{kA}: Würzburg

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— w ü r z b u r g

{ k A } : k e i n e A h n u n g v o n S c h w e r k r a f t — K a n z l e i f ü r R a u m b e f r a g u n g e n



{ k A } : k e i n e A h n u n g v o n S c h w e r k r a f t — K a n z l e i f ü r R a u m b e f r a g u n g e n

— w ü r z b u r g INHALT CONTENT 01 Herleitung Introduction

04 08

02 Villa03 Villa03 03 Raumbefragung Space Inquiry

14 18

04 Material Material

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05 Aufzeichnung Recording

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Villa03 – Historischer Hintergrund Villa03 – Historical Background

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Zum Produktionsprozess (1): Das Ensemble The Production Process (1): The Ensemble

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Aurale Architektur Aural Architecture

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10 Impressum Imprint

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Herleitung

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Mitte 2009 hatte ich beschlossen, die jahrelange Verkapselung der Studiosituation aufzulösen und meine Kompositionen aus leerstehenden Gebäuden heraus zu entwickeln, d.h. mich den Bedingungen einer nicht für den Konzertbetrieb geschaffenen architektonischen Situation auszusetzen. Ich habe in der Folge versucht, die von mir zwischen 2009 und Ende 2010 entwickelten theoretischen Grundlagen der Gebäudekomposition praktisch umzusetzen bzw. experimentell zu überprüfen. Am Anfang standen sehr naheliegende, grundsätzliche Fragen, wie die nach der Möglichkeit der Auflösbarkeit der eigenen Kompositionsweise. Was passiert mit den über Jahre eingeübten Handgriffen, Hörgewohnheiten, Hilfsmitteln, RaumKlangkonzepten, wenn man die Tür des Studios, mit seinen genau fixierten und exakt ausgemessenen Lautsprecherpositionen, seinen Steckerleisten, Ablagen, Dämmungen etc. aufstößt und sozusagen „nebenan“ versucht, ein Stück Musik zu finden. Welche bekannten und vor allem unbekannten Sicherheiten der eigenen Arbeit, welche Fundamente werden angegriffen? Wo und wie positioniert man sich als Hörer/Komponist im Raum? Wie schützt man sich vor den Eindrücken, die völlig unvermittelt in die akustische Arena eindringen? Wie geht man mit dieser völlig instabilen Situation um?

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Diesen Schritt habe ich tatsächlich ganz am Anfang gemacht, als ich an mehreren Wochenenden das dann meist leere Institut für Elektronische Musik und Akustik in Graz aufgesucht habe, nicht um den mir über Jahre so vertraut gewordenen CUBE zu nutzen, sondern, um die Lautsprecher an den Schreibtischen in den einzelnen Büros am Gang, der zum CUBE hinführt, zu einem Mehrkanal-System zu verbinden. Auf dem Gang mit einem Laptop sitzend, verschiedene Klangmaterialien auf die Räume verteilend, Pulse, Drones, Partikelwolken erzeugend, Raumsprünge, -bewegungen etc. nachvollziehend, habe ich versucht, zu verstehen, was vom Bekannten wegfällt und wo die eigene Erwartungshaltung durch die Raumreaktion derartig überführt wird, dass das Wundern beginnt. Bereits die aller ersten Versuche vor den Toren des ehemaligen „Studio-Zuhauses“ haben unmittelbar und unmissverständlich gezeigt: Nichts ist vorher und außerhalb des zu bespielenden Orts planbar. Alles, was man sich im ersten Moment vorstellt, ist meist durch den ersten visuellen Eindruck bedingt und lässt den Ort „unberührt“. Lediglich das Instrumentarium und die Methode für die Befragung der Räumlichkeiten lässt sich verfeinern. Alles andere entsteht und kann nur entstehen in der direkten Auseinandersetzung mit den akustischen Verhältnissen des Orts. Letztendlich hat sich nach wenigen Stunden und dann immer wieder bei allen späteren Tests mit verschiedenen Räumlichkeiten herausgestellt, dass nur der respektvolle, zurück genommene, beobachtende/lauschende Umgang mit dem Ort, die eigene akustische Positionierung zulässt. Und während man Stunde um Stunde einen Gang auf und ab geht oder sitzt oder steht, hier ein Fenster öffnet, da eine Tür anlehnt, mit den Fingern schnippt oder mit dem Fuß aufstampft, kommt dann die altbekannte aber hier völlig neu zu stellende Frage: „Wie mitteilbar ist das?“ Das ist nicht die Frage, wie viel Publikum es hierfür gibt oder geben kann, sondern die Frage, ob es überhaupt möglich ist, Dritten das Erlebte und darin das mit diesem Komponierte mitzuteilen, ohne auf Allgemeinplätze zu referieren und Clichees zu zitieren. Diese Frage ist angesichts eines vorher immer unbekannten Raumvolumens mit seinem immer einzigartigen Charakter nur im eigenen Er-leben und Experiment zu beantworten und sträubt sich gegen jede Kalkulation. Man kann nur versuchen, die Übergänge zwischen dem eigenen und dem anderen Erleben von Welt zu suchen. Dem Bekannten und dem Unbekannten. Denn es geht um die Aufsuchung des Rands und dessen Beschreibung. Das Zentrum ist belegt durch eine tonnenschwere Fixierung von Interessen, Schulen, dem geschriebenen Gesetz und einer nebulösen Tradition. Der Moment, wenn „es kippt“, diesen Moment zu punktieren und zwar nicht durch ein Schild (Achtung: kippt!), sondern in der eigenständigen Wahrnehmung des Hörers, ist die Aufgabe in der noch möglichen Inszenierung. Am Reibungspunkt entsteht und verschwindet Welt. Innen und Außen berühren sich, dort gibt es Umwelt und Innenwelt. Dieses Angebot kann nur im eigenen Ohr

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entwickelt und nur dort geübt werden und nur dort entsteht durch sorgsames Sammeln und Wiederholen von Kippmomenten ein Stück Welt. Und das ist alles. Wichtig ist für dieses Vorhaben auch, dass auf der technischen Seite nichts „Neues“ erfunden wird. Mit dem in 2010 in Kooperation mit dem IEM entwickelten issit (In Situ Sound Installation Tool) habe ich ein Instrumentarium gewählt, das im Grunde nichts anderes ist, als ein aus 32 Lautsprechern bestehendes transportables Mehrkanalsystem mit sehr vielen Stativen und Kabeln – allerdings in seiner Organisation und Anordnung so flexibel, dass es sich in sehr unterschiedliche Gebäude, mit verschiedenen Raum- und Gangkonstellationen, auch über weite Distanzen einbauen und vernetzten lässt. Die Nutzungsweise wird experimentell entwickelt, Software wird anhand der auftretenden Fragen geschrieben. Die erste Probe fand im August 2010 zwei Wochen lang im weiträumigen Werkstatt- und Hörsaalbereich im Institut für Architektur auf dem TU-Gelände in Graz statt, wo ich vor allem das Aufstellen und Kombinieren des Lautsprecherinstrumentariums getestet und den Prozess des Raumbefragens begonnen habe sowie verschiedene Aufzeichnungsmöglichkeiten gleichzeitig probieren (OKMs, Sound-Field, Shoeps Kugelflächen-Stereomikrofon KFM 6) konnte. Die zweite Probe wurde im Rahmen meiner Residenz im Pact Zollverein im Februar 2011 angesetzt. Hier wurde vor allem die Situation auf der Reise, das Verladen und der Transport geübt sowie die reduzierte Form einer Raumprüfung, in einem einzelnen großen Raum, mit wenigen Klangquellen. Hier konnte ich sehr grundlegende Fragen über Wochen überprüfen: Was dringt nach außen und was kommt von draußen und wie binde ich das ein? Einfache Perspektivsprünge wurden probiert und ich habe immer wieder erlebt, was im „freien Feld“ passiert, wenn ein zweiter Hörer den Raum betritt und ich nicht weiß, was ich tue: Der Raum und darin die Komposition kollabieren. Mit der die für

diesen Erfahrungen, Audio-Aufnahmen und schriftlichen Aufzeichnungen ausgestattet sowie im November 2010 gegründeten Kanzlei für Raumbefragungen als Produktions-Umfeld, wurde Villa03 im Beatrice Edgell Weg auf dem Gelände der Leighton-Barracks als erstes Gebäude Juli 2011 akquiriert. {gksh}

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Introduction Mid 2009 I decided to break away from years of the encapsulation of the electronic studio and develop my compositions inside vacated buildings, thus putting myself at the will of architectonic elements not designed or created for concerts. In the process, I have attempted to apply and verify the theoretical concepts I created for building sound compositions between 2009 and the end of 2010. In the beginning there were obvious and basic questions pertaining to the possibility and practicability of disbanding my style of composing. What happens to techniques that have been developed through years of practice, listening habits, to tools, and spatial sound concepts if one leaves the studio, with its fixed and precisely positioned loudspeakers, its plug strip, racks, and insulation, etc. and tries to find a piece of music “next door”? Which known - and especially unknown - work methods, which foundations are at stake? Where does one position oneself in the room? Where should the composer stand? The listener? How can one protect oneself from acoustical interferences which suddenly break into the acoustic arena? Or how does one take on such a situation? These are the questions I asked myself at the very beginning when I visited the mostly vacated Institute of Electronic Music and Acoustics (IEM) on weekends - not to use the CUBE, with which I had become very familiar over the years. I went there instead to experiment with the speakers on office desks in the hallway leading to the CUBE and connect them to a multichannel audio system. I would sit in the hall with a laptop, distributing sound material throughout the area pulses and drones, clouds of sound particles. Concentrating on jumps and movement therein, I tried to understand how much of the known is absorbed by the unknown circumstances and at which point my expectations are taken over by the reactions of the space, leaving me in awe. These experiments conducted in front of the doors of my old “home studio” showed unequivocally that nothing can be planned before or outside of the space which is to be “played”. First impressions are usually based on outer, visual elements; only the instruments and methods used for surveying a room can be updated and refined. Everything else is born out of direct examination of the acoustic properties of the site. In further tests it soon became clear that only a respectful, timid and observant approach permitted my own acoustic positioning in the room. And while sitting or standing in a particular hallway hour upon hour, walking around in it, opening a window or a door, snapping fingers or tapping a foot, an old yet in this context new question came about: “How will I communicate this to others?” It is not a question how large an audience should or could be to experience a composition of this sort, but whether or not it is even possible that others have the same acoustical

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impression of it and experience in the way intended without me having to intervene by referring to truisms or quoting clichés. With regard to the previously unknown volume of the room and its individual character, such questions can only be answered through experimentation and experience and cannot be speculated. One can only try to bridge the known, personal world, to the unknown, other world. It is about capturing the periphery and describing it. The secure center is occupied by personal interests, dogmas, rules and laws, and traditions, indoctrinations. The real task at hand is pinpointing the very moment when the known world and one’s perception thereof “collapses” and then enabling the audience to perceive this moment - not by means of hints or signs (Warning! Collapse!!), but getting them to notice it on their own. A new world arises out of and disappears back into the point of friction between the two, where the inner and outer worlds, the center and the periphery come into contact. This experience can only start to exist in one’s own ear, where through practice and careful repetition of these moments of “collapse” a new world is created. And that is everything. It is important to note further, that this project does not involve the creation of any “new” instruments. I have chosen to use issit (In Situ Sound Installation Tool), which was designed in cooperation with the IEM in the year 2010. Basically, it is a transportable multichannel audio system consisting of 32 active speakers and a number of tripods and cables. Its advantage is that it can be very flexibly arranged in different buildings and rooms and can also be spread out over a relatively large distance. Its usage is experimental and new software is written for it as the need arises. The first trial run took place over a period of two weeks in August, 2010, in a spacious workshop and lecture hall at Graz University’s Faculty of Architecture. There, I was able to conduct several tests on the arrangement and combination of the speakers and start with the space inquiry process. It also gave me the opportunity to try out several different recording concepts such as OKMs, Sound-Field and Shoeps KFM 6 stereo microphone. The second trial was carried out during my residency at Pact Zollverein in February, 2011, where I was able to practice transporting, i.e. packing and moving the system; I also had the opportunity to conceptualize a room survey for a singular, large room with a few sound sources. It was there where I formulated the basic questions: which sounds escape out of the space; which ones come in from outside; and how do I integrate those sounds into the composition? I simulated simple leaps in perspective and noted what happens in an “open field” when a second listener enters the room and I still do not know what I am doing – the space and the composition collapse. With the practice and insight I gained there and my audio recordings and sketches and the help of the Chambers for Space Inquiries, which was established to provide support for the project in November, 2010, Villa03, located at Beatrice Edgell Way in the Leighton Barracks in Wurzburg, was acquired as the first building in July, 2011. {gksh}

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Villa03 – Würzburg

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Villa03 Sich der Villa03 zu Fuß zu nähern, ist befremdlich. Auf einem riesigen, unüberschaubaren, völlig symmetrisch angelegten Gelände steht eine Reihe von Häusern in einer aus den Fugen geratenen Kleingarten-Barbecue-Atmosphäre. Von den amerikanischen Soldaten über Jahre wahrscheinlich mit der Nagelschere gestutzt, ist auch hier die Natur ihre Besatzer losgeworden: Das Gras und die Sträucher, die Hecken wuchern über die ihnen ursprünglich zugestandenen Grenzen hinaus. Der Wind erzeugt ein Rauschen und Knarren, das sich mit den Fahrzeuggeräuschen, den Straßenklängen, die über die Hecken und die Lärmschutzmauer hinter dem Haus drängen, in unregelmäßigen Pulsen mischen. Zwei Hauptklangquellen kann man nach kurzer Zeit identifizieren: Die Straße auf der Rückseite des Hauses und die Grillen vorwiegend auf der Feldseite. Zwei ihrem Ursprung nach fremde Welten, die sich in meinem Ohr zu etwas Drittem mischen. Das Gebäude im Hubland schien zunächst eine gute Idee. Leerstehend, verkehrstechnisch gut zu erreichen, ein unspektakulärer Bau, historisch aufgeladen, überschaubar, zweistöckig. Die Rätsel, die mir der Bau aufgeben und die tiefen Zweifel, die ich dort über Wochen ansammeln würde, habe ich bis zum Beginn der Arbeit nicht ahnen können. Die ersten Tage stehe und sitze ich im ehemaligen Garten, gehe ums Haus, nähere mich dem Gebäude über die Freiflächen und beobachte die Baustellenfahrzeuge, die selten am Haus vorbei fahren. Ich mache Stereoaufnahmen mit meinem HD-Rekorder. Das Instrumentarium fahren wir mit dem Auto an und ich verstaue die Cases im Haus. Unberührt steht es dort die ersten zehn Tage, in denen ich die äußeren Klänge kennenlerne. Nach einer Woche beginne ich mit der aufmerksamen Begehung des Gebäudes. Schritt für Schritt, jeden Gang, jeden Raum, hören. Das Ohr ans Fenster, an die Eingangstüre, auf der Suche nach akustischen Brücken. Ich klopfe hier, lausche dort, ich lerne, dass ich immer die gleichen Schuhe anziehen sollte, damit ich die akustischen Erfahrungswerte mit meiner eigenen Person im Gebäude festigen kann. Und überall Wandschränke. Und dann notiere ich den ersten Eindruck, dass das Gebäude natürlich einen eigenen Klangcharakter hat, dieser aber äußerst schwierig erfahrbar ist. Ich sitze und lausche und da ist erstmal wenig. Wenig heißt nach einer halben Stunde: Grillen, eine Wasserspülung, die sich um 12 Uhr wie von Geisterhand betätigt (und die das an den folgenden Tagen auch tun wird), Wind-/Graszischen in verschiedenen Schattierungen und ab und zu eine Fliege, die innen gegen das Fenster fliegt. Und dann immer wieder verschiedene Kraftfahrzeuge, die hinter der Lärmschutzmauer sich mit verschiedenen Rauschintensitäten und in für einen kurzen Moment auftauchenden Pattern von links und/oder rechts in das akustische Panorama schieben, gleiten, einbrechen. Ich gehe durch das Gebäude, sitze auf dem Boden im oberen Flur, sitze eine Weile im Wandschrank, stehe auf dem vermoosten und wackeligen Balkon. Tür auf, Tür zu, Fenster „auf kipp“. Überall Fliegengitter, aber die hört man nicht, nur, wenn der Wind das Aluminium bewegt, ein kurzes

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Rattern und wenn ich die Augen nach einer halben Stunde wieder öffne und aus der halb offenen Küche in das leere Wohnzimmer blicke, trist, leichtes Rauschen. Ich löse alle Fliegengitter an allen Fenstern einseitig und höre mir an, was der Wind mit diesen macht. Nicht viel, aber das muss ich sammeln. Ich nehme die leeren Räume auf, notiere Zeiten, Takes. Nicht zu viel, Abhören braucht Echtzeit. Abends im Hostel setze ich dann Kopfhörer auf und lerne Mikrofonperspektive kennen. Was habe ich alles nicht gehört, was auf der Aufnahme zu finden ist? Warum nicht? Aber auch: Was fehlt hier, was ich in Erinnerung habe? Und dann vor allem eine wiederkehrende Erkenntnis: Konzentriertes Hören geht nur eine kurze Zeit, danach fängt man an, zu phantasieren. Auch spannend, aber man muss einen Umgang damit finden. Und immer wieder, beim Wechsel zwischen dem oberen Stockwerk und dem Erdgeschoss, komme ich an dieser Ecke auf der mit Teppich überzogenen Treppe vorbei. Man läuft von beiden Seiten immer auf eine Wand zu und biegt dann ab. Am Ende der zweiten Woche im Bus zurück in die Stadt wird mir dann klar, wenn ich mich dort umdrehe und in die Ecke stelle, höre ich links mehr unten und rechts mehr oben. Sehr einfach. Am nächsten morgen sitze ich auf dem Teppichboden in der Ecke des Treppenaufgangs. Ich habe meinen Abhörpunkt gefunden. Das Gebäude und der Klang seiner Räume wird über die Wochen vertrauter, ich werde feiner in der Wahrnehmung der aufgrund der Bauweise sehr ähnlichen, gleichförmigen Atmosphären. Obschon die immer wieder an den Fliegengittern rüttelnden Spaziergänger („kann man die Häuser mieten?“) mich erschrecken, wenn sie mich aus der Hörkonzentration reißen und mir wie unheimliche Eindringlinge vorkommen, beginnt das Gebäude als Gesamtatmosphäre greifbarer zu werden. Das Alleinsein hat hier eine andere Dimension als im Studio. Während im Studio der Raum immer leer ist und die Lautsprecher mich im Zentrum erwartungsvoll und gleichzeitig bedrohlich anstarren („Mach was!“), ist hier der Raum immer dicht und „bedroht“ von äußeren Umständen und ich starre zurück in die Gänge, auf die Wände, an die Decke. Während ich im Studio mich auf eine Insel zurückziehe, bin ich hier wie auf einem Floß dem Unbill des umgebenden Mediums ausgeliefert. Die Lautsprecherpositionen ergaben sich zunächst aus sehr einfachen Beobachtungen und Mutmaßungen: Hallverhalten der gekachelten drei Toilettenräume oder Klangfärbung durch die hölzernen Wandschränke. Ich spiele selbstähnliche 1 Klangsequenzen im oberen Stockwerk und im Erdgeschoss sowie im Keller, mache A/B/C-Vergleiche, ich verschiebe Rhythmuspattern durch die Räume, ich verschiebe die Lautsprecher, verändere deren Ausrichtung. Ich stelle auf der Feldseite Lautsprecher auf, die in das Gebäude hinein spielen. Ich teste verschiedene Klangmaterialien, Lautstärken, geöffnete, angelehnte und geschlossene Fenster mit verschiedenen Lautsprecherausrichtungen und -konstellationen. Und immer wieder gehe ich die Räume ab, um die Absorptionseigenschaften des Baus und der Materialien besser zu verstehen. Am Anfang der dritten Woche fixiere ich die Lautsprecheraufstellung (vgl. Soundwalk). {gksh}

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Es handelt sich hier um Mutationen von Klängen, die aus dem selben Grundmaterial entstanden sind.

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Villa03 Approaching the Villa03 on foot is a strange feeling. Situated on a vast, symmetrically arranged plot of land, there is a row of houses that have an atmosphere about them similar to that of a barbecue party on the edge of a forest. It is a compound that for decades was most likely kept very well pruned by American soldiers. But now, since the occupiers have left, nature has taken over; the grass is tall and the shrubs and hedges grow unkempt beyond their originally intended shapes. The wind rustles and whooshes through trees and leaves - sounds that mix with noise from vehicles and the street to form irregular pulses that penetrate the hedges and the noise protection barrier behind the house. The two main sound sources become apparent relatively quickly: the street in the back of the house and the crickets on the other side, where the field is located. Two worlds in themselves foreign to each other create a new, third entity in my ears. At first, using the Hubland building sounded like a good idea; the building was unoccupied, easy to reach, a relatively simple and small construction with two stories located in a historical area. I would have never guessed the questions and puzzles that the building would pose and the doubt that would torture me over the weeks working there. During the first few days, I sit where the garden used to be, walk around the house, approach the building from the outside and observe the construction vehicles that occasionally drive past the house. I use my HD stereo recorder to record the sounds. We drive the equipment over to the house and unload it. It sits there untouched for the first ten days - for as long as I am still getting to know the outside noises. A week in, I start carefully inspecting the house for sounds and its spatial properties. Step for step I become acquainted with it; in each hallway and room, I stand and listen. I put my ear to the windows and the doors in search of acoustical bridges. I knock here, listen there. I quickly find out that I should always wear the same shoes so as not to disturb my experience of the building’s acoustic makeup. There are built-in cabinets and closets everywhere. I write down my impression of the building - that it has its own acoustic character, albeit one that is extremely difficult to pin down. I sit and listen but there does not seem to be much to hear. Within a half hour I note the sound of crickets chirping, of water running, (which, I would soon learn, starts every day at 12 o’clock, as if turned on by an invisible hand), wind and rustling in different colorings and intensities and a fly, which occasionally flies against the window. And now and then there are different volumes of sound from the cars, which escape from beyond the noise barrier and penetrates, breaks and becomes part of the acoustic panorama in a left and/or right pattern. I walk around the building, sit on the floor in the hall, sit inside a closet for a while and I walk out to the old, rickety balcony upon which moss now grows. I open doors, close doors, tilt the window. All of the windows have screens, but they

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can only be heard when the wind rattles their aluminum framing. I linger in the kitchen for half an hour. When I open my eyes and walk into the living room, there is a dull and quiet hissing sound. I open all the screens and listen to the sound of the wind blowing through them. It isn’t much, but it is information I have to collect. I record the empty rooms, take note of times and takes. Not too much – listening must be done in real-time. In the evening, I go to my hostel and get to know the microphone’s perspective by “reviewing” the recordings. What sounds are on the recordings that I overheard? Why did I overhear them? I also compare it to my own perspective and ask myself if anything is missing from the recordings that I remember hearing? And then an old realization comes to mind: that concentrated listening is only possible for short periods at a time. After that, one starts to imagine things. A fascinating point, but one has to come up with ways to get around it. Going up and down the stairs, I always pass a corner of the carpeted steps. When going up the stairs, and when descending, one approaches a wall before turning down a hall. At the end of the second week, while sitting on a bus into town, it occurs to me that when I turn at that particular spot and stand in the corner, I hear more downward with my left ear, and on my right ear, I hear more from upstairs. Very basic. The next morning, I sit on the spot in the corner of the stairs. I have found my listening spot. The building and the sound of its rooms become more and more familiar to me with the passing weeks. My perception becomes more sensitive to the building’s atmospheres, which, due to the design, are very similar and have something uniform about them. Although I am occasionally startled by passers by who tap on the screens and ask if the object can be rented, and thus rip me out of my concentration (in such moments I perceive them as sinister intruders), on the whole, the atmosphere of the building starts to become tangible. Being alone here has a whole other dimension than being alone in the studio. When the studio is empty, the speakers stare at me expectantly and menacingly (as if shouting: “make some sound!”). But the room here is always dense and “threatened” by outside conditions, I realize as I stare at the hallways, the walls and the ceiling. In the studio, I feel like I am on an isolated island. But here, it feels like floating on a raft and being at the mercy of the turbulent waters of the surrounding medium. I start by choosing the positioning of the speakers based on simple observations and hunches: the echo in the three tiled bathrooms, sound coloring based on the wooden cupboards. I play self similar 2 sound sequences upstairs as well as on the first floor and in the basement. I create A/B/C comparisons, push rhythm patterns through the rooms. I change the position and direction of the speakers. I set up speakers outside near the field and point them towards the building. I test various sound material, volumes, opened, half-opened and closed windows with different speaker directions and constellations. All the while I continue to observe the rooms in order to get a better understanding of the building’s and the materials’ absorption properties. At the beginning of the third week, I permanently fix the speakers (compare Soundwalk on the disc). {gksh}

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Mutations of sounds made by the same material.

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Raumbefragung Auf Grund der bei der Begehung gemachten Erfahrungen, findet dann die Raumbefragung statt. Mein in den letzten Jahren für diesen Moment vorbereiteter Werkzeugkasten beinhaltet verschiedene in SuperCollider 3 geschriebene Programme, mit denen man das Gebäude akustisch erkunden kann. Z.B. mehrkanalig abspielbare Klangpartikel-Ketten (Bursts) zur Erfahrung der Halligkeit von Gebäuden oder tiefe kurze Pulse, um so je nach Situation Vibrationen von Türen oder losen Blechen zu provozieren, deren Geräusche eventuell in eine spätere Komposition mit einfließen können. Ebenfalls im Werkzeugkasten befindet sich ein einfacher Generator für weißes Rauschen, das dann auf einem Lautsprecherkreis in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegt werden kann, so dass man das Absorptionsverhalten des Gebäudes auf dem Weg vom jeweiligen Lautsprecher zum Abhörpunkt kennen lernt (lässt man ein kontinuierliches Signal auf einem Lautsprecherkreis im Tonstudio rotieren, wird es klanglich kaum verändert, verteilt man diesen Kreis auf eine Folge von angrenzenden Räumen, verändert sich das gleiche Signal beim „Wandern“ durch die Räume aufgrund der baulichen Eigenschaften). Ein anderes Programm erzeugt Klänge, die an ein „Einritzen“ mit einem spitzen Gegenstand erinnern. So kann das Gebäude an der jeweiligen Lautsprecherposition markiert werden. Die so erzeugten Klänge tragen dann die akustischen Informationen über Material, Entfernung, Raumgröße bis zum Abhörpunkt. Zudem verwende ich komponierte mehrkanalige Miniaturen, die mir vertrautes Klangmaterial beinhalten, um einen weiteren Raum-Klangeindruck zu bekommen. {gksh} Space Inquiry I carry out the space inquiry based on the impression the building has made on me. The toolbox I spent the last couple years preparing for this moment contains a number of programs written in SuperCollider 3, with which one can explore buildings acoustically. There are, for example, multi-channel chains of sound particles (bursts), which can be played back and are used to gather information on the reverberation. It can also emit low, short pulses, which, depending on the situation, create vibrations from doors or loose sheet metal, creating a sound that can be used in an eventual composition. The toolbox also contains a simple generator for creating white noise, which can be moved through a speaker circuit at different speeds. With this, one can experience the absorbent properties of the building going from a speaker to the listening point. (A continual rotating signal on a speaker circuit in a studio barely changes soundwise. But if the circuit is spread out among a number of rooms, the same signal changes for a listener moving from one room to another because of the varying structural characteristics.) Another program creates sounds similar to the sound of something sharp cutting into or carving a certain material. That helps mark the positions of the speakers. The sounds created using these tools deliver acoustic information about materials, distances and room sizes to the listening point. In addition to these, I gather further spatial sound impressions using multichannel miniatures, which are earlier material compositions of mine. {gksh}

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Material Ich klebe Kontaktmikrofone an die Fensterscheiben der Villa03 und nehme am Morgen und in der Nacht auf. Das Material filtere ich, speichere, verstärke Frequenzen und spiele diese Klänge an verschiedenen Stellen im Gebäude wieder ein. Ich sammle, notiere und versuche, Reaktionen, Zusammenspiele und Durchdringungen zu reproduzieren. Die Kellerlautsprecher z.B., vor allem der im Waschtrog, erzeugen bei tiefen Frequenzen um die 80 Hertz ein Vibrieren in Teilen des Fundaments, das sich auf das Holz des Treppenaufgangs und die Garderobe überträgt. Dieses Vibrieren erzeugt Geräusche und lässt sich steigern und rhythmisch zentral im Gebäude steuern. Ich nehme die „leeren“ Räume auf, spiele das Signal wieder ab, erzeuge Feedbacks und zeichne diese wieder als Material auf, um damit wieder den Raum anzuregen, seine Reaktionen zu provozieren. Ich suche ein elektroakustisches Equivalent zu den Grillen, spiele kleine zirpende bursts, per Zufallsgenerator angeregt und mit unterschiedlichen Ereignisdichten. Und ich versuche, unterschiedlich gestimmte Sinusgeneratoren auf die einzelnen Räume zu legen, um an meinem Abhörpunkt eine Stimmung, gefärbt durch die verschiedenen Räumen, zusammen zu setzen. In meinem Rücken die Außenwand, durch die durch Hecken und Lärmschutzwand gefiltert, die Klangereignisse der Zubringerstraße dringen. Die Straße wird zu einem wichtigen Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen. Die Lautstärken, die Frequenzen, die Bewegungen im Gebäude. Alle erzeugten und zu erzeugenden Klangkonstellationen sollen sich zu diesem Punkt verhalten. So geht es in der dritten Woche Tag und Nacht, solange die Konzentration reicht und die Ohren „halten“. Am Ende steht eine Folge von sechs Teilen (5.49, 4:38, 3:53, 2:30, 4:30, 2:30), die für drei, maximal vier Personen auf dem Teppich im Knick des Treppenaufgangs sitzend als Gebäudekomposition abhörbar sind. {gksh}

Aufzeichnung Nach Abschluss der kompositorischen Arbeiten folgten die Versuche, das Stück so aufzuzeichnen, dass es zumindest als Audio-Dokumentation die gemachten Erfahrungen für mich selber in Erinnerung rufen und Dritten einen minimalen Eindruck der Klangwelt ermöglichen kann. Nach verschiedenen sehr erfolglosen, weil völlig unbefriedigenden Ergebnissen, habe ich mich für eine einfache Stereomikrofonierung an der Abhörposition im Treppenhaus entschieden. Diese Aufnahmen vom 28.07.2011 sind in leicht bearbeiteter Form auf der Dokumentations-CD zu hören. {gksh}

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Material I fix contact microphones to the windows of Villa03 and record in the mornings and at night. I filter and save the material, amplify frequencies and play the sounds back at different parts of the building. I collect and write down information – reactions, interactions and intersections and try to replicate them. For example, the speakers in the basement, especially the one in the washbasin, creates vibrations with low frequencies around 80 Hertz in parts of the foundation that is transferred to the wood in the stairwell and the coatroom. The vibrations make sounds and can be intensified; its rhythm can be centrally controlled. I record the “empty” rooms, play back the signals, create feedback, in order to stir up the room and provoke a reaction, which I also record as material. I try to find an electro acoustic equivalent to the sound made by crickets; using a random generator I play little bursts of electronic chirping with varying densities. I also use differently tuned sinus generators directed towards the rooms so that I can hear moods colored by the different rooms at my listening point and then I attempt to modulate and compose them. To my back, noise penetrates the building through the noise barrier outside, through the bushes and through the building’s outer wall. The street becomes an important point of reference for all further considerations. The volumes, frequencies and movements within the building; all sound constellations, which have already been made and which have yet to be created should all be put in relation to this point. This is the third week’s work, day in, day out, for as long as I can concentrate and as long as my ears “play along”. The result is a six-part series (5:49, 4:38, 3:53, 2:30, 4:30, 2:30) of the building sound composition, which can be heard by up to three or four people sitting on the carpet in the corner of the stairwell. {gksh}

Recording After completing the composition, I attempted to record the piece so that, at least for me, it could be used as an audio documentation to remind myself of the experiences I had while working on the composition. I also hope it can give others a glimpse into the aesthetics of the sound of the composition. After a number of unsuccessful attempts I was unhappy with, I decided on a simple stereo microphone recording at the listening point on the staircase. A slightly edited version of the recordings from July 28, 2011 is included on the CD. {gksh}

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AUDIO-CD AUDIO-CD 01 Außen Outside 02 Innen Inside 03 Geisterspülung Ghost Flush 04 Begehung Soundwalk

04:36 04:27 03:11 10:17

Raumbefragung Space Inquieries: 05 Test #1 06 Test #2 07 Test #3 08 Test #4 09 Test #5

01:19 01:54 01:54 01:06 00:59

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09:26

Lautsprecherpositionen Speaker Positions

Gebäudekomposition Building Sound Composition 11 Villa03: v#1 v#2 v#3 v#4 v#5 v#6

28:28 05:48 05:09 05:03 04:44 04:37 05:07

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Villa03 – Historischer Hintergrund Beim ersten Gebäude der Reihe *{kA}: keine Ahnung von Schwerkraft* handelt es sich um die Offiziersvilla 3 des ehemaligen US-amerikanischen Militärgeländes Leighton-Barracks in Würzburg. Das 135 Hektar große Gelände befand sich von 1945 bis 2008 in Besitz der US-Streitkräfte und bestand aus einem guten Dutzend großer Wohnblocks, mehreren Einfamilienhäusern, mehreren Schulen unterschiedlicher Stufen, Sportanlagen und einem Einkaufszentrum nach amerikanischem Vorbild („base exchange“). 3 Nach Abzug der zuletzt in Würzburg stationierten 1.US Infanterie Division 2008 wurde das Areal zunächst dem Bund übergeben. Das Land Bayern beschließt 2009 den Kauf von 39 Hektar des Leighton-Areals, um sie für die Erweiterung der Universität Würzburg zu nutzen (Campus Hubland). Die Offiziersvilla 3 aus den 1970er Jahren ist eine Doppelhaushälfte zur Privatnutzung, also eigentlich ein ziviles Gebäude, in dem vermutlich eine Offiziersfamilie zur Zeit der Besatzung gewohnt hat. Das Gebäude ist unterkellert und verfügt über zwei Etagen, inklusive Dachboden, Carport, zwei Terrassenanlagen und Garten. Das Erdgeschoß besteht aus Eingangsbereich, Abstellkammer, Gäste-WC, kombiniertes WohnEsszimmer, Küche mit Durchreiche und Büro. In der ersten Etage befinden sich vier Schlafzimmer und ein Badezimmer. Die beiden Etagen sind durch eine geschwungene Treppe miteinander verbunden. Im Keller befinden sich Heizungs-, Wasch- und Vorratsräume. Für die Akustik ist das Material entscheidend: Beton, Holz, Keramik/Ton, Papier, Teppichboden, Glas, Aluminium. Die Räume der Villa sind eher konventionell geschnitten, klare Winkel, standardisierte Größen und eine übliche Deckenhöhe. Eine Besonderheit ist, dass sich in allen Schlafzimmern, dem Büro und auch Teilen des Wohnzimmers fest installierte Einbauschränke befinden, in der Küche eine fest installierte Küche, bestehend aus Unter- und Oberschränken. Im Haus ist Parkett ausgelegt sowie Teppichboden auf den Treppenstufen. Küche und Bäder sind gefliest. Die Wände sind tapeziert und gestrichen und die Aluminiumfenster sind doppelt verglast. Die Villa befindet sich in einer grünen Umgebung, zusammen mit weiteren Doppel- und Einfamilienhäusern in einer Reihe im Beatrice Edgell Weg. Gegenüber befindet sich die Straße Am Galgenberg (Vorderseite) und eine große Grünanlage mit zwei Baseball-Anlagen auf der Rückseite. Die US-Streitkräfte haben im April 1945 das ehemalige Luftwaffen- und Wehrmachtsgelände besetzt. Das Leighton-Areal wurde nach Captain John A. Leighton benannt, einem 1944 gefallenen Offizier des 10th Armored Infantry Battalion. Insgesamt ist das Leighton-Gelände im Südosten Würzburgs auf einem geschichtsträchtigen Gebiet angesiedelt. Durch es hindurch führte früher eine, noch aus dem Mittelalter stammende Fernstraße von Würzburg nach Kitzingen. Später, in

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Geschäfte innerhalb von US Militäreinrichtungen, die Kaufhäusern ähneln und vom US Militär betrieben werden.


der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, war die Straße Teil der Handelsstraße von Wien, über Nürnberg nach Frankfurt und Westeuropa. Teil dieser Fernhandelsstraße ist auch der Abschnitt „Am Galgenberg“, mit dem heute noch bestehenden Gasthaus „Zum letzten Hieb“. Hier befand sich einstmals der öffentliche Hinrichtungsplatz der Stadt. 1950 beschlossen die US-Army auf dem Galgenberg ein Wohngebiet für die amerikanischen Streitkräfte zu errichten. Alles in allem wurden 1303 Wohneinheiten für die Truppen und ihre Angehörigen gebaut. Insgesamt wurde das Areal enorm erweitert und zwar nicht nur mit Wohneinheiten, sondern auch zahlreichen Freizeitmöglichkeiten, Schulen, Swimming Pool, Sporteinrichtungen (u.a. Tennis, Baseball, Reiten), Kinos und Offizierskasino und einer der größten Shopping Malls in Europa, mit aus den USA importierten Lebensmitteln. Im April 2008 gibt das US-Hauptquartier in Heidelberg bekannt, dass die US-Streitkräfte den Standort Würzburg bis September 2008 vollständig verlassen werden. Das Areal wird zunächst an den Bund übergeben, während sich der damalige Bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein bereits für einen Erwerb der Grundstücke einsetzt. Die Stadt Würzburg entwickelt parallel dazu Pläne, wie das ehemalige Militärgebiet für die Stadt genutzt werden kann. Eine Diskussion, an der sich auch zahlreiche Bürger der Stadt beteiligen. Mehrere Namen für das neue Areal waren im Gespräch, darunter „Skyline“, „Männerland“ und „Galgenberg“, ehe es mit „Hubland“ seine neue Bezeichnung erhielt. Am 18.10.2007 holen die US-Streitkräfte zum Universität waren die Leighton-Barracks mit die Würzburger Innenstadt. Insgesamt lebten Angehörige in der Militärkaserne. 40 Hektar Hubland-Campus Nord. {sr}

letzten Mal ihre Flagge ein. Laut Auskunft der knapp 135 Hektar Gesamtfläche etwa so groß wie über 10.000 US-Soldaten, Zivilangestellte und sind nun im Besitz der Universität und bilden den

Quelle: Der Abzug der Amerikaner aus Würzburg und die Ausdehnung der Uni auf das Leighton-Areal – eine Chronik der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg (zur Verfügung gestellt am 15.7.2011). ||||| Steidle, Hans (2010): Denkmalschutz und Stadtheimatpflege im Konversionsgelände Hubland, online unter: http://www.wuerzburg.de/de/kultur-bildung/denkmalpflegeundstadtgeschichte/heimatpflege/stellungnahmen/30901. Stellungnahmen_.html.

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Villa03 – Historical Background The first building used in the series *{kA}: keine Ahnung von Schwerkraft* (*Oblivious to Gravity*) is Villa03, a house previously used by the US military at the Leighton Barracks in Wurzburg, Germany. The 135-hectare compound was run by US forces from 1945 to 2008 and consists of a good dozen apartment buildings, single-family homes, schools, sports facilities and an American-style shopping center with base exchange stores. 4 After the withdrawal of the 1st Infantry Division from Wurzburg in 2008, the compound was handed over to the German government. In 2009, the German state of Bavaria bought 39 hectares of the Leighton Compound to expand the University of Wurzburg (Campus Hubland). Villa03 is a semi-detached civilian house that was built in the 1970s; it was most likely inhabited by an officer and his family during the occupation. The two-story home was built with a basement, an attic, a carport, two terraces and a garden. The ground floor consists of a front room, a storeroom, guest restroom, combined family and dining room, a kitchen with a service hatch and an office. The second floor, which can be accessed by a winding staircase, has four bedrooms and a bathroom. In the basement there are wash and storerooms and also a furnace room. The material is a crucial factor for the acoustic makeup: concrete, wood, ceramic/clay, paper, carpet, glass, aluminum. The house’s blueprint is conventional – clear-cut angles, standardized measurements, normal ceiling heights. One aspect of the house which is otherwise uncommon in houses in Germany is that it has pre-installed cupboards and closets in the kitchen and bedrooms. The floor is parquet. The stairs are overlaid with carpet. The kitchen and bathrooms are tiled. The walls are wallpapered and painted. The double-glazed windows have aluminum frames. The house is located in a suburban setting – on the nearby Beatrice Edgell Way, there are more apartment buildings and family homes and to the back of the house there are two baseball fields. The house is located on the street Am Galgenberg. Before US forces occupied the grounds, it had been used by the German Army and Air Force. It was dubbed Leighton after CPT John A. Leighton, an officer of the 10th Armored Infantry Battalion who died in 1944. The Leighton Barracks in the southeast of Wurzburg are located in a historical area of Germany. The historical road from Wurzburg to Kitzingen, which dates back to the Middle Ages, used to cross right through the area. In the second half of the 18th Century, the road became part of the Vienna Trade Route, which ran from Vienna through Nuremberg and Frankfurt to western Europe. Am Galgenberg used to be part of the historical road and is still home to the former historical inn, “Zum letzten Hieb” (your last drink), which is now a brewery. Its name is a remnant of the city’s first public execution grounds, which were located here. In 1950 the US Army decided to build a residential area on the execution grounds. 1,303 housing units were built for American troops and their families. The compound was extended to include not only living quarters but also leisure and sports facilities (including tennis courts, baseball fields and riding grounds) and one of the largest malls built in Europe with imported food from the US. In April 2008 US headquarters in Heidelberg announced that US forces would be withdrawing from Wurzburg by September of the same year. The compound was handed over to the German government, and Bavaria’s former Minister President Günther Beckstein started making offers for an acquisition. At the same time, the city of Wurzburg developed plans to {26} use the military compound for municipal purposes. It was a discussion in which the residents of Wurzburg were included. A number of names were thought up for the area, among them: “Skyline”, “Männerland” and “Galgenberg”, before it was dubbed “Hubland”. The last US flag was brought in on October 18, 2007. According to information from the university, the surface area of Leighton Barracks (around 135 hectares) was about as large as Downtown Wurzburg. It was home to a total of 10,000 US soldiers and their families and civilian workers during the time of the occupation. The university now owns 40 hectares - the Hubland-Campus North. {sr}


Stores located on US military installations which resemble department stores. Source: „Der Abzug der Amerikaner aus Würzburg und die Ausdehnung der Uni auf das Leighton-Areal – eine Chronik“ Julius-Maximilians-Universität Würzburg (the withdrawl of American toops and University’s expansion to the Leighton Barracks – University of Wurzburg, used on July 15, 2011). ||||| Steidle, Hans (2010): „Denkmalschutz und Stadtheimatpflege im Konversionsgelände Hubland“, (protection of historical sites and local preservation for Hubland) online: http://www.wuerzburg.de/de/kultur-bildung/ denkmalpflegeundstadtgeschichte/heimatpflege/stellungnahmen/30901.Stellungnahmen_.html. 4

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Zum Produktionsprozess (1): Das Ensemble Der Kunstbegriff der solitären Erfindung hat ausgedient, wenn er nicht schon immer ein Mythos war. Künstler, die wissen, was sie wollen, Komponisten, die alle Klänge selbst und alleine erfinden, entsprechen einer bürgerlichen Vorstellung des Künstlergenies, die mit der heutigen Wirklichkeit künstlerischer Produktionsprozesse nicht mehr überein zu bringen ist: „Was ist das, dieses Material? Muss es nicht gefügig sein? Den Wünschen des Autors, des Komponisten, des Malers, des Theatermachers entsprechen? Ist nicht er derjenige, der darüber befindet? Oder haben wir uns vielleicht längst einer künstlerischen Praxis genähert, die sich von der weitverbreiteten Auffassung vom Künstler, der weiß, was er will, fein unterscheidet?“5 Der Komponist Heiner Goebbels greift hier ein Thema auf, das in der aktuellen Debatte über künstlerische Produktionsprozesse gerade hohe Brisanz erfährt. Wie entstehen komplexe künstlerische Projekte? Wie sind sie räumlich und zeitlich organisiert? Welche Personen sind daran beteiligt und zu welchem Grad? Als Co-Autor, Produktionsmanager oder „nur“ Ausführender? Goebbels unterscheidet zwei entgegengesetzte Strategien der künstlerischen Praxis. Da ist einmal die Komponistin/der Komponist, die/der „ihre“/„seine“ Klänge erfindet. Und dann ist da andererseits ein Produktionskontext, in dem mehrere Personen mitwirken und wo das Werk „in direkter Reibung entsteht [...] als Verdichtung gesellschaftlicher Erfahrung“ 6 . Zwar hält sich noch hartnäckig die gängige Auffassung von Kunst als Ergebnis einer mächtigen Form von Autorschaft. Ein Blick auf gegenwärtige künstlerische Produktionen aber zeigt, dass diese Vorstellung längst überholt ist und Künstler auch in Gruppen, Ensembles oder Kollektiven arbeiten. Zur Frage nach dem Ursprung und der Herkunft des Materials kommt auch die Frage nach der Strukturierung des künstlerischen Entstehungsprozesses. Zur künstlerischen Arbeit gehört heute selbstverständlich auch, die Arbeit zu organisieren, zu kommunizieren (Ideen, Prozess, Tätigkeiten, Projekte etc.) und zu dokumentieren. Dabei handelt es sich um Aufgaben, die zwar schon von jeher auch von anderen Akteuren des Kunstbetriebes geleistet wurden als nur den Künstlern selbst, z.B. von Kritikern, Kuratoren, Impresarios etc. Die Arbeitsteilung heutiger künstlerischer Produktionsprozesse geht aber über eine organisatorische Funktion hinaus. Sie ist dem Prozess nicht nur äußerlich, sondern integraler Bestandteil der künstlerischen Arbeit selbst. Die Arbeit *keine Ahnung von Schwerkraft* ist kein Werk, dass – vereinfacht gesagt - im Computer des Komponisten entsteht, keine Arbeit über ein programmiertes Softwaretool, ein Patch, eine im Computer erzeugte Klangkollage oder eine vom Computer nach gewissen Regeln erzeugte Komposition. Die Kompositionen bestehen zunächst als ein komplexes theoretisches Konzept mit bestimmten Rahmenbedingungen, die einen Möglichkeitsraum für Raum-Klang-

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Heiner Goebbels (2002): Material, Phantasie und Einflußangst, in: Heiner Goebbels | Musik als Inszenierung, hg. v. Wolfgang Sandner, Berlin, 214. ||||| 6 ebd., 211.


Kompositionen eröffnen, ohne dass bereits ihre konkrete Erscheinungsform festgelegt sein würde. Die langfristige und nachhaltig angelegte Arbeit ist ohne engverzahnte personelle Zusammenarbeit nicht möglich, sondern bedarf einer logistischen Planung, überlegten Organisation, theoretischen Reflektion und schließlich einer ausführlichen Dokumentation. Zur Durchführung des Projektes und als Notwendigkeit der künstlerischen Arbeit selbst, wurde daher im Oktober 2010 die „Kanzlei für Raumbefragungen“ von Gerriet K. Sharma, Saskia Reither und Nico Bergmann gegründet. Die Kanzlei dient als Plattform zur Steuerung und Realisierung des Projektes und als Ausgangspunkt zur Vernetzung mit anderen künstlerischen und wissenschaftlichen Ansätzen. Die drei Mitglieder begreifen sich als Ensemble und arbeiten mit verteilten Aufgaben am Gesamtprojekt. {sr}

The Production Process (1): The Ensemble The idea of solitary inventions, a product of art history, has lost its flare through the years; it is possible that it has never been anything more than just an idea. Artists who know what they want, composers who invent all sounds by themselves – that is the bourgeois notion of artistic genius but it does not correspond with reality of the process of artistic work. “What is it, this material? Doesn’t it have to be pliable? Doesn’t it have to correlate with the wishes of the author, composer, painter or the theater-maker? Isn’t it they who make the decisions in the creative process? Or have we come closer to a creative process which differs from the concept of the artist who knows what he/she wants?” 7 The composer Heiner Goebbels refers here to the debate over artistic work processes, which to this day remains controversial. The question is, how do artistic projects come into being? How are they organized in terms of space and time? Who contributes what degree of participation? As coauthor, manager or as a “mere” performer? Goebbels describes two opposing strategies of artistic practice. On the one hand, there is the composer, who invents his/ her “own” sounds. And on the other hand, there is the context of production, in which multiple people play a role. In this context, works are created “as a result of direct interaction, [...] an agglomeration of societal knowledge” 8 . But the notion that art is the result of a higher form of authorship is one people still believe. A closer look at the manifold processes involved in art today, however, speaks for the fact that this theory is outdated and that artists also work in groups, ensembles and collectives. In the debate over the source and origin of artistic material, a further question arises regarding the structuring of the creative process.

Part of the process is, of course, organizing, communicating (ideas, processes, activities, projects, etc. to others) and documenting the process and results. These tasks have always, at least in part, been taken up by other people, for example by critics, curators, impresarios, etc. But the division of labor in artistic production processes today has evolved to encompass more than just the need for management. It can be seen not only as a superficial element of artistic works, but as an integral part of the process itself. *Oblivious to Gravity* is not a project that simply came into being by hitting a key on a computer keyboard. It is not the result of the usage of software, patches, sound collages created on a computer, nor is it a composition based on rules set by any computer or software. In the beginning, the compositions are a complex theoretical concept with specific parameters, which give way to spatial sound compositions, but do not determine any concrete style. The longterm and lasting project is not possible without the close cooperation of multiple players. Their existence and success depends upon careful logistic planning, well thought-out organization, thorough reflection and elaborate documentation. Based on this understanding, the Chambers for Space Inquiries was founded by Gerriet K. Sharma, Saskia Reither and Nico Bergmann in October, 2010. The Chambers offers a platform to control and realize the project and is also a point of departure to connect the project with other artistic and theoretical approaches. Its three members consider themselves an ensemble, each one working on different areas of the multi-part project. {sr}

Heiner Goebbels (2002): Material, Phantasie und Einflußangst, in: Heiner Goebbels | Musik als Inszenierung, edited by Wolfgang Sandner, Berlin, 214. ||||| 8 ibid., 211.

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Komposition & Klangkunst / Composer & Soundartist Gerriet K. Sharma Der Komponist Gerriet K. Sharma arbeitet in und mit den Gebäuden. Er begeht den Ort, lässt ihn auf sich wirken, testet Klangatmosphäre und Raumakustik und nähert sich dem Ort musikalisch in einem Frage-Antwort-Spiel, der Raumbefragung. Durch eine komplexe Anordnung von 32 Lautsprechern und mit einem „Werkzeugkasten“ aus programmierten Testklängen und Probesequenzen erforscht Gerriet K. Sharma das Gebäude akustisch. Seine kompositorische Antwort ist die aus den Erfahrungen resultierende Komposition vor Ort. The composer Gerriet K. Sharma works in and with the buildings. He enters a site, “feels” it, tests its sound atmosphere and acoustics and further studies it by conducting a questionanswer repertoire, the so-called acoustical survey. Using a complex setup of 32 speakers and a “conceptual toolbox”, consisting of pre-programmed test sounds and sequences, Gerriet K. Sharma examines a building’s acoustic characteristics. His compositional result is one based on experience and interaction with the building. Projektmanagement & Research / Project Management & Research Saskia Reither Gebäudeklangkompositionen sind logistisch und organisatorisch aufwändig und unberechenbar. Steht ein geeignetes Gebäude leer, ist schnelle Kontaktaufnahme mit zuständigen Eigentümern notwendig, Sicherheitsauflagen, Mietverträge, Transportwege und Versicherungen müssen geklärt werden. Für die Kommunikation mit Ansprechpartnern vor Ort, den Aufbau eines notwendigen Netzwerks zwischen Kooperationspartnern, Transporteuren sowie der Präsentation des Projektes gegenüber regionalen und überregionalen Sponsoren und Geldgebern bis hin zur Organisation und Vermittlung des jeweiligen Konzertes in den Räumen nach der Kompositionsphase bedarf es eines komplexen Projektmanagements. Zudem muss die Koordination von außen zwischen den Beteiligten in den Händen einer Person liegen, die nicht vor Ort rein künstlerisch involviert ist, um die kompositorische Arbeit von den vorher nicht planbaren Schwierigkeiten zu entlasten. Neben den logistisch-organisatorischen Fragen gehört zu einem Projekt mit forschendem, experimentellem Ansatz wie *keine Ahnung von Schwerkraft* die wissenschaftliche Reflexion und Erschließung theoretischer Kontexte, in die die Arbeit eingebunden ist. Dabei geht es ebenso um die Verbindung der Kompositionen mit einschlägigen Themenfeldern an den Schnittstellen von Architektur, Klang, Wahrnehmung, Raum etc. sowie auch um eine Beschreibung und Auslegung der so entstandenen Kompositionen. Building sound compositions are unpredictable and are a logistical and organizational challenge. If a suitable building is unoccupied, it is necessary to make contact with the owner(s) as soon as possible. Safety restrictions, leasing agreements, surrounding roads and paths and insurance details must be sorted out. Comprehensive project management is needed to set up communication with contacts at the site, to establish a network of communication

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between those involved, for example, haulers, and also to present the project to sponsors and lenders. The project management is also responsible for organizing and arranging concerts in the rooms after the composition phase. Above all, it is best to have someone coordinating the project who is not bound to the project locally so that the compositional work can be carried out undisturbed. It is also necessary to have a team member on board who can reflect on and question the project based on its complex theoretical context. That involves, for example, connecting the composition to relevant topics and being able to identify its context in architecture, sound theory, perception, space, etc., and, last but not least, describing these processes and the character of the final composition for further audiences. Gestaltung & Dokumentation / Design & Documentation Nico Bergmann Das Projekt benötigt aufgrund seiner künstlerisch-forschenden Ausrichtung an eher „versteckten“ Orten eine öffentlichkeitsorientierte mediale Außendarstellung und Vermittlung. Die Besonderheiten der Raumarchitektur werden ebenso fotografisch festgehalten, wie die Arbeitsschritte des kompositorischen Prozesses. Zudem werden die vom Komponisten angefertigten Skizzen und Pläne, seine Aufzeichnungen und die während der Arbeit entstandenen Dokumentationsfotos archiviert und für abschließende Publikationen aufbereitet. Die Internetseite ist dabei nur ein Mittel, den Entstehungs- und Produktionsprozess von *keine Ahnung von Schwerkraft* nachzuzeichnen und festzuhalten. Darüber hinaus wird Nico Bergmann auch Video-Dokumentationen der abgeschlossenen Arbeit und der Konzerte anfertigen. Zur Kommunikation des Projektes nach außen bedarf es unterschiedlichen Werbematerials (Broschüren, Konzertankündigungen, Flyer), für das der Grafiker ebenfalls das gestalterische Erscheinungsbild entwickelt. Due to the artistic/scientific and somewhat “remote” nature of the project, making it accessible and understandable to public audiences via a number of mediums is all the more important. Nico Bergmann is responsible for documenting the building’s special architectural characteristics, and the different phases of the compositional process, to name a few, in photographs. Plans and blueprints, recordings and photographs created by the composer during the artistic phase must also be saved, archived and prepared for subsequent publications. The material will be used on the website, which is just one of many platforms and mediums used to document and illustrate the development and production of *Oblivious to Gravity*. The artistic processes and concerts will also be captured on video. To communicate the project to the public, advertizing material will be needed, such as brochures, concert announcements, flyers, for which the graphic design artist, Nico Bergmann, will also be responsible.

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Die personelle Konstellation ist als „Ensemble“ zu begreifen, bei dem das „geübte Zusammenspiel“ nicht nur die Komposition erfahrbar macht, sondern ihr Entstehen erst ermöglicht. D.h. es handelt sich nicht um eine organisatorische Notwendigkeit (dann wäre der Spediteur auch Teil der Komposition), sondern um eine künstlerische Setzung. Die Zusammenarbeit ist dabei zeitlich und organisatorisch so verzahnt, dass sie selbst performative Züge enthält und in ihrer Gesamtheit als künstlerischer Produktionsprozess begriffen werden muss. Organisation, Vermittlung, theoretische Reflexion und Dokumentation werden in die künstlerische Produktion integriert und beeinflussen sich gegenseitig. *Keine Ahnung von Schwerkraft* versteht sich in diesem Sinne als Ansatz für eine Kompositionsweise, die im Dialog mit ihren Bedingungen entsteht und besteht und zwar sowohl den musikalischen als auch den medialen, den organisatorischen und den technischen. Das künstlerische Material ist hier kein erfundenes, sondern ein gefundenes 9 , entstanden aus dem Zusammenspiel der Ensemblemitglieder. {sr} The constellation of the members can be understood as an “ensemble” whose “finely tuned teamwork” will not only make it possible for people to experience the composition, but is necessary for the very existence and development of the project. In other words, the “ensemble” was not created simply for organizational purposes (if it were, then the hauler would also be part of the composition). Instead, it is in itself an artistic entity. The nature of our cooperation is so adapted that it has taken on artistic attributes and as a whole must be seen as part of the process of artistic production. Planning, communication, reflection of theory and documentation all affect each other and are integral parts of the artistic process. *Oblivious to Gravity* can be understood as an attempt to master a creation process of artistic composition which is formed through and exists in dialogue with its requirements from the four aspects of music, communication and planning and technical realization. The artistic material used in this project can thus not be referred to as an invention, but rather as a process10 born out of the interaction and teamwork between the members of the ensemble. {sr}

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9 vgl. Heiner Goebbels (2002): Musik entziffern: Das Sample als Zeichen, in: Heiner Goebbels | Komposition als Inszenierung, hg. v. Wolfgang Sandner, Berlin, 181f. ||||| 10 Cf. Heiner Goebbels (2002): Musik entziffern: Das Sample als Zeichen, in: Heiner Goebbels | Komposition als Inszenierung, edited by Wolfgang Sandner, Berlin, 181f.


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Aurale Architektur In der abendländischen Musikästhetik gibt es eine lange Tradition, Musik als Organisation von Zeit zu betrachten. Zugespitzt wurde diese These von Carl Dahlhaus und seiner Auffassung von Musik als „Zeitgestalt“. Der These, dass Musik einen Anfang und ein Ende habe, unterliegt eine eurozentrische Auffassung von Musik als Nacheinander einzelner Tonfolgen. Dies hat seinen Ursprung im kompositorischen Prinzip der Kadenz, die eine vorgegebene Akkordfolge in einer bestimmten (zeitlichen) Reihung vorschreibt. Jedoch kann diese Theorie nicht universalisiert werden, da große Teile der außereuropäischen Musik, aber auch alle Erscheinungen von Musik ab dem 20. Jahrhundert nicht mehr dem „Dispositiv der Zeitgestalt“ (Gernot Böhme) unterliegen bzw. dieses bewusst verlassen haben.11 Die dominante Konzeption von Musik als zeitliche Abfolge von Tönen und Klängen wird mit Beginn der Moderne mehr und mehr mit einer räumlichen Auffassung von Musik konfrontiert.12 Geräusche erklingen gleichzeitig, in Schleifen, überlagert, „rückwärts“, zersplittert, um nur einige Phänomene zu nennen. Unterstützt wird diese Entwicklung durch eine demokratische Erweiterung von Musik auf alle Klänge und Geräusche, die wahrnehmbar sind. Cage schreibt bereits 1937: „Wo immer wir auch sein mögen, meistens hören wir Geräusche. Beachten wir sie nicht, stören sie uns. Hören wir sie uns an, finden wir sie faszinierend. Das Geräusch eines Lastkraftwagens bei 50 Stundenkilometer. Atmosphärische Störungen im Radio. Wir wollen diese Klänge einfangen und beherrschen, nicht, um sie als Klangeffekte einzusetzen, sondern als Musikinstrumente.“13 Eine seiner folgenden Kompositionen trägt den Titel „Imaginary Landscapes“ und verweist bereits in den 1940er Jahren auf den Beginn räumlich gedachter „Klangorganisationen“ (Cage). Durch die Entwicklung der musikalischen und klangästhetischen Produktionsmöglichkeiten seit dem 20. Jahrhundert wird in der Musik zunehmend der Raum selbst adressiert, bis hin zur Simulation von nicht mehr vorhandenen – virtuellen – Räumen, durch unterschiedliche elektronische Klangverarbeitung und -produktion.14 Die Beziehungen zwischen Musik und Raum sind evident und haben die Musikgeschichte und – ästhetik bis heute geprägt – mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen auf die Musik selbst. Räume haben physikalische Eigenschaften, die die Töne, die in ihnen erzeugt werden, „erklingen“ lassen und gleichzeitig in ihrer akustischen Gestalt beeinflussen. Böhme unterscheidet zwei dominante Perspektiven der Musik/Raum-Beziehungen: die metaphorische Beziehung, wenn man beispielsweise von der Architektur einer Bach’schen Fuge spricht oder einer der späten Sonaten Beethovens. Dann weisen diese Musikstücke eine rationale „Strukturverwandschaft“15 auf, die architektonischen Regeln zu entsprechen scheint. Es handelt sich hierbei jedoch eher um eine metaphorische Verwandtschaft, als um eine reale, auf technischer Ebene. Die andere offensichtliche Beziehung zwischen Musik und Architektur ist

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vgl. Gernot Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, Fink: München, 85. ||||| 12 Dies heißt nicht, dass Räumlichkeit bis dahin keine Rolle gespielt hätte. Beeindruckende Raumkompositionen finden sich bspw. in der Musik der Renaissance, wenn Chorstimmen nicht nur musikalisch überlagert werden, sondern auch durch ihre Anordnung im Raum neue architektonisch erzeugte Klangeigenschaften mit einbezogen werden. ||||| 13 John Cage (1937) (2011): Die Zukunft der Musik – Credo, in: Texte zur Musikästhetik, hg. v. Frieder von Ammon und Elisabeth Böhm, Stutgart: Reclam, 306. ||||| 14 vgl. Axel Volmar (2010: Auditiver Raum aus der Dose, in: Klangmaschinen zwischen Experiment und Medientechnik, hg. v. Daniel Gethmann, Bielefeld: transkript, 153-174. ||||| 15 Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, 84. 11


die der Raumakustik. Musik, die in Räumen aufgeführt wird, unterliegt bestimmten akustischen Eigenschaften der Räume und wird durch diese verstärkt oder in ihrer Entfaltung gehindert. Die Architektur hat hier bestimmte klangliche Qualitätsmaßstäbe zu erfüllen, um den Klang der Musik zu optimieren. Der Aufwand, der heute bspw. erbracht wird, um Konzerthäuser zu bauen, ist enorm. Die Raumakustik aber kann, je nach Perspektive, in zwei Richtungen wirken: Sie beeinflusst unser Hören, indem sie die Töne, die in ihr erzeugt werden, verändert. Das kennt jeder, der schon einmal ein Konzert in einer Kirche (mit großem Nachhall) erlebt hat oder ein Konzert im Freien, in dem sich die Klänge zu „verlieren“ scheinen. Es gibt jedoch auch eine andere Perspektive, die die umgekehrte Richtung einschlägt, Klang macht die Geometrie des Raumes hörbar: „We hear the emptiness of an uninhabited house, the depth of a cave, the nearness of a low hanging ceiling, the refinement of an office with expensive carpets, and the density of a city with cavernous avenues.“16 Die Wissenschaftler Barry Blesser und LindaRuth Salter sprechen hier von der Illumination des Raumes. Der Raum als architektonisches Gebilde trägt bestimmte akustische Eigenschaften, die durch Klänge selbst hörbar gemacht werden können. Blesser/Salter entleihen diesen Begriff der Optik: „Just as light illuminates objects and geometries to provide a visual experience of them, sound illuminates objects and geometries to give them an audible manifestation.“17 Voraussetzung für einen hörbaren Raum ist die Präsenz eines Hörenden, mit seiner menschlichen Erfahrung, seiner „leiblichen Anwesenheit“: „Dies ist der Raum, den wir durch unsere leibliche Anwesenheit erfahren, also der Raum, den wir leiblich oder am eigenen Leibe spüren. Dieser Raum ist wesentlich durch Enge und Weite konstituiert. Er ist [...] ein nicht homogener und anisotroper Raum, d.h. er ist zentriert: nämlich bestimmt durch das absolute Hier, an dem ich mich befinde [...].“18 Das Raumkonzept, das Gernot Böhme hier verfolgt, ist weder ein mathematisches von Distanz und Abstand (Spatium), noch ein topographisches, geprägt von Umgebungen und Zwischenbeziehungen (Topos), sondern geht von der leiblichen Präsenz des Menschen – hier des Hörenden – aus, der den Raum akustisch wahrnimmt. Um die menschliche Wahrnehmung des Raumes und der Klänge, die in ihm und durch ihn erzeugt werden, geht es auch Blesser und Salter, die das Konzept der „auralen Architektur“ verfolgen. Auch hier wird die sinnliche Erfahrung des Menschen im Raum als Grundbedingung vorausgesetzt: „Aural Architecture is the composite of those spatial properties that have an audible manifestation. Spatial acoustics produces dozens of audible cues that can be detected, decoded and interpreted, and when listeners attend to those cues, they are engaging in auditory spatial awareness.“19 Während „akustische“ Architektur die Eigenschaften des Raums in ihrer wissenschaftlich messbaren Form der Schallphysik beschreibt, wendet sich die „aurale“ Architektur der Wahrnehmung von Klangereignissen im Raum zu. Hier geht es um eine Raumwahrnehmung durch aufmerksames (Zu-)Hören.

16 {37} Barry Blesser und Linda-Ruth Salter (2008): Aural Architecture, in: TunedCity. Zwischen Klang- und Raumspekulation, hg. v. Doris Klein, Anne Kockelkorn, Gesine Pagels und Carsten Stabenow, Idstein: Kookbooks, 108. ||||| 17 ebd. ||||| 18 Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, 88. ||||| 19 Blesser/ Salter (2008): Aural Architecture, 108.


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Wie klingt ein Raum? *Keine Ahnung von Schwerkraft* setzt genau hier an, in der Erforschung der akustischen Möglichkeiten einer auralen Architektur. Die Arbeit mit dem Raum und die daraus resultierenden Kompositionen fordern zum genauen Hören des bespielten Ortes auf und zur Erweiterung der Wahrnehmung von Klängen, die uns umgeben und der Umgebung, die um uns herum hörbar wird. {sr}

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Aural Architecture In the western world, the aesthetics of music have traditionally been viewed as a temporal event, i.e., as a temporal organization of sounds. This idea was exaggerated by Carl Dahlhaus and his perception of music as a “gestalt in time” (Zeitgestalt). The thesis that music has a beginning and an end converges with the European idea that music exists as a succession of notes or tone sequences. This idea can be traced back to the compositional principle of cadenza, which prescribes a set of chord sequences within a certain (time) frame. But this theory is not universal; the “dispositive of gestalt in time” (Gernot Böhme) is not applicable to a large part of non-European music, nor does music from the 20th century onward seem to adhere it, but, instead, seems to have deliberately drifted away from it.20 The prevalent perception of music as a temporal sequence of notes and sounds has become increasingly confronted with a spatial interpretation of music since the beginning of the modern era.21 Different sounds can exist simultaneously, in loops, overlapping, “backward”, and broken up, for example. This development has been supported by a broadening of music to include all tones and sounds which can be perceived. Cage wrote as early as 1937: “Wherever we are, what we hear is mostly noise. When we ignore it, it disturbs us. When we listen to it, we find it fascinating. The sound of a truck at 50 miles per hour. Static between stations. Rain. We want to capture and control these sounds, to use them, not as sound effects but as musical instruments.“22 His composition „Imaginary Landscapes”, written in the 1940s, welcomes in the beginning of spatial “sound arrangements” (Cage). Spatial elements have increasingly become the focal point of music thanks to developments in production techniques from the 20th century onward. A number of electronic audio processing and production techniques have even made it possible to simulate non-existing or virtual spaces.23 The relationship between music and space is evident; it has shaped the history and the aesthetics of music, albeit in different ways. Spaces, for example, rooms, have physical properties which affect the way sounds created within them resonate and also influence their acoustical structure. Böhme describes two prevailing perspectives in the relationship between music and space: the metaphorical relationship, for example in terms of a Bach Fugue or one of Beethoven‘s later sonatas. These pieces have rational “structural similarities”24, which follow a set of architectonic rules. But the similarities are more metaphorical rather than real, technical ones. The other obvious relationship between music and architecture is spatial acoustics. Music is dependent upon certain acoustic characteristics of the room in which it is played. The room‘s acoustics can have an amplifying or a dulling effect on the music. A room‘s architectural structure must therefore meet certain quality standards in terms of spatial acoustics in order {40}

Cf. Gernot Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, Fink: München, 85. ||||| 21 This is not to say that spatiality did not play a role before. Impressive spatial compositions can be traced back to the Renaissance, for example, where chorus voices were not only layered, but also, depending on their spatial positioning, created new architectonic sound features which were integrated into the piece. ||||| 22 John Cage (1937) (2011): The Future of Music – Credo, in: Texte zur Musikästhetik, edited by Frieder von Ammon and Elisabeth Böhm, Stutgart: Reclam, 306. ||||| 23 Cf. Axel Volmar (2010): Auditiver Raum aus der Dose, in: Klangmaschinen zwischen Experiment und Medientechnik, edited by Daniel Gethmann, Bielefeld: transcript, 153-174. ||||| 24 Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, 84. 20


to optimize sound. That is why to this day, the construction of concert halls continues to be a tremendous task. Depending on the perspective, spatial acoustics can work two ways; on the one hand, it affects what we hear because it changes the sound of tones. Anyone who has been to a concert in a church (where there is a big echo) or outdoors, where the sounds seem to „disseminate“ has experienced this effect. But there is another perspective which has the reverse direction, sound makes geometry audible: “We hear the emptiness of an uninhabited house, the depth of a cave, the nearness of a low hanging ceiling, the refinement of an office with expensive carpets, and the density of a city with cavernous avenues.”25 Barry Blesser and Linda-Ruth Salter are referring here to “sonic illumination”. A room, as an architectonic structure, has certain acoustic properties which themselves become audible through sounds. Blesser/ Salter compare this phenomenon to optical illumination: “Just as light illuminates objects and geometries to provide a visual experience of them, sound illuminates objects and geometries to give them an audible manifestation.”26 For a room to be heard, there needs to be a listener with human experience, and “corporal presence” (leibliche Anwesenheit): “This is the space we experience through our corporal presence – the space we feel corporally, first-hand. This space is generally defined by the proximity between objects or walls, i.e. how close or far apart they are from each other. It is [...] not a homogenous or anisotropic space, i.e., it is centered, namely defined by the absolute here and now of my presence [...].“27 The spatial concept which Böhme describes is neither a mathematical concept of distance and spacing between objects (spatium), nor a topographical concept determined by relationships to surrounding objects (topos). Instead he concentrates on the corporal (leiblich) presence of the person, or listener, who perceives the space. Blesser and Salter, who describe the concept of “aural architecture”, also place emphasis on the human perspective of space and the sounds created within it. They also see a person‘s sensory perception of space as a basic requirement. “Aural architecture”, as described by Blesser and Salter, “is the composite of those spatial properties that have an audible manifestation. Spatial acoustics produces dozens of audible cues that can be detected, decoded and interpreted, and when listeners attend to those cues, they are engaging in auditory spatial awareness.”28 While the “acoustic” architecture describes the properties of a room in a scientific, i.e. measurable, form of sonic physics, “aural” architecture is concerned with the perception of the sound occurrences of a room. It is about experiencing space through careful listening.

25 {41} Barry Blesser and Linda-Ruth Salter (2008): Aural Architecture, in: TunedCity. Zwischen Klang- und Raumspekulation, edited by Doris Klein, Anne Kockelkorn, Gesine Pagels and Carsten Stabenow, Idstein: Kookbooks, 108. ||||| 26 ibid. ||||| 27 Böhme (2006): Architektur und Atmosphäre, 88. ||||| 28 Blesser/ Salter (2008): Aural Architecture, 108.


How does a room sound? This is where *Oblivious to Gravity* comes in – in the study of the acoustic possibilities of aural architecture. The engagement with the acoustic arena and the subsequent compositions hope to challenge audiences to fine-tune their listening capacities to sounds which surround us and to our surroundings, which are barely audible. {sr}

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