Bürokratiekostenabbau mit dem Standardkostenmodell

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B체rokratiekostenabbau mit dem Standardkostenmodell Eine Einf체hrung Erl채uterungen von BDI und BDA zu Zielsetzungen und Methodik


B체rokratiekostenabbau mit dem Standardkostenmodell Eine Einf체hrung Erl채uterungen von BDI und BDA zu Zielsetzungen und Methodik


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BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie BDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratiekostenabbau mit dem Standardkostenmodell Eine Einführung

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Bürokratiekostenabbau mit dem Standardkostenmodell Eine Einführung Erläuterungen von BDI und BDA zu Zielsetzungen und Methodik

Die überbordende Bürokratie ist für die deutsche Wirt­ schaft ein zentrales Hemmnis. Mit dem Beschluss, die Kos­ tenbelastung, die der Bundesgesetzgeber den Unternehmen durch Informationspflichten auferlegt, bis 2011 um 25 % zu reduzieren, ist die Bundesregierung auf dem richtigen Weg. Die Wirtschaft kann nach ersten Schätzungen aufgrund der niederländischen Erfahrungen um jährlich etwa 20 Mrd. Euro entlastet werden und ist bereit, ihren Teil dafür zu leisten, dass das Ziel erreicht wird. »Die Bundesregierung verpflichtet sich…, Bürokratiekos­ ten messbar zu senken und neue Informationspflichten zu vermeiden.« Zitat aus dem Beschluss der Bundesregierung vom 25. April 2006

1. Ziele und Hintergrund Das »Standardkostenmodell« (SKM) ist das methodische Schlüsselelement der Strategie der Bundesregierung beim Abbau der Bürokratiekosten. Die unter anderem in den Niederlanden erprobte Methode ermöglicht es, ein quanti­ tatives und überprüfbares Ziel für den Abbau der Bürokra­ tiekosten zu setzen. Das SKM stellt die Ausgangsbasis dar, um bestehende Doppelungen bei Informationspflichten gezielt zu beseitigen, Pflichten zu vereinfachen und neue Informationspflichten auf das Notwendige zu beschränken. Auch werden die Verantwortlichkeiten für Bürokratiekos­ ten klarer zugewiesen und die Möglichkeiten des internati­ onalen und nationalen Vergleichs verbessert. Basis des SKM sind die nach einer einheitlichen Methode in Unternehmen exemplarisch gemessenen und auf die Volkswirtschaft hochgerechneten Bürokratiekosten der Wirtschaft. Das Modell beschränkt sich auf Bürokratiekos­ ten im engeren Sinne. Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates sind Bürokratiekosten …»solche, die natürlichen oder juristischen Personen durch Informationspflichten entstehen. Informations­ pflichten sind aufgrund von Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung oder Verwaltungsvorschrift bestehende Verpflich­ tungen, Daten und sonstige Informationen für Behörden oder Dritte zu beschaffen, verfügbar zu halten oder zu übermitteln.«


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Beispiele von Informationspflichten:

Erfassung der Pflichten

• Erklärungen bzw. Meldepflichten gegenüber Finanzbe­ hörden oder Sozialversicherungsträgern wie Lohnsteuer­ anmeldung, Umsatzsteuervoranmeldung oder Meldungen zur Sozialversicherung • Regelmäßige Dokumentations- und Berichtspflichten, zum Beispiel Bilanzierungspflichten oder Aufzeichnungs­ pflichten im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung • Verpflichtungen zur Preisauszeichnung • Verpflichtungen zur Eintragung in das Handelsregister, Grundbuch oder Handwerksrolle • Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Angaben bei­ spielsweise im Rahmen des Verbraucher-, Natur- und Um­ weltschutzes oder des Anlegerschutzes • Die Zertifizierung von Produkten und Verfahren • A nträge auf Gewährung einer Geldleistung des Staates, etwa in Form von Subventionen.

Zunächst werden in einer umfassenden Nutzerdaten­ bank alle Informations-, Berichts- und Dokumentations­ pflichten, die das geltende Bundesrecht den Unternehmen auferlegt, zusammengestellt. Diese Datenbank enthält der­ zeit rund 11.000 Einträge aus allen Rechtsbereichen.

Auswahl der gesetzlichen Regelung

Identifizierung von Informationspflichten

Erforderliche Verwaltungstätigkeit

Tarif

Zeit

Kosten pro Verwaltungstätigkeit

Anzahl

Häufigkeit

Jährliche Verwaltungstätigkeit

2. Methode Verwaltungsaufwand = Preis x Menge

Beim SKM stehen vor allem zwei Fragen im Mittelpunkt: Welche staatlich veranlassten Informationspflichten (IP) bestehen bzw. entstehen, und welche Kosten verursachen sie bzw. werden sie voraussichtlich verursachen? Die Be­ trachtung des Nutzens einer Pflicht ist nicht Bestandteil des SKM, sondern bleibt eine politische Aufgabe. Um mit angemessenem Aufwand zu eindeutig zurechen­ baren Daten zu gelangen, werden im SKM die zur Er­fül­lung der gesetzlichen IP notwendigen Verwaltungstätig­ keiten ermittelt, standardisiert und hochgerechnet. Die Methodik ist in einem Handbuch detailliert erläutert und verbindlich festgelegt worden. Das gesamte Verfahren besteht aus drei Phasen.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Messung der Kosten anhand von Standardaktivitäten

In einer zweiten Phase werden die zur Erfüllung der Pflich­ ten notwendigen Verwaltungstätigkeiten in Einzelschritte zerlegt und in sogenannte Standardaktivitäten (etwa die Beschaffung von Daten oder die Durchführung von Be­ rechnungen) aufgeschlüsselt. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass zur Erfüllung der IP sehr ähnliche Arbeits­ schritte notwendig sind, die sich in Kategorien einteilen lassen. Im Rahmen der Standardisierung werden durch­ schnittliche Verhaltensweisen bzw. eine normale, effiziente Befolgung der jeweiligen Pflicht durch die Unternehmen angenommen. Auf die Standardaktivitäten beziehend wer­ den die entstehenden Kosten vom Statistischen Bundes­


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amt gemessen. Der zeitliche Aufwand und die notwendigen Einzelschritte werden zum Beispiel per Fragebögen oder persönlichen Interviews mit direkt Ausführenden ermittelt, in Expertenrunden geschätzt oder durch Zeitmessungen vor Ort gemessen. Anschaffungen, die ausschließlich für die Erfüllung der Pflicht erfolgen, werden in Höhe des Ab­ schreibungssatzes berücksichtigt. Datenaufbereitung und Datenauswertung

In einer letzten Phase werden die Ergebnisse berechnet, zusammengefasst und aufbereitet. Bei der Berechnung der Kosten sind die Kosten je Zeiteinheit, Zeitaufwand, Über­ mittlungshäufigkeit und Größe/Anzahl der Zielgruppe zu beachten. Der gesamte Verwaltungsaufwand durch beste­ hende IP ergibt sich aus der Summe der Verwaltungskosten der einzelnen IP hochgerechnet auf die Volkswirtschaft. Die Dokumentation und systematische Erfassung der ein­ zelnen Verfahrensschritte ist in allen drei Phasen für eine erfolgreiche Einführung und Umsetzung der Messung nach der SKM-Methodik von essentieller Bedeutung. Nur so kann Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse für Außenstehende gewährleistet werden.

3. Informationen über bestehende Informationspflichten der Wirtschaft Die Bundesregierung hat im Internet eine Datenbank ver­ öffentlicht, die die Informationspflichten enthält, die sich für die Wirtschaft aus dem Recht des Bundes und der EU ergeben. Anhand dieser Liste werden die Bürokratiekosten ermittelt, die am 30. September 2006 (Stichtag der soge­ nannten »Nullmessung«) bestanden. Diese Liste steht ab Ende Juni 2007 im Internet unter der folgenden Adresse zur Verfügung: www.bundesregierung.de/informationspflichten

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In der Datenbank können Informationspflichten recher­ chiert, eingesehen, nach verschiedenen Kriterien aus­ gewertet und gefiltert werden. Es finden sich zu jeder IP allgemeine Angaben, etwa zur Ressortzuständigkeit, zur Komplexität oder zum Adressaten der geforderten Infor­ mation. Auswertungen nach Stichworten, Ressorts oder Gesetzeskürzeln sind möglich. Nach Eingabe eines Ge­ setzeskürzels werden zum Beispiel alle identifizierten IP dieses Gesetzes angezeigt.

4. Neu hinzukommende Informationspflichten der Wirtschaft Informationspflichten, die nach dem Stichtag 30. Sep­ tember 2006 neu hinzukommen, müssen in der Ge­ setzesbegründung von dem federführend zuständigen Bundesministerium ausgewiesen und die sich daraus er­ gebenden Bürokratiekosten beziffert werden. Die Ge­ setzentwürfe der Bundesregierung werden dem Nationalen Normenkontrollrat zur Stellungnahme übersandt. Aufgabe des Nationalen Normenkontrollrats ist es, die Bundesregie­ rung beim Abbau der Bürokratiekosten zu unterstützen. Zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten werden die neu hinzu­ gekommenen Informationspflichten vom Statistischen Bun­ desamt gemessen und jeweils in die Datenbank eingepflegt.


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5. Die Rolle der Wirtschaft Als erste Zielgruppe soll die Wirtschaft durch das SKM von Bürokratiekosten entlastet werden. Langfristig profitiert die ganze Gesellschaft vom SKM. Um eine spürbare Ent­ lastung zu erreichen, ist daher die Mithilfe der Wirtschaft erforderlich. Aufgrund des alltäglichen Umgangs mit den bürokratischen Regeln kann sie am besten valide Aussagen zu den Standardtätigkeiten, Fallzahlen (Periodizität der IP) und konkrete Vereinfachungsvorschläge machen: Auffinden der vollständigen Informations-, Dokumentations- und Berichtspflichten

Unternehmen können überprüfen, ob alle Informations­ pflichten, die sie besonders belasten, in der Nutzerdaten­ bank erfasst sind. Werden Lücken festgestellt, sollten diese an das Statistische Bundesamt oder das jeweils federfüh­ rende Bundesministerium gemeldet werden. Teilnahme an den Messungen des Statistischen Bundesamts

Unternehmen können sich für die Messungen des Statis­ tischen Bundesamts zur Verfügung stellen. Um belastbare und plausible Messergebnisse zu erzielen, ist die Teilnahme zahlreicher Unternehmen erforderlich. Die Messungen werden vom Statistischen Bundesamt nach Absprache mit dem jeweiligen Unternehmen durch Telefoninterviews oder Interviews vor Ort durchgeführt. Besonders umfangreiche Informationspflichten werden im Rahmen von Experten­ panels untersucht. BDI und BDA beteiligen sich an der Ver­ mittlung der Experten. Interessierte Unternehmen können sich aber auch direkt mit dem Statistischen Bundesamt in Verbindung setzen.

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Vereinfachungsvorschläge

Vorschläge zur Vereinfachung der Informationspflichten können an das Statistische Bundesamt, das jeweils feder­ führende Bundesministerium oder an den BDI und die BDA gerichtet werden.

6. Links und Ansprechpartner BDI www.bdi.eu Fachabteilung: Recht, Versicherung und Verbraucherpoli­ tik, Themenübersicht: Grundsatzfragen der Rechtspolitik BDA www.bda-online.de Rubrik: Arbeitsrecht/Bürokratieabbau

Statistisches Bundesamt www.destatis.de Rubrik: Standardkosten-Modell Zugang zur Datenbank der Informationspflichten der Wirtschaft www.bundesregierung.de/informationspflichten Methodenhandbuch der Bundesregierung zum SKM www.destatis.de Rubrik: Standardkosten-Modell/Methoden Standard Cost Model (SCM) Network, int. Netzwerk der SKM-Anwender-Staaten www.administrative-burdens.com Nationaler Normenkontrollrat www.normenkontrollrat.bund.de


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BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie BDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Geschäftsstelle Bürokratieabbau, Bundeskanzleramt www.bundesregierung.de/buerokratieabbau Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie www.bmwi.bund.de Rubrik: Wirtschaft/Bürokratieabbau Bundesministerium des Innern www.bmi.bund.de Rubrik: Bürokratieabbau EU-Kommission www.ec.europa.eu Rubrik: Politikbereiche/Querschnittsmaßnahmen/ Bessere Rechtsetzung BUSINESSEUROPE www.businesseurope.eu Rubrik: Key issues/Strategic review of better regulation

Bertelsmann-Stiftung www.moderne-regulierung.de Beispiel Niederlande www.compliancecosts.com Ansprechpartner Statistisches Bundesamt: Referat »Grundsatzfragen, Methodik, Datenanalyse« Service-Telefon: +49.611.75 22 55 skm@destatis.de

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Ansprechpartner BDI: RA Dr. Kurt-Christian Scheel Leiter der Abteilung Recht, Versicherung und Verbraucherpolitik T: +49.30.20 28-14 36 F: +49.30.20 28-24 36 K.Scheel@bdi.eu Nils Hesse Referent für Verbraucherpolitik und Bessere Rechtsetzung T: +49.30.20 28-17 52 F: +49.30.20 28-27 52 N.Hesse@bdi.eu Ansprechpartner BDA: Assessor Roland Wolf Leiter der Abteilung Arbeitsrecht Geschäftsführer T: +49.30.20 33-12 00 F: +49.30.20 33-12 05 R.Wolf@bda-online.de RA in Klaudia Buddemeier Referentin der Abteilung Arbeitsrecht T: +49.30.20 33-12 06 F: +49.30.20 33-12 05 K.Buddemeier@bda-online.de

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Impressum BDI-Drucksache Nr. F 0011 Stand: Juni 2007 Herausgeber:

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Federation of German Industries Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Confederation of German Employers’ Associations Haus der Deutschen Wirtschaft Breite Straße 29 10178 Berlin Postanschrift: 11053 Berlin Redaktion:

Nils Hesse, BDI Klaudia Buddemeier, BDA Layout:

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