Schwimmende Häuser und Moskitonetze. Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

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Schwimmende H채user und Moskitonetze: Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Nationale Strategien und Projektbeispiele

November 2009


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Herausgeber IFOK GmbH Berliner Ring 89 D-64625 Bensheim Telefon Fax E-Mail WEB

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Die IFOK GmbH IFOK ist ein international tätiges Unternehmen mit Sitz in Bensheim. Es berät seine Kunden aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, wie sie Wandel mit Beteiligung erfolgreich gestalten. Die Leistungen von IFOK reichen von Strategieberatung über Change- und Netzwerkmanagement bis zu allen Aspekten der Kommunikation. Beratungsschwerpunkte sind dabei unter anderem Umwelt, Mobilität, Energie, Sicherheit, Beschäftigung, Bildung

Meister Consultants Group Die Meister Consultants Group ist das amerikanische Tochterunternehmen von IFOK. Schwerpunkte der Beratung in den USA sind erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit, Internationaler Dialog und Corporate Responsibility.

Autoren Unter Mitarbeit von Dr. Hans-Peter Meister Jeff Snell Inga Kröger Elisa Burchert Martina Richwien Florian Lux Wilson Rickerson Chad Laurent

IFOK und Meister Consultants Group danken E.ON Kraftwerke für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Berichts.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

GruSSwort Prof. Dr. Mojib Latif Studie IFOK: Klimaanpassung – ein neues Politikfeld entsteht Liebe Leserinnen und Leser, die ersten Folgen des globalen Klimawandels sind bereits heute spürbar. Die Erhöhung der Durchschnittstemperatur der Erde, der Rückgang der Schnee- und Eisdecke, der Anstieg des Meeresspiegels, Veränderungen des Wasserhaushalts und der Verlust an biologischer Vielfalt sind Auswirkungen der klimatischen Veränderung, die die Zukunft des Planeten in zunehmendem Maße beeinflussen werden. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Dürreperioden, Starkregen, Stürmen und Überschwemmungen können heute nur geschätzt werden. Naturkatastrophen wie die Elbeflut 2002 oder der Hurrikan Katrina 2005 geben uns jedoch einen Eindruck davon, wie dramatisch die Auswirkungen der Klimaänderung sein können, wenn sich derartige Ereignisse häufen sollten. Es ist Konsens, dass die Folgen des Klimawandels schon aus sozio-ökonomischen Gründen so gering wie möglich gehalten werden müssen. Um eine gefährliche Klimaänderung zu vermeiden, darf die Temperatur um nicht mehr als 2 °C im weltweiten Durchschnitt bis zum Ende des Jahrhunderts gegenüber der vorindustriellen Zeit ansteigen. Nur durch entschiedene Maßnahmen aller Beteiligten kann dieses Ziel noch erreicht werden. Hierzu müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, national wie international. Gleichzeitig ist es heute allein wegen der Trägheit des Klimas schon absehbar, dass die Klimaänderung fortschreitet und eine Anpassung an den Klimawandel unumgänglich ist. Der Anstieg des Meeresspiegels und regionale Veränderungen im Wasserhaushalt werden insbesondere für die Entwicklungsländer Folgen haben, die das Leben der Menschen dramatisch verändern. Ein Ergebnis dieser Belastungen wird die Zunahme von Klimaflüchtlingen sein: Millionen Menschen werden durch den Klima­ wandel ihre Lebensgrundlage verlieren. Für die Länder des Südens ist der Klimawandel heute schon eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Die Erhaltung von Entwicklungschancen für zukünftige Generationen, die Vermeidung von Ressourcenkonflikten und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind zentrale Herausforderungen der Anpassung an den Klimawandel. Nur wenn es gelingt, dass Klimaschutz und Klimaanpassung Hand in Hand gehen, wird eine gerechte Entwicklung möglich sein, die allen Ländern Chancen auf eine nachhaltige Entwicklung bietet. Diese Studie führt Beispiele für Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen aus der ganzen Welt zusammen und zeigt, wie Klimaanpassungspolitik erfolgreich gestaltet werden kann. Die Vielfalt an Beispielen und die für die politische Praxis definier­ ten Erfolgsfaktoren, sind interessante Arbeitshilfen für alle, die im Klimabereich aktiv sind. Ich wünsche Ihnen eine interessante

© Leibniz-Institut für Meeres wissenschaften (IFM-GEOMAR)

Lektüre und viele Anregungen für Ihre Arbeit.

Prof. Dr. Mojib Latif Klimaforscher am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

INhalt

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GRUsswort

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INHALT

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EINLEITUNG

8

Was ist Anpassung an den Klimawandel und warum ist sie wichtig? Wie können wir uns auf den Klimawandel vorbereiten? Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – Synergien und Zielkonflikte Immer mehr Länder wollen sich auf den Klimawandel vorbereiten, Kritiker verstummen

8 9 9 10

Ansatz und Ziele der Studie

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Zentrale Erkenntnisse Erfolgsfaktoren für ein komplexes Politikfeld Wie bereiten sich die analysierten Länder auf den Klimawandel vor?

14 14 18

Die Industrieländer

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Deutschland: eine breit angelegte nationale Anpassungsstrategie Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

26 26 26 26 28 28

Finnland: Risiken und Chancen durch den Klimawandel Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

29 29 29 30 30 31

Frankreich: Hitzewellen, Unwetter und Überschwemmungen Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand, Kommunikation und Aufklärung

32 32 32 33 33

Großbritannien: institutionelle Verankerung und „Mainstreaming“ Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure

35 35 35 36


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

38 38

Niederlande: Küstenschutz, Wassermanagement und Raumplanung Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

39 39 39 40 41 41

Schweiz: Anpassungsmaßnahmen im Katastrophenschutz Zusammenfassung Länderprofil Strategie, Akteure und Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

43 43 43 44 45

Spanien: Anpassung an den Wassermangel Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

46 46 46 46 48 48

Kanada: Chancen und Risiken des Klimawandels Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

49 49 49 50 51 51

USA: Anpassungsmaßnahmen der Bundesstaaten Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

52 52 52 53 56 56

Australien: Kampf gegen Trockenheit und Verlust an Biodiversität Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

57 57 57 58 59 60

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DIE ENTWICKLUNGS- UND SCHWELLENLÄNDER

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Südafrika: Wassermangel und Bedrohung der einmaligen Biodiversität Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

63 63 63 64 65 66

Tansania: Anpassung unter schwierigen Bedingungen Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

67 67 67 68 69 70

Bangladesch: Katastrophenschutz mit begrenzten Mitteln Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

71 71 71 71 73 73

Indien: Herausforderung Wasser Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

74 74 74 75 76 76

China: Anpassung von Wasser- und Landwirtschaft Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand Kommunikation und Aufklärung

77 77 77 77 79 79

Brasilien: das Amazonasgebiet im Klimawandel Zusammenfassung Länderprofil Strategie und Akteure Informationsstand und Kommunikation

80 80 80 81 82


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

PROJEKTSAMMLUNG

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Deutschland: Projektbeispiele

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Finnland: Projektbeispiele

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Frankreich: Projektbeispiele

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GroĂ&#x;britannien::Projektbeispiele

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Niederlande: Projektbeispiele

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Schweiz: Projektbeispiele

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Spanien: Projektbeispiele

101

Kanada: Projektbeispiele

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USA: Projektbeispiele

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Australien: Projektbeispiele

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SĂźdafrika: Projektbeispiele

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Tansania: Projektbeispiele

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Bangladesch: Projektbeispiele

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Indien: Projektbeispiele

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China: Projektbeispiele

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Brasilien: Projektbeispiele

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Quellen

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

EINLEITUNG Was ist Anpassung an den Klimawandel und warum ist sie wichtig? Der Klimawandel ist bereits heute kein Zukunftsszenario

werden, hängt zum einen von der naturräumlichen Verwund­

mehr, er findet tagtäglich statt. Diese Erkenntnis hat sich

barkeit gegenüber Klimaänderungen und Wetterextremen

spätestens seit dem 4. Sachstandsbericht des Intergovern-

ab. Zum anderen ist die vorhandene Anpassungskapazität

mental Panel on Climate Change (IPCC) aus dem Jahr 2007

maßgeblich für die Intensität der Auswirkungen. Aufgrund

durchgesetzt. Der Bericht wurde als derart bedeutsam und

der geografischen Lage und der begrenzten Möglichkeiten zur

zukunftsweisend gewichtet, dass seine Autoren zusammen

Anpassung stellt der Klimawandel insbesondere für Entwick-

mit Al Gore noch im selben Jahr mit dem Friedensnobelpreis

lungsländer eine existenzielle Herausforderung dar. Aber

ausgezeichnet wurden. Er fasst weltweit die wissenschaftli-

auch die Industrieländer stellen die Folgen des Klimawan-

chen Erkenntnisse zum Klimawandel zusammen. So wird

dels vor erhebliche Herausforderungen, in vielen Bereichen

beispielsweise diagnostiziert, dass bis zum Jahre 2080 viele

werden sie ihre Planungen entsprechend anpassen müssen.

Millionen Menschen mehr als bisher wegen des Anstiegs

Zusätzlich zu den notwendigen Maßnahmen im eigenen Land

des Meeresspiegels von Überschwemmungen betroffen

steigt auch der internationale Druck auf die Industrieländer,

sein werden, die meisten von ihnen in den Mega-Deltas der

sich an der Finanzierung der Anpassung in den Entwicklungs­

großen Flüsse in Asien und Afrika. Allein in Afrika werden

ländern zu beteiligen. Besonders Vertreter von Entwicklungs­

schon bis 2020 zwischen 75 und 250 Millionen Menschen

ländern sowie Einrichtungen der Entwicklungszusammenar-

wegen des Klimawandels größeren Gefahren durch Überflu-

beit argumentieren daher, dass die Industrieländer – als die

tungen und Dürren ausgesetzt sein.1 Weltweit verstärkt der Klimawandel die Knappheit natürlicher Ressourcen und verschärft damit oft bereits existierende Probleme (wie zum Beispiel Bodenerosion oder Wüstenbildung). Klimaschutz ist und bleibt die zentrale Aufgabe in der Klimapolitik. Doch selbst wenn der Ausstoß von Treibhausgasen mit sofortiger Wirkung radikal reduziert würde, sind viele Folgen des Klimawandels inzwischen unvermeidlich. Schon aufgrund der Emissionen in der Vergangenheit wird die Temperatur voraussichtlich in den nächsten 30 bis 40 Jahren steigen, der Meeresspiegel sogar über die nächsten 100 Jahre. Deshalb müssen parallel zum Klimaschutz auch Maßnahmen zur Anpassung an bestehende und zu erwartende Auswirkungen des Klimawandels ergriffen werden. Der Klimawandel betrifft auf der ganzen Welt viele grundlegende Bereiche: Wasserversorgung, Landwirtschaft, Gesundheit, Ökosysteme oder Infrastruktur, um nur einige zu nennen. Der Klimawandel ist ein globales Phänomen. Allerdings sind die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche und Regionen von den Auswirkungen des globalen Klimawandels in unterschiedlicher Art und Weise und in unterschiedlicher Intensität betroffen. In welchem Umfang die Menschen einer Region von den Auswirkungen des Klimawandels berührt sein

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Definition von Anpassung an den Klimawandel Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) definiert Anpassung an den Klimawandel wie folgt: “Adaptation: any adjustment in natural or human systems in response to actual or expected climatic stimuli or their effects, which moderates harm or exploits beneficial opportunities.”2 Diese Definition klingt zwar eindeutig, in der Praxis gibt es allerdings oft Abgrenzungsschwierigkeiten: Was ist Anpassung an den Klimawandel und was sind Maßnahmen, die ohnehin umgesetzt werden müssten? Beispielsweise werden in Entwicklungsländern viele Maßnahmen durchgeführt, die auf einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wasser oder Böden abzielen. Solche Maßnahmen wären auch ohne die Folgen des Klimawandels notwendig. Allerdings wird der Klimawandel in vielen Gegenden der Welt die Knappheit der natürlichen Ressourcen noch erhöhen, so dass Maßnahmen zum nachhaltigen Ressourcenmanagement auch zur Anpassung an den Klima­ wandel beitragen. Es ist daher nicht immer möglich, die Anpassung an den Klimawandel von allgemeinen Maßnahmen in einem Bereich komplett zu unterscheiden.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

hen, hier umfassende Hilfe zu leisten. Die Frage nach der Finan-

Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – Synergien und Zielkonflikte

zierung von Anpassungsmaßnahmen wird ein zentrales Thema

Der Zusammenhang zwischen Klimaanpassung und Klima­

der Konferenz von Kopenhagen im Dezember 2009 sein.

wandel lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wir müssen

Hauptverantwortlichen des Klimawandels – in der Pflicht ste-

vermeiden, was sich nicht bewältigen lässt, und bewältigen,

Wie können wir uns auf den Klimawandel vorbereiten?

was sich nicht vermeiden lässt. Dies lässt sich unter anderem

Anpassung ist also notwendig. Was genau zu tun ist, kann sich

Klimawandel verdeutlichen, auch wenn diese noch mit sehr

allerdings von Land zu Land stark unterscheiden. Besonders

großen Unsicherheiten behaftet sind: Der britische Stern-Be­

betroffene Bereiche sind generell Wasser (Umgang mit Tro­

richt von 2006 analysierte erstmals die Kosten der weltweiten

ckenheit und Hochwasserschutz), Böden (Desertifikation und

Anpassung an den Klimawandel. Würde nichts gegen den Kli-

Erosion), Bauwesen, Stadt- und Raumplanung, Infrastruktur

mawandel unternommen, entstünden global jährlich Kosten

undTransport, Energie, Land- und Forstwirtschaft, Gesundheit,

von 5 bis 20 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.3 Um

Versicherungen und Finanzen, Katastrophenschutz, Biodiver-

untragbare Kosten für Menschen und Wirtschaft zu vermeiden,

sität sowie Tourismus. Die Grafik stellt Beispiele für mögliche

muss die Emissionsreduktion daher immer höchste Priorität

Anpassungsmaßnahmen dar.

haben. Gleichzeitig ist es aber auch notwendig, Menschen und

anhand der geschätzten Kosten für die Anpassung an den

Sektoren, in denen Anpassung an den Klimawandel notwendig ist Sektoren

Beispiele für Anpassungsbedarf

Bauwesen, Stadtund Raumplanung

Anpassung von Stadtplanung und Gebäuden an die geänderten Temperaturen sowie an zunehmende Extremwetterereignisse (z. B. Schaffung von städtischen Grünflächen zur Reduktion der Erwärmung)

Wasserwirtschaft (Hochwasserschutz)

Schutz vor dem Anstieg des Meeresspiegels und Umgang mit veränderten Niederschlagsmustern (z. B. Ausweitung des Hochwasserschutzes)

Wasserwirtschaft (Trockenheit)

Management der abnehmenden Wasserressourcen (z. B. Maßnahmen zum Einsparen von Wasser, Bewässerungssysteme, Regenwasserspeicherung)

Böden

Maßnahmen zum Schutz der Böden vor negativen Folgen des Klimawandels (z. B. Bekämpfung der Wüstenbildung, Maßnahmen zum Schutz vor Erosion)

Infrastruktur und Transport

Vorbereitung von Infrastruktur- und Transportsektor (z. B. Berücksichtigung von sich ändernden Wasserständen beim Brückenbau, Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Wetterextremen)

Energie

Anpassung der Energieversorgung (z. B. Vorbereitung des Stromnetzes auf zunehmende extreme Wetterereignisse, Berücksichtigung des sich ändernden Potenzials für Wasserkraft)

Land- und Forstwirtschaft

Anpassung des Anbaus an sich wandelnde Temperaturen und Niederschläge (z. B. Einsatz neuer, trockenheitsresistenter Sorten)

Gesundheit

Vorbereitung auf Veränderungen bei Gesundheitsrisiken (z. B. Umgang mit der Ausbreitung von Malaria, Wärmebelastungen)

Versicherungen und Finanzen

Umgang mit steigenden Klimarisiken wie Überschwemmungen, Stürmen, Dürren etc. (z. B. Entwicklung von innovativen Mikroversicherungen)

Katastrophenschutz

Vorbereitung auf zunehmende extreme Wetterereignisse (z. B. Verbesserung der Frühwarnsysteme)

Biodiversität

Schutz der Biodiversität, die durch sich wandelnde klimatische Bedingungen bedroht ist (z. B. Schutz endemischer Arten, Ausweisung von Schutzgebieten)

Tourismus

Anpassung der Tourismuskonzepte (z. B. Verlegung von Wintersportgebieten)

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Natur vor den unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu schützen. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Klimaanpassung und Klimaschutz: Win-win-Maßnahmen

sollten daher immer gemeinsam gedacht werden. Es gibt eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen, die soDabei gibt es Maßnahmen, die sowohl dem Klimaschutz als

wohl dem Klimaschutz als auch der Anpassung an die

auch der Anpassung an den Klimawandel nützen (Win-win-

Folgen des Klimawandels dienen. Ein Beispiel sind Auf-

Maßnahmen), aber auch Zielkonflikte zwischen beiden.

forstung und die Schaffung von Grünflächen. Zum einen

Ein Beispiel für eine Win-win-Maßnahme ist die Auffors-

wird dadurch CO2 absorbiert, andererseits gibt es ver-

tung. Aufforstung, vor allem in vielen Entwicklungs- und

schiedene positive Effekte für die Klimaanpassung.

Schwellenländern, kann als Anpassungsmaßnahme Schutz gegen die Folgen von Extremwetterereignissen bieten, die

In vielen Städten verstärkt der Klimawandel den soge-

durch den Klimawandel zunehmen werden. Böden werden

nannten „Hitzeinsel“-Effekt: Wegen der engen Bebauung

beispielsweise bei Sturm und Starkregen nicht so leicht weg­

ist es in großen Städte oft deutlich wärmer als im Umland.

geschwemmt, wenn in gefährdeten Gebieten gezielt aufge-

Sie sind also besonders stark von den zunehmenden Hitze-

forstet wird. Gleichzeitig dient die Aufforstung dem Klima­

wellen betroffen. Städtische Aufforstung und die Schaf-

schutz, indem neue Pflanzen mehr CO2 absorbieren.

fung von Grünflächen können diesen Effekt abschwächen.

Ein Beispiel für Zielkonflikte ist die verstärkte Nutzung von

In vielen Gebieten führt der Klimawandel zu Wasser­

Klimaanlagen angesichts der steigenden Temperaturen. Diese

mangel und Erosion – Aufforstung kann diesen Trends

Maßnahme verbraucht Energie und schadet damit dem Klima,

entgegenwirken. Wasser wird im Boden gebunden, und

zumindest dann, wenn der Bedarf nicht durch erneuerbare Ener­

der Boden stabilisiert sich. Im tropischen Regenwald trägt

gien gedeckt wird. Ein weiteres Beispiel sind die Anpassungs-

die Bewaldung beispielsweise zur Entwicklung von Nie-

maßnahmen für Skigebiete. In vielen Skigebieten, in denen

derschlag bei, ohne die Bäume regnet es seltener. Zudem

wegen des Klimawandels immer weniger Schnee fällt, wird mitt­-

sind Wälder wichtige Regulatoren im lokalen Wasserkreis­-

lerweile durch Schneekanonen Kunstschnee erzeugt. Auch dies

lauf: Eine Zunahme der Bewaldung wirkt sich positiv auf

ist eine Anpassungsmaßnahme, die allerdings zusätzliche Ener-

die Niederschlagsbilanz und das regionale Klima aus.

gie verbraucht und dadurch dem Klimaschutz entgegenwirkt. Mangrovenwälder bieten einen natürlichen Schutz gegen

Immer mehr Länder wollen sich auf den Klimawandel vorbereiten, Kritiker verstummen

Überflutungen und können daher ein wichtiges Element

Die vorliegende Studie zeigt, dass das Thema Anpassung an

steigenden Meeresspiegel sein. In vielen Ländern wurden

den Klimawandel auf der politischen Agenda zunehmend an

die Mangroven in den letzten Jahren allerdings zerstört. Eine

Bedeutung gewinnt. International steht vor allem die Debatte

Aufforstung der Mangrovenwälder ist also ebenfalls eine

um die Finanzierung der notwendigen Anpassungsmaßnah-

Win-win-Maßnahme für Klimaschutz und Klimaanpassung.

des Hochwasserschutzes im Zusammenhang mit einem

men in den Entwicklungsländern im Vordergrund. Auf dem Klimagipfel in Kopenhagen Ende 2009 zur Ausgestaltung der

Ein weiterer Win-win-Bereich ist die innovative Gebäu-

Nach-Kyoto-Phase wird dies ein wichtiger Bestandteil der

detechnologie. Wegen des Temperaturanstiegs steigt der

Verhandlungen sein. Bereits auf der UN-Klimakonferenz von

Bedarf an Kühlung und Klimatisierung. Innovative Gebäu-

Bali im Dezember 2007 war Anpassung ein wichtiges Thema.

detechnologie und Architektur können helfen, diese Kühlung mit möglichst geringem Energiebedarf zu realisieren

Auf nationaler Ebene entwickeln immer mehr Länder eigene

und regenerative Energien zu nutzen.

Anpassungsstrategien und setzen sich mit notwendigen Maßnahmen auseinander. Dies ist für Industrieländer ebenso

Beispiele sind London und New York, die derzeit umfassende

zu beobachten wie für Entwicklungs- und Schwellenländer.

Anpassungspläne entwickeln.

Die meisten Länder stehen in diesem Prozess aber noch am

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Anfang. Auch einzelne Regionen, Städte und Gemeinden be-

Angesichts der weltweiten, massiven Auswirkungen des Kli-

ginnen, sich auf den Klimawandel vorzubereiten. Prominente

mawandels scheint es überraschend, dass viele Länder erst


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Immer mehr Wissenschaftler, Medien und Entscheidungsträger erkennen die Bedeutung der Anpassung an den Klimawandel „Anpassung ist entscheidend, um mit den unvermeidlichen Folgen des Klimawandels umzugehen.“ Stern Review, Großbritannien 2006 „Over the next decades, it is predicted that billions of people, particularly those in developing countries, face shortages of water and food and greater risks to health and life as a result of climate change. Concerted global action is needed to enable developing countries to adapt to the effects of climate change that are happening now and will worsen in the future.“ United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), 2008 „Bisher wurde nur über Maßnahmen zu CO2-Vermeidung geredet. Erst allmählich begreifen Politiker, dass der Klimawandel unabwendbar ist. Die Anpassungsforschung soll uns vor Sturm, Flut und Dürrekatastrophen schützen.” Die Zeit, Deutschland, 2008 „… I call on the leaders of the rich world to bring adaptation to climate change to the heart of the international poverty agenda – and to do it now, before it is too late.“ Bischof Desmond Tutu, Südafrika, 2007 „Adapting California’s water management systems to climate change presents one of the most significant challenges for the 21st century.“ Department of Water Resources, Kalifornien 2008 „Das Ausmaß des Klimawandels wird von Jahr zu Jahr größer und beunruhigender. Wir müssen uns anstrengen, um die CO2Emissionen zu reduzieren, aber selbst wenn wir die Emissionen so weit eindämmen, wie wir uns vorgenommen haben, ist ein gewisser Grad an Klimawandel unabwendbar. Deshalb müssen wir jetzt mit den Regierungen, den Unternehmen und den Gemeinden an einer umfassenden Anpassungsstrategie für die EU arbeiten und dafür sorgen, dass die Anpassung in die wichtigsten EU-Politiken einbezogen wird.” EU-Umweltkommissar Stavros Dimas, 2009 seit Kurzem ernsthaft mit der Vorbereitung auf dessen Folgen

ten auch andere Kritiker der Anpassung an den Klimawandel:

beginnen. Ein Grund dafür ist, dass es lange umstritten war,

Wenn wir glauben, uns an die Folgen des Klimawandels anpas-

ob Anpassung an den Klimawandel überhaupt möglich und

sen zu können, kümmern wir uns nicht mehr um den Schutz

sinn­voll ist. Das prominenteste Beispiel für derart grundsätzli-

des Klimas, so die Argumentation. Angesichts der massiven

che Kritik war die Position des Klimaschützers und Nobelpreis­

Folgen, die schon heute unvermeidbar sind, hat Gore seine

trägers Al Gore. Gore hielt es für vermessen zu glauben, dass

Position allerdings revidiert und fordert nun, dass die Indus-

sich die Menschheit auf so fundamentale Veränderungen wie

trieländer die Entwicklungsländer aktiv bei der Anpassung an

den Klimawandel vorbereiten könne. Außerdem befürchtete

den Klimawandel unterstützen. Generell wird die grundsätz­

er, dass die Diskussion über Anpassungsmaßnahmen vom not-

liche Kritik immer leiser, es entsteht ein Konsens, dass sowohl

wendigen Klimaschutz ablenken könnte. Ähnlich argumentier­

Anpassung als auch Klimaschutz unverzichtbar sind.

Al Gore, vom Kritiker zum Unterstützer der Anpassung an den Klimawandel Al Gore 1992: „Anpassung ist eine Art Faulheit, ein vermessener Glaube in unsere Fähigkeit, noch rechtzeitig reagieren zu können, um unsere eigene Haut zu retten.“ Al Gore 2007: “We really have to focus on prevention.” Al Gore 2008: “I used to think adaptation subtracted from our efforts on prevention. But I’ve changed my mind… Poor countries are vulnerable and need our help.”

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Ansatz und Ziele der Studie Die vorliegende Studie bietet erstmals einen Überblick über

Die Projektsammlung im Anhang bietet einen Überblick

die Anpassungsstrategien und -maßnahmen von Industrie-,

über die Vielfalt der konkreten Maßnahmen zur Anpassung,

Schwellen- und Entwicklungsländern auf der Basis nationa­

die bereits initiiert oder umgesetzt werden. Der Schwer-

ler Fallstudien. Leitfrage der Studie ist, wie sich die analysier­

punkt liegt dabei auf lokalen und regionalen Projekten, da die

ten Länder auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Die

konkreten Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel vor

Studie umfasst insgesamt 16 Länder. Im Mittelpunkt stehen

Ort erfolgen müssen. Die Auswirkungen des Klimawandels

dabei die nationalen Strategien zur Anpassung an den Kli-

können regional und lokal stark variieren, so dass jede Stadt

mawandel. Je nach Struktur des jeweiligen Landes werden

oder Gemeinde ihre individuelle Planung durchführen muss.

aber auch die regionale und lokale Ebene kurz behandelt. Aus

Die Projektsammlung erhebt nicht den Anspruch, die welt-

dieser Analyse leitet die Studie Erfolgsfaktoren für die Ent-

weit besten Projekte zu präsentieren. Vielmehr sollen mögli-

wicklung und Umsetzung von Anpassungsstrategien ab, die

che Maßnahmen in ihrer gesamten Bandbreite illustriert und

in dem noch neuen Politikfeld eine erste Orientierung bieten

vielversprechende Ideen und Ansätze aufgezeigt werden.

sollen. Datengrundlage der Studie sind Literatur- und InternetreDie Studie ist damit insgesamt eher praxisorientiert und er-

cherchen sowie Interviews mit Experten aus Wissenschaft,

hebt keinen wissenschaftlichen Anspruch. Vielmehr soll er

Politik und Zivilgesellschaft.

auch Praktikern einen Zugang zum Thema Anpassung an den Klimawandel ermöglichen. Daher bietet die Studie zusätz­

Länderauswahl

lich zu den Länderfallstudien im Anhang eine Sammlung

Die Studie umfasst sowohl Industrie- als auch Entwick-

konkreter Anpassungsprojekte, um zu zeigen, wie die An-

lungs- und Schwellenländer. Die Entwicklungs- und Schwel­-

passung an den Klimawandel konkret aussehen kann.4

lenländer werden am stärksten unter den Folgen des Klima­ wandels leiden. Sie sind besonders verwundbar, da Bevölke­

Fokus

rung und Wirtschaft sehr stark von natürlichen Ressourcen

Die Studie befasst sich ausschließlich mit Anpassungsmaß-

abhängig sind (zum Beispiel von der Landwirtschaft). Gleich­

nahmen, da dieser Aspekt, im Gegensatz zum Klimaschutz,

zeitig verfügen sie über eine deutlich geringere Anpassungs-

bisher weniger analysiert wurde, obwohl die Anpassung an die

kapazität. Aber auch für die Industrieländer stellen die Fol-

unausweichlichen Folgen des Klimawandels eine entscheidende

gen des Klimawandels eine große Herausforderung dar. Der

Herausforderung der Zukunft ist. Dies impliziert in keiner Weise,

Temperaturanstieg liegt in den mittleren Breiten, in denen

dass Anpassung wichtiger wäre als Klimaschutz. Im Gegenteil,

viele Industrieländer liegen, voraussichtlich sogar über dem

ohne massive Anstrengungen im Klimaschutz ist die Anpassung

weltweiten Durchschnitt. Darüber hinaus können diese Län-

an die Folgen des Klimawandels nicht zu bewältigen.

der wegen ihrer höheren technischen, wirtschaftlichen und institutionellen Kapazität wichtige Impulse für die Anpas-

Inhalte

sungspolitik insgesamt liefern.

Die Studie konzentriert sich auf die Analyse nationaler Anpassungsstrategien. Grund ist die Annahme, dass Klimaanpas-

Bei der Auswahl der Länder wurden zwei Kriterien angelegt:

sung eine politische Herausforderung ist und für die Bewälti-

l Einerseits sollte es in den Ländern bereits nationale oder

gung der Folgen des Klimawandels ein koordiniertes Vorgehen

regionale Bemühungen zur Anpassung an die Folgen des

erforderlich ist. Je nach Struktur eines Landes und dem Stand

Klimawandels geben.

der nationalen Politik werden aber auch regionale und lokale

l Andererseits sollen die ausgewählten Länder, die verschie-

Strategien kurz skizziert. In den USA liegt beispielsweise ein

denen betroffenen gesellschaftlichen Bereiche und Regio­

stärkeres Gewicht auf den Strategien der Bundesstaaten, da es

nen, mit ihren klimatischen Unterschieden abbilden. Auf

dort noch keine nationale Strategie gibt, einzelne Bundesstaa­

diese Weise kann die Studie die gesamte Bandbreite der

ten aber bereits an Strategien arbeiten. In Ländern, die bereits

notwendigen Anpassungsmaßnahmen veranschaulichen.

eine nationale Strategie vorzuweisen haben, wird die nationale Ebene dagegen detaillierter behandelt.

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Wegen ihrer Bedeutung in der internationalen Klimadebatte


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

wurden sowohl einige besonders wichtige Schwellenländer

Aufbau der Länderkapitel

wie Indien oder China behandelt als auch exemplarisch einige

Zentraler Bestandteil der Studie sind die Einzeldarstellungen

Least Developed Countries, wie Tansania und Bangladesch.

in den Länderkapiteln sowie eine Sammlung konkreter Anpassungsprojekte zu jedem Land. Die Länderkapitel sind gleich

Ergebnisse

strukturiert, die Schwerpunkte unterscheiden sich aber je

Diese globale Auswahl der Länder bedingt natürlich, dass die

nach Situation des jeweiligen Landes.

einzelnen Länder nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Vielmehr ist es die Gesamtsicht auf die Anpassung an den

Folgende Struktur wurde für den Aufbau der Länderkapitel

Klimawandel in Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenlän-

gewählt:

dern, die höchst aufschlussreich ist. Sie gibt trotz aller Unter-

l Zusammenfassung

schiedlichkeit einen Überblick über die zahlreichen Gemein­

Zunächst werden in einer kurzen Zusammenfassung die

samkeiten bei der Anpassung an den Klimawandel. Die Studie

zentralen Erkenntnisse zu jedem Land dargestellt.

bietet eine Übersicht darüber, was in den 16 analysierten Ländern bereits unternommen wird, um sich auf die Folgen des

l Länderprofil

Klimawandels vorzubereiten. Die Länderkapitel bieten jeweils

Anschließend werden die Folgen des Klimawandels für

einen Gesamteindruck von der aktuellen Politik zur Anpas-

das jeweilige Land beschrieben. Dabei werden nicht alle

sung an den Klimawandel im jeweiligen Land. Dabei können in

Folgen systematisch dargestellt, da sich viele Auswir­

diesem Rahmen wegen der Komplexität des Themas natürlich

kungen, wie zum Beispiel die Zunahme von extremen

nicht alle Bereiche, in denen Anpassungsmaßnahmen erfolgen,

Wetterereignissen, in fast allen Ländern wiederholen. Ziel

gleichermaßen berücksichtigt werden. Die vorliegende Arbeit

ist es, einen illustrativen Eindruck von Risiken und Chan-

ist also keine umfassende wissenschaftliche Analyse mit

cen im jeweiligen Land zu vermitteln. Denn ohne diese

Anspruch auf Vollständigkeit, sondern eine Darstellung inte­

Informationen ist die Anpassungspolitik des Landes nicht

ressanter und lehrreicher Ansätze in den jeweiligen Ländern.

zu verstehen. Der Abschnitt hat aber nicht den Anspruch, die jeweils neuesten internationalen Forschungsergeb-

Die Studie ermöglicht eine Ableitung übergreifender Er-

nisse aufzunehmen. Der „Mehrwert“ der Studie liegt in

folgsfaktoren. Die weltweite Analyse zeigt auch, dass es

der Darstellung der Anpassungsstrategien und Maßnah-

sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungs- und

men der jeweiligen Länder.

Schwellenländern schon erfolgversprechende Ansätze zur Anpassung an den Klimawandel gibt.

l Strategien und Akteure Dieser Abschnitt bietet einen Überblick über die bisheri-

Es zeigt sich, dass einige Länder bei der Entwicklung eines

gen Strategien und Maßnahmen eines Landes zum Um-

strategischen Gesamtansatzes besonders weit sind, andere

gang mit dem Klimawandel sowie über die maßgeblichen

sind in bestimmten Bereichen, wie beispielsweise im Katas-

Akteure. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der nationalen

trophenschutz, besonders gut. Die Bewertung der Länder soll

Ebene, es wird aber auch die regionale und kommunale

aber keinesfalls als Ranking verstanden werden. Aufgrund

Ebene berücksichtigt, vor allem bei Ländern, die noch kei­

der Neuheit und Komplexität des Themas wäre ein Länderran­

ne nationale Anpassungsstrategie besitzen.

king zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sinnvoll. Anders als beim Klimaschutz, wo der Erfolg beispielsweise in der Senkung der

l Informationsstand, Kommunikation und Aufklärung

CO2-Emissionen gemessen werden kann, gibt es für die Anpas-

Um sinnvolle Anpassungsmaßnahmen ergreifen zu kön-

sung an den Klimawandel noch kein Indikatorensystem, das

nen, ist es notwendig, dass ein Land über fundierte Infor-

Fortschritte anhand von Kriterien messbar machen könnte.

mationen zu den konkreten Folgen des Klimawandels vor

Anpassung umfasst in vielen Ländern eine große Bandbreite

Ort verfügt. Gleichzeitig müssen für die Umsetzung von

an Politikbereichen, für die der Erfolg jeweils einzeln bewertet

Anpassungsmaßnahmen sehr viele unterschiedliche Ak-

werden muss. Außerdem werden die Folgen des Klimawandels

teure eingebunden werden, denen diese Informationen

erst in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in ihrer ganzen

zu Klimafolgen vermittelt werden müssen. Daher ist dem

Tragweite wirksam, so dass sich auch erst im Laufe der Zeit

Thema Information und Kommunikation ein eigener Ab-

zeigen wird, wie erfolgreich sich ein Land vorbereitet hat.

schnitt gewidmet.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Zentrale Erkenntnisse Erfolgsfaktoren für ein komplexes Politikfeld

Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist für alle

heits- bis zum Außenministerium. Es geht Politik und Ver-

Länder weltweit eine sektorübergreifende, langfristige He­

waltung auf allen Ebenen an, von der internationalen bis zur

rausforderung. Darin ähnelt die Anpassung an den Klima­

lokalen Ebene. Die Finanzierung der Anpassungsmaßnahmen

wandel der notwendigen Gestaltung des demografischen

in den Entwicklungsländern ist Gegenstand der internatio­

Wandels in vielen Industrieländern: In beiden Fällen wurden

nalen Klimaverhandlungen, die Anpassung an steigende Tem-

die notwendigen Anpassungsbemühungen zunächst unter-

peraturen im Städtebau muss dagegen direkt vor Ort erfolgen.

schätzt. Allerdings ist der Klimawandel im Gegensatz zum

Außerdem müssen auch Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilge-

demografischen Wandel ein globales Phänomen. Aus der

sellschaft sowie die breite Öffentlichkeit in die Vorbereitung

Analyse der weltweiten Länderfallstudien ergeben sich fünf

auf den Klimawandel eingebunden werden. Die Wissenschaft

zentrale Merkmale der Anpassung an den Klimawandel.

muss die Informationsgrundlagen liefern, Wirtschaft und Zivil-

Merkmale des Politikfelds

1

Querschnittsthema

2

Akteursvielfalt

3

Langfristigkeit

4

Handeln unter Unsicherheit

5

Lokale Umsetzung im globalen Kontext

1. Querschnittsthema

gesellschaft müssen innovative Lösungen für die anstehenden

Die Anpassung an den Klimawandel ist ein Querschnitts­

Herausforderungen entwickeln, die Öffentlichkeit muss in-

thema, das eine große Bandbreite an Politikfeldern betrifft,

formiert werden, um sie zu notwendigen Verhaltensänderung­

vom Hochwasserschutz bis zur Gesundheitsvorsorge. Welche

en zu motivieren oder vor anstehenden Gefahren zu warnen.

Bereiche besonders wichtig sind, hängt von den klimatischen

Bei dieser Vielfalt sind Interessenkonflikte und unterschiedli-

Bedingungen und der wirtschaftlichen und sozialen Situa-

che Erwartungen vorprogrammiert, und die Koordination und

tion des jeweiligen Landes ab (zum Beispiel Trockenheit und

Einbindung aller Akteure ist eine entscheidende Aufgabe.

Schutz der Biodiversität in Südafrika und Australien oder Umgang mit dem Auftauen von Permafrostböden in Kanada

3. Langfristigkeit

und in der Schweiz). Übergreifende nationale Strategien zur

Die Anpassung an den Klimawandel ist ein noch langfristige­

Anpassung gibt es erst seit einigen Jahren. Allerdings existie-

res Thema als der demografische Wandel. Dies stellt eine im-

ren in einzelnen Sektoren oft schon eigene Strategien und Pla-

mense Herausforderung für die politische Planung dar. Denn

nungen (zum Beispiel Hochwasserschutz in den Niederlanden

selbst wenn alle Treibhausgasemissionen sofort auf null ge-

oder Katastrophenschutz in Bangladesch), die teilweise früh-

senkt würden – würde die Temperatur für die nächsten 30 bis

zeitig die Folgen des Klimawandels mit einbezogen haben.

40 Jahre (aufgrund des Gedächtnisses der Atmosphäre) steigen, der Meeresspiegel sogar für die nächsten 100 Jahre. Es

14 |

2. Akteursvielfalt

gilt, hier ausreichend politische und öffentliche Aufmerksam-

Die Anpassung an den Klimawandel ist eine Herausforderung,

keit zu schaffen, um das Thema trotz des langen Planungs­

deren Lösung eine Vielzahl gesellschaftlicher Akteure einbezie-

horizonts mit der nötigen Priorität zu behandeln. Die späte

hen muss. Das Thema betrifft fast alle Ressorts, vom Gesund-

Reaktion auf den demografischen Wandel hat gezeigt, dass


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

sonst unnötig hohe Anpassungskosten entstehen.

der notwendigen Anpassung an den Klimawandel. Zusätzlich zur Analyse von Daten und Fakten ist daher ein Denken in Sze-

4. Handeln unter Unsicherheit

narien und Varianzen für die strategische Planung notwendig.

Analyse und Information sind zentrale Aspekte der Anpassung an den Klimawandel. Benötigt werden sowohl wissenschaftliche

5. Lokale Umsetzung im globalen Kontext

Klimaszenarien als auch Informationsangebote für betroffene

Während beim Klimaschutz lokale Maßnahmen globale Aus-

Entscheidungsträger und die Bevölkerung. Ohne eine gute Infor-

wirkungen haben, ist es bei den Wirkungen des Klimawan­

mationsgrundlage lassen sich keine langfristigen Anpassungs-

dels gewissermaßen umgekehrt: Globale Prozesse haben

maßnahmen planen. Doch trotz zunehmender Fortschritte in

Auswirkungen vor Ort, die von Land zu Land und Region zu

der wissenschaftlichen Analyse wird die Anpassungspolitik dau-

Region sehr unterschiedlich sind. Vor allem nationale Politik

erhaft mit Unsicherheiten umgehen müssen. So sind beispiels-

sowie regionale und lokale Entscheidungsträger sind daher ge-

weise die Projektionen zur Entwicklung der regionalen Nieder-

fordert. Ein globales Thema ist dagegen die Finanzierung und

schläge mit großen Unsicherheiten behaftet. Angesichts der

technische Unterstützung der Anpassung, besonders in den am

Komplexität und Dynamik des Klimasystems ist es auch wahr­

wenigsten entwickelten Ländern.

scheinlich, dass es noch eine Reihe unerwarteter Veränderungen geben wird, die wir heute nicht voraussehen können. Daher ist

Aus diesen fünf Merkmalen lassen sich 10 Erfolgsfaktoren

der Umgang mit Unsicherheit ein weiteres wichtiges Merkmal

für die Entwicklung von Anpassungsstrategien ableiten:

10 Erfolgsfaktoren für Strategien zur Anpassung an den Klimawandel Merkmale

Erfolgsfaktoren

1

„Mainstreaming“: Integration der Anpassung an den Klimawandel in alle relevanten Planungsprozesse und Entwicklungsstrategien

2

Aufbau ressort-, sektor- und ebenenübergreifender Governance-Strukturen und Vernetzung unterschiedlicher Akteure

3

Verknüpfung mit bestehenden Strategien, Strukturen und Zielen (z. B. Nachhaltigkeit, Armutsbekämpfung)

Akteursvielfalt

4

Systematische Einbeziehung der relevanten Stakeholder

Langfristigkeit

5

Kontinuität in der Planung und Umsetzung und regelmäßige Zielüberprüfung der Strategien und Maßnahmenpläne

6

Schaffung einer guten Informationsgrundlage für die strategische Planung

7

Austausch und Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis, um die Informationsgrundlage praxiswirksam zu machen

8

Fokus auf „No Regret“- oder „Low Regret“-Maßnahmen

9

Unterstützung der lokalen Ebene, da viele Maßnahmen hier umgesetzt werden müssen

Querschnittsthema

Handeln unter Unsicherheit

Lokale Umsetzung im globalen Kontext

10

Berücksichtigung der internationalen Dimension der Anpassungspolitik (Finanzierung, Erfahrungsaustausch)

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Was man vom Umgang mit dem demografischen Wandel lernen kann

Institutionen einbindet, um das Thema Anpassung an den Klimawandel koordiniert anzugehen.

Der Umgang mit dem demografischen Wandel in vielen

3. Anpassung an den Klimawandel sollte mit bestehen-

Industrieländern hat gezeigt, dass eine späte Reaktion,

den Strategien, Strukturen und Zielen (zum Beispiel

zum Beispiel im Bereich der Infrastrukturplanung, zu mas-

Nachhaltigkeit, Armutsbekämpfung) verknüpft werden,

siven Fehlinvestitionen führen kann. Viele Städte und

um Parallelstrukturen zu vermeiden. Welche dies sind,

Kommunen hatten die absehbare Schrumpfung ihrer Be­

kann von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. Wenn

völkerung zu lange nicht in ihrer Planung berücksichtigt.

ein Land beispielsweise über einen gut funktionieren-

Sie haben daher häufig in teure Infrastruktur finanziert,

den Nachhaltigkeitsprozess oder eine erfolgreiche Um-

beispielsweise in Straßen, Kanalisation oder Stromnetze,

setzung der Biodiversitätsstrategie verfügt, sollte die

die sie nun in dieser Form gar nicht mehr benötigen. Auch

Anpassung an den Klimawandel mit diesen Prozessen

beim Klimawandel besteht die Gefahr, dass das Thema als

oder Strategien verknüpft werden. Wenn in einem Land

langfristiges Querschnittsthema zu spät angegangen wird.

dagegen eine bestimmte Herausforderung klar domi­

Allerdings werden die Folgen, vor allem in den Entwick-

niert, wie beispielsweise der Hochwasserschutz in den

lungsländern, dann voraussichtlich noch dramatischer sein.

Niederlanden oder Bangladesch, dann ist es sinnvoll, die Anpassungsstrategie eng an die Planungsprozesse in die-

1. „Mainstreaming“: Die projizierten Folgen des Klimawan­

sem Bereich anzugliedern.

dels sowie notwendige Anpassungsmaßnahmen sollten in alle relevanten Planungsprozesse und Entwick-

4. Neben der Koordination der politischen Akteure sollten

lungsstrategien systematisch einbezogen werden. So

auch die relevanten Stakeholder systematisch ein-

müssen Anpassungsbedarfe genauso bei der Raumpla-

bezogen werden, um eine breite Verankerung der Anpas-

nung (zum Beispiel Brückenbau) mitgedacht werden

sungsmaßnahmen sicherzustellen. Viele Länder haben

wie bei Planungen im Gesundheitssystem (zum Beispiel

ihre Strategien gemeinsam mit den Stakeholdern aus der

Hitzewellen). Entscheidend ist, dass hier die richtigen

Wissenschaft entwickelt. In den Entwicklungsländern

Prioritäten gesetzt und keine wichtigen Bereiche außer

wurden dagegen oft direkt betroffene Gruppen (wie zum

Acht gelassen werden. Ansätze zum Mainstreaming gibt

Beispiel Fischer oder Landwirte) einbezogen. Hintergrund

es beispielsweise in Großbritannien. Hier wird geprüft,

ist, dass es für viele Entwicklungsländer, vor allem in Af-

inwieweit die Regeln für Folgeabschätzungen (von Ge-

rika, kaum verlässliche Daten gibt, so dass man für die

setzen und Regulierungen) angepasst werden müssen,

Priorisierung von Maßnahmen auf die Beobachtung der

um die Auswirkungen des Klimawandels in der poli-

bereits stattfindenden Veränderungen angewiesen ist.

tischen Planung angemessen zu berücksichtigen. Auch in

Zusätzlich sollte aber generell möglichst auch die breite

Finnland soll der Klimawandel systematisch in die strate­

Bevölkerung eingebunden werden. So gibt es in Bangla-

gische Planung einbezogen werden.

desch beispielsweise erfolgreiche Ansätze im partizipativen Katastrophenschutz: Die Menschen vor Ort werden

2. Es müssen ressort-, sektor- und ebenenübergreifende

aktiv in die Frühwarnsysteme einbezogen. In den Nieder-

Governance-Strukturen aufgebaut werden, um die

landen wird die Öffentlichkeit im Rahmen der Kampagne

übergreifenden Herausforderungen koordiniert anzuge-

Room for the River über die Folgen des Klimawandels in-

hen. Politik und Verwaltung müssen ressortübergreifend

formiert.

und über alle Ebenen hinweg zusammenarbeiten. Eben-

16 |

falls einbezogen werden muss aber auch eine Vielzahl

5. Außerdem sind für eine erfolgreiche Anpassung an den

von Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissen-

Klimawandel Kontinuität in der Planung und Umsetzung

schaft. Der institutionelle Rahmen, sowohl auf nationa­

sowie regelmäßige Zielüberprüfung der Strategien und

ler als auch auf regionaler und lokaler Ebene, ist daher ein

Maßnahmenpläne notwendig. Während die Kontinuität­

wichtiges Erfolgskriterium. Großbritannien ist hier eben-

in den Anpassungsbemühungen der Länder derzeit noch­

falls Vorreiter. Die britische Regierung hat einen Rahmen

nicht zu beurteilen ist, haben einige Länder die regel­

geschaffen, der eine große Bandbreite an Ministerien und

mäßige Aktualisierung ihrer Anpassungsstrategien bereits


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

eingeplant. Großbritannien plant beispielsweise, eine

8. Doch auch wenn fundierte Daten vorliegen, sind die

Verpflichtung zur Aktualisierung gesetzlich zu ver­ankern.

genauen Auswirkungen des Klimawandels in vielen Be-

Die finnische Strategie soll alle sechs bis acht Jahre über-

reichen noch mit Unsicherheiten behaftet und hängen

prüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Um diese

natürlich auch von der zukünftigen Entwicklung der

Pläne auch kontinuierlich in die Tat umzusetzen, ist die

Emissionen ab. Daher sollten sich die Länder bei der An-

Schaffung von politischer und öffentlicher Aufmerksam-

passung soweit möglich auf sogenannte „No Regret“-

keit notwendig.

oder „Low Regret“-Maßnahmen konzentrieren. So werden Maßnahmen bezeichnet, die auch dann sinnvoll

6. Eine wichtige Bedingung für eine gute Anpassungspolitik

sind, wenn der Klimawandel sich vor Ort stärker oder

ist die Schaffung einer guten Informationsgrundlage

schwächer auswirkt als projiziert. Viele Länder fordern

hinsichtlich der konkreten Auswirkungen des Klimawan-

daher in ihren Strategien einen systematischen Fokus

dels. Die meisten Industrieländer verfügen mittlerweile

auf diese „Low Regret“-Maßnahmen. Ein Beispiel für

über recht gute Daten. So ist es möglich, anhand von Sze-

eine „Low Regret“-Maßnahme ist der Bau eines neuen

narien abzubilden, welche Veränderungen zu erwarten

Damms zum Hochwasserschutz, der zwar nicht für einen

sind. Viele Entwicklungsländer stehen hier jedoch noch

sehr hohen Anstieg des Meeresspiegels ausreicht, der

am Anfang. Vor allem in Subsahara-Afrika ist die Infor-

aber so geplant ist, dass er sich im Notfall vergleichs-

mationslage teilweise desolat. In einigen Teilen Afrikas

weise kostengünstig ausbauen lässt. Ein Beispiel für eine

nimmt die Qualität der Daten in letzter Zeit sogar wieder

„No Regret“-Maßnahme wäre dagegen die Förderung

ab.5 Eine wichtige Ausnahme ist hier Südafrika, das über

einer nachhaltigeren Nutzung natürlicher Ressourcen. In

gute Klimadaten verfügt. Viele Entwicklungsländer sind

Indien wird beispielsweise nachhaltige Entwicklung ins­

dagegen für die Entwicklung ihrer Anpassungsstrategien

gesamt als die Anpassung an den Klimawandel verstan-

auf eine Notlösung angewiesen: Statt wissenschaftliche

den. „No Regret“-Maßnahmen sind also Maßnahmen,

Projektionen zu nutzen, müssen sie auf das Wissen der

die ohnehin sinnvoll sind. Dazu zählen beispielsweise

lokalen Bevölkerung über bereits bemerkbare Klimaän-

auch die oben beschriebenen Win-win-Maßnahmen.

derungen zurückgreifen. Die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung ist zwar für alle Länder bei der Vorberei-

9. Wichtig ist auch die Unterstützung der lokalen Ebene,

tung auf den Klimawandel eine wichtige Maßnahme,

da viele Maßnahmen hier umgesetzt werden müssen.

kann aber natürlich das Fehlen wissenschaftlicher Daten

In Großbritannien gibt es beispielsweise eine Reihe von

nicht aufwiegen. Auf diese Weise können viele Entwick-

speziellen Informationsmaterialien und Unterstützungs­

lungsländer nur auf kurzfristige, bereits vor Ort spürbare

tools für kommunale Entscheider. Handbücher zur An-

Änderungen reagieren, auf langfristige Änderungen kön-

passung an den Klimawandel für Kommunen existieren

nen sie sich schon allein wegen mangelnder Daten nicht

außerdem auch in den USA und in Australien.

vorbereiten. 10. Zusätzlich ist es aber auch wichtig, die internationale 7. Damit die relevanten Klimadaten in der politischen Pla-

Dimension des Themas in Betracht zu ziehen. Finnland

nung auch berücksichtigt werden, sind Austausch und

hat die Berücksichtigung der internationalen Dimen-

Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis eben-

sion der Anpassung an den Klimawandel explizit in seine

falls erfolgskritisch: Die Projektion von Klimaverände-

Strategie mit aufgenommen. Hier ist das Außenministe-

rungen ist eine hochkomplexe Materie. Daher müssen

rium als eines von sechs Ministerien an der Umsetzung

Daten und Informationen so aufbereitet werden, dass sie

der nationalen Anpassungsstrategie beteiligt. In Großbri-

auch für die Praxis nutzbar sind. Zusätzlich muss der Aus-

tannien arbeitet das Verteidigungsministerium derzeit an

tausch aber auch gezielt angeregt werden, damit sich die

einer Strategie zum Thema Sicherheit und Klimawandel.

politischen Entscheidungsträger auf den unterschiedlichen Ebenen auch über die Bedeutung der Informationen für ihre eigene Arbeit bewusst werden. Das UK Climate Impacts Programme ist hier ein gutes Beispiel, das in Großbritannien genau diese Funktion erfüllt.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Wie bereiten sich die analysierten Länder auf den Klimawandel vor? Immer mehr Länder beginnen, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen. Viele haben mittlerweile nationale Strategien verabschiedet, die Detaillierung und Umsetzung dieser Strategien steht aber noch am Anfang. In einigen Ländern werden allerdings durch den Klimawandel lang anhaltende Probleme und Herausforderungen verschärft, so dass diese Länder im je­ weiligen Politikbereich teilweise bereits umfassende Strategien und Maßnahmenpakete haben. Beispiele sind hier der Hochwasserschutz in den Niederlanden oder der Umgang mit Naturkatastrophen in Bangladesch. Eine besondere Gruppe sind die Least Developed Countries (LDC), die im Rahmen der National Adaptation Programmes of Action (NAPAs) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bei der Entwicklung nationaler Anpassungsstrategien unterstützt werden. 42 der 49 am wenigsten entwickelten Staaten besitzen daher mittlerweile eine nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel,6 was aber natürlich nicht bedeutet, dass diese Länder gut auf den Klimawandel vorbereitet sind: Die NAPAs konzentrieren sich zunächst nur auf die kurzfristig notwendigen Maßnahmen, und die Mittel zur Umsetzung sind meist sehr beschränkt. In der vorliegenden Studie werden Tansania und Bangladesch exemplarisch für die Probleme der Least Developed Countries behandelt, da diese beiden Länder interessante Ansatzpunkte bieten. Außerdem gibt es auch Länder, die auf nationaler Ebene noch kaum aktiv sind, in denen es aber Regionen gibt, die sich schon vorbereiten. Ein Beispiel sind hier die USA, wo sich einige Bundesstaaten bereits mit notwendigen Anpassungsmaßnahmen auseinandersetzen, die Bundesebene dagegen bisher wenig unternimmt. Die Situation in den analysierten Ländern lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

Land

Zusammenfassung

Deutschland Im Dezember 2008 hat die Bundesregierung die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) verabschiedet. Sie versteht sich als Rahmen für Anpassungsaktivitäten auf der Bundes-, Länderund Kommunalebene sowie für Anpassung im nicht staatlichen Bereich durch Unternehmen, Verbände und Bürger. Die Strategie soll schrittweise gemeinschaftlich umgesetzt werden. Als wesentliche nächste­ Schritte sollen die Wissensbasis weiter verbessert, ein breiter Dialog- und Kommunikationsprozess angestoßen und bis März 2011 ein konkreter Aktionsplan erarbeitet werden. In der DAS sind dreizehn Handlungsbereiche beschrieben. Die Themen Raum- und Regionalplanung sowie Bevölkerungshilfe und Katastrophenschutz wurden als Querschnittsthemen benannt. Auch die Bundesländer beginnen, sich auf den Klimawandel vorzubereiten und haben teilweise eigene Strategien und Pläne entwickelt.

Finnland

Während der Klimawandel für viele Länder in erster Linie eine Bedrohung darstellt, ist in Finnland mit Veränderungen zu rechnen, die sowohl Risiken als auch Chancen mit sich bringen. Betroffene Wirtschaftssektoren sind beispielsweise Transport, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft sowie Energie. Finnland hat als eines der ersten Länder weltweit bereits 2005 eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet. Die Koordination übernahm das Ministerium für Land- und Forst-wirtschaft. Fünf weitere Ministerien sind im Rahmen einer Arbeitsgruppe in die Planung eingebunden. Da die kurzfristigen Auswirkungen des Klimawandels für Finnland keine Bedrohung darstellen, besteht derzeit allerdings noch in vergleichsweise wenigen Bereichen direkter Handlungsbedarf. Die Aktivitäten konzentrieren sich daher bisher vor allem auf Forschung und Analyse und haben das Ziel, ein besseres Verständ­nis von Chancen und Risiken in den relevanten Sektoren zu erhalten. In einzelnen Bereichen, vor allem im Hochwasserschutz, wurden aber auch schon konkrete Maßnahmen umgesetzt.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Frankreich

Mit der Zunahme und Intensivierung extremer Wetterereignisse hat das Thema Anpassung an den Klimawandel in Frankreich in den vergangenen Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Besonders die ne­ gativen Folgen der Hitzewelle 2003 und der lang anhaltenden Dürreperioden im Süden des Landes haben zu der Einsicht geführt, dass sich Frankreich stärker auf den Klimawandel vorbereiten muss. Ende 2006 wurde in Frankreich eine nationale Anpassungsstrategie verabschiedet. Derzeit wird darüber hinaus die Erarbeitung eines detaillierten Plans zur Vorbereitung auf die Folgen des Klimawandels diskutiert. Die Federführung für die Strategie liegt bei der Forschungseinrichtung ONERC. Schwerpunkte der nationa­ len Anpassungsstrategie sind Risikoabschätzung und Analyse der möglichen Folgen des Klimawandels. Es gibt zahlreiche Forschungsprogramme und -projekte, die die Grundlage für die wei­tere strategische Planung liefern sollen. In Frankreich werden dabei besonders auch wirtschaftliche und soziale Aspekte berücksichtigt. Konkrete Maßnahmen werden dagegen bisher nur vereinzelt umgesetzt, beispielsweise in Paris zur besseren Vorbereitung auf Hitzewellen.

Großbritannien

Großbritannien ist weltweit ein Vorreiter bei der Anpassung an den Klimawandel. Das Land verfolgt einen koordinierten Ansatz, der die zentralen Akteure – vom Umwelt- bis hin zum Verteidigungsministerium – einbindet und fast alle Politikbereiche einbezieht. Die Anpassungsstrategie konzentriert sich darauf, den Umgang mit den Folgen des Klimawandels in den politischen Prozess insgesamt einzubinden, zum Beispiel durch die Berücksichtigung bei Investitionen oder die Integration in die Bewertung der Arbeit von Kommunen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die britische Anpassungspolitik ist die frühe Einrichtung einer Informations- und Koordinationsstelle, die zwischen Wissenschaft und Praxis vermittelt. So werden den Kommunen und Unternehmen beispielsweise Analyse- und Bewertungsins­trumente zur Verfügung gestellt, die ihnen bei der Abschätzung von Klimarisiken und der Planung von Anpassungsmaßnahmen helfen. Auch in der Kommunikation der notwendigen Anpassung an den Klimawandel ist Großbritannien aktiver als viele andere Länder. Folgen des Klimawandels in Großbritannien sind beispielsweise Überflutungen und Erosionen an den Küsten und in den Flussgebieten.

Niederlande

Ein großer Teil der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel. Um Katastrophen wie die Sturmflut von 1953 zu vermeiden, wird der Hochwasserschutz daher seit Generationen als eine Frage der natio­nalen Sicherheit gesehen und mit entsprechender Priorität behandelt. Durch den Klimawandel wird die Gefahr von Überschwemmungen in Zukunft ansteigen. Die notwendige Anpassung an den Klimawandel ist daher schon seit Jahren auf der politischen Agenda, vor allem in den Bereichen Wassermanagement, Küstenschutz und Raumplanung. Angesichts des Anstiegs des Meeresspiegels findet seit einigen Jahren ein Umdenken im Hochwasserschutz statt: vom Kampf gegen das Wasser zum Leben mit dem Wasser. 2007 haben die Niederlande eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ver­abschiedet. Außerdem wurde zum Thema Hochwasserschutz angesichts des Klimawandels die „Delta-Kommission“ ein­ gesetzt, die Ende 2008 ihre Empfehlungen vorgestellt hat. Auch ein neues Gesetz zur Vorbereitung des Hochwasserschutzes auf den Klimawandel ist in Arbeit.

Schweiz

Wie in anderen Ländern auch führt der Klimawandel in der Schweiz zu Extremwetterereignissen, aber auch zu anderen Veränderungen, die die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen grundsätzlich verändern. Beim Umgang mit Extremwetterereignissen ist die Schweiz Vorreiter, verstärkt der Klimawandel doch ein Phänomen, mit dem die Schweiz aufgrund ihrer alpinen Geografie von jeher zu leben gelernt hat. In den letzten Jahren hat sich in der Schweiz der Schwerpunkt von der Katastrophenbewältigung zuneh­ mend in Richtung Präventionsmaßnahmen verlagert. Die Schweiz steht bei der Entwicklung einer Ge­ samtstrategie zur Anpassung an den Klimawandel allerdings erst am Anfang.

Spanien

Der Klimawandel wird in Spanien voraussichtlich zu Wassermangel und steigenden Temperaturen führen. Zur Anpassung an den Klimawandel wurde 2006 unter Federführung des Umweltministeriums ein natio-

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

naler Anpassungsplan veröffentlicht, der eine bessere Koordination und Integration der entsprechen­den Maßnahmen zum Ziel hat. Neben der nationalen Ebene haben verschiedene Nichtregierungsorganisationen, Kommunalregierungen und Unternehmen in den letzten Jahren Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel initiiert. Eine besondere Bedeutung hat dabei in Spanien die Anpassung an den Wasser­ mangel, so gibt es beispielsweise bereits ein Maßnahmenprogramm gegen die Wüstenbildung.

Kanada

Für Kanada entstehen durch die Folgen des Klimawandels sowohl Risiken als auch wirtschaftliche Chancen. Aufgrund der Größe und geografischen Vielfalt des Landes variieren die Auswirkungen jedoch stark von Region zu Region. Besonders die arktischen Regionen Kanadas sind bereits vom Klimawandel betroffen. Die lokale Bevölkerung ist von natürlichen Ressourcen abhängig und ihre Lebensgrundlage daher zunehmend bedroht. Gerade in dieser Region ergeben sich jedoch auch wirtschaftliche Chancen für Kanada, wie beispielsweise die Öffnung neuer Schiffswege entlang der Nordwestpassage und die Erschließung neuer Rohstoffquellen. Die kanadische Regierung setzt sich schon länger mit notwen­digen Anpassungen an den Klimawandel auseinander. Die meisten konkreten Maßnahmen werden von den Provinzen und Kommunen verantwortet, die teilweise auch eigene Strategien entwickeln.

USA

In den USA gibt es noch keine nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Allerdings spielt die Anpassung an den Klimawandel im Zuge des derzeit debattierten Gesetzentwurfes zum Klimaschutz eine Rolle. Einige Bundesstaaten sind schon weiter. Vorreiter sind hier beispielsweise Kalifornien und Alaska. In Kalifornien wurden vor allem im Wassersektor bereits Anpassungsmaßnahmen durchgeführt. Zudem wurde dort kürzlich eine umfassende Anpassungsstrategie erarbeitet. Auch Alaska setzt sich bereits mit den Folgen des Klimawandels auseinander und erarbeitet eine Strategie.

Australien

Eine der wesentlichen Herausforderungen für Australien stellt die zunehmende Trockenheit dar, die Auswir­ kungen auf die Landwirtschaft sowie auf die einzigartige Biodiversität des Landes haben wird. Die starke Dürre der Jahre 2002 und 2003, von der große Teile des Landes betroffen waren, hat Australien seine Verwundbarkeit gegenüber Klimaveränderungen drastisch vor Augen geführt. Als Reaktion auf die klimatischen Veränderungen verabschiedete die australische Regierung 2007 das National Climate Change Adaptation Framework, das eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen zur Anpassung an den Klimawandel enthält. Dazu zählen unter anderem Weiterbildungsmaßnahmen für die vom Klimawandel besonders betroffenen Berufsgruppen. Die australi­ schen Bundesstaaten haben ebenfalls damit begonnen, sich auf den Klimawandel vorzubereiten.

Südafrika

Südafrika wird durch den Klimawandel vor große Herausforderungen gestellt. Wasserknappheit ist be­reits heute ein Problem, dem das Land große Aufmerksamkeit widmet. Der Klimawandel wird dies voraussichtlich noch verschärfen. Weitere wichtige Herausforderungen sind Gesundheit und Biodiversität, ein einzigartiger Schatz des Landes und wichtige Ressource für den Tourismus. Südafrika ist im Vergleich zu vielen anderen Staaten Afrikas besser auf den Umgang mit dem Klima­wandel vorbereitet. Dies liegt auch daran, dass es in Südafrika sehr gute Klimaforschungseinrichtungen gibt und das Land daher über deutlich bessere Projektionen verfügt als andere afrikanische Staaten. Seit 2004 gibt es eine nationale Klimastrategie, die sich auch mit den notwendigen Anpas sungen an den Klimawandel befasst. Eine detailliertere Anpassungspolitik wird derzeit vorbereitet und soll voraussichtlich 2010 verabschiedet werden. Außerdem verfügt Südafrika über ein differenziertes Wassermanagement.

Tansania

Als eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt ist Tansania für die Folgen des Klimawandels besonders anfällig: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als einem Dollar pro Tag, und über 80 Prozent arbeiten in der Landwirtschaft, so dass sie direkt von natürlichen Ressourcen abhän­ g­ig sind. Aufgrund der geografischen Bedingungen sind die Auswirkungen des Klimawandels in Tansania sehr vielfältig. Betroffen sind unter anderem Landwirtschaft, Wasser, Gesundheit, Biodiversität und

20 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Energiewirtschaft. Zwar hat Tansania einen nationalen Anpassungsplan entwickelt, die bisherigen Maß­nahmen werden den Herausforderungen des Klimawandels jedoch nicht gerecht, da der Plan sich zunächst nur auf die dringlichsten kurzfristigen Maßnahmen konzentriert und mit der Umsetzung gerade erst begonnen wird. Diese Situation ist charakteristisch für viele Entwicklungsländer.

Bangladesch

Bangladesch gilt als eines der Länder weltweit, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Es ist wie kaum ein anderes großes Flächenland der Erde durch den steigenden Meeresspiegel existenziell bedroht. Zwei Drittel des Landes liegen weniger als fünf Meter über dem Meeresspiegel. Schon in der Vergangenheit wurde Bangladesch sehr häufig von Naturkatastrophen heimgesucht. Wegen des Klimawandels werden diese in Zukunft wahrscheinlich noch häufiger auftreten. Das Land versucht, sich mit den verfügbaren Mitteln so gut wie möglich auf diese enormen Probleme vorzubereiten, um die Zahl der Opfer und die wirtschaftlichen Schäden so gering wie möglich zu halten. Hier hat Bangladesch einige erfolgreiche Ansätze vorzuweisen. So wird die Bevölkerung bei drohenden Überschwemmungen beispielsweise von Freiwilligen vor Ort über Megafone und über das Radio gewarnt, um sich in Sicherheit bringen zu können. Angesichts der massiven Bedrohung des Landes und mangelnder finanzieller Ressourcen ist die Anpassung an den Klimawandel eine existenzielle Herausforderung, die Bangladesch nur in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft bewältigen kann.

Indien

Die indische Bevölkerung ist trotz der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes weiterhin stark von der Landwirtschaft abhängig und damit höchst anfällig für Klimaveränderungen. Der Klimawandel wird den Druck auf die natürlichen Ressourcen weiter verschärfen, besonders die Wasserversorgung ist gefährdet. Die indische Regierung hat sich angesichts dieser Situation schon früh mit möglichen Folgen des Klimawandels und notwendigen Anpassungsmaßnahmen an die erwarteten Veränderungen befasst und zahlreiche Forschungsprojekte angestoßen. Anpassungsmaßnahmen werden auch zunehmend in die übergeordnete Planung einbezogen. Im Juni 2008 verabschiedete der Klimarat des Premierministers den National Action Plan on Climate Change (NAPCC), der die Hauptgefahren des Klimawandels für Indien aufzeigt, mögliche Anpassungsstrategien diskutiert und Maßnahmen zu deren Umsetzung vorschlägt. Die betroffenen Fachministerien wurden mit der Detaillierung beauftragt.

China

Der Klimawandel wird in China voraussichtlich gravierende Auswirkungen auf die Wasserversorgung und die Landwirtschaft haben. Die Wasserressourcen werden sich in vielen Teilen des Landes wahrscheinlich verknappen und so die landwirtschaftliche Produktion gefährden. Außerdem sind die Küsten Chinas, an denen sich die großen Städte und Wirtschaftszentren konzentrieren, vom steigenden Meeresspiegel bedroht. In seinem neuen nationalen Klimaprogramm von 2007 geht das Land daher auch auf die notwendigen Anpassungsmaßnahmen ein. Im Oktober 2008 wurde zusätzlich ein Weißbuch zum Klima­ wandel verabschiedet, das einige konkrete Ziele für Anpassungsmaßnahmen bis 2010 nennt. Neben großen Infrastrukturprojekten vor allem im Wassersektor wird auch die Verstärkung von Umweltschutz­ anstrengungen angekündigt. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Vorbereitung auf die Folgen des Klima­wandels in China in letzter Zeit an Bedeutung gewinnt.

Brasilien

Der Regenwald Brasiliens ist ein weltweit einmaliges Ökosystem, das durch den Klimawandel besonders gefährdet ist. Im Extremfall drohen große Teile des Amazonasgebiets sich in ein Savannengebiet zu verwandeln, mit drastischen Folgen sowohl für das weltweite Klima als auch für die Bevölkerung vor Ort, deren Lebensgrundlage vom Regenwald abhängt. Bisher hatte sich Brasilien, wie viele andere Länder in Latein­amerika, noch wenig mit der notwendigen Anpassung an den Klimawandel auseinandergesetzt. Dies ändert sich allerdings allmählich. So befasst sich der im Dezember 2008 veröffentlichte neue brasilianische Plan zum Klimawandel auch mit der notwendigen Anpassung. Auf der Grundlage genauerer regionaler Klimamodelle, die für 2009 erwartet werden, soll die Planung von Anpassungsmaßnahmen detailliert werden.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Die Industrieländer

AustraliENBangl

KanadaChin FranKREICHD GrOSSBritaNNiE

NIeDERLANDESÜD

SCHWEIZTanS 22 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

ladesChBraSilIEN

naFiNnland DEUTSCHLAND NNiEnIndiEN

DAfriKaSPANIEN

SaniaUSA

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Die Industrieländer Ungleiche Verteilung von Anpassungslasten und -fähigkeiten

hin viel Forschungsbedarf besteht. Es ist davon auszugehen,

Die Industrieländer sind durch ihre Treibhausgasemissionen

Ressourcen besser auf den Klimawandel reagieren können als

in einem sehr viel höheren Maße für den Klimawandel ver­

die Entwicklungsländer. Auch wenn die dabei entwickelten

antwortlich, als es die Entwicklungsländer sind. Den Großteil

Lösungsansätze in den seltensten Fällen direkt auf die Ent-

der Folgelast müssen jedoch die Entwicklungsländer tragen:

wicklungsländer übertragbar sein werden, wird das dabei

Sie sind sowohl in stärkerem Maße betroffen, teilweise exis­

entstehende Know-how auch für die Entwicklungsländer re­

tenziell bedroht, verfügen aber gleichzeitig nur über sehr

levant sein.

dass diese Länder aufgrund ihrer technischen und finanziellen

be­schränkte Mittel, um mit den Auswirkungen umzugehen. Aber auch für die Industrienationen wird die Anpassung an

Zwar befinden sich auch die Industrieländer noch in einer

den Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten eine kontinu­

frühen Phase der Anpassung, aber es gibt mittlerweile in

ierliche Herausforderung sein.

vielen Ländern eine nationale Anpassungsstrategie zum Klimawandel und/oder in bestimmten, besonders betroffenen

Die Kosten der notwendigen Anpassungsmaßnahmen sind

Bereichen konkrete Anpassungsmaßnahmen. So ist Groß-

noch sehr schwer abzusehen: Ersten Schätzungen zufolge

britannien besonders weit bei der Entwicklung einer umfas-

könnten beispielsweise die Kosten allein für die Anpassung

senden Strategie, und die Niederlande sind ein Beispiel für

der Infrastruktur in den OECD-Ländern zwischen 15 und 150

ein Land, das sich in einem zentralen Politikbereich – dem

Milliarden US-Dollar pro Jahr liegen, also zwischen 0,05 und

Hochwasserschutz – bereits seit Jahren intensiv auf den Kli-

0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

mawandel vorbereitet. Finnland hat als eines der ersten Län-

7

der weltweit bereits 2005 eine nationale Anpassungsstra­ Ausprägung und Auswirkungen des Klimawandels sind dabei

tegie verabschiedet. Frankreich hat zahlreiche Studien zum

regional sehr unterschiedlich. Durch die niedrig liegenden

Zusammenhang von Hitze und Gesundheit vorgelegt und

Küstengebiete sind die Niederlande beispielsweise stark von

2006 eine nationale Anpassungsstrategie veröffentlicht. In

Überschwemmungen betroffen. Vermehrt auftretende Stark­-

den USA befassen sich Kalifornien und Alaska beispielsweise

niederschläge und der Anstieg des Meeresspiegels machen

schon intensiv mit der Anpassung an den Klimawandel.

Anpassungsmaßnahmen beim Hochwasserschutz und in der­ Raumplanung notwendig. Australien hat dagegen mit zu­

Anpassung an den Klimawandel auf EU-Ebene

nehmender Trockenheit zu kämpfen, bis 2030 sollen Dürre­

Auch die EU-Kommission setzt sich mit der notwendigen

monate um circa 20 Prozent häufiger vorkommen. Das Land

Anpassung an den Klimawandel auseinander: Die Kommis-

arbeitet daher an Maßnahmen, um die schwindenden Was-

sion hat im April 2009 ein Weißbuch zur Anpassung an den

serressourcen effizienter zu nutzen.

Klimawandel vorgestellt. Das Weißbuch enthält Maßnahmen zur besseren Vorbereitung auf den Klimawandel. Zwar

Während für die Mehrzahl der Industrieländer die mit dem

wirkt sich der Klimawandel regional sehr unterschiedlich aus,

Klimawandel verbundenen Risiken im Vordergrund stehen,

so dass die meisten konkreten Maßnahmen von den einzel-

entstehen für einige Länder wie Finnland oder Kanada auch

nen Mitgliedstaaten und Regionen umgesetzt werden müs-

Chancen. Finnland beispielsweise kann in den Sektoren Trans-

sen, die EU will aber bei der Koordination und Vernetzung

port, Tourismus, Forstwirtschaft und Energie mit regionalen

unterstützen. Dies gilt besonders für grenzübergreifende

Verbesserungen rechnen. In Kanada könnten sich durch die

Aufgaben sowie Politikbereiche, die auf EU-Ebene geregelt

Öffnung neuer, bisher vereister Seewege und den besseren

werden. Außerdem soll die Anpassung an den Klimawandel

Zugang zu Rohstoffquellen wirtschaftliche Vorteile ergeben.

auch in der EU-Außenpolitik berücksichtigt werden, um die am stärksten betroffenen Länder bei der Anpassung zu unter­

Anpassungspolitik

stützen.

Insgesamt hat sich das Wissen der Industrieländer über die

24 |

Auswirkungen des Klimawandels in den vergangenen Jahren

Die erste Phase der EU-Strategie zur Anpassung an den Kli-

beachtlich verbessert und konkretisiert, auch wenn weiter-

mawandel läuft bis 2012 und soll die Grundlage für eine


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

umfassende Anpassungsstrategie legen. Die EU-Kommission wird eine Lenkungsgruppe zur Anpassung an den Klimawan­ del aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten einrichten, die mit nationalen und regionalen Anpassungsprogrammen befasst sind. Auch Vertreter aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft sollen eingebunden werden. Außerdem wird die EUKommission bis 2011 einen Vermittlungsmechanismus zum Informationsaustausch über die Folgen des Klimawandels in den einzelnen Mitgliedstaaten einrichten, um so den Wissenstransfer insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Zusätzlich zum Weißbuch hat die Kommission drei Diskussionspapiere erarbeitet, die sich intensiver mit der notwendigen Anpassung in den Bereichen Wasser, Küsten- und Meeresgebiete, Landwirtschaft sowie Gesundheit befassen. Zudem fördert die EU verschiedene Forschungsprojekte, um Wissenslücken im Bereich Klimafolgen und Anpassung zu schließen.8

| 25


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Deutschland: eine breit angelegte nationale Anpassungsstrategie Zusammenfassung Im Dezember 2008 hat die Bundesregierung die Deutsche Anpassungs­ strategie an den Klimawandel (DAS) verabschiedet. Sie versteht sich als Rahmen für Anpassungsaktivitäten auf der Bundes-, Länder- und Kommu­ nalebene sowie für Anpassung im nicht staatlichen Bereich durch Unter­ nehmen, Verbände und Bürger. Die Strategie soll schrittweise gemeinschaftlich umgesetzt werden. Als wesentliche nächste Schritte sollen die Wissensbasis weiter verbessert, ein breiter Dialog- und Kommunikations­ prozess angestoßen und bis März 2011 ein konkreter Aktionsplan erarbeitet werden. In der DAS sind dreizehn Handlungsbereiche beschrieben. Die Themen Raum- und Regionalplanung sowie Bevölkerungshilfe und Katastrophenschutz wurden als Querschnittsthemen benannt. Auch die Bundesländer beginnen, sich auf den Klimawandel vorzubereiten und haben teilweise eigene Strategien und Pläne entwickelt.

Länderprofil

bemerkbar, es wird deutlich mehr Hitzeperioden geben, was

In Deutschland wird die Temperatur voraussichtlich weiter

zu Herausforderungen für das Gesundheitssystem führen wird.

ansteigen, allerdings regional unterschiedlich zwischen 1,5

Im nordostdeutschen Tiefland wird der Niederschlag voraus­

und 3,5 °C (für den Zeitraum 2071 bis 2100 verglichen mit

sichtlich stark zurückgehen, und in den Alpen werden Gletscher

dem Zeitraum 1961 bis 1990). Es werden weniger Frosttage

schmelzen und die Schneebedeckung wird abnehmen.

und mehr extrem heiße Tage erwartet. Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen werden voraussichtlich zunehmen, was

An den Küsten ist vor allem der Anstieg des Meeresspiegels

dann vor allem in den Ballungsräumen zu Gesundheitsrisiken

problematisch, der durchschnittlich um 30 cm ansteigen

für die Bevölkerung führen würde.

könnte. Wegen erheblicher Unsicherheiten ist aber auch ein deutlich höherer Meeresspiegelanstieg nicht auszuschließen.

Niederschläge im Sommer werden bis Ende des Jahrhunderts

Dabei wird der absolute Anstieg an Teilen der Küsten ver-

voraussichtlich um durchschnittlich 30 Prozent abnehmen.

stärkt durch eine Gezeitenvergrößerung. Auch die Flussläufe

Die projizierte Abnahme der Sommerniederschläge weist

sind verstärkt von Hochwasser bedroht. Mit Problemen ist

jedoch eine große Varianz und unterschiedliche regionale

ganz besonders an Flussunterläufen zu rechnen.

Verteilung auf. Zusätzlich wird sich durch den Anstieg der Temperaturen im Sommer auch die Verdunstung erhöhen.

Diese Veränderungen bringen Risiken sowohl für die Bevölke­

Am stärksten von Wasserknappheiten betroffen werden Süd,

rung als auch für die Volkswirtschaft mit sich. So gab es im Hitze-

Südwestdeutschland sowie der Nordosten sein. Als weitere

sommer 2003 über 7.000 zusätzliche Todesfälle in Deutschland,

Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland wird eine

verglichen mit durchschnittlichen Sommern. Beim Elbe-Hoch­

Zunahme von Extremwetterereignissen erwartet, mit ent-

wasser 2002 betrug der gesamtwirtschaftliche Schaden circa

sprechenden Gefahren für Bevölkerung und Wirtschaft.

9,4 Milliarden Euro. Auch Extremwetterereignisse, wie beispiels-

9

weise Stürme, bergen ein hohes Schadenspotenzial.11 Die konkreten Auswirkungen des Klimawandels unterscheiden sich regional. Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA)

Strategie und Akteure

sind vor allem Südwestdeutschland (Oberrheingraben), zentral

Im Jahr 2005 beschloss die Bundesregierung im Rahmen

gelegene Teile Ostdeutschlands sowie die Alpen am anfälligsten

ihres Klimaschutzprogramms, ein umfassendes Konzept für

gegenüber den Folgen des Klimawandels. Im Oberrheingraben

die Anpassung an den Klimawandel in Deutschland zu ent-

macht sich voraussichtlich vor allem der Temperaturanstieg

wickeln. Im Dezember 2008 hat die Bundesregierung eine

10

26 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ver­

Arbeit der Bundesministerien

abschiedet. Vorausgegangen war ein Konsultationsprozess,

Auf Bundesebene sind verschiedene Ressorts bereits mit dem

in den zahlreiche Wissenschaftler, Ländervertreter sowie

Thema Anpassung an den Klimawandel befasst. Das Bundesmi­

gesellschaftliche Gruppen eingebunden waren. Die deutsche

nisterium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung initiierte 2007

Anpassungsstrategie soll nun schrittweise gemeinsam mit

beispielsweise die Initiative Zukunft gestalten im Zeichen des Kli-

Ländern, Kommunen und weiteren gesellschaftlichen Ak-

mawandels – Schifffahrt und Wasserstraßen in Deutschland. Im

teuren weiterentwickelt und umgesetzt werden. Auch die

Rahmen der Initiative wurden die möglichen Auswirkungen des

Wirtschaft soll in die Umsetzung einbezogen werden. Die

Klimawandel für die Wasserstraßen und die See- und Binnen-

Federführung für die Anpassungsstrategie hat das Bundes­

schifffahrt ausgewertet. Das Bundesministerium für Ernährung,

umweltministerium, das Umweltbundesamt mit dem Kom-

Landwirtschaft und Verbraucherschutz befasst sich mit den

petenzzentrum für Klimafolgen und Anpassung (KomPass)

möglichen Folgen des Klimawandels für Züchtung, Pflanzenbau,

unterstützt die Entwicklung der deutschen Anpassungsstra­

Tierhaltung, Agrarökonomie und Waldbau. Das Bundesministe-

tegie fachlich und übernimmt zahlreiche operative Aufgaben.

rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit entwickelt einen systematischen „Klimacheck“. So soll gewährleistet werden, dass

Die vorliegende Anpassungsstrategie schafft einen Rahmen

Projekte der Entwicklungs­zusammenarbeit die Anpassungs-

zur Anpassung an den Klimawandel in Deutschland und soll

fähigkeit der Entwicklungs­länder stärken.13

einen mittelfristigen Prozess zur Anpassung anstoßen. Ziele der Strategie sind:

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert

l Gefahren und Risiken benennen und vermitteln

Forschung zur Anpassung an den Klimawandel. Bei dem Pro-

l Bewusstsein schaffen und Akteure sensibilisieren

gramm klimazwei geht es beispielsweise um die Entwicklung

l Entscheidungsgrundlagen für die betroffenen Akteure

praxisorientierter Handlungsstrategien in unterschiedlichen betroffenen Bereichen, beispielsweise Land- und Forst-

bereitstellen l Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, Verantwortlichkeiten

wirtschaft, Wasserwirtschaft, Wirtschaft, Tourismus oder im

abstimmen beziehungsweise festlegen sowie Maßnah-

Bau- und Siedlungsbereich. Außerdem sollen Frühwarnsys-

men formulieren und umsetzen

teme entwickelt und regionale Netzwerke aufgebaut werden. Das Projekt KLIMZUG soll sieben Modellregionen dazu be-

Die Strategie behandelt die Bereiche Landwirtschaft, Forst-

fähigen, den Klimawandel zukunftsfähig zu gestalten. Ziele

wirtschaft, Fischerei, biologische Vielfalt, Bauwesen, Gesund-

sind die Integration der zu erwartenden Klimaänderungen in

heit, Verkehr und Verkehrsinfrastruktur, Wasserhaushalt/

die regionalen Planungsprozesse sowie die Entwicklung und

Wasserwirtschaft/Meeresschutz, Boden, Tourismus, Indus­

Nutzung neuer Technologien zur Anpassung. Im Rahmen

trie und Gewerbe, Energiewirtschaft sowie Finanzwirtschaft.

des Projekts Glowa (Globaler Wandel des Wasserkreislaufes)

Als Querschnittsthemen sind die Handlungsbereiche der

werden Entscheidungsgrundlagen für ein nachhaltiges Was-

Raumplanung und Regionalentwicklung sowie des Bevölke­

sermanagement angesichts des Klimawandels erarbeitet.

rungsschutzes und der Katastrophenhilfe benannt.

Die Bundesländer Als wesentliche nächste Schritte sollen nun die Wissensbasis

Auch die Bundesländer beginnen, sich auf die Folgen des

weiter verbessert, ein breiter Dialog- und Kommunikations­

Klimawandels vorzubereiten. Es gibt zahlreiche Studien und

prozess angestoßen und ein konkreter Aktionsplan erarbeitet

Analysen zu den Auswirkungen in den jeweiligen Bundes-

werden. Dieser soll bis März 2011 dem Bundestag sowie Bun­-

ländern sowie erste Anpassungspläne für die unterschiedli-

desrat vorgelegt werden. Er wird konkrete Maßnahmen des

chen betroffenen Sektoren. So wurde für Bayern im Rah-

Bundes und anderer Akteure benennen sowie Aussagen zur

men des Klimaprogramms Bayern 2020 eine Studie zum

Finanzie­rung und Erfolgskontrolle vorlegen. Die Erarbeitung

Thema Klimawandel in Bayern erstellt, die Auswirkungen auf

des Aktionsplans erfolgt durch eine interministerielle Arbeits­

das Bundesland analysiert und für verschiedene Bereiche

gruppe, in der alle Bundesressorts vertreten sind, sowie in

Anpassungsstrategien vorschlägt. Außerdem wurde ein

Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Bundesländern.

neuer Forschungsverbund aufgelegt (BayFORKAST), der die

Der Dialog- und Beteiligungsprozess flankiert die Arbeiten am

Wirkungen des Klimawandels auf die Ökosysteme analysiert

Aktionsplan.

und Anpassungsstrategien entwickelt. Geografischer Schwer­-

12

| 27


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

punkt sind der Alpenraum, die Täler großer Flüsse und die

praxisorientiertem Informationsaustausch und der Beratung

nordostbayerischen Mittelgebirge. Die nordrhein-westfäli-

von Entscheidungsträgern. Außerdem wurde im Juli 2009

sche Landesregierung hat eine eigene Anpassungsstrategie

durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung

entwickelt, die im April 2009 vorgestellt wurde. Schwer-

das Climate Service Center (CSC) eingerichtet, um die Lücke

punkte sind Hochwasserschutz, Biodiversität sowie Land- und

zwischen Grundlagenforschung und praxisorientierten Infor-

14

15

Forstwirtschaft. Ein wichtiges Thema im dicht besiedelten

mationen zu überbrücken. Durch die Bündelung und bedarfs­

Nordrhein-Westfalen sind auch die steigenden Temperaturen

orientierte Aufbereitung von Informationen soll erreicht

und der Wärmeinseleffekt, der besonders die Städte vor neue

werden, dass Klimadaten in den Planungsprozessen von Poli-

Herausforderungen stellen wird. Das Umweltministerium

tik und Wirtschaft stärker berücksichtigt werden.

16

plant daher die Entwicklung eines „Hand­buchs Stadtklima“ mit konkreten Anpassungsmaßnahmen, die in den Modell-

Weiterer Forschungsbedarf besteht vor allem hinsichtlich der

städten Bottrop und Dortmund exemplarisch umgesetzt

regionalen Auswirkungen des Klimawandels. In Deutschland

werden sollen.17 Außerdem hat die Landesregierung einen

haben verschiedene Forschungsgruppen regionale Klima­

Wettbewerb für Kommunen initiiert (Aktion Klima Plus –

modelle entwickelt (REMO, WETTREG, CLM und STAR 2.0).

NRW-Klimakommune der Zukunft), der unter anderem zum

Diese Modelle bieten Projektionen der künftigen klima-

Ziel hat, Anpassungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene

tischen Entwicklung verschiedener Regionen bis in das Jahr

voranzubringen.18 Auch der 2007 von der hessischen Landes-

2100.20 In verschiedenen landesweiten Projekten werden

regierung verabschiedete Aktionsplan Klimaschutz umfasst

diese Regionalmodelle angewendet, weiterentwickelt und

Anpassungsmaßnahmen. In Sachsen wurde im Juni 2008

beispielsweise mit Modellen gekoppelt, die die Auswirkungen

der Aktionsplan Klima und Energie vorgelegt, der in allen

des Klimawandels auf Landnutzung, Vegetationszusammen­

relevanten Handlungsfeldern Anpassungsmaßnahmen und

setzung oder den regionalen Wasserhaushalt abbilden sollen.

handelnde Akteure definiert. In Sachsen-Anhalt wurde im

Andere Modelle gehen in der Szenarienentwicklung weiter

Juni 2007 eine ressort- und fachübergreifende Arbeitsgruppe

und schließen Nutzerverhalten in die Modellierung ein (wie

eingerichtet, die Vorhaben beziehungsweise Vorhabensideen

im Rahmen des Projekts GLOWA-Danube). Es muss jedoch

zur Anpassung an den Klimawandel koordiniert. In Branden-

angemerkt werden, dass sowohl bei der Entwicklung gekop-

burg stehen die Auswirkungen auf die Landwirtschaft im

pelter Modelle als auch bei der Regionalisierung der Klima­

Mittelpunkt, hier wird vor allem wegen der Zunahme von

modelle noch großer Forschungsbedarf besteht (insbeson-

Extremwetterlagen mit Problemen gerechnet. Länderüber-

dere regionalisierte Aussagen zum Niederschlagsgeschehen

greifend bereiten sich die Küstenländer vor allem im Rah-

sind noch mit großen Unsicherheiten behaftet).

19

men des Integrierten Küstenzonenmanagements auf die Folgen des Klimawandels vor. Beteiligt sind Schleswig-Holstein,

Kommunikation und Aufklärung

Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Bayern, Ba­

Im Zuge der nationalen Strategieentwicklung finden bereits

den-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben ein Programm

zahlreiche Informationsveranstaltungen und Workshops zur

zum Wassermanagement (KLIWA) initiiert.

Vernetzung von Wissenschaft und Entscheidungsträgern statt. Geplant ist eine Erweiterung dieses Dialogs durch

Informationsstand

elektronische Diskussionsforen, sektorspezifische und quer­

Um die Entwicklung und Umsetzung der nationalen Anpas-

schnittsorientierte Dialoge sowie durch die Initiierung stra­

sungsstrategie wissenschaftlich zu begleiten und praxisori-

tegischer Allianzen. Neben dem federführenden Bundes­

entierte Informationen bereitzustellen, wurde 2006 beim

umweltministerium bieten auch die anderen Ressorts

Umweltbundesamt (UBA) das Kompetenzzentrum Klima-

Ver­anstaltungen und Fachgespräche in ihren Verantwor-

folgen und Anpassung (KomPass) eingerichtet. KomPass

tungsbereichen an.

berät das Bundesumweltministerium bei der Erarbeitung

28 |

der deutschen Anpassungsstrategie, stellt praxisorien­tierte

Zur Umsetzung der notwendigen Anpassung an den Klima­

Informationen bereit, vernetzt die relevanten Akteure und

wandel wird die Bundesregierung einen „Instrumentenkas-

dient als Geschäftsstelle für die Umsetzung der Anpas-

ten“ erarbeiten, den die unterschiedlichen Akteure nutzen

sungsstrategie. Der Schwerpunkt liegt, ähnlich wie beim

können, um die notwendigen Anpassungsmaßnahmen zu

britischen UK Climate Impacts Programme (UKCIP), auf

bewerten und zu planen.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

FINNLAND: Risiken und Chancen durch den Klimawandel Zusammenfassung Während der Klimawandel für viele Länder in erster Linie eine Bedrohung darstellt, ist in Finnland mit Veränderungen zu rechnen, die sowohl Risiken als auch Chancen mit sich bringen. Betroffene Wirtschaftssektoren sind beispielsweise Transport, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft sowie Ener­ gie. Finnland hat als eines der ersten Länder weltweit bereits 2005 eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet. Die Koordination übernahm das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft. Fünf weitere Ministerien sind im Rahmen einer Arbeitsgruppe in die Planung eingebunden. Da die kurzfristigen Auswirkungen des Klimawandels für Finnland kei­ ne Bedrohung darstellen, besteht derzeit allerdings noch in vergleichsweise wenigen Bereichen direkter Handlungsbedarf. Die Aktivitäten konzentrie­ ren sich daher bisher vor allem auf Forschung und Analyse und haben das Ziel, ein besseres Verständnis von Chancen und Risiken in den relevanten Sektoren zu erhalten. In einzelnen Bereichen, vor allem im Hochwasserschutz, wurden aber auch schon konkrete Maßnahmen umgesetzt.

Länderprofil

tet, auch aufgrund der Zunahme landwirtschaftlich nutzbarer

Der Klimawandel wird sich in Finnland aller Voraussicht nach

Gebiete. Es wird damit gerechnet, dass sich pro Temperaturan­

in einer Reduzierung der Schneedecke und der Frosteindring-

stieg von einem °C die landwirtschaftlich nutzbaren Zonen um

tiefe, in verstärkten Niederschlägen und einer allgemeinen

120 bis 150 Kilometer nach Norden ausdehnen.

Erhöhung der Temperaturen zeigen. Hinzu kommt die höhere Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen. Betroffene

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus sind

Sektoren sind beispielsweise Land- und Forstwirtschaft, Tou­

saisonal und regional unterschiedlich. Während der Winter-

rismus sowie Transport und Energie. In diesen Bereichen erge-

tourismus aufgrund reduzierter Schneedecken mit Problemen

ben sich durch den Klimawandel sowohl Chancen als auch

rechnen muss, könnten Regionen im Süden, an den Küsten und

Risiken.

Binnenseen dagegen von den wärmeren Temperaturen profitieren und auf Steigerungen im Sommertourismus hoffen.

Die Forstwirtschaft hat einen wichtigen Stellenwert in Finnland, da etwa drei Viertel der Landesfläche von Wäldern be-

Positiv ist im Bereich Energie der wahrscheinlich sinkende

deckt sind. Forstwirtschaft und holzverarbeitende Industrie

Energieverbrauch durch die abnehmende Heizleistung. Außer-

sind ein wichtiger Wirtschaftssektor. Der Klimawandel führt

dem steigt das Potenzial für die Wasserkraft voraussichtlich,

auf der einen Seite schon heute zu einer höheren Produktivität

da sich der Zufluss von Wasser wegen der geringeren Ver-

21

der Forstwirtschaft, denn die erhöhte CO2- Konzentration und

eisung im Winter wahrscheinlich verstetigen wird. Auch für die

die gestiegenen Jahresmitteltemperaturen stärken das Wald-

Erzeugung regenerativer Energien aus Biomasse wird ebenfalls

wachstum. Auf der anderen Seite stehen produktivitätsmin­

ein höheres Potenzial erwartet.

dernde Effekte wie die geringere Bodenstabilität (hervorge­ rufen durch verringerte Schneedecken und auftauende Böden)

Auch im Bereich Transport birgt der Klimawandel Chan-

sowie das verstärkte Auftreten von Waldschädlingen.

cen: Der Transport per Schiff ist vor allem für den finnischen Außenhandel von großer Bedeutung. Der Klimawandel wird

Auch die Landwirtschaft weist bereits heute eine höhere

hier durch eine abnehmende Vereisung voraussichtlich zu ei­

Produktivität auf. Für die Ernteertragspotenziale (insbesonde-

ner Steigerung der Kapazitäten der Häfen führen. Die zuneh­

re bei Weizen und Kartoffeln) wird ein weiterer Anstieg erwar-

mende Gefährdung von Transport- und Verkehrssystemen

| 29


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

durch Überschwemmungen gehört dagegen zu den Risiken

Kooperation mit internationalen Partnern.

für das Transportwesen. Auch die Gefährdung der baulichen

Die Anpassungsstrategie analysiert die zu erwartenden Aus-

Infrastruktur, etwa durch Unterspülungen infolge von starken

wirkungen des Klimawandels in Finnland und stellt notwen-

Regenfällen, muss in künftige Planungen einbezogen werden.

dige Anpassungsmaßnahmen in priorisierten Sektoren vor.

22

Die betroffenen Sektoren sind: natürliche Ressourcen (Land-

Strategie und Akteure

wirtschaft und Nahrungsmittelproduktion, Waldwirtschaft,

Finnland hat als eines der ersten Länder weltweit eine Stra­

Fischerei, Rentierzucht, Jagd, Wasserressourcen), Biodiver-

tegie zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt. Die

sität, Industrie, Energie, Transport und Kommunikation,

Notwendigkeit dafür wurde in Finnland schon 2001 thema-

Landnutzung, Bauen, Gesundheit, Tourismus und Erholung

tisiert. Die konkrete Arbeit an der Anpassungsstrategie be-

sowie Versicherungen.

gann Ende 2003, nachdem das Parlament die Erarbeitung einer solchen Strategie eingefordert hatte. Die Federführung

Koordiniert wird die nationale Anpassungsstrategie durch das

übernahm das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, es

Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, das in einer Task-

wurden aber alle betroffenen Ministerien mit einbezogen.

Force mit fünf weiteren Ministerien (Ministerium für Trans-

Die Erstellung erfolgte im Rahmen eines intensiven Diskus-

port und Kommunikation, Handel und Industrie, Soziales

sionsprozesses unter Beteiligung von Experten, Stakeholdern

und Gesundheit, Umwelt sowie dem Außenministerium) und

und Bürgern.

zwei Forschungsinstitutionen (Finnisches Meteorologisches Institut, FMI sowie Finnisches Umweltinstitut, FEI) kooperiert.

2005 wurde die Anpassungsstrategie verabschiedet. Zentrale

Zusätzlich ist eine Arbeitsgruppe innerhalb des Ministeriums

Elemente der Anpassungsstrategie wurden später in die Natio-

für Handel und Energie für die Koordination mit der natio­

nale Energie- und Klimastrategie übernommen, die Klimaschutz

nalen Energie- und Klimastrategie zuständig.

und Anpassung in einem integrierten Ansatz zusammenführt.

23

Die praktische Umsetzung der Strategie erfolgt sektoral. Ziel der finnischen Strategie ist es, die Fähigkeit der finni­

Einige Ministerien, wie das Umweltministerium, das Minis-

schen Gesellschaft, sich an den Klimawandel anzupassen, zu

terium für Land- und Forstwirtschaft oder das Ministerium

steigern. Anpassung bedeutet für Finnland sowohl eine Mini­

für Transport und Kommunikation, haben eigene Anpas-

mierung der negativen als auch eine bestmögliche Nutzung

sungsstudien und Sektorstrategien erarbeitet. Dazu gehören

der positiven Folgen. Die Strategie behandelt den Zeitraum bis

beispielsweise das nationale Waldprogramm oder auch Fall-

2080. Die konkrete Planung sieht Maßnahmen zur sofortigen

studien zur notwendigen Anpassung im Transportsektor. Auf

Umsetzung (2005 bis 2010), kurzfristige Maßnahmen (2010

der lokalen und regionalen Ebene werden teilweise bereits

bis 2030) sowie mittel- und langfristige Maßnahmen (2030 bis

konkrete Anpassungsprojekte umgesetzt, beispielsweise im

2080) vor. Alle sechs bis acht Jahre soll die Strategie überprüft

Hochwasserschutz.25

werden, um neue Erkenntnisse und präzisere Projektionen über die Folgen des Klimawandels für Finnland einzubeziehen.24

Informationsstand Die Entwicklung der finnischen Anpassungsstrategie erfolgte

Übergreifende Prioritäten für die Stärkung der Anpassungs-

in enger Abstimmung mit der Wissenschaft. Hervorzuheben

kapazitäten Finnlands sind:

ist in diesem Zusammenhang das Forschungsprojekt FIN-

l Generelle Berücksichtigung der Auswirkungen des Kli-

ADAPT. Ziel des Projekts war es, das Verständnis der Aus-

mawandels in der politischen Planung (Mainstreaming)

wirkungen des Klimawandels auf Finnland zu verbessern und

sowie ressortübergreifende Kooperation

so die finnische Anpassungsfähigkeit zu steigern. Es wurde

l Verbesserung der Vorbereitung auf Extremwetterereignisse l Verbesserung der Monitoringsysteme

parallel zur Erarbeitung der Strategie unter Federführung des FEI durchgeführt und lieferte wichtige Grundlagen für die Strategieentwicklung.

l Stärkung von Forschung und Entwicklung l Berücksichtigung der internationalen Dimension und der Entwicklungszusammenarbeit l Entwicklung von Beobachtungs- und Warnsystemen in

30 |

Ein wichtiger Bestandteil der finnischen Strategie ist der weitere Ausbau der Forschung und Entwicklung im Bereich Klimaanpassung. Dies umfasst sowohl sektorübergreifende


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

als auch sektorspezifische Studien. 2006 wurde ein FünfJahres-Forschungsprogramm zum Thema Anpassung aufgesetzt (Finnish Climate Change Adaptation Research Programme, ISTO), koordiniert vom Ministerium für Land- und Forstwirtschaft. Ziele des Programms sind vor allem praxisrelevante Erkenntnisse zu konkreten Anpassungsmaßnahmen sowie die bessere Zusammenarbeit der relevanten Akteure.

Kommunikation und Aufklärung Die finnische Anpassungsstrategie betont die Bedeutung der Kommunikation für die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit. So wurde die Strategie beispielsweise im Rahmen eines öffentlichen Seminars vorgestellt. Wichtige Zielgruppen sind lokale Regierungen und Unternehmen. Die Forschungsprojekte zur Anpassung an den Klimawandel werden ebenfalls von Veranstaltungen für die betroffenen Stakeholder begleitet, und es gibt auch spezielle Angebote für Journalisten. Öffentliche Aufmerksamkeit erhielt das Thema Klimawandel und dessen Folgen für Finnland vor allem durch Extrem­ wetterereignisse wie den Wintersturm von 2005. Anlässlich des Sturms wurden die möglichen Folgen des Klimawandels im eigenen Land in den finnischen Medien und in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert.26

| 31


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Frankreich: Hitzewellen, Unwetter und Überschwemmungen Zusammenfassung Mit der Zunahme und Intensivierung extremer Wetterereignisse hat das Thema Anpassung an den Klimawandel in Frankreich in den vergangenen Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Besonders die negativen Folgen der Hitzewelle 2003 und der lang anhaltenden Dürreperioden im Süden des Landes haben zu der Einsicht geführt, dass sich Frankreich stärker auf den Klimawandel vorbereiten muss. Ende 2006 wurde in Frankreich eine nationale Anpassungsstrategie verabschiedet. Derzeit wird darüber hinaus die Erarbeitung eines detaillierten Plans zur Vorbereitung auf die Folgen des Klimawan­ dels diskutiert. Die Federführung für die Strategie liegt bei der Forschungs­ einrichtung ONERC. Schwerpunkte der nationalen Anpassungsstrategie sind Risikoabschätzung und Analyse der möglichen Folgen des Klimawandels. Es gibt zahlreiche Forschungsprogramme und -projekte, die die Grundlage für die weitere strategische Planung liefern sollen. In Frankreich werden dabei besonders auch wirtschaftliche und soziale Aspekte berücksichtigt. Konkrete Maßnahmen werden dagegen bisher nur vereinzelt umgesetzt, beispielsweise in Paris zur besseren Vorbereitung auf Hitzewellen.

Länderprofil

Veränderung des Erntekalenders ist beim Weinanbau bereits

Befunde französischer Klimastudien belegen, dass die in

heute zu verzeichnen. Die Ernte hat sich innerhalb der letzten

Frankreich seit 1950 verzeichnete Erwärmung den Anstieg

fünfzig Jahre um drei Wochen nach vorne verschoben. Auch

der globalen mittleren Temperatur noch übertrifft.27 Das

für die Forstwirtschaft wird die Verfügbarkeit von Wasser

Observatoire National sur les Effets du Réchauffement Cli-

voraussichtlich problematisch werden, weitere Risiken sind

matique (ONERC) erwartet, dass eine Erhöhung der globalen

Extremwetterereignisse und Waldbrände.29

mittleren Temperatur um 2 °C voraussichtlich einen Anstieg um 3 °C in Frankreich bewirken würde. Außerdem werden

Durch geringe Sommerniederschläge und höhere Verdunstung

Extremwetterereignisse, wie Unwetter und Hitzewellen,

wird es voraussichtlich im Wassersektor zu Versorgungspro­

häufiger als bisher vorkommen und starke Schäden für Be­

blemen kommen. Gleichzeitig wird sich die Wasserwirtschaft

völkerung und Infrastrukturen verursachen. Während un-

voraussichtlich auch auf häufigere Extremniederschläge ein-

ter anderem die im Norden gelegenen Gebiete von Stürmen

stellen müssen. Es ist mit einer früheren Schneeschmelze

und Hochwassern betroffen sein werden, wird es im Süden

und einer Verschiebung des maximalen Wasserabflusses vom

voraussichtlich auch vermehrt zu Wasserknappheit kommen.

Frühling in den Winter zu rechnen. Ein zusätzliches Problem

Die Klimaveränderungen in den französischen Pyrenäen

ist die Wasserqualität, die durch die Erwärmung und den

werden beispielsweise stärker als in der Alpenregion den

Anstieg des Meeresspiegels (Versalzung) gemindert wird.

28

Wasserhaushalt beeinflussen, mit entsprechenden Konse-

32 |

quenzen für die Wasserversorgung und den Wintertourismus.

Auch die Energiewirtschaft sieht sich durch die Auswir­

Während erhöhte Temperaturen in der Landwirtschaft teil-

kungen des Klimawandels vor Herausforderungen. Zum ei­

weise zu Produktivitätssteigerungen um 10 bis 30 Prozent

nen wird die Versorgung mit Wasser zur Kühlung von Kraft-

führen könnten (beispielsweise für Weizen- und Maisanbau),

werken in Zukunft weniger sicher sein. Besonders in heißen

wird die geringe Verfügbarkeit von Wasser vor allem in den

und trockenen Sommern können dadurch die Kapazitäten

südlichen Regionen Probleme hervorrufen. Auch Stürme

nicht voll genutzt werden. Durch Wasserniedrigstände wird

und Hagelschlag sind Risiken für die Landwirtschaft. Eine

zudem die Stromerzeugung in Wasserkraftwerken voraus­


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

sichtlich be­einträchtigt werden. Gleichzeitig würde es bei ei-

3. Kostenminimierung

nem Temperaturanstieg zu einer Erhöhung der Energienach-

4. Schutz der biologischen Vielfalt

frage im Sommer kommen, da Unternehmen und Haushalte zunehmend Kühltechnik verwenden werden.31 Das häufigere

Die Betonung des Gerechtigkeitsaspekts verdeutlicht, dass

Auftreten von Unwettern kann zudem die Energie-Infrastruk-

Frankreich bemüht ist, auch die sozialen Aspekte der Anpas-

tur (wie beispielsweise Stromleitungen) beschädigen.

sung zu berücksichtigen. Bei der Erarbeitung der Strategie wurde besonders auf Interdisziplinarität geachtet. Experten

Im Gegensatz zum Sommertourismus, der sich voraussicht­

aus Ministerien, Forschungszentren, Vereinen und Unter­

lich zeitlich weiter ausdehnen wird, muss beim Wintertou­

nehmen waren an der Ausarbeitung beteiligt.35

rismus mit Einbußen gerechnet werden. Dies betrifft vor allem die Regionen Savoie, Hautes Alpes und Alpes de Haute

Die Koordination von Klimaschutz und Anpassung an den

Provence, wo die Anzahl von Skigebieten bei einem Tempera­

Klimawandel wird innerhalb des Umwelt- und Nachhaltig-

turanstieg um 2 °C um 20 Prozent sinken würde.31

keitsministeriums (MEDD Ministère de l’Ecologie et du Développement Durable) getrennt geregelt. Im Bereich der Anpas-

Der Klimawandel wird auch die heimischen Pflanzen- und

sung ist ONERC federführend und damit beauftragt, einen

Tierarten verändern. Es wird vermutet, dass in Kontinental­

strategischen Rahmen und Empfehlungen für mögliche An-

frankreich 19 Prozent der Wirbeltiere aufgrund des Klimawan­

passungsmaßnahmen zu entwerfen. Die 2001 vom Parla-

dels aussterben könnten.

ment ins Leben gerufene Institution wird von einer Gruppe

32

aus 26 politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern Die mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen

und Vertretern der französischen Gebietskörperschaften, der

für das französische Gesundheits- und Sozialsystem sind

sogenannten collectivités territoriales, geleitet.

eindringlich durch die Krisensituation während der extremen Wärmebelastung 2003 veranschaulicht worden.33 Aufgrund

Wichtige Akteure sind außerdem die französische Umwelt-

lang anhaltender hoher Temperaturen waren rund 14.800

und Energiebehörde ADEME (Agence de l’Environnement

zu­sätzliche Sterbefälle zu beklagen. Betroffen waren zumeist

et de la Maitrise de l’Energie) und die Ministerien für Tou­

ältere, sozial isolierte oder geschwächte Personen in städtisch-

rismus, Landwirtschaft und Gesundheit. So entwickelt das

en Gebieten, in denen sich Wärmeinseln bildeten und nächt­

Landwirtschaftsministerium eine sektorspezifische Anpas-

liche Abkühlung ausblieb. Studien deuten darauf hin, dass

sungsstrategie. Das Gesundheitsministerium hat 2008 eine

Hitzewellen ab 2050 zum Normalzustand werden könnten.34

nationale Strategie zum Umgang mit Hitzewellen entwickelt (Le Plan Nationale Canicule).

Strategie und Akteure Die katastrophalen Folgen der Hitzewelle 2003 haben den

Regionale und lokale Ebene

Druck auf die französische Regierung erhöht, das Land auf

Auch die Regionen und Kommunen beginnen, sich mit Anpas-

die zukünftigen Folgen des Klimawandels vorzubereiten und

sungsmöglichkeiten und Risikomanagement zu beschäfti­gen.

eine Anpassungsstrategie zu entwickeln. Im November 2006

Beispiele sind die Regionen Aquitaine, Loire und Rhône-Alpes

wurde die Stratégie Nationale d’Adaptation au Changement

sowie die Städte Paris, Lyon und Nantes. Je nachdem, welche

Climatique (SNACC) vorgelegt. Ziel der SNACC ist es, die Fol-

Sektoren besonders betroffen sind, beschäftigen sich die

gen des Klimawandels im Sinne des Vorsorgeprinzips (prin-

Städte und Regionen mit Themen wie Wassermangel, Isolie­

cipe de précaution) in der strategischen Planung zu berück­

rung von Gebäuden oder Wiederaufforstung.

sichtigen. Ein konkreter Plan mit Handlungsempfehlungen soll bis 2010/2011 entwickelt werden.

Informationsstand, Kommunikation und Aufklärung ONERC ist damit beauftragt, Informationen zu den Klimafol-

Die Anpassungsstrategie identifiziert vier Haupthandlungs-

gen in Frankreich zu sammeln und an relevante Stakeholder

felder:

sowie die Öffentlichkeit zu vermitteln. Der 2006 veröffent­-

1. Sicherheit und öffentliche Gesundheit

lichte Bericht Réchauffement climatique: Quelles conséquen­

2. Vermeidung von sozialen und wirtschaftlichen Ungerech­

ces pour la France?36 lieferte eine wichtige Grundlage für die

tigkeiten

Entwicklung der nationalen Anpassungsstrategie. Mittels

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Konferenzen, Publikationen und Wanderausstellungen trägt ONERC zum Informationsaustausch und zur Sensibilisie­ rung der Bevölkerung bei. Das Institut berät außerdem Kommunen bei der Anpassung an den Klimawandel, so beispielsweise in Le Ferré und Romagné. Informationsbroschüren wie der 2004 erschienene Collecti­ vités locales & changements climatiques: Êtes-vous prêt?37 klären Bürger und Gemeinden vor allem über die vermuteten Konsequenzen und einige mögliche Anpassungsmaßnahmen auf. Wichtige Forschungs- und Informationseinrichtungen sind der französische Wetterdienst Météo-France sowie das Institut du Développement Durable et des Relations Internatio­ nales (IDDRI), das Institut français de la biodiversité (IFB) und das Institut français de l’environnement (Ifen). Ifen veranstal­ tete beispielsweise 2008 ein Kolloquium zur Anpassung der Landwirtschaft und Ökosysteme an den Klimawandel. Das Forschungszentrum Mission Climat der französischen staat­ lichen Bank Caisse des Dépôts hat 2008 ein internationales Forschungsprogramm zum Thema Anpassung und Infrastrukturen gestartet.

34 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

GroSSbritannien: institutionelle Verankerung und „Mainstreaming“ Zusammenfassung Großbritannien ist weltweit ein Vorreiter bei der Anpassung an den Klima­ wandel. Das Land verfolgt einen koordinierten Ansatz, der die zentralen Akteure – vom Umwelt- bis hin zum Verteidigungsministerium – einbindet­ und fast alle Politikbereiche einbezieht. Die Anpassungsstrategie konzentriert sich darauf, den Umgang mit den Folgen des Klimawandels in den politischen Prozess insgesamt einzubinden, zum Beispiel durch die Berücksichtigung bei Investitionen oder die Integration in die Bewertung der Arbeit von Kommunen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die britische Anpassungspolitik ist die frühe Einrichtung einer Informations- und Koordinationsstelle, die zwischen Wissenschaft und Praxis vermittelt. So werden den Kommunen und Unternehmen beispielsweise Analyse- und Bewertungsinstrumente zur Verfügung gestellt, die ihnen bei der Abschätzung von Klimarisiken und der Planung von Anpassungsmaßnahmen helfen. Auch in der Kommunikation der notwendigen Anpassung an den Klima­ wandel ist Großbritannien aktiver als viele andere Länder. Folgen des Klimawandels in Großbritannien sind beispielsweise Überflutungen und Erosionen an den Küsten und in den Flussgebieten.

Länderprofil

Sturmfluten gerechnet werden – mit entsprechenden Risiken

Dass der Klimawandel als globales Phänomen auch Groß-

für die küstennahe Infrastruktur und Wirtschaft.

britannien beeinflusst, zeigt sich an der zunehmenden Häufigkeit und Intensivierung von extremen Wetterereignissen.

Der Klimawandel verstärkt auch die Küstenerosion, die

Beispiele sind die Hitzewelle von 2003, die Dürreperiode 2004

schon heute ein Problem in Großbritannien darstellt. Sie

bis 2006 sowie die Überschwemmungen im Sommer 2007.

be­droht beispielsweise die international bekannten Krei­

So könnte die Jahresdurchschnittstemperatur in Großbritan­

de­felsen von Dover. Besonders heikel ist der Umgang mit

nien bis 2080 um bis zu 5 °C steigen.38 Dies würde in der Fol­

entgegengesetzten Interessen, wenn von Erosion bedrohte

ge vermehrt zu gesundheitsgefährdenden Hitzephasen im

Küstengebiete wirtschaftlich ausgebaut und durch Wohnan-

Sommer, erhöhten Niederschlagsmengen im Winter und zu

lagen neu belebt werden sollen.

verstärkter Erosion führen. Das Risiko von Hochwassern könnte sich bis 2080 verfünffachen. Außerdem werden mehr Men-

Saisonale Wasserknappheit stellt für Regionen wie Wales,

schen von Wasserknappheit betroffen sein. Bereits jetzt ver-

Südengland und die Midlands eine zunehmende Gefährdung

fügen einige Haushalte in Südengland pro Kopf über weniger

dar. In Wales wird davon ausgegangen, dass im Verlauf der

Wasser als die Einwohner der meisten Mittelmeerländer.

nächsten 25 Jahre beinahe die Hälfte der Wasserversorgungs­

39

zentren in trockenen Sommern mit Wassermangel konfronDas steigende Risiko von Überflutung ist besonders für die im

tiert sein wird. Gleichzeitig erhöht sich durch die steigenden

Osten und Süden gelegenen Regionen eine Herausforde­rung.

Temperaturen aber der Wasserbedarf für Bewässerungs- und

Der Anstieg des Meeresspiegels gefährdet beispielsweise in

Kühlanlagen.41 Für die Energieversorgungsunternehmen er­

Yorkshire und Humber niedrig gelegene Küstenabschnitte

geben sich Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit von Kühl­

und die Mündungsbereiche der Flüsse. So waren die Städte

wasser für Kraftwerke. In Flüssen und Seen wird durch die

York und Sheffield von den Überflutungen 2007 stark betrof-

geringen Niederschläge außerdem die Konzentration von

fen. In anderen Teilen Großbritanniens, wie Nordirland und

Schadstoffen zunehmen.

40

Südwestengland, muss mit einer erhöhten Bedrohung durch

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Durch die Erwärmung kommt es auch zur Verschiebung von

Darauf aufbauend koordiniert das Umweltministerium im

Vegetationszonen. Der Klimawandel gefährdet dadurch die

Rahmen des Programms Adapting to Climate Change (ACC)

einheimische Biodiversität. Für die Landwirtschaft könnten

die konkreten Aufklärungs- und Umsetzungsmaßnahmen.

sich dagegen positive Effekte ergeben. Durch die milderen

Die erste Phase läuft von 2008 bis 2011, ab 2012 startet dann

Winter könnten in einigen Agrarregionen neue Kulturpflan-

die zweite Phase, in der die Vorgaben des gerade verabschie-

zen angebaut werden. Allerdings steigt mit den Tempera-

deten Gesetzes zum Klimawandel umgesetzt werden sollen

turen auch das Risiko durch Schädlinge.

(siehe Abschnitt Climate Change Bill).43 Eingebunden sind alle relevanten Regierungseinrichtungen, vom Kabinettsbüro

Das vermehrte Auftreten von extremen Wetterereignissen

über das Ministerium für Kinder, Schule und Familie bis hin

erhöht außerdem das Risiko, dass im Binnenland Flüsse über

zum Verteidigungsministerium. Anpassung wird dabei als

die Ufer treten. Der stärkere Wechsel von Trocken- und Re-

Querschnittsthema behandelt, das in der politischen Pla-

genphasen kann auch zu einem verstärkten Auftreten von

nung insgesamt berücksichtigt werden muss.

Bodensenkungen führen, mit Schäden für Bebauung und Infrastruktur.

Zentrale Vorhaben sind: l Politische Planung: Es wird geprüft, inwieweit die Re-

Für die britische Wirtschaft ergeben sich durch den Kli-

geln für Folgeabschätzungen (von Gesetzen und Regulie­

mawandel neue Chancen, aber auch Bedrohungen. Während

rungen) angepasst werden müssen, um die Auswirkungen

durch die Anpassung an Extremwetterereignisse und den

des Klimawandels in der politischen Planung angemes-

Schutz der Ökosysteme hohe Kosten entstehen, kann vor

sen zu berücksichtigen. Anpassung soll außerdem sys-

allem der Tourismus profitieren. Mildere Winter und ausge-

tematisch in bereits existierende politische Strategien

dehnte trockenere Sommer könnten mehr Touristen anzie-

integriert werden. Hohe Priorität hat beispielsweise die

hen. Für die britische Wirtschaft und vor allem für den Stand­ ort London sind auch die Auswirkungen des Klimawandels auf den Versicherungs- und Finanzsektor wichtig.

Verknüpfung mit der Biodiversitätsstrategie. l Ausgaben und Investitionen: Auch in der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Ausgaben und Investitionen soll der Klimawandel berücksichtigt werden. Eine Arbeitsgruppe

Strategie und Akteure

untersucht derzeit, ob Leitlinien zur Berücksichtigung

Großbritannien ist weltweit ein Vorreiter bei der Anpassung

der Folgen des Klimawandels in das Green Book, eine

an den Klimawandel, da das Land über einen umfassenden

zentrale Ausgabenleitlinie, aufgenommen werden sollen.

Ansatz zum Umgang mit dem Klimawandel verfügt, der zahl-

l Beschaffungswesen und Liegenschaften: Die Folgen

reiche Ministerien und Akteure auf nationaler, regionaler und

des Klimawandels sollen auch beim öffentlichen Einkauf

lokaler Ebene sowie aus verschiedenen Sektoren einbezieht.

sowie bei der Nutzung öffentlicher Liegenschaften

Großbritannien hat sich früher als viele andere Länder mit

berücksichtigt werden.

den Folgen des Klimawandels auseinandergesetzt. Bereits

l Erfolgsmessung: Bis Ende 2009 soll ein Indikatoren-Set

2000 wurde die Notwendigkeit der Anpassung erkannt und

entwickelt werden, um den Fortschritt in der Anpassung

im UK Climate Change Programme verankert.

zu messen. Bewertet werden sollen die Anpassungsfähigkeit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Bewusst-

Ein wichtiger Schritt zur Erarbeitung der britischen Anpassungspolitik war das Adaptation Policy Framework (APF), das

l Verbindung zum Thema Nachhaltigkeit: Anpassung

2005 unter Federführung des Department for Environment,

wird in Großbritannien im Kontext der bisherigen Arbeit

Food and Rural Affairs (Defra) initiiert und unter Beteiligung

zur nachhaltigen Entwicklung gesehen. Alle britischen

der relevanten Stakeholder ausgearbeitet wurde. Das APF

Ministerien und ihre nachgeordneten Behörden sind

erarbeitete strategische Leitlinien für die Anpassung an den

verpflichtet, einen Sustainable Development Action Plan

Klimawandel.42 Als Handlungsschwerpunkte wurden das

zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Über ihren

Management von Wasserressourcen, Überflutungsschutz,

Fortschritt berichten sie der Sustainable Development

Schutz von Gebäuden und Infrastruktur, Tier- und Pflanzen-

Commission. Die Anpassung an den Klimawandel soll in

welt, Land- und Forstwirtschaft sowie koordinierte Planungs­

diesen Prozess integriert werden.

ansätze herausgearbeitet.

36 |

seinsbildung sowie konkrete Politikergebnisse.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Ende November 2008 wurde in Großbritannien ein neues

die Verteidigungspolitik beschrieben und Anpassungs­

Klimagesetz (Climate Change Bill) verabschiedet, das ne-

optionen aufgezeigt. Ziel ist es, Verteidigungsplanung,

ben wichtigen neuen Vorgaben zum Klimaschutz auch für

Kapazitäten, Ausrüstung und Instrumentarien auf die zu

die Anpassung an den Klimawandel eine neue rechtliche

erwartenden Klimafolgen abzustimmen.

Grundlage schafft. Das Gesetz sieht vor, dass die britische

l Zusammen mit Vertretern der Bahnindustrie hat das

Regierung alle fünf Jahre eine landesweite Risikobewertung

Verkehrsministerium ein Forum etabliert, um die Heraus-

durchführen muss. Außerdem muss sie ein nationales Anpas-

forderungen des Klimawandels für den Betrieb sowie für

sungsprogramm zum Umgang mit den dringendsten Anpas-

gefährdete Teile des Schienennetzes zu identifizieren.

sungsmaßnahmen entwickeln und ebenfalls alle fünf Jahre

l Das Gesundheitsministerium hat angesichts der zuneh­

überprüfen.44 Das Gesetz verleiht der Regierung außerdem

menden saisonalen Wärmebelastung einen Hitzewellen-

das Mandat, von öffentlichen Einrichtungen sowie von Was-

plan entwickelt, um in Zukunft die Zahl der Hitzetoten zu

ser- und Energieversorgern einen Bericht einzufordern, wie

reduzieren.

diese die Risiken des Klimawandels für ihre Arbeit bewerten und welche Maßnahmen sie ergreifen. Die Regierung wird

Schottland, Wales und Nordirland

hierzu eine Strategie veröffentlichen, die auch klärt, welche

Schottland, Wales und Nordirland sind selbst für ihre Anpas-

Organisationen und Einrichtungen hauptsächlich betroffen

sungspolitik verantwortlich und derzeit damit beschäftigt, ei-

sein werden. Das Klimagesetz führt außerdem ein unabhän-

gene Pläne und Strategien zu entwickeln.45 Um dennoch eine

giges Climate Change Committee (CCC) ein. Ziel dieses Komi-

landesweite Kohärenz der Anpassungsbemühungen zu er-

tees ist es, die Regierung bei ihrer Arbeit zum Klimawandel

reichen, wurde die Arbeitsgruppe Adapting to Climate Change

zu beraten und zu kontrollieren. Innerhalb des CCC wird sich

UK eingerichtet. Besonders für Grenzregionen werden die

eine eigene Gruppe mit dem Thema Anpassung befassen und

Anpassungsaktivitäten hier koordiniert.

die Umsetzung des nationalen Anpassungsprogramms beratend begleiten.

Die lokale Ebene Für die lokale Ebene hat die britische Regierung 2008 einen

Die relevanten Ministerien bewerten zurzeit die Auswir­

Leistungsindikator eingeführt, der die Anpassungsbemü­

ku­ngen des Klimawandels für ihre jeweiligen Bereiche oder

hungen der Städte und Gemeinden bewerten soll. Es gibt

führen teilweise auch schon Anpassungsmaßnahmen durch.

vier Leistungslevel, die von der Identifizierung der Prioritäten

Hier einige Beispiele:

bis zur Entwicklung und kontinuierlichen Aktualisierung eines Anpassungsaktionsplans reichen. Diese Bewertung soll

l Das Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche

sicher­stellen, dass sich die Kommunen ausreichend auf den

Angelegenheiten (Defra) entwickelt die Strategie Making

Klimawandel vorbereiten. In Zukunft werden alle Kommunen

Space for Water für das Management von Flutereignissen

verpflichtet, zum Fortschritt in diesem Bereich Bericht zu er-

und Küstenerosion.

statten.

l Das Ministerium für Wirtschaft, Unternehmen und Regulierung (BERR) hat im Juni 2008 in Kooperation mit an-

Zur Unterstützung der Städte und Kommunen bieten

deren Ministerien eine gemeinsame Strategie von Politik

zahlreiche Einrichtungen Informationen, Leitfäden und

und Wirtschaft für nachhaltiges Bauen entwickelt, die

Werkzeuge zur Anpassung an den Klimawandel. Beispiele

auch die Folgen des Klimawandels berücksichtigt.

hierzu sind die Nottingham Declaration Partnership oder die

l Das Finanzministerium soll zusammen mit anderen Minis­

Town and Country Planning Association. Die Nottingham Dec-

terien erarbeiten, wie die Investitionen im Bereich An-

laration Partnership ist ein Zusammenschluss von Städten

passung so kosteneffektiv wie möglich gestaltet werden

und Kommunen, die sich im Bereich Klimaschutz und Anpas-

können. Eine weitere Priorität hat die Zusammenarbeit

sung engagieren. Die Erklärung wurde bereits von mehr als

mit Versicherungen bezüglich der durch Wetterextreme

300 Lokalverwaltungen unterzeichnet, die sich damit ver­

verursachten Schäden.

pflichten, sich aktiv mit den Ursachen und Wirkungen des Kli-

l Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Ende 2008

mawandels zu beschäftigen. Um die Anpassungsmaßnahmen

eine aktualisierte Strategie zum Klimawandel. Darin

der Städte und Kommunen zu unterstützten, wurde 2006

wer­den mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf

das Nottingham Declaration Action Pack (NDAP) entwickelt.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Dieses Online-Tool soll die lokalen Behörden bei der Erstellung

In Großbritannien gibt es des Weiteren eine große Bandbreite

und Durchführung von Aktionsplänen im Bereich Klimaschutz

an Informations- und Kommunikationsmaßnahmen zu den

und Anpassung unterstützen.46 Die Town and Country Planning

Folgen des Klimawandels, besonders von UKCIP. Ein Beispiel

Association (TCPA) hat in Kooperation mit der Commission for

sind verschiedene fachspezifische Informationsbroschüren,

Architecture and the Built Environment ein Handbuch zur An-

die einen direkten Bezug zum praktischen Alltag der Bürger-

passung an den Klimawandel herausgegeben, das Entscheider

innen und Bürger herstellen, wie Your Home in a Changing Cli-

vor Ort unterstützt (Climate Change Adaptation by Design).

mate oder Climate Change and Gardening. Die Website your

Der Fokus liegt auf der baulichen Anpassung. Ziel des Hand­

climate your life bietet außerdem lebensnahe Informationen

buchs ist es, die Bedeutung von Anpassungsmaßnahmen zu

zu den zu erwartenden Klimaänderungen für Großbritan-

verdeutlichen und aufzuzeigen, wie solche Maßnahmen in die

nien, beispielsweise zum Umgang mit Hitzewellen. Auf der

Raumplanung einbezogen werden könnten.47

Website des Umweltministeriums (Defra)51 finden sich umfangreiche Informationen zu den Folgen des Klimawandels in

Informationsstand

verschiedenen Regionen Großbritanniens und zu den Anpas-

Ein zentraler Erfolgsfaktor des britischen Programms ist das

sungsmaßnahmen der Regierung.

1997 an der Universität Oxford eingerichtete UK Climate Impacts Programme (UKCIP). UKCIP arbeitet an der Schnitt-

Im Bildungsbereich wird das Thema Anpassung im Rahmen

stelle zwischen Wissenschaft und Praxis, bietet eine Reihe

der Nachhaltigkeitsstrategie kommuniziert. 2003 wurde

von Informations- und Beratungsangeboten und unterstützt

der Sustainable Development Action Plan for Education and

Stakeholder bei der Entwicklung ihrer jeweiligen Anpas-

Skills vorgelegt, in dem Anpassung an den Klimawandel ne-

sungsstrategien. Komplexe wissenschaftliche Informationen

ben weiteren Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen auch in

werden verständlich aufbereitet und den betroffenen Ent­

Schulen diskutiert wird.

scheidungsträgern zur Verfügung gestellt. UKCIP stellt auch praxisbezogene Werkzeuge zur Verfügung, wie beispielsweise

Die Risiken des Klimawandels in Großbritannien werden von

den Adaptation Wizard zur ersten Analyse der notwendigen

der Regierung offensiv kommuniziert. So veröffentlicht die

Anpassung an den Klimawandel, eine Datenbank mit An-

Umweltbehörde (EA) beispielsweise seit 2000 Risikokarten,

passungsfallstudien aus Großbritannien und ein Tool für

aus denen das Überflutungsrisiko bestimmter Gebiete er-

Unternehmen, das bei der Bewertung der Auswirkungen auf

sichtlich wird. Darin werden unter anderem die möglichen

bestimmte Sektoren oder Geschäftsbereiche hilft. UKCIP

Ausmaße einer Jahrhundertflut sowie die Wirkung von Hoch-

diente als Vorbild für ähnliche Institutionen in anderen eu-

wasserschutzanlagen dargestellt. Ziel des 30 Millionen Pfund

ropäischen Ländern.

teuren Projekts ist es, die Öffentlichkeit und lokale Entschei­

48

dungsträger über die Wahrscheinlichkeit von Überflutungen Das UKCIP koordiniert zudem die Forschung zum Klimawan­

und Anpassungsoptionen zu informieren. Die Veröffent­

del und veröffentlicht im Auftrag der Regierung Klimasze-

lichung der Risikokarten hatte direkte Auswirkungen auf die

narien. 2009 veröffentlichte UKCIP aktualisierte Klimapro-

Immobilienpreise und den Versicherungssektor.

jektionen, die auch detailliertere Informationen für die lokale Ebene enthalten.49 Als zusätzliches Angebot soll eine interaktive Benutzeroberfläche aufgebaut werden, auf der Entschei­ dungsträger und interessierte Bürger Klimaprojektionen für ihre jeweilige Gegend erhalten.

Kommunikation und Aufklärung Zur Aufmerksamkeit für die Folgen des Klimawandels hat in Großbritannien (und international) der viel diskutierte SternReport von 2006 maßgeblich beigetragen, der weltweit hohe Kosten durch den Klimawandel vorhersagt und zu weiteren Anstrengungen beim Klimaschutz, aber auch zu Anpassungsmaßnahmen aufruft.50

38 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Niederlande: Küstenschutz, Wassermanagement und Raumplanung Zusammenfassung Ein großer Teil der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel. Um Katastrophen wie die Sturmflut von 1953 zu vermeiden, wird der Hochwasserschutz daher seit Generationen als eine Frage der nationalen Sicherheit gesehen und mit entsprechender Priorität behandelt. Durch den Klimawan­ del wird die Gefahr von Überschwemmungen in Zukunft ansteigen. Die notwendige Anpassung an den Klimawandel ist daher schon seit Jahren auf der politischen Agenda, vor allem in den Bereichen Wassermanagement, Küstenschutz und Raumplanung. Angesichts des Anstiegs des Meeresspiegels findet seit einigen Jahren ein Umdenken im Hochwasserschutz statt: vom Kampf gegen das Wasser zum Leben mit dem Wasser. 2007 haben die Niederlande eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ver­ abschiedet. Außerdem wurde zum Thema Hochwasserschutz angesichts des Klimawandels die „Delta-Kommission“ eingesetzt, die Ende 2008 ihre Empfehlungen vorgestellt hat. Auch ein neues Gesetz zur Vorbereitung des Hoch­wasserschutzes auf den Klimawandel ist in Arbeit.

Länderprofil

Auch in den Städten kommt es aufgrund des ansteigenden

Geografisch kann man die Niederlande als ein stark ver-

Grundwasserspiegels zu bautechnischen Schwierigkeiten.

städtertes Flussdelta bezeichnen, große Teile des Landes liegen unterhalb des Meeresspiegels. Dementsprechend sind

Problematisch ist, dass der größte Teil der niederlän­­

die Niederlande mehr als andere europäische Staaten vor al-

dischen Bevölkerung, knapp elf Millionen Menschen, in von

lem durch den steigenden Meeresspiegel betroffen. Bereits

Überschwemmung gefährdeten Gebieten lebt. Die volks­

in den letzten einhundert Jahren ist der Meeresspiegel an der

wirtschaftliche Gefahr verdeutlicht sich auch beim Blick

niederländischen Küste um rund 20 cm gestiegen. Nach Be­

auf die Wirtschaftszentren des Landes: Der Flughafen

rechnungen des Royal Netherlands Meteorological Institute

Schiphol, der Hafen von Rotterdam, Amsterdam und Den

(KNMI) könnte dieser bis zum Jahr 2050 um weitere­ 35 cm

Haag liegen allesamt in den überflutungsgefährdeten Be-

ansteigen. Für das Jahr 2100 prognostizieren die Forscher

reichen. Insge­samt werden rund 65 Prozent der nieder-

einen Anstieg um bis zu 85 cm. Verschärfend kommt­ hinzu,

ländischen Wirtschafts­leistung im tief liegenden Landes-

dass zahlreiche europäische Flüsse, wie der Rhein und die

teil erwirtschaftet, teilweise mehrere Meter unterhalb des

Maas, an der niederländischen Küste in die Nordsee fließen.

Meeres­spiegels.53

52

Zunehmend extremer werdende Niederschlagsmengen las­sen die Flüsse ebenso anschwellen wie das durch mildere­

Eine weitere Gefährdung ergibt sich durch ansteigende Tem-

Temperaturen bedingte Abtauen der Gletscher. Daher dro­

peraturen und Trockenheit im Sommer. Extreme Hitze macht

hen den Niederlanden somit in den nächsten Jahrzehnten

älteren und geschwächten Menschen in Städten stark zu

mehr Überschwemmungen in Küstengebieten, den Einzugs-

schaffen und birgt durch lokale Hitzestauungen, sogenannte

gebieten der Flüsse (vor allem Rhein und Maas) und am

städtische Wärmeinseln, erhebliche Gesundheitsrisiken.

­Ijsselmeer. Die Landwirtschaft der Niederlande könnte dagegen vom Das Vordringen des Meerwassers ins Landesinnere resultiert

Klimawandel profitieren: Höhere Durchschnittstempera-

nicht nur in erhöhter Hochwassergefahr, sondern führt auch

turen bedeuten gleichzeitig längere Anbauzeiten und somit

zur Versalzung des Grundwassers. Nachhaltiges und effi-

höhere Erträge. Mildere Winter würden die Energiekosten für

zientes Wassermanagement gewinnt dadurch an Bedeutung.

die zahlreichen Treibhäuser reduzieren.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Mit Blick auf die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf

Der Zeithorizont des Programms sind die nächsten 100 Jahre.

den Energiesektor zeichnet sich ein differenziertes Bild ab.

2009 soll eine nationale Anpassungsagenda verabschiedet

Mit einem Rückgang beim Verbrauch von Erdgas und Heizöl

werden, in der konkrete Maßnahmen für die Umsetzungs­

durch wärmere Wintermonate ist ebenso zu rechnen wie

phase (2009 bis 2015) definiert werden.55 Bis 2015 soll die

mit einem erhöhten Stromverbrauch im Sommer, der sich

Anpassung an den Klimawandel als „Mainstream“ in allen

auf den vermehrten Einsatz von Klimaanlagen und anderen

relevanten Politikbereichen verankert sein.

Kühlaggregaten zurückführen lässt. Kritisch könnte sich die Klimaerwärmung auf die niederländischen Kraftwerke aus-

Das sektorübergreifende ARK-Programm dient auch der

wirken: Schon heute können mehrere Anlagen, beispielweise

besseren Koordination und Zusammenarbeit verschiedener

am Amsterdam-Rhein-Kanal und am Nordsee-Kanal, in sehr

Akteure bei der Anpassung an den Klimawandel. So sol-

warmen und trockenen Perioden nicht unter voller Last

len die relevanten nationalen Ministerien gemeinsam mit

laufen, da eine Überhitzung des Flusswassers droht. Dieses

Provinzen, Gemeinden, Universitäten und Wasserbehörden

Problem würde sich bei zunehmender Durchschnittstem­pe­

die Entwicklung eines „klimafesten“ Raumplanungsansatzes

ratur verschärfen.

voranbringen.­ Die Koordination des Programms liegt beim Ministerium für Wohnen, Raumplanung und Umwelt (VROM).

Als Chance für die Niederlande wird der technische Vorsprung

Weitere Ministerien und Institutionen sind über den Steue­

im Bereich Wassermanagement und Hochwasserschutz

rungskreis involviert:

wahrgenommen, der globale Exportmöglichkeiten eröffnet.

l Ministerium für Verkehr und Wasserwirtschaft

So haben die Niederlande durch den Aufbau modernster

l Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei

Deich- und Wassermanagementsysteme sowie innovative

l Wirtschaftsministerium

Ansätze in Architektur und Stadtplanung (wie beispielsweise

l Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittel-

„schwimmende“ Häuser) Expertise aufgebaut, die zuneh­ mend das Interesse anderer Länder weckt.

qualität l Verband niederländischer Gemeinden l Verband der Wasserverbände

Strategie und Akteure Anpassung an den Klimawandel wird in den Niederlanden als

Ein wichtiger Teil der Umsetzung der Strategie erfolgt auf re-

eine Frage der nationalen Sicherheit begriffen und mit ent-

gionaler beziehungsweise lokaler Ebene. Die Provinzen und

sprechender Priorität behandelt.

Gemeinden erarbeiten derzeit eigene Strategien und Pläne zum Umgang mit dem Klimawandel.

Die Strategieentwicklung begann bereits 2005 und wurde vom Ministerium für Wohnen, Raumplanung und Umwelt

Die sogenannten Routeplanner-Berichte liefern die Infor-

(VROM) initiiert. Ende 2007 wurde die Strategie zur Anpas-

mationsgrundlage für das Programm und fassen den aktu-

sung an den Klimawandel verabschiedet, die die Niederlande

ellen Forschungsstand zu den Folgen des Klimawandels in

„klimafest“ machen soll.

den Niederlanden zusammen. Im Rahmen dieser Berichte wurden potenzielle Klimaanpassungsoptionen nach fünf

Die politische Debatte wurde durch eine Konferenz mit dem

Kriterien bewertet: Wichtigkeit, Dringlichkeit, „No-Regret“

Ministerpräsidenten zum Thema Anpassung an den Kli-

(das heißt eine Maßnahme ist auch dann sinnvoll, wenn der

mawandel angestoßen. 2006 wurde eine erste Version der

Klimawandel anders als erwartet verläuft), sekundäre Effekte

Strategie mit den drei Regierungsebenen (national, regional,

sowie Synergien mit Klimaschutz. Die 46 Optionen mit der

lokal) entworfen und in über 50 Treffen mit den relevanten

höchsten Bewertung werden in dem Bericht dargestellt. 37

Stakeholdern diskutiert. Ende 2007 wurde das überarbeitete

Prozent dieser Optionen stammen aus dem Bereich Was-

National Programme Climate Adaptation and Spatial Planning

sermanagement, jeweils circa 15 Prozent aus den Bereichen

schließlich vom Kabinett verabschiedet (Adaptie Ruimte en

Natur, Landwirtschaft, Energie und Infrastruktur. Gesund-

Klimaat – ARK). Es behandelt die Sektoren Wasser, Transport,

heitsbezogene Projekte machen 2 Prozent aus.56 Dies ver­­deut­-

Naturschutz, Landwirtschaft, Energie, Gesundheit, Industrie

­licht, warum der Schwerpunkt der niederländischen Anpas-

und Freizeit.

sungspolitik beim Wassermanagement liegt.

54

40 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Umdenken im Hochwasserschutz Die Niederlande haben eine lange Tradition im Wasserma­ nagement, da Hochwasserschutz für das Land seit Generationen existenziell ist. Für den Ansatz im Hochwasserschutz in der Vergangenheit war die traumatische Flut in den Niederlanden von 1953 prägend: Damals überspülte das Wasser weite Teile des Landes; fast 2.000 Menschen kamen bei der Flutkatastrophe ums Leben. Daraufhin entwickelten die Niederlande ein weltweit einmaliges Deichsystem, und Hochwasserschutz wurde zu einer Frage der nationalen Sicherheit. Doch angesichts der Folgen des Klimawandels ist die Niederlande zu einem Umdenken gezwungen: In Zukunft kann es nicht mehr allein um das Ankämpfen gegen das Wasser gehen, sondern auch um das „Leben mit dem Wasser“. Statt sich ausschließlich auf den Ausbau des Deichsystems zu konzentrieren, setzen die Niederlande mittlerweile auf integrierte Raumplanung. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man das Wasser nicht mehr komplett beherrschen

Empfehlungen des Delta-Komitees Das Delta-Komitee hat insgesamt zwölf kurz- und langfristige Handlungsempfehlungen formuliert; dazu zählen unter anderem: l Der Standard zum Schutz vor Sturmfluten muss bei allen Deichen verzehnfacht werden; in bestimmten Gebieten müssen neue Konzepte entwickelt werden. l Entscheidungen, in überschwemmungsgefährdeten Gebieten zu bauen, sollten zukünftig auf Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse gefällt werden. Kosten für Schutzmaßnahmen sollten nicht von der Allgemeinheit, sondern von den Bauherren getragen werden. l Neubauten oder andere Maßnahmen, die in Landstrichen hinter den Deichen realisiert werden sollen, dürfen die Rückflusskapazität der Flüsse und Seen nicht beeinträchtigen.

können wird. Überschwemmungen werden in Zukunft nicht

Der niederländische Premierminister kündigte an, einen

mehr vollständig vermieden werden. Stattdessen geht es

neuen Delta Act vorzulegen, in dem die Empfehlungen des

darum, mit verschiedenen Wasserständen leben zu können,

Komitees aufgegriffen werden.

zum Beispiel durch die Ausweisung von Überflutungsflächen und den Einsatz überströmbarer Deiche. Dieses Umdenken

Informationsstand

wird beispielsweise im Maßnahmenpaket Room for the River

Ein wichtiges Kennzeichen der niederländischen Strategie ist

deutlich, das vor allem dem kurzfristigen Hochwasserschutz

die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik.

bis 2015 dient.

Das 2008 gestartete Programm Knowledge for Climate ent-

57

wickelt beispielsweise Vorschläge für AnpassungsmaßnahDer Paradigmenwechsel wird auch anhand des im Septem-

men. Es basiert auf einer Kooperation verschiedener Institute

ber 2008 veröffentlichten Berichts Working with Water des

und politischer Entscheidungsträger. Das Programm konzen-

Delta-Komitees deutlich. Das Delta-Komitee war einge­

triert sich auf bestimmte „Hotspots“, die besonders vom

richtet worden, um zu ermitteln, wie die Niederlande in den

Klimawandel betroffen sein werden, wie beispielsweise der

nächsten einhundert Jahren vor Überschwemmungen ge-

Flughafen Schiphol, die Region Rotterdam sowie Den Haag.

schützt werden können. Es hat zwölf kurz- und langfristige Handlungsempfehlungen formuliert, die neben der Stärkung

Im Kontext der Strategieentwicklung wurden zudem mehrere

vorhandener Deichsysteme und der Anwendung von Kosten-

Forschungsprogramme aufgesetzt, um die Grundlagen für

Nutzen-Analysen auch die Ausweisung von Überflutungs-

die Strategieentwicklung und Maßnahmenplanung bereit­

flächen beinhalten, auf die das Wasser umgeleitet werden

zustellen. Dazu gehören Programme wie Living with Water,

kann. In der Einleitung zu den Empfehlungen erwähnt das

Space for Climate and Climate for Space, Climate changes

Komitee explizit auch das erste Delta-Komitee, das nach

Spatial Planning sowie der Routeplanner. Im Rahmen der

der großen Überflutung von 1953 eingesetzt worden war,

Routeplanner-Berichte werden die wichtigsten Erkenntnisse

und betont so die Wichtigkeit der Folgen des Klimawandels

für die Planung der Anpassungsmaßnahmen gebündelt.

für den niederländischen Hochwasserschutz. Das Komitee schätzt, dass für die notwendigen Maßnahmen jährlich Mit-

Kommunikation und Aufklärung

tel von 1,2 bis 1,6 Milliarden Euro bis 2050 benötigt werden,

Die Debatte zum Thema Anpassung wurde in den Nieder-

ab 2050 dann 0,9 bis 1,5 Milliarden pro Jahr.58

landen zunächst durch hochrangig besetzte Kongresse angestoßen. Angesichts der weitreichenden Veränderungen, die den Alltag jedes Einzelnen betreffen werden, ist nun aber

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

eine umfassendere Information der Bevölkerung geplant. Im

menbringen von Kunden, Herstellern und Beratern im

Frühjahr 2008 wurde die Kampagne Leben mit dem Wasser

Bausektor sollen außerdem Prozesse und Abläufe mit Blick

initiiert (Nederland Leeft met Water). Über Fernsehspots,

auf die Anpassung an den Klimawandel verbessert werden.61

Zeitungsanzeigen und Plakate wird die Bevölkerung über den notwendigen Wandel im Umgang mit dem Wasser in-

Ein weite­res Beispiel ist das Magazin Klimaatmagazine, das

formiert. Zur Information der Stakeholder und der breiten

im Rahmen des Programms Space for Climate gestartet

Öffentlichkeit über den Klimawandel (Klimaschutz und An-

wurde und 2005 zum ersten Mal erschien. Schwerpunkt sind

passung) haben mehrere niederländische Forschungseinrich-

Informationen zu den Auswirkungen des Klimawandels sowie

tungen außerdem die Internetplattform Platform Communi-

Tipps zu Klimaschutz und Klimaanpassung, beispielsweise

cation on Climate Change eingerichtet.

durch effektives Wassermanagement.62

59

60

Eine Initiative aus der Zivilgesellschaft zur Aufklärung über die notwendige Anpassung an den Klimawandel hat das Netzwerk De NieuwBouw gestartet. De NieuwBouw will beispielsweise junge Menschen dazu bewegen, Ideen für klima­feste Baukonzepte zu entwickeln. Durch das Zusam-

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Schweiz: AnpassungsmaSSnahmen im Katastrophenschutz Zusammenfassung Wie in anderen Ländern auch führt der Klimawandel in der Schweiz zu Extremwetterereignissen, aber auch zu anderen Veränderungen, die die Lebensund Wirtschaftsbedingungen grundsätzlich verändern. Beim Umgang mit Extremwetterereignissen ist die Schweiz Vorreiter, verstärkt der Klimawan­ del doch ein Phänomen, mit dem die Schweiz aufgrund ihrer alpinen Geografie von jeher zu leben gelernt hat. In den letzten Jahren hat sich in der Schweiz der Schwerpunkt von der Katastrophenbewältigung zunehmend in Richtung Präventionsmaßnahmen verlagert. Die Schweiz steht bei der Entwicklung einer Gesamtstrategie zur Anpassung an den Klimawandel allerdings erst am Anfang.

Länderprofil

produktion der Wiesen. Vom kostengünstigeren inländischen

Insbesondere die Wälder der Schweiz sind vom Klimawandel

Futtermittel profitiert die Tierhaltung. Der potenzielle Ertrag

betroffen.63 Steigende Temperaturen fördern das Auftreten

vieler Ackerkulturen steigt, sofern einfache Anpassungen re-

neuer und die Ausbreitung bestehender Schädlingssorten.

alisiert werden. Bei einer starken Klimaänderung von über

2003 sorgte eine Hitzewelle für einen starken Befall von

3 °C dürften allerdings die negativen Effekte überwiegen.

Borkenkäfern, und allein zwischen 2000 und 2003 hat sich die durch Waldbrände zerstörte Fläche von 36 auf 564 Hektar

Nicht nur die touristische, auch die generelle Infrastruktur

erhöht. Auch starke Stürme stellen eine Gefahr dar. Stürme

in den Bergregionen der Schweiz wird durch den Klimawan­

bedrohen besonders Hanggebiete, da die Schutzfunktion des

del massiv herausgefordert. Straßen, Brücken, Leitungen,

Waldes gegen Lawinen, Erdrutsche und dergleichen verloren

Gebäude etc. in den Bergen müssen an das Auftauen der

geht.

Permafrostböden, den Rückzug von Gletschern und heftige Regenfälle angepasst werden. Insbesondere in Flusstälern

Der Tourismus ist der ökonomische Sektor in der Schweiz,

drohen heftige Überschwemmungen mit großen Schäden, da

der am stärksten vom Klimawandel betroffen sein wird. Für

Straßen und Gebäude oft nah am Wasser gebaut sind.

viele Bergregionen ist der Wintertourismus die wichtigste Einnahmequelle. Allerdings ist die Schneesicherheit durch

Auch der Wasserhaushalt der Schweiz ist vom Klimawan-

den Klimawandel bedroht. Zudem gefährden Extremwetter-

del betroffen. 60 Prozent des Energiebedarfs in der Schweiz

ereignisse wie Lawinen, starke Regenfälle und Steinschläge

werden durch Wasserkraft gedeckt. Da diese Energiequelle

(aufgrund des Abschmelzens der Gletscher und der Erwär-

sehr von Menge, Zeitpunkt, geografischer Verteilung der Nie-

mung der Permafrostböden) die Sicherheit des Tourismus.

derschläge und den Durchflussmengen in den Flüssen abhängt,

Der Sommertourismus könnte dagegen profitieren: Bei ver-

wird die steigende Volatilität des Wetters Anpassungsmaß-

mehrten Hitzewellen im Mittelmeerraum erhofft man sich,

nahmen erfordern, die regional sehr unterschiedlich aus-

dass es Touristen zukünftig weniger ans Meer als vermehrt in

fallen werden. Manche Gemeinden, Industrien und land-

kühlere Bergregionen ziehen wird.

wirtschaftliche Betriebe, die maßgeblich vom Schmelzwasser der Gletscher abhängen, werden sich auf zunehmende Eng-

Viele Bergregionen haben neben dem Tourismus ein zweites

pässe einstellen müssen. Das Gletschervolumen hat sich seit

Standbein in der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist

1970 bereits um rund 30 Prozent reduziert.64 Abnehmende

zunehmend durch Extremwetterereignisse bedroht. Gleich­

Jahresniederschläge und erhöhte Verdunstung führen zu ei­

zeitig könnte sich die Klimaveränderung tendenziell auch

ner Reduktion des Wasserabflusses und damit der Elektrizi­

positiv auf die Landwirtschaft auswirken: Aufgrund der

tätsproduktion. Steigende Wassertemperaturen bergen ge­

längeren Vegetationsperiode steigt die potenzielle Jahres-

ringere Kühlleistung für Kraftwerke. Im Hitzesommer 2003

| 43


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

produzierten die Schweizer Kernkraftwerke während zweier

unter vielen im Rahmen dieser Anpassungsprozesse gese­

Monate 25 Prozent weniger Strom.

hen. Bereits 1997 hat die Schweizer Regierung die Nationale Plattform Naturgefahren (PLANAT) ins Leben gerufen. Ziel

Auch der Banken- und Versicherungssektor in der Schweiz

dieser außerparlamentarischen Kommission ist es, Lücken

muss sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Sze-

in der Gesetzgebung zu identifizieren, Doppelarbeit in der

narien über zukünftige Schäden müssen entwickelt werden,

Prävention von Naturgefahren zu vermeiden und Synergien

um sehr langfristig ausgerichtete Produkte wie Versiche­

zu nutzen. Die Mitglieder von PLANAT stammen aus der

rungen auf den Klimawandel einzustellen. Banken müssen

Bundesregierung, den Kantonen, der Forschungsgemeinde,

ihre Strategie bei Projektfinanzierungen, Immobilienfinan-

Verbänden sowie dem Banken- und Versicherungssektor.

zierung, aber auch ihre generelle Anlagestrategie anpassen. 2007 haben das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das

1999 gab der Bundesrat PLANAT den Auftrag, eine übergrei­

Bundesamt für Energie (BFE) eine Studie in Auftrag gegeben,

fende Strategie für den Schutz vor Naturgefahren zu entwi­

die eine Abschätzung der volkswirtschaftlichen Kosten des

ckeln. Auf Grundlage der 2003 unter dem Titel Sicherheit vor

Klimawandels für die Schweiz vornimmt. Demnach sind die

Naturgefahren – Vision und Strategie veröffentlichten Strate­

Folgekosten bis 2050 moderat (0,15 Prozent des Bruttoin-

gie wurde PLANAT in einer zweiten Phase dazu beauftragt,

landsprodukts pro Jahr), steigen bis 2100 jedoch deutlich an

eine Gesamtübersicht über die für den Schutz vor Naturge-

(0,48 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr).65

fahren eingesetzten Mittel und Ressourcen zu erarbeiten.67 Ergebnis dieser zweiten Untersuchung ist der Synthesebe­

Für die Gesundheit stellen Hitzewellen und zunehmende

richt Strategie Naturgefahren Schweiz. Auf Grundlage die-

Naturgefahren wie Lawinen, Steinschläge, Fluten und Stür­me

ses Syntheseberichts hat der Schweizer Bundesrat 2005 die

eine Gefahr dar. Hinzu kommt die Gefahr von neuen Krank­

dritte Etappe (Strategie Naturgefahren) eingeleitet, um den

heiten, die durch Wirte oder über das Wasser übertragen

Aktionsplan (2005–2008) von PLANAT umzusetzen. Dabei

werden. Das Auftreten von tropischen Krankheiten wie Ma-

wurden drei Schwerpunkte gesetzt: Risikokonzept, Risikodia-

laria und Dengue-Fieber wird dabei nicht ausgeschlossen.

log und Risikocontrolling:

66

l Konzept

Strategie, Akteure und Informationsstand

Das integrierte Risikomanagement erkennt Risiken aus

Viele Antworten auf die oben beschriebenen Herausforde­

Naturgefahren, beurteilt diese und reduziert die Risiken

rungen durch den Klimawandel fallen in der Schweiz unter

mit einer optimalen Kombination aus technisch, öko-

Maßnahmen des Katastrophenschutzes. Die meisten Strate­

nomisch, gesellschaftlich und ökologisch vertretbaren

gien zur Begegnung solcher Naturgefahren, wie die Hochwas-

Schutzmaßnahmen. Praxisorientierte Leitfäden und ein

serschutzstrategie, sind jedoch nicht explizit auf die Klima­

Aus- und Weiterbildungsangebot sollen der Festigung

änderung ausgerichtet. So fehlen im Hochwasserschutz noch

des integrierten Risikomanagements dienen.

verlässliche Grundlagen wie Klimamodelle, um die Auswir­

l Dialog

kungen der Klimaänderung bautechnisch bei der Ermittlung

Eine Kultur des Risikobewusstseins soll mit einem breit

der Dimensionierung für Hochwasserschutzmaßnahmen

geführten Dialog verankert werden. Auch die Zuständig­

quantitativ zu berücksichtigen. Auf diese Unsicherheit reagiert

keiten, Organisationsstrukturen und -abläufe beim risi­

man mit Flexibilität: Bauliche Maßnahmen des Katastrophen-

kobewussten Umgang mit Naturgefahren sollen opti-

schutzes müssen mit geringem Aufwand an die sich verän-

miert werden. Bisher nicht geregelte Zuständigkeiten

dernden klimatischen Bedingungen angepasst werden können.

für bestimmte Naturgefahrenbereiche (beispielsweise Extremtemperaturen, Sturm) sollen geklärt werden.

44 |

Betrachtet man Strategien zur Anpassung an den Klimawan-

l Controlling

del als einen Bestandteil des Katastrophenschutzes, so war

Die Risiken aus Naturgefahren und die investierten Mittel

die Schweiz ein sehr früher Akteur. Schon seit der Häufung

für Schutzmaßnahmen sollen systematisch erfasst und

von Extremereignissen in den 1980er Jahren gab es in der

laufend beurteilt werden, so dass das Verhältnis zwischen

Schweiz den Bedarf, das Schadenspotenzial von Naturer-

Kosten und Wirksamkeit geprüft werden kann. Gerade

eignissen neu zu bewerten und Anpassungsstrategien zu ent-

beim langsam fortschreitenden Klimawandel wird dem

wickeln. Die Erderwärmung wurde immer als ein Bestandteil

Monitoring sehr hohe Beachtung geschenkt.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

In einem 2008 veröffentlichten Bericht von PLANAT zur Um-

Kommunikation und Aufklärung

setzung des Aktionsplans wird insgesamt eine positive Bilanz

Laut Expertenaussagen wird eine Kommunikationsstrate­

gezogen. Es soll ein Aktionsplan 2008+ erarbeitet werden,

gie zur Anpassung an den Klimawandel gerade erarbeitet.

der weitere Lücken bis 2011 schließen soll.

Für den Schutz vor Naturgefahren sind primär die Kantone

68

zuständig, so dass die Koordination teilweise schwierig ist. Federführend bei der Umsetzung ist dabei das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK),

Vorsorgliche Informationsmaßnahmen bei den neuen, mit

das sich mit den anderen Bundesbehörden entsprechend

dem Klimawandel verbundenen Risiken wie Hitze und

koordiniert. Hierbei sind das Departement für Verteidigung,

Trocken­heit wurden bisher erst punktuell ergriffen. Zum

Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), das Departement des

Beispiel stellte das Bundesamt für Gesundheit infolge der

Innern (EDI), das Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und das

Hitzewelle 2003 Informationen und Faktenblätter zur Verfü-

Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) die wich-

gung, und MeteoSchweiz leistete erste Vorarbeiten im Hin-

tigsten Partner.

blick auf ein nationales Hitzefrühwarnsystem.

Eine dezidierte nationale Strategie zur Anpassung an den

Die Kommunikation zwischen den Alpenstaaten ist institu-

Klimawandel, die auch Risiken und Maßnahmen außerhalb

tionalisiert: PLANALP (Plattform Naturgefahren der Alpen-

des Katastrophenschutzes beinhaltet, gibt es in der Schweiz

konvention) heißt das Äquivalent von PLANAT auf Ebene der

noch nicht. Darin ist die Schweiz im Vergleich zum Katastro-

Vertragspartner der Alpenkonvention. Ziel dieses Netzwerks

phenschutz eher ein Nachzügler. Ein wichtiger Akteur hier-

ist die alpenweite Abstimmung sowohl vorbeugender als

bei ist das beratende Organ für Fragen der Klimaänderung

auch reaktiver Maßnahmen.

(OcCC).69 Es hat den Auftrag, Empfehlungen zu Fragen des Klimas und der Klimaänderungen für Politik und Verwaltung zu formulieren. Sein Fokus liegt jedoch mehr im Bereich Klimaschutz. Wichtig im Bezug auf Anpassung ist jedoch sein Bericht Klimaänderung und die Schweiz 2050, in dem ausführ­lich auf die Folgen des Klimawandels für die Schweiz eingegangen wird. Neue, spezifisch klimabedingte Maßnahmen betreffen die technischen Anforderungen an Gebäude und Infrastrukturen sowie die Berücksichtigung des Klimawandels in der Siedlungsplanung (Maßnahmen gegen die Bildung von „Hitze­ inseln“), in der Land- und Forstwirtschaft (Anpassung bei der Wahl beziehungsweise bei der Züchtung geeigneter Arten), in der Vorsorge vor temperaturabhängigen Krankheitserregern (Aufbau von Überwachungs- und Meldesystemen) oder in der Regionalpolitik (Überprüfung von Förderkriterien auf­ grund klimatischer Gunst-/Ungunstfaktoren). Entsprech­ende Normen werden für Architektur, Infrastruktur und Transport­ anlagen (Tourismus) erarbeitet. In den Bundesgesetzen über den Wasserbau (WBG) und den Wald (WaG) werden die Kantone verpflichtet, Gefahrenkarten für Hochwasser, Lawinen, Rutschungen und Sturzprozesse zu erstellen, die bei Nutzungsplanungen und anderen raumwirksamen Tätigkeiten berücksichtigt werden müssen – hier laufen Katastrophenschutz und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel vor Ort zusammen.

| 45


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

SpanIEN: Anpassung an den Wassermangel Zusammenfassung Der Klimawandel wird in Spanien voraussichtlich zu Wassermangel und steigenden Temperaturen führen. Zur Anpassung an den Klimawandel wurde 2006 unter Federführung des Umweltministeriums ein nationaler Anpassungsplan veröffentlicht, der eine bessere Koordination und Integration der entsprechenden Maßnahmen zum Ziel hat. Neben der nationalen Ebene haben verschiedene Nichtregierungsorganisationen, Kommunal­ regierungen und Unternehmen in den letzten Jahren Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel initiiert. Eine besondere Bedeutung hat dabei in Spanien die Anpassung an den Wassermangel, so gibt es beispielsweise bereits ein Maßnahmenprogramm gegen die Wüstenbildung.

Länderprofil

Der Tourismussektor, ein wichtiger Wirtschaftszweig in Spa­

In Spanien wird der Klimawandel vor allem durch zuneh-

nien, steht ebenfalls vor Veränderungen. Risiken stellen hier

­mende Trockenheit und steigende Temperaturen zu Problemen

insbesondere extreme Hitzephasen, Wasserknappheit und

führen. Spanien gehört zu den Ländern in Europa, die vor­aus­

der Anstieg des Meeresspiegels mit entsprechenden Auswir­

sicht­lich am stärksten von Trockenheit betroffen sein werden.

kungen auf Küsten, Strände und Infrastruktur dar.75

Auch die Temperaturen werden im Vergleich zu anderen eu-

Auch die Nachfrage im Energiesektor wird sich ändern, mit

ropäischen Ländern stark ansteigen.71 So prognostizieren Sze-

zunehmendem Bedarf nach Kühlung im Sommer und sinkendem

narien einen Temperaturanstieg von bis zu 7 °C im Sommer

Heizbedarf im Winter. Der Bedarf nach Raumkühlung könnte in

und 4 °C im Winter bis zum Jahr 2100.72 Die stärksten Tem-

Spanien bis in die 2080er um bis zu 50 Prozent ansteigen.76

70

peraturanstiege werden für die Sommermonate erwartet, in denen zunehmend mit Hitzewellen gerechnet werden muss.

Der Gesundheitssektor wird durch die stärkere Ausbreitung

Insgesamt werden abnehmende Niederschläge erwartet, so

von Krankheiten betroffen sein. Weitere Herausforderungen

dass die Trockenheit zunehmen wird. Die Wasserressourcen

stellen die Auswirkungen von Hitzewellen und extremen

werden voraussichtlich um bis zu 22 Prozent zurückgehen.

Wetterereignissen dar.

73

Auch die Wasserqualität wird sich verschlechtern.

Strategie und Akteure Verursacht durch das Zusammenspiel von Temperaturanstieg

Mit dem Ziel, die Aktivitäten der lokalen und nationalen Ver-

und Wassermangel wird mit einer zunehmenden Wüstenbil-

waltung zu einem sektorübergreifenden Gesamtprogramm

dung sowie einem Rückgang der biologischen Vielfalt ge-

zusammenzuführen, wurde 2006 der Nationale Plan zur

rechnet. Bereits heute sind beinahe 40 Prozent des Bodens

Klimaanpassung (Plan Nacional de Adaptación al Cambio

von Desertifikation bedroht, Schätzungen zufolge könnten in

Climático) verabschiedet und veröffentlicht. Der Plan be­

Zukunft bis zu zwei Drittel der Landesfläche gefährdet sein.

schreibt die Aktionsfelder und Leitlinien für die Maßnahmen

74

zur Folgenabschätzung, zur Erhebung der Risiken und zur An-

46 |

Diese Entwicklungen werden viele Wirtschaftssektoren vor

passung an den Klimawandel. Er wurde von der Regierungs-

große Herausforderungen stellen. So bedrohen Wasserknapp­

kommission zum Klimawandel erstellt, mit den relevanten

heit, Bodenerosion und Wüstenbildung die Produktivität

Stakeholdern abgestimmt und als Entwurf öffentlich zur

der Landwirtschaft. Wie in anderen Ländern auch gefährden

Kommentierung ausgelegt. Die Umsetzung des Plans wird

Waldbrände, verstärkter Schädlingsbefall und Trockenheit

vom Spanischen Büro zum Klimawandel (Oficina Española

die Forstwirtschaft.

de Cambio Climático – OECC) koordiniert, das direkt dem


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Umweltminister unterstellt ist. Es entwickelt die nationale

In Anbetracht des für Spanien besonders relevanten Pro­

Klimapolitik und unterstützt ihre Umsetzung. Die Abteilung

blems der Wüstenbildung wurde ein nationales Programm

Anpassung und Auswirkungen des Klimawandels schlägt Ak-

zur Bekämpfung der Wüstenbildung (Programa de Acción

tivitäten zur Klimabeobachtung und Folgenabschätzung vor,

Nacional contra la Desertificación) aufgelegt. Es beschreibt

koordiniert Aktivitäten zur Anpassung und fördert deren In-

die besonders betroffenen Zonen, die Einflussfaktoren und

tegration in die relevanten Politikfelder.

konkrete Maßnahmen zur Vermeidung der Wüstenbildung.

77

Zudem enthält das Programm Szenarien für die verschieEine Herausforderung für die Anpassungspolitik in Spanien

denen Ökosysteme und Landwirtschaftsformen.79 Das aus

ist die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen nationaler

der Analyse abgeleitete Maßnahmenprogramm enthält

und regionaler Administration. Das nationale Umweltminis­

Aktivi­täten in den folgenden Bereichen:

terium ist zwar befugt, allgemeine Rahmenbedingungen und

l Landwirtschaft: Integration von Umweltkriterien in die

Strategien für Anpassungsmaßnahmen zu definieren, für die

Landwirtschaftspolitik, Maßnahmen zur Vermeidung

Umsetzung konkreter Aktivitäten sind aber die 17 Auto­-

der Bodendegradierung, Aufforstung von ehemalig land-

nomen Regionen (Comunidades Autónomas) verantwortlich.

wirtschaftlich genutzten Flächen.

Vor diesem Hintergrund wurden große Anstrengungen zur

l Forstwirtschaft: Aufforstung, Maßnahmen zur Auswei-

Koordination der Forschung, der Strategiedefinition, der Pri­

tung der nachhaltigen Forstwirtschaft, Bekämpfung von

orisierung und der Umsetzung konkreter Maßnahmen zur

Waldbränden.

Klimaanpassung unternommen.

l Management der Wasserressourcen: Einrichtung eines Beobachtungszentrums für Trockenheit, Maßnahmen

Aktivitäten, die sich aus dem nationalen Plan ableiten, werden

zum nachhaltigen Management des Grundwassers, Inte-

in Arbeitsprogrammen beschrieben. Das erste Arbeits­pro-

gration von Umweltkriterien in den nationalen Plan zum

gramm umfasst Aktivitäten in den folgenden Bereichen:

Landbau mit künstlicher Bewässerung, Entwicklung von

l Erstellung von regionalen Klimaszenarien: Eine öffentlich

Maßnahmenplänen bei Trockenheit.

78

zugängliche nationale Datenbank für Klimaszenarien soll die Einzelinformationen zusammenführen und als Grund­-

Beim Thema Wasser setzt Spanien außerdem zunehmend auf

lage für die Erstellung und Aktualisierung von einheit­

die Meerwasserentsalzung zur Gewinnung von Trinkwasser.

lichen regionalen Szenarien dienen.

Bereits heute sind 700 Anlagen in Betrieb, diese Kapazitäten

l Erhebung der Auswirkungen des Klimawandels auf die

sollen deutlich ausgebaut werden.80

Wasserressourcen: Das Zentrum für hydrografische Studien (CEDEX) soll eine qualitative und quantitative

Regionale und lokale Ebene

Modellierung erstellen und die Auswirkungen künstlicher

Von den Autonomen Regionen wurden bisher lediglich ver-

Bewässerung auf die Landwirtschaft untersuchen.

einzelte Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel

l Erhebung der Auswirkungen des Klimawandels auf die

durchgeführt. Eine konsequente Umsetzung des Nationalen

Biodiversität: Im Bereich der Biodiversität soll untersucht

Plans zur Anpassung an den Klimawandel ist auf der regio­

werden, welche Lebensräume und Arten besonders sen-

nalen Ebene noch nicht zu erkennen.

sibel auf die Klimaänderungen reagieren werden. l Erhebung der Auswirkungen des Klimawandels in den

Auf lokaler Ebene sind die Aktivitäten derzeit meist auch

Küstenregionen: Es soll eine Studie über die am meisten

noch im Planungsstadium, aber es gibt erste Ansätze: Das

bedrohten Gebiete erstellt werden. Ein Bericht über

spanische Netzwerk der Städte für das Klima (Red Española de

Strategien zum Küstenschutz liegt bereits vor. Die Ergeb-

Ciudades por el clima)81 ist ein Zusammenschluss von Städten

nisse der bereits umgesetzten Arbeitsschritte flossen in

und Kommunen, der sich zur nachhaltigen Entwicklung und

die vom Umweltministerium vorgelegte Strategie zur

zum Klimaschutz verpflichtet hat. Das Netzwerk fördert ins-

Nachhaltigkeit der Küsten ein.

besondere die Reduktion von CO2-Emissionen. Derzeit findet sich das Thema der Anpassung an die Auswirkungen des Kli-

Das zweite Arbeitsprogramm wird voraussichtlich primär Maß-

mawandels noch nicht explizit in den Programmen des Netz-

nahmen zur Erhebung der Auswirkungen des Klimawan­dels in

werks. In Kooperation mit dem Büro zum Klimawandel (siehe

den Bereichen Tourismus, Gesundheit und Wälder beinhalten.

oben) ist jedoch geplant, ein entsprechendes Programm zu

| 47


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

definieren und die Aktivitäten der Städte und Gemeinden mit

Kommunikation und Aufklärung

der Nationalen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel

Um das Bewusstsein und das Wissen der spanischen Be­

zu verbinden.

völkerung zum Klimawandel zu steigern, führt das Umweltministerium verschiedene Veranstaltungen und Programme

Informationsstand

durch. Eine systematische Umsetzung der Aktivitäten zur In-

Ein Forschungsprojekt des spanischen Büros zum Klimawan­

formation und Bewusstseinsbildung, die im Nationalen Plan

del und der Universität Castilla de la Mancha zu den Aus-

zur Anpassung an den Klimawandel vorgesehen sind, erfolgt

wirkungen des Klimawandels in Spanien (Efectos del Cambio

allerdings noch nicht. Derzeit fokussieren sich die Programme

Climático en España, ECCE) aus den Jahren 2003/2004 hatte

zur Bewusstseinsbildung zum Klimawandel insbesondere auf

zum Ziel, eine Informationsbasis zu den Auswirkungen des

das Thema Energiesparen mit dem Ziel der Reduktion von

Klimawandels zu schaffen. Die Studie erhöhte in Spanien

CO2-Emissionen.

82

das Bewusstsein für den Bedarf an konkreten Maßnahmen zur Klimaanpassung. Sie beschreibt die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ökosysteme, die Wasserressourcen, die Küstengebiete, verschiedene Wirtschaftssektoren und die Gesundheit. Zudem enthält die Studie regionale Klimaszenarien. Die Ergebnisse flossen in den Nationalen Plan zur Anpassung an den Klimawandel ein. Die wichtigsten Forschungsinstitutionen zum Klimawandel sind das Nationale Meteorologische Institut (Instituto Nacional de Meteorología, INM), der Obere Rat für wissenschaft­ liche Forschung (Consejo Superior de Investigaciones Científicas, CSIC) sowie verschiedene Universitäten. Außerdem bereitet das Forschungsministerium die Einrichtung eines nationalen Zentrums für Klimaforschung vor.

48 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Kanada: Chancen und Risiken des Klimawandels Zusammenfassung Für Kanada entstehen durch die Folgen des Klimawandels sowohl Risiken als auch wirtschaftliche Chancen. Aufgrund der Größe und geografischen Vielfalt des Landes variieren die Auswirkungen jedoch stark von Region zu Region. Besonders die arktischen Regionen Kanadas sind bereits vom Klimawandel betroffen. Die lokale Bevölkerung ist von natürlichen Ressourcen abhängig und ihre Lebensgrundlage daher zunehmend bedroht. Gerade in dieser Region ergeben sich jedoch auch wirtschaftliche Chancen für Kanada, wie beispielsweise die Öffnung neuer Schiffswege entlang der Nordwestpassage und die Erschließung neuer Rohstoffquellen. Die kanadische Regierung setzt sich schon länger mit notwendigen Anpassungen an den Klimawandel auseinander. Die meisten konkreten Maßnahmen werden von den Provinzen und Kommunen verantwortet, die teilweise auch eigene Strategien entwickeln.

Länderprofil

Kanada eine der längsten Küstenlinien der Welt und ist daher

Kanada gehört zu den Ländern, für die die deutlichsten

besonders vom steigenden Meeresspiegel bedroht.85

Anstiege der Jahresmitteltemperatur erwartet werden. Klima­projektionen zufolge könnte die jährliche Durchschnittstem-

Die Landwirtschaft wird vermutlich von den Folgen des

peratur in Kanada doppelt so stark ansteigen wie im welt-

Klimawandels profitieren, zumindest bei einer mäßigen

weiten Durchschnitt. Seit 1948 ist die Temperatur in Kanada

Klimaänderung. Steigende Temperaturen und höhere CO2-

bereits um 1,3 °C angestiegen.83 Gerade in den Polar- und

Konzentration führen voraussichtlich zu längeren Vegeta-

Subpolargebieten des Landes sind die größten Klimaände­

tionszeiten und höherer Produktivität sowie zu einer Zu-

rungen in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten.

nahme landwirtschaftlich nutzbarer Gebiete. Die Folgen des Klimawandels für Kanadas riesige Waldgebiete, einem wich-

Durch den Klimawandel entstehen in Kanada sowohl Chan-

tigen Wirtschaftssektor, aber auch Naturraum, sind dagegen

cen als auch Risiken. Einer Studie zu den weltweiten Risiken

ambivalent. Auch hier könnten höhere Temperaturen und

des Klimawandels zufolge ist Kanada das Land, das im inter-

steigende CO2-Konzentration zu stärkerem Wachstum füh-

nationalen Vergleich am wenigsten durch den Klimawandel

ren. Jedoch drohen Trockenheit, Schädlinge und Waldbrände

gefährdet ist, da Risiken handhabbar seien und auch Chancen

diese positiven Effekte zunichte zu machen.

entstünden. Jedoch sind Chancen und Risiken in Kanada un84

gleich verteilt und die ressourcenabhängigen indigenen Be­

Die indigene Bevölkerung (Inuit) der nördlichen Territorien ist

völkerungsgruppen sind besonders betroffen.

durch ihre traditionelle Lebensweise stark von natürlichen Ressourcen abhängig. Die Folgen des Klimawandels stellen

Zwar besitzt Kanada insgesamt sehr große Frischwasser-

in diesen Gebieten (beispielsweise in Nunavut) schon heute

vorräte, aber die Gebiete im Süden des Landes sind bereits

eine große Belastung für die Lebensweise der Inuit dar. Sie

von Wassermangel betroffen. Veränderungen im Abfluss

machen sich durch einen Rückgang der Eisdecke, Verände­

des Schmelzwassers der Gletscher führen zu Überschwem­

rungen der Migrationszyklen von Tieren und einen schlech-

mungen im Winter und Niedrigwasser im Sommer. Die

teren Zugang zu Fischgründen bemerkbar.

Wasserstände der Großen Seen und des St.-Lorenz-Stroms drohen dauerhaft zu sinken und damit Transport, Land-

In den nördlichen Gebieten Kanadas sind auch die Aus-

wirtschaft und Tourismus zu gefährden. Außerdem besitzt

wirkungen auf Infrastruktur und Verkehr besonders stark.

| 49


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Zum einen sind Eisstraßen in vielen Regionen die einzige

gung.87 Folgende Investitionen sind in dem Plan vorgesehen:

Verkehrsanbindung. Bei wärmeren Temperaturen wird die

l 15 Millionen Kanadische Dollar für die Erstellung exak-

Zeit, in der sie nutzbar sind, merkbar kürzer. Zudem wird

terer Klimaszenarien

die Tragfähigkeit durch dünnere Eisdecken geringer, so dass

l 35 Millionen Kanadische Dollar für die Entwicklung in-

die Transportkapazität eingeschränkt wird. Der Anstieg der

novativer Risikomanagement-Werkzeuge sowie für die

saisonalen Tautiefe des Permafrostbodens führt außerdem

Erarbeitung eines Anpassungsprogramms auf regionaler

zu Bodeninstabilität und verursacht Schäden an Gebäuden

Ebene

und Infrastruktur.

l 14 Millionen Kanadische Dollar für die Ureinwohner Kanadas, um deren wichtigste Herausforderungen und

Für Kanada ergeben sich aus den Folgen des Klimawandels

Chancen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu

aber auch ökonomische Chancen, zum Beispiel durch die

untersuchen

saisonale Öffnung der bisher vereisten Nordwestpassage. Eine eisfreie Nordwestpassage verkürzt den Weg von Asien

l 7 Millionen Kanadische Dollar, um gesundheitliche Anpassungsprogramme für die Ureinwohner zu finanzieren

nach Europa gegenüber der Route über den Panamakanal um

l 14,9 Millionen Kanadische Dollar, um gesundheitliche

circa 7.000 Kilometer. Auch die Bewertung von Infrastruk-

Notfallprogramme (beispielsweise gegen die Ausbrei-

turprojekten, wie beispielsweise neuen Häfen, verändert

tung von Infektionskrankheiten) zu finanzieren

sich vor diesem Hintergrund. Es ließen sich beispielsweise Rohstoffabbaustätten besser anbinden, so dass die Förde­

Das kanadische Umweltministerium (Environment Canada)

rung wettbewerbsfähiger wird. Mit diesen Chancen sind dann

kooperiert bei der Umsetzung vor allem mit dem Ministe-

allerdings auch wieder Umweltgefahren für die sensible Ark-

rium für natürliche Ressourcen (Natural Resources Canada),

tisregion verbunden.86

dem Ministerium für indigene und nördliche Angelegenheiten (Indian and Northern Affairs Canada) und dem Ge-

Strategie und Akteure

sundheitsministerium (Health Canada). Weitere Ministerien

In Kanada befasst man sich bereits seit Längerem auf den

und Institutionen sind über verschiedene themenspezifische

unterschiedlichen Regierungsebenen mit den Folgen des

Arbeitsgruppen eingebunden.

Klimawandels. Für die konkrete Umsetzung sind meist die Provinzen und bundesunabhängigen Territorien zuständig,

In den unterschiedlichen Bereichen gibt es außerdem Ini-

die aufgrund der Größe des Landes oft auch in sehr unter-

tiativen der jeweiligen Ministerien und Institutionen. Das

schiedlicher Weise vom Klimawandel betroffen sind.

Ministerium für Infrastruktur berücksichtigt die Klimaanpassung beispielsweise bei der Bewertung von Bewerbungen um

Nationale Ebene

Infrastrukturmittel. Wer sich beispielsweise im Rahmen des

Im Ministerium für natürliche Ressourcen (Natural Resources

Canadian Strategic Infrastructure Fund um Mittel bemüht,

Canada) gibt es eine Climate Change Impacts and Adaptation

muss nachweisen, welche Auswirkungen das vorgeschlagene

Division, die Forschung zu den Auswirkungen des Klimawan­

Projekt auf den Klimaschutz und die Klimaanpassung hat.88

dels und zu möglichen Anpassungsstrategien in einzelnen

Die Nationalparkverwaltung Parks Canada entwickelt Sze-

Sektoren, Kapazitätsaufbau, den Aufbau von Netzwerken

narien für die Einflüsse des Klimawandels auf die kanadischen

sowie die Entwicklung von Anpassungsoptionen fördert.

Nationalparks und integriert Klimaindikatoren in die Über-

2008 veröffentlichte die kanadische Regierung unter dem

wachung der ökologischen Stabilität in den Parks.89

Titel From Impacts to Adaptation: Canada in a Changing Climate 2007 einen umfassenden Bericht zu den Folgen des

Regionale Ebene

Klimawan­dels in Kanada, in dem die Risiken und Chancen für

Die kanadische Regierung unterstützt die Regionen darin,

alle Regionen Kanadas dargestellt werden.

sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. So hat sie beispielsweise im Rahmen ihres Anpassungsplans das Pro-

50 |

Im Dezember 2007 hat die kanadische Regierung Mittel zur

gramm Regional Adaptation Collaboratives (RACs) ins Leben

Erhöhung von Kanadas Anpassungskapazität bereitgestellt.

gerufen. Das Programm wird vom Ministerium für natürliche

Über einen Zeitraum von vier Jahren stehen 85,9 Millionen

Ressourcen getragen und soll zielgerichtete Kooperationen

Kanadische Dollar für einen neuen Anpassungsplan zur Verfü-

zwischen regionalen Regierungen, NGOs und technischen


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Experten unterstützen, um so Informationen zur effektiven

Kommunikation und Aufklärung

Anpassung an den Klimawandel zu bündeln. Auf diese Weise

Die Kommunikation zur Anpassungsstrategie läuft maßgeb­lich

werden Anpassungsmaßnahmen katalysiert und Planungs-

über das Ministerium für natürliche Ressourcen (NRCan), das

und Entscheidungsprozesse auf regionaler Ebene unterstützt.

ein Portal zum Thema eingerichtet hat. Dort werden wissen-

90

schaftliche Ergebnisse und Zustandsberichte veröffent­licht.95 Einige Provinzregierungen haben bereits ihre eigenen Stra­ tegien und Maßnahmen entwickelt. So hat beispielsweise die

Zwischen 2001 und 2007 finanzierte NRCan das Canadian Cli-

Regierung von British Columbia 2008 einen neuen Klimaak-

mate Impacts and Adaptation Research Network (C-CIARN).

tionsplan veröffentlicht. Nach Sektoren gegliedert werden

Es diente dazu, Wissen zu generieren und zwischen Regionen

jeweils sowohl Klimaschutz- als auch Anpassungsmaßnah-

und Sektoren zu verbreiten. Ein Projekt war beispielsweise

men diskutiert. Sektoren, in denen Anpassung notwendig

die Erstellung eines „Baukastens“ mit pädagogischem Mate­

ist, sind beispielsweise Feuer-, Flut- und Dürreschutz, Was-

rial (Sammlung von Informationen und Übungen), der auf

sermanagement sowie Schädlingsbekämpfung.91 Bereits in der

verständliche Weise den Einfluss des Klimawandels auf die

Umsetzung befindet sich die Future Forest Ecosystems-Initia-

Großen Seen im Süden Kanadas vermittelt.96

tive, die das Managementsystem der Wald- und Bergregionen den Herausforderungen des Klimawandels anpassen soll.92

Verschiedene Initiativen klären betroffene Berufsgruppen über die Bedeutung des Klimawandels für deren jeweiligen

Eine weitere Initiative ist das 2002 gegründete Ouranos-Kon-

Arbeitsbereich auf. So engagiert sich das Council of Profes-

sortium in Québec. Es handelt sich dabei um eine Partner­

sional Engineers für die Weiterbildung von Ingenieuren zu

schaft verschiedener Ministerien der Provinz Québec mit

den Folgen des Klimawandels für die eigene Arbeit, um so die

Vertretern der Industrie und Wissenschaft. Im Rahmen dieser­

Berücksichtigung in der Planung von Infrastruktur- und Bau-

Kooperation werden nicht nur regionale Klimaszenarien ent-

projekten voranzutreiben.

wickelt, sondern auch Stakeholder-Dialoge durchgeführt, um Anpassungsmaßnahmen gemeinsam zu planen und um-

Eine Umfrage der Canadian Standards Association zeigt, dass je

zusetzen.93

nach Sektor 70 bis über 80 Prozent der befragten Ingenieure Kanadas davon ausgehen, dass der Klimawandel in naher Zu-

Kommunale Ebene

kunft einen Einfluss auf ihre Arbeit haben wird. Dennoch gibt

Auch die Gemeinden beginnen, sich auf die Folgen des Kli-

die Mehrheit an, dass sie die Folgen des Klimawandels in ihrer

mawandels vorzubereiten. So haben beispielsweise Halifax,

bisherigen Arbeit gar nicht oder nur manchmal berücksichtigt.97

Hamilton, Ottawa, Toronto und Vancouver begonnen, die Anpassung an den Klimawandel in ihrer kommunalen Pla-

Kommunikationsmaßnahmen gibt es auch im Gesundheitsbe-

nung zu berücksichtigen. Ein weiteres Beispiel ist die Städte-

reich. So gibt das Gesundheitsministerium beispielsweise den

partnerschaft Alliance for Resilient Cities – ein Netzwerk

Newsletter Your Health and a Changing Climate heraus, der über

aus kommunalen Entscheidungsträgern, das lokale Verwal­

aktuelle Entwicklungen und Forschungsergebnisse über die Aus-

tungen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt.

wirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit aufklärt, um

Es dient vor allem dem Erfahrungsaustausch und dem Aufbau

den Gesundheitssektor auf die Veränderungen vorzubereiten.98

von Expertise zur Anpassung an den Klimawandel.

94

Informationsstand Die von der kanadischen Regierung 2007 herausgegebene Studie From Impacts to Adaptation setzt sich detailliert mit den Auswirkungen und möglichen Anpassungsmaßnahmen in den unterschiedlichen Regionen Kanadas auseinander. Die Erstellung des Berichts erfolgte unter Einbeziehung von Regierung, Wissenschaft, Wirtschaft und indigenen Bevölkerungsgruppen. Ziel ist es, eine Wissensgrundlage für die Entwicklung von Anpassungspolitiken zur Verfügung zu stellen.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

USA: AnpassungsmaSSnahmen der Bundesstaaten Zusammenfassung In den USA gibt es noch keine nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Allerdings spielt die Anpassung an den Klimawandel im Zuge des derzeit debattierten Gesetzentwurfes zum Klimaschutz eine Rolle. Einige Bundesstaaten sind schon weiter. Vorreiter sind hier beispielsweise Alaska und Kalifornien. Kalifornien entwickelt derzeit eine umfassende Anpassungsstrategie und hat vor allem im Wassersektor bereits Anpassungsmaßnahmen durchgeführt. Auch Alaska setzt sich bereits mit den Folgen des Klimawandels auseinander und erarbeitet eine Strategie.

Länderprofil

Auswirkungen des Klimawandels nach Regionen in den USA107

Westen – Wassermangel und Waldbrände Das Gebiet westlich der Rocky Mountains wird durch den Klimawandel voraussichtlich verstärkt von Wasserknappheit betroffen sein. Verminderter Schneefall und höhere Temperaturen führen zum Rückgang des Schmelzwassers aus den Bergen. Das führt zu sinkenden Pegelständen in den regionalen Wasserreservoirs, die für die Energie- und Trinkwassergewinnung der Region eine zentrale Rolle spielen. Bereits heute ist beispielsweise der Lake Mead, der größte künst­liche Stausee der USA, nach lang anhaltender Trockenheit nur noch etwa zur Hälfte gefüllt.99 Zusätzlich wird sich durch die Trockenheit die Gefahr von Waldbränden verstärken.100

Auswirkungen

Region/Staat

Überflutungen an den Küsten, Erosion

Süd, Südost, Nordosten (Mittel-Atlantik), Nordwesten, Alaska

Zunahme von Hurrikanen

Küstengebiete am Atlantik und am Golf von Mexiko

Anstieg des Meeresspiegels

Küstengebiete am Atlantik und am Golf von Mexiko, San Francisco Bay/ Sacramento Delta Region, Puget Sound, Alaska

Überflutungen, Starkniederschläge

Alle Regionen, zunehmend in nördlichen Breiten

Rückgang des Niederschlags und des Wasserabflusses

Südwesten

Trockenheit

Südwesten, Teile des Südostens

Waldbrände

Westliche USA, Alaska, Florida

Zunahme von Hitzewellen

Alle Regionen

Golfküste – Unwetter und Überflutungen Spätestens seit Hurrikan Katrina ist klar, wie stark die tief liegenden Küstengebiete der USA durch Extremwetterereignisse und Überflutungen bedroht sind.101 Die Vulnerabili­ tät der Region wird durch die dichte Besiedlung weiter verschärft. Klimaprojektionen zufolge sind weite Teile Floridas und der Küstenzone bis Texas von Überflutungen bedroht.102 Die potenziellen Auswirkungen für die Wirtschaft sind beträchtlich, beispielsweise für die vor den Küsten gelegenen Bohrinseln, die durch Hurrikane und Flutwellen stark beschädigt werden könnten.103

Mittlerer Westen – Hitzewellen Der mittlere Westen wird voraussichtlich verstärkt von Hitzewellen betroffen sein.104 Die extremen Wärmebelastungen wirken sich negativ auf Gesundheit, Luftqualität und

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

lokale Ökosysteme aus. Betroffen sind vor allem Menschen

Legislaturperiode des Kongresses mindestens 26 Gesetzent-

in Großstädten wie St. Louis, Chicago und Cincinnati. Es wird

würfe beraten, die sich mit der Anpassung an den Klimawan­

auch ein wachsender Energiebedarf für Raumkühlung erwar-

del auseinandersetzten, aber keiner wurde verabschiedet.110

tet.105 Durch den Regierungswechsel Anfang 2009 ist die ameri-

Küstenzonen im Nordosten – Überflutungen und Küstenerosion

kanische Klimapolitik derzeit in einer Phase des Wandels.

Ähnlich wie die Golfküste wird auch die Nordostküste ver-

eines Cap-and-Trade-Systems verhandelt. Der American

stärkt von Überflutungen betroffen sein. Dies stellt vor allem

Clean Energy and Security Act of 2009 (ACES) wurde im Juni

für Boston und New York eine erhebliche Bedrohung dar. So

2009 vom Repräsentantenhaus verabschiedet. Der Clean En-

könnten extreme Überschwemmungsereignisse in New York

ergy Jobs and American Power Act (CEJAPA) wird derzeit im

statt einmal im Jahrhundert rund alle zehn Jahre auftreten, in

Senat verhandelt. Egal, welche Version am Ende verabschie-

Boston sogar alle zwei bis vier Jahre, mit entsprechenden Fol-

det wird, sie wird sehr wahrscheinlich auch wichtige Rege-

gen für Bevölkerung, Wirtschaft und Infrastruktur. Wichtige

lungen zur Anpassung an den Klimawandel enthalten. Der

Tourismusgegenden wie Cape Cod und Long Island sind von

Entwurf des Repräsentantenhauses fordert von nationalen

schwerer Küstenerosion betroffen.

Ministerien und Institutionen die Entwicklung spezifischer

Auf nationaler Ebene wird der Gesetzentwurf zur Einführung

106

Strategien zur Anpassung an den Klimawandel. Das Gesund-

Norden – Schmelzprozesse

heitsministerium soll beispielsweise untersuchen, wie die

Durch die Nähe zur Arktis, wo die Temperaturen doppelt

globale Erwärmung die öffentliche Gesundheit in den USA

so schnell ansteigen wie in anderen Breitengraden, sind

betrifft. Besonders herausgehoben wird auch die Bedeutung

die Folgen der Erwärmung in Alaska sehr deutlich spürbar.

der Anpassung der natürlichen Ressourcen. Im Ministerium

Die Erwärmung des Permafrostbodens verringert die Sta-

für Entwicklungshilfe soll ein spezielles Programm zur Unter-

bilität ­vieler Gebäude. Schmelzendes Eis an der Küste be­

stützung armer Länder bei der Anpassung an den Klimawan­

droht vor allem die indigenen Bevölkerungsgruppen, die sich

del eingerichtet werden.111 Auch die Bundesstaaten müssten

durch Küsten­erosion und steigenden Meeresspiegel weiter

Pläne zur Anpassung an den Klimawandel entwickeln, sofern

ins Landesinnere zurückziehen müssen. Die gestiegenen

sie für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen Gelder

Temperaturen können aber durchaus auch positive Folgen

von der nationalen Regierung anfordern.112 Außerdem soll ein

haben,­ etwa durch die Erschließung neuer Handelswege

neuer National Climate Service geschaffen werden.113 Dessen

durch saisonal eisfreie Schiffspassagen und Häfen oder durch

Aufgabe wäre es, Bundesstaaten und lokalen Regierungen

besseren Zugang zu Rohstoffen.

Informationen und Unterstützung zur Anpassung an den Klimawandel anzubieten. Zur Finanzierung der Anpassung soll

Strategie und Akteure

ein spezieller Fonds eingerichtet werden. Ein Teil der Einnah-

Bei der Anpassung an den Klimawandel ist in den USA, zu-

men aus dem Cap-and-Trade-System soll für die Anpassung

mindest auf Bundesebene, bisher wenig geschehen. Bislang

an den Klimawandel verwendet werden. Es gilt allerdings als

gibt es keine nationale Anpassungsstrategie. Einige Bundes­

unwahrscheinlich, dass ein neues Klimagesetz vor 2010 ver­

staaten sind dagegen schon weiter: Sie entwickeln derzeit

abschiedet wird.

Anpassungsstrategien und haben teilweise auch schon Anpassungsmaßnahmen umgesetzt. Beispiele sind hier Kalifor­

Angesichts des Fehlens einer nationalen Anpassungsstrat-

nien und Alaska.108

egie spielt der NGO-Sektor eine koordinierende Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel. Die Aktivitäten der NGOs,

Nationale Ebene

Bundesstaaten und Gemeinden wurden aber teilweise von

Bislang gibt es keine nationale Anpassungsstrategie oder

bundesstaatlichen Einrichtungen, wie der National Oceanic

Politik der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat sich

and Atmospheric Administration (NOAA), finanziell gefördert.

vor allem auf Forschungsprojekte zur Anpassung an den Klimawandel konzentriert, mit begrenzten Mitteln für Anpas-

Auf nationaler Ebene zählen NGOs zu den wichtigsten Ak-

sungsmaßnahmen auf der regionalen und lokalen Ebene.

teuren, wie beispielsweise:

Auf der gesetzgeberischen Ebene wurden während der 110.

l Local Governments for Sustainability (ICLEI). ICLEI hat ein

109

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

l Pew Center on Global Climate Change. Das Pew Center fungiert als zentrale Informationsstelle zum Thema Anpassung an den Klimawandel.115 Es bietet Informationen über Gesetzesinitiativen auf Bundesebene, Anpassungs­ pläne und Maßnahmen der Bundesstaaten sowie über lokale Praxisbeispiele. Die Bundesregierung hat also bisher eine eingeschränkte Rolle gespielt. Sie hat Forschung unterstützt und begrenzte finanzielle Überstützung für bundesstaatliche und lokale Anpassungsinitiativen bereitgestellt.116

Die Bundesstaaten Auf der Ebene der Bundesstaaten ist bereits mehr Aktivität zu verzeichnen. Acht Staaten haben bereits mit der Planung von Anpassungsmaßnahmen begonnen (Alaska, Kalifornien, Florida, Maryland, Massachusetts, New Hampshire, Oregon und Washington). Sieben weitere Staaten (Arizona, Arkansas, Utah, Colorado, North Carolina, South Carolina und Vermont) behandeln das Thema Anpassung zumindest in ihren allgemeinen Klimaaktionsplänen.117 Die Anpassungsschwerpunkte unterscheiden sich je nach Betroffenheit der unterschiedlichen Sektoren. Als zwei Staaten mit sehr verschiedenen Herausforderungen werden Kalifornien und Alaska im Folgenden detaillierter vorgestellt.

entwickelt, das gemeinsam mit Gemeinden in den USA

Beispiel Alaska: Chancen und Risiken durch den Klimawandel

Anpassungsstrategien entwickeln soll. Das Programm

Bereits heute schmelzen in Alaska Gletscher, und der Perma­

wird von der NOAA unterstützt. Es enthält folgende fünf

frostboden erwärmt sich – mit weitreichenden Folgen für

Schritte für die Gemeinden:

Ökosysteme und Infrastruktur. Eine wichtige Konsequenz sind

Pilotprogramm (Climate Resilient Communities – CRC)

1. Analyse und Bewertung der Klima-Resilienz

Bodenabsenkungen und -einbrüche, die besonders für Gebäude,

2. Festlegung von Zielen und Prioritäten

Straßen sowie Öl- und Gasleitungen gefährlich werden können.

3. Entwicklung eines Aktionsplans 4. Umsetzung des Aktionsplans

Daher hat sich Alaska auch bereits aktiv mit den Risiken

5. Monitoring der Maßnahmen und Evaluation des

und Chancen des Klimawandels befasst. Ein Schmelzen des

Aktionsplans.

Meereises könnte beispielsweise zu einer Beschleunigung der

Aktuell nehmen vier Städte am CRC Programm teil.

Küstenerosion führen, aber dadurch entstehen auch neue

Außerdem hat ICLEI, in Kooperation mit dem King Coun-

Transportwege (beispielsweise zwischen Alaska und Nordeu-

ty (Washington) ein Handbuch zur Anpassung an den Kli-

ropa), wodurch sich die Transportkosten reduzieren würden.

mawandel für lokale Regierungen herausgegeben.114 Alaska beginnt daher, sich auf die Folgen des Klimawandels

54 |

l Center for Clean Air Policy (CCAP). 2006 hat CCAP die

vorzubereiten. Als eine der ersten Maßnahmen ist die Grün­

Initiative Urban Leaders Adaptation gestartet, die zusam-

dung der Joint Climate Impact Assessment Commission 2006 zu

men mit neun amerikanischen Städten Anpassungsmaß-

nennen. Die Kommission wurde damit beauftragt, Klimafolgen

nahmen entwickelt. Die Initiative hat jüngst finanzielle

und Anpassungsoptionen zu prüfen. Sie veröffentlichte im Jahr

Unterstützung von der Rockefeller Stiftung erhalten.

2008 einen Bericht zu Klimarisiken und Vulnerabilität.118


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Anpassung in den Bundesstaaten Quelle: Pew-Center on Global Climate Change 2009

l

Anpassungsplan/Maßnahmen in Arbeit

l

Anpassungsplan in Klimaaktionsplan empfohlen

Empfehlungen konzentrieren sich auf neun besonders Adaptation plan and measures len. in Die progress

Der Bericht bietet eine umfassende Übersicht zu Risiken des Klimawandels, und er leitet Forschungs- und Bewertungspri-

gefährdete Gemeinden.121 In einigen Dörfern müssten bereits

oritäten ab, nicht nur für physische Anpassungsmaßnahmen,

erste Gebäude umgesiedelt werden, da die Bodenerosion zu

Adaptation Plan recommendedhohe in Risiken climate plan für dieaction Bevölkerung mit sich brachte.

sondern auch für die administrative Anpassung (z.B. Budget-

122

planung). Besonders hervorzuheben ist auch die Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen für die Umsiedlung von Dörfern, die von Erosion betroffen sind.

119

Beispiel Kalifornien: Herausforderungen für das Wassermanagement Für Kalifornien wird voraussichtlich vor allem das Wasser-

Außerdem soll unter Federführung der Alaska Climate

management eine große Herausforderung.123 Denn Kalifor­

Change Adaptation Advisory Group (CCAAG) eine umfas-

nien wird durch zunehmende Trockenheit sowie Über-

sende Anpassungsstrategie entwickelt werden. Vier Arbeits­

schwemmungsrisiken vom Klimawandel betroffen sein. Da

gruppen der CCAAG untersuchen Anpassungsoptionen in

sowohl die Niederschlagsmengen als auch das Schmelzwas-

den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit und Kultur, Ökosys-

ser aus den Rocky Mountains abnehmen werden, verlängert

teme und Wirtschaft.

sich die Trockenheit im Sommer. Die Gefahr von Waldbränden nimmt zu. Um einer Trinkwasserverknappung vorzubeugen,

Zur Umsetzung der dringendsten Maßnahmen wurde 2007

müssen zusätzliche künstliche Speicherkapazitäten ge­schaf-

die Immediate Action Work Group (IAW) gegründet, die sich

fen werden, die den natürlichen Schneespeicher ersetzen.

um besonders gefährdete Gebiete kümmert.120 Diese Arbeits-

Daraus ergeben sich wiederum Auswirkungen auf die Was-

gruppe hat im März 2009 Empfehlungen für konkrete Maß-

serökosysteme. Der Anstieg des Meeresspiegels ist außer-

nahmen vorgelegt, die 2009 und 2010 umgesetzt werden sol-

dem eine große Herausforderung für den Küstenschutz.124

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

2008 initiierte die California Resources Agency einen Prozess zur Entwicklung einer Anpassungsstrategie (Climate Adaptation Strategy – CAS), der einen sektoralen Ansatz verfolgt. Ein Entwurf der Strategie wurde im August 2009 vorgestellt. Anschließend hatten die Stakeholder bis September Zeit, um ihre Kommentare einzureichen. Für die Sektoren Gesundheit, Biodiversität, Küstengebiete, Wasser, Land- und Forstwirtschaft sowie Transport und Energie-Infrastruktur wurden

Bis vor Kurzem gab es in den USA einen prominenten Kritiker der Anpassung an den Klimawandel. Der ehemalige Vizepräsident und Nobelpreisträger Al Gore bezeichnete die Anpassung an den Klimawandel als eine „Art Faul-

kurz- und langfristige Handlungsoptionen erarbeitet.125

heit“. Er befürchtete, dass durch Anpassung an den Kli-

Die lokale Ebene

abgelenkt werden solle. Mittlerweile hat er seine Position

Auch auf der lokalen Ebene gibt es bereits Anpassungsprogramme. So haben sich einige Städte und Kommunen bereits intensiv mit dem Thema befasst und eigene Maßnahmen eingeleitet. Führend sind hier beispielsweise New York oder das King County in Washington. Allerdings stehen auch diese Programme bisher erst am Anfang (siehe Projektbeispiele).

Informationsstand Auf nationaler Ebene liegt der Fokus bisher auf Forschung und Informationsgewinnung. Eine der wichtigen Forschungs­ einrichtungen ist das 2002 gegründete Climate Change Science Program (CCSP), das wissenschaftliche Analysen zu klimarelevanten Themen erstellt und Handlungsempfehlungen formuliert. Als Informationsgrundlage für politische Ent­ scheidungsträger und Stakeholder hat das CCSP bisher zehn Lageberichte über Klimafolgen erstellt.126 Weitere Berich­te­ sollen bis 2010 folgen. Eine aktuelle Studie befasst sich beispielsweise mit Anpassungsoptionen in Wäldern, Natio­ nalparks und Naturreservaten. Die Projektionen zu regio­ nalen Folgen des Klimawandels werden von der Wetter- und Oze­anografiebehörde (NOAA) erstellt.

Kommunikation und Aufklärung Es gibt bereits eine große Vielfalt an Informations- und Bildungsmaterialien zu den Risiken des Klimawandels für die USA. Die Debatte zum Thema Anpassung wird in den USA vor allem durch gemeinnützige Einrichtungen und Interessenverbände vorangetrieben. Wichtige Akteure sind beispielsweise das Heinz Center oder das PEW Center on Global Climate Change. Das PEW Center erstellt unter anderem Analysen zum Stand der Anpassungspolitik in den Bundesstaaten oder zur Bedeutung der Folgen des Klimawandels für Unterneh­ men. Auf der Bundesebene unterhält die United States Environmental Protection Agency eine Internetseite mit Informationen über den Klimawandel, mit einem Abschnitt, der sich speziell mit Klimaanpassung befasst.

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Al Gore: vom Kritiker zum Unterstützer von Anpassungsmaßnahmen

mawandel von weiteren Anstrengungen zum Klimaschutz aber grundlegend revidiert und setzt sich jetzt aktiv für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern ein. Zitate l Al Gore 1992: Anpassung ist „a kind of laziness, an arrogant faith in our ability to react in time to save our skins.“ l Al Gore 2007: „We really have to focus on prevention.“ l Al Gore 2008: „I used to think adaptation subtracted from our efforts on prevention. But I’ve changed my mind … Poor countries are vulnerable and need our help.“ Quellen l The Economist (2007), Adapt or Die, The Economist Newspaper Limited, September. l James Ford (2008), Emerging Trends in Climate Change Policy: The Role of Adaptation, Department of Geography, McGill University, Canada.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Australien: Kampf gegen Trockenheit und Verlust an Biodiversität Zusammenfassung Eine der wesentlichen Herausforderungen für Australien stellt die zuneh­ mende Trockenheit dar, die Auswirkungen auf die Landwirtschaft sowie auf die einzigartige Biodiversität des Landes haben wird. Die starke Dürre der Jahre 2002 und 2003, von der große Teile des Landes betroffen waren, hat Australien seine Verwundbarkeit gegenüber Klimaveränderungen drastisch vor Augen geführt. Als Reaktion auf die klimatischen Veränderungen verabschiedete die australische Regierung 2007 das National Climate Change Adaptation Framework, das eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen zur Anpassung an den Klimawandel enthält. Dazu zählen unter anderem Weiterbildungsmaßnahmen für die vom Klimawandel besonders betroffenen Berufsgruppen. Die australischen Bundesstaaten haben ebenfalls damit begonnen, sich auf den Klimawandel vorzubereiten.

Länderprofil

bis 2050 eine Abnahme des durchschnittlichen Wasserflus-

Schon heute sind die Auswirkungen des Klimawandels in

ses von 7 bis 35 Prozent erwartet; für das Murray-Darling-

Australien spürbar: Die Durchschnittstemperatur ist in den

Bassin, das größte Flussbassin Australiens, wird ein Rückgang

letzten fünfzig Jahren bereits um 0,9 °C gestiegen.127 Bis zum

um 10 bis 25 Prozent prognostiziert.129 Zwar sagen die Ex-

Jahr 2030 erwartet die australische Regierung eine weitere

perten für den Norden des Landes eine Zunahme der Nieder-

Erwärmung zwischen 0,4 und 2 °C, bis 2070 hält sie bis zu

schläge voraus, auf das gesamte Land bezogen wird die Zahl

6,0 °C für möglich. Ebenfalls steigen wird die Anzahl heißer

der Dürremonate bis 2030 aber voraussichtlich um bis zu 20

Tage mit Temperaturen von über 35 °C.

Prozent steigen.

Darüber hinaus ist voraussichtlich vermehrt mit extremen

Die Dürre von 2002/2003 war das erste extreme Wetter-

­Wetterereignissen zu rechnen. Die Verstärkung des soge-

ereignis, das von australischen Wissenschaftlern direkt mit

nannten El Niño Southern Oscillation-Phänomens könnte zur

dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbin­

Zunahme von Dürreperioden und Starkniederschlägen führen.

dung gebracht wurde.130 Ende 2002 waren fast zwei von

128

drei Australiern vom Regenmangel betroffen; die Kosten für Der weltweit steigende Meeresspiegel wird wie in anderen

die australische Wirtschaft werden auf 6,6 Milliarden Aus-

Ländern auch in Australien zu Problemen vor allem in den

tralische Dollar geschätzt.131

Küstengebieten führen. Besonders für den fünften Kontinent ist jedoch, dass etwa 80 Prozent der Australier in einem Ab-

Eine Herausforderung stellt nicht nur die Zunahme von Dür-

stand von 50 Kilometern oder weniger von der Küste entfernt

ren aufgrund abnehmender Niederschlagsmengen und stei-

leben, so dass mit einem besonderes hohen Anpassungsbe-

gender Verdunstung dar, sondern auch die Verschlechterung

darf in der Siedlungsstruktur und im Infrastruktursektor zu

der Wasserqualität. Verschärft wird das Problem zusätzlich

rechnen ist.

durch die gleichzeitig steigende Nachfrage nach Wasser und eine bereits heute festzustellende Übernutzung der Res-

Als ein Land, das schon heute mit Wasserknappheit zu

sourcen in einigen Regionen.

kämpfen hat, ist Australien für die zunehmende Trockenheit besonders anfällig. Für die meisten Gebiete wird mit ab-

Der Wassermangel wirkt sich unter anderem negativ auf die

nehmendem Niederschlag gerechnet, und in einigen Gegen-

Landwirtschaft aus, die in Australien circa 3 Prozent zum

den sind die Projektionen dramatisch. So wird für Melbourne

Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Während der Dürre von

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

2002/2003 fiel der Wert der landwirtschaftlichen Produk-

Ministerium gegründet (Department of Climate Change),

tion um fast ein Fünftel.

das die Koordination des nationalen Rahmenprogramms zur

132

Anpassung an den Klimawandel übernommen hat. Durch die zunehmende Hitze und Trockenheit steigt voraus­ sichtlich auch die Gefahr von Wald- und Buschbränden.

Die Entwicklung dieses Rahmenprogramms basierte auf

Einzelereignisse wie die katastrophalen Feuer von Anfang

verschiedenen Analysen und Studien, die unter Beteiligung

2009, bei denen mehr als 200 Menschen starben und mehr

zahlreicher Stakeholder aus der Wissenschaft sowie betrof-

als 7.000 Menschen ihre Häuser verloren, lassen sich zwar

fener Entscheidungsträger erarbeitet wurden.139 Es ist die

nur schwer direkt mit dem Klimawandel in Verbindung brin-

Grundlage für alle zukünftigen Anpassungsmaßnahmen der

gen. Fest steht aber, dass den Bränden sehr extreme Wetter­

Regierung in den kommenden fünf bis sieben Jahren. Das

bedingungen mit außergewöhnlich hohen Temperaturen vo­

Rahmenprogramm enthält bereits mögliche Anpassungs-

rausgegangen waren, die durch den Klimawandel in Zukunft­

maßnahmen, allerdings noch keine verbindlichen Vorgaben

häufiger auftreten werden.133

oder Zeitpläne. Diese sollen im Rahmen eines Implementie­ rungsplans konkretisiert werden. Für das Rahmenprogramm

Auch die einzigartige Biodiversität Australiens ist vom Kli-

sind regelmäßig Umsetzungsberichte zu erstellen, eine kom-

mawandel betroffen. Circa 85 Prozent der Pflanzenarten und

plette Revision ist in vier Jahren geplant.

83 Prozent der Säugetiere Australiens finden sich nirgendwo anders auf der Welt. Wie stark diese einmalige Natur durch

Es wurden zwei Schwerpunkte hervorgehoben, in denen An-

die Klimaveränderungen bedroht ist, lässt sich am Great Bar-

passungsmaßnahmen unternommen werden sollen:

Die steigenden Wassertemperaturen

1 . Verbesserung des Wissens über den Klimawandel und

führen zu häufigerer und intensiverer Korallenbleiche und ge-

Aufbau von Anpassungskapazität. Eine wichtige Maß-

fährden damit das 1981 von der UNESCO zum Weltnaturerbe

nahme ist die Gründung des Australian Centre for Cli-

erklärte Riff, das zu den nationalen Wahrzeichen Australiens

mate Change Adaptation, das die Informationsbasis für

zählt.

die zukünftige Arbeit liefern soll (siehe Abschnitt Infor-

rier Reef beobachten.

134

135

mationsstand).

Strategie und Akteure

2. Verringerung der Vulnerabilität in wichtigen Sektoren

Die australische Regierung legte bereits 2004 das National

und Regionen. Wichtige Sektoren, die vor den Folgen

Climate Change Adaptation Programme auf, das zum Ziel

des Klimawandels geschützt werden sollen, sind Wasser,

hatte, australische Regierungsbehörden und besonders anfäl-

Biodiversität, Küsten, Landwirtschaft, Fischerei, Forst-

lige Industriesektoren auf die Auswirkungen des Klimawan­

wirtschaft, Gesundheit, Tourismus, Siedlungswesen und

dels vorzubereiten.136 2005 veröffentlichte die Regierung im

Infrastruktur.

Rahmen dieses Programms den Climate Change Risk and Vulnerability-Report, der die generelle Richtung bei der

Vor allem in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt

Adaption von Klimaanpassungsmaßnahmen in Australien

werden bereits einige Maßnahmen umgesetzt beziehungs-

vorgeben sollte. Der Report zeigte auf, wie eine frühzeitige

weise sektorspezifische Pläne entwickelt:

Umstellung beziehungsweise Anpassung sowohl dem industriellen Sektor als auch der Gesellschaft insgesamt konkreten Nutzen bringen könnte.

137

l Im Rahmen der Initiative Australia’s Farming Future des Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft werden Mittel für Forschung und Entwicklung

58 |

Vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse zu den Folgen des

sowie Weiterbildung und Vernetzung der betroffenen Ak-

Klimawandels beschloss das Council of Australian Govern-

teure bereitgestellt. Außerdem werden den Landwirten

ments (COAG) im April 2007 das National Climate Change

Darlehen für notwendige Anpassungsmaßnahmen zur

Adaptation Framework als nationales Rahmenprogramm zur

Verfügung gestellt.

Anpassung an den Klimawandel. Das COAG ist das wichtig-

l Das Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Forst-

ste Forum des föderativen Staates, dem unter anderem der

wirtschaft erarbeitet zurzeit den Climate Change and

Premierminister und die Premierminister der Bundesstaaten

Forestry Adaptation Plan, in Kooperation mit der Indus­

angehören.138 Ende 2007 wurde ein eigenes Klimawandel-

trie und den Bundesstaaten und regionalen Regierungen.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

l Im Rahmen der Initiative Water for the Future inves­ tiert die Regierung über 10 Jahre circa 13 Milliarden

und Gesundheit, Tourismus, Wirtschaft und Industrie sowie Finanzen und Versicherungen konzentriert.143

Australische Dollar in die Verbesserung des Wasserma­ nagements. Einen besonderen Schwerpunkt bildete hier

Das in Victoria initiierte Climate Change Adaptation-Pro-

bisher das Murray-Darling-Bassin, das besonders stark

gramm läuft bereits seit 2006 und hat zum Ziel, wissen-

von den Klimaveränderungen betroffen ist. Hier wurden

schaftliche Erkenntnisse zu generieren und entsprechendes

beispielsweise neue Regelungen zur Wasserentnahme

technisches Know-how aufzubauen.144

entwickelt. l Im Rahmen des Reef Rescue-Programms setzt das Um-

Die lokale Ebene

weltministerium zahlreiche Maßnahmen zur Verbesse-

Die australische Regierung unterstützt auch die lokale Ebene

rung der Wasserqualität am Great Barrier Reef um. Auf

bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen. Der Bericht

diese Weise soll das weltberühmte Korallenriff unter

Climate Change Adaptation Actions for Local Government

anderem auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet

bietet Handlungsansätze für die lokalen Entscheidungsträger.

werden.

Ziel des Berichts ist es, sinnvolle Anpassungsmaßnahmen für

140

australische Gemeinden zu identifizieren. Das Local AdaptaAngepasst werden soll auch die National Drought Policy der

tion Pathways Programme bietet finanzielle Mittel, damit

australischen Regierung. Mehrere für unterschiedliche Be-

lokale Regierungen ihre Anpassungskapazitäten weiterent-

reiche in Auftrag gegebene Untersuchungen zielen darauf

wickeln können. Durch Risikobewertungen und die Entwick-

ab, Fehlentwicklungen aufzudecken und eine entsprechende

lung von Aktionsplänen sollen sich lokale Regierungen besser

Gegenstrategie zu formulieren. Erste Ergebnisse zeigen, dass

auf den Klimawandel vorbereiten können und die notwen-

die Bemühungen zur Überwindung von Dürreperioden im

dige Anpassung in ihre Entscheidungsfindungsprozesse inte-

landwirtschaftlichen Bereich oft daran gescheitert sind, dass

grieren.145

sie sich zu wenig auf die handelnden Akteure konzentriert haben. Weitere Schwachstellen sind eine mangelnde Koordi-

Informationsstand

nation der Beteiligten sowie die Überschneidung bestimmter

Die Verbesserung und Koordination der australischen For­

Unterstützungsangebote bei gleichzeitiger Unterversorgung

schung und Informationsvermittlung ist ein wichtiger Be­

in anderen Bereichen.141

standteil des Rahmenprogramms zur Klimaanpassung. Die Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisa-

Die regionale Ebene

tion (CSIRO) spielt bei der Analyse der Folgen des Klimawan­

Aufgrund der föderalen Struktur des Landes fallen zahlreiche

dels in Australien eine zentrale Rolle. Sie erstellt Klimapro-

vom Klimawandel betroffene Bereiche in die Zuständigkeit

jektionen und erarbeitet Analysen zur Vulnerabilität und zu

der Bundesstaaten. Demzufolge beginnen auch diese, sich

Anpassungsoptionen. Im Zusammenhang mit der Verabschie­-

mit notwendigen Maßnahmen zur Anpassung an den Klima­

dung des Rahmenprogramms hat die Organisation zusätz­

wandel auseinanderzusetzen.

liche Mittel für sogenannte National Research Flagships zur Klimaanpassung erhalten. Dies sind praxisorientierte

So hat beispielsweise die Regierung von New South Wales

Forschungs­programme zu unterschiedlichen Themenkom-

ihrem Klimaplan eine Anpassungskomponente hinzugefügt.

plexen:146

Es wurden Programme zur Erforschung der Folgen des Kli-

1. Wege zur Anpassung: Australien auf den effektiven Um-

mawandels in der Region, zum Umweltmonitoring und zum

gang mit dem Klimawandel vorbereiten

Aufbau von Anpassungskapazität initiiert. Zum Schutz der

2. Nachhaltige Städte und Küsten

Biodiversität im Zeichen des Klimawandels wurde das Bio-

3. Biodiversität und Ökosysteme

diversity and Climate Change Adaptation Framework verab-

4. Anpassung der Unternehmen und Kommunen

schiedet.142 Im Zusammenhang mit dem Rahmenprogramm zur KlimaanQueensland wiederum hat den Aktionsplan ClimateSmart

passung wurde außerdem angekündigt, dass die Regierung in

Adaptation 2007–2012 entwickelt, der sich auf die Sektoren

den nächsten fünf Jahren insgesamt 126 Millionen Dollar zur

Wasser, Landwirtschaft, Siedlungen, Natur, Notfallplanung

Verfügung stellt, um ein neues Forschungs- und Informations­

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

zentrum zur Anpassung an den Klimawandel aufzubauen. Im Rahmenprogramm wird bemängelt, dass die bisherige For­ schung zu Klimafolgen und Anpassung in Australien zu fragmentiert sei. Das neue Australian Centre for Climate Change Adaptation soll hier Abhilfe schaffen. Aufgabe des Zentrums ist es, den Dialog zu koordinieren und für Regierung, Unternehmen und Gemeinden Informationen zu Klimarisiken und möglichen Anpassungsmaßnahmen bereitzustellen. Das Zentrum soll strategische Prioritäten in der Forschung definieren und existierende Initiativen über Sektoren und Disziplinen hinweg verknüpfen. Konkrete Beispiele sind die Erarbeitung von Küstenschutzmaßnahmen oder die Planung eines Frühwarnsystems für Hitzewellen.

Kommunikation und Aufklärung Für die Aufklärung von Entscheidungsträgern und Öffentlichkeit über die notwendige Anpassung an den Klimawandel wird das geplante Australian Centre for Climate Change Adap­tation in Zukunft voraussichtlich ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Zusätzlich soll die nachhaltige Verankerung des notwendigen Fachwissens auch auf anderen Wegen sichergestellt werden: So wird die Weiterbildung „klimaanpassungsrelevanter“ Berufsgruppen explizit als Maßnahme im National Climate Change Adaptation Framework genannt. Das Climate Change Adaptation Skills for Professionals Programme, ein vom Australian Institute of Landscape Architects initiiertes Projekt, soll die Weiterbildungsmaßnahmen für Ingenieure, Architekten und andere Berufsgruppen fördern. Diese sollen befähigt werden, notwendige Anpassung an den Klimawandel in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Erklärtes Ziel ist es, im Rahmen eines dreistufigen Verfahrens bis 2011 entsprech­ ende Standards in den unterschiedlichen Ausbildungsberei­ chen einzuführen.147

60 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Die Entwicklungs- und Schwellenländer

Die besondere Betroffenheit der Entwicklungsund Schwellenländer

Kooperation und institutionelle Kapazität. Speziell für trans-

Die Entwicklungs- und Schwellenländer sind schon heute

verschiedenen Anrainer eine Voraussetzung für nachhaltiges

besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen

Ressourcenmanagement.

nationale Wasserressourcen ist gerade die Kooperation der

und stehen in Zukunft teilweise vor existenziellen Herausforderungen. Die trifft besonders auf die am wenigsten entwi­

Die notwendige Anpassung wird hohe Kosten verursachen,

ckelten Länder zu (Least Developed Countries, LDCs), obwohl

Schätzungen gehen allerdings weit auseinander, da unsicher

diese nur minimal zum weltweiten Klimawandel beigetragen

ist, wie die Folgen vor Ort genau aussehen werden. Außer-

haben. Bestehende Probleme wie Armut und Ressourcen-

dem ist umstritten, welche Kosten explizit zu den Anpas-

knappheit werden sich durch die Folgen des Klimawandels

sungskosten gezählt werden sollen. Die Weltbank geht in

in Zukunft weiter verschärfen. Gleichzeitig haben die Länder

einer aktuellen Studie von einem Finanzbedarf zur Klimaan-

oft nur sehr begrenzte Kapazitäten, um mit den Folgen des

passung in den Entwicklungsländern von jährlich zwischen 75

Klimawandels umzugehen.

und 100 Milliarden US-Dollar für den Zeitraum von 2010 bis 2050 aus.149

Vulnerabilität Die Wirtschaft der meisten Entwicklungsländer ist stark

Diese Kosten können aufgrund der mangelnden finanziellen

von der Landwirtschaft abhängig und damit für Klimaän-

Ressourcen nicht von den Entwicklungsländern allein getra-

derungen besonders anfällig. In vielen Ländern kommt es

gen werden. Spätestens seit der Balikonferenz von 2007 ist

zu veränderten Niederschlagsmustern, Dürren und dann

klar, dass das Engagement der Industrieländer gefordert ist

plötz­lichen Überflutungen. In einigen Ländern Afrikas kann

– nicht zuletzt, weil die Industrieländer für den Großteil der

es laut IPCC beispielsweise bis 2020 zu einer Reduktion der

vergangenen und aktuellen CO2-Emissionen verantwortlich

landwirtschaftlichen Produktivität um bis zu 50 Prozent

sind, auch wenn der Anteil der Schwellenländer steigt.

kommen, bis 2100 sogar um bis zu 90 Prozent. Ein beängstigendes Szenario, vor allem für die Kleinbauern.148 Bestehende

Die Diskussion um die Finanzierung der Anpassungsmaßnah-

Probleme wie Wasserknappheit, Wüstenbildung, der Verlust

men ist daher ein zentrales Thema in den Verhandlungen um

landwirtschaftlicher Nutzfläche, Überschwemmungen, Ab-

ein Post-Kyoto-Abkommen auf der Konferenz von Kopenha-

holzung, Umweltschädigungen oder der Ausbruch von Epide­

gen im Dezember 2009. Seitens der Entwicklungsländer wird

mien werden sich durch den Klimawandel verstärken. Zudem

gefordert, dass Gelder für Anpassung zusätzlich zur bisheri-

gibt es in den Entwicklungs- und Schwellenländern viele

gen Entwicklungshilfe bereitgestellt werden.

wichtige Ökosysteme, deren ökologisches Gleichgewicht bedroht ist. Das Amazonasgebiet, die Himalajagletscher oder

Es wurden drei spezielle Fonds eingerichtet, die auf verschie-

das Mangrovengebiet Sundarbans zwischen Indien und Bang­

dene Arten die Anpassung an den Klimawandel unterstützen:

ladesch sind einige prominente Beispiele.

der Special Climate Change Fund (SCCF) zur Finanzierung der Aktivitäten im Bereich Anpassung, Technologietransfer

Fehlende Anpassungskapazitäten und finanzielle Ressourcen

und Kapazitätsbildung, der Least Developed Countries Fund

Meist fehlen in den Entwicklungsländern die technischen

entwickelten Länder sowie der Adaptation Fund (AF), der Ent-

und wirtschaftlichen Ressourcen, um sich auf die Folgen des

wicklungsländer, die das Kyoto-Protokoll ratifiziert haben,

Klimawandels einzustellen, beispielsweise durch bessere

bei der Umsetzung ihrer Anpassungsmaßnahmen unterstüt-

Wassermanagementsysteme oder Innovationen in der Land-

zen soll.150

(LDCF) zur Unterstützung der Gruppe der 49 am wenigsten

wirtschaft. Ein weiteres Problem ist die schwache regionale

| 61


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Bisher ist aber nur ein Bruchteil des geschätzten Finanzie­ rungsbedarfs durch finanzielle Zusagen der Industrieländer abgedeckt. Es gilt als unwahrscheinlich, dass konkrete Zusagen vor der Konferenz von Kopenhagen im Dezember 2009 erfolgen. Substanzielle Finanzhilfen seitens der Industrieländer für die Anpassung an den Klimawandel in den Entwicklungsländern sowie für den Transfer „grüner“ Technologien gelten als Bedingung dafür, dass auch die Entwicklungs- und Schwellenländer Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen akzeptieren.

Anpassungspolitik In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern werden bisher nur die notwendigsten Anpassungsmaßnahmen umgesetzt. Langfristige Strategien fehlen meist, auch weil es oft kaum verlässliche Daten zu den genauen, regionalen Auswirkungen des Klimawandels gibt. Vor allem in großen Teilen Afrikas ist die Informationslage desolat. So hat sich die Datenlage für Afrika in den letzten Jahren sogar verschlechtert, und es mangelt an zuverlässigen Klimamodellen und Projektionen.151 Mit Anpassungsmaßnahmen wird daher gezwungenermaßen bisher, wenn überhaupt, vor allem kurzfristig auf solche Veränderungen reagiert, die vor Ort schon spürbar sind. Es gibt aber auch Ausnahmen. Einige Länder, wie Südafrika oder Indien, haben schon eine vergleichsweise gute Informationsbasis. Bereits auf der siebten Konferenz der Klimakonvention 2001 in Marrakesch wurden die speziellen Auswirkungen des Klimawan­dels auf die Entwicklungsländer diskutiert. Die am wenigsten entwickelten Länder, von denen die große Mehrzahl in Afrika liegt, wurden aufgefordert, ein National Adaptation Programm of Action (NAPA) zu erarbeiten, das die dringlichs­ ten Anpassungsmaßnahmen im jeweiligen Land identifiziert und priorisiert. UNFCCC entwickelte Richtlinien für die Erarbeitung dieser NAPAs. Grundgedanke ist, die betroffenen Stakeholder in die Programmentwicklung einzubinden, um so Informationen über Klimaveränderungen vor Ort zu sammeln und ihnen zu ermöglichen, gegenseitig von ihren Erfahrungen zu profitieren. Ferner wurde eine Expertengruppe eingerichtet, die den Prozess begleitet und die Länder dabei unterstützt, konkrete Anpassungsplanungen umzusetzen.152 Zwar haben mittlerweile die meisten LDCs einen nationalen Aktionsplan verabschiedet, viele davon aber erst kürzlich. Es ist daher im Moment noch schwierig, die Umsetzung der vorgeschlagenen Projekte zu beurteilen. Generell gelten die NAPAs aber nur als erster Schritt zur Vorbereitung auf den Klimawandel, dem viele weitere Anstrengungen folgen müssen.

62 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Südafrika: Wassermangel und Bedrohung der einmaligen Biodiversität Zusammenfassung Südafrika wird durch den Klimawandel vor große Herausforderungen gestellt. Wasserknappheit ist bereits heute ein Problem, dem das Land große Aufmerksamkeit widmet. Der Klimawandel wird dies voraussichtlich noch verschärfen. Weitere wichtige Herausforderungen sind Gesundheit und Biodiversität, ein einzigartiger Schatz des Landes und wichtige Ressource für den Tourismus.

Südafrika ist im Vergleich zu vielen anderen Staaten Afrikas besser auf

den Umgang mit dem Klimawandel vorbereitet. Dies liegt auch daran, dass es in Südafrika sehr gute Klimaforschungseinrichtungen gibt und das Land daher über deutlich bessere Projektionen verfügt als andere afrikanische Staaten. Seit 2004 gibt es eine nationale Klimastrategie, die sich auch mit den notwendigen Anpassungen an den Klimawandel befasst. Eine detailliertere Anpassungspolitik wird derzeit vorbereitet und soll voraussichtlich 2010 verabschiedet werden. Außerdem verfügt Südafrika über ein differenziertes Wassermanagement.

Länderprofil

Sektoren, die voraussichtlich besonders vom Klimawandel

Südafrika gilt trotz aller Probleme seit Ende der Apartheid

betroffen sind, sind der Gesundheitssektor, Landwirtschaft

1994 als eine politisch und wirtschaftlich starke Demokratie

(besonders die Maisproduktion), Weideland, Wasser und Bio-

mit Ausstrahlung auf die Region beziehungsweise den ganzen

diversität.153

Kontinent. Das südafrikanische Bruttoinlandsprodukt ist das größte aller afrikanischen Staaten. Den Hauptanteil daran

Der Klimawandel könnte in Südafrika zu einer Zunahme

erwirtschaftet das Land durch Rohstoffförderung. Insbeson-

von Infektionskrankheiten, wie Malaria, führen, da sich die

dere für die Beschäftigung sind aber auch Landwirtschaft

von Malaria betroffenen Gebiete voraussichtlich vergrößern

und Tourismus zentrale Wirtschaftssektoren. Das Erbe der

werden. Auch der Wassermangel bedroht die Gesundheit der

Apartheid stellt Südafrika allerdings nicht nur vor große

Bevölkerung. Die Vulnerabilität Südafrikas wird hier durch die

wirtschafts- und sozialpolitische Herausforderungen, son­

bestehende Belastung durch HIV/Aids weiter verstärkt.154

dern erschwert auch die Umsetzung einer im ganzen Land wirkenden Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Die

In der südafrikanischen Landwirtschaft werden sich die Folgen

Gefahr ist, dass sich nur die wirtschaftlich besser gestellten

des Klimawandels voraussichtlich deutlich bemerkbar machen.

Provinzen vor Gefährdungen schützen, während die ärmeren

70 Prozent des Getreideanbaus in Südafrika konzentriert sich

zurückbleiben.

auf Mais, dessen Anbauvolumen bei einem generell heißeren und trockeneren Klima um 20 Prozent sinken könnte.155 Auch

Die klimatischen Bedingungen Südafrikas sind äußerst he­

die wirtschaftlich bedeutsame Tierfutterproduktion sowie der

terogen. In den Küstenregionen des Süd- und Nordostens

Obst- und Weinanbau werden betroffen sein. Dürren und die

herrscht vorwiegend subtropisches Klima, im Westen domi-

Zunahme von Flächenbränden könnten außerdem die Vieh­

nieren Wüstenbedingungen (Kalahari, Namib). Die durch-

zucht beeinträchtigen. Dies wird noch verstärkt durch den

schnittlichen Temperaturwerte des Landes liegen ganzjährig

möglichen Anstieg der Ausbreitung von Krankheitserregern,

zwischen 25 und 35 °C. Die Hälfte des südafrikanischen Terri-

beispielsweise der Maul- und Klauenseuche.156

toriums besteht aus Trocken- oder Halbtrockengebieten, was die Landwirtschaft anfällig gegenüber einer Verringerung der

Die Veränderung der Niederschläge und die regional

Niederschlagsmengen macht.

zunehmende Trockenheit ist ein weiteres Problem des Kli-

| 63


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

mawandels für Südafrika, da es sowohl die Lebensgrundla-

strategischen Ansatzes zur Eindämmung und Bewältigung

gen der Menschen in der Landwirtschaft und Trinkwasser-

des Klimawandels wurde 1997 im Prozess der Ratifizierung

versorgung als auch die einzigartige Biodiversität des Landes

der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) festgestellt.

gefährdet.

Die 1994 gegründete Beratungsinstitution National Committee on Climate Change (NCCC) wurde mit der Koordination der Ausarbeitung eines White Papers zum Klimawandel für die Regierung betraut. Im Verlauf der Konsultationen mit Stakeholdern wurde dann jedoch die Notwendigkeit einer integrierten nationalen Strategie zum Klimawandel deutlich. Anstelle eines White Papers wurde daher schließlich im September 2004 die National Climate Change Response Strategy verabschiedet. Die Strategie befasst sich sowohl mit dem Klimaschutz als auch mit der Anpassung an den Klimawandel. Zentrale Themen der Strategie bei der Anpassung sind Gesundheit, Landwirtschaft, Biodiversität, Wasser und Weideland. Die Klimastrategie sieht Anpassungsmaßnahmen auch im Kontext der übergeordneten Ziele der Armutsbekämpfung und der Schaffung von Arbeitsplätzen.162 Bei der Umsetzung der Strategie ist das Ministerium für Umwelt und Tourismus (DEAT) federführend. Außerdem spielt das Ministerium für Rohstoffe und Energie eine wichtige Rolle in der Bearbeitung einzelner Projekte. Sechs weitere Ministerien sind über das National Committee on Climate

Die durch den Klimawandel gefährdete Biodiversität ist

Change eingebunden (Außenministerium, Handel und Indus-

für Südafrika über den Umweltschutzgedanken hinaus eine

trie, Wasser- und Forstwirtschaft, Wohnungsbau, Transport,

wertvolle Ressource. Sowohl die Küsten rund um das Kap der

Kultur und Wissenschaft), in dem auch lokale Regierungen,

Guten Hoffnung als auch das dichte Netz südafrikanischer

Wirtschaft, Gewerkschaften und NGOs vertreten sind.163 Das

Nationalparks im Inland beherbergen eine immense Bio-

Komitee berät das Umweltministerium in Fragen des Kli-

diversität.

157

Im Kruger National Park beispielsweise gibt es

mawandels.

336 Baum-, 114 Reptilien-, 507 Vogel- und 147 Säugetierarten.158 Dieser Artenreichtum ist auch wirtschaftlich von

Die National Climate Change Response Strategy stellt die

großer Bedeutung für Südafrika. 60 Prozent der Touristen

Anpassung an den Klimawandel in den Kontext der nach-

geben an, sich wegen der Natur für eine Reise nach Südaf-

haltigen Entwicklung Südafrikas und betont, dass viele An-

rika entschieden zu haben.159 Vor allem Temperaturanstieg

passungsmaßnahmen, beispielsweise im Gesundheitsschutz,

und zunehmende Trockenheit bedrohen diese Biodiversität.

auch unabhängig von den exakten Folgen des Klimawandels

So könnte sich beispielsweise die Fläche der Lebensräume

sinnvoll sind. Als übergreifendes Ziel im Bereich Anpassung

für Wildtiere in Südafrika in den nächsten 50 Jahren um 55

definiert die Strategie den Ausgleich der Vulnerabilität Süd­

Prozent verringern.160 Bei einem angenommenen mittleren

afrikas gegenüber dem Klimawandel. Anschließend werden

Temperaturanstieg von 2,5 bis 3 °C über den Stand von 1990

notwendige Maßnahmenbereiche und Anpassungsoptionen

hinaus würden im Kruger National Park Schätzungen zufolge

definiert.

etwa 66 Prozent der Tierarten aussterben.

161

Im Bereich Gesundheit wird die Ausweitung des Gesund-

64 |

Strategie und Akteure

heitsschutzes und der Gesundheitsförderung als Maßnah-

Südafrika ist bei der Entwicklung einer Strategie zur An-

menbereich genannt. Es wird argumentiert, dass der Kli-

passung an den Klimawandel weiter fortgeschritten als die

mawandel bisherige Fortschritte im Gesundheitsbereich,

anderen afrikanischen Staaten. Die Notwendigkeit eines

beispielsweise bei der Sicherung des Zugangs zu sauberem


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Trinkwasser zur Eindämmung von Infektionskrankheiten,

zur Priorisierung und Bewertung von Arten zu entwickeln,

zunichte machen könnte, so dass zusätzliche Anstrengungen

da nicht alle Arten gerettet werden können. Im Bereich Bio-

nötig werden. Eine weitere Maßnahme ist die Ausweitung der

diversität wurde bisher besonders in die Überwachung von

Überwachungssysteme zum Ausbruch von Epidemien sowie

Tier- und Pflanzenbeständen und den Erhalt von Pflanzenerb-

zum Monitoring von Malaria- und Bilharziose-Gebieten.

gut investiert.

Außerdem sei eine Ausweitung bisheriger Programme zur Versorgung der Haushalte mit Material zur Ansteckungsver-

Vor Kurzem hat die südafrikanische Regierung einen Pro­

hütung, wie beispielsweise Moskitonetzen, notwendig.

zess gestartet, um eine detaillierte National Climate Change Response Policy zu entwickeln. Ein erster Entwurf wurde im

Für den Wassersektor werden Wasserressourcenmanage-

Rahmen einer Konferenz im März 2009 präsentiert. An der

ment sowie Notfallplanung als notwendige Anpassungs-

Konferenz nahmen neben den zentralen Ministerien auch

maßnahmen genannt. Wasser wird in Zukunft eine zentrale

Wirtschaftsvertreter, Gewerkschaften, NGOs und andere

Herausforderung sein, auch wenn Südafrika bereits heute

Stakeholder teil. Auch hier spielt die Anpassung an den Kli-

über ein gut funktionierendes Wassermanagementsystem

mawandel eine entscheidende Rolle. Bis 2010 soll durch ei­

verfügt. Eine wichtige Grundlage ist der bereits 1998 verab-

nen partizipativen Prozess ein Policy White Paper erarbeitet

schiedete National Water Act. Das Gesetz definiert Wasser

werden.166

als öffentliches Eigentum und enthält klare Regelungen für die Wasserentnahme durch unterschiedliche Nutzergrup-

Die lokale Ebene

pen.164 Südafrika verfügt damit über deutlich bessere Kapa-

Auch einige Provinzen und Städte haben eigene Anpas-

zitäten beim effektiven Umgang mit Wasser als andere Staa­

sungsstrategien entwickelt oder sich zumindest mit den Aus-

ten in Afrika, weitere Anpassungsmaßnahmen werden aber

wirkungen des Klimawandels vor Ort auseinandergesetzt.

notwendig sein.

Beispiele sind hier die Provinz Westkap und Kapstadt, die

165

Provinz Kwazulu-Natal und Durban sowie Johannesburg. Auf Die Strategie nennt als Anpassungsoptionen die Verbesse­

der lokalen Ebene gibt es also bereits mehrere Ansätze und

rung der Monitoringsysteme, strategisches Ressourcenma­

Initiativen; die Zusammenarbeit von lokaler und nationaler

nagement, flexible Zuteilung von Wassernutzungsrechten,

Ebene wird aber als verbesserungsbedürftig eingeschätzt.

Nachfragemanagement, Wassersparmaßnahmen, Notfallplanung für Extremwetter-ereignisse sowie die Verbesserung

Informationsstand

der Infrastruktur.

Die Informationslage zum Klimawandel ist in Südafrika bes­ ser als in anderen afrikanischen Ländern. Die Climate System

Als Anpassungsoptionen bei der Nutzung von Weideland

Analysis Group der Universität Kapstadt verfügt beispiels-

wird beispielsweise die Verbesserung der Vorhersagesysteme

weise über ein panafrikanisches Netzwerk meteorologischer

für Feuer und Dürren sowie die Seuchenprävention genannt.

Stationen und kann daher regional differenzierte Modelle

Bei der Anpassung der Landwirtschaft wird herausgestellt,

entwickeln. Internationale Akteure wie IPCC oder andere

dass Bewässerung in einigen Gebieten angesichts zuneh­

afrikanische Staaten greifen auf diese Klimainformationen

mender Trockenheit zu teuer werden könnte, so dass sich die

zurück. Die Climate System Analysis Group bietet außerdem

Anbaugebiete verlagern müssen. Außerdem sollten verstärkt

eine Online-Plattform mit regionalen Klimadaten (Data Dis-

dürreresistente Sorten angebaut werden, um die Versorgung

semination Programme).167

mit Nahrungsmitteln sicherzustellen. Wichtige Forschungseinrichtungen zum Thema sind neben Ein weiteres wichtiges Thema ist der Schutz der Biodiver-

der Universität Kapstadt auch die Universität Pretoria, die

sität. Hier wird der Schutz der Pflanzen- und Tierwelt sowie

Universität Stellenbosch, das South African Botanical Insti-

der Meere genannt. Zu den Anpassungsoptionen zählen der

tute (SANBI), die South African Weather Services sowie das

Aufbau von Netzwerken zur Beobachtung der Gefährdung

Council for Scientific and Industrial Research (CSIR), eine vom

von Tier- und Pflanzenarten durch den Klimawandel oder

Parlament gegründete Organisation zur Vermittlung zwi­

der Aufbau von Saatgutbanken für bedrohte Pflanzenarten.

schen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.

Außerdem wird es als notwendig erachtet, Mechanismen

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Kommunikation und Aufklärung Die National Response Strategy betont die Bedeutung von Kommunikation und Aufklärung der Bevölkerung über die Folgen des Klimawandels und stellt hier gleichzeitig Nachholbedarf fest. Südafrika ist aber eines der afrikanischen Länder mit der umfangreichsten Kommunikation zur Bedeutung des Klimawandels und zur Notwendigkeit von Anpassung. So erarbeitet das Ministerium für Wissenschaft und Technologie beispielsweise derzeit einen Vulnerabilitäs-Atlas für Südafrika (National Climate Change Vulnerability Atlas), der die regionalen Auswirkungen des Klimawandels in Südafrika darstellen und eine Planungsgrundlage für die Praxis liefern soll.168 Ein weiteres Beispiel ist die University of Stellenbosch, die sich unter anderem für die Berichterstattung über die Folgen des Klimawandels durch Wissenschaftsjournalisten engagiert.

„Globale Anpassungs-Apartheid“: Eine südafrikanische Perspektive Angesichts der sozialen Spannungen im eigenen Land und des Erbes der Apartheid wird das Thema Anpassung an den Klimawandel in Südafrika auch als Gerechtigkeits­ thema diskutiert. So spricht der Erzbischof von Kapstadt und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu von der Gefahr einer „globalen Anpassungs-Apartheid“. Er weist auf die Ungerechtigkeit hin, dass die Einwohner der Entwicklungsländer, wie beispielsweise die Slumbewohner in Haiti oder die Kleinbauern Malawis, diejenigen sind, die den Folgen des Klimawandels schutzlos ausgelie­ fert sind, obwohl sie nicht signifikant zum Klimawandel beigetragen haben. Auf der anderen Seite verfügen die Industrie­länder als Hauptverursacher des Klimawandels über ausreichende Mittel, um ihre Bürger zu schützen. Daher spricht er sich dafür aus, dem Thema Anpassung einen wichtigen Platz auf der internationalen Agenda der Armutsbekämpfung einzuräumen. Quelle l Human Development Report (2007/2008)

66 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Tansania: Anpassung unter schwierigen Bedingungen Zusammenfassung Als eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt ist Tansania für die Folgen des Klimawandels besonders anfällig: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als einem Dollar pro Tag, und über 80 Prozent arbeiten in der Landwirtschaft, so dass sie direkt von natürlichen Ressourcen abhängig sind. Aufgrund der geografischen Bedingungen sind die Auswirkungen des Klimawandels in Tansania sehr vielfältig. Betroffen sind unter anderem Landwirtschaft, Wasser, Gesundheit, Biodiversität und Energiewirtschaft. Zwar hat Tansania einen nationalen Anpassungsplan entwickelt, die bisherigen Maßnahmen werden den Herausforderungen des Klimawandels jedoch nicht gerecht, da der Plan sich zunächst nur auf die dringlichsten kurzfristigen Maßnahmen konzentriert und mit der Umsetzung gerade erst begonnen wird. Diese Situation ist charakteristisch für viele Entwicklungsländer.

Länderprofil

wird sich die Landwirtschaft auf eine stärkere Variabilität

Das im östlichen Afrika gelegene Tansania verfügt über eine

des Klimas und damit auf Veränderungen der Anbaubeding­

außergewöhnliche Vielfalt an Naturräumen: Das Land um-

ungen einstellen müssen. Während die Niederschläge in ei-

fasst tropische Klimazonen, Savannengebiete, Sumpfland,

nigen Landesteilen voraussichtlich abnehmen werden, ist in

Hochplateaus sowie den Kilimandscharo als höchsten Berg

anderen mit einer Zunahme zu rechnen. Ernteausfälle durch

Afrikas. Das Land verfügt über wichtige Wasserreservoirs

Trockenheit oder Hochwasser wären die Folge. So geht die

(Viktoria-See, Tanganjika-See, Malawi-See) und beherbergt

Regierung davon aus, dass die Maisernte landesweit aufgrund

den Serengeti-Nationalpark, eines der bedeutendsten Natur-

von Temperaturanstieg und sich ändernden Niederschlags-

reservate der Welt. Tansania ist daher auf sehr vielfältige

mustern um durchschnittlich 33 Prozent abnehmen könnte,

Weise von den Folgen des Klimawandels betroffen.

in den zentralen Regionen sogar um bis zu 84 Prozent. Für den Kaffeanbau wird dagegen mit einer Zunahme von 16

Gleichzeitig verfügt das Land wegen der verbreiteten Armut

bis 18 Prozent gerechnet.171 Schrumpfen werden als Folge

nur über geringe Anpassungskapazitäten. Etwa 58 Prozent

des Klimawandels die Weidegebiete für Nutztiere, so dass

der tansanischen Bevölkerung leben von weniger als einem

Versorgungsengpässe wahrscheinlicher werden und sich die

Dollar pro Tag und ist stark von natürlichen Ressourcen ab-

bestehenden Konflikte um Weideland verschärfen werden.172

hängig.169 Die Bevölkerung wird daher von den Folgen des Klimawandels existenziell bedroht. Betroffene Sektoren sind

Tansania wird von mehreren großen Flüssen wie dem Rufiji,­

vor allem Landwirtschaft, Wasser, Gesundheit und Biodiver-

dem Pangani und dem Ruvu durchzogen, die eine heraus-

sität sowie Energie.

gehobene Bedeutung für die Wasserversorgung haben und zudem für die Energieversorgung genutzt werden. Die Was-

Die Landwirtschaft ist mit Abstand der wichtigste Wirt­

serführung dieser Flüsse wird sich durch den Klimawandel

schaftssektor in Tansania. Etwa 40 Prozent des Bruttoin-

verändern, allerdings regional unterschiedlich. Während für

landsprodukts Tansanias entfallen auf die Landwirtschaft,

das Einzugsgebiet des Pangani beispielsweise mit einer Ab-

und etwa 80 Prozent der Bevölkerung arbeiten in diesem

nahme gerechnet wird, wird für den Rufiji eine Zunahme

Sektor.170 Häufigere und stärkere Dürreperioden bedrohten

prognostiziert. Diese Schwankungen haben gravierende Fol-

in der jüngeren Vergangenheit bereits die Ernährungssicher-

gen für die Wasserversorgung der Bevölkerung – zwei Drittel

heit weiter Teile der tansanischen Bevölkerung. In Zukunft

der Haushalte sind direkt auf natürliche Wasserressourcen

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

angewiesen – aber auch für die Energieversorgung durch

hende Knappheit an natürlichen Ressourcen. Viele der

Wasserkraft.

landwirtschaftlichen Probleme Tansanias wie Erosion und

173

Degradation der Böden und Nutzflächen, die Abholzung der Durch den Klimawandel wird sich die Malaria, die schon

Wälder oder das Absenken des Grundwasserspiegels sind

heute eine der häufigsten Todesursachen in Tansania ist,

nicht erst durch den Klimawandel hervorgerufen. Der Klima­

voraussichtlich weiter ausbreiten. Ihr Vorkommen wird

wandel verschärft diese Probleme aber zusätzlich.

neuerdings auch in den Regionen Kilimandscharo, Arusha und Tanga beobachtet, wo diese Krankheit früher nicht vorkam.

Strategie und Akteure

Wenn die gegenwärtigen Trends von Temperaturanstieg und

Als ein Least Developed Country (LCD) war Tansania im Rah-

Änderungen des Niederschlags anhalten, wird sich das Infek-

men der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verpflich­

tionsgebiet der Malaria weiter ausweiten. Besonders betrof-

tet, einen Nationalen Aktionsplan (National Adaptation

fen sind Kinder sowie die ärmsten Teile der Bevölkerung.

Programme of Action – NAPA) zur Anpassung an die Folgen

174

des Klimawandels zu entwickeln. 2007 kam Tansania dieser Die Küstengebiete Tansanias sind durch den Anstieg des

Verpflichtung nach.177 Der NAPA ist das strategische Haupt-

Meeresspiegels bedroht. Besonders betroffen sind die am

dokument der tansanischen Anpassungspolitik.

Meer liegende Stadt Daressalam – Regierungssitz und größte Stadt des Landes – sowie die Insel Sansibar. Zusätzlich sind

Ziele des NAPA

wichtige Naturräume gefährdet, wie die artenreichen Korallenriffe und die Mangrovenwälder. Ihr Verschwinden würde

Die Hauptziele des NAPA sind:

eine weitere Erosion des Küstenbodens und die Erhöhung der

1. Identifizierung der dringendsten Maßnahmen zur

Gefahr durch Flutwellen bedeuten.

Anpassung an den Klimawandel und die Klimavaria­ bilität

Tansania verfügt über eine sehr vielfältige Tier- und Pflan-

2. Schutz des Lebens und der Lebensgrundlage der Be­

zenwelt mit vielen Arten, die nur in Tansania vorkommen. 19

völkerung sowie Schutz von Infrastruktur, Biodiver-

Prozent des Territoriums sind Schutzzonen beziehungsweise

sität und Umwelt

Nationalparks. Der Schutz dieser Vielfalt liegt in mehrfacher

3. Mainstreaming: Integration von Maßnahmen zur Kli-

Hinsicht auch im ökonomischen Interesse des Landes, vor al-

maanpassung in nationale und sektorspezifische Poli-

lem im Hinblick auf dessen Bedeutung für den Tourismus. Der

tik, Strategien und Entwicklungsziele

Klimawandel gefährdet diese Biodiversität allerdings durch

4. Verbesserung des öffentlichen Bewusstseins zu den

ansteigende Temperaturen und Schwankungen in den Nie-

Auswirkungen des Klimawandels und zu Anpassungs-

derschlagsmustern. Auch das Abschmelzen der Eisdecke auf

maßnahmen in den betroffenen Gemeinden, der

dem Kilimandscharo ist hier relevant: Im Laufe des 20. Jahr-

Zivilgesellschaft und bei Regierungsbeamten

hunderts ging das Eis bereits um 80 Prozent zurück, zwischen

5. Unterstützung der betroffenen Gemeinden bei der

2015 und 2020 wird es voraussichtlich komplett verschwun-

nachhaltigeren Nutzung natürlicher Ressourcen ange­-

den sein.175

sichts des Klimawandels 6. Ergänzung nationaler und lokaler Entwicklungs­

Der Energiebedarf des Landes wird zu über 90 Prozent durch

anstrengungen, die durch die negativen Folgen des

Biomasse, vor allem durch Holz, gedeckt. Daneben spielt

Klimawandels behindert werden

auch die Wasserkraft eine Rolle. Die Regierung schätzt das

7. Schaffung von langfristigen, nachhaltigen Entwick-

Potenzial der Wasserkraft auf etwa 90 Prozent des nationa­

lungsansätzen auf nationalem und lokalem Level an-

len Bedarfs. Allerdings führten die Veränderungen des Ab-

gesichts der bevorstehenden klimatischen Verände­

flusses der Flüsse schon in der Vergangenheit zur Reduktion

rungen

der Stromversorgung des Landes durch Wasserkraft. Diese Schwankungen werden in Zukunft voraussichtlich zuneh­

Verantwortlich für die Entwicklung des NAPA war die Um-

men, was das Ausbaupotenzial der Wasserkraft beschränkt.176

weltabteilung des Vizepräsidenten, wobei großer Wert auf die interdisziplinäre Zusammenstellung des Untersuchungs­

Generell verstärkt der Klimawandel die bereit heute beste-

68 |

teams sowie die partizipative Herangehensweise bei der


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Die dringendsten Anpassungsprojekte in Tansania Insgesamt wurden aus 72 analysierten Projekten 14 von der Regierung im Rahmen des NAPA priorisiert: 1. Verbesserung der Bewässerungsmethoden im Pflanzenbau, um die landwirtschaftliche Produktion zu erhöhen und gleichzeitig Wasserressourcen einzusparen 2. Entwicklung alternativer Landwirtschaftskonzepte und Wasserspeicherungssysteme 3. Verbesserung der Wasserspeicherprogramme und -technologien Erhebung der Daten zu Vulnerabilität und Anpassungsmaß­ nahmen gelegt wurde. So wurden Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und lokaler Ebene in die Entwicklung des NAPA einbezogen. Ein wichtiges Ziel der Einbindung der Stakeholder war die Sammlung von Informationen. Denn wie in vielen anderen Entwicklungsländern ist die Datenlage zu den erwarteten Klimaveränderungen für Tansania sehr lückenhaft. Daher wird für die Planung der konkreten Maßnahmen vor allem auf das lokale Wissen über die bereits beobachtbaren Veränderungen des Klimas zurückgegriffen. Eine langfristige Planung ist so allerdings schwer möglich. Primäres Ziel des NAPA ist es daher auch, die kurzfristig notwendigsten Maßnahmen zu identifizieren. Insgesamt wurden aus 72 analysierten Projekten 14 für die unmittelbare Umsetzung ausgewählt. Die meisten Projekte wurden in Tansania für die Sektoren Land- und Wasserwirtschaft definiert (Bewässerung, Wassereinsparungen, Regenwassersammlung), aber auch Energie und Tourismus spielen eine Rolle. Mit der Umsetzung der dringendsten Projekte wurde aber erst kürz­ lich begonnen (siehe Projektbeispiele im Anhang). Der Fokus der Anpassungsprojekte im Rahmen des NAPA liegt im technischen Bereich, beispielsweise auf der Bewässerungs- und Wasserspeicherungs¬infrastruktur oder auf Elektrifizierungsmaßnahmen durch Mikro-Wasserkraft. Dazu kommt das Ziel einer nachhaltigeren Nutzung der knappen natürlichen Ressourcen, zum Beispiel durch dürreresistentes Saatgut.

4. Umsetzung lokaler Programme zur Erhaltung und zum Management der Wasserstaumenge 5. Investition in saubere Energiequellen wie Wind, Solarenergie, Bio-Diesel, um die Verringerung des Potenzials für Wasserkraft zu kompensieren 6. Förderung der Anwendung von Kraft-Wärme-Kopp­ lung in der Industrie als Ersatz von Energie aus Wasserkraft 7. Durchführung von Programmen zur Aufforstung auf degradierten Böden unter Nutzung von anpassungsfähigen und schnell wachsenden Baumarten 8. Entwicklung lokaler Programme und Pläne zur Verhinderung von Waldbränden 9. Einführung und Stärkung von lokalen Programmen zur Information der Bevölkerung über vermeidbare Gesundheitsrisiken 10. Einführung nachhaltiger Tourismusangebote in den Küstengebieten; Umsiedlung betroffener Dorfgemeinschaften in tief liegenden Gebieten 11. Erweiterung des Naturschutzes und Unterstützung lokaler Gemeinden im Naturschutzmanagement 12. Verbesserung der Speicherung von Regenwasser und Wasserrückgewinnung 13. Bau künstlicher Strukturen zur Erosionseindämmung, zum Beispiel Uferdämme, künstliche Sandanlagerung an Stränden und Stranddrainage 14. Einführung eines sinnvollen Systems zur Bodenbesitzverteilung; Ermöglichung nachhaltiger Ansiedelungen

Die Umsetzung der identifizierten Projekte erfolgt nicht zentral, sondern durch die jeweils zuständigen Ministerien.

Informationsstand

Ein großer Teil der Anpassungsprojekte wird von internatio-

Die systematische Gewinnung und Verbreitung von Informa-

nalen Organisationen finanziert, wie dem Entwicklungspro-

tionen zum Klima ist in Tansania wie in vielen anderen afri-

gramm der Vereinten Nationen (UNDP) oder der Internatio-

kanischen Staaten aufgrund der beschränkten Ressourcen sehr

nalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

lückenhaft. Die im NAPA angegebenen wissenschaftlichen Infor-

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Kommunikation und Aufklärung Information und Aufklärung zu den Folgen des Klimawandels für Tansania seitens der Regierung fand bisher vor allem in Zuge der Entwicklung des Nationalen Aktionsplans zur Anpassung an den Klimawandel statt. Auch bei der Umsetzung der Projekte werden Information und Kommunikation als wichtige Aufgaben genannt.

mationen speisen sich vor allem aus Studien der Forschungseinrichtung Tansania Meteorological Agency (TMA). In anderen Fällen wird aus internationalen Studien, vor allem des IPCC, zitiert. Weitere Einrichtungen, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels in Tansania befassen, sind die Universität Daressalam, die Tanzania Forest Conservation Group (TFCG) sowie das Food Security Information Team. Außerdem engagieren sich auch NGOs für die Verbesserung der Informationsgrundlage zum Klimawandel in Tansania. So hat die NGO SouthSouthNorth beispielsweise eine Studie zu den Folgen des Klimawandels und möglichen Anpassungsmaßnahmen in Tansania erstellt.178

70 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

BangladesCh: Katastrophenschutz mit begrenzten Mitteln Zusammenfassung Bangladesch gilt als eines der Länder weltweit, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Es ist wie kaum ein anderes großes Flächenland der Erde durch den steigenden Meeresspiegel existenziell bedroht. Zwei Drittel des Landes liegen weniger als fünf Meter über dem Meeresspiegel. Schon in der Vergangenheit wurde Bangladesch sehr häufig von Naturkatastrophen heimgesucht. Wegen des Klimawandels werden diese in Zukunft wahrscheinlich noch häufiger auftreten. Das Land versucht, sich mit den verfügbaren Mitteln so gut wie möglich auf diese enormen Probleme vorzubereiten, um die Zahl der Opfer und die wirtschaftlichen Schäden so gering wie möglich zu halten. Hier hat Bangladesch einige erfolgreiche Ansätze vorzuweisen. So wird die Bevölkerung bei drohenden Überschwemmungen beispielsweise von Freiwilligen vor Ort über Megafone und über das Radio gewarnt, um sich in Sicherheit bringen zu können. Angesichts der massiven Bedrohung des Landes und mangelnder finanzieller Ressourcen ist die Anpassung an den Klimawandel eine existenzielle Herausforderung, die Bangladesch nur in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft bewältigen kann.

Länderprofil

140 Millionen Menschen. Gleichzeitig ist die Bevölkerung zu

In Bangladesch liegt eines der größten Flussdeltas der Welt.

weiten Teilen sehr arm: 41 Prozent der Bevölkerung müssen

Es wird hauptsächlich von den drei Flüssen Ganges, Brahma-

von einem Dollar oder weniger pro Tag leben.180

putra und Meghna geformt und umfasst ein Netzwerk von 230 größeren Flüssen mit ihren Zuflüssen und Nebenarmen.

Etwa ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts von Bangla-

Bangladesch ist dadurch ein sehr fruchtbares und mit Was-

desch stammt aus der Landwirtschaft. Das bedeutet, dass

serressourcen reich ausgestattetes Land. Durch das Delta kann

der Klimawandel wahrscheinlich starke wirtschaftliche Ein-

jedoch das Meerwasser sehr weit ins Landesinnere gelangen,

bußen für das Land mit sich bringt und die Existenzgrundlage

und jede nur minimale Erhöhung des Meeresspiegels hat

der kleinbäuerlichen Bevölkerung bedroht. So könnte die

gravierende Auswirkungen für die im südlichen Landesteil

Produktion von Reis durch den Verlust landwirtschaftlicher

lebende, meist kleinbäuerliche Bevölkerung. Schätzungen zu-

Fläche bis 2050 um 10 Prozent, die von Getreide im selben

folge würde eine Erhöhung des Meeresspiegels um 1,5 Meter

Zeitraum um bis zu 32 Prozent sinken.181

15 Millionen Bewohner des südlichen Landesteils direkt betreffen.179 Der geschätzte Landverlust für diesen Fall liegt bei

Strategie und Akteure

22.000 Quadratkilometern oder 16 Prozent des Landes.

Obwohl Bangladesch eines der am wenigsten entwickelten Länder weltweit ist, gibt es gute Ansätze zur Anpassung an

Bangladesch ist eines der am stärksten von Naturkatastrophen

den Klimawandel, besonders im Bereich des Katastrophen-

betroffenen Länder der Welt. Neben Hochwasserereignissen

managements. Bangladesch hat traditionell mit Hochwas-

kommt es auch häufig zu tropischen Stürmen, Dürren, Erdbeben

sern und anderen Naturkatastrophen zu kämpfen und daher

und erosionsbedingten Erdrutschen. Solche Naturkatastrophen

ein umfassendes System entwickelt, um trotz beschränkter

werden sich in Zukunft voraussichtlich noch verstärken.

Ressourcen mit diesen Bedrohungen umzugehen. Anders als beispielsweise ein Land wie die Niederlande kann Bangladesch

Ein weiterer Grund für die extreme Vulnerabilität des Landes

seine Bevölkerung aber nicht komplett vor den Folgen des Kli-

ist die hohe Bevölkerungsdichte. Auf einer Fläche, die we-

mawandels schützen. Es geht vielmehr darum, die Folgen für

niger als halb so groß ist wie die der Bundesrepublik, leben

Menschen und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

| 71


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Das wichtigste Programm zum Umgang mit Naturkatastro-

Für das ebenfalls 2003 gegründete Ministerium für

phen angesichts des Klimawandels ist das Comprehensive Di-

Ernährungssicherheit

saster Management Programme (CDMP), das 2003 von der

(MoFDM) enthält das CDMP die zentralen Leitsätze und

Regierung verabschiedet wurde. Es ist ein umfassendes Pro-

Strategien. Neben einem Steering Committee, das das

gramm zur Reduzierung von langfristigen Risiken und zum Ka-

zentrale Entscheidungsorgan ist, gibt es eine Program, Policy

pazitätsaufbau im Katastrophenschutz. Es betrifft auch viele

and Partnership Development Unit (PPPDU), die für die Koor-

der zentralen Problematiken bei der Anpassung an den Kli-

dinierung der verschiedenen beteiligten Akteure und für das

mawandel. Das Programm wird vom Entwicklungsprogramm

Mainstreaming von Katastrophenmanagement in die Ent-

der Vereinten Nationen (UNDP) und dem britischen Ministe-

wicklungspolitik zuständig ist.

und

Katastrophenmanagement

rium für Internationale Entwicklung (DFID) unterstützt. Ergänzt wird das CDMP durch das Participatory Disaster

Frühwarnsysteme und Schutzbauten

Management Programme (PDMP), das ebenfalls von UNDP

Nach dem Tod von mehreren Hunderttausend Menschen

geführt wird. In Bangladesch zielt es auf die dringlichsten

durch die Auswirkungen eines Zyklons im November 1970 sah sich die Regierung von Bangladesch zum Handeln gezwungen, um die Zahl der Opfer bei zukünftigen Naturkatastrophen so gering wie möglich zu halten. Begrenzte finanzielle Ressourcen und ein schlecht ausgebautes Infrastruktursystem erforderten dabei ein pragmatisches Vorgehen bei der Warnung der Bevölkerung

Probleme mit kurzfristigem Umsetzungshorizont. Es ist eine aktions- und projektbezogene Flankierung der in der CDMP festgehaltenen Strategie und konzentriert sich auf einfache präventive Maßnahmen und auf die Bewältigung der Folgen von Naturkatastrophen. In Zusammenarbeit mit den wichtigsten Stakeholdern werden Aktionspläne für Naturkatastrophen entwickelt. Weitere wichtige Maßnahmen sind die

vor Wirbelstürmen und Flutkatastrophen.

Ausbildung von Personal zum Katastrophenmanagement, die

Die Behörden etablierten ein System, das im Wesentli-

die Einrichtung von Frühwarnsystemen.

chen auf der Einbindung von freiwilligen Helfern basiert: Mittels Schiffen, Radarstationen und Wettersatelliten gesammelte Daten über drohende Stürme und Überflutungen werden in schwer zugänglichen Gebieten per Rundfunk verbreitet. Speziell ausgebildete Helfer, ausgestattet mit Megafonen, Handsirenen und Fahrrädern, warnen daraufhin ihre unmittelbare Nachbarschaft vor der drohenden Gefahr. So soll sichergestellt werden, dass die Menschen zu allen Tages- und Nachtzeiten frühzeitig ihre Häuser verlassen können, um Zuflucht in speziellen

Umsetzung von lokalen Konzepten zur Risikoreduktion und

Zusätzlich hat Bangladesch 2005 auch ein Nationales Aktionsprogramm zur Anpassung (NAPA) im Rahmen der UNKlimarahmenkonvention (UNFCCC) entwickelt. Der Vorbereitungsprozess wurde von einem Komitee aus Vertretern der wichtigsten Ministerien betreut. Federführend ist das Ministerium für Umwelt und Wald (MoEF). Im Rahmen der Strate­ gieentwicklung wurden Workshops mit den betroffenen Stakeholdern organisiert und NGOs und Wissenschaftler in den Prozess eingebunden. Der Plan identifiziert die wichtig-

Schutzbauten zu finden.

sten Vulnerabilitäten und schlägt einen ausführlichen Kata-

In Bangladesch existieren knapp zweitausend solcher Bau­-

Maßnahmen aus dem Katalog werden jeweils von einem

ten, die Schutz für jeweils rund 1.500 Menschen bie­ten. Anders als die aus Holz und anderen leichten Materialien gefertigten Wohnhäuser trotzen diese Betonbauten auch starken Stürmen und Überschwemmungen. Die Maßnahmen zeigen Erfolge. Zwar kommen bei Zy­klonen in Bang­ ladesch immer noch viele Menschen ums Leben, doch konnte die Zahl der Opfer bei vergleichbar starken Stürmen durch die vorbeugenden Maßnahmen drastisch gesenkt werden.182

72 |

unterstützt und auch in anderen asiatischen Staaten durch-

log mit priorisierten Maßnahmen vor. Die 15 wichtigsten Projekt begleitet. Von besonderer Bedeutung ist die Aufforstung an den Küsten unter Beteiligung der lokalen Bevölke­ rung. Dieses Projekt ist mit 23 Millionen US-Dollar dotiert. Weitere Maßnahmen sind Information und Sensibilisierung der betroffenen Bevölkerung im Bereich Vorsorgemaßnahmen, die Anpassung der Landwirtschaft in von Überschwemmungen bedrohten Gebieten, besonders im Nordosten und im Zentrum Bangladeschs, Baumaßnahmen zum Schutz der von Überschwemmungen betroffenen Bevölkerung sowie Unterstützung bei der Behebung größerer Schäden. Weitere


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Projekte beziehen sich auf die Organisation der Trinkwasser-

schon 1972 gegründet.185 Dies ist ein Netzwerk von Beobach-

versorgung der Bevölkerung an den Küsten, mögliche Ver-

tungsstationen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Analy-

sicherungsoptionen und andere Instrumente zur Vorsorge.

sen und Berichte über die Situation in den Flussgebieten zu

Auch gibt es einige Forschungs- und Bildungsinitiativen.

erstellen und zu verbreiten.186 Außerdem geben die etwa 52

183

Beobachtungsstationen Vorhersagen für 24, 48 und 72 StunWährend das Ministerium für Ernährungssicherheit und

den heraus.187 Das Netzwerk deckt mittlerweile die meisten

Katastrophenmanagement beim Katastrophenschutz feder-

flutgefährdeten Regionen Bangladeschs ab. Im Hinblick auf

führend ist, ist das Ministerium für Umwelt und Wald (MoEF)

die Anpassung an den Klimawandel und die sich zuspitzenden

für die übrige Anpassungsplanung zuständig. Die Umwelt-

Probleme im Wassersektor ist das Zentrum von zentraler Be-

abteilung im MoEF ist mit den Umsetzungsmaßnahmen

deutung für eine mögliche Anpassungsplanung.188 Zusätzlich

beauftragt. Wichtige Ziele sind das Mainstreaming von Kli-

sind im Bereich der Vorhersage und Beobachtung noch das

mafolgen in der Entwicklungspolitik, die Verbesserung der

Cyclone Preparedness Programme und das Bangladesh Me-

Informationen über den Einfluss des Klimawandels in Bang­

teorological Department aktiv.

ladesch sowie die Vermittlung dieser Informationen an die betroffenen Stakeholder.

Kommunikation und Aufklärung Die Information der Bevölkerung über bevorstehende Wet-

Wegen der hohen Vulnerabilität des Landes engagieren sich

terextreme und die Aufklärung über Schutzmaßnahmen ist

viele internationale Akteure in Bangladesch. Die Vereinten

in Bangladesch lebensnotwendig, und das Land unternimmt

Nationen haben beispielsweise ausführliche Studien zum

hier vielfältige Anstrengungen. Das Disaster Management In-

Thema Anpassung erarbeitet und finanzieren lokale Projekte.

formation Center (DMIC) ist eine zentrale Plattform an der

Zusätzlich sind viele nationale Regierungen präsent: So

Schnittstelle von Politik und Forschung und für die Informa-

enga­giert sich beispielsweise das britische Ministerium für

tionsstrategie zum Katastrophenmanagement zuständig.

Internationale Entwicklung (DFID) beim Bau von flutsicheren

Hier werden relevante Informationen im Bereich des Katas-

Häusern. Die Niederlande sind ebenfalls in Bangladesch ak-

trophenschutzes gesammelt und den relevanten Akteuren

tiv, vor allem im Küstenschutz.

zur Verfügung gestellt. Das Disaster Management Information Network (DMIN) soll das DMIC mit Regierung, NGOs

Bangladesch ist außerdem auch in der internationalen De-

und den von den Risiken betroffenen lokalen Kommunen ver-

batte um die Anpassungspolitik sehr präsent. Das Land

netzen. Auf diese Weise soll eine schnell und stabil funktio-

fordert immer wieder Unterstützung für die massiven

nierende Infrastruktur entstehen, die Informationen zu be­

Anstrengungen, die zur Anpassung an die Folgen des Kli-

vorstehenden Ereignissen und zum empfohlenen Verhalten

mawandels in Bangladesch und anderen Entwicklungslän-

während und nach Katastrophen zu den Betroffenen und zu

dern notwendig sind. So hat Bangladesch beispielsweise die

den Hilfseinrichtungen weiterleitet.

Schaffung eines Fonds zur Bekämpfung des Klimawandels in Südasien im Rahmen der South Asian Association for Regional

Eine weitere wichtige Initiative ist die Climate Change Cell,

Cooperation (SAARC) vorgeschlagen.184 Außerdem ist Bangla­-

eine Kooperation von CDMP, UNDP, DFID und der Euro­

desch als Least Developed Country (LDC) alternierendes Mit-

päischen Kommission. Ziel ist es, die Bevölkerung über die

glied im Rat des Adaptation Fund von UNFCCC, der Anpas-

Klimarisiken zu informieren und ihr beim Umgang mit diesen

sungsmaßnahmen in Entwicklungsländern finanziert.

Gefahren zu helfen. Sie ist im Ministerium für Umwelt und Wälder verortet und soll Armutsbekämpfung mit Klimaan-

Informationsstand

passung verbinden. Eine der Initiativen ist beispielsweise die

Bangladesch verfügt im Vergleich zu anderen Entwicklungs­

Grass Root Awareness-Initiative – ein Sensibilisierungspro-

ländern über relativ gut funktionierende Systeme der Infor-

gramm, dessen Ziel es ist, die betroffenen Kommunen über

mationsgewinnung. Zwar gibt es noch einen starken Bedarf

Klimarisiken zu informieren. Die Initiative soll es den Betrof-

an Forschung zu den langfristigen Folgen des Klimawandels,

fenen ermöglichen, Risiken zu erkennen und Präventions-

jedoch ist insbesondere die Vorhersage und Beobachtung

maßnahmen zu ergreifen.189

kurzfristiger Entwicklungen schon gut etabliert. Das Flood Forecasting and Warning Centre (FFWC) beispielsweise wurde

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Indien: herausforderung wasser Zusammenfassung Die indische Bevölkerung ist trotz der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes weiterhin stark von der Landwirtschaft abhängig und damit höchst anfällig für Klimaveränderungen. Der Klimawandel wird den Druck auf die natürlichen Ressourcen weiter verschärfen, besonders die Wasserversorgung ist gefährdet. Die indische Regierung hat sich angesichts dieser Situation schon früh mit möglichen Folgen des Klimawandels und notwendigen Anpassungsmaßnahmen an die erwarteten Veränderungen befasst und zahlreiche Forschungsprojekte angestoßen. Anpassungsmaßnahmen werden auch zunehmend in die übergeordnete Planung einbezogen. Im Juni 2008 verabschiedete der Klimarat des Premierministers den National Action Plan on Climate Change (NAPCC), der die Hauptgefahren des Klimawandels für Indien aufzeigt, mögliche Anpassungsstrategien diskutiert und Maßnahmen zu deren Umsetzung vorschlägt. Die betroffenen Fachministerien wurden mit der Detaillierung beauftragt.

Länderprofil

weise weitaus weniger Regen als benötigt wurde. An-

In Indien leben derzeit 1,1 Milliarden Menschen, also etwa 17

schließend gab es derart heftige Regenfälle, dass große Teile

Prozent der Weltbevölkerung. Davon leben über 70 Prozent

Indiens mit starken Überschwemmungen zu kämpfen hatten.

in ländlichen Gebieten. Auch die Armut konzentriert sich auf den ländlichen Raum: Etwa drei Viertel der Armen Indiens

Eine weitere zentrale Süßwasserquelle ist das Schmelzwasser

leben dort. Indien hat insgesamt eine hohe Bevölkerungs-

der Gletscher des Himalajas, das den Ganges und andere wich-

dichte, die Bevölkerung ist allerdings sehr ungleichmäßig

tige Flüsse Indiens speist. Die Gletscher gehen allerdings Jahr für

verteilt und konzentriert sich besonders in den fruchtbaren

Jahr zurück. Bis 2035 könnten sie vollständig abgeschmolzen

Ebenen entlang der Flüsse sowie an der Küste.190 Dies sind

sein.193 Dies hat gravierende Folgen für die Lebensbedingungen

gleichzeitig die Gebiete, die vom Klimawandel voraussicht­

der Menschen, die direkt an den Ufern der Flüsse leben, sowie für

lich besonders betroffen sein werden.

die Versorgung der Einzugsgebiete mit Wasser und Elektrizität.194

Vor allem für die Wasserversorgung wird der Klimawandel

Auch Überschwemmungen werden als Folge des Klimawan­

Folgen haben. Der indische Süßwasserbedarf wird zu einem

dels voraussichtlich zunehmen: Entlang der Küste bedroht der

großen Teil durch Regenwasser während der Monsunzeit

steigende Meeresspiegel die Bevölkerung. Die Bewohner eini-

gedeckt. In Teilen Indiens ist der Monsunregen aufgrund der

ger kleiner Inseln im Mangrovengebiet Sundarbans im Mün­

starken Verschmutzung der Flüsse die einzige saubere Was-

dungsdelta des Ganges mussten bereits umgesiedelt werden.195

serquelle. Schon minimale Abweichungen der Monsunnie-

74 |

derschläge haben für Bevölkerung und Wirtschaft massive

Trotz des teilweise rasanten Wachstums anderer Sektoren

Konsequenzen. In der Trockenzeit ist die Bevölkerung daher

trägt die Landwirtschaft mit circa 18,5 Prozent des Bruttoin-

auf das gespeicherte Monsunwasser angewiesen, sei es im

landsprodukts noch immer einen großen Teil zur Wirtschaft

Grundwasser oder in Wasserspeichern. In den letzten Jahren

des Landes bei. Fast zwei Drittel der Menschen beziehen ihren

hat sich der Monsunregen jedoch zunehmend verändert.191

Lebensunterhalt aus diesem Sektor.196 Die Auswirkungen des

Nordwestindien wurde vermehrt von heftigen Niederschlä-

Klimawandels auf die Landwirtschaft und die ländliche arme

gen getroffen, während die Niederschlagsmengen in Ostin-

Bevölkerung sind daher für Indien eine existenzielle Heraus-

dien rückläufig sind. Insgesamt geht die Niederschlagsmenge

forderung. 60 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen In-

zurück.192 Im November 2007 lieferte der Monsun beispiels-

diens werden durch Regenwasser bewässert und sind damit


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

sehr anfällig gegenüber Änderungen des Niederschlagsmus-

Bericht an die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) wird

ters. Abnehmende Regenfallmengen werden voraussichtlich

der Bewertung der Vulnerabilitäten sowie möglicher Anpas-

zu einer Verringerung der Produktion führen und damit die

sungsmaßnahmen eine hohe Bedeutung beigemessen.198

Lebensgrundlage der ländlichen Bevölkerung bedrohen. Das Problem der Wasserknappheit wird noch verschärft durch

Im Juni 2008 veröffentlichte Indiens Premierminister den Na-

die unzureichenden Speicherkapazitäten für Regenwasser.

tional Action Plan on Climate Change (NAPCC), der sowohl

Während China beispielsweise 1.000 Kubikmeter Wasser pro

Klimaschutz als auch Anpassung umfasst.199 Der Plan definiert

Einwohner speichern kann und Marokko sogar 5.000, hat In-

acht Handlungsschwerpunkte als nationale Aufträge (National

dien derzeit lediglich Kapazitäten für 200 Kubikmeter.197

Missions): Solarenergie, Energieeffizienz, nachhaltiges Wohnen, Wasser, Erhalt der Ökosysteme des Himalajas, Auffors-

Der Temperaturanstieg wird in Indien auch zu Problemen im

tung, nachhaltige Landwirtschaft sowie Aufbau von Wissen

Gesundheitssektor führen. Neben der Zunahme von Durch-

über den Klimawandel. Die zuständigen Ministerien arbeiten

fallerkrankungen ist auch eine Ausweitung der Malariazonen

derzeit in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Stakeholdern

zu befürchten. Extreme Hitzewellen werden die Zahl der hit-

an detaillierten Implementierungsplänen zu diesen acht Be-

zebedingten Todesfälle gerade unter kranken und alten Men-

reichen.200

schen in die Höhe treiben. Hinzu kommt noch die steigende Gefahr durch andere Wetterextreme.

Anpassungsmaßnahmen sind ein wichtiger Teil dieser integrierten Klimastrategie. Die ersten beiden Aufgabengebiete

Strategie und Akteure

(Solarenergie und Energieeffizienz) fokussieren sich auf den

Insgesamt hat sich Indien schon früh mit den Folgen des

Klimaschutz, die anderen befassen sich teilweise oder über-

Klimawandels auseinandergesetzt und die notwendige An-

wiegend mit der Anpassung an den Klimawandel. Die Tabelle

passung auch in verschiedenen internationalen Gremien

fasst die wichtigsten Aussagen zur Anpassung zusammen.

thematisiert. So wurde beispielsweise im Rahmen der Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention in Delhi

Die indische Regierung hat also bereits strategische Priori­

bereits 2002 unter maßgeblichem Mitwirken Indiens eine

täten zur Anpassung an den Klimawandel definiert. Detail-

Erklärung verabschiedet, in der die Bedeutung der Anpassung

planung und Umsetzung stehen aber noch an Anfang.

an den Klimawandel betont wird. Auch in dem indischen

Nationaler Auftrag

Anpassungskomponente

Nachhaltiges Wohnen

Ziele sind die Steigerung der Energieeffizienz, die Nutzung wiederverwertbarer Materialien und die Verbesserung der Stadtplanung. Eine wichtige Komponente ist der Schutz vor Extremwetterereignissen durch Frühwarnsysteme, intelligente Planung und Katastrophenschutz.

Wasser

Eine effizientere Wassernutzung soll die Versorgung trotz einer klimabedingten weiteren Verknappung gewährleisten.

Erhalt der Ökosysteme des Himalajas

Um die Ökosysteme des Himalajas zu erhalten, ist ein besserer Schutz der Biodiversität, des Waldbestandes und der Gletscher geplant.

Aufforstung (Grünes Indien)

Ziel ist die Neu- oder Wiederaufforstung von sechs Millionen Hektar Wald, um die Waldbedeckung Indiens von 22 Prozent auf 33 Prozent anzuheben.

Nachhaltige Landwirtschaft

Ziele sind die Entwicklung klimaresistenterer Nutzpflanzen, eine stärkere Verbreitung von Wetterversicherungen sowie nachhaltigere landwirtschaftliche Anbaumethoden.

Strategisches Wissen über den Klimawandel

Der Bereich Wissen zielt auf die Entwicklung eines besseren Verständnisses der Klimapro­ zesse ab. Es sollen genauere Modelle entwickelt und ein verstärkter internationaler Austausch angeregt werden. Die Daten sollen besser zugänglich gemacht und auch der Privatsektor soll verstärkt mit einbezogen werden, beispielsweise die Versicherungsbranche.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Parallel zur Veröffentlichung des Aktionsplans im Juni 2008

Dürre, Zyklonen und Überschwemmungen und engagiert sich

wurde ein Klimarat einberufen, der die nationalen Bemüh­

im Katastrophenschutz.202 Winrock International hat maßgeb­

ungen koordinieren soll. Er setzt sich aus Vertretern von

lich an den nationalen Berichten an die UNFCCC mitgearbeitet

Mi­nisterien, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen.

und war auch Teil des indischen Teams des BASIC-Projekts, das

Federführend bei der Umsetzung ist das Ministerium für Um-

sich dem Thema Anpassung widmete (siehe Projektbeispiele).

welt und Wälder, das bei den unterschiedlichen nationalen

Ein weiterer wichtiger Akteur ist das Energy and Resources Insti-

Aufträgen mit den jeweils zuständigen Ministerien zusam-

tute (TERI), das gerade für das Umweltministerium eine Studie

menarbeitet. Auch andere Ministerien verfolgen Anpassungs­

zu den Folgen und Gefahren des Klimawandels im Nordosten

maßnahmen. Im Landwirtschaftsministerium wurde bei­

Indiens erstellt. Der Direktor des TERI, Dr. Rajendra Kumar

spielsweise eine Abteilung gebildet, die Erkenntnisse zu den

Pachauri, ist seit 2002 Vorsitzender des Weltklimarates (IPCC),

Folgen des Klimawandels in die landwirtschaftlichen Politiken

der 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

und Programme einfließen lassen soll. Zusätzlich engagieren sich auch internationale Organisa­tio­ Indien stellt die notwendigen Anpassungsmaßnahmen in den

nen und ausländische Regierungen. Das britische Minis­terium

Kontext der allgemeinen Entwicklungsanstrengungen des Lan-

für Internationale Entwicklung (DFID) führt beispielsweise

des. Regierungsvertreter sehen die Armutsbekämpfung als die

Regionalprogramme zur Verbesserung der Anpassungsfähig-

beste Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Dies legt

keit der ländlichen Bevölkerung und zum Katastrophenschutz

zwar eine sehr allgemeine Definition von Anpassung zu-

durch.203 Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit

grunde, wird jedoch der Situation in vielen Entwicklungs- und

(GTZ) realisiert Projekte zur Wasserversorgung im ländlichen

Schwellenländern gerecht. In diesen hängt die Verbesserung

Raum (siehe Projektbeispiele). Zusätzlich arbeitet die GTZ an

der Anpassungsfähigkeit auch ganz wesentlich von der allge-

technischen Lösungen im Bereich Forstwirtschaft und enga-

meinen Verringerung der Armut und Vulnerabilität der Bevöl-

giert sich im Bereich Mikroversicherungen.

kerung ab. So erklären sich auch die Ausgaben für die Anpassung an den Klimawandel. Nach Angaben des indischen Um-

Informationsstand

welt- und Forstministeriums gab Indien schon 2006/2007

Indien hat schon früh mit der Forschung zu Klimafolgen be-

11 Prozent des Regierungshaushalts und über 2 Prozent des

gonnen und mittlerweile eine vergleichsweise gute Informa­

Bruttoinlandsprodukts für Anpassungsmaßnahmen aus. Der

tionsbasis aufgebaut. Viele Forschungsarbeiten wurden im­

größte Teil der Ausgaben (75 Prozent) liegt im Bereich Armuts­

Rahmen der Anfertigung des ersten nationalen Berichts an

bekämpfung, weitere Felder sind Verbesserung der Ernteer-

die UNFCCC im Jahr 2004 durchgeführt. In den jeweiligen

träge, Schutz gegen Dürre, Katastrophenschutz, Gesundheits-

Ministerien wurden zudem sektorspezifische Projekte zur

versorgung und Schutz der Lebensgrundlagen.201

Erforschung der Klimafolgen initiiert. Allerdings gibt es natürlich auch in Indien noch immensen Forschungsbedarf,

Wesentlich für die Nachhaltigkeit der Armutsbekämpfung ist

vor allem zu regionalen und lokalen Klimaprojektionen.

aber, dass die Investitionsmaßnahmen auch zukünftige Unsicherheiten durch klimatische Veränderungen einbeziehen.

Kommunikation und Aufklärung

Indien versucht, dieser großen Herausforderung Rechnung

Die indische Regierung verfügt über langjährige Erfahrungen

zu tragen. In einigen Bundesstaaten wird die National Bank

bei der Kommunikation von Umweltthemen und der diesbezüg­

for Agriculture and Rural Development (NABARD) mit Unter-

lichen Sensibilisierung der Bevölkerung. Bei der Vorbereitung

stützung der deutschen Gesellschaft für Technische Zusam-

des ersten nationalen Berichts an die UNFCCC wurden beispiels-

menarbeit (GTZ) damit beginnen, die Auswirkungen des Kli-

weise im Rahmen von über 20 Workshops und Seminaren so-

mawandels explizit in ihre Entwicklungsprogramme für den

wohl Ministerien, NGOs als auch Forschungsinstitute einbezo-

ländlichen Raum einzubeziehen.

gen. Diskutiert wurde vor allem über den Zusammenhang von Klimawandel und Entwicklung, also über einen integrierten

76 |

Neben der staatlichen Ebene sind auch gesellschaftliche Ak-

Ansatz zur Anpassungspolitik. Zusätzlich wurde für diesen Pro­

teure bei der Anpassung an den Klimawandel engagiert. Eine

zess eine Plattform im Internet eingerichtet.204 Dort werden die

wichtige Institution ist Winrock International. Der Thinktank ar-

Termine und Ergebnisse der Workshops veröffentlicht sowie die

beitet unter anderem zu den Themen Risiko und Anpassung bei

verschiedenen Akteure des Prozesses miteinander vernetzt.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

China: Anpassung von Wasserund Landwirtschaft Zusammenfassung Der Klimawandel wird in China voraussichtlich gravierende Auswirkungen auf die Wasserversorgung und die Landwirtschaft haben. Die Wasserressourcen werden sich in vielen Teilen des Landes wahrscheinlich verknappen und so die landwirtschaftliche Produktion gefährden. Außerdem sind die Küsten Chinas, an denen sich die großen Städte und Wirtschaftszentren konzentrieren, vom steigenden Meeresspiegel bedroht. In seinem neuen nationalen Klimaprogramm von 2007 geht das Land daher auch auf die notwendigen Anpassungsmaßnahmen ein. Im Oktober 2008 wurde zusätzlich ein Weißbuch zum Klimawandel verabschiedet, das einige konkrete Ziele für Anpassungsmaßnahmen bis 2010 nennt. Neben großen Infrastrukturprojekten vor allem im Wassersektor wird auch die Verstärkung von Umweltschutzanstrengungen angekündigt. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Vorbereitung auf die Folgen des Klimawandels in China in letzter Zeit an Bedeutung gewinnt.

Länderprofil

Anpassungsmaßnahmen getroffen werden. Aufgrund der zu-

Der Klimawandel stellt China vor große Herausforderungen

neh­menden Verdunstung und der in vielen Regionen abneh­

und bedroht die Wasserversorgung und die Landwirtschaft.

menden Niederschläge wird der Bedarf an künstlicher Bewässe-

Der Wasserhaushalt verändert sich regional unterschiedlich:

rung ansteigen. In den semiariden Regionen Chinas wird sich

In Nordchina wird der Abfluss der Fließgewässer voraussicht­

der Prozess der Wüstenbildung voraussichtlich beschleu­nigen.

lich abnehmen, in Südchina dagegen zunehmen. Die Häufig­

Für die Forstwirtschaft könnte der Klimawandel dagegen zu-

keit sowohl von Hochwasser als auch von Dürren nimmt zu

mindest kurzfristig eine Produktivitätssteigerung um bis zu 10

und gefährdet die Stabilität der Wasserversorgung. Vor al-

Prozent bis 2030 bedeuten, vor allem in Nordwestchina.206

lem die sich beschleunigende Gletscherschmelze im Himalaja könnte massive Probleme mit sich bringen. Die Gletscher

Die Küstengebiete sind wegen des Anstiegs des Meeres­

des Himalajas haben eine entscheidende Funktion für die

spiegels durch Überschwemmungen bedroht. China ist be-

Wasserversorgung Asiens und speisen in China beispiels-

sonders anfällig, da 70 Prozent der großen Städte an den

weise die Flüsse Mekong und Yangtse. Allerdings schmelzen

Küsten liegen und ein großer Teil des Bruttoinlandsprodukts

sie schneller als andere Gletschergebiete der Erde. Wenn

hier erwirtschaftet wird. Über 130 Millionen Menschen leben

die gegenwärtige Geschwindigkeit anhält, ist es sehr wahr­

in China in Küstennähe oder auf niedrig gelegenen Inseln. Ein

scheinlich, dass sie bis 2035 komplett verschwunden sein

Anstieg des Meeresspiegels von 30 cm würde in China über

werden. Durch den Schmelzprozess wird der Wasserabfluss

80.000 Quadratkilometer von niedrig gelegenem Küstenge-

zunächst zwar ansteigen, dann aber durch die Abnahme des

biet überschwemmen.207

Eises deutlich zurückgehen. Die Folgen für die chinesische Wasserversorgung wären dramatisch: Die Wasserversorgung

Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit sind,

von etwa einer viertel Milliarde Menschen in China hängt

wie in anderen Ländern auch, eine erhöhte Mortalitätsrate

vom Schmelzwasser aus dem Himalaja ab.205

durch Hitzewellen und die Verbreitung ansteckender Krankheiten. Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber

In der Landwirtschaft ist die Stabilität der Ernteerträge ge-

werden voraussichtlich häufiger auftreten.

fährdet und damit die Lebensmittelversorgung der Bevölke­ rung. Bis 2030 ist es möglich, dass die Getreideproduktion um

Strategie und Akteure

5 bis 10 Prozent sinkt, in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhun-

Im Juni 2007 hat China ein nationales Klimaprogramm ver­

derts gar um 37 Prozent (Reis, Mais und Weizen), sollten keine

abschiedet, das auch Maßnahmen zur Anpassung an den

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Klimawandel enthält.208 Der Schwerpunkt liegt in den Bereichen Landwirtschaft, Wald und Ökosysteme, Wasserres-

zungsrechten und Umsetzung von Maßnahmen zur Einsparung von Wasser

sourcen und Küsten. Für diese Bereiche werden notwendige

l Beschleunigung der Planung und des Baus der Infrastruk-

Anpassungsmaßnahmen genannt. Für alle Bereiche wird die

tur, beispielsweise des South-to-North Water Diversion-

Notwendigkeit der Entwicklung neuer Technologien zum

Projekts, des weltweit größten Wasserversorgungspro-

Umgang mit dem Klimawandel betont. Neben großen In-

jekts, das den Norden Chinas mit Wasser versorgen soll

frastrukturprojekten, wie Staudämmen oder Wasserversor-

l Entwicklung und Verbesserung von Technologien zur

gungssystemen, werden auch Maßnahmen zum Naturschutz

Wasserverteilung, Wassereinsparung und Nutzung von

angekündigt. Hier einige Beispiele aus dem Programm:

Meerwasser

Landwirtschaft

Küstenzonen und Küstenregionen

l Verbesserung der landwirtschaftlichen Infrastruktur, bei­

l Entwicklung beziehungsweise Verbesserung relevanter

spielsweise zur großflächigen, effektiven Bewässerung l Förderung der Anpassung der landwirtschaftlichen Struk-

Gesetze und Regulierungen, beispielsweise Aufbau von integrierten Küstenmanagementsystemen

tur und Anbausysteme, beispielsweise durch die Opti­

l Entwicklung und Verbesserung von Technologien zum Schutz

mierung der Auswahl von Anbauregionen und die Diver-

und zur Erneuerung maritimer Ökosysteme, vor allem Man-

sifizierung der Anbauprodukte

groven, Korallenriffe und küstennaher Feuchtgebiete

l Züchtung von Arten, die resistenter gegenüber den durch

l Verbesserung des Umweltmonitorings und der Früh-

den Klimawandel verursachten Stressfaktoren (wie Dürre,

warnsysteme, beispielsweise durch den Ausbau von

Staunässe, hohe Temperaturen und Schädlinge) sind

Beobachtungsstationen

l Verhinderung einer Zunahme der Desertifikation der

l Stärkung der Anpassungsstrategien zum Umgang mit

Steppe, beispielsweise durch Kontrolle der Intensität der

dem steigenden Meeresspiegel, beispielsweise beim

Beweidung

Schutz vor Landsenkungen, beim Deichbau und bei der

l Verstärkung von Forschung und Entwicklung, beispielsweise in der Biotechnologie, dem Präzisionsackerbau

Verhinderung von Übernutzung des Grundwassers in den Küstenregionen

oder der Verhinderung von Seuchen Im Oktober 2008 hat die chinesische Regierung außer-

Wälder und andere Ökosysteme

dem ein Weißbuch zum Umgang mit dem Klimawandel

l Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzen, die für die

veröffentlicht. Hierin konkretisiert China seine Pläne zur

Anpassung an den Klimawandel wichtig sind, beispiels-

Anpassung an den Klimawandel.209 Es werden Ziele bis 2010

weise Beschleunigung der Überarbeitung des Wald­

genannt, beispielsweise:

gesetzes (Forest Law of the People’s Republic of China)

l Fertigstellung einer Reihe von Bauprojekten zum Schutz

sowie Erarbeitung eines Gesetzes zum Naturschutz (Law of Nature Reserve and Regulations on Wetland Protection of the People’s Republic of China) l Verbesserung des Schutzes der Wälder und anderer Ökosysteme, beispielsweise strikte Kontrolle der Abholzungsverbote sowie Ausweitung und Verbesserung von Naturschutzgebieten

vor Extremwetterereignissen l Sanierung von 52 Millionen Hektar Steppe, die von Desertifikation betroffen sind l Ausweitung der Naturschutzgebiete auf etwa 16 Prozent der Landesfläche Chinas l Sanierung von durch Erosion gefährdeten Böden im Umfang von 250.000 Quadratkilometern

l Stärkung von Forschung und Entwicklung neuer Techno­

l Erreichung wesentlicher Fortschritte bei der effizienteren

logien, beispielsweise zur Bekämpfung von Waldbränden

Wassernutzung, der Sanierung von Mangrovengebieten

und Schädlingen, zum Schutz der Biodiversität sowie

und beim Küstenschutz

Züchtung widerstandsfähigerer Baumarten Diese Planungen knüpfen teilweise an Maßnahmen an, die

78 |

Wasser

bereits angestoßen oder umgesetzt wurden, wie in den Berei­-

l Verbesserung des Managements von Wasserressourcen,

chen Wasserressourcen (beispielsweise Wasserspeicherprojek-

Entwicklung eines nationalen Systems zu Wassernut-

te zur besseren Vorbeugung gegenüber Überschwemmungen),


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Landwirtschaft (beispielsweise Auswahl, Kultivierung und

sen zu den Auswirkungen des Klimawandels im eigenen Land

Verbreitung widerstandsfähigerer Pflanzen) und Küstenzonen

erstellt. Die chinesische Regierung hat 2006 beispielsweise

(beispielsweise Einrichtung von Meeres­schutzzonen).210

nach einem vierjährigen Erarbeitungsprozess den National Assessment Report on Climate Change veröffentlicht, der von

Die Klimapolitik hat in China in den letzten Jahren deutlich

über 20 Regierungsinstitutionen erarbeitet worden war. Die

an Bedeutung gewonnen, was sich auch in institutionellen

Auswirkungen des Klimawandels auf China und die möglichen

Veränderungen widerspiegelt. 1998 wurde das National Co-

Anpassungsmaßnahmen machen einen wichtigen Teil des Be­

ordination Committee on Climate Change gegründet, um die

richts aus und bildeten die Grundlage für die weitere Planung.

sektorübergreifende Klimapolitik zu koordinieren. Das Komitee wurde 2007 in die National Leading Group to Address

Die Mittel für die Erforschung der Auswirkungen des Klimawan-

Climate Change umgewandelt. Unter dem Vorsitz des chine­

dels und die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen wurden

sischen Premierministers koordiniert die Gruppe die rele­

kürzlich erhöht. So sollen Szenarien zu den Auswirkungen ent-

vanten Strategien, Programme und Maßnahmen. Seit 2008

wickelt werden, vor allem im Hinblick auf die landwirtschaftli-

ist die Gruppe an die National Development and Reform

che Produktivität. Eine wichtige Rolle spielt hier die Chinese

Commission angegliedert.211 Dies zeigt, dass die Klimapolitik

Academy of Agricultural Sciences (CAAS). Das Agro-Meteoro­

in China in engem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen

logische Institut des CAAS (AMI) forscht zu den Themen Anpas-

Entwicklung des Landes gesehen wird. Der Einfluss von Zivil-

sung an den Klimawandel, Biodiversität und Landdegradation.

gesellschaft und Medien ist dagegen aufgrund des politischen

Es sollen beispielsweise Technologien für den Umgang mit Dür-

Systems Chinas gering.212

ren und anderen Extremwetterereignissen entwickelt werden.

Auf lokaler Ebene hat der Zentralstaat allerdings nur bedingt

Kommunikation und Aufklärung

Einfluss. Klima- und Umweltthemen werden häufig aufgrund

Insgesamt findet aufgrund des politischen Systems in China

fehlender Anreize und angesichts des als wichtiger er-

keine offene Debatte über Umweltthemen statt. Es gibt aber

achteten Wirtschaftswachstums vernachlässigt. Hier findet

Kommunikationsmaßnahmen, durch die die Regierung die Be­

jedoch allmählich ein Prozess des Umdenkens statt. Die

völkerung auf die Risiken aufmerksam macht. Zur Vermittlung

wirtschaftlich eher besser gestellten Küstenprovinzen haben

der Informationen über Gebiete, die von Hochwasser bedroht

in der Vergangenheit schon unabhängig von der Zentral­

sind, veröffentlicht die Regierung beispielsweise Risikokarten,

regierung in den Küstenschutz investiert.

die für die bevölkerungsreichsten Flussgebiete die Zonen mit hohem Überschwemmungsrisiko ausweisen. Diese Karten können

Informationsstand

für die Planung der Landnutzung verwendet werden und ent­-

China hat in der Vergangenheit bereits eine Reihe von Analy-

halten auch Informationen zu Evakuierungsmöglichkeiten.213

| 79


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

BraSilIEN: das Amazonasgebiet im Klimawandel Zusammenfassung Der Regenwald Brasiliens ist ein weltweit einmaliges Ökosystem, das durch den Klimawandel besonders gefährdet ist. Im Extremfall drohen große Teile des Amazonasgebiets sich in ein Savannengebiet zu verwandeln, mit drastischen Folgen sowohl für das weltweite Klima als auch für die Bevölkerung vor Ort, deren Lebensgrundlage vom Regenwald abhängt. Bisher hatte sich Brasilien, wie viele andere Länder in Lateinamerika, noch wenig mit der notwendigen Anpassung an den Klimawandel auseinandergesetzt. Dies ändert sich allerdings allmählich. So befasst sich der im Dezember 2008 veröffentlichte neue brasilianische Plan zum Klimawandel auch mit der notwendigen Anpassung. Auf der Grundlage genauerer regionaler Klimamodelle, die für 2009 erwartet werden, soll die Planung von Anpassungsmaßnahmen detailliert werden.

Länderprofil

kunft stärker schwanken. Darüber hinaus kann bei einer glo-

Brasilien wird in vielfacher Weise vom Klimawandel betrof-

balen durchschnittlichen Erwärmung um 2 °C die lokale Er-

fen sein, und die Folgen des Klimawandels sind bereits heute

wärmung bis zu 4 °C betragen. In Verbindung mit zunehmen-

spürbar. Es gab während der letzten Jahrzehnte relevante Änderungen im Niederschlag und eine Erhöhung der Temperatur um 0,5 °C.

214

Das Amazonasgebiet ist gegenüber Klimaänderungen besonders anfällig. Es ist das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Erde und macht 40 Prozent des weltweit verbleibenden Regenwalds aus.215 Etwa 65 Prozent der Fläche des Amazonasgebiets liegen in Brasilien, der Rest ist auf über acht weitere Länder verteilt. Sowohl für das globale als auch für das lokale Klima hat das Amazonasgebiet eine Schlüsselrolle. Der Regenwald absorbiert durch Wasserverdunstung in großem Maß Hitze und ist eine wichtige Süßwasserquelle. Etwa die Hälfte der Niederschläge im Amazonasgebiet wird durch die lokale Verdunstung generiert, aber auch die Niederschläge in den Kerngebieten der brasilianischen export­ orientierten Landwirtschaft werden vom Wasserkreislauf im Amazonasgebiet beeinflusst. Als riesiger CO2-Speicher hat er darüber hinaus eine wichtige Rolle für das weltweite Klima. Die Bedrohung des Regenwaldes durch die anhaltende massive Rodung ist seit Langem bekannt. Weniger offensichtlich ist, dass der tropische Regenwald zusätzlich von den Folgen des Klimawandels bedroht wird.216 Temperaturen und Niederschläge im Amazonasgebiet werden voraussichtlich in Zu­-

80 |

Nachhaltiger Umgang mit dem Regenwald als Win-win-Maßnahme Nachhaltiges Waldmanagement ist eine Win-win-Maßnahme, die sowohl dem Klimaschutz als auch der Anpassung an die Folgen des Klimawandels dient. Der tropische Regenwald ist einerseits von Abholzung bedroht, anderer­ seits belasten aber auch die Folgen des Klimawandels das Ökosystem Regenwald. Maßnahmen, die den Wald vor weiterer Abholzung und Degradierung schützen und ihn gleichzeitig resistenter gegen den Klimawandel machen, unterstützen daher beide Ziele. Bisher wurden die Folgen des Klimawandels beim Umgang mit dem tropischen Wald allerdings zu wenig berücksichtigt. Mögliche Maßnahmen, um die Anpassungskapazität des Regenwaldes zu erhöhen, sind beispielsweise: die Verbesserung der Integrität des Ökosystems, nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden oder der Schutz vor und bessere Bekämpfung von Waldbränden, die bei zunehmender Trockenheit verstärkt auftreten werden. Quelle l Guariguata, Cornelius, Locatelli, Forner, SánchezAzofeifa: Mitigation needs adaptation: Tropical forestry and climate change. August 2007.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

den extremen Wetterereignissen könnte dies die natürliche

Im Dezember 2008 wurde ein neuer nationaler Klimaplan

Anpassungsfähigkeit des Regenwaldes überfordern, und Teile

vorgelegt, der sich mit Klimaschutz und Klimaanpassung be-

des Regenwaldes könnten sich in Savanne verwandeln.217

fasst.223 Der Plan wurde unter Mitarbeit von 13 Ministerien und in Kooperation mit dem Brasilianischen Forum zum

Zusätzlich gibt es auch direkte Wechselwirkungen zwischen

Klimawandel entwickelt, einer Dachorganisation, die das

Abholzung und den Folgen des Klimawandels: Durch Abhol-

Bewusstsein für und die Diskussion über den Klimawandel

zung und Klimawandel könnte der Regenwald insgesamt

fördern soll. Der Plan enthält über 100 Empfehlungen zu Kli-

trockener werden, was die Wahrscheinlichkeit von Waldbrän-

maschutz und Klimaanpassung.224

den erhöht. 2005 gab es sogar bereits eine schwere Dürre im Amazonasgebiet, die möglicherweise mit einer erhöhten Oberflächentemperatur im tropischen Nordatlantik zusammenhing.218 Bis dahin galt extreme Trockenheit in dem sonst so niederschlagsreichen Gebiet als kaum vorstellbar. Der Klimawandel bringt auch Risiken für die Gesundheit der brasilianischen Bevölkerung mit sich. Durch die höheren Temperaturen können sich Krankheitsüberträger besser ausbreiten, so dass Krankheiten wie Dengue-Fieber und Malaria voraussichtlich häufiger auftreten werden. Für die Landwirtschaft ist die zunehmende Häufigkeit an Dürreperioden ein Problem. Besonders betroffen ist der ohne­hin trockene Nordosten des Landes, der schon immer von Dürren heimgesucht wurde.219 Auch der Energiesektor in Brasilien wird von den Folgen des Klimawandels betroffen sein, da über zwei Drittel von Brasiliens Strombedarf aus Wasserkraft gedeckt werden. So führ­te eine Dürre 2001 in Verbindung mit einem erhöhten Energiebedarf zu starken Rückgängen bei der Produktion von Wasserkraft, was zu massiven wirtschaftlichen Schäden führte.220 Auch Extremwetterereignisse haben Brasilien in den letzten Jahren vermehrt getroffen. Im März 2004 traf ein Hurrikan das südöstliche Brasilien, der erste Hurrikan im Südatlantik überhaupt. Er zerstörte über 3.000 Häuser und sorgte für starke Überschwemmungen. Forscher des brasilianischen National Institute for Space Research gehen davon aus, dass das Entstehen das Hurrikans mit dem Klimawandel zusammenhängt.221

Strategie und Akteure Lange wurde der Anpassung an den Klimawandel in vielen lateinamerikanischen Staaten kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dies beginnt sich aber in den letzten Jahren zu ändern. Auch Brasilien fängt an, sich intensiver mit den Folgen des Klimawandels im eigenen Land zu befassen.222

Der Amazonasfonds Die neue Klimastrategie enthält auch ein wichtiges Wiederaufforstungsprogramm, das bereits im Sommer 2008 von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva angekündigt worden war. Der Amazonasfonds zum Schutz des Regenwaldes soll bis zum Jahr 2021 bis zu 21 Milliarden US-Dollar in den Schutz des Regenwaldes investieren. Konkrete Ziele sind: l Ausweitung von Schutzgebieten und staatlichem Wald l Umweltmonitoring und Kontrolle l Bekämpfung der illegalen Abholzung l Nachhaltiges Waldmanagement l Schutz der Biodiversität l Aufforstung und Wiederherstellung des

Ökosystems Wald

l Finanzierung von Umweltdienstleistungen l Bis zu 20 Prozent des Fonds sollen für den Transfer von Wissen und Technologie in andere Länder mit tropischem Regenwald genutzt werden.225 Damit könnte der Amazonasfonds sowohl zum Klimaschutz als auch zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Finanziert werden soll der von der brasili­ anischen Entwicklungsbank (BNDES) verwaltete Fonds mit Unterstützung internationaler Geber. Dies stellt eine wichtige Wende in der brasilianischen Waldpolitik dar, hatte Brasilien bisher doch darauf bestanden, den Schutz des Amazonasgebiets allein zu bewerkstelligen. Norwegen hat sich bereit erklärt, jährlich über fünf Jahre bis zu 100 Millionen US-Dollar beizusteuern, je nach Fortschritt beim Schutz des Regenwaldes. Über die Verwendung der Gelder will Brasilien allein entscheiden, ausländische Geber erhalten kein Mitspracherecht. Mögliche Projekte sollen von NGOs, Wissenschaftlern und den Regierungen der Bundesstaaten im Amazonasgebiet vorgeschlagen werden.226

| 81


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Zur Anpassung an den Klimawandel hält der Plan fest, dass es

vom Klimawandel betroffenen Region des Rio de la Plata, die

bisher noch zu wenige Informationen zu den regionalen Aus-

in Kooperation mit Argentinien, Bolivien, Paraguay und Uru-

wirkungen des Klimawandels in Brasilien gibt. 2009 sollen

guay durchgeführt wird. Ziel ist unter anderem die Verbesse-

daher genauere regionale Szenarien veröffentlicht werden.

rung des Umweltmonitoring in der Region sowie der bessere

Die Entwicklung besserer Methoden für die regionale Klima-

Informationsaustausch zwischen den Ländern.

modellierung sowie die Verbesserung der Information über die Vulnerabilität der verschiedenen Regionen wird als wich-

Informationsstand und Kommunikation

tige Aufgabe genannt. Auf dieser Grundlage sollen dann die

Brasilien verfügt über bessere Forschungskapazitäten zum

Planungen für Anpassungsmaßnahmen intensiviert werden.

Klimawandel als viele andere lateinamerikanische Staaten. Das brasilianische Center of Weather Forecasts and Climate

Zusätzlich wird betont, dass Armutsbekämpfung und Ent-

Studies (CPTEC) des National Institute for Space Research

wicklung insgesamt wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der

(INEP) gehört zu den wenigen lateinamerikanischen For­

Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel sind, da

schungseinrichtungen, die regionale Klimaprojektionen er-

die arme Bevölkerung besonders anfällig ist.

stellen.227 CPTEC hat beispielsweise die Initiative Regional Climate Change Scenarios for South America (CREAS) initi-

82 |

Außerdem nennt der Plan Maßnahmen zur Klimaanpassung,

iert.228 Ziel des Projekts ist die Bereitstellung von Klimasze-

die Brasilien bereits unternimmt, wie beispielsweise das

narien für die drei am dichtesten besiedelten Stromgebiete

2004 gestartete Programm zur Bekämpfung von Wüsten-

in Südamerika, um Regierungen und politische Entscheider

bildung und zur Milderung der Folgen von Dürren, das vom

über die Auswirkungen des Klimawandels und die möglichen

Umweltministerium durchgeführt wird (Programa de Ação

Anpassungsmaßnahmen zu informieren. Für die Planung

Nacional de Combate à Desertificação e Mitigação dos Efei-

konkreter Anpassungsmaßnahmen wird derzeit an besseren

tos da Seca – PAN Brasil). Ein weiteres Beispiel ist die Initia-

regionalen Modellen gearbeitet, die 2009 veröffentlicht

tive für nachhaltiges Wassermanagement in der besonders

werden sollen.


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Projektsammlung

Deutschland

Münchener KlimaVersicherungs-initiative Aktion Klima Plus NRW

X

Behördenallianz Katastrophenhilfe

X

Hitzewarnsystem

X

Finnland

ASTRA-Projekt: Städte und Regionen

X

X

X

X

Katastrophenschutz

Energie

X

X

X

X

X X

X

X X

X X

Anpassungsplan Tourismus

X X

X

X

Club ViTeCC: Vernetzung von Städten und Gemeinden

X

ClimChAlp: Strategien gegen Klimawandel in den Alpen

X

X

X

Klimaanpassung London

X

X

X

X

Water Saving Group

X

X X

X

X X

X

X

ASCCUE – Anpassung im städtischen Raum Thames Estuary- Projekt

Landwirtschaft/ Forstwirtschaft

Biodiversität

Versicherung/Finanzen

Tourismus

X

ILMASOPU: Anpassung der Landwirtschaft

Hitzewellenstrategie Paris Frankreich

X

X

Management Überschwemmungsrisiko

GroSSbritannien

Bauwesen/Stadtund Raumplanung

KLIWA – Wasserwirtschaft

Trockenheit

Überflutung

Infrastruktur/ Transport

Sektoren

Gesundheit

Land

Projekt

X X

| 83


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

NIEDERLANDE

Schwimmende Häuser

X

X

X

X

Überströmbare Deiche

X

X

Sensoren-Technologie im Hochwasserschutz

X

X

ESPACE: Raumbezogene Wasserpolitik

X

Klimaänderung und Wasserkraftnutzung

SCHWEIZ

X

Stausee: Energiegewinnung und Hochwasserschutz

X

X

HochwasserVorwarnsystem für die Rhein-Anlieger

SPANIEN 84 |

X

X

X

Initiative zum Lawinenschutz X X

X

X

X X

X

Wasserkonsum bei Immobilienprojekten Iberoamerikanisches Netzwerk der Büros zum Klimawandel

X

X

Gefahrenkarten für Raumplanung

Urbane Notfallpläne bei Wasserknappheit

Katastrophenschutz

X

PERMOSPermafrostboden

Hitzewarnsystem

Energie

Landwirtschaft/ Forstwirtschaft

Biodiversität

Versicherung/Finanzen

Tourismus

Bauwesen/Stadtund Raumplanung

Trockenheit

Überflutung

Infrastruktur/ Transport

Sektoren

Gesundheit

Land

Projekt

X X

X

X

X X

X

X


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

KANADA

Climate SMART: inte­ grierte Klimastrategie

X

USA

Water For Life: Wasserstrategie

X

X

Integriertes Waldmanagement Landnutzungsmodell

X

X

Confederation Bridge

X

X X

X

X

X

X

X

New York – PLANYC 2030

X

X

X

X

X

X

King County – lokale Anpassung

X

X

X

X

X

X

Hitzewellenplan Philadelphia

X

Deer Island Wastewater Plant

Katastrophenschutz X

X X

Energie

Landwirtschaft/ Forstwirtschaft

Biodiversität

Versicherung/Finanzen

X

Tourismus

Überflutung

X X

Water Utilities Climate Alliance

X X

Entergy Corporation Australien

Bauwesen/Stadtund Raumplanung

X

Trockenheit

Toronto: Umgang mit Hitzewellen

Infrastruktur/ Transport

Sektoren

Gesundheit

Land

Projekt

X X

Great Barrier Reef

X

X

Aus- und Weiterbildungsprojekte

X

X

X

X

X

X

X

South East Councils Climate Change Alliance

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X X

| 85


Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Südafrika

Anpassungsplan Durban

X

X

X

X

Biodiversität auf der Kaphalbinsel

X

X

Anpassung des Teeanbaus

X

X

Anpassung in der Westkapregion

X

Tansania

Ernährungssicherheit durch neue Anbaustrate­gien X

Brunnenprojekt in Küstenregionen

X

Bangladesch

X

X

X

Bekämpfung von Malaria

86 |

X

X

Mini-HydroElektrifizierung

X X

Schwimmende Landwirtschaft Mikrokredite zur Klimaanpassung

Katastrophenschutz

X

Aufforstung Kilimandscharo-Region

Flutsicheres Wohnen in den Chars

Energie

Landwirtschaft/ Forstwirtschaft

Biodiversität

Versicherung/Finanzen

Tourismus

Bauwesen/Stadtund Raumplanung

Trockenheit

Überflutung

Infrastruktur/ Transport

Sektoren

Gesundheit

Land

Projekt

X X

X

X

X X

X

X


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

IndiEN

Climate SMART: inte­ grierte Klimastrategie

X

Water For Life: Wasserstrategie

X

Katastrophenschutz

Energie

Landwirtschaft/ Forstwirtschaft

Biodiversität

X

X

X

Landnutzungsmodell

X

X

Confederation Bridge

X

X

Klimaanpassungsstrate­ gien auf lokaler Ebene

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Pintadas-Pilotprojekt Brasilien

X

Integriertes Waldmanagement

Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft

Versicherung/Finanzen

X

Tourismus

Überflutung

X X

Schutz des Ökosystems in der Provinz Yunnan China

Bauwesen/Stadtund Raumplanung

X

Trockenheit

Toronto: Umgang mit Hitzewellen

Infrastruktur/ Transport

Sektoren

Gesundheit

Land

Projekt

X

X

Gesundheitsförderung in der Amazonasregion

X

X

X

X

X

X

X

Reifenwände gegen Erdrutsch

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X X

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Deutschland: Projektbeispiele KLIWA: Wasserwirtschaftliche Anpassungsstrategien in Süddeutschland Um die Hochwasservorsorge in Süddeutschland zukunftsfest zu machen, untersuchen Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst die Auswirkungen der Klimaveränderungen und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft (KLIWA). Das Bundesland Rheinland-Pfalz trat 2007 als vierter Kooperationspartner dem Vorhaben bei. Ziel ist, anhand von Klima- und Wasserhaushaltsmodellen regional differenzierte Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Auf Basis dieser Modelle können notwendige Anpassungsmaßnahmen in die Planung wasserwirtschaftlicher Bauwerke integriert werden. Wie erste Studien des 1999 gestarteten, fachübergreifenden Kooperationsprojekts zeigen, werden die 100-jährlichen Hochwasser bis 2050 um rund 15 Prozent zunehmen. Bei kleineren und mittleren Hochwasserereignissen wird mit einer Steigerung von bis zu 80 Prozent gerechnet. Die Wasserwirtschaft steht also vor immensen Herausforde­ rungen, denen durch eine Bündelung von Kompetenzen begegnet werden soll. So werden beispielsweise bereits heute Hoch­wasserschutzanlagen auf einen 15 Prozent höheren Wasserstand dimensioniert oder so geplant, dass eine Nachrüstung mit überschaubarem Aufwand möglich wäre. Weitere Untersuchungen konzentrieren sich auf die Bereiche Niedrigwasserverhalten, Siedlungsentwässerung und Grundwasserneubildung. Internet-Informationen, Symposien und Broschüren sorgen dafür, dass Bürger, Fachwelt und politische Entscheidungsträger regelmäßig über die regionalen Klimafolgen und lokalen Anpassungsoptionen informiert werden. Quelle l Klimaveränderung und Wasserwirtschaft: http://www.kliwa.de/

Münchener Klima-Versicherungsinitiative: Gegen Wetterextreme versichern Auch private Firmen in Deutschland starten Projekte zum Thema Anpassung an den Klimawandel. So hat beispielsweise das Versicherungsunternehmen Münchener Rück 2005 die Münchener Klima-Versicherungsinitiative gegründet. Ziel der Initiative ist, innovative Versicherungslösungen für wetterbedingte Extremereignisse zu entwickeln. Der Fokus liegt dabei auf den Entwicklungsländern, die am stärksten betroffen sein werden. Es sollen innovative Produkte entwickelt werden, die den Entwicklungsländern beim Umgang mit den Folgen des Klimawandels helfen (beispielsweise neue Formen von Mikroversicherungen). Die Initiative wird von verschiedenen Firmen, NGOs und Forschungseinrichtungen unterstützt. Zu den beteiligten Organisationen zählen unter anderem: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Germanwatch, Internationales Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA), Münchener Rück und Münchener Rück Stiftung, Energy and Resources Institute (TERI), Tyndall Centre for Climate Change Research, United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), Weltbank und die World Meteorological Organization (WMO). Quelle l Munich Climate Insurance Initiative: www.climate-insurance.org

Aktion Klima Plus: Innovative Projektideen aus Nordrhein-Westfalen Das Förderprogramm Aktion Klima Plus – NRW-Klimakommune der Zukunft wurde im Mai 2008 durch eine landesweite Ausschreibung des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums ins Leben gerufen. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurde eine Modellkommune im ländlichen Raum gesucht, die ein überzeugendes Konzept zum Umgang mit dem Klimawandel besitzt. Dies umfasst sowohl Klimaschutz als auch die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

88 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Der Wettbewerb war zweistufig aufgebaut: 54 Städte und Gemeinden sind dem Bewerbungsaufruf gefolgt und haben für die erste Stufe ein integriertes Klimakonzept sowie Projektskizzen für konkrete Maßnahmen eingereicht. Fünf Kommunen qualifizierten sich für die zweite Stufe und konkretisierten ihr Vorhaben. Im Frühjahr 2009 kürte die Jury die Stadt Bocholt und die Gemeinde Saerbeck als Sieger des Wettbewerbs, beide konnten durch ein schlüssiges und umfassendes Konzept überzeugen. Die knapp 74.000 Einwohner starke Stadt Bocholt sieht ihre größten Potenziale zur Vermeidung von CO2-Emissionen bei der Senkung des Verbrauchs von Wärme in Wohn- und Gewerbegebäuden sowie in einem alternativen Verkehrskonzept. Saerbeck hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine positive Energiebilanz zu erreichen und so sämtliche fossile CO2-Emissionen der Gemeinde durch regenerative Energien zu kompensieren. Die siegreichen Kommunen erhielten zur Umsetzung des Vorhabens zusammen rund drei Millionen Euro über eine vier- bis fünfjährige Förderzeit. Das Geld soll nicht nur für technische Lösungen, wie den Einsatz erneuerbarer Energien oder den Hochwasserschutz verwendet werden, sondern auch Bürgerbeteiligung und -sensibilisierung fördern. Als Vorbild für weitere Kommunen soll die NRW-Klima­ kommune der Zukunft vor allem die Durchführbarkeit eines Klimaschutz und Anpassung vereinenden Handlungsansatzes demonstrieren und so zur Nachahmung anregen. Quelle l Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen: http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/klimakommune/rede_090306.pdf

Aktion Klima Plus: Innovative Projektideen aus Nordrhein-Westfalen Auf Initiative des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist im Juni 2007 eine Behördenallianz aus Umweltbundesamt, Technischem Hilfswerk, Deutschem Wetterdienst und BBK eingerichtet worden. Schwerpunkt des Koope­ rationsvorhabens ist die strategische Zusammenarbeit bei der Erfassung und Bewertung von Klimaänderungen sowie die Vor­ bereitung von Bevölkerung und Hilfsdiensten auf künftige Extremwetter. Im Rahmen von Risikomanagement und Katastrophenschutz soll die Verzahnung von Projekten dazu führen, Vorsorge, Bewältigungsstrategien und Nachsorge effektiver zu gestalten. Quelle l Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: http://www.bbk.bund.de/

Hitzewarnsystem des Wetterdienstes: Initiative zu Klima und Gesundheit Als Reaktion auf die Hitzewelle im Sommer 2003 hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) ein bundesweites Hitzewarnsystem eingerichtet. Es schlägt Alarm, wenn hohe Temperaturen, intensive Sonnenstrahlung und extreme Luftfeuchtigkeit vor allem für ältere Menschen zur Gefahr werden. Die Warnungen werden an Gesundheits- und Sozialbehörden der Länder weitergeleitet. Zudem besteht die Möglichkeit, sich über eine Website oder per Newsletter über starke und extreme Wärme­belastungen zu informieren. Einige Bundesländer haben spezielle Notfallpläne konzipiert und die entsprechenden Aufklärungs- und Informationsprogramme ausgebaut. Hessen, das als Vorreiter auf diesem Gebiet gilt, hat ein zweistufiges Hitzewarnsystem etabliert, welches Pflegediensten und Heimen Verhaltens- und Präventionsmaßnahmen empfiehlt, und in einem zweiten Schritt Gesundheitsämter, Krankenhäuser und die Öffentlichkeit informiert. Quellen l Umweltbundesamt:

http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit-e/veranstaltungen/vector-borne-diseases/programme-and-abstracts.pdf

http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/hintergrund/klimawandel-und-gesundheit.pdf

l Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit: http://www.apug.de/

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Finnland: Projektbeispiele Regionen und Städte schließen sich im ASTRA-Projekt zusammen Das ASTRA-Projekt (Developing Policies & Adaptation Strategies to Climate Change in the Baltic Sea Region) widmete sich von 2005 bis 2007 der Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel im Ostseeraum. Das Projekt nutzte aktuelle Forschungsergebnisse, um regionale Szenarien zu den Folgen des Klimawandels zu entwickeln und Entscheider vor Ort über notwendige Anpassungsmaßnahmen zu informieren. Am Projekt beteiligt waren von finnischer Seite mehrere Städte (Helsinki, Kokkola, Loviisa, Espoo und Raahe), Regionalräte, Umweltzentren, Unternehmen sowie die Vereinigung der finnischen Lokal- und Regionalbehörden. Als Ergebnis des Projekts wurden beispielsweise in zwei finnischen Städten konkrete Maßnahmen zum Überschwemmungsschutz durchgeführt. So dürfen in Espoo künftig nur noch Flächen, die sich mindestens 3 Meter über dem Meeres­ spiegel befinden, bebaut werden. In Kokkola (Westfinnland) liegt die Grenze bei mindestens 2,5 Meter. Zur Sicherung bereits gefährdeter Häuser wurden zusammen mit den Eigentümern individuelle Lösungen vereinbart (beispielsweise künst­liche Erhöhung, Dämme etc.). Quelle l ASTRA-Project: www.gsf.fi/projects/astra

Forschung zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel Der Klimawandel kann für die Landwirtschaft in Finnland eine Chance sein – jedoch nur bei entsprechenden Vorbereitungen und Anpassungen an die Veränderungen. Deswegen wurde in diesem Bereich vom finnischen Landwirtschaftsministerium im Jahr 2006 das Forschungsprojekt ILMASOPU initiiert. Im Rahmen des bis 2009 laufenden Projekts wird analysiert, wie sich der Klimawandel auf die einzelnen Produktionssektoren auswirkt und wie man die Landwirtschaft rechtzeitig an die neuen Gegebenheiten anpassen kann. Dabei soll auch berücksichtigt werden, wie sich Angebot und Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten international durch den Klimawandel verändern. Ziel des Projekts ist es, umfassende regionale Prognosen für landwirtschaftliche Produktions- und Konkurrenzfähigkeit zu erarbeiten. Diese Prognosen sollen privaten und öffentlichen Entscheidungsträgern dabei helfen, die Folgen des Klimawan­ dels in ihren strategischen Planungen zu berücksichtigen. Quellen l Ministry of Agriculture and Forestry: http://www.mmm.fi l MTT Agrifood Research Finland / Economics: http://www.vatt.fi/file/lehtonen_20_05_2008.pdf

Nordfinnland: Anpassung des Tourismus an den Klimawandel Neben der Landwirtschaft muss sich auch der finnische Tourismussektor auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Temperaturänderungen bieten vor allem Chancen für einen Ausbau des Sommertourismus im Süden. Eine Herausforde­ rung stellt hingegen der Erhalt des Winter- und Skitourismus im Norden dar. Nach den Plänen der finnischen Städte Rovaniemi, Kolari und Kittilä und den Wintersportregionen Ylläs und Levi sollen die durch die Erwärmung bedrohten Skigebiete beispielsweise mithilfe von Schneemaschinen künstlich erhalten werden. Zusätzlich sollen aber auch alternative Sport- und Freizeitaktivitäten angeboten werden. Außerdem können Skiregionen in nördlicheren Gebieten, die von der Schneeschmelze bisher weniger stark betroffen sind, etabliert werden.

90 |


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Quellen l Finnish Forest Research Institute:

www.metla.fi/metinfo/monikaytto/lvvi/esitelmat/2007/klimatforandringar-tourism-friluftsliv.pdf

l Clim-Atic: http://www.clim-atic.org/finland.html

System zum Management des Überschwemmungsrisikos Das Projekt Flood Information System dient der Erstellung von Überflutungskarten zur Vorhersage des Überschwemmungs­ risikos. Es nutzt vor allem computergestützte Geoinformationssysteme (GIS) und untersucht exemplarisch die Flüsse Kemijoki und Ounasjoki. Ziel des Projekts ist, Pläne zum Management des Überschwemmungsrisikos zu erstellen und Hinweise für Baustandards und Raumordnung zu erarbeiten. Zusätzlich werden die Ergebnisse in Form von Seminaren vermittelt und über das Internet und andere Medien an die lokale Bevölkerung weitergegeben. Quellen l 7th International Conference on Hydroinformatics: http://www.ymparisto.fi/download.asp?contentid=62697&lan=en l Water Information System for Europe: http://ec.europa.eu/environment/water/flood_risk/index.htm

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Frankreich: Projektbeispiele Die Hitzewellenstrategie von Paris Sommerliche Hitzewellen stellen besonders für ältere Menschen, Menschen mit Lungen- und Herz-Kreislauf-Krankheiten und Kleinkinder eine Gesundheitsgefahr dar. Unter dem Motto Schutz bei Hitzewellen legte die Stadt Paris 2004 daher einen eigenen Hitzewellenplan vor, der sich besonders auf ältere und behinderte Menschen in Paris und Umgebung konzentriert. Der neue Plan hat zum Ziel, die hohe Anzahl von Todesfällen, wie beispielsweise im August 2003, zu verhindern. Damals fielen in Frankreich rund 15.000 vorwiegend ältere Menschen der Hitze zum Opfer. Im Rahmen des Notstandsplans erhöht die Stadt die Hilfe für Altersheime, Spitäler und Hauspflegedienste. Schwerpunkt ist neben der verbesserten Wohnungs- und Gebäudeisolierung die Einrichtung von Notfall- und Beratungszentren. Der mehrstufige Plan sieht unter anderem vor, dass bei extremen Temperaturen betroffene Menschen direkt vom Bürgermeisteramt kontaktiert werden, um so ihren Gesundheitszustand zu überprüfen. Ein eigens dafür eingerichteter Sozialdienst ermög­ licht es außerdem, dass im Fall hoher Wärmebelastungen Sozialarbeiter Hausbesuche in allen Teilen der Stadt durchführen. Quelle l Mairie de Paris: http://www.paris.fr/portail/viewPDFileServlet?file_id=4733

Club ViTeCC: Initiative zur Vernetzung von Städten und Gemeinden Der Club französischer Entscheidungsträger Club ViTeCC (Club Villes, Territoires et Changement Climatique) hat sich zum Ziel gesetzt, lokale Entscheidungsträger, Raumplaner, Klimaexperten sowie Unternehmen aus den Sektoren Energie, Gebäudetechnik, Wasser, Verkehr und Finanzen zu vernetzen. So soll eine bessere Vorbereitung auf die Folgen des Klimawan­ dels ermöglicht und der Klimaschutz verbessert werden. Bei der Anpassung geht es vor allem um die zu erwartenden Beschädigungen der Infrastruktur. Konkrete Handlungsempfehlungen sollen noch im Jahr 2009 formuliert werden. Bei dem Club handelt es sich um eine im Januar 2008 gestartete Initiative, die in Anlehnung an ein in Paris stattfindendes Symposium zu Klimawandel-Anpassung entstand. Initiatoren sind das Forschungszentrum Mission Climat der Caisse des Dépôts, das Observatoire national sur les effets du réchauffement climatique (ONERC) und der französische Wetterdienst Météo-France. Zum besseren Informationsaustausch treffen sich die Teilnehmer vierteljährlich. Themen dieser Treffen sind beispielsweise „Energie und Klimarisiken“, „Überschwemmungen und Sturmfluten“, aber auch „globale Klimawandelherausforderungen“. Quelle l APREC: http://www.aprec.net/uk_adaptation.php

ClimChAlp: Die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen Der Klimawandel bringt für das Ökosystem Alpen große Herausforderungen mit sich. Ziel des 2006 gestarteten Projekts ClimChAlp (Climate Change and the Alpine Space) war es daher, Ökosysteme und Menschen dabei zu unterstützen, mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen besser zurechtzukommen. Um eine gemeinsame Herangehensweise an die Herausforderungen des Klimawandels zu finden und Grundlagen für Anpassungsstrategien zu formulieren, arbeiteten Ministerien, Behörden und Forscher aus sieben Alpenländern zwei Jahre lang eng zusammen. Naturgefahren, der Umgang mit Risiken, Regionalentwicklung und Wirtschaft standen im Mittelpunkt des Projekts. Außerdem wurde empfohlen, die grenzüber­schreitende Zusammenarbeit im Alpenraum weiter zu intensivieren, Klimawandelprojektionen zu verbessern

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

und eine internationale Terminologie zur Bewertung von Risiken und zur Harmonisierung der unterschiedlichen Verfahren zu erarbeiten. Initiiert wurde das Projekt vom Bayrischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz; in Frankreich übernahmen das Observatoire national sur les effets du réchauffement climatique (ONERC), die Umwelt- und Energiebehörde der Region Rhône-Alpes sowie die Universität Claude Bernard in Lyon die Koordination für den französischen Alpenraum. Anfang 2006 wurde das Projekt im Rahmen der EU-Initiative Interreg III B Alpenraum genehmigt. Es startete mit einem Gesamtbudget von rund 3,5 Millionen Euro. Quelle l Ministère de l’Écologie, de l’Énergie, du Développement durable et de l’Aménagement du territoire:

http://www.ecologie.gouv.fr/rubrique.php3?id_rubrique=639

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

GroSSbritannien: Projektbeispiele London: Eine Stadt rüstet sich für den Klimawandel Der Klimawandel stellt die britische Hauptstadt London vor vielfältige Herausforderungen: Aufgrund der hohen städtebaulichen Verdichtung machen sich die steigenden Temperaturen in London besonders stark bemerkbar (städtische Wärme­ inseln). Hohe Temperaturen sorgen auch für steigenden Wasserbedarf, während das verfügbare Wasser gleichzeitig knapper wird. Zudem sieht sich London aufgrund der hohen Bebauungsdichte in Küsten- und Ufernähe einer zunehmenden Überflutungsgefahr ausgesetzt. Auch der Finanzplatz London steht vor Herausforderungen: Die in der Stadt ansässigen Versicherungsunternehmen haben stärker als ihre Konkurrenten in anderen Finanzzentren in das Geschäft mit wetterbezogenen Risiken investiert – weshalb sie von den zunehmenden Extremwetterereignissen besonders betroffen sein werden. Um London auf diese Herausforderungen vorzubereiten, wurde 2007 die London Climate Change Partnership (LCCP) ins Leben gerufen. LCCP ist eine von der Verwaltung von Greater London koordinierte Arbeitsgruppe von Stakeholdern, die sich aus über 30 Organisationen verschiedener Sektoren zusammensetzt. Die Ziele der LCCP sind, die Anpassung an den Klimawandel enger in den politischen und administrativen Prozess von Greater London einzubetten, die bauliche und räum­ liche Entwicklung Londons an die veränderten Bedingungen anzupassen sowie über Risiken und Chancen des Klimawandels aufzuklären und zu informieren. Beispielprojekte des LCCP sind die Entwicklung eines „klimafesten“ öffentlichen Transportkonzepts oder die Erstellung eines ökonomischen Modells, das ein besseres Verständnis dafür liefert, welche Anreize die Verbraucher zu einer verstärkten Investition in anpassungsrelevante Produkte oder Dienstleistungen bewegen könnten. Darüber hinaus hat der neue Londoner Bürgermeister Johnson die Entwicklung einer London Climate Change Adaptation Strategy angestoßen, die noch im Laufe des Jahres 2009 der Öffentlichkeit vorgelegt werden soll. Zu den Kernpunkten der Strategie gehören unter anderem die Aufklärung der Bewohner über die Folgen des Klimawandels, die Ausweitung der Grünanlagen, das Wassermanagement und der Hochwasserschutz. Quelle l London’s warming: the impact of climate change on London. Summary report. London Climate Change Partnership.

http://www.london.gov.uk/lccp/index.jsp

Water Saving Group: Initiative für eine effizientere Wassernutzung Durch den Klimawandel werden einige Regionen Großbritanniens von Wasserknappheit betroffen sein. Schon heute verfügt eine Reihe von Haushalten in Südengland über weniger Wasser pro Kopf als die Einwohner der meisten Mittelmeerstaaten. Die unter Federführung der Regierung 2005 gegründete Arbeitsgruppe Water Saving Group (WSG) wollte sich dieses Problems annehmen. Ziel war es, die Expertise und Erfahrung aller Teilnehmer zu bündeln, um eine effizientere Wassernutzung durch die Bürger zu fördern und so den Pro-Kopf-Verbrauch der britischen Haushalte deutlich zu reduzieren. Dazu sollten eine gemeinsame Datenbasis zur Wassereffizienz aufgebaut und Anreize für eine effizientere Wassernutzung geschaffen werden. Zwar beendete die Gruppe ihre Zusammenarbeit im November 2008 formal, die Beteiligten führen ihre Arbeit im Hinblick auf einen schonenderen Umgang mit den Wasserressourcen jedoch fort. Der Gruppe gehörten neben dem britischen Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten und dem Ministerium für Kommunen und Kommunalverwaltung auch die nationale Wasseraufsichtsbehörde sowie private Träger der Wasserversorgung an. Source l Department for Environment, Food and Rural Affairs (Defra): http://www.defra.gov.uk/environment/water/conserve/wsg/

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

ASCCUE-Projekt: Anpassung von städtischen Räumen Das ASCCUE-Projekt (Adaption Strategies for Climate Change in the Urban Environment) hatte sich zum Ziel gesetzt, ein besseres Verständnis für die Konsequenzen des Klimawandels im städtischen Raum zu entwickeln. Auf dieser Basis sollten Anpassungsstrategien für die Stadtplanung entwickelt werden. Als Modellregionen wurden die im südostenglischen Sussex gelegene, kleinstädtisch geprägte Küstenregion Lewes und die mittelenglische Metropolregion Greater Manchester ausgewählt. Diese sehr unterschiedlichen Beispiele ermöglichten es, die regionalen Unterschiede der Folgen des Klimawandels in Großbritannien besser abzubilden, so etwa den Unterschied zwischen Stadt und Land, Binnenland und Küste sowie Mittel- und Südengland. Im Rahmen des Projekts mit einer Laufzeit von 2003 bis 2006 wurden folgende Ergebnisse erzielt: l Erarbeiten eines Katalogs zur Beurteilung von Klimarisiken und Handlungsoptionen l Evaluation der Folgen eines veränderten Klimas für die Bausubstanz, auf die städtischen Grünflächen sowie die Lebens­ qualität der Menschen l Bewertung der stadtplanerischen Anpassungsmöglichkeiten l Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz Quelle Center for Urban Regional Ecology (CURE), University of Manchester: l http://www.sed.manchester.ac.uk/research/cure/research/asccue/

Thames Estuary: Langfristige Anpassung des Hochwasserschutzes Das Projekt Thames Estuary 2100 soll das Umland der Themsemündung, also auch die Region London, vor Überschwemmungen und Flutschäden schützen. Es ist eine gemeinsame Initiative von an den Unterlauf der Themse angrenzenden Regionalverbänden der Umweltbehörde Environment Agency. Die Laufzeit ist auf acht Jahre festgelegt und soll 2010 enden. Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, das notwendige Maß an Überflutungsschutz für die nächsten hundert Jahre zu bestimmen. Dazu werden folgende Schritte unternommen: l Überprüfung der Einrichtungen zum Schutz vor Wellen im Bereich der Themsemündung l Bestandsaufnahme und Hochrechnung der Lebensdauer der bestehenden Schutzvorrichtungen angesichts der im Projekt angenommenen Klimaszenarien l Unterstützung von Partnern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für das Projekt gewinnen und deren Zusammenarbeit fördern l Koordination der verschiedenen Programme, Studien und Beratungsrunden und Zusammenfassung der Ergebnisse in eine langfristig wirksame Strategie Konkretes Ziel ist, einen Plan zu erstellen, welche Flutschutzeinrichtungen im Bereich der Themsemündung notwendig sind, wo diese gebaut werden sollen und ab wann sie fertiggestellt sein müssen. Der Ausführungsplan soll gleichzeitig so flexibel ausgerichtet sein, dass er auch an extremere Klimamodelle angepasst werden kann, wenn etwa der Meeresspiegel schneller als in den derzeitigen Klimamodellen erwartet steigen sollte. Geplant ist, den Prozess von einem Bürgerdialog begleiten zu lassen. Damit wird sichergestellt, dass die beschlossenen Maßnahmen so viel Schutz wie möglich bieten, gleichzeitig jedoch nicht über das verträgliche Maß hinaus in die Lebenssituation der betroffenen Bürger vor Ort eingreifen. Auch die lokalen Ökosysteme sollen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Quellen l UK Environmental Agency: http://www.environment-agency.gov.uk/te2100/ l Thames Web: http://www.thamesweb.com/page.php?page_id=60&topic_id=9

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Niederlande: Projektbeispiele Schwimmende Häuser: Architektur der Zukunft in besonders gefährdeten Gebieten? Als eine Strategie zur Anpassung an den stetig steigenden Meeresspiegel entwickeln niederländische Architekten und Planer Konzepte für Amphibienhäuser. Die Idee der Planer ist, dass Häuser nicht zwangsläufig auf festem Grund, sondern auch im Meer beziehungsweise Wasser gebaut werden können. Umgesetzt wurde ein solches Projekt nahe der Stadt Maasbommel. Das Unternehmen Dura Vermeer errichtete insgesamt 46 Gebäude, die sich im Grund verankert mit den Gezeiten bewegen können. Neben schwimmenden Häusern wird noch an weiteren Konzepten für Wasserarchitektur gearbeitet: Geplant sind sowohl Häuser auf Pfählen als auch versiegelte und wassersichere (waterproof) Häuser, die wie die Amphibienhäuser an Wasserund Stromnetze angeschlossen sind. Vor allem seit einer Wettbewerbsausschreibung des Umwelt- und Raumplanungsministeriums (VROM) im Jahr 2005 hat das Interesse an den schwimmenden Häusern und Städten als Anpassungsmaßnahme an den steigenden Meeresspiegel stark zugenommen. Auch international werden solche Häuser getestet, so beispielsweise in London und Hamburg. Diese Städte haben sich mit der südniederländischen Stadt Dordrecht im Rahmen des Urban Flood Management (UFM)-Projekts zusammengeschlossen, das vom Living with Water Program mitfinanziert wird. Besonderes Anliegen der drei Städte ist der Wissenstransfer im Bereich Risikoabschätzung und -management. Quellen l Niederländische Wasserarchitekten: http://www.waterstudio.nl/ l Living with Water: http://www.levenmetwater.nl/service/english-summary/

ESPACE: Raumbezogene Wasserpolitik in den Niederlanden Das Forschungsprojekt „European Spatial Planning: Adapting to Climate Events“ (ESPACE) untersuchte im Zeitraum von 2003 bis 2008 die Möglichkeiten der Klimaanpassung durch Wassermanagement in der Raumplanung. Da die Niederlande wegen des Anstiegs des Meeresspiegels und lokalen Bodensenkungen besonders von den Veränderungen betroffen sind, erprobte die niederländische Wasserbehörde Rieverland in 13 Referenzprojekten die Möglichkeit der Wasserspeiche­ rung. Infolgedessen wurde von der Regierung, Provinzen, Kommunen und Wasserbehörden eine „Nationale Verwaltungsvereinbarung für die Wasserwirtschaft“ ausgearbeitet, die der Anpassung an Hochwasser und Dürreperioden dient. Die Vereinbarung definiert einheitliche Kriterien geeigneter Retentionsflächen, in denen Wasser bei Bedarf aufgefangen und später abgeleitet werden kann. Dabei bezieht die Strategie neben dem vorrangigen Ziel des Hochwasserschutzes auch Auswirkungen auf die Bereiche Ökologie, Landwirtschaft, Verkehr, Tourismus und Kulturgeschichte ein und bestimmt durch eine Kosten-Nutzen-Analyse, welche Überschwemmungshäufigkeit in einzelnen Gebieten tolerierbar ist. Die Vereinbarung unterschiedlicher lokaler Interessen, die Nutzung entstehender Potenziale sowie intensive Öffentlichkeitsarbeit helfen die Akzeptanz der Maßnahmen zu steigern. Quellen l European Spatial Planning: Adapting to Climate Events: www.espace-project.org l Verwaltungsvereinbarung (NBW): http://www.espace-project.org/part1/publications/pdf10gr.pdf

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

ESPACE: Raumbezogene Wasserpolitik Das Forschungsprojekt European Spatial Planning: Adapting to Climate Events (ESPACE) untersuchte im Zeitraum von 2003 bis 2008 die Umsetzung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel in den Bereichen Wassermanagement und Raumplanung. Das Ergebnis waren Empfehlungen zu Anpassungsmaßnahmen in den Bereichen Hochwasserschutz, Flüsse und Wasserqualität, die sich an Entscheidungsträger auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene richten. Die von steigendem Meeresspiegel und Bodensenkungen betroffenen Niederlande reagierten gleich in mehrerer Hinsicht auf die Anregungen des ESPACE-Projekts: Zum einen unterzeichnete die Regierung zusammen mit Provinzen, Kommunen und Wasserbehörden (Waterschappen) eine nationale Verwaltungsvereinbarung für die Wasserwirtschaft (NBW), in der festgelegt ist, wie sich die niederländische Wasserwirtschaft auf die zu erwartenden extremen Überschwemmungen und Dürreperioden vorbereiten soll. Zum anderen wurden von der Wasserbehörde Rivierenland (WSRL) 13 Referenzprojekte zur Wasserspeicherung (Guiding Models for Water Storage) entwickelt, die unter anderem auch der Einbindung wasserwirtschaftlicher Aspekte in raumbezogene Planungen dienen. Auf diese Weise sollen widersprüchliche lokale Interessen der Raum- und Flächennutzungsplanung in Einklang gebracht und die Ressource Wasser effizient genutzt werden. Quellen l European Spatial Planning: Adapting to Climate Events: www.espace-project.org l Verwaltungsvereinbarung (NBW): http://www.espace-project.org/part1/publications/pdf10gr.pdf

Überströmbare Deiche: Innovativer Küstenschutz In der gesamten Nordseeregion wächst die Erkenntnis, dass es angesichts des Klimawandels nicht gelingen wird, Überschwemmungen vollständig zu verhindern. Somit rückt zunehmend die Entwicklung von Deichsystemen in den Fokus des Interesses, die nicht auf eine Erhöhung der Deiche setzt. Stattdessen wurden an einigen Standorten Nordhollands stabile, überströmbare Deiche errichtet. Diese sehen für den Fall einer Sturmflut eine kontrollierte Überflutung des Hauptdeiches in ein dafür eingeplantes Überflutungsgebiet vor. Nach Ende der Sturmflut kann das Wasser dann durch in den Deich integrierte Pumpen in das Meer zurückgeführt werden. Die geplante Überflutung entlastet den Hauptdeich und trägt zu seiner langfristigen Stabilität bei. Das europäische Projekt betont zudem die Bedeutung einer integrierten Planung, die Stakeholder mit unterschiedlichen Blickwinkeln (Tourismus, Landwirtschaft, Naturschutz, Wohnbevölkerung) einbezieht, um die Akzeptanz der neuen Deichsysteme zu steigern und Synergieeffekte zu schaffen. Quelle l ComCoast: http://www.comcoast.org/

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

SChweiz: Projektbeispiele „Klimaänderung und Wasserkraftnutzung“: Wasserkraft braucht Planungssicherheit Etwa 60 Prozent des in der Schweiz produzierten Stroms wird durch Wasserkraft gewonnen, das Potenzial für Wasserkraft wird sich durch den Klimawandel jedoch verändern. Um sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, ist die Wasserkraftbranche auf eine integrierte Prognose aller relevanter Informationen, wie etwa Ressourcenverfügbarkeit, Störanfälligkeit der Infrastruktur, aber auch des Energiebedarfs angewiesen. Nur so lässt sich in ihren Augen die Versorgungssicherheit für die Schweiz auch in Zukunft garantieren. Das Projekt Klimaänderung und Wasserkraftnutzung soll dafür die Grundlage liefern: Anfang September 2007 wurde der Schlussbericht einer Vorstudie vorgelegt; die Hauptstudie soll im Herbst 2010 abgeschlossen sein. Die Vorstudie bietet eine umfassende Übersicht über den aktuellen Wissensstand zum Zusammenhang zwischen der Klimaänderung und der Wasserkraftnutzung. Im weiteren Projektverlauf sollen die Grundlagen für die künftige Planung im Bereich Wasserkraftnutzung in Bezug auf die erwarteten Veränderungen bei der Verfügbarkeit von Wasser gelegt werden. Somit soll gleich­ zeitig ein belastbares Modell für die zukünftigen Chancen und Risiken der Wasserkraftbranche auch im Zeichen des klimatischen Wandels geschaffen werden. Das Projekt wurde von dem schweizerischen Kompetenznetzwerk Wasser im Berggebiet in Zusammenarbeit mit der Gruppe für Hydrologie der Universität Bern, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Eidgenössischen For­ schungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft initiiert und vom Bundesamt für Energie mitfinanziert. Quellen l NWB Netzwerk Wasser im Berggebiet: http://www.mountain-water-net.ch/PHP/index.php?id=46 l Vorstudie des Projekts Klimaveränderung und Wasserkraftnutzung:

www.mountain-water-net.ch/FILES/pdf/Projekt_Klimaaenderung_Wasserkraft_Vorstudie_Schlussbericht.pdf

Kartografische Darstellung des Permafrostbodens in der Schweiz (PERMOS) Steigende Temperaturen bedrohen in der Schweiz die sogenannten Permafrostböden, die heute noch etwa 5 Prozent der Schweiz bedecken. Als Permafrost bezeichnet man stark gefrorenen Boden, der während des ganzen Jahres Temperaturen unter 0 °C aufweist. Diese Böden, die vor allem in den Alpen in den Höhenlagen über der Waldgrenze weit verbreitet sind, reagieren sehr empfindlich auf Veränderungen des Klimas. Taut der Permafrost aufgrund steigender Temperaturen, verliert er an Stabilität. Die Folge ist ein größeres Ausmaß an Erosion und die zunehmende Gefahr von Felsstürzen, Rutschungen und Murgängen. Um diese Risiken besser zu verstehen, hat die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften (SANW) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), mehreren Schweizer Universitäten, dem Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF Davos) sowie anderen Organisationen im Jahr 2000 das Projekt Permafrost Monitoring Switzerland (PERMOS) initiiert. Mithilfe eines langfristigen Beobachtungsnetzes soll PERMOS die zukünftige Entwicklung des Permafrosts systematisch beobachten und dokumentieren. Seit 2003 werden die Ergebnisse von PERMOS alternierend mit dem Bericht über die Veränderungen der Gletscher publi­ ziert. Darüber hinaus flossen die gewonnenen Erkenntnisse auch in den Hydrologischen Atlas der Schweiz (HADES) ein. 2007 wurde im Rahmen einer breit angelegten Evaluationsstudie bestätigt, dass PERMOS wertvolle Ergebnisse über den Prozess des Klimawandels liefert. Das Projekt kann auch als Grundlage für weitere Anpassungsstrategien dienen.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Quellen l UNFCCC Report: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf l Alpen 2007: www.permos.ch/downloads/alpen2007.pdf l PERMOS: http://pages.unibas.ch/vr-forschung/PERMOS/PERMOS_Konzept.pdf l Hydrologischer Atlas der Schweiz: http://hades.unibe.ch/

Der Mattmarkstausee bei Saas-Fee: Energiegewinnung und Hochwasserschutz Zusammen mit dem Kraftwerksbetreiber Mattmark AG wurde 2001 vom Kanton Wallis ein Hochwasserschutzprogramm realisiert, das auf die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und dem privaten Kraftwerkbetreiber setzt. Das Programm beinhaltete in geringem Umfang bauliche Maßnahmen, vor allem aber die Einigung darüber, dass der Wasserwerkbetreiber ein größeres Freihaltevolumen für den Hochwasserschutz bereitstellt. Die dadurch verringerte Kraftwerkleistung wird der Mattmark AG vom Kanton erstattet. Für den Staat bedeutet dieses Abkommen weit geringere Kosten als flussbauliche Maßnahmen zum Schutz der Gemeinden am Unterlauf. Die Stauanlage Mattmark nahe Saas-Fee im Kanton Wallis wurde 1969 zur Energiegewinnung in Betrieb genommen. Trotz des relativ kleinen natürlichen Einzugsgebiets des Speichers von 37,1 km kommt dem Speicherkraftwerk eine große Bedeutung beim Hochwasserschutz der Region zu. Das wurde beim „Jahrhunderthochwasser“ 1993 deutlich, als der Stausee bereits zu über 92 Prozent gefüllt war, aber dennoch genug Wasser zurückhielt, um so die Überschwemmung des Örtchens Visp mitsamt der dortigen Chemieanlagen und somit eine wirtschaftliche und ökologische Katastrophe zu verhindern. Quellen l UNFCCC Report: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf l Sander, Bernhard, und Peter Haefliger: Umbau der Stauanlage Mattmark für den Hochwasserschutz:

www.tec21.ch/pdf/tec21_362002903.pdf

Gefahrenkarten als Grundlage zur Raumplanung Eine wichtige Grundlage für die Vorbereitung der Raumplanung auf die Folgen des Klimawandels ist die Erstellung von Gefahrenkarten als Beurteilungsgrundlage. Die Karten zeigen, wo in der Schweiz Siedlungen von Hochwasser, Lawinen, Rutschungen oder Felsstürzen bedroht sind. Der Realisierungsstand der Gefahrenkarten ist für individuelle Naturgefahren und in den einzelnen Kantonen unterschiedlich. Zu Beginn des Jahres 2006 waren in der Schweiz für Rutschungen 23 Prozent, für Fels- und Bergstürze 29 Prozent, für Hochwasser 30 Prozent und für Lawinen 66 Prozent aller Gefahrenkarten vorhanden. In Gebirgskantonen ist die Kartierung tendenziell weiter fortgeschritten als in Flachlandkantonen. Bis 2011 sollen flächendeckend Gefahrenkarten verfügbar sein. Im nächsten Schritt werden diese Karten als Detailkarten präzisiert. Ein Raumplanungsgesetz auf Bundesebene stellt sicher, dass lokale Landnutzungskonzepte und Raumplanungen immer auf Grundlage der (integralen) Gefahrenkarten den Naturgefahren Rechnung tragen müssen. Quelle l PLANAT Reihe 1/2007: Gefahrenkarten aus dem rechtlichen Blickwinkel. Merkblatt der Nationalen Plattform Naturgefahren PLANAT.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Das Dorf Pontresina schützt sich vor Lawinen und abtauendem Permafrost Die kleine Tourismusgemeinde Pontresina im Schweizer Engadin ist aufgrund ihrer Hochgebirgslage seit jeher von Lawinenabgängen bedroht. Schon früh hat sich die Gemeinde mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auseinandergesetzt und die Gefahr von Lawinen und Erdrutschen durch das Abtauen der Permafrostböden erkannt. Um diesen Risiken vorzubeugen, hat Pontresina im Val Giandains unterhalb eines abtauenden Permafrostvorkommens den Schutzdamm Giandains errichtet, der effektiver als die traditionellen Lawinenverbauungen ist, sich aber trotzdem verträglich in das Landschaftsbild integriert. Quelle l Schutzdamm Giandains Pontresina: www.toscano.ch/Portals/23/PDF/referenzen/06_Giandainsdamm.pdf l UNFCCC Report: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf

Grenzüberschreitendes Hochwasser-Vorwarnsystem für die Rhein-Anlieger Unregelmäßige Regenfallmengen, verstärkte Bodenerosion und das Abtauen von Gletschern und Permafrostböden verschärfen generell das Risiko von Hochwasserereignissen. Neben baulichen Schutzmaßnahmen sind vor allem rechtzeitige Vorwarnungen ein zentrales Element des Hochwasserschutzes. Mit ausreichender Vorwarnzeit können Menschen, Gebäude und Infrastruktur geschützt werden. Da der Rhein und seine Zuflüsse durch mehrere Länder und topographisch wie klimatisch unterschiedliche Regionen fließt, stellt der Aufbau eines Vorwarnsystems die Rheinanlieger vor besondere Herausforderungen. Das umfassende und grenz­ übergreifende Hochwasser-Vorwarnsystem Flood Early Warning System Rhine (FEWS Rhine) stellt eine Reaktion auf diese Bedrohung dar. Es wurde vom schweizerischen Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) in Zusammenarbeit mit RIZA, dem wissenschaftlichen Institut des niederländischen Wasserwirtschaftamts (Rijkswaterstaat), entwickelt. Die erweiterten Systeme umfassen das gesamte Einzugsgebiet des Rheins von der Quelle bis zur Mündung. Bei kritischen Hochwasserlagen werden die Vorhersagen des BWG rund um die Uhr aktualisiert und die Informationen Betroffenen und Interessierten kostenlos im Internet, telefonisch oder per automatischer Fax-Vorwarnung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus fließen die von der Schweiz gesammelten Vorhersagen in die entsprechenden Warnsysteme der Unterlieger ein und helfen somit, in den anderen Rheinanliegerstaaten Deutschland, Frankreich und den Niederlanden potenzielle Flutkatastrophen zu verhindern. Quellen l UNFCCC Report: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf l Bundesamt für Wasser und Geologie: Aquaterra 1/2005: www.bafu.admin.ch/php/modules/shop/files/pdf/phpUJ31xb.pdf

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Spanien: Projektbeispiele Handbuch zur Erstellung von urbanen Notfallplänen bei Wasserknappheit Zunehmende Wasserknappheit und lange Dürreperioden stellen ein wachsendes Risiko für die Wasserversorgung spani­ scher Städte dar. So schien beispielsweise die Trinkwasserversorgung Barcelonas für das Jahr 2008 nach einem sehr regen­ armen Winter nicht sichergestellt; die wichtigsten Stauseen waren bereits zu Beginn des Sommers auf einem minimalen Niveau. Entsprechend wurde ein Notfallplan entwickelt, der die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser über Tankschiffe und ein Rohrsystem von dem Fluss Ebro sichern soll. Mit dem Ziel, für Städte über 20.000 Einwohner einen einheitlichen Bezugsrahmen für die Erstellung solcher Notfallpläne bei Wasserknappheit zu schaffen, entwickelte das Umweltministerium in Zusammenarbeit mit der Spanischen Vereinigung der Wasserversorger (AEAS) daher schon 2007 ein Handbuch, das die wichtigsten Verfahrensabläufe für die Vorbereitung auf Dürreperioden beschreibt. Wichtige Schritte sind: l Ermittlung des Wasserbedarfs und der zur Verfügung stehenden Ressourcen l Evaluierung des Risikos von Wasserknappheit l Definition von Maßnahmen zur Risikominderung l Definition von Reduktionszielen für den Wasserverbrauch l Organisation des Notfallmanagements Das Handbuch enthält ein einheitliches System zur Berechnung der Wasserressourcen und zur Einstufung der Stadien der Wasserknappheit. Damit bietet es den Städten eine Handreichung zur Vorbereitung auf Dürreperioden und ermöglicht eine verbesserte nationale Koordination der Aktivitäten. Quelle l Guía para la elaboración de Planes de Emergencia por sequía en sistemas de abastecimiento urbano, AEAS / Ministerio de Medio Ambiente, 2007.

Reduktion des Wasserkonsums in neuen Immobilienprojekten In den letzten Jahrzehnten verzeichnete die spanische Mittelmeerküste insbesondere für touristisch genutzte Gebäude einen starken Bauboom. Die Bebauung geht jedoch mit negativen ökologischen Folgen einher, wobei neben der Zerstö­rung von empfindlichen Küstenökosystemen der große Wasserkonsum der neuen Gebäude das vordringlichste Problem darstellt. Um dem zu begegnen, baute die Immobilienfirma Bancaja Habitat an der Mittelmeerküste Kataloniens die in Bezug auf den Wasserverbrauch optimierte Siedlung Urbanización Panorámica, Sant Jordi. Das Projekt liegt in einer Gegend, in der sich starke Niederschläge mit Trockenperioden abwechseln. Die Siedlung wird über einen Brunnen mit Wasser versorgt. Zusätzlich wurde ein System zur Nutzung von Regenwasser installiert, das die notwendige Fördermenge von Grundwasser wesentlich reduziert. Das ablaufende Oberflächenwasser aus der Siedlung und aus dem anliegenden Golfplatz wird über eine spezielle Wasseraufbereitungsanlage gereinigt und ge­ trennt gespeichert. Zudem wird ein Teil des Brauchwassers aus der Siedlung aufbereitet und wiederverwendet. Mithilfe des Systems können so rund 40 Prozent des Wasserkonsums der Siedlung mit wiederverwendetem Wasser gedeckt werden. Quellen l Bancaja Habitat: http://www.bancajahabitat.es/ l Fundación Entorno, Empresa y Desarrollo Sostenible: Adaptación, 2008.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Iberoamerikanisches Netzwerk der Büros zum Klimawandel Neben nationalen und lokalen Aktivitäten ist der internationale Austausch ein weiterer wichtiger Baustein zur Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel. Dies wird auch in der spanischen Anpassungsstrategie betont. Ein Beispiel für eine solche internationale Zusammenarbeit und politische Koordination zum Klimawandel ist das Iberoamerikanische Netzwerk der Büros zum Klimawandel (Red Iberoamericana de Oficinas de Cambio Climático – RIOCC). Das Netzwerk wurde im Oktober 2004 von den Umweltministern mehrerer Länder Lateinamerikas sowie Spanien ins Le­ ben gerufen. Seitdem nimmt die Spanische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit (AECID) die Rolle des Moderators und Förderers des Netzwerks ein, an dem sich insgesamt 21 Länder beteiligen. Das Spanische Büro zum Klimawandel ist Mitglied des Netzwerks und leitet die Initiative fachlich. Ihr Ziel ist, die Politik zum Klimawandel zwischen den Ländern Latein­amerikas und Spaniens vorzubereiten und zu koordinieren. Die Treffen der Mitglieder finden auf hoher politischer Ebene statt. Zumeist sind die Länder durch die Umweltminister vertreten, und die Ergebnisse werden auf den Gipfeltreffen der lateinamerikanischen Präsidenten vorgestellt. Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels spielt innerhalb des Arbeitsprogramms des RIOCC eine wichtige Rolle. Im Jahr 2005 vereinbarten die Mitglieder das Iberoamerikanische Programm zur Evaluierung der Auswirkungen, Risikoabschätzung und Anpassung an den Klimawandel (Programa Iberoamericano de Evaluación de Impactos, Vulnerabilidad y Adaptación al Cambio Climático – PIACC). Das Programm hat zum Ziel, die Entwicklung und Umsetzung von entsprechenden Strategien in der Region zu beschleunigen. Hierzu fördert es die Koordination von Aktivitäten sowie den internationalen Informationsund Erfahrungsaustausch. Zu seinen Aktionsfeldern gehören: l Förderung regionaler Initiativen und Institutionen l Förderung der Forschung und der Klimabeobachtung l Generierung und Zusammenführung der relevanten Daten zum Klimawandel, dessen Auswirkungen und Anpassungsmaßnahmen in Lateinamerika l Austausch von Erfahrungen und Methoden zur Risikoabschätzung und Anpassung an die Folgen des Klimawandels l Unterstützung internationaler, partizipativer und sektorübergreifender Projekte Quelle l Red Iberoamericana de Oficinas de Cambio Climático: Programa Iberoamericano de Evaluación de Impactos, Vulnerabilidady Adaptación al Cambio Climático, 2006.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Kanada: Projektbeispiele Toronto: Vorreiter beim Umgang mit Hitzewellen Größere Städte sind stärker als ihr Umland von steigenden Temperaturen betroffen. Durch die dichte Bebauung entstehen sogenannte „städtische Wärmeinseln“. Dies gilt auch für Toronto: Die Stadt muss mit im Vergleich zum Umland bis zu 3° C höheren Sommertemperaturen rechnen. Als Reaktion auf den extremen Sommer von 1999 mit 120 Toten hat die Stadt eine Reihe von Initiativen gestartet, um gegen die Folgen von Hitzewellen anzugehen. Damit nimmt Toronto in Kanada eine Vorreiterrolle bei der Anpassung an den Klimawandel ein. Ein wegweisendes Projekt ist Torontos Hitzenotfallplan. Risikogruppen, die bei hohen Temperaturen einem besonderen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, sollen durch vorsorgende Maßnahmen geschützt werden. Als Risikogruppen gelten allein lebende Rentner, chronisch Kranke, Kinder, Menschen mit geringem Einkommen und Obdachlose. Basierend auf lokalen Wetterdaten und medizinischen Daten haben die Gesundheitsbehörden ein zweistufiges Alarmsystem entwickelt. Im Falle einer Hitzewarnung (1. Stufe) richten die Gesundheitsbehörden eine spezielle Notrufzentrale ein, verteilen kostenlos Wasserflaschen und informieren die Medien und besonders betroffene Zielgruppen, wie etwa Kinder­ tagesstätten, Pflegeheime und Krankenhäuser. Kommt es zu einem Hitzenotfall (2. Stufe), werden weitergehende Maßnahmen umgesetzt: Klimatisierte städtische Gebäude werden den Risikogruppen als Zuflucht gegen die Hitze geöffnet und in den Straßen kostenlose Fahrscheine für die Anfahrt verteilt. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen hat auch der Rekordsommer von 2005 wieder zu zahlreichen Todesfällen geführt. Deshalb soll das Programm weiterhin systematisch verbessert und ausgebaut werden. Zur Milderung der Hitze plant Toronto außerdem im Rahmen des Cool Toronto-Programms städtebauliche Lösungen. Das Programm umfasst beispielsweise die Ausweitung von Grünanlagen, das Pflanzen von schattenspendenden Bäumen, die Förderung der Luftzirkulation durch Entlüftungsschneisen sowie das Begrünen von Dachflächen. Zusätzlich will die Stadt auch die Verwendung hellerer Materialien in Gebäuden und Infrastruktur (zum Beispiel Straßenbeläge, Dachziegel) fördern, da diese die Sonnenhitze stärker reflektieren anstatt sie zu absorbieren. Quellen l Urban reforestation in Toronto, Canada. UNFCCC, Database on local coping strategies:

http://maindb.unfccc.int/public/adaptation/adaptation_casestudy.pl?id_project=149

l Natural Resources Canada: http://www.adaptation.rncan.gc.ca/assess/2007/ch6/3_e.php l City of Toronto: http://wx.toronto.ca/inter/it/newsrel.nsf/0/068b796a88bb09c685256df600461170?OpenDocument l City of Toronto: http://www.toronto.ca/health/heatalerts/index.htm

Climate SMART: Eine integrierte Klimastrategie auf kommunaler Ebene Die Stadt Halifax, das Zentrum der westkanadischen Region Nova Scotia, hatte in den vergangenen Jahren unter verschiedenen Extremwetterereignissen, etwa Hurrikans und Blizzards zu leiden. Zahlreiche Menschen starben, und die Schäden gingen in die Millionen. Um dem erhöhten Risiko durch den Klimawandel gerecht zu werden und um insbesondere auf Extremwetterereignisse besser vorbereitet zu sein, suchte die Gemeinde nach einem Mechanismus, Anpassungs- und Klimaschutzstrategien systematisch zu planen und umzusetzen. Hierfür wurde 2004 das System Climate SMART (Sustainable Mitigation and Adaptation Risk Toolkit) entwickelt, das Klimaschutz und Anpassung systematisch in die lokalen Planungs- und Entscheidungsstrukturen integrieren soll. Das System umfasst: l Gefährdungs- und Nachhaltigkeitsanalysen l Kosten-Nutzen-Analysen l Emissionsmanagement und Reduktionsmechanismen

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

l Einen Plan für den Umgang mit Risiken des Klimawandels l Eine Methodologie für das Emissionsmanagement und Anpassungsmaßnahmen in jedem Sektor der Gemeinde l Kommunikations- und Beteiligungsinitiativen Climate SMART ist eine Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor. Am Modellprojekt in Halifax beteiligen sich neben der Stadt auch der kanadische Gemeindebund, das kanadische Ministerium für natürliche Ressourcen, das kanadische Umweltministerium, das Energieministerium von Nova Scotia, das Umwelt- und Arbeitsministerium von Nova Scotia, der Industrieverband der Umweltunternehmen von Nova Scotia sowie verschiedene Bürgerinitiativen und lokale Unternehmen. Quellen l Halifax Regional Municipality: http://www.halifax.ca/climate/index.html l Natural Resources Canada: http://www.adaptation.rncan.gc.ca/assess/2007/ch4/3_e.php

Water for Life: Eine Wasserstrategie für die Provinz von Alberta Starkes Bevölkerungswachstum sowie der Ausbau von Landwirtschaft und Industrie haben die Wassernachfrage in der kanadischen Provinz Alberta in den letzten Jahren enorm ansteigen lassen. Demgegenüber führt der Klimawandel, vor allem die Häufung von Dürren im Sommer, voraussichtlich zu einem zunehmend schwankenden und schwer vorhersehbaren Wasserangebot. Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat die Provinzregierung eine Wasserstrategie (Water for Life: Alberta’s Strategy for Sustainability) entwickelt. Ziel von Water for Life ist, Bevölkerung und Gewerbe in Alberta für die Wasserknappheit zu sensibilisieren und zu sparsamer Wassernutzung zu motivieren. Bis zum geplanten Ende des Prozesses im Jahr 2014 sollen die Wasserproduktivität um 30 Prozent gesteigert und so die Trinkwasserreserven nachhaltig gesichert werden. Die Bevölkerung wurde in einem mehrstufigen Verfahren aktiv in den Prozess eingebunden. Neben der Formulierung von grundsätzlichen Zielen und Prinzipien wurden im ersten Jahr der Initiative das Alberta Water Council sowie lokale Beratungsorgane geschaffen, welche Empfehlungen für die Verbesserung des Wassermanagements formulieren. Des Weiteren wurden die Überwachungssysteme verbessert und ein Wasser-Informationszentrum eingerichtet. Quellen l Water for Life: http://www.waterforlife.gov.ab.ca/ l Natural Resources Canada: http://www.nrcan-rncan.gc.ca/sd-dd/pubs/h2o/3-2_e.html#f26

Entwicklung eines integrierten Waldmanagements im Yukon-Territorium Aufgrund der wärmeren Winter und der heißeren Sommer ist es in den Wäldern des Yukon, an der Grenze zu Alaska im äußersten Nordwesten Kanadas, bereits zu einer Borkenkäferplage bisher nicht gekannten Ausmaßes gekommen. Folgen der Käferplage sind weitreichende Veränderungen im ökologischen Gleichgewicht, Auswirkungen auf Flora und Fauna und eine erhöhte Waldbrandgefahr durch das trockene Holz der sich ausbreitenden Todholzflächen. Nicht zuletzt ist jedoch auch die ökonomische Grundlage der Menschen vor Ort bedroht. Dies bezieht sich vor allem auf die negativen Folgen der Käferplage für die regionale Forstwirtschaft. Ausgehend von dieser Herausforderung wurden von der Provinzregierung in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung gemeinsame Anstrengungen unternommen, einen umfassenden Managementplan für den Wald zu entwickeln, der das Risiko von Waldbränden reduziert, Aufforstung fördert, die Tierund Pflanzenwelt schützt und die ökonomische Perspek­tive sichert. Verschiedene Workshops und Forschungsaktivitäten unterstützen die Entwicklung des Managementplans. Das traditionelle Wissen der Indianerstämme wird dabei aktiv mit einbezogen.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

Quellen Natural Resources Canada: http://www.adaptation.rncan.gc.ca/assess/2007/ch3/4_e.php Government of Yukon: http://www.emr.gov.yk.ca/forestry/index.html

Ein Landnutzungsmodell für die Erwärmung des Permafrosts in Salluit Das durch die Erderwärmung bedingte Auftauen der Permafrostböden in den arktischen Regionen ist nicht nur Folge des globalen Klimawandels, sondern trägt seinerseits durch die Freisetzung von im Boden gebundenen Methangasen zu einer weiteren Klimaerwärmung bei. Aber auch für die Ökosysteme vor Ort und somit für die Lebensgrundlage der Menschen hat die Erwärmung der Böden weitreichende Folgen. Ein Beispiel dafür ist die Inuit-Siedlung Salluit in der Region Nunavik in äußersten Norden von Québec. Eine Erhöhung der Permafrosttemperatur beeinflusst erheblich die Wasserverhältnisse im Boden und an der Oberfläche und wirkt sich somit direkt auf Topographie und Vegetation aus. Die Bodenstabilität vermindert sich und es kommt vermehrt zu Landsenkungen. Die Folge sind Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Die örtliche Wirtschaft wird zusätzlich dadurch beeinträchtigt, dass die bisher auf dem gefrorenen Boden verlaufenden Verkehrswege aufgrund der Erwärmung nur noch eingeschränkt nutzbar sind. Zusätzlich ist Salluit von der Meeresseite auch noch durch Küstenerosion bedroht. Um diesen Problemen zu begegnen, entwickeln die in Québec angesiedelten Forschungsinstitute Centre d’études nordiques und Ouranos ein geologisches und geothermisches Modell für Salluit, das alle Faktoren der Bodenstabilität erfassen soll. Auf diesem Modell basierend soll eine Karte entstehen, die besonders gefährdete Gebiete identifiziert und die zukünftige Landbeschaffenheit sowie die mögliche Landnutzung aufzeigt. Darüber hinaus werden in Salluit verschiedene neue Techniken wie reflektierende Oberflächen oder Hitzeableitungen getestet, um die Erwärmung des Bodens zu verlangsamen. Quellen l Centre d’études nordiques (CEN): http://www.cen.ulaval.ca/english/pergelisol.html l Natural Resources Canada: http://ess.nrcan.gc.ca/2002_2006/rcvcc/j32/5_e.php l Umweltbundesamt: http://www.umweltbundesamt.de/klimaschutz/veroeffentlichungen/permafrost.pdf

Die Confederation Bridge In die Bauplanungen der Confederation Bridge wurden bereits Ende der 1990er Jahre die sich verändernden klimatischen Bedingungen an der kanadischen Atlantikküste mit einbezogen. Die Brücke überspannt den Sankt-Lorenz-Golf in Ostkanada und verbindet die Prince Edward Island mit dem nordamerikanischen Festland in New Brunswick. Mit 12,9 Kilometern ist die 1997 fertiggestellte und für einen rund 100 Jahre währenden Betrieb angelegte Brücke die längste Kanadas. Eine besondere Herausforderung bei der Konstruktion stellte der Drift von großen Eisplatten unter der Brücke im Winter und Frühling dar. Für den Fall eines steigenden Meeresspiegels wurde die Durchfahrtshöhe für Schiffe vorsorglich erweitert. Auch bezüglich des Durchflusses von Eisplatten in der Zukunft wurden Klimaszenarien bei der Festlegung des Abstands zwischen den Brückenpfeilern beachtet. Quellen OECD, “Progress on Adaption to Climate Change in developed Countries”: http://www.oecd.org/dataoecd/49/18/37178873.pdf Natural Resources Canada, “Fixed Link Bridge to Prince Edward Island– CCRS Convair CV580 C-Band (HH)

SAR Image– March 3, 1996”: http://ccrs.nrcan.gc.ca/radar/airborne/cxsar/action/bridge_e.php

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USA: Projektbeispiele Water Utilities Climate Alliance: Klimaallianz amerikanischer Wasserversorger 2008 haben sich acht amerikanische Wasserversorger zu einer Klimaallianz zusammengeschlossen (Seattle Public Utilities, Denver Water, Metropolitan Water District of Southern California, Portland Water Bureau, San Diego County Water Authority, San Francisco Public Utilities Commission, New York City Department of Environmental Protection sowie Southern Nevada Water Authority). Die Allianz hat sich das Ziel gesetzt, die Klimafolgenforschung im Bereich Wasserwirtschaft und Wasserversorgung gemeinsam voranzutreiben, um auf dieser Grundlage Strategien zur Anpassung an den Klimawandel zu konzipieren. Das Unternehmen Seattle Public Utilities (SPU) gilt dabei als Vorreiter: SPU arbeitet bei seinem Wasser- und Risikomanagement eng mit Forschungseinrichtungen zusammen und orientiert sich an wissenschaftlichen Klimaprojektionen. Das Wasserversorgungsunternehmen erstellt jährlich Prognosen zu Wasserangebot und Wasserbedarf und untersucht verschiedene Niedrig- oder Nullkostenmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Quellen l Seattle Public Utilities: http://www.seattle.gov/util/About_SPU/News/News_Releases/SPU01_003477.asp l Climate Impacts Group: http://www.cses.washington.edu/cig/fpt/casestudyspu.shtml

PLANYC 2030: New York City bereitet sich auf den Klimawandel vor New York wird in vielfältiger Weise vom Klimawandel betroffen sein. Experten befürchten vor allem vermehrt auftretende Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen mit deutlichen Auswirkungen auf Wasserversorgung, Gesundheit, Infrastruktur und Energiebedarf. Daher hat Bürgermeister Michael Bloomberg im April 2007 einen umfangreichen Umweltaktionsplan veröffentlicht, den PLANYC 2030. Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist darin ein wichtiger Aspekt. Ziele sind der Schutz der Infrastruktur vor extremen Wetterereignissen, der Schutz besonders anfälliger Wohngegenden und Bevölkerungsgruppen sowie die Entwicklung eines übergreifenden Planungsprozesses zur Klimaanpassung. Zum Schutz der Infrastruktur wurde beispielsweise eine sektorenübergreifende Task-Force eingerichtet, welche die Anpassungsmaßnahmen koordinieren soll. Informationskampagnen und eine Reihe verschiedener Bürgerforen sollen das Klimabewusstsein erhöhen und die Perspektive der betroffenen Bevölkerungsgruppen in die Anpassungsplanung integrieren. Darüber hinaus richtete Bloomberg das New York City Panel on Climate Change (NPCC) ein. In Anlehnung an Aufbau und Funktionsweise des Weltklimarates (IPCC) hat das Gremium untersucht, welche Auswirkungen der Klimawandel auf New York City haben wird, um so Anpassungsmaßnahmen effektiver vornehmen zu können. Der entsprechende Bericht wurde im Frühjahr 2009 vorgestellt. Quellen l Stadtverwaltung New York City: http://www.nyc.gov/html/planyc2030/downloads/pdf/report_climate_change.pdf l New York City Department of Environmental Protection (2008), Assessment and action plan: A report based on the ongoing work of the DEP Climate Change Task-Force, Report No. 1, New York, NY. l Cimate Risk Information, New York City Panel on Climate Change: http://www.nyc.gov/html/om/pdf/2009/NPCC_CRI.pdf

King County: Lokale Vorbereitung auf den Klimawandel Das King County im Bundesstaat Washington gilt auf lokaler Ebene als führend in Fragen der Vorbereitung auf den Klimawandel. Im Jahr 2006 gründete King County eine abteilungsübergreifende Anpassungsgruppe, die sich mit den für die Anpassungsplanung relevanten Untersuchungen, Entscheidungsprozessen und Investitionsplänen befasst. In Zusammenarbeit mit der Climate Impacts Group (CIG) der University of Washington in Seattle hat King County zahlreiche Maßnah-

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men in der Wasserwirtschaft umgesetzt und 2007 einen übergreifenden Klimaplan vorgelegt. Außerdem hat King County zusammen mit CIG und der internationalen Initiative Local Governments for Sustainability (ICLEI) ein Handbuch zu Anpassungsmaßnahmen auf bundesstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene herausgegeben. Quellen l Climate Impact Groups (2007), Preparing for Climate Change: A Guidebook for Local, Regional and State Governments, Publication: http://www.cses.washington.edu/cig/fpt/guidebook.shtml l PEW Center on Global Climate Change (2008): ttp://www.metrokc.gov/exec/news/2007/pdf/ ClimatePlan.pdf

Hitzewellenplan für Philadelphia Die Häufigkeit extremer Hitzewellen wird in Zukunft voraussichtlich weiter zunehmen. Die Stadt Philadelphia hat bereits 1993 einen Hitzewellenplan vorgelegt, der eine Reihe von Notfallmaßnahmen vorsieht. Er beinhaltet ein Warnsystem für besonders betroffene Gesellschaftsgruppen (wie etwa alleinstehende Senioren oder Obdachlose), den Aufbau eines Nachbarschaftshilfe-Netzwerks sowie Pläne zur Freigabe öffentlicher Einrichtungen als klimatisierte Notunterkünfte. Die dafür notwendigen Daten werden vom Heat Health Watch-Warning System geliefert. Strom- und Wasserunternehmen haben sich bereit erklärt, Versorgungs­ leistungen während einer Hitzewelle auch für Kunden fortzusetzen, die ihre Rechnungen nicht bezahlt haben. Darüber hinaus hat die städtische Energy Coordinating Agency (ECA) von 2001 bis 2003 das Cool Homes Program für sozial benachteiligte Bevölke­ rungsgruppen durchgeführt. Im Rahmen des Programms wurden verschiedene Projekte und Aufklärungskampagnen initiiert. Ein Beispiel sind die Cool Blocks (kühle Wohnblöcke). Mit der Unterstützung der ECA erhielten die Projektteilnehmer nicht nur kostenfreie Beratung rund um das Thema Innenraumkühlung und Energiesparen, auch die Dächer und Fenster der Wohnanlagen wurden neu isoliert. Studien zufolge konnten die Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung durch den Hitzewellenplan reduziert werden. Quelle l United States Environment Protection Agency: http://www.epa.gov/hiri/a bout/heatresponseprograms.html

Deer Island Wastewater Treatment Plant: Vorsorgende Baumaßnahmen Bereits in den 1990er Jahren entschied sich die Wasserbehörde von Massachusetts (Water Resource Authority), die auf einer Insel im Hafen von Boston errichtete Wasseraufbereitungsanlage auf erhöhtem Terrain zu bauen. Durch diese Baumaßnahme sollte dem zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels vorgebeugt und Langzeitkosten vermieden werden, die durch den Bau einer Wasserschutzmauer um die Anlage entstanden wären. Diese Maßnahme gilt als ein sehr frühes Beispiel klimaresistenter Infrastrukturplanung in den USA. Mittlerweile setzt sich Boston auch umfassender mit den Folgen des Klimawandels auseinander. Der Bürgermeister hat die Entwicklung eines integrierten Anpassungsplans angestoßen, um die Klimarisiken für Boston zu reduzieren und die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen durch die verschiedenen Behörden zu koordinieren. So müssen Klimarisiken zukünftig beispielsweise bei allen öffentlichen Neubauten und bei größeren Renovierungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Quellen l Massachusetts Water Resources Authority: http://www.mwra.state.ma.us/index.html l Pew Center on Global Climate Change (2004), Coping with Global Climate Change. The Role of Adaptation in the United States, Report, S. 29. l Kirshen, P., Ruth, M., Anderson, W., Lakshmanan, T. R., Chapra, S., Chudyk, W., et al. (2004). Infrastructure systems, services and climate change: Integrated impacts and response strategies for the Boston Metropolitan Area, Boston, MA: Climate’s Long-term impacts on Metro Boston (CLIMB). l Menino, T. M. (2007), An Executive Order Relative to Climate Action in Boston, Boston, MA: City of Boston, Office of the Mayor.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Entergy Corporation: Business Continuity Planning Die Entergy Corporation mit Sitz in New Orleans, Louisiana, ist einer der wichtigsten regionalen Energielieferanten. Wie die gesamte Region haben die Hurrikane Katrina und Rita im Jahr 2005 auch die Entergy Corporation hart getroffen. Der Schaden für das Unternehmen wurde auf rund zwei Milliarden US-Dollar geschätzt und hat Entergy nachhaltig für seine Anfälligkeit gegenüber Klimarisiken sensibilisiert. Schon der extrem heiße und trockene Sommer 2000 und die im Winter darauf einsetzenden starken Schneestürme hatten dies verdeutlicht. Als Reaktion hat das Unternehmen Maßnahmen ge­ troffen, um den potenziellen Schaden des Klimawandels auf seine Infrastruktur und Vertriebswege zu reduzieren. Zwar hat Entergy am Standort New Orleans als Unternehmenssitz festgehalten, Teile der kritischen Infrastruktur wurden aber in weniger gefährdete Regionen verlagert. Außerdem wurde eine firmeninterne Arbeitsgruppe (Business Continuity Group BCG) eingesetzt, um die Risiken des Klimawandels und anderer potenzieller Gefahren zu untersuchen. Die Arbeitsgruppe hat ein Modell von Risiken kurzfristiger (20 Jahre), mittelfristiger (20 bis 50 Jahre) und langfristiger Natur (bis zum Jahr 2100) erstellt und entsprechende Risikoszenarien für das Unternehmen skizziert. Anhand dieser Szenarien können besonders gefährdete Unternehmensbereiche identifiziert werden. Am Ende dieses Prozesses sollen detaillierte Handlungspläne vorliegen. Quellen l Sussman, F., and Freed, J. R. (2008), Adapting to Climate Change: A Business Approach, Report prepared for the Pew Center on Global Climate Change, April 2008. l Entergy news release, September 2006. l Entergy Corporation: http://www.entergy.com/news_room/newsrelease.aspx?NR_ID=887

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

AUSTRALIEN: Projektbeispiele Ein Anpassungsplan soll das weltgrößte Riff retten Das Great Barrier Reef erstreckt sich auf einer Länge von 2.300 Kilometern an der Nordostküste Australiens und gilt als das größte und spektakulärste Riff der Welt. Das Riff beherbergt eine einzigartigen Flora und Fauna und wurde bereits 1981 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Außerdem hat es eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Tourismusund Freizeitindustrie. Die Great Barrier Reef Marine Park Authority (GBRMPA) schätzt, dass es jährlich etwa 6,9 Milliarden Australische Dollar zur Wirtschaft des Landes beiträgt. Wie der Bericht des Weltklimarates 2007 herausstellt, ist das Great Barrier Reef aber auch eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Habitate der Welt. Der steigende Meeresspiegel und vor allem die höhere Wassertemperatur bergen die Gefahr, dass die Korallen ausbleichen und durch die Übersäuerung des Wassers letztlich weitläufig absterben. Es ist zu erwarten, dass sich diese Veränderungen signifikant auf die Biodiversität und das Fischerei- und Tourismusgewerbe der Region auswirken werden. Um dies zu verhindern oder zumindest abzumildern, sind weitreichende Anpassungsmaßnahmen notwendig. Der von der GBRMPA entwickelte Aktionsplan Climate Change Action Plan 2007–2012 soll Strategien für die Anpassung des Riffs an die Folgen des Klimawandels entwickeln und testen. Der Plan basiert auf einer umfassenden Analyse der mög­lichen Folgen des Klimawandels für das Great Barrier Reef (Climate Change and the Great Barrier Reef: A Vulnerability Assessment). Er konzentriert sich auf vier Ziele: zielgerichtete Verbesserung des Wissens über die Klimafolgen, Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Ökosystems, Anpassung der wirtschaftlichen Nutzung und lokalen Gemeinden sowie Reduzie­ rung des „Klima-Fußabdrucks“. Quellen l Australian Government, Great Barrier Reef Marine Park Authority, Australian Greenhouse Office, Climate Change Action Plan Great Barrier Reef 2007–2012 l Great Barrier Reef Foundation: http://www.barrierreef.org/ l Coral Bleeching Response Plan:

http://www.gbrmpa.gov.au/__data/assets/pdf_file/0004/23908/coral_bleaching_response_plan2007-08.pdf

Anpassung an den Klimawandel in der Aus- und Weiterbildung Im Mai 2008 kündigte Penny Wong, die australische Ministerin für Klimawandel und Wasserversorgung, ein capacity buildingProgramm zur Klimaanpassung an, das sich der Ausbildung von Fachkräften widmet. Es soll lokale Regierungen und Experten (wie etwa Ingenieure oder Architekten) dabei unterstützen, das notwendige Fachwissen für die Anpassung an den Klimawan­ del aufzubauen. Ein Beispielprojekt ist das Engineering Sustainable Solutions Program, das von dem Thinktank The Natural Edge Project durchgeführt wird. Ziel des Projekts ist es, das Wissen über die Folgen des Klimawandels von Fachkräften und Studierenden im Bereich Wassermanagement zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen die zu erwartenden Änderungen der Wasserverfügbarkeit und der Anstieg des Meeresspiegels. Im Rahmen des Projekts sollen kostenlos verfügbare Online-Lehrmaterialien entwickelt werden, die vermitteln sollen, welche Klimaveränderungen bei der Planung von Gebäuden und Infrastruktur berücksichtigt werden müssen und welche Technologien für die Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stehen. Ein anderes Beispiel für eine Maßnahme im Bereich Bildung und Ausbildung ist die University of the Sunshine Coast in Queensland, die einen Masterstudiengang in Climate Change Adaption anbietet. Der Studiengang vermittelt neben einem

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Verständnis der Gründe und Dynamik der Klimaveränderungen auch Ansätze und Methoden zum nachhaltigen Ressourcenmanagement angesichts der Klimawandels. Quellen l University of the Sunshine Coast: http://www.usc.edu.au/Students/Handbook/Postgrad/SC702/SC702.htm#overview l The Natural Edge Project: http://www.naturaledgeproject.net/Sustainable_Water_Solutions_Portfolio.aspx l Australisches Ministerium für Klimawandel und Wasserversorgung:

http://www.environment.gov.au/minister/wong/2008/pubs/mr20080506.pdf

South East Councils Climate Change Alliance Die South East Councils Climate Change Alliance (SECCCA) (ehemals: Western Port Greenhouse Alliance) ist ein Netzwerk aus acht Gemeinden im Südosten Australiens, die gemeinsam lokale Antworten auf den Klimawandel entwickeln. Die bereits seit 2004 bestehende Allianz kümmert sich sowohl um den Klimaschutz als auch um die Anpassung an den Klimawandel. Eines der Projekte der SECCCA soll beispielsweise eine Einschätzung darüber liefern, wie sich der Klimawandel auf die Region potenziell auswirken wird und welche Anpassungsmaßnahmen sinnvoll wären. Die Ziele des Projekts sind, das generelle Bewusstsein für die Ursachen und Folgen des Klimas in der Region zu verbessern, die Verwundbarkeit der Region für Klimarisiken zu evaluieren sowie potenzielle Anpassungsmaßnahmen zu erörtern. Der durch dieses Projekt entstandene Bericht soll als Grundlage für einen Stakeholder-Dialog über die Vorbereitung auf den Klimawandel dienen. Quelle l South East Councils Climate Change Alliance: http://www.wpga.org.au/

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SÜDAFRIKA: Projektbeispiele Anpassungsplan der Stadt Durban Die am Indischen Ozean gelegene Küstenstadt Durban ist mit über drei Millionen Einwohnern das Zentrum der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal. Die Stadt hat wegen ihrer Küstenlage bereits heute häufig mit Überflutungen und Stürmen zu kämpfen, die teilweise beträchtliche Schäden an der Infrastruktur hinterlassen. Durch den Klimawandel werden sich diese Gefahren voraussichtlich weiter verschärfen. Die regionale Verwaltung setzt sich daher bereits seit einigen Jahren mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels in Durban auseinander. 2004 gab die Umweltabteilung eine erste Analyse der möglichen regionalen Folgen des Klimawandels in Auftrag. Als Herausforderungen wurden die zunehmende Häufigkeit von Überschwemmungen und Dürren, die Verstärkung der Küstenerosion, mögliche Schäden an der Infrastruktur sowie die Abnahme der Wasserressourcen und der Nahrungsmittelsicherheit herausgear­ beitet. Diese Analyse wurde 2006 im Rahmen eines Diskussionsprozesses mit den relevanten Stakeholdern weiter vertieft und in dem Bericht zusammengefasst. Darauf aufbauend wurde eine übergreifende Strategie zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt (Headline Adaptation Strategy). Die Strategie identifizierte besonders vom Klimawandel betroffene Sektoren in Durban und erarbeitete allgemeine Leitlinien zur Anpassung. Um diese Leitlinien weiter zu konkretisieren und die Anpassung an den Klimawandel in die Planungen, Initiativen und Entscheidungen der betroffenen Sektoren zu integrieren, werden derzeit detailliertere sektorspezifische Aktionspläne ausgearbeitet (Municipal Action Plans). Schwerpunktbereiche sind Wasser und Gesundheit. Quellen l Planning climate resilient cities. Early lessons from early adapters, Urban Research Symposium 2009,

http://www.urs2009.net/docs/papers/Carmin.pdf

l id21: http://www.id21.org/insights/insights71/art05.html l eThekwini Municipality Durban: http://www.durban.gov.za/durban/services/environment

Management der Klimarisiken in der Westkapregion Südafrikas Die Westkapregion ist für Südafrika von zentraler Bedeutung: Mit ihrem mediterranen Klima und ihrer reichen Biodiversität zieht sie nicht nur zahlreiche Touristen an, sie ist gleichzeitig ein wichtiges Anbaugebiet für Wein und Früchte. In der Region wächst die Wassernachfrage der Landwirtschaft und die Urbanisierung nimmt zu. Gleichzeitig ist die Region besonders anfällig gegenüber Extremwetterereignissen und hat zunehmend mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Ein trocke­ n­eres und wärmeres Klima mit veränderten Niederschlagsmustern sorgt für Wasserknappheit und begünstigt die Ausbreitung von Buschfeuern. Laut einer Studie der University of the Free State gab es allein während der Dürre 2004/2005 eine Reduktion der landwirtschaftlichen Produktion um 30 Prozent. Der Wasserbedarf wird bis 2020 schätzungsweise um 45 Prozent steigen und zu 20 Prozent nicht gedeckt werden können. Die Regierung der Provinz engagiert sich daher für die Anpassung an den Klimawandel und hat im Jahr 2005 eine Evaluation der Folgen des Klimawandels in der Region veröffentlicht. Die Regierung der Provinz, aber auch die Verwaltung der Metropole Kapstadt haben seitdem zahlreiche Initiativen, Workshops und Forschungsprogramme initiiert. Im Jahr 2007 beispielsweise wurde eine Studie präsentiert, die Möglichkeiten zur Anpassung auf kommunaler Ebene diskutiert. Im gleichen Jahr veröffentlichte die Provinz den Arbeitsentwurf einer Anpassungsstrategie und eines Aktionsplans, die Prioritäten und konkrete Handlungsanleitungen benennen.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Quellen l Studie der University of the Free State im Rahmen des Programms Climate Change Adaptation in Africa:

http://www.idrc.ca/ccaa/

l Mukheibir, P., & Ziervogel, G. (2007), Developing a Municipal Adaptation Plan (MAP) for climate change: the city of Cape Town, in: Environment & Urbanisation. 19 (1), S. 143–158. April 2007. l Status Quo, Vulnerability and Adaptation Assessment of the Physical and Socio-Economic Effects of Climate Change in the Western Cape, 2005. l The Provincial Government of the Western Cape, Department of Environmental Affairs and Development Planning: http://www.capegateway.gov.za/eng/your_gov/406

Schutz der Biodiversität auf der Kaphalbinsel Die Kaphalbinsel ist eine in den Atlantischen Ozean ragende Landspitze im äußersten Südwesten Afrikas, die weltweit für ihren Artenreichtum bekannt ist. Das einzigartige Ökosystem steht unter großem Druck – nicht nur aufgrund der Ausweitung des Großraums Kapstadt, sondern auch durch die Folgen des Klimawandels. Der Status als Naturreservat war daher nicht mehr ausreichend, um die Biodiversität der Kaphalbinsel zu erhalten. Ziel des Projekts Cape Peninsula Biodiversity Conservation war daher die Einrichtung eines Nationalparks. Projektschwerpunkt war die Eindämmung der Verbreitung nicht endemischer Arten, welche als mutmaßliche Begleiterscheinung des Klimawandels verstärkt auftreten, sowie ein Aktionsplan zur Soforthilfe gegen Waldbrände und Küstenverschmutzung. Zur nachhaltigen Schaffung von Schutzinstrumenten wurde ein Prozess zur strategischen Planung des Pflanzenschutzes auf der Kaphalb­ insel initiiert. Träger des von 1998 bis 2005 laufenden Projekts waren das National Parks Board und der Table Mountain Trust Fund, gefördert wurde es von der Weltbank. Quelle l Cape Peninsula Biodiversity Conservation Project:

www.ffem.net/jahia/webdav/site/ffem/users/admiffem/public/Plaquettes_projet/Biodiversity_peninsuleCap_eng.pdf

Teeanbau in der nördlichen Kapregion Suid Bokkeveld Ziel eines von der NGO SouthSouthNorth initiierten Projekts ist die Unterstützung von Kleinbauern der südafrikanischen Region Suid Bokkeveld bei der Anpassung ihrer Landwirtschaft an die Folgen des Klimawandels. Konkret soll in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort die Möglichkeit getestet werden, auf den Anbau von dürreresistentem wildem Rooibostee (anstelle von konventionellem Rooibos) umzusteigen. Die Grundlage dafür liefern die Beobachtungsergebnisse aus den Dürreperioden in Suid Bokkeveld von 2003 bis 2005. Vierteljährlich werden zum Austausch von Informationen und Erfahrungen Climate Preparedness Workshops durchgeführt. Mittelfristiges Ziel des Projekts ist, eine vorausschauende Klimaanpassung und ein nachhaltiges Ressourcenmanagement zu erreichen. Quelle l SouthSouthNorth-Project Portfolio:

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http://www.southsouthnorth.org/default.asp?/investorportal_home.asp?country_id=11


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TanSania: Projektbeispiele Ernährungssicherheit durch Anbau dürretoleranter Pflanzen Durch die Folgen des Klimawandels steigt für einige Regionen Tansanias die Bedrohung durch anhaltende Trockenheit und Dürre, besonders betroffen sind die Regionen Shinyanga, Dodoma und Singida. Um den klimatischen Veränderungen zu begegnen und die Ernährungssituation der Bevölkerung zu verbessern, hat sich ein NAPA-Projekt zum Ziel gesetzt, die Bauern in diesen Regionen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. So sollen die Anbauflächen für dürreanfälligen Mais reduziert und der Anbau von gegenüber Wassermangel weniger empfindlicheren Arten wie Hirse forciert werden. Die Maßnahmen umfassen die Information der Bauern über die Folgen des Klimawandels, die Identifikation von geeigneten Arten für den Anbau bei zunehmender Trockenheit, die Bereitstellung von Saatgut und die Schulung der Bauern. Das Projekt mit einem Umfang von 8,5 Millionen Dollar wird unter der Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit in einem Verbund mit lokalen Institutionen, dem nationalen Wetterdienst und mehreren NGOs durchgeführt. Quelle l United Republic of Tanzania, National Adaptation Programme of Action (NAPA), Division of Environment.

Kilimandscharo-Region: Aufforstung und Sensibilisierung der Bevölkerung Der schneebedeckte Gipfel des Kilimandscharo ist der höchstgelegenste Punkt Afrikas und ein Wahrzeichen Tansanias. Aber der berühmte Berg ist massiv von den Folgen des Klimawandels betroffen: So schmilzt beispielsweise der Gletscher an der Spitze des Kilimandscharo rapide, zwischen 2015 und 2020 wird er voraussichtlich komplett verschwunden sein. Weniger augenscheinlich ist die Bedrohung des gesamten Ökosystems der Kilimandscharo-Region durch die Veränderung des Wasserhaushalts. Bisher war die Region am Fuß und in den niederen Hängen des Kilimandscharo bewaldet. Schmelzwasser, auf das die lokale Bevölkerung traditionell ebenso angewiesen ist wie auf das Holz der Bäume, floss in mehreren Flüssen zusammen und speiste das große Pangani-Flussbecken. In den letzten Jahren führten unregelmäßige Regenmengen und Wasserknappheit in Kombination mit einer zunehmenden Bevölkerungszahl zu einem Wandel der Landnutzung in der Region: Die Bevölkerung musste sich den veränderten Klima­ bedingungen anpassen, was meist mit Rodung zur Gewinnung von landwirtschaftlicher Fläche einherging. Die Abholzung der Wälder verstärkt allerdings noch den Kreislauf von Wassermangel und Erosion der Böden und sorgt für eine weitere Destabilisierung des ökologischen Gleichgewichts. Um diese Entwicklung aufzuhalten, hat das Ministerium für Tourismus und natürliche Ressourcen in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Energie und Rohstoffe, Forschungseinrichtungen und NGOs ein gemeinsames Projekt mit einem Volumen von insgesamt 3,3 Millionen Dollar initiiert. In enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung der Kilimandscharo-Region sollen Aufforstungsprogramme gestartet und Wege alternativer Einkommenssicherung gefunden werden. Generell soll ein verstärktes Bewusstsein für Biodiversität und Nachhaltigkeit geschaffen werden. Quelle l United Republic of Tanzania, National Adaptation Programme of Action (NAPA), Division of Environment, January 2007.

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Gefahr für Trinkwasserversorgung: Brunnen in Küstenregionen und auf Sansibar Bereits heute hat der Anstieg des Meeresspiegels in Tansania mess- und spürbare Auswirkungen für die Menschen. So kam es in den vergangenen Jahren gehäuft zur Überflutung von Brunnen und Süßwasserquellen in Küstenregionen, die zu einer dauer­ haften Versalzung lebenswichtiger Wasserquellen führt. Besonders betroffen ist Bagamoyo unweit von Daressalam. In Bagamoyo werden daher im Rahmen eines 3,3 Millionen Dollar umfassenden NAPA-Projekts des Ministeriums für Wasser in Zusammenarbeit mit anderen Ministerien, lokalen Einrichtungen und NGOs alternative Wasserquellen identifiziert, neue Brunnen gebaut und die effektivere Nutzung des Wassers gefördert. Im Rahmen des Projekts werden Messungen zur Analyse der Wasserqualität durchgeführt, über versalzene Brunnen informiert, vorhandene Brunnen baulich verstärkt sowie die Bevöl­ kerung zu nachhaltiger Wassernutzung angeleitet. Quelle l United Republic of Tanzania, National Adaptation Programme of Action (NAPA), Division of Environment.

Mini-Hydro-Elektrifizierung Um die Folgen des Klimawandels für die wirtschaftlichen Grundlagen einer Gemeinde grundsätzlich besser abschätzen und entsprechende Gegenstrategien entwickeln zu können, wurde das nordtansanische Dorf Luguru unweit der kenianischen Grenze beispielhaft untersucht. Traditionell war Holz die Hauptressource und der Energieträger der Gemeinde. Aufgrund des Rückgangs der Bodenfertilität nahm die Rodung des Waldes zur Gewinnung neuer landwirtschaftlicher Flächen allerdings zu. Dies hatte zur Folge, dass Holz als Energieträger zunehmend knapp wurde. Mithilfe eines mit 620.000 Dollar ausgestatteten NAPA-Projekts des Ministeriums für Energie und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit anderen nationalen und lokalen Stellen sowie NGOs soll an einem nahe gelegenen Fluss ein „Mini-Hydro“ errichtet werden, ein kleines auf Lowtech basierendes Wasserkraftwerk. Um eine nachhaltige Nutzung zu gewährleisten, soll die Bevöl­ kerung in die Lage versetzt werden, das Management des Mini-Kraftwerks selbst zu übernehmen. Quelle l United Republic of Tanzania, National Adaptation Programme of Action (NAPA), Division of Environment.

Bekämpfung von Malaria in neuerlich von Moskitos befallenen Regionen Als Folge des Klimawandels wird sich die Malaria, eine oftmals tödlich verlaufende Tropenkrankheit, auch in Gebieten Tansanias ausbreiten, in denen sie bisher kaum oder gar nicht aufgetreten ist. Dies betrifft besonders die Regionen Kilimandscharo, Arusha, Tanga und Kagera. Ein NAPA-Projekt des Ministeriums für Gesundheit und Soziales in Kooperation mit dem Büro des Ministerpräsidenten, anderen Ministerien, Medien und NGOs soll das Gefahrenbewusstsein und die Symptomerkennung in den neuen Malariagebie­ ten stärken und das lokale medizinische Personal schulen. Als ein weiterer Ansatz soll der Gebrauch traditioneller Heilpflanzen unterstützt werden. Das Budget für das Projekt umfasst rund 650.000 Dollar. Quelle l United Republic of Tanzania, National Adaptation Programme of Action (NAPA), Division of Environment.

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BangladesCh: Projektbeispiele Flutsicheres Wohnen in den Chars Die sogenannten Chars sind kleine Inseln und Landzungen in Flussdeltas, die wegen ihrer exponierten Lage besonders häufig und stark von Überschwemmung betroffen sind. Obwohl sie ihren Bewohnern somit einen höchst fragilen Lebens­ raum bieten, siedeln sich in Bangladesch aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte und dem Mangel an Land trotzdem viele Menschen in diesen Gebieten an. Im Rahmen des vom britischen Ministerium für Internationale Entwicklung (DFID) finanzierten Chars Livelihood Programmes werden flutsichere Häuser auf den Chars im Flussgebiet des Jamuna, dem Hauptarm des Brahmaputra in Bangladesch, finanziert. Ziel des Projekts ist, 100.000 Häuser um etwa 60 cm auf das Level der besonders starken Flut von 2004 anzu­ heben. Bisher wurden über 30.000 Häuser angehoben. Weitere Maßnahmen sind der Bau von Latrinen und der Ausbau der Trinkwasserversorgung. Neben baulichen Maßnahmen und Anpassungen bezieht das Projekt auch soziale Komponenten mit ein: Gefördert werden sollen die wirtschaftlichen Aktivitäten der Chars-Bewohner, etwa durch Unterstützung bei der Pachtung von Land oder der Viehzucht. Quelle l Chars Livelihoods Programme: http://www.clp-bangladesh.org/

Schwimmende Landwirtschaft Bangladesch hat die höchste Rate an Feuchtgebieten weltweit, konventionelle Anbaumethoden sind somit nur schwer zu realisieren. Der Anbau von Nutzpflanzen auf sogenannten Schwimmkörpern („soil-less agriculture“) stellt daher eine mögliche Alternative dar. Vor allem im Hinblick auf die zunehmende und anhaltende Überschwemmung von Feldern ist diese traditionelle Anbauform erneut in den Fokus des Interesses gerückt. Die Anbauweise ist nicht nur äußerst produktiv, sondern nutzt gleichzeitig lokal und günstig verfügbare Ressourcen wie die Wasserhyazinthe. Auf diese Weise kann sich die lokale Bevölke­ rung an den Klimawandel anpassen und knappe Ressourcen besser nutzen. Die eingesetzten Schwimmkörper setzen sich aus zwei Lagen zusammen. Die untere besteht meist aus Wasserhyazinthen, die obere hingegen aus schnell zerfallenden Pflanzen, die dann als Dünger dienen. Auf diese Weise werden hauptsächlich Okra, Kurkuma, Gurken, Tomaten und Kartoffeln angebaut. Die Schwimmkörper können für zwei bis drei Saisons benutzt werden und dienen anschließend als Dünger. Einige Pilotprojekte wurden im Rahmen des SHOUHARDO-Programms (Strengthening Household Abilities for Responding to Development Opportunities) der Hilfsorganisation CARE Bangladesh in drei Gemeinden durchgeführt. Die Finanzierung wurde durch die amerikanische Entwicklungshilfeorganisation USAID sichergestellt. Quellen l Hydroponics in Bangladesch. UNFCCC, database of local coping strategies

http://maindb.unfccc.int/public/adaptation/adaptation_casestudy.pl?id_project=8

l IUCN: http://www.iucnbd.org/projects/baira.html

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Mikrokredite zur Klimaanpassung Die Grameen Bank ist durch die Vergabe von Mikrokrediten weltweit bekannt geworden. Ihr Gründer Muhammad Yunus wurde 2006 für seine Pionierarbeit im Mikrofinanzbereich mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Mikrokredite werden auf wöchentlicher Basis zurückgezahlt und basieren auf einem System gemeinsamer Verantwortung. Familien oder Gemeinschaften unterstützen sich gegenseitig und erzielen dadurch eine Rückzahlungsrate von nahezu 100 Prozent. Auch bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels spielt die Grameen Bank eine wichtige Rolle: Bereits seit 1984 vergibt die Bank Kredite für den Hausbau und unterstützt die Bevölkerung bei ihren Präventionsmaßnahmen zum Hochwasserschutz. Die Bank finanziert den Bau überschwemmungsresistenter Häuser und stellt begleitend das entsprechende Know-how zur Verfügung. Vor allem vor dem Hintergrund der Folgen des Klimawandels in Bangladesch gewinnt dieser Ansatz an Relevanz. Mit den Krediten der Grameen Bank wurden bereits über 600.000 Häuser finanziert. Quellen l Flood-resistant housing through micro-loans in Bangladesch. UNFCCC, database of local coping strategies:

http://maindb.unfccc.int/public/adaptation/adaptation_casestudy.pl?id_project=38

l Mainstreaming and Financing of Adaptation to Climate Change, Ancha Srinivasan and Toshihiro Uchida. l Oxfam: Up in Smoke? Asia and the Pacific. The threat from climate change to human development and the environment. Oxfam, 2007.

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INDIEN: Projektbeispiele BASIC-Project Das BASIC-Projekt (Building and Strengthening Institutional Capacities on Climate Change in Brazil, India, China and South Africa) ist ein anwendungsorientiertes Forschungsprojekt, das die institutionellen Strukturen zum Umgang mit dem Klimawandel in vier strategisch wichtigen Schwellenländern stärken sollte. Jedes der vier Teilnehmerländer konzentrierte sich auf einen Aspekt. Das indische Team, das aus verschiedenen Forschungsinstitutionen, Thinktanks und NGOs zusammen­ gesetzt war, befasste sich mit der Vulnerabilität und der Anpassung sowie mit deren Finanzierung. Im Rahmen des Projekts wurden Anpassungsmethoden und -ansätze für politische Entscheidungsträger zusammengestellt, um das indische Know-how in diesem Bereich zu nutzen. Dazu wurden vier wissenschaftliche Publikationen erstellt und im Mai 2006 in Neu-Delhi ein internationaler Workshop abgehalten. Konkret ging es um die Entwicklung und Evaluation von Indikatoren zur Messung von Vulnerabilität. Weitere zentrale inhaltliche Punkte waren der Austausch von Expertise sowie die Verknüpfung von lokalen und nationalen Bedürfnissen mit der internationalen Politik. Das Projekt wurde von der Europäischen Kommission und dem englischen Department for Environment, Food and Rural Affairs (DEFRA) unterstützt. Quelle l Building and Strengthening Institutional Capacities on Climate Change in Brazil, India, China and South Africa:

http://www.basic-project.net/

ACCA-Initiative Die Initiative Advancing Capacity to Support Climate Change Adaptation (ACCA) widmet sich der Kommunikation und der Sensibilisierung der Bevölkerung in Fragen der Anpassung an den Klimawandel. Sie wurde 2006 vom Climate Change Programme des United Nations Institute for Training and Research (UNITAR) initiiert und betreibt mittlerweile 19 Pilotprojekte weltweit, unter anderem in Indien. Ziel des indischen Pilotprojekts ist, die Bevölkerung über die Folgen des Klimawandels und über notwendige Anpassungsmaßnahmen zu informieren und die Notwendigkeit der Integration von Anpassungsstrategien in politische Prozesse und Programme aufzuzeigen. Es richtet sich an ländliche Kommunen und regionale Entscheidungsträger in der Region Bundelkhand, einer armen Region im semiariden Zentralindien. Aufgrund der starken Abhängigkeit von der Landwirtschaft sind die ländlichen Gemeinden dort besonders anfällig für Klimarisiken. Darüber hinaus hat die Region mit unbeständigen Niederschlägen, Erosion, mangelnder Fruchtbarkeit des Bodens und mit Waldschäden zu kämpfen. Das Projekt evaluierte zuerst die Vulnerabilität des landwirtschaftlichen Sektors und der Wasserversorgung und erstellte verschiedene Dokumente zur Risikokommunikation. Anschließend wurden die Zielgruppen durch einen multidisziplinären Stakeholder-Dialog angesprochen und in den Prozess integriert. Die Stakeholder sollten helfen, pragmatische Anpassungsstrate­ gien zu entwickeln und umzusetzen. Quelle l Adaptation Learning Mechanism: http://www.adaptationlearning.net/profiles/country/country.php?id=IN

http://www.acccaproject.org/evolution/modules/knowledgebox/external2/view.php?id=302&kbid=5

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

Integriertes Wassermanagement in Maharashtra Die effiziente Nutzung knapper Wasserressourcen gewinnt durch den Klimawandel zusätzlich an Bedeutung. Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) betreibt daher eine Reihe von Projekten in Indien, die sich mit dem nachhaltigen Management der Wasserressourcen auseinandersetzen. Die Projekte verfolgen einen partizipativen Ansatz und setzen auf lokale Technologien. Im Bundesstaat Maharashtra führt die GTZ beispielsweise seit 2006 ein Programm zur Förderung des nachhaltigen Ma­ nagements von Wasserressourcen durch. Maharashtra, ein Bundesstaat in Westindien, ist besonders von Dürre und der Übernutzung der Wasser- und Bodenressourcen betroffen. Öffentliche Programme der Zentralregierung und der Landes­ regierung hatten aufgrund mangelnder Kapazität vor Ort nur begrenzte Wirkung. Das Projekt hat insgesamt über 150.000 Menschen erreicht und mit über 250 NGOs kooperiert. Derzeit werden Möglichkeiten der Übertragung und der Ausweitung des Ansatzes evaluiert. Zusätzlich werden vor dem Hintergrund aktueller Bemühungen der indischen Regierung zur Dezentralisierung der Wasserversorgung Modelle zur Einbindung dörflicher Institutionen entwickelt. Quelle l Die GTZ in Indien: http://www.gtz.de/de/weltweit/asien-pazifik/607.htm

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

China: Projektbeispiele Schutz des alpinen Ökosystems im Nordwesten der chinesischen Provinz Yunnan Das alpine Ökosystem im Nordwesten der chinesischen Provinz Yunnan ist eines der vielfältigsten der Welt. Es ist nicht nur Heimat zahlreicher vom Aussterben bedrohter Tierarten, wie des Schneeleoparden oder des Blauschafs, sondern dient Natur und Menschen gleichzeitig in seiner Funktion als natürlicher Wasserspeicher und Weideland. Um der Zerstörung dieses einmaligen Ökosystems durch den Klimawandel und eine übermäßige Nutzung des Landes entgegenzuwirken, hat die Naturschutzorganisation The Nature Conservancy zusammen mit der Non-Profit-Organisation Center for Biodiversity and Indigenous Knowledge (CBIK) ein Projekt ins Leben gerufen, das sich auf den Schutz dieser Region beziehungsweise die Anpassung an sich verändernde Verhältnisse fokussiert. Erklärtes Ziel des 2003 gestarteten Projekts ist, sowohl die dringlichsten Probleme des alpinen Ökosystems in Yunnan zu identifizieren als auch entsprechende Gegenstrategien zu entwickeln, die soziale, kulturelle, politische und ökonomische Faktoren mit einbeziehen. Dazu wurden in Feldstudien entsprechende Daten gesammelt, die unter anderem als Grundlage für ein jährliches Monitoring der Verhältnisse vor Ort dienen. Quelle l Understanding the Alpine Mosaic: http://www.nature.org/wherewework/asiapacific/china/strategies/art13997.html

Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft Mit dem Mainstreaming Climate Change Adaptation in Irrigated Agriculture Project zielt die chinesische Regierung darauf ab, zukünftig verstärkt Anpassungsstrategien an klimatische Veränderungen im Bereich der Landwirtschaft und der landwirtschaftlich genutzten Wasserkulturen zu entwickeln. Generell soll landesweit das Bewusstsein für die Notwendigkeit solcher Anpassungsstrategien geschärft und die notwendigen Kapazitäten und institutionellen Voraussetzungen geschaffen werden. Konkret soll das Projekt dazu dienen, Anpassungsmaßnahmen und -techniken an den Klimawandel in das nationale Comprehensive Agricultural Development (CAD) Program, Chinas größtes Investitionsprogramm im Bereich der landwirtschaftlichen Wasserkulturen, zu implementieren. Insgesamt umfasst es drei Teile mit unterschiedlicher Zielrichtung: Der erste Teil identifiziert und priorisiert unterschiedliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. In einem zweiten Teil sollen diese Maßnahmen in ausgewählten Bereichen erprobt und evaluiert werden, um so ihre Umsetzung im Rahmen des Third Irrigated Agriculture Intensification Project (IAIL3) voranzutreiben. Konkretes Ziel dieses Bausteins ist, die Anfälligkeit des sogenannten Huang-Huai-Hai-Beckens in Pilotprojekten gegenüber klimatischen Veränderungen und dessen Auswirkungen nachhaltig zu stärken. Mit dem dritten und letzten Bestandteil des Projekts und der Integration möglicher Anpassungsmaßnahmen in das nationale CAD-Programm zielen die Projektbeteiligten auf eine landesweite Umsetzung notwendiger Schritte. Dieser Schritt beinhaltet sowohl die notwendigen technischen Unterstützungsmaßnahmen, die Bereitstellung des entsprechenden Know-hows, Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Vorbereitung beziehungsweise konkrete Ausarbeitung eines National Climate Change Adaptation Plans als integraler Bestandteil des CAD-Programms. Quelle l Mainstreaming Climate Change Adaptation in Irrigated Agriculture Project:

http://web.worldbank.org/external/projects/main?Projectid=P105229&Type=Overview&theSitePK=40941&pagePK

=64283627&menuPK=64282134&piPK=64290415

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Klimaanpassungsstrategien auf der lokalen Ebene Viele konkrete Anpassungsmaßnahmen müssen auf der lokalen Ebene umgesetzt werden. Die Provincial Programmes for Climate Change Mitigation & Adaptation in China zielen daher darauf ab, Chinas National Climate Change Programme auf die lokale Ebene zu übertragen und in ausgewählten Provinzen voranzutreiben. Insgesamt 14 Provinzen sollen bei der Entwicklung lokaler Strategien und konkreter Handlungsansätze zur Anpassung an sich verändernde klimatische Bedingungen und zur Verringerung ihrer Emissionen unterstützt werden. Das Programm soll vor allem dabei helfen, auf lokaler Ebene neue Implementierungsmechanismen zu entwickeln und zu testen. Schwerpunkt bilden Provinzen im Westen und Norden Chinas. Auf dem Qinghai-Tibet-Plateau soll das Projekt beispielsweise die lokalen Behörden dabei unterstützen, sich auf das Schmelzen der Gletscher am Himalaja einzustellen. Die Gletscher, die der zweitgrößte Frischwasserspeicher der Welt sind, schmelzen schneller als andere Gletscher. Dies gefährdet die Wasserversorgung von mehr als einhundert Millionen Menschen. Das Mitte 2008 gestartete Programm ist eine Initiative des United Nations Development Programme (UNDP), des National Development and Reform Commission (NDRC), des China International Centre for Economic and Technical Exchanges (CICETE), des Wirtschaftsministeriums, der Regierung Norwegens und der Europäischen Union. Quelle l The Provincial Programmes for Climate Change Mitigation & Adaptation in China:

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http://www.undp.org.cn/modules.php?op=modload&name=News&file=article&catid=14&topic=21&sid=4316&

mode=thread&order=0&thold=0


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BraSilIEN: Projektbeispiele Pintadas-Pilotprojekt: Anpassungsmaßnahmen im Nordosten Brasiliens Der Nordosten Brasiliens ist aufgrund geringer Niederschläge sowie verbreiteter Armut der Bevölkerung bereits heute mit vielfältigen Problemen konfrontiert. Klimaszenarien prognostizieren für diese Region einen weiteren Temperaturanstieg und eine Ausdehnung der Dürreperioden. Vor diesem Hintergrund wächst der Druck, möglichst schnell umfangreiche Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen, um den ansässigen Kleinbauern ihre Existenzgrundlage zu sichern. Zwischen 2006 und 2008 wurde mittels eines Pilotprojekts in der Gemeinde Pintadas getestet, wie lokale Anpassungsmaßnahmen vor Ort konkret aussehen könnten. So sollten effektive Bewässerungsanlagen es den Bauern in Dürreperioden ermöglichen, ihre Felder weiter zu nutzen. Deutlich erkennbar wird hierbei die gewünschte Verknüpfung zwischen Anpassungs- und Armutsbekämpfungsmaßnahmen – ein wesentlicher Bestandteil des Pilotprojekts. In der zweiten Phase des Projekts soll ein im Jahr 2008 als Kooperation zwischen Deutschland und Brasilien gestartetes Programm bis 2012 die Ansätze bewerten. Gleichzeitig sollen konkrete Vorschläge erarbeitet und umgesetzt werden, wie sich die in Pintadas gesammelten Erfahrungen auf andere Kommunen übertragen lassen und Erfahrungen aus anderen Regionen genutzt werden können. Quelle l Adaptation To Climate Change In Brazil: The Pintadas Pilot Project And Multiplication Of Best Practice Examples Through Dissemination And Communication Networks http://www.rio9.com/programme/Book_of_Proceedings/31_ ECB_Obermaier.pdf

Gesundheitsförderung in der Amazonasregion: Bekämpfung der Malariagefahr Die steigenden Temperaturen führen ähnlich wie in anderen Ländern auch in Brasilien zu einer wachsenden Gefahr der Verbreitung von Malaria und anderen Tropenkrankheiten. Das Projekt Building Capacity on the Health Vulnerabilities to Climate Change in the Amazon Region of Brazil widmet sich daher dem Gesundheitssektor in der Amazonasregion und hilft dort Gemein­den, Krankheiten wie Malaria und Leishmaniose einzudämmen. Die Bevölkerungen der sehr abgelegenen Gebiete (zum Teil 16 Stunden mit dem Boot zur nächsten größeren Stadt) sollen Kapazitäten aufbauen, um sich besser zu schützen. Das Projekt wurde von SouthSouthNorth initiiert und in Brasilien in Zusammenarbeit mit einer lokalen NGO durchgeführt. SouthSouthNorth ist ein Netzwerk für nachhaltige Entwicklung, welches sich aus verschiedenen Akteuren des privaten und öffentlichen Sektors zusammensetzt. Es entstand im Rahmen der fünften Konferenz der Klimarahmenkonvention 1999 in Bonn und wurde von Forschern und Regierungsvertretern ins Leben gerufen. Es gibt Projekte in den Bereichen Klimaschutz und Anpassung in Brasilien, Bangladesch, Südafrika, Tansania, Mosambik und Indonesien. Quelle l SouthSouthNorth: http://www.southsouthnorth.org/

Favelas in Rio de Janeiro: Reifenwände gegen Erdrutsch Die Armenviertel (Favelas) von Rio de Janeiro bestehen zum überwiegenden Teil aus provisorisch gebauten Behausungen an den sehr steilen Hängen der Stadt. Die zunehmende Waldrodung und eine übermäßige Bebauung führen, verbunden mit einer starken Bodenerosion, zu häufigen Erdrutschen. Die Folgen sind vor allem in der Regenzeit schwere Schäden, Verletzte und Tote. Bedingt durch Extremwetterereignisse wird diese Gefahr voraussichtlich weiter zunehmen.

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Angesichts dieser Gefahr und der begrenzten finanziellen Mittel startete ein Forscherteam aus Kanada und Brasilien die Planung von Haltewänden aus alten Reifen. Die bis zu sechs Meter hohen Testwände kosten durch das Recycling der Reifen lediglich ein Drittel einer herkömmlichen Betonwand und könnten sogar effektiver sein, wenn es darum geht, schwere Erd­ rutsche zu stoppen. Gleichzeitig lässt sich das Problem der Altreifen in den Griff bekommen: Allein in Rio de Janeiro werden jedes Jahr über drei Millionen Reifen entsorgt; viele davon werden illegal abgeladen oder verbrannt. Das Projekt wird von Mitarbeitern der Universität Ottawa (Kanada) und der Katholischen Universität von Rio de Janeiro unterstützt. Quellen l UNFCC Database on local coping strategies for adaptation,

http://maindb.unfccc.int/public/adaptation/adaptation_casestudy.pl?id_project=138

l Stopping Landslides in Rio: Recycling Scrap Tires into Retaining Walls:

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http://www.idrc.ca/en/ev-5145-201-1-DO_TOPIC.html#Dr


Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

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Quellen 1

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2 Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC (2007): Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. 3 Stern, Nicholas (2006): The Stern Review. The Economics of Climate Change, URL: http://www.hm-treasury.gov.uk/6520.htm 4 Eine umfassendere, wissenschaftliche Analyse von Anpassungsstrategien europäischer Staaten wurde kürzlich im Rahmen der PEER-Projekts veröffentlicht: Rob Swart, Robbert Biesbroek, Svend Binnerup, Timothy R. Carter, Caroline Cowan, Thomas Henrichs, Sophie Loquen, Hanna Mela, Michael Morecroft, Moritz Reese and Daniela Rey 2009. Europe Adapts to Climate Change: Comparing National Adaptation Strategies. PEER Report No 1. Helsinki: Partnership for European Environmental Research. 5

The Economsit, September 2008. Adapt or die. Climate change and the poor.

6 UNFCCC, National Adaptation Programmes of Action (NAPAs), URL: http://unfccc.int/cooperation_support/least_developed_countries_portal/submitted_napas/items/4585.php 7 Stern, Nicholas (2006): The Stern Review. The Economics of Climate Change, URL: http://www.hm-treasury.gov.uk/6520.htm 8 Kommission der Europäischen Gemeinschaft (2009): Weißbuch, Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen. 9 Umweltbundesamt UBA, Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung KomPass (2008): Deutschland im Klimawandel Anpassung ist notwendig. URL: http://www.ufz.de/data/Deutschland_im%20_Klimawandel8973.pdf 10 Ebenda. 11 Münchner Rück (2003): Jahresrückblick Naturkatastrophen 2002, München.

URL: http://www.munichre.com/publications/302-03630_de.pdf

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„Dem Klimawandel begegnen – die deutsche Anpassungsstrategie. Kompass Newsletter Februar 2009, URL: http://www.anpassung.net

13 Bundesregierung (2008): Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel. 14 Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, URL: http://www.stmugv.bayern.de/aktuell/presse/detailansicht.htm?tid=13265 Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (2007): Klimaprogramm Bayern 2020, URL: www.stmugv.bayern.de/umwelt/klimaschutz/klimaprogramm/doc/klimaprogramm2020.pdf 15 Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2009): Anpassung an den Klimawandel. Eine Strategie für Nordrhein-Westfalen. 16 Theben, Michael (2008): Klimawandel in Nordrhein-Westfalen – Wege zu einer Anpassungsstrategie, in: Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau NRW e. V., Vortragsreihe Jahreskongress 2008, URL: http://www.bwk-nrw.de/aktuelles/downloads/LT_2008_Vortrag_Theben.pdf, Klimawandel in Nordrhein-Westfalen – Wege zu einer Anpassungsstrategie Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2007): Klimawandel in Nordrhein-Westfalen – Wege zu einer Anpassungsstrategie, URL: www.lanuv.nrw.de/klima/pdf/klimawandel_anpassungsstrategie.pdf 17 Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen „Strategien gegen den Klimawandel im Ruhrgebiet: Dortmund und Bottrop als Modellstädte ausgewählt“, Düsseldorf, 13.01.2009. 18 Klimakommune NRW, Umweltminister Uhlenberg kürt Bocholt und Saerbeck zur NRW-Klimakommune, URL: http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/klimakommune_nrw/index.php 19 UBA KomPass: Regionale Studien und Aktivitäten zu Klimafolgen und Anpassung.

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Weltweite Strategien zur Anpassung an den Klimawandel

URL: http://www.anpassung.net/cln_110/nn_700470/sid_ABDBB3F48072598AC766B7345D988E9B/nsc_true/DE/ Fachinformationen/RegionaleStudien/regionaleStudien__node.html?__nnn=true 20 Es muss jedoch angemerkt werden, dass insbesondere regionalisierte Aussagen zum Niederschlagsgeschehen mit großen Unsicherheiten behaftet sind. 21

Finland’s Fourth National Communication on Climate Change, URL: http://unfccc.int/resource/docs/natc/finnc4.pdf

22 Finland’s National Strategy for Adaptation to Climate Change: Ministry of Agriculture and Forestry of Finland, 2005; Adaptation to climate change in Finland, Tiia Yrjölä, Ministry of Agriculture and Forestry, Climate change and forestry, preparing for the future 29.2.2008, URL: http://www.mm.helsinki.fi/MMEKO/KURSSIT/ME408/Adaptation_TY_29_02_2008.pdf 23 Planning for Climate Change: The Adaptation Challenge A Nordic Perspective Conference Report, Stockholm, 2007, Lisa Van Well, Per Francke, Richard Langlais, Ole Damsgaard, sowie Hilpert, K., Mannke, F., Schmidt-Thomé, P., 2007. Towards Climate Change Adaptation Strategies in the Baltic Sea Region – Developing Policies and Adaptation Strategies to Climate Change in the Baltic Sea Region, Espoo. URL: www.gsf.fi/projects/astra/0_home.html) 24 Finland’s National Strategy for Adaptation to Climate Change: Ministry of Agriculture and Forestry of Finland, 2005. 25 Finland’s National Strategy for Adaptation to Climate Change: Seminar “The Coast under Threat” Marseille, 3 February 2006 Outi Berghäll, Ministry of the Environment. 26 Haanpää, S., Lehtonen, S., Peltonen, L., Talockaite, E. 2006: Impacts of winter storm Gudrun of 7th – 9th January 2005 and measures taken in Baltic Sea Region. URL: http://www.astraproject.org 27 ONERC (2006), Réchauffement Climatique: quelles conséquences pour la France?, Rapport de l’Observatoire National sur les Effets du Réchauffement Climatique, Paris. 28 ONERC (2005), Un climat à la dérive: comment s’adapter?, Rapport de l’ONERC au Premier ministre et au Parlement, La Documentation française, Paris. 29 ONERC (2005), Changement climatique: la nature menace en France? En savoir plus et agir, Coédition RAC-France, FNE, WWF, LPO, Greenpeace, ONERC, Paris. 30 FIL Clarisse und Laurent DUBUS (2004), Winter Climate Regimes over the North Atlantic and European Region in Era40 Reanalysis and Demeter Seasonal Hindcasts, Arbeitspapier, Electricité de France, Research and Development Division, SPE, Chatou, p. 1. 31 ONERC (2006), Réchauffement Climatique: quelles conséquences pour la France?, Rapport de l’Observatoire National sur les Effets du Réchauffement Climatique, Paris. 32 ONERC (2005), Changement climatique: la nature menace en France? En savoir plus et agir, Coédition RAC-France, FNE, WWF, LPO, Greenpeace, ONERC, Paris. 33 Obwohl eine Vielzahl von Faktoren bei der Entstehung der Hitzewelle von 2003 eine Rolle gespielt hat, wird diese zumeist in direkter Verbindung mit dem Klimawandel gesehen. Hierzu: STOTT et al. (2004), Human Contribution to the European Heatwave, in: Nature, Vol. 432, S. 610–613. 34 Met Office UK (2005), Annual Report 2004/2005. 35 ONERC (2007), Stratégie Nationale d’Adaptation au Changement Climatique, Rapport, La documentation française, S. 93–95, Paris. 36 Umweltministerium, http://www.ecologie.gouv.fr/Rechauffement-climatique-quelles.html 37 ONERC, URL: www.bourgogne.pref.gouv.fr/onlinemedia/bourgogne/dvlpt_durable/guide_adaptation_2e_ed.pdf 38 Local Government Association et al. (2008): Be aware, be prepared, take action. How to integrate climate change adaptation strategies into local government, Report by Environment Agency, UK Climate Impacts Programme und Local Government Association S, URL: http://www.environment-agency.gov.uk/commondata/acrobat/lga_beaware_doc_2055302.pdf 39 Ebenda. 40 Yorkshire and Humber Assembly, URL: http://www.yhassembly.gov.uk 41 National Assembly for Wales (2000): Wales. Changing climate. Challenging choices. The impacts of climate change in Wales from now to 2080, Summary Report.

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

42 Department for Environment, Food and Rural Affairs DEFRA (2005), Adaptation Policy Framework. A consultation by the Department for Environment, Food and Rural Affairs, Report, London, URL: http://www.conferenzacambiamenticlimatici2007.it/site/_Files/documentazione/UK_ap-frame.pdf 43 HM Government (2008): Adapting to climate change in England. A Framework for Action, Report. URL: http://www.defra.gov.uk/environment/climatechange/adapt/pdf/adapting-to-climate-change.pdf 44 Department for Environment, Food and Rural Affairs DEFRA (2009), How will the Act help adaptation? URL: http://www.defra.gov.uk/environment/climatechange/adapt/legislation/adaptation.htm. Das Anpassungsprogramm bezieht sich nur auf Maßnahmen in England. 45 So hat Schottland im Sommer 2008 im Rahmen von öffentlichen Konsultationsprozessen die Ausarbeitung einer Climate Change Adaptation Strategy vorbereitet. Diese soll Anfang 2009 veröffentlicht werden. 46 The Nottingham Declaration on Climate Change, URL: http://www.est.org.uk/housingbuildings/localauthorities/NottinghamDeclaration und die Webseite der Nottingham URL: http://www.nottinghamdeclaration.org.uk 47 Shaw, Robert, Michelle Colley und Richanda Connell (2007): Climate change adaptation by design: a guide for sustainable communities, TCPA, London. URL: http://www.tcpa.org.uk/downloads/20070523_CCA_lowres.pdf 48 Anpassung an den Klimawandel: Ansätze und Erfolgsgeschichten auf nationaler und internationaler Ebene, Vortrag im Rahmen des Lehrgangs „kommunale/r Klimaschutzexpertin/e“ am 12. Juni 2008. 49 UKCIP (2009), ScenariosGateway, URL: http://www.ukcip.org.uk/index.php?option=com_content&task=view&id=156&Itemid=299 50 Stern, Nicholas (2006): The Stern Review. The Economics of Climate Change, URL: http://www.hm-treasury.gov.uk/6520.htm 51

DEFRA: Adapting to Climate Change, URL: http://www.defra.gov.uk/environment/climatechange/adapt/index.htm

52 Towards a climate-proof Netherlands; Summary routeplanner. 53 Delta Committee: Working with water URL: http://www.deltacommissie.com/doc/pressrelease_080903.pdf 54 Ministry of Housing, Spatial Planning and the Environment, Ministry of Transport, Public Works and Water Management, Ministry of Agriculture, Nature and Food Quality, Ministry of Economic Affairs (2007) National Programme on Climate Adaptation and Spatial Planning. 55 National Programme for Spatial Adaptation to Climate Change (2009), URL: http://www.maakruimtevoorklimaat.nl/english-summary.html 56 The National Research Programme Climate changes Spatial Planning, Living with Water, Habiforum and CURNET (2007): Towards a Climate-Proof Netherlands: Routeplanner URL: http://www.unece.org/env/water/meetings/Water.and.Climate/first.meet/Routeplanner_eng%5B1%5D.pdf 57 Ministry of Transport, Public Works and Water Management URL: http://www.ruimtevoorderivier.nl/files/Files/brochures/EMAB%20PBK%20Engels.pdf 58 Delta-Kommission, URL: http://www.deltacommissie.com/en 59 Nederland leeft met water, URL: http://www.nederlandleeftmetwater.nl/ 60 Klimaatportaal, URL: http://www.klimaatportaal.nl/pro1/general/home.asp 61 De NieuwBouw, URL: http://www.denieuwbouw.nl/ 62 Klimaatmagazine, URL: http://www.klimaatmagazine.nl/ 63 Swiss Agency for the Environment, Forests and Landscape SAEFL (2005): Switzerland’s Fourth National Communication under the UNFCCC, URL: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf; ECOPLAN, Auswirkungen der Klimaänderung auf die Schweizer Volkswirtschaft (nationale Einflüsse), 2007; OcCC, Klimaänderung und die Schweiz 2050. Erwartete Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft, 2007, URL: http://www.occc.ch/products/ch2050/PDF_D/04-Zusammenfassung.pdf 64 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK (2007): Klimabericht. Bericht des UVEK über die zukünftige Klimapolitik der Schweiz. URL: http://www.uvek.admin.ch/dokumentation/00655/00895/01380/index.html?lang=de

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65 Arbeitsgemeinschaft ECOPLAN/Sigmaplan (2007): Auswirkungen der Klimaänderung auf die Schweizer Volkswirtschaft (nationale Einflüsse), Report für das Bundesamt für Umwelt BAFU und Bundesamt für Energie BFE 66 Swiss Agency for the Environment, Forests and Landscape SAEFL (2005): Switzerland’s Fourth National Communication under the UNFCCC, URL: http://unfccc.int/resource/docs/natc/swinc4.pdf; Organe consultatif sur les changements climatiques OcCC (2007): Klimaänderung und die Schweiz 2050. Zusammenfassung, URL: http://www.occc.ch/products/ch2050/PDF_D/04-Zusammenfassung.pdf 67 Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT, URL: http://www.planat.ch/index.php?userhash=64299690&navID=1030&l=d 68 PLANAT Berichterstattung Aktionsplan 2005–2008. 69 Organe consultatif sur les changements climatiques OcCC, URL: http://www.occc.ch/ 70 Alcamo, J., J. M. Moreno, B. Nováky, M. Bindi, R. Corobov, R. J. N. Devoy, C. Giannakopoulos, E. Martin, J. E. Olesen, A. Shvidenko, 2007: Europe. Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, M. L. Parry, O. F. Canziani, J. P. Palutikof, P. J. van der Linden and C. E. Hanson, Eds., Cambridge University Press, Cambridge, UK, 541–580. 71

MetOffice Hadley Centre (2008): Impact of Climate Change – Spain, October 2008, URL: http://www.metoffice.gov.uk

72 Projekt ECCE (Evaluación del Cambio Climático en España). 73 Ministerio de Medio Ambiente: Principales Conclusiones de la Evaluación Preliminar de los Impactos en España por el Efecto del Cambio Climático, 2005. 74 MetOffice Hadley Centre (2008): Impact of Climate Change – Spain, October 2008, URL: http://www.metoffice.gov.uk 75 MetOffice Hadley Centre (2008): Impact of Climate Change – Spain, October 2008, URL: http://www.metoffice.gov.uk 76 Alcamo, J., J. M. Moreno, B. Nováky, M. Bindi, R. Corobov, R. J. N. Devoy, C. Giannakopoulos, E. Martin, J. E. Olesen, A. Shvidenko, 2007: Europe. Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, M. L. Parry, O. F. Canziani, J. P. Palutikof, P.J. van der Linden and C. E. Hanson, Eds., Cambridge University Press, Cambridge, UK, 541–580. 77 Umweltministerium, URL: http://www.marm.es 78 Ministerio de Medio Ambiente: Plan Nacional de Adaptación al Cambio Climático. Primer Programa de Trabajo. 79 Ministerio de Medio Ambiente: Programa de Acción Nacional contra la Desertificación, 2008. 80 Europäische Umweltagentur (2009), Wenn die Quellen versiegen – Anpassung an den Klimawandel und das Problem mit dem Wasser URL: http://www.eea.europa.eu/de/articles/wenn-die-quellen-versiegen-anpassung-an-den-klimawandel-und-dasproblem-mit-dem-wasser 81 URL: http://www.redciudadesclima.es 82 Evaluación Preliminar General de los Impactos en España por Efecto del Cambio Climático, MIMAM 2005. 83 Drexhage, John, Deborah Murphy und Jenny Gleeson (2008): A Way Forward: Canadian perspectives on post-2012 climate policy, URL: http://www.iisd.org/pdf/2007/a_way_forward.pdf 84 The Independent, Juli 2008, Why Canada is the best haven from climate change, URL: http://www.independent.co.uk/environment/climate-change/why-canada-is-the-best-haven-from-climatechange-860001.html; Maplecroft, URL: http://www.maplecroft.com/ 85 From Impacts to Adaptation: Canada in a Changing Climate 2007. 86 From Impacts to Adaptation: Canada in a Changing Climate 2007. 87 Government of Canada, Environment Canada, URL: http://www.ec.gc.ca/default.asp?lang=En&xml=91E1F38E-C53C-404B-9512-22EA69C08787 88 Ministerium für Infrastruktur, URL: http://www.infrastructure.gc.ca/research-recherche/results-resultats/rs-rr/rs-rr-2006-12_02-eng.html 89 Parks Canada, What Is Parks Canada Doing About Climate Change?, URL: http://www.pc.gc.ca/eng/docs/v-g/ie-ei/cc/actions.aspx 90 Natural Resources Canada, Regional Adaption Collaboratives, URL: http://adaptation.nrcan.gc.ca/collab/abosuj_e.php

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Schwimmende Häuser und Moskitonetze:

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150 Germanwatch (2008), Sven Harmeling und Christoph Bals: Adaptation to Climate Change – Where do we go from Bali? 151 Department for International Development DFID (2005): Climate Proofing Africa, Climate and Africa’s Development Chance, URL: http://www.dfid.gov.uk/pubs/files/climate-proofing-africa.pdf United Nations Framework Convention on Climate Change UNFCC (2007): Climate Change: Impacts, vulnerabilities and adaptation in developing countries, URL: http://unfccc.int/files/essential_background/background_publications_htmlpdf/application/txt/pub_07_impacts.pdf 152 Ebenda. 153 Department of Environmental Affairs and Tourism (2004): A National Climate Change Response Strategy for South Africa, URL: http://unfccc.int/files/meetings/seminar/application/pdf/sem_sup3_south_africa.pdf 154 Human Development Report (2007): Human Security, Vulnerability and Sustainable Adaptation, Karen O’Brien und Robin Leichenko. Occasional Paper. 155 Department of Environmental Affairs and Tourism (2004): A Climate Change Response Strategy for South Africa, Pretoria, S. 5, URL: http://unfccc.int/files/meetings/seminar/application/pdf/sem_sup3_south_africa.pdf 156 In der Strategie von 2004 wird auch die Energiewirtschaft im Kontext der Klimaanpassung behandelt. Grund ist die starke Abhängigkeit Südafrikas von fossilen Energieträgern. Der Anteil fossiler Energieträger an der Energieversorgung beläuft sich auf insgesamt über 95 Prozent, etwa 75 Prozent entfallen auf Kohle. Die Kohle ist auch ein wichtiges Exportprodukt. In ihrer Klimastrategie argumentiert die südafrikanische Regierung, dass der Verbrauch von Kohle durch Klimaschutzmaßnahmen in anderen Ländern zurückgehen könnte, was zu Problemen für die südafrikanische Wirtschaft führen würde. Eine Umstellung der Energiewirtschaft auf andere, vor allem erneuerbare Energieträger wird somit in den politischen Strategiedokumenten ebenfalls als „Anpassung“ bezeichnet (statt als Klimaschutz). Dieser Aspekt wird hier allerdings ausgeklammert, da dieses Thema generell eher als Klimaschutz verstanden wird. 157 South Africa National Parks. URL: http://www.sanparks.org/about/default.php 158 South African National Parks: Kruger National Parks, URL: http://www.sanparks.org/parks/kruger/ 159 Mulongoy, K. J., and S. B. Gidda (2008): The Value of Nature: Ecological, Economic, Cultural and Social Benefits of Protected Areas, Secretariat of the Convention on Biological Diversity, Montreal. 160 Department of Environmental Affairs and Tourism (2004): A National Climate Change Response Strategy for South Africa, Pretoria, S. 5, URL: http://unfccc.int/files/meetings/seminar/application/pdf/sem_sup3_south_africa.pdf 161 IPCC (2007): Fourth Assessment Report, Kapitel 5: Analysing regional aspects of climate change and water resources, URL: http://www.ipcc.ch/pdf/technical-papers/ccw/chapter5.pdf 162 Department of Environmental Affairs and Tourism (2004): A National Climate Change Response Strategy for South Africa, S. 7, URL: http://unfccc.int/files/meetings/seminar/application/pdf/sem_sup3_south_africa.pdf 163 Koch, Ingrid C., C. Vogel und Z. Patel (2006): Institutional dynamics and climate change adaptation in South Africa, Springer Science+Business Media B. 164 World Bank (2009): World Development Report 2010: Development and Climate Change. 165 The 2009 Climate Change Response Policy Development Summit: Government’s vision on climate change adaptation – address by Mrs L B Hendricks, Minister of Water Affairs and Forestry, 3 March 2009, URL: http://www.ccsummit2009.co.za/Downloads/Media/Speech_Minister_Lindiwe_Hendricks.pdf 166 The National Climate Change Response Policy, Discussion Document for the 2009 National Climate Change Response Policy development Summit, Gallagher Convention Centre, Midrand, 3–6 March 2009, URL: http://www.ccsummit2009. co.za/Downloads/2009-03-01_CLIMATE_CHANGE_POLICY_FRAMEWORK%20_Rev%207_.pdf; Media Statement issued on 06 March 2009, National summit lays foundation for policy white paper on climate change by 2010, URL: http://www.ccsummit2009.co.za/Downloads/Media/06.03.09_Media_statement.pdf

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169 Human Development Report (2007): Human Security, Vulnerability and Sustainable Adaptation, URL: http://hdrstats.undp.org/indicators/23.html 170 CIA – The World Fact Book, URL: https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/ 171 United Republic of Tanzania, Vice President’s Office (2007): National Adaptation Programme of Action (NAPA), URL: http://unfccc.int/resource/docs/napa/tza01.pdf 172 United Republic of Tanzania, Vice President’s Office (2007): National Adaptation Programme of Action (NAPA), URL: http://unfccc.int/resource/docs/napa/tza01.pdf 173 Disaster Management Department of the Office of the Prime Minister (2005) Rapid Vulnerability Assessment Report on Drought Affected Areas in Tanzania. 174 United Republic of Tanzania, Vice President’s Office (2007): National Adaptation Programme of Action (NAPA), URL: http://unfccc.int/resource/docs/napa/tza01.pdf; Yanda, P. Z., Kangalawe, R. Y. M. and Sigalla, R. J, Vulnerability and Adaptation to Climate Change-Induced Malaria and Cholera in the Lake Victoria Region. Paper to be presented at the “Second AIACC Africa and Indian Ocean Island Regional Workshop” held in Dakar, Senegal, 2004. 175 IPCC, Africa, Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. 176 Experteninterviews. 177 United Republic of Tanzania, Vice President’s Office (2007): National Adaptation Programme of Action (NAPA), URL: http://unfccc.int/resource/docs/napa/tza01.pdf 178 SouthSouthNorth, URL: http://www.southsouthnorth.org/ 179 GRID-Arendal, URL: http://www.grida.no 180 UNDP (2007/2008): Human Development Report 2007/2008 Fighting climate change: Human solidarity in a divided world. 181 IPCC (2007), 4th Asssessment Report, Working Group II Report Impacts, Adaptation and Vulnerability. 182 Oxfam International (2009), The Right to Survive, the humanitarian challenge of the 21th century. 183 Huq, S./Khan (2006): Equity in National Adaptation Programs of Action (NAPAs): The Case of Bangladesch. In: Adger et al.: Fairness in Adaptation to Climate Change. London. S. 179–201; Human Development Report 2007/2008. Fighting climate change: Human solidarity in a divided world Human Development Report Office OCCASIONAL PAPER. South Asian Regional Study on Climate Change Impacts and Adaptation: Implications for Human Development. Ulka Kelkar and Suruchi Bhadwal. 184 Karim, M., Ahmend, A., Fogarty, D. (2008): Bangladesh wants SAARC fund for climate change; URL: http://www.reuters.com/article/environmentNews/idUSDHA23466320080701?pageNumber=2&virtualBrand Channel=0 185 Es gehört zu Bangladeschs Water Development Board (BWDB), welches an das Ministry of Water Resources (MoWR) angegliedert ist. 186 Flood Forecasting and Warning Center, Bangladesh (2008); URL: http://www.ffwc.gov.bd/ 187 Worldbank (2009): World Development Report 2010: Development and Climate Change. 188 Ministry of Foreign Affairs of Denmark (2008): Workshop of Status on Flood Forecasting and Warning Services in Bangladesh; URL: http://www.ambdhaka.um.dk/en/menu/TheEmbassy/News/Workshop+on+Status+on+Flood+Forecasting+and+ Warning+Services+in+Bangladesch.htm 189 Climate Change Cellm, URL: http://www.climatechangecell-bd.org/recent-initiatives.html 190 Mari Bhat, P.N. (2001), Indian Demographic Scenario 2025, Institute of Economic Growth, Discussion Paper No. 27, New Delhi.

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