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Ein Festtagsguide: Wie du das Familienessen überstehst, ohne mit dem Stuhl ein Loch in die Wand zu schlagen.

Einige von uns tun ihr Bestes, dem erweiterten Familienkreis das ganze Jahr über möglichst aus dem Weg zu gehen. Denn wer will sich schon Tante Esthers problematischen Facebook-Postings IRL aussetzen? Doch spätestens an den Feiertagen fallen auch die wendigsten Social Ninjas aus ihren Bäumen und mitten an den gedeckten Tisch. Plötzlich befindet sich nur noch eine Schüssel Kartoffelbrei zwischen dir und all diesen Minions-Meme-Lustigfindern und Impfskeptikern und Wangenkneifern – die längsten Stunden des Jahres haben begonnen.

Wie also navigierst du dich und deine, ähem, Liebsten möglichst unbeschadet durchs anstehende Sippen-Mampfen, so dass am Ende niemandem eine in Wut gezückte Chinoise-Gabel aus dem Augapfel ragt? Mit fachkundiger Unterstützung und viel eigener schmerzhafter Erfahrung [heavy sigh] haben wir für dich folgende sieben Tipps zusammengestellt – übrigens auch anwendbar für Hochzeiten, Beerdigungen, Patenkindergeburtstage und Jubiläen sämtlicher Art. (rec)

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Jingle Pals

So wie die Heiligen Drei Könige nicht alleine zur Party aufgetaucht sind, hilft es auch heute noch, Verbündete im Schlepptau zu haben. Halte dich an deine Lieblingsverwandten; sprecht euch vorab gegebenenfalls ab, wie ihr auf eventuelle Konflikte und Zwischenfälle reagieren könnt. Und falls ihr ohnehin jedes Jahr vom Erbsen-Auflauf übrig habt: Einen aussenstehenden Gast am Tisch zu haben, bringt eine frische Dynamik in den alljährlichen Tafeltrott – ob das nun dein eigener BFF oder Omas Bestie aus dem Altersheim ist.

Rockin' Around the Christmas Talk

Vier von fünf Familien werden sich spätestens beim Dessert über folgende Angelegenheiten hoffnungslos in den Haaren liegen: «Also diese Greta ...», «Ich glaube, Trump wird wiedergewählt.», «Es schmeckt einfach nicht wie richtiges Fleisch!», «L, G, B, T! Wie viele Buchstaben wollen die denn noch?». Und spätestens wenn sich Tante Esther (was ist nur los mit dir, Esther?!) nach dem dritten Glas Limoncello fragt, was denn eigentlich so falsch am Wort «Neger» ist, wird es höchste Zeit für einen dramatischen Themenwechsel – am besten auf ein Gespräch, in dem sich alle für einmal im Alter zwischen 8 und 80 Jahren einig sein können. Unsere Vorschläge für dieses Jahr: «Sieht diese Eule aus der Migros-Werbung nicht schampar herzig aus?» oder «Sieht dieser Weihnachtself aus der Manor-Werbung nicht schampar scheisse aus?».

Let it Flow

Wäre es nicht winterwundervoll, wenn sich die ganze Rasselbande den ganzen Tag lang in den Armen liegt wie am Ende von «It’s a Wonderful Life»? Und wahrscheinlich hat es sich damals auch tatsächlich so angefühlt, als du noch in Windeln deine Geschenke aufreissen durftest während irgendwo ein Tamagotchi fiepte. Aber: Gib diese idealisierten Vorstellungen besser an der Garderobe mit deiner Daunenjacke ab und lass dich ohne erhöhte Erwartungen auf das Bevorstehende ein – Harmonie lässt sich nicht herbeizwingen und selbst im schlimmsten Fall ist immerhin eine Gratismahlzeit dabei herausgesprungen.

Last Christmas (and the ones before)

Nostalgie ist eine ultimative Geheimwaffe fürs besinnliches Zusammensein und nichts bringt ein mürrisches Grosselternteil so schnell zurück in eine harmonische Runde wie die Frage «Wie war das eigentlich bei euch früher?». Womöglich springt dabei ja sogar eine faszinierende Geschichtsstunde heraus, für die man sonst ein Dok-Team vom SRF losschicken müsste. Denn allen Querelen zum Trotz: Solche Zusammenkünfte sind immer auch eine seltene Chance, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen und Einblicke in die Lebensweltder alten und jungen Generation zu erhalten. Pro-Tipp für den Gastgeber: Fotoalben in Griffnähe aufbewahren!

Baby It’s Gold Outside

Einfach mal austreten, um tief durchzuatmen, die Augen bis in den Hinterkopf zu verdrehen oder eine Message an deine seelische Notrufnummer zu schicken: Am besten geht das, wenn du dich regelmässig kurz auf die Toilette entschuldigst. Spätestens ab dem vierten Mal in einer Stunde könnten deine Verwandten aber Theorien entwickeln, dass du a) ein Kokain-Problem hast oder b) du dir eine Blasenentzündung eingefangen hast, weil du dich ganz offenbar durch die ganze Stadt vögelst. Am besten kündigst du also gleich von Beginn weg an, dass du momentan unter einer temporären Pollakisurie aufgrund der lunaren Rhythmik hast und hoffst, dass niemand danach googlet.

Hicks! The Herald Angels Drink

Es ist eine Frage, mit der sich die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten herumschlägt: Soll man bereits angetrunken bei der Familienfeier auftauchen? Die unbefriedigende Antwort lautet: Jein. Denn spätestens wenn sich der Rest der Brut deinem Pegel entgegengetrunken hat, droht erhöhtes Konfliktpotential. Ein striktes Schönsaufen könnte also genau die gegenteilige Wirkung erzielen, weshalb wir lediglich eine Dose Prosecco vorab, einen mit Rotwein gefüllten Flachmann für Notfälle sowie zwei mit Klebeband direkt am Abdomen befestigten Haschzigaretten empfehlen.

Driving Home from Christmas

Als Mose die Israeliten 40 Jahre lang durch die Wüste und ins verheissene Land führte, musste er ihnen vorab versprechen, dass es am Ende der Reise garantiert für alle Eiscreme gibt. (Die genaue Bibelstelle haben wir dazu jetzt nicht konsultiert, aber in etwa stimmt das so.) Und so lassen sich auch die Strapazen eines mehrtägigen Familiengelages leichter ertragen, wenn du weisst, dass am Ende bei dir zuhause eine Belohnung wartet – sei es, «Gremlins» auf der Couch mit einer grossen Schüssel Spaghetti zu glotzen oder Weihnachten mit all deinen sonstigen Lieblingsmenschen nochmals ordentlich nachzufeiern.