leistungsideal hat.» Meier war mit fünfzehn Jahren ungewollt schwanger geworden und hatte ein Kind bekommen, danach arbeitete sie jahrelang auf mehreren Jobs gleichzeitig, um für alles aufzukommen: an der Verkaufstheke einer Metzgerei, in der Reinigung, als Kontrolleurin und nach einer Ausbildung schliesslich als Pflegehelferin. Ungenügend abgeklärt 2015 meldet sich die damals 46-Jährige bei der IV an. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet Meier wieder stundenweise im Altersheim, hofft auf eine Rückkehr in die Arbeitswelt. Gleichzeitig kämpft sie mit Depressionen. Ein Jahr später erhält sie die Kündigung. Und von der IV-Stelle Zürich kommt ein Brief. Darin steht: «Kein Anspruch auf IV-Leistungen». Die Begründung: Die Depressionen seien eine Folge des Hustens. Gehe dieser weg, sei auch die Prognose für die Psyche gut. Doch der Husten geht nicht weg. Meier wehrt sich. Das Sozialversicherungsgericht gibt ihr recht: Die IV habe Meiers Gesundheitszustand ungenügend abgeklärt. Also beginnen die Abklärungen wieder von vorne. Dieses Mal gibt die IV ein medizinisches Gutachten bei einem Pneumologen und einem Psychiater in Auftrag. Bereits im Wartezimmer hustet Meier so stark, dass es dem Lungenspezialisten auffällt. Danach steigt sie auf Anweisung des Surprise 487/20

Arztes eine Wendeltreppe hoch. Als dieser sie untersuchen will, beginnt Meier zu husten, hyperventiliert dann und übergibt sich ins Lavabo. So steht es im Gutachten. Die Gutachter sind sich sicher: So etwas lässt sich nicht vortäuschen. Zumal zahlreiche vorangegangene Spezialist*innen zum selben Schluss kamen. Sie schreiben: «Der Husten ist reell, konsistent und glaubwürdig. Für die Umgebung ist er nicht zumutbar, was mit einer regulären Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt kaum zu vereinbaren ist. (...) Eine Heilung ist ausgeschlossen.» Mit diesem Husten könne Meier maximal 30 Prozent arbeiten – und auch nur in «einer absolut stressarmen Umgebung ohne Temperaturschwankungen, rauch- und staubfrei, alleine in einem Zimmer und wegen der Hustenattacken mit frei wählbaren Pausen». Weil sie zusätzlich an Depressionen leide, sei Meier gar nicht arbeitsfähig. Zurück in ihren Job im Altersheim? Ausgeschlossen. Vertrauensarzt vs. Gutachter Doch dann beugt sich ein Arzt der IV über die Akten. Dann ein zweiter. Und noch ein dritter. Schliesslich wird Meier nicht zu 100 Prozent krankgeschrieben, sondern als 100 Prozent arbeitsfähig eingestuft – und zwar ohne weitere Untersuchungen. Anhand von internen Dokumenten der IV, welche Surprise vorliegen, kann nachvollzogen werden, wie Meier buchstäblich am Schreibtisch gesundgeschrieben wurde. Der ganze Wandel in der Einschätzung von Meiers Gesundheitszustand beginnt mit leichten Zweifeln. Der Vertrauensarzt der IV stellt Rückfragen an die Gutachter, er verlangt «objektive Befunde». Zudem entdeckt er Ungereimtheiten im Dossier, im Fachjargon «Inkonsistenzen» genannt. Wie könne Meier ihren Sohn betreuen, wo sie doch schwer depressiv sei, fragt der IV-Arzt. Und warum heisse es im Gutachten, dass sie regelmässig das Medikament Codein zu sich nehme, wo doch dieses im Blut nicht nachgewiesen werden konnte? Die Antwort der Gutachter trifft wenig später ein. Zu den fehlenden objektiven Befunden schreiben sie: «In der Medizin gibt es immer wieder glaubhaft vorgetragene Beschwerden, welche weder messbar noch klassifizierbar sind.» Dieser Husten wirke «authentisch, wahrhaftig und konsistent». Ausserdem habe Meier nichts unversucht gelassen, um ihn loszuwerden. Ihren Sohn betreue sie «aus dem Pflichtgefühl und Sorgen um die Familie heraus», wobei sie auf Unterstützung angewiesen sei. Das Medikament nehme Meier nur bei Bedarf ein, weswegen es im Labortest nicht nachgewiesen wurde. Der IV-Arzt, der die Rückfragen gestellt hat, hat zwei Möglichkeiten. Die erste: Er könnte es dabei belassen und das Gutachten für plausibel erklären. Und dafür gäbe es durchaus gute Gründe. Schliesslich hielten bislang alle Ärzt*innen, die Meier untersucht hatten, die Frau für nicht arbeitsfähig. Meiers Anwältin Stephanie Elms sagt dazu: «Das Leben ist voller kleiner Inkonsistenzen. Wenn man sie einseitig und isoliert sucht, wie die IV das regelmässig macht, dann findet man sie.» Die Medikamente setzte Meier wegen starker Nebenwirkungen und auf Anraten eines Arztes ab. Das Leben gehe weiter trotz Krankheit. 9


Der Alltag müsse bewältigt werden. «Der Sohn will etwas zu essen, auch wenn der Vater arbeitet und die Mutter krank ist.» Die zweite Möglichkeit für den IV-Arzt bestünde darin, Meier aufzubieten, um die offenen Fragen zu klären. Stattdessen entscheidet er sich weder für das eine noch das andere. Auf der einen Seite schreibt er, dass «eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit wohl gegeben ist». Er schätzt, dass Meier 40 Prozent arbeiten kann und schlägt vor, sie nach einem Jahr noch einmal medizinisch zu überprüfen. Auf der anderen Seite liefert er weitere «Hinweise», um seine Zweifel zu bestätigen. So fahre Meier kurze Strecken mit dem Auto, was mit den Hustenanfällen nicht möglich sein sollte. Zudem habe sie von Schulden gesprochen, was auf psychosoziale Probleme deute. Und diese seien nicht relevant für die IV. Nun greift das Misstrauen um sich. Eine Sachbearbeiterin der IV schreibt in einer Notiz, dass das medizinische Gutachten, das Meier als arbeitsunfähig betrachtet, «nicht verwertbar scheint». Für sie stellt sich die Frage: Wie weiter? Die Beamtin hat zu grosse Zweifel, um eine IV-Rente zu sprechen, wie dies von den Gutachtern empfohlen wird. Sie hat aber auch zu wenige Beweise, um den Antrag abzuschmettern. Wie aus der Notiz hervorgeht, überlegt sie, ein weiteres Gutachten zu bestellen. Doch dann liefert unverhofft eine Routine-Abklärung der IV die fehlenden Argumente. Um festzustellen, wie stark die Krankheit im Haushalt einschränkt, besuchen Angestellte der Verwaltung die Menschen in ihrem Zu10

hause. Sie prüfen, welche Tätigkeiten möglich sind und welche nicht: aufräumen, Wäsche machen, Mittagessen kochen. Eine wichtige Frage bei dieser Haushaltsabklärung ist auch: Wie viel würde die betroffene Person arbeiten, wenn sie nicht krank geworden wäre? Mit solchen Informationen soll die Höhe der IV-Rente bemessen werden. Denn diese richtet sich nach Einkommen und Beschäftigungsgrad. Im Fall von Meier erfüllt die Abklärung aber auch noch einen anderen Zweck: Sie enthält Hinweise, aufgrund derer die IV die Schwere ihrer Krankheit infrage stellen wird. Haushaltsabklärung durch Laien Nach der Haushaltsabklärung kommt nämlich eine zweite Vertrauensärztin der IV ins Spiel. Sie erkenne «zahlreiche Widersprüche und Unklarheiten», vor allem in Meiers «Aktivitätsniveau». Bei der Haushaltsabklärung habe Meier angegeben, nur vier bis fünf Mal täglich während fünf bis zehn Minuten zu husten. Ausserdem gehe sie mit dem Sohn zu Elterngesprächen, koche regelmässig, staubsauge, beziehe die Betten und an guten Tagen bügle sie auch. «Insbesondere, sie mache die Betten selbst, ist auffällig, muss doch beim Beziehen der Matratze eine ungünstige Haltung eingenommen und ein nicht unerheblicher Kraftaufwand geleistet werden», schreibt die Ärztin. Eigentlich ist die standardmässig durchgeführte Haushaltsabklärung einzig dazu da, den Invaliditätsgrad – also die Höhe der Beeinträchtigung – zu bestimmen und nicht, um medizinische Schlüsse zu ziehen. Schliesslich wird Surprise 487/20


wicht bekamen als medizinische. «Die meisten Sachbearbeiter*innen trauten sich nicht, den Entscheid selbst zu fällen. Das überliessen sie dem Rechtsdienst. Wir wussten aber auch: Wenn wir das taten, gab es am Ende meistens keine Rente.»

die Abklärung von fachlichen Laien vorgenommen. Das Versicherungsgericht St. Gallen beurteilte diese Praxis als unrechtmässig. «Weil die Abklärer der IV-Stellen keinerlei medizinische Fachkenntnisse aufweisen, kann die Haushaltsabklärung nie eine fehlende ärztliche Arbeitsfähigkeitsschätzung ersetzen», heisst es im Urteil. Mit einem weiteren Dokument untermauert die IV-Ärztin ihren Verdacht: Sie hat sich von der Krankenkasse eine Liste mit allen Medikamenten und Therapien schicken lassen, die Meier während der letzten fünf Jahre bezogen hat. Das Resultat: Meier hat nicht immer alle ihr verschriebenen Tabletten eingenommen. Unzureichende Medikamenten-Compliance, sagt die Ärztin. Starke Nebenwirkungen, sagt Meier. Auch Vertrauensarzt Nummer drei, ein Psychiater, kennt Meier nur aus den Akten. Ihn kontaktiert die IV, weil sich Meier nicht nur wegen des Hustens, sondern auch wegen der damit verbundenen Depressionen angemeldet hat. Der Psychiater schliesst sich dem Misstrauen seiner Kolleg*innen an und kommt zum Schluss, dass die psychiatrischen Diagnosen nicht nachvollziehbar seien. Nun möchte die IV-Sachbearbeiterin den Fall abschlies­sen. Sie fragt beim internen Rechtsdienst an, ob die Ablehnung der Rente aus juristischer Sicht genügend begründet sei. Genauso wie die Gerichte haben auch die Rechtsabteilungen der kantonalen IV-Stellen in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. So erzählt es eine ehemalige Kaderfrau der IV. Sie habe es im Alltag als heikel empfunden, dass juristische Argumente mehr GeSurprise 487/20

Zu 5,67 Prozent invalide Im Fall von Meier fordert der Vertreter der Rechtsabteilung zusätzliche Argumente, warum die Depressionen nicht für eine IV-Rente reichen. Der Psychiater liefert einige weitere Zeilen zum «äusserst knappen psychopathologischen Befund». Dass Meier depressiv sei, könne zwar nicht ausgeschlossen, aber eben auch nicht nachvollzogen werden. Vor allem aber seien nicht alle Therapieoptionen ausgeschöpft worden. Nun hat die Sachbearbeiterin alles zusammen. Die Tabellen werden ausgefüllt, mit denen der Invaliditätsgrad von Meier berechnet wird. Bei der Arbeit beträgt die Beeinträchtigung 0 Prozent. Zuhause sind es gemäss Haushaltsabklärung 14 Prozent. Es wird davon ausgegangen, dass Meier heute 60 Prozent arbeiten würde und die restlichen 40 Prozent zuhause wäre. Das Resultat findet Meier wenig später fett gedruckt in ihrem Briefkasten: Sie sei zu 5,67 Prozent invalide, heisst es. Mittels Schreibtischdiagnosen gesundgeschrieben: Das Bundesgericht hat dazu beigetragen, dass es so weit kommen konnte wie bei Mirka Meier. In einem Entscheid von 2015 entschieden die höchsten Richter*innen des Landes, dass Gutachten nach einem vorgegebenen Raster verfasst werden müssten. Ist dies nicht der Fall, sind sie ungültig. Das «strukturierte Beweisverfahren» sollte für eine bessere Qualität bei den Gutachten sorgen und «ergebnisoffen und vorurteilsfrei» sein. Durch die neue Praxis hat die Verwaltung mehr Macht erhalten. Das schreibt David Husmann, Anwalt für Haftplicht und Versicherungsrecht, in einem Fachartikel für das Magazin Plädoyer. Die IV-Stellen hätten ein Instrument erhalten, um «jegliche Gutachten, die eine Arbeitsunfähigkeit attestieren, zu entkräften». Die IV-Bloggerin Marie Baumann schreibt von einem «juristischen Konstrukt», das dazu diene, «Versicherte mit psychischen Leiden mittels irrwitzigen Begründungen von Leistungen auszuschliessen». Ist das Gutachten erst einmal für nichtig erklärt, ist es für die IV-Stelle einfach, die Rente abzuweisen. Denn wer heute Antrag auf eine IV-Rente stellt, muss selbst beweisen, dass er oder sie wegen seiner Krankheit längerfristig nicht arbeiten kann. Gelingt ihm oder ihr das nicht, lautet der Grundsatz: Im Zweifel für die Versicherung. Meier akzeptiert den Entscheid der IV nicht und ficht den Entscheid erneut an. Sie willigt aber ein, es während drei Monaten noch einmal mit einem Medikament zu versuchen, das sie einst wegen starker Nebenwirkungen abgesetzt hatte. «Viel erhoffe ich mir davon nicht», sagt sie. «Ich hoffe einfach, ich halte durch.» Weder sie noch sonst jemand glaubt ernsthaft daran, dass ihr Husten damit verschwindet. Doch übersteht Meier diese Zeit, hat sie einen Beweis mehr in der Hand – dafür, dass sie wirklich leidet. * Name geändert 11


«Bin kein Sparapostel» Stefan Ritler ist der zuständige Aufseher des Bundes für die IV. Von der Politik wird er an Zahlen gemessen. Von den kantonalen IV-Stellen fordert er mehr Qualität. Geht das zusammen? TEXT  ANDRES EBERHARD FOTO  KLAUS PETRUS

12

Surprise 487/20


Erhalten Sie ab und zu Post von empörten Bürger*innen? Ja, recht häufig sogar. Wir fragen dann bei der betreffenden IV-Stelle nach. Meistens fordern wir auch das Dossier ein. Dann geben wir der Person und der IV-Stelle eine Rückmeldung. Dann kennen Sie bestimmt auch den Vorwurf, dass die IV auf Kosten kranker Menschen spare. Das ist eine Unterstellung. Wir tun hier nichts Unrechtmässiges, sondern setzen den parlamentarischen Auftrag an der Front um. Ich bin kein Sparapostel. Das Gesetz regelt den Anspruch, eine Sparanordnung an die IV-Stellen gibt es nicht. Das Gesetz will Eingliederung. Die gelingt aber oft nicht, wie Studien zeigen. Unser Job ist es, die Menschen zu befähigen, dass sie nach Möglichkeit einen Erwerb erzielen können. Arbeit versprechen können wir aber niemandem. Was passiert mit den Menschen, die von der IV abgelehnt werden oder ihre Rente verloren haben? Fachleute an der Front sprechen von sozialem Elend. Viele haben die Erwartung an uns, zu wissen, was mit den Menschen passiert, die keine Leistungen bekommen. Das erstaunt mich, denn im ganzen System der sozialen Sicherheit ist das sehr schwierig zu wissen. Bei der Arbeitslosenversicherung oder bei der Sozialhilfe beispielsweise stellt niemand diese Frage. Wir sind aber bereits daran, ein Reporting aufzubauen. Demnächst erscheint eine Studie dazu, ob es Verlagerungen zwischen der IV und der Sozialhilfe gibt. Und? Es gibt Menschen, die rechtlich keinen Anspruch auf IV-Leistungen haben und davor oder danach Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe beziehen. Es gibt auch solche, die zuerst Sozialhilfe bezogen haben und danach stattdessen IV-Leistungen erhalten. Also doch: Wer keine IV bekommt, landet in der Sozialhilfe. Bestimmt nicht alle. Aber das gibt es natürlich, es ist in unserem Sozialsystem so angelegt. Die Hürden für IV-Rentenleistungen sind relativ hoch. Es braucht dafür einen IV-Grad von 40 Prozent oder mehr. Es gibt also Menschen, die zwar auf eine Weise eingeschränkt sind, dass sie UnterSurprise 487/20

stützung brauchen, die aber trotzdem keinen rechtmässigen Anspruch auf eine IVRente haben. Krank werden und dann trotzdem keine Unterstützung bekommen. Finden Sie das nicht schlimm? Ich bedaure das persönlich, aber das demokratisch verankerte System sieht es so vor. Wir können eine Versicherungsleistung nicht als Fürsorgeleistung anbieten. Dafür ist die Sozialhilfe da. Ihr oberster Chef, Bundesrat Alain Berset, ordnete auf politischen Druck hin eine Untersuchung gegen das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) an. Sie hatten für jeden Kanton festgelegt, ob dieser die sogenannte Rentenquote, also die Anzahl der Renten pro Einwohner*in, halten oder senken sollte. Das wurde immer einvernehmlich festgelegt und diente als Diskussionsgrundlage. Es wurde ausserdem immer nur die Entwicklung im jeweiligen Kanton betrachtet. Die IV-Stelle kann die Entwicklung der Rentenquote in der Regel begründen. Die Verhältnisse in Genf und Appenzell sind nicht dieselben. Nun werden wir keine rein quantitativen Messwerte mehr vereinbaren und rücken qualitative Kriterien in den Vordergrund. Als Steuergrösse im Gesamtsystem wird die Rentenquote aber bleiben. Also werden die Quotenziele gar nicht abgeschafft. Ganz ohne Kennzahlen und Steuergrössen geht es nicht. Ich muss eine Finanzplanung machen und der Politik erklären können, wofür die 9,5 Milliarden Budget ausgegeben werden. Und auch, warum die Renten zunehmen oder abnehmen. Das Grundproblem bleibt: Die IVStellen sind nicht neutral, wenn sie gleichzeitig sparen sollen. Im Zweifelsfall entscheiden sie für die Versicherung. Nein, das dürfen sie nicht. Es gibt auch keine Sparvorgabe. Die IV-Stellen haben die verdammte Pflicht, in alle Richtungen zu prüfen und ihre Entscheide sachgerecht zu begründen. Das IV-Verfahren ist sehr komplex, in jedem Dossier sind zahlreiche Einschätzungen enthalten, von der Person selbst, von den behandelnden Ärzten, vom Arbeitgeber, von Eingliederungsfachleuten. Und wenn dann medizinische Aspekte noch unklar sind, gibt es einen Auftrag mit konkreten Fragen an externe Gutachter.

Die werden von Ihnen bezahlt. Sind es Gefälligkeitsgutachten? Nein. Wenn es Widersprüche gibt im Dossier, ist es die Pflicht der IV-Stelle, diese Differenz zu erklären. Schafft sie das nicht, wird sie von den Gerichten verpflichtet, den Fall neu zu beurteilen. Es interessiert mich, welche IV-Stelle wie viele solche Rückweisungen erhält. Das ist ein Qualitätskriterium. Sie machen einen Spagat. Selber werden Sie von der Politik nach Zahlen bewertet. Die IV-Stellen weisen Sie nun an, qualitativ besser zu werden. Wenn deswegen Kosten und Rentenzahlen wieder steigen: Geben Sie dafür Ihr Okay? Klar. Ich werde nun immer an diesen Zahlen aufgehängt. Dabei sind mir qualitative Aspekte wichtiger. Ich will bei jeder Reklamation wissen, was das Problem ist. Wie finden Sie die Idee, dass statt gewinnorientierter Ärzt*innen oder Firmen künftig der Staat für die Erstellung der Gutachten zuständig sein soll? Das muss die Politik entscheiden. Persönlich bin ich nicht begeistert. Besser finde ich, sich vor einem Gutachten auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Also bei der Wahl des Gutachters. Das ist jetzt schon so und wird noch verstärkt. Das heisst: Wenn es ein externes Gutachten braucht, macht die IV-Stelle einen Vorschlag. Passt dieser dem Versicherten nicht, kann dieser einen anderen verlangen. Und man versucht sich auf einen Gutachter zu einigen. Es gibt schon heute IV-Stellen, die den Versicherten eine Liste mit Namen in die Hand geben und fragen: Wen wollen Sie? In diese Richtung muss es gehen. Aber das Problem mit den Gutachter*innen hat doch System. Oft wird am Schreibtisch entschieden, wie die Fälle zeigten, die publik wurden. Wegen solcher Fälle sind wir mit Inclusion Handicap in Kontakt. Die Organisation hat eine Meldestelle eingerichtet. Stellt sich heraus, dass ein Gutachter wiederholt Berichte verfasst hat, die vor Gericht nicht standhielten, nimmt die IV-Stelle ihn von der Liste.

Stefan Ritler (62) ist Vizedirektor und Leiter des Geschäftsfelds Invalidenversicherung des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV). 13


Wir hätten da ein paar Lösungen Eine menschlichere IV ist möglich: 6 Vorschläge für eine Reform, wie sie Politik, Fachpersonen, Lobby- und Betroffenenorganisationen fordern. TEXT  ANDRES EBERHARD

1. Vom

Mark t- zum Fast a Staat lle IVsm o d ständ ell igen Ä Gutachten tierte w r z erde t*inn n diese Firmen er en oder ge n von selbs w i fallen hren Auftr tellt . Die G innoriene a schre tun und kr ggebern e fahr, dass ib a spare en, ist gro nke Mensc inen Ges h n Spitäl . Ö ffentlic s. Denn die en gesund e h gewin r sind schw e, unabhä IV muss n n pflich en. Man m er für die A gige t das «S en. Nach v üsste sie d ufgabe zu a ie Jahren taatsmode l Kritik wi zu verl l schon . Kantone k l» prüfen – i l der Bund n ö trag ih jetzt in den nnten IV-G fünf rer Sp V u itäler ersorgung tachten integr s ieren. aufe gen M g n e t k a F . 2

y t hen

Nur 0,3 Pro nicht wahr. ft o ie r d e b te a   –   tz h se d mächtig en. Dennoc g ü tr Mythen sin e b n e e h isc -Versichert pagne drast zent der IV liden-Kam a v in hte gepriein ic e h h sc c rS olgsge rf E ls a SVP mit de ie d , h e Unterahmen durc nte». Bis ein e R r vo Sparmassn g n ru ben fast : «Eingliede s Arbeitsle in r h e k k sen wurden c ü ie R hen, die von igte, dass d den Mensc it suchung ze m alrt ie ss a Was p n in der Sozi Viele dürfte nie gelingt. ? n . e rd zu e a d w die wiesen eint eine Stu h c der IV abge rs e r» st d h il c kheitsb e – demnä nklare Kran U « hilfe landen : s o th y IV lscher M Anzahl der Noch ein fa , warum die d n s darauf ru ie G w n ls a n e Bauma e ri a galten lang M n ri e Er führt g. IV-Blogg issen kann. w t h ic Renten stie n r a g Standard. r Bund das em uralten in e ch a hin, dass de n ik tist chende Sta sse Daten. die entspre n zeitgemä u n t g n a rl alrat ve Der Nation

Quellen: 1. Studie Universität Bern im Auftrag des EDI; Soluna Girón, Jusletter; Thomas Ihde, Präsident Pro Mente Sana.

14

2. BfS; Studie Niklas Baer im Auftrag des EDI; Stefan Ritler, Vizedirektor BSV (in diesem Heft); Yvonne Feri, Nationalrätin; Marie Baumann, Blog ivinfo, Vorstoss Gabriela Suter, Nationalrat.

3. Gutachterunwesen stoppen Die Gutachten bei der IV sind ein Problem. Das hat die Politik erkannt und Massnahmen zu Transparenz und Aufsicht beschlossen. Geprüft wird zudem ein flächendeckendes Zufallsprinzip bei der Vergabe. Falls ein Systemwechsel nicht gelingt (siehe 1), wäre zudem eine Beschränkung der Anzahl Gutachten pro Mediziner*in möglich sowie die Bedingung, dass diese*r zwingend auch Patient*innen therapiert. Viel bewirken könnte eine verhältnismässig kleine Änderung im Gesetz. In Artikel 16 ATSG steht, dass der Invaliditätsgrad (Höhe der IV-Rente) bei «ausgeglichener Arbeitsmarktlage» zu bestimmen sei. Auf dieser Grundlage argumentieren IVÄrzt*innen häufig, dass Versicherte «in angepasster Tätigkeit» arbeiten könnten – auch wenn es die erwähnten belastungsarmen Stellen gar nicht gibt. Möglich gemacht haben das die Gerichte, die den Gesetzestext als Verpflichtung zu einer fiktiven Einschätzung der Erwerbsfähigkeit deuten. Die Gesetzgebung wollte mit dem Ausdruck ursprünglich aber lediglich die Zuständigkeiten zwischen IV und Arbeitslosenkasse klären. Ein Bericht der Nationalratskommission von 1999 legt nahe, dass vielmehr «normale Arbeitsmarktverhältnisse» gemeint waren.

3. Procap; Rainer Deecke, Anwalt; Philip Stolkin, Anwalt; Schweizerisches Bundesarchiv (online).

Surprise 487/20


4. Lobby bilden Alleine gegen den Staat: So kämpft, wer sich gegen Entscheide der IV wehrt. Solange gravierende Missstände als Einzelfälle abgestempelt werden, wird sich am System nichts ändern. Die Betroffenen werden weiter stigmatisiert. Der Zürcher Psychotherapeut Armin Baumann hat darum eine Selbsthilfegruppe gegründet. Die Organisation Inclusion Handicap betreibt eine Meldestelle. Sie kann Druck auf den Bund ausüben und fordern, dass zu Unrecht Abgewiesene neu beurteilt und entschädigt werden. rung ä l k b A 5. M e Faire te dizin s . 6 tatt Pa Wer sic t Q uo ldet . t a h bei d r t a s rschu g e v r er IV a n beweis a e r fen ten nmeld en. Ge eit Jah derung sel et, m lin i d V ist s

gt das afür is uss se nicht, t, dass gibt es ine Krankhe sich G der M it keine R e edizin einmis richte verst ente. G Rechts ä c r r u he kt in B , argum elange nd entiere n. Invalidität Berich n sie. A sei ein te von e Frag behan ls Folg ter*inn e des delnde e davo en vor n n Ä z G ählen r würde ericht zt*inn ne en und wenig . Diese gen, m her zugunst seien b Psychiaen ihre eint da efang r Patie s Bund es den en und nt*inn esgeric mediz e n auss h in t . Dag ischen kraft». aegen a Dies, o Gutac ttestie hten d bw cherun rt er IV « gsmed ohl manche volle B der be iziner* ren. Da eweisauftra innen s zeige g e ten Ve h er zug n Stat achter rsiunsten istiken *innen zur Ar der IV . Der E heute beit ein abkläinfluss derart zelner der J gro len me Gutdizinis ss, dass die M ustiz bei de ch unk r IV ist itarbeit nen R lare Fä echts enden lle imm abteil der IV es kau ung vo er auc m je e r h der in -Stelle gen. G ine Re frau. B ternte, er ehand zählt e eschehe die elnde Fachp s in , g e m ebe e edizin ersone ische u hemalige Ka n forde rung. G d n e r d thera n nun rer mehr E peutis schwe ade psychia che influss trisch r in ein bei de e Diag b für str r Abklä nosen ittige F is zwei Stun li essen d ä lle ein en fäll nen, w sich en. Dis runder eitere k in die Tisch, gliede Behan an dem utiert wird rungsf d lu I a V n chleut g Einb keit w es ezogen Ärztinäre, Pa tient*in itzen. Eine e s währe owie E weiter nen fü nd zw ine Mög r eine ei Woc li chg ründlic hen zu he Abk hospit alisier lärung en.

4. Armin Baumann, Psychotherapeut (Kontakt Gruppe: armin.baumann@therapiezentrum-hirschenplatz.ch); Inclusion Handicap; Verein Ethik und Medizin Schweiz.

Surprise 487/20

lie be Die I tellen ereing S d e i V I W e i Weil sen d ruck t, müs Der D itik geling en sparen. viel Kr h t c n a e N e den R Bund. e Ziel t vom n kein u m n ät sei m t r i o l e k Qua dies . t r r h a e b verein oten m V-Stellen tenqu n e ir Die I R r fü Fall fa eisst: H . r e jeden g i t m h u u c i , z s w kay nn die das O lch we u ren so haben a h – ü f n n e e r t ä l n selnd Re abzuk sten u le IV-Stellen gt o K r h zei me ona nnen, s kant ö s k uf a n D e . lte setzt a ewirk e i b S s . a w Zürich ei der ber et ie SVA Einigung b em d t i e z der z und n. Zud *paren r*inne e t h wält c Trans a tenan Gut n r a, e e i t d l a üft etw Wah r mit P p h e c i i s .S ie IV, Tisch setzt s an die einen r n u a n n t inne n die n nich auch a n köntachte ob Gu gleichzeitig rde rn ckt we rt i e h d c n s o e s g e erhind herten hnnte v Versic ö Gutac k d t i n u m a e l l D te nten. or Ver s IV-S n, bev n, das e r e ene t d i r o d e w ine p e espon r r – o n k wisse illkür. ter*in davon rdenw e ö t h r e e h B sic e für Quell zielle

5. Entscheide des Bundesgerichts; Ulrich Meyer, Bundesrichter; Rémy Wyssmann, Anwalt; ex-Kaderfrau SVA Zürich (anonym); Doris Brühlmeier, Psychiaterin; Thomas Ihde, Pro Mente Sana.

6. Bundesamt für Sozialversicherungen; Holger Hügel, Anwalt.

15


Kommentar

Lieber Herr Berset Ich hoffe, Sie sind gesund. Das ist das Wichtigste. So banal das klingen mag, es lohnt sich, das zu sagen, gerade in diesen Zeiten. Bestimmt haben Sie wenig Zeit, darum komme ich gleich zur Sache. Es geht um die Invalidenversicherung, für die Sie als Bundesrat zuständig sind. Stopp! Bitte nicht weglegen. Klar, Sie hatten bereits eine Untersuchung im zuständigen Bundesamt für Sozialversicherungen angeordnet. Und die Politik hat einige sinnvolle Massnahmen beschlossen. Doch das wird nicht reichen. Die Probleme werden zu Ihnen zurückkommen wie ein Bumerang, in einem, in zwei, vielleicht auch erst in fünf Jahren. Denn der Fehler, der sich nun schon seit beinahe zwei Jahrzehnten im System der IV befindet, ist nach wie vor nicht behoben. Doch dazu später mehr. Das ist die eine Seite, die politische. Die andere ist die menschliche. Stellen Sie sich vor, Sie werden krank und verlieren Ihren Job. Dann sagt ein Arzt zu Ihnen: Herr Berset, Ihnen fehlt nichts, Sie können arbeiten. Das wünschen Sie sich ja auch, also bemühen Sie sich um eine Stelle. Aber Sie finden keine oder es geht einfach nicht, die Belastung ist zu hoch. Können Sie sich vorstellen, wie zerrissen und wertlos sich diese Menschen fühlen? Natürlich, bei der IV geht es um Geld, um Renten, auch um Eingliederung. Aber vergessen Sie bitte nicht, dass es noch um etwas anderes geht: um Würde.

16

Denn das ist eine der Ideen, warum der Staat uns sozial absichert. Und dass er das tut, macht das Leben für uns alle besser, ohne Frage. Ob Altersvorsorge, Arbeitslosenkasse, Unfall- und Invalidenversicherung oder auch die Sozialhilfe: Das alles sind grosse Errungenschaften im Sinne der Menschenwürde – allerdings aus dem letzten Jahrhundert. Manche halten das System als Ganzes für überholt. Der Zürcher Menschenrechtsanwalt Philip Stolkin etwa fordert eine Allgemeinversicherung. Am Beispiel der IV zeigen sich die Probleme sehr klar: Kranke Menschen, die abgelehnt werden, landen in der Sozialhilfe. «Was bringt es, wenn die Menschen von einem Kässeli ins andere geschoben werden?», fragte mich Ihre Parteikollegin und Nationalrätin Yvonne Feri kürzlich am Telefon. Sie fand, wir sollten nicht nur über die Finanzen reden, sondern vor allem über die Menschen. Ich hatte darauf keine Antwort. Sie? Darum geht es mir in diesem Brief. Führen Sie sich bitte noch einmal konkret vor Augen, welche Missstände bei der IV ans Licht gekommen sind: Ärzt*innen wie Dr. K., die eine halbe Million Franken pro Jahr allein von der IV verdienen und praktisch jede*n gesundschreiben; die Millionenfirma ABI, die mit Tricks versucht, das Zufallsprinzip bei der Vergabe der Gutachten auszuhebeln, um an mehr Aufträge zu kommen; pauschal bezahlte Ärzt*innen, die manchmal aus dem Ausland einfliegen, psychiatrisches Speeddating betreiben, Gutachten mithilfe von Copy-and-paste verfassen oder fragwürdige Simulationstests durchführen; IV-Beamt*innen, die un-

Surprise 487/20


liebsame Gutachten am Schreibtisch ins Gegenteil verkehren, nach dem Motto: Wenn jemand die Betten selbst beziehen kann, kann er auch arbeiten. Niemand kann ernsthaft glauben, dass diese Missstände einzig auf ein paar unseriöse Ärzt*innen zurückzuführen sind. Der Fehler ist im System angelegt, und er ist augenfällig: Wo starke finanzielle Anreize im Spiel sind, ist Unabhängigkeit unmöglich. Dabei gibt es zwei Baustellen. Die erste sind die privaten, externen Gutachter*innen: Manche von ihnen leben vom Geld der Versicherung. Also urteilen sie eher im Sinne des Auftraggebers und gegen die Betroffenen. Anders formuliert: Sie beissen nicht die Hand, die sie füttert. Statistiken von Anwält*innen belegen diesen Verdacht. Gerichte könnten hier eingreifen. Doch das tun sie nicht. Denn sie gehen davon aus, dass die IV-Stellen die Gutachten unparteiisch überprüfen. Eine Versicherung kann aber unmöglich neutral sein, wenn sie gleichzeitig sparen muss. Die IV ist in der Abklärung Partei – genauso wie Krankenkassen, wenn es um die Frage geht, ob sie für Leistungen aufkommen müssen. Deshalb: Setzen Sie alles daran, den Fehler im System endlich zu beheben! Damit all die Menschen, die darunter leiden, nicht warten müssen, bis der Bumerang zurückkommt. Einige Vorschläge finden Sie auf Seite 14. Zum Schluss eine Frage an Sie: Wer darf bestimmen, ob wir jemals wieder in der Lage sein werden zu arbeiten, wenn wir krank sind? Möglicherweise stimmen

Surprise 487/20

Sie mir zu, dass dies nicht nur eine medizinische, sondern auch eine ethische Frage ist. Schliesslich geht es auch darum: Wenn ein Mensch leidet, aber Ärzt*innen keine organische Ursache finden für den Schmerz, wem glauben Sie dann? Für die IV ist das weder eine medizinische noch eine ethische Frage, sondern eine juristische. Denn Invalidität gilt heute als Frage des Rechts. Dadurch ist eine Art juristische Parallelmedizin entstanden. Diese wahrt eine kritische Distanz zu den Menschen, misstraut ihnen grundsätzlich, fordert stets das Objektivierbare, Beweisbare. Bei der IV zählen heute nur noch die Gutachten solcher Versicherungsmediziner*innen. Vor Jahren beschwerte sich ein Therapeut deswegen bei Ihnen und warf Ihnen ein unmenschliches Verständnis von Krankheit vor. Sie antworteten, die IV wende eben einen «leistungsorientierten Krankheitsbegriff» an. Vielleicht, so hoffe ich, wird Sie die jetzige Ausnahmesituation zu einem Umdenken bewegen: Mediziner*innen sollten sich nicht an wirtschaftlichen Interessen orientieren. Sondern an den Menschen. Bleiben Sie gesund. Freundliche Grüsse, Ihr Andres Eberhard

Hintergründe im Podcast: Reporter Andres Eberhard spricht mit Radiomacher Simon Berginz über die grosse IV-Recherche. surprise.ngo/talk

17


1

2

Reiches Land armer Leute Arbeitsbedingungen Der Schweizer Baustoffhersteller LafargeHolcim betreibt im indischen Chhattisgarh zwei Fabriken. Die Fotografin Karin Scheidegger hat die Arbeiter*innen besucht. TEXT UND FOTOS  KARIN SCHEIDEGGER

INDIEN

Chhattisgarh

3 18

Surprise 487/20


2012 feierte der Schweizer Zementhersteller Holcim (heute LafargeHolcim) sein 100-Jahr-Jubiläum mit der Fotoausstellung «Industrious» im Berner Kunstmuseum. Meine Fotoreportage, die soeben unter dem Titel «Rich Lands of Poor People» in Buchform erschienen ist, ist sowohl eine Antwort auf diese Ausstellung wie auch eine Hommage an die marginalisierten Arbeiter*innen im indischen Chhatthisgarh. Dort stehen zwei Zementwerke von LafargeHolcim. In der Schweiz präsentiert sich Holcim als Unternehmen mit hohen Ansprüchen an soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit. Obwohl die Ausstellung «Industrious» die weltweite Arbeiterschaft des Unternehmens ins Zentrum des Interesses rücken wollte, vergass Holcim im Zuge seiner Jubiläumsfeierlichkeiten, auf die dunklen Flecken im eigenen Zementimperium zu blicken. In den Holcim-Förderländern des globalen Südens sind Menschenrechtsverletzungen, ausbeuterische Arbeitsbedingungen, Umweltzerstörung und Korruption an der Tagesordnung. Die «Industrious»-Ausstellung setzte eine Kontroverse in Gang: Die Berner Kunstwelt, Politaktivist*innen und Medien debattierten den ganzen Frühling 2012 über die Kunstfinanzierung durch Grosskonzerne und darüber, wie Holcim beim Versuch, sein «menschliches Gesicht» zu zeigen, womöglich über das Ziel hinausgeschossen war. Ich wollte jenen Menschen eine Stimme geben, die Holcim in der eigenen Fotoarbeit nicht berücksichtigte. Meine Bilder sind 2013 und 2014 entstanden. Die Geschichte jedoch wirkt bis in die Gegenwart hinein. Im Verlauf meiner Reportage wurden mein indischer Reisebegleiter, der Menschenrechtsaktivist und Dokumentarfilmer Ajay T.G., und ich mit jenen Realitäten konfrontiert, die für viele Menschen Alltag sind, die sich gegen die industrielle Allmacht wehren: Wer protestiert, wer kritisiert und wer schon nur genauer hinschaut, wird kriminalisiert. Als mein Begleiter im April 2013 von Holcim-Sicherheitskräften zusammengeschlagen wurde, wurde die Geschichte persönlich. Plötzlich ging es nicht mehr nur um meine Reportage, sondern um einen tätlichen Angriff gegen meinen Übersetzer und Begleiter. Anlass waren Fotos, die ich in der Nähe der Fabrik von einer öffentlichen Strasse aus geschossen hatte. Bei meiner zweiten Reise 2014 verfolgte die örtliche Polizei meine Spur bis in den Himalaja, 2016 wurde mir ein Einreiseverbot auferlegt. Es sind Ohnmachtserfahrungen, mit denen die Arbeiter*innen vor Ort täglich zu kämpfen haben. Und es sind Auswirkungen einer globalisierten Wirtschaft in einem korrupten System. Dabei reproduziert und zementiert LafargeHolcim bestehende Diskriminierungen und bedient sich einer höchst ausbeuterischen Tradition. Ich erreichte vor den Toren der Zementfabrik die Grenzen der Pressefreiheit. Trotzdem und gerade deswegen ist diese Fotoreportage mein persönlicher Beitrag zur Meinungsbildung rund um die komplexe Frage der Verantwortung von Grossunternehmen. Meine eigene Erfahrung macht eine viel grössere Geschichte sichtbar. Es geht um Land, Ressourcen, Bodenschätze. Aber auch um eine lange Tradition des gewerkschaftlichen Kampfes und einen Protest, der der Öffentlichkeit entgangen ist.

1 — Für Tourist*innen gibt es in Chhattisgarh nichts zu sehen. In Jamul am Stadtrand der Industriestadt Bhilai. Auf der anderen Seite der Mauer steht die Fabrik der Associated Cement Companies ACC, einer Tochtergesellschaft des Schweizer Baustoffkonzerns Holcim, heute LafargeHolcim. Holcim hat sich 2005 in den boomenden indischen Zementmarkt eingekauft und dabei einen alten Konflikt miterworben, der in der Geschichte der Industrialisierung wurzelt. Viele Familien, deren Land für den Bau dieser Fabriken enteignet wurde, erhielten keine Kompensation und auch keine der zugesagten Festanstellungen. Ihre Nachfahren kämpfen bis heute um ihre Rechte. Für die, die seit Generationen hier leben, ist dieses Land heilig. Dass durch die industrielle Expansion viele alte Kult- und Pilgerstätten zerstört werden, zieht angeblich den Zorn der Göttin Kali nach sich: Die Landbevölkerung bringt die vielen Todesfälle, welche die Industrie und die Grossbaustellen fordern, damit in Verbindung. 2 — Businessmodell Leiharbeit. In den Zementfabriken von LafargeHolcim in Chhattisgarh arbeiten bis zu 80 Prozent Leiharbeiter*innen zu viel schlechteren Konditionen als die Festangestellten. Sie erhalten nur ein Drittel des Lohns von Festangestellten und haben keinen Zugang zu Sozialleistungen. Zwar gibt es Gesetze zum Schutz der Arbeiter*innen, aber sie werden von der Industrie oftmals ignoriert. Die Langsamkeit der Gesetzesmühlen machen sich auch internationale Unternehmen wie LafargeHolcim zunutze. Im Bild Raj Kumar Sahu, der Präsident von PCSS (Pragatisheel Cement Sharmik Sangh, deutsch: Die fortschrittliche Gewerkschaft der Leiharbeiter*innen). PCSS ist die Gewerkschaft der Zement-Leiharbeiter*innen, die wegen Verletzung von OECD-Richtlinien gegen Holcim Beschwerde führte. 3 — Arbeiter*innen beim «Jamul Expansion Project». Die neue Fabrikanlage soll mit weniger Arbeitskräften noch mehr produzieren. Ist bei LafargeHolcim von sozialer Verantwortung und fairen Arbeitsbedingungen die Rede, sind nur die Festangestellten gemeint.

Das Surprise Strassenmagazin berichtete bereits 2013 und 2014 über Scheideggers Reportage und die Realitäten in Chhattisgarh: issuu.com/surprise/docs/rz_surprise_303_web issuu.com/surprise/docs/surprise_323_rz_web Surprise 487/20

19


«Gebt die Jobs der lokalen Jugend und bezahlt faire Löhne. Wenn das so weitergeht, sind wir bald alle arbeitslos.» L A XMI DEVANGAN, ARBEITERIN DER L AFARGEHOLCIM-FABRIK

4 — Die Basisbewegung in Bhilai. Vereint unter dem rotgrünen Banner der Bauernund Arbeiterschaft: Rot steht für die Arbeiter*innen und Grün für die Bauernschaft und Landarbeiter*innen sowie für Ökologie an sich. Die Basisbewegung «Chhattisgarh Mukti Morcha» (CMM) ist lokal fest verankert und viel mehr als eine Gewerkschaft. Sie ist eine soziale Bewegung, die nicht nur die Leiharbeiter*innen der regionalen Industriebetriebe vereint, sondern zugleich eng mit der Bauernschaft und ihren Landrechtskämpfen vernetzt ist. Sie steht ein für die Anliegen der Adivasi, der Indigenen, und der Dalit, der Kastenlosen, und macht sich für die Frauenförderung stark. CMM fährt eine mehrgleisige Strategie. Es geht um Widerstand, vor allem aber um den Aufbau von Alternativen. Die Gewerkschaft fordert demokratische Grundrechte unter Einbezug des Rechtswegs ein. Sie zeigt konsequent die Mängel in den demokratischen Prozessen auf und prangert deren Missachtung an, einerseits auf der Strasse, anderseits in den Betrieben mit Protestaktionen, Demos und Streiks. Dies macht CMM bei der lokalen Industrie unbeliebt. 5 — Der Geist Shankar Guha Niyogis ist allgegenwärtig in Jamul. Seine Statue steht unweit der Fabriktore von «ACC Jamul». Er ist Held, Märtyrer und Vaterfigur: ein wichtiger Sozialreformer und einer der Ersten, der die Situation der Leiharbeiter*innen anprangerte. In den 1970er- und 80er-Jahren organisierte er erfolgreich die Arbeiter*innen im Industriegürtel von Bhilai und forderte verbesserte Arbeitsbedingungen ein. Er war der Gründer der Basisbewegung CMM. 1991 wurde Niyogi von Auftragskillern der lokalen Industrie ermordet. 20

6 — Kämpfen hat sich gelohnt. Laxmi Devangan arbeitete 25 Jahre lang für die ACC Zementfabrik. Sie hatte nie einen festen Arbeitsvertrag. Ihre Aufgabe war das Abstempeln von Zementsäcken – 10 000 bis 15 000 Stück pro Tag. Die Arbeiter*innen arbeiteten schnell, der Job verlangte ihnen physisch viel ab. Dann kam Holcim, und damit eine neue Maschine. Laxmi wurde nach 25 Jahren Arbeit für die ACCZementfabrik einfach durch die Maschine ersetzt. PCSS kämpfte neun Monate lang, dann konnte Laxmi ihre Arbeit bei ACC wiederaufnehmen. Laxmi kritisiert auch, dass die Fabrik immer mehr Menschen einstellt, die nicht aus der Region kommen. Sie erledigen dieselbe Arbeit zu schlechteren Konditionen und stellen viel weniger infrage als die gut organisierten lokalen Arbeiter*innen. Ihrer Überzeugung nach ist dies eine Strategie, um die lokalen Arbeiter*innen kleinzuhalten. Zudem erhielten Leute, die sich gewerkschaftlich engagieren, oft keine Arbeit mehr im Ort. Gleichzeitig seien die billigen zugewanderten Arbeitskräfte lokal nicht verwurzelt und damit leichter auszubeuten. 7 — Arbeitsmarkt der Taglöhner*innen. 10 Uhr morgens: Wer um diese Zeit noch hier steht, wird für minimalstes Entgelt jeen Job annehmen, den er oder sie kriegen kann. Eine Taglöhnerin erhält im Durchschnitt zwei Franken, ein Taglöhner bis zu drei Franken. Vier Franken am Tag würden bereits einen grossen Unterschied machen. Der Gruppe der Festangestellten, die Vorteile wie angemessene Löhne, Krankenversicherung und diverse Boni geniessen, steht der grösste Teil der Bevölkerung gegenüber, der auf vertragslose Arbeit im sogenannten unorganisierten Sektor angewiesen ist: Diese prekär Beschäftigten machen etwa zwei Drittel der Arbeitnehmer*innen aus. Gesetze zum Schutz der Arbeiter*innen gäbe es zwar, aber sie werden von der Industrie oftmals ignoriert. Die privilegierten Festangestellten sind in grossen, von der Industrie anerkannten Gewerkschaften organisiert, die oftmals als verlängerter Arm des Managements und der politischen Parteien wirken. Sie werden auch als «Instrumente des privaten Kapitals» bezeichnet. Den Leiharbeiter*innen hingegen wird vonseiten der Arbeitgebenden mehrheitlich ein Gespräch verweigert. Zu welcher Kategorie von Arbeitskraft jemand gehört, hat eigentlich immer mit Kaste und Herkunft zu tun.

4

7

Karin Scheidegger ist freischaffende Fotografin aus Bern. Sie bewegt sich hauptsächlich im Bereich der Reportage- und Porträtfotografie und setzt eigene Kunstprojekte um. Surprise 487/20


6

5


8

1

«Wir sind mit den Fällen, die wir betreuen, gewachsen: vom lokalen Arbeitsgericht bis hin zum höchsten Gericht von Chhattisgarh und an den Verhandlungstisch mit Holcim.» SUDHA BHAR ADWA J, GEWERKSCHAF TSANWÄLTIN

10 22

Surprise 487/20


8 — Entrechtete Menschen sind preiswerte Arbeitskräfte. Die jahrhundertealte Diskriminierung der ländlichen Bevölkerung und ihrer ärmsten Bevölkerungsgruppen, geprägt von den Stigmata der Kastengesellschaft, ist immer noch viel stärker als alles, was die «Corporate Social Responsibility»-Strategien westlicher Firmen ausrichten können. Denn mit der Diskriminierung ist auch eine scheinbar unendliche Quelle sehr billiger Arbeitskräfte verbunden. Adivasi-Frau im Durg-Distrikt. 9 — Sie haben ihre Forderungen bis nach Bern getragen. PCSS hat geschafft, was noch nie einer Leiharbeiter*innen-Gewerkschaft gelungen ist: den internationalen Mutterkonzern ihres Arbeitgebers an den Verhandlungstisch zu bringen und damit die Anerkennung zu bekommen, dass die Verantwortung für die Leiharbeiter*innen beim Konzern liegt. In diesem Fall bei LafargeHolcim. Im Bild Raj Kumar Sahu und Lakhan Sahu. Lakhan Sahu kam bereits im Surprise-Text vom Juni 2013 vor: «Holcims Hinterhofarbeiter», Surprise 303.

BILD: ZVG

9

Surprise 487/20

Karin Scheidegger: «Rich Lands of Poor People — Reiches Land armer Leute. Das Szenario von Chhattisgarh», Artist Edition 2020, 64 CHF. Bestellbar unter karinscheidegger.ch/klick.

10 — Im Namen des Gesetzes. Die Arbeiter*innen- und Menschenrechtskämpfe werden nicht nur auf der Strasse und in den Betrieben geführt, sondern vermehrt auch in den Gerichtssälen ausgetragen. Die Organisation Janhit unterstützt jene, die in einem korrupten System und umgeben von Wachstumswahn übergangen oder bewusst übersehen werden. Der rechtliche Weg birgt durchaus Chancen, aber er ist langwierig und mühsam. Sudha Bharadwaj (Mitte) ist eine wichtige Stütze für die Arbeiter*innen. Sie ist die Anwältin von PCSS und CMM und eine zentrale Figur bei Janhit, eine unermüdliche Fürsprecherin der Unterdrückten und Entrechteten. Und sie ist eine Staatsfeindin: Sudha Bharadwaj wurde am 28. August 2018 verhaftet. Einige sprechen von einer Hexenjagd durch HinduFundamentalisten. Sie soll eine Terroristin sein, die bei der Anstiftung von Kastenunruhen mitgewirkt haben soll. Zudem wirft man ihr vor, Teil eines Plots gewesen sein, der die Ermordung des indischen Premierministers Narendra Modi zum Ziel hatte. Solche Vorwürfe werden in Indien häufig genutzt, um Menschenrechtsverteidiger*innen zu brandmarken und unter dem Deckmantel drakonischer Anti-Terrorgesetze zu verfolgen. Bis zum heutigen Tag – mehr als zwei Jahre später – hat die ermittelnde Behörde keine glaubwürdigen Beweise für diese Anschuldigungen vorgelegt. Der langwierige Prozess und die Verweigerung des Rechts auf Kaution und Berufung soll die verhafteten Aktivist*innen zermürben. Dies ist nicht nur im Fall von Sudha Bharadwaj so. Auch Tausende andere, die sich für die Grundrechte der Menschen am Rande der Gesellschaft einsetzen und sich den Interessen der Indus­­­trie entgegenstellen, werden mit konstruierten Anklagen mundtot gemacht.

Gewinnen Sie Lesestoff Wir verlosen drei Mal «Rich Lands of Poor People». Schicken Sie uns eine Postkarte oder eine E-Mail mit dem Betreff «Buch gewinnen» an Surprise Strassenmagazin, Münzgasse 16, 4051 Basel oder an info@surprise.ngo. Einsendeschluss ist der 21. November 2020. Viel Glück! Die Gewinner*innen werden ausgelost und ab Ende November persönlich benachrichtigt. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. 23


«Das ist das Downgrading von ‹Brot und Spiele›» Kino Der Regisseur Stefan Haupt spürt in seinem essayistischen Dokumentarfilm

dem Unwohlsein der Privilegierten in einer ungerechten und überfordernden Welt nach. Und fragt danach, wie man Verantwortung übernimmt.

Sie haben letztes Jahr «Zwingli» ins Kino gebracht, einen historischen Spielfilm mit einem Budget von fast 6 Mio. Franken. Und nun das «Zürcher Tagebuch», einen persönlichen, essayistischen Dokumentarfilm mit einem Budget von einer halben Mio. Franken. Gibt es eine Gemeinsamkeit zwischen den Filmen? Es gibt ein Wort: Menschlichkeit. Das verbindet die beiden Projekte. Die Politaktivistin Flavia Kleiner, die selbst im «Zürcher Tagebuch» vorkommt, hat mir gesagt: «Eigentlich ist es ein Film über Empathie.» Das hätte ich selbst nie so formuliert, aber es gefällt mir. Der Film ist im Gegensatz zum «Zwingli» aber darauf angelegt, dass er experimentieren will, dass er etwas probieren darf. Ich wollte versuchen, vor allem einmal einfach wahrzunehmen. Es gibt den schönen Satz: Wahrnehmen ist der erste Schritt zur Veränderung. Statt in blinde Agitation zu verfallen, wollte ich innehalten und schauen: Was passiert da gerade mit uns? Die Grundmotivation war, ein schon länger dauerndes Unwohlsein einzufangen und zu fragen: Wo kommt das her? Wie viele Menschen teilen es in welcher Art?

24

Sie stellen in Ihrem Film viele Fragen. Haben Sie sie für sich beantwortet, oder sind es tatsächlich offene Fragen? Es gibt beides. Ich finde es oft spannend, dass die Fragen stehenbleiben und damit auch die Zuschauer*innen miteinbeziehen. Und zum anderen gibt es viele Fragen, die eine*r allein tatsächlich gar nicht lösen kann. Man sieht momentan auch, dass sie die Gesellschaft als Ganzes nicht beantworten kann. Was ich gerade bei Politiker*innen verheerend finde, die ja zum Handeln gezwungen sind und den Entwicklungen eigentlich nur noch hinterherrennen können. In praktisch allen Bereichen sind wir bereits zu spät und können nur noch Schadensbekämpfung betreiben. Gleichzeitig läuft im Moment eine unglaubliche Polarisierung. Mir graut davor, wie sich die Pole profilieren und die Mitte zurückkrebst. Ich bin für klare Meinungen, logisch. Aber auch für den Versuch, nicht ideologisch und agitatorisch zu werden. Sie gehen für die Interviews nicht etwa zu den Arbeitern auf der Baustelle. Der Surprise-Verkäufer Hans Peter Meier

und ein geflüchteter Afghane kommen zwar vor, aber sie bleiben eher nur Stellvertreter von alternativen Schicksalen. Sie befragen in erster Linie Ihr eigenes Umfeld. Wieso? Man kann sich natürlich eine idealisierte Vorstellung eines Stammtisches in einem Bündner Dorf vornehmen, wo der Unternehmer, der Freak und die Coiffeuse alle an einem Tisch sitzen. Diesen Stammtisch gibt es so aber in meinem Umfeld gar nicht. Es war eine Entscheidung, dass ich in meine eigene Bubble reinschauen wollte. Der Film ist auch eine Befragung von mir selbst und uns, die sich in einem linksliberalen Kulturkuchen bewegen. Man darf darüber ruhig auch den Kopf schütteln. Aber es ist ein Versuch, aufzutun und zu fragen: Was machen wir hier eigentlich? Was lohnt sich wertzuschätzen? Und was machen wir falsch? Deshalb lasse ich auch die Sätze meines Sohnes stehen, ohne eine Antwort darauf zu geben. Ihr Sohn, Alexis, stellt das ganze Vorhaben in Frage und wollte auch nicht gefilmt werden, bloss zitiert. Welche Rolle hat er im Film?

Surprise 487/20

BILD(1-3): XENIX FILM, BILD(4): GABRIEL HILL FOR ZFF

INTERVIEW  DIANA FREI


Wenn man einen Traum hat, gibt es eine Möglichkeit der Traumdeutung, dem Träumenden zu sagen: Du selbst bist jede einzelne der Figuren. Das finde ich einen sehr spannenden Ansatz. Alexis sagt also Dinge, die ich auch denke. Auch wenn er es mit einer jugendlichen Radikalität sagt, auch wenn es bei ihm besser beheimatet ist. Er vertritt eine Haltung, die meine eigene Suche kommentiert, indem er sinngemäss sagt: «Sorry, trotz allem ist es ein wahnsinniger Luxus, in dem du lebst. Was machst du da in deiner warmen Stube und leidest an der Welt?» Ich finde ja auch, dass das ein berechtigter Vorwurf ist.

sinnig gefährlich. In den Medien gelten nur noch Klickraten. Die meistgelesenen Headlines gerade in Gratiszeitungen drehen sich generell um Sex und Gewalt. Im Moment sind es wahrscheinlich Corona und Trump. Eine Weile war es Blocher. Die Welt wird nicht mehr von echtem Interesse und Neugier gesteuert, sondern von der Frage: Was lässt sich zu Geld machen? Das ist das Downgrading von «Brot und Spiele». Ein anderer Aspekt ist, dass die Unter- und Mittelschicht zunehmend aus der Stadt hinausgespuckt wird. Wer bestimmt den Diskurs? Ich glaube, die Gewinnmaximierung, das Geld.

Alexis sagt auch: «Papa, wer hat das Sagen, wer bestimmt den Diskurs? Weisse Männer über 50.» Darauf relativieren Sie im Film: Sie würden vielleicht im Kleinen bestimmen. Allerdings haben Sie soeben bei einem der teuersten Filme der Schweiz Regie geführt, Sie werden gehört, Sie nehmen Stellung. Wieso reden Sie Ihre eigene Macht so klein? Weil es trotzdem nicht meinem Lebensgefühl entspricht, dass ich den Lauf der Dinge beeinflussen kann. Aber dass ich diesen Film überhaupt mache, ist ja ein Beweis dafür, dass ich meine Möglichkeiten wahrzunehmen versuche. Insofern stimmt diese Aussage eigentlich nicht mit der ganzen Haltung des Filmes überein. Ich nehme mir die Freiheit ja heraus, meine Gedanken zu formulieren.

Die Nationalrätin Jacqueline Badran kommt auch in einem Interview vor. Sie sagt: «Glück muss man kompensieren.» Ist das die Antwort auf die Fragen im Film? Ja, ich denke schon, dass das eine der möglichen Antworten ist. Es gibt diese Vorstellung, dass es uns so gut gehe, weil wir ein auserwähltes Volk oder so wahnsinnig fleissig seien. Es gibt in Wahrheit aber auch etliche unschöne Gründe, warum es uns so gut geht. Und dass es uns so gut geht, heisst auch, dass wir zu denen gehören, die mehr Reserven haben, um über den Tellerrand hinauszudenken als andere. Diejenigen, die mehr Luft und Freiraum haben, stehen in der Verantwortung.

Gibt es denn jemanden, der den Diskurs bestimmt? Der «Siegeszug des Kapitalismus», der reinen Gewinnmaximierung, ist schon wahn-

Surprise 487/20

Die Frage ist nur: Wie kompensiert man das Glück? Wie kompensieren Sie es selbst? (Lacht, denkt nach.) Ich versuche, in der Politik in Wahlen Leute zu unterstützen, die nicht nur die Gewinnmaximierung für die eigene Klientel im Blick haben. Ich gebe solchen Leuten eine Plattform in meinem

Stefan Haupt

1961 in Zürich geboren, hat die Schauspiel-Akademie Zürich besucht und ist seit 1989 als Regisseur und freischaffender Filmemacher tätig. Er war Präsident des Verbands Filmregie und Drehbuch Schweiz (ARF/FDS).

Film. Ich zahle Steuern und finde das eine gute Sache. Ich setze mich dafür ein, dass die Gewaltenteilung im Staat weiterhin existiert. Ich unterstütze NGOs und Organisationen, die ich sinnvoll finde. Ich habe viele Diskussionen zu meinen Filmen dazu benutzt, meine Meinung zur Konzernverantwortung und Waffenlieferungen kundzutun. Ich versuche, für meine Kinder ein Ansprechpartner zu sein. Ich versuche zu anerkennen, dass ich die Welt nicht retten kann und dass das trotzdem kein Freipass ist, nur für mich allein zu schauen. Stefan Haupt: «Zürcher Tagebuch», CH 2020, 100 Min., Dokumentarfilm. Läuft zurzeit im Kino.

25


Lenzburg «Geschlecht. Jetzt entdecken», So, 1. Nov. 2020 bis Okt. 2021, Di bis So 9 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Stapferhaus, Bahnhofstrasse 49, 5600 Lenzburg. stapferhaus.ch

«Die Geschlechterfrage mit all ihren Zwischentönen und ganz grundsätzlich zu verhandeln, dazu scheint nach fünfzig Jahren Frauenstimmrecht die Zeit in der Schweiz besonders reif», schreibt das Stapferhaus Lenzburg zu seiner neuen Ausstellung. Es geht also um ums Geschlecht. Und das heisst nicht nur um Biologie, also um Chromosomen und Hormone. Sondern natürlich um Rollen und Arbeit, Macht und Ordnung, Schönheitsideal und Sexualität. Um Kultur und Gesellschaft, Erziehung und Vorbilder, Geschichte und Gegenwart. An Selbsterfahrung kommt man dabei nicht vorbei: Hier übt man sich im geschlechtsspezifischem Posieren und steht auf schiefem Grund mitten in der Gleichstellungsstatistik. Eine Gelegenheit auch, wieder mal über vermeintliche Selbstverständlichkeiten nachzudenken. Dass Männer früher Stöckelschuhe trugen, wissen wir ja. DIF

Zürich «The Teacher», Ausstellung, bis So, 3. Januar, Mi bis Sa 14 bis 18 Uhr, Di bis 20 Uhr; Aufführungen didaktische Operette, Di, 8. und So, 10. Dez., je 20 Uhr, Cabaret Voltaire, Spiegelgasse 1. cabaretvoltaire.ch Im Werk der 35-jährigen Künstlerin Agnes Scherer nehmen die

26

«Operetten», die sie seit 2015 entwickelt, eine besondere Stellung ein. Die Performanceformate schöpfen Inspiration aus ursprünglichen Theaterformen wie Prozessionen, aus den mechanischen Theatern des Barocks und aus Power-Point-Präsentationen. Scherer versucht, dem Kunstwerk eine magische Handlungsmacht zu verleihen. Im Zentrum von «The Teacher» steht eine Lehrerfigur, die von einem auf dem Boden liegenden Schüler unter Anstrengung mit den Füssen gesteuert wird. Der Lehrer wird damit in eine didaktische Rage versetzt. Was er doziert, klingt zwar eindrucksvoll, ist allerdings voller Widersprüche. Zusammen mit dem Perkussionisten Tobias Textor demontiert Scherer den rhetorischen Bauplan sogenannter Weisheiten und deren manipulatives Potenzial. Die Installation ist während der gesamten Ausstellung zu sehen, zu den Aufführungsterminen wird sie zur Operette animiert. DIF

Pfäffikon SZ «Zu Tisch. Unsere ­Ernährung: Lust, Druck und Verantwortung», Ausstellung, bis So, 21. März, Di bis So 11 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Vögele Kultur Zentrum, Gwattstrasse 14. voegelekultur.ch Wir essen alleine, am Familientisch, in der Mensa. Wir essen, um zu leben, aber auch aus Freude an der Geselligkeit oder aus purer Lust. Essen ist ein komplexes Zusammenspiel von Energieaufnahme, emotionalen Momenten, sozialem Erlebnis und kultureller Praxis. Ernährung bringt viele gesellschaftliche Herausforderungen mit sich. Sie bedeutet Verantwortung und ist eins der grössten sozialen Projekte unserer Zeit. Denn wir bestimmen mit unseren Essgewohnheiten nicht nur über unseren Körper, sondern auch über unseren Planeten. Wer bekommt was und wie viel? Woher kommt unser Essen? Und gibt es eine Möglichkeit, die Menschheit in Zukunft nachhaltig zu ernähren? Die Ausstellung tischt mit den Werken von Ragnar Kjartansson, Marina Abramović und sehr vielen anderen aber sicher keine pfannenfertigen Antworten auf. DIF

lektiv Henrike Iglesias dem Leistungsdruck, der in unserer turbokapitalistischen Gesellschaft omnipräsent ist. Die Performer*innen treten gegeneinander an und das Publikum darf entscheiden, wer die*der Beste ist. Die Kategorien von Winner und Loser, Hot or Not werden ad absurdum geführt. Und zwar, indem die Bewerber*innen auf der Bühne Abend für Abend vor versammeltem Publikum versagen. Das Publikum ist die Jury, also bitte ein geladenes Smartphone mit zur Vorstellung bringen, es dient als Abstimmungsgerät. Für Menschen ohne Smartphone wird ein kleines Kontingent an Leihgeräten zur Verfügung gestellt. Das Theaterkollektiv Henrike Iglesias, in Basel und Berlin beheimatet, begreift popkulturelle und massenmediale Phänomene als Spiegel gesellschaftlicher Zuund Missstände und beleuchtet sie aus explizit feministischer Per­ spektive. DIF

Basel /Birsfelden und online «Under Pressure», ­Performance, Mi, 18. Nov. und Do, 19. Nov., je 20 Uhr, Roxy, Muttenzer Strasse 6 und live zuhause am Bildschirm, für Online-Ticket: Mail an tickets@theater-roxy.ch mit Betreff «Under Pressure». theater-roxy.ch In einer interaktiven Wettbewerbsshow widmet sich das TheaterkolANZEIGE

Wir sind für Sie da. grundsätzlich ganzheitlich

365 Tage offen von 8-20 Uhr St. Peterstr. 16 | 8001 Zürich | 044 211 44 77 www.stpeter-apotheke.com

Surprise 487/20

BILD(1): STAPFERHAUS  /  ANITA AFFENTRANGER, BILD(2): VASILEIOS ZARIFOPOULOS, BILD(3): DOROTHEA TUCH

Veranstaltungen


Ein alter Mann, der so langsam die Gleise überquert, dass das Tram wohl eine Verspätung einfährt. Taxis, Rollbretter und Veloanhänger sind unterwegs, es ist eng, und doch kommen irgendwie alle aneinander vorbei. Rollstuhl und Kinderwagen gleiten lautlos vorüber, in einem anderen weint das Kind. Einkaufswägelchen werden hier rege verwendet. Entweder sind sie nie aus der Mode gekommen oder wieder en vogue. Eine junge Frau mit dem Cover von «Abbey Road» auf dem T-Shirt gefolgt von einer mittelalterlichen Frau mit einem, auf dem «All you need is love» steht. Die Beatles haben sich vor fünfzig Jahren aufgelöst.

Tour de Suisse

Pörtner in Basel Surprise-Standort: Migros Claraplatz Einwohner*innen: 200 408 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 37,7 Clarakirche: In Kleinbasel leben 6700 Katholik*innen aus über 100 Nationen

Der Claraplatz ist wahrscheinlich nicht der vornehmste Platz Basels, aber an diesem Nachmittag einer der belebtesten. Und auch für den, der selten in dieser Stadt ist, unverkennbar. Trotz Baugerüsten anheimelnd gleich wie immer, leicht aus der Zeit gefallen, mit seinen auch nicht mehr so neuen Filialen amerikanischer Fastfood- und Kaffeeketten, dem «Schiefen Eck» und der gegenüberliegenden Kirche. Gross prangt das Logo der hiesigen, durch verschiedene Besitzerwechsel gebeutelten Zeitung, ein Dancing ist angeschrieben, eine Form von Vergnügungsgaststätte, die es nicht mehr oft gibt. Auch Warenhäuser, die sich die Mieten in anderen Schweizer Städten nicht mehr leisten können, halten hier die Stellung. So wie es hier zu- und hergeht, stellt sich wahrscheinlich die LandSurprise 487/20

bevölkerung die Stadt vor, wenn sie schlecht träumt. Menschen verschiedener Herkunft, Hautfarben und Hintergründe eilen und wuseln durcheinander, mit Kopftüchern und Gesichtsmasken, auf Velos, in Trams, zu Fuss, auf Trottinetten, sie sprechen in allerlei Sprachen, sind grell geschminkt, blass und müde, aufgetakelt, in günstiger, zweckmässiger Bekleidung. Mütter mit Kindern, mitunter mit vielen Kindern, Jugendliche, die grinsen, als hätten sie unerwischt etwas angestellt oder heckten etwas aus. Grosse Gruppen junger Männer, die nicht aussehen, als ob sie sich etwas gefallen lassen würden. Touristenfamilien, Bierdosentrinker, Übergewänder und Massanzüge, Sportbekleidung der grosen Marken, mal echt, mal eher nicht. Velofahrer*innen und Fussgänger*innen, die sich unschön kreuzen, sich anknurren, ohne stehen zu bleiben.

Ein siebenstangiger Mast steht vor der Filiale der Grossbank, die Fahnen hängen schlaff herunter, es geht kein Lüftchen. Eine ältere Dame, die mit nicht mehr oft gesehener Eleganz an ein Geländer lehnt und raucht. An den Tischchen in der Sonne wird beinah mediterran lange sitzen geblieben und Wein getrunken. Ein Streit entbrennt im Tramhäuschen, wo bunt gekleidete Gestalten sitzen. Gegenüber hat der Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter diesen Unterstand nachgebaut, als Pavillon für die Fotoausstellung «(K)ein Teil davon», die soziale Teilhabe und soziale Ausgrenzung thematisiert. Den Pavillon haben Leute von gegenüber mitgebaut, einer öffnet und schliesst ihn jeweils. Die Ausstellung dauert nur zweieinhalb Wochen, auf der Webseite www.schwarzerpeter.ch kann auch danach noch der Podcast zur Ausstellung gehört werden. Ein Hund macht auf das Trottoir, die Besitzerin nimmt es geübt auf. Wer die Stadt nicht mag, dem wird es nicht gefallen, wer es gern hat, der kann Tage hier verbringen.

STEPHAN PÖRTNER  Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.

27


IND 0.– S AB 50 ABEI! SIE D

Die 25 positiven Firmen Unsere Vision ist eine solidarische und vielfältige Gesellschaft. Und wir suchen Mitstreiterinnen, um dies gemeinsam zu verwirklichen. Übernehmen Sie als Firma soziale Verantwortung. Unsere positiven Firmen haben dies bereits getan, indem sie Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Mit diesem Betrag unterstützen Sie Menschen in prekären Lebenssituationen dabei auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit. Die Spielregeln: 25 Firmen oder Institutionen werden in jeder Ausgabe des Surprise Strassenmagazins sowie auf unserer Webseite aufgelistet. Kommt ein neuer Spender hinzu, fällt jenes Unternehmen heraus, das am längsten dabei ist. 01 Markus Böhmer, Bildhauer, Birsfelden/Basel 02 AnyWeb AG, Zürich 03 Kaiser Software GmbH, Bern 04 SPEConsult GmbH, Jona 05 Düco Wahlen AG, PVC + ALU-Sockelleisten 06 Yolanda Schneider, Logo!pädin, Liebefeld 07 Maya-Recordings, Oberstammheim 08 Beat Vogel, Fundraising-Datenbanken, Zürich 09 Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen 10 Echtzeit Verlag, Basel 11

Beat Hübscher, Schreiner, Zürich

12 Dietke Becker, Physiomovimento, Männedorf 13 Stefan Westermann Immo DL, Lützelflüh 14 Praxis PD Dr. med. Uwe Ebeling, Bern 15 Hausarztpraxis Tannenhof, Tann-Rüti 16 Gemeinnütziger Frauenverein Nidau 17 Sublevaris GmbH, Brigitte Sacchi, Birsfelden 18 Brother (Schweiz) AG, Dättwil

SURPLUS – DAS NOTWENDIGE EXTRA Das Programm

Wie viele Surprise-Hefte müssten Sie verkaufen, um davon in Würde leben zu können? Hätten Sie die Kraft?

Wussten Sie, dass einige unserer Verkaufenden fast ausschliesslich vom Heftverkauf leben und keine Sozialleistungen vom Staat beziehen? Das fordert sehr viel Kraft, Selbstvertrauen sowie konstantes Engagement. Und es verdient besondere Förderung. Mit dem Begleitprogramm SurPlus bieten wir ausgewählten Verkaufenden zusätzliche Unterstützung. Sie sind mit Krankentaggeld und Ferien sozial abgesichert und erhalten ein Nahverkehrsabonnement. Bei Problemen im Alltag begleiten wir sie intensiv.

Eine von vielen Geschichten Der Weg in die Armut führte für Daniel Stutz über die Sucht. Als Jugendlicher rutschte der heute 44-Jährige in die Spielsucht und später in den Konsum harter Drogen. Dank einer Therapie schaffte er vor 7 Jahren den Ausstieg. Geblieben ist dem Zürcher Surprise-Verkäufer und -Stadtführer ein Schuldenberg. «Den Weg aus der Sucht habe ich hinter mir, der Weg aus der Armut liegt noch vor mir», beschreibt Daniel seine Situation. SurPlus gibt ihm dabei Rückenwind: «Es ermöglicht mir hin und wieder Ferien. Ausserdem bedeutet es, auch einmal krank sein zu dürfen – ohne gleich Angst haben zu müssen, die Miete oder Krankenkasse nicht zahlen zu können.»

Die ganze Geschichte lesen Sie unter: surprise.ngo/surplus

19 Senn Chemicals AG, Dielsdorf 20 Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur 21 Scherrer & Partner GmbH, Basel 22 TopPharm Apotheke Paradeplatz 23 Coop Genossenschaft, Basel 24 Gemeinnützige Frauen Aarau 25 VXL, gestaltung und werbung, Binningen Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende ab 500 Franken sind Sie dabei. Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma und Ihr gewünschter Namenseintrag Sie erhalten von uns eine Bestätigung. Kontakt: Nicole Huwyler Team Marketing, Fundraising & Kommunikation T +41 61 564 90 50 I marketing@surprise.ngo

Unterstützen Sie das SurPlus-Programm mit einer nachhaltigen Spende Derzeit unterstützt Surprise 15 Verkaufende des Strassenmagazins mit dem SurPlus-Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlusProgramm teilzunehmen.

Unterstützungsmöglichkeiten: · 1 Jahr: 6000 Franken · ½ Jahr: 3000 Franken · ¼ Jahr: 1500 Franken · 1 Monat: 500 Franken · oder mit einem Beitrag Ihrer Wahl.

Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 | Vermerk: SurPlus Oder Einzahlungsschein bestellen: T +41 61 564 90 90 info@surprise.ngo | surprise.ngo/spenden Herzlichen Dank!


Wir alle sind Surprise #484: 144 000 Kinder

«Das verfolgt mich immer noch» Ich bin in einer solchen Situation aufgewachsen, bei einer früh verwitweten Mutter, die bei ihrer ebenfalls früh verwitweten Mutter wohnte. Die Pensionen der beiden Frauen reichten knapp zum Leben. Wir haben nie gehungert, aber unsere Mutter litt darunter, dass sie nicht gesund kochen konnte. Gefroren allerdings haben wir regelmässig, weil das Geld nicht für genügend Heizmaterial reichte. Wir trugen vor allem geschenkte getragene Kleider. Und kaufen konnten wir Kinder und Jugendliche uns nichts, wir gaben es auch auf, uns etwas zu wünschen. Aber das war nicht das Schlimmste, sondern dass unserer Mutter kein Respekt entgegengebracht wurde. Sie wurde nicht ernst genommen. Und natürlich waren wir Aussenseiter*innen unter den Nachbarskindern und den Schul- und Studienkolleg*innen. Mir war dauernd bewusst, dass ich besonders

brav sein musste, um meiner armen Mutter nicht Schande zu bereiten und ihre Situation dadurch noch zu verschlimmern. Und in der Schule setzte ich mich wahnsinnig unter Druck, um zu rechtfertigen, dass ich aus einer solchen Familie das Gymnasium und nachher die Universität besuchte. Das heisst, ich hatte ein niedriges Selbstwertgefühl. Und das verfolgt mich immer noch. Ich habe Mühe im Umgang mit Menschen aus der oberen Mittelschicht, zu der ich ausbildungs- und lohnmässig längst gehöre. Ich fühle mich einfach nicht zugehörig. Dafür finde ich leicht Kontakt zu Aussenseiter*innen, Schweizer*innen und Ausländer*innen, die auch am Rand leben. Und darüber bin ich froh. Kinderarmut wächst sich nicht gewissermassen aus. Sie prägt fürs ganze Leben, auch wenn materiell der Ausstieg aus der Armut gelingt!

#485: Moumouni ... denkt mal nach

E. LÜDI, Laufen

Y. KOSTER, ohne Ort

Impressum

Geschäftsstelle Basel T +41 61 564 90 90 Mo–Fr 9–12 Uhr info@surprise.ngo, surprise.ngo

Ständige Mitarbeit
 Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Simon Berginz, Monika Bettschen, Rahel Nicole Eisenring, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Isabel Mosimann, Fatima Moumouni, Stephan Pörtner, Priska Wenger, Christopher Zimmer

Regionalstelle Zürich Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich T  +41 44 242 72 11 M+41 79 636 46 12

Mitarbeitende dieser Ausgabe Camille Fröhlich, Dina Hungerbühler, Karin Pacozzi, Maria Rehli, Karin Scheidegger

Herausgeber Surprise, Münzgasse 16 CH-4051 Basel

Regionalstelle Bern Scheibenstrasse 41, 3014 Bern T  +41 31 332 53 93 M+41 79 389 78 02 Soziale Stadtrundgänge Basel: T +41 61 564 90 40 rundgangbs@surprise.ngo Bern: T +41 31 558 53 91 rundgangbe@surprise.ngo Zürich: T +41 44 242 72 14 rundgangzh@surprise.ngo Anzeigenverkauf Stefan Hostettler, 1to1 Media T  +41 61 564 90 90 M+41 76 325 10 60 anzeigen@surprise.ngo Redaktion
 Verantwortlich für diese Ausgabe: Sara Winter Sayilir (win) Klaus Petrus (kp), Diana Frei (dif) Reporter: Andres Eberhard (eba), Simon Jäggi (sim) T +41 61 564 90 70 F +41 61 564 90 99
 redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch

Surprise 487/20

«Bitterer Beigeschmack» Die Auseinandersetzung mit Diskriminierung muss unangenehm sein. Sie fühlten sich von Frau Moumounis Text unangenehm angesprochen? Gut so. Das heisst, dass Frau Moumouni ihre Arbeit gut gemacht hat und dass sie Sie auf eine Form des Erlebens von Diskriminierung aufmerksam gemacht hat, deren Sie sich soweit nicht bewusst waren. Tauchen Sie in dieses unangenehme Gefühl ein, machen Sie sich Gedanken, wie es Ihnen in Frau Moumounis Schuhen ergehen würde. Solange Sie ihr ein «jetzt ist dann auch mal gut» entgegnen, wenn Ihnen die Auseinandersetzung mit Rassismus oder anderer Diskriminierung unangenehm ist, sind Sie nicht wirklich gegen Diskriminierung. Solange Sie Solidarität an Ihr eigenes Wohlbefinden knüpfen, sind Sie nicht wirklich solidarisch.

Ich möchte Surprise abonnieren 25 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.–) Verpackung und Versand bieten Strassen­verkäufer*innen ein zusätzliches Einkommen Gönner-Abo für CHF 260.– Geschenkabonnement für: Vorname, Name Strasse

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise, nur mit Geneh­migung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt. Gestaltung und Bildredaktion Bodara GmbH, Büro für Gebrauchsgrafik Druck  AVD Goldach Papier  Holmen TRND 2.0, 70 g/m2, FSC®, ISO 14001, PEFC, EU Ecolabel, Reach Auflage  29 800 Abonnemente  CHF 189, 25 Ex./Jahr Helfen macht Freude, spenden Sie jetzt. Spendenkonto:
PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3

PLZ, Ort

Rechnungsadresse: Vorname, Name Strasse PLZ, Ort Telefon E-Mail Datum, Unterschrift 487/20

Bitte heraustrennen und schicken an: Surprise, Münzgasse 16, CH-4051 Basel, info@surprise.ngo

29


FOTO: BODARA

Surprise-Porträt

«Bei Surprise bin ich mein eigener Chef» «Ich bin Luca Caluori. Der Nachname verrät wohl sehr schnell meine Bündner Wurzeln. Meine Kindheit habe ich aber leider nicht im schönen Bündnerland verbracht. Wegen der beruflichen Karriere meines Vaters – erst war er Polizist, dann Altersheimleiter und später Berater – wechselten wir immer wieder den Wohnort. Meine ersten Lebensjahre verbrachte ich in Churwalden, dann lebten wir in Rapperswil-Jona. Dort besuchte ich auch die Sonderschule. Als meine Mutter später ebenfalls mehrfach ihren Job wechseln musste – sie war Abteilungsleiterin in psychiatrischen Kliniken, unter anderem im Burghölzli und Schlössli –, zogen wir in ein Haus im Zürcher Oberand, nahe bei Rüti. Dies war unsere letzte gemeinsame Station als Familie. Als Teenager kam ich ins Internat, später absolvierte ich eine IV-finanzierte Anlehre als Koch bei der Stiftung Wabe. Ich habe auch einige Jahre im Wohnheim des Behindertenzentrums Wabe gelebt. Vor sieben Jahren organisierte mir meine Familie zum Glück ein eigenes Heim in Schaffhausen. Seit einem Monat teile ich meine Wohnung mit einem Arbeitskollegen. Das passt eigentlich ganz gut so. Mein Mitbewohner ist Surprise-Stadtführer in Zürich. Wir haben uns vor einem Jahr im Niederdorf kennengelernt. Ich erzählte ihm, dass ich auf der Suche nach Arbeit bin, und so kam ich zu Surprise. Zuvor arbeitete ich mein Leben lang als Koch, so etwa im Schloss Laufen, im Restaurant Limmathof oder im Gasthaus Krone in Zürich-Altstetten. Diesen Job habe ich sehr gerne gemacht. Bei Surprise bin ich jedoch mein eigener Chef, ich bin viel unterwegs, unter Leuten und kann meine Arbeitszeiten selber bestimmen. In der Küche war ich immer in vier Wänden eingesperrt. Für eine Person mit grossem Reisedrang eine komische Vorstellung. Im Moment gefällt mir mein «Verkäuferleben» an verschiedenen Orten der Schweiz sehr gut. Ich bin auch ein grosser Eisenbahnfan. Ich weiss genau, auf welchen Strecken welche Züge fahren. Wenn möglich, vermeide ich Interregiozüge – dafür fahre ich gerne mit dem Intercity oder dem Railjet. Seit meine Mutter mir ein GA gekauft hat, unternehme ich an den Wochenenden regelmässig GA-Reisen. Eine meiner Lieblingstrecken ist Zürich-Lugano, eine sehr schöne Route entlang der vielen Seen. Auch für Surprise bin ich viel mit dem Zug unterwegs. Ich verkaufe in Landquart, Chur, Buchs und Schaffhausen. Jeder dieser Standorte hat Vor- und Nachteile. In Buchs hatte ich 30

Luca Caluori, 41, kennt jede Zugstrecke der Schweiz. Sein Sehnsuchtsort aber ist Hamburg.

bereits nach einem Jahr viele Stammkund*innen, die genau wissen, wann ich dort verkaufe. In Buchs freuen sich die Leute auch immer ganz fest, wenn eine neue Ausgabe herauskommt. In Chur kaufen die Leute weniger, dafür geben sie auch ab und zu «en Batze», ohne ein Heft zu wollen. In Landquart und Schaffhausen läuft der Verkauf meistens weniger gut als in Chur oder Buchs – in Schaffhausen kann ich dafür auch gut arbeiten, wenn ich nicht so fit bin und ab und zu in meine Wohnung zurück möchte. Ich verbringe viel Zeit in Zürich, meine Lieblingsstadt in der Schweiz. Ich mag besonders das Niederdorf mit seinen schönen alten Häusern, zudem ist es die einzige «Grossstadt» der Deutschschweiz. Meine absolute Lieblingsstadt ist jedoch Hamburg, dort gibt es den Hafen. In Hamburg habe ich auch Freunde aus der GastroSzene, die ich regelmässig besuche. Ich verbringe dort ein bis zwei Wochen im Jahr, meistens wenn ich Geburtstag habe. Eines meiner grössten Ziele ist es, einmal in Hamburg zu leben. Denn auch wenn ich mein jetziges Verkäuferleben in der Schweiz mag – ich bin wohl nicht nur ein Reisefan, sondern auch ein Grosstadtmensch.»

Aufgezeichnet von DINA HUNGERBÜHLER Surprise 487/20


Kultur Kultur

Solidaritätsgeste Solidaritätsgeste

STRASSENSTRASSENCHOR CHOR

CAFÉ CAFÉ SURPRISE SURPRISE

Lebensfreude Lebensfreude Entlastung Entlastung Sozialwerke Sozialwerke

BEGLEITUNG BEGLEITUNG UND UND BERATUNG BERATUNG

ZugehörigkeitsZugehörigkeitsgefühl gefühl EntwicklungsEntwicklungsmöglichkeiten möglichkeiten

Unterstützung Unterstützung

Job Job

STRASSENSTRASSENFUSSBALL FUSSBALL

Erlebnis Erlebnis

Expertenrolle Expertenrolle

SOZIALE SOZIALE STADTRUNDSTADTRUNDGÄNGE GÄNGE

STRASSENSTRASSENMAGAZIN MAGAZIN Information Information

PerspektivenPerspektivenwechsel wechsel

SURPRISE WIRKT SURPRISE WIRKT

Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschen in der Schweiz. Unser Angebot wirkt in doppelter Hinsicht – auf den armutsbetroffenen Menschen und auf die Gesellschaft. Wir arbeiten nicht gewinnorientiert, uns ohne staatliche sind aufHinsicht Spenden Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. Surprise unterstützt seit 1998 sozial benachteiligte Menschenfinanzieren in der Schweiz. Unser Angebot Gelder wirkt inund doppelter – und auf den armutsbetroffenen Menschen surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC gewinnorientiert, 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1455 3Gelder und sind auf Spenden und Fördergelder angewiesen. Spenden auch Sie. und auf die Gesellschaft. Wir arbeiten nicht finanzieren uns ohne1255 staatliche surprise.ngo/spenden | Spendenkonto: PC 12-551455-3 | IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3

20

18 17

15

14

16

13

12

11 10 9

36

39

40

37

38

41

8 42 7

6

43 49

44

5

45

4

48 47

46

50 51 52

3

Café Surprise – eine Tasse Solidarität Zwei bezahlen, eine spendieren. 2

1

75

74

73

53

21

BETEILIGTE CAFÉS 22 19

IN AARAU Schützenhaus24| Sevilla IN BASEL Bäckerei KULT Riehentorstrasse & 23 Elsässerstrasse | BackwarenOutlet | Bohemia | Café-Bar Elisabethen | Flore 25 Haltestelle | FAZ Gundeli | Oetlinger Buvette | Quartiertreffpunkt Kleinhüningen 26 Quartiertreffpunkt Lola | Les Gareçons to go | Manger & Boire | Da Sonny 27 Didi Offensiv | Radius 39 | Café Spalentor | HausBAR Markthalle | Tellplatz 3 Treffpunkt Breite IN BERN Äss-Bar | Burgunderbar | Hallers brasserie | Café Kairo 28 Café MARTA33| Café MondiaL | Café Tscharni | Lehrerzimmer | LoLa Lorraineladen 30 Luna Llena | Brasserie Lorraine |29Restaurant Dreigänger | Berner Generationenhaus 34 35 31 Rest. Löscher | Sous le Pont – Reitschule | Rösterei | Treffpunkt Azzurro 32 Zentrum 44 | Café Paulus | Becanto | Phil’s Coffee to go IN BIEL Äss-Bar Treffpunkt Perron bleu IN DIETIKON Mis Kaffi IN FRAUENFELD Be You Café IN LENZBURG Chlistadt Kafi | feines Kleines IN LUZERN Jazzkantine zum Graben Meyer Kulturbeiz | Blend Teehaus | Bistro Quai4 | Quai4-Markt, Baselstrasse & Alpenquai | Rest. Quai4 | Pastarazzi | Netzwerk Neubad | Sommerbad Volière 63 Restaurant56Brünig | Arlecchino IN MÜNCHENBUCHSEE tuorina boutique & café 62 55 57 IN MÜNCHENSTEIN Bücherund Musikbörse IN NIEDERDORF Märtkaffi am 64 Fritigmärt IN Strandbad IN OLTEN Bioland Olten 58 OBERRIEDEN 54 61 IN RAPPERSWIL Café good 65IN SCHAFFHAUSEN Kammgarn-Beiz 59 60 IN STEIN AM RHEIN Raum 18 IN ST. GALLEN S’Kafi IN WIL Caritas Markt IN WINTERTHUR Bistro Dimensione IN ZUG Podium 41 66 IN ZÜRICH Café Zähringer | Cevi Zürich | Quartiertreff Enge Flussbad Unterer Letten | jenseits im Viadukt | Kafi Freud | Kumo6 67 Sport Bar Cafeteria 72

71

70

69

68

Weitere Informationen: surprise.ngo/cafesurprise

Leisten Sie sich eine eigene Meinung.


So schützen wir uns gemeinsam beim Magazinkauf! Liebe Kund*innen Wir waren alle lange im Lockdown und können nun dank der gelockerten Massnahmen endlich wieder das Surprise Strassenmagazin verkaufen. Das macht uns sehr froh. Damit dies so bleibt, bitten wir Sie, unsere Verkaufsregeln und die Hygieneregeln des BAG einzuhalten. Vielen lieben Dank!

Halten Sie Abstand.

Zahlen Sie möglichst passend.

Merci für Ihre Solidarität und danke, dass Sie uns treu bleiben. Bis zum nächsten Mal auf der Strasse. Die Surprise Verkäufer*innen.

Wir haben Desinfektionsmittel dabei.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: info@surprise.ngo


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.