Deutschland muss "Bildungsrepublik" werden - Beschluss des Gemeinsamen Präsidiums von BDA und BDI

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beschluss des gemeinsamen präsidiums von bda und BDI DEUTSCHLAND MUSS „BILDUNGSREPUBLIK“ WERDEN


Deutschland muss „Bildungs-republik“ werden Die Vorschläge der Wirtschaft für den Bildungsgipfel 2008

dungschancen in Deutschland gerecht zu werden. Sie müssen

von Bund und Ländern

im Dialog mit allen Beteiligten eine umfassende und wirksame Gesamtstrategie entwickeln und umsetzen. Wir brauchen eine

Bildung ist die zentrale Investition in die Zukunft ­Deutschlands.

Bildungsrepublik, in der viele Wege zu gemeinsam definierten

Von der Rendite dieser Investition profitieren alle, jeder

Bildungszielen führen.

Einzelne und das Land als Ganzes. Nur eine umfassende Bildung von Persönlichkeit und Berufsfähigkeit ermöglicht

Bund und Länder müssen sich in der Qualifizierungsinitiative

wirkliche Teilhabe an der wirtschaftlichen, gesellschaftli-

konkrete Referenzwerte für ihre bildungspolitischen Ziele setzen,

chen und kulturellen Entwicklung. Nur mit gut qualifizierten

die bis 2015 erreicht werden sollen. Der bildungspolitische Fort-

Menschen können neue Ideen entwickelt und hochwertige

schritt muss messbar sein:

Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des Standortes Deutschland sichern. Bildungspolitik ist auch die wirksamste und nachhaltigste Sozialpolitik, denn nur wer ausreichend auf die Anforderungen in der modernen Wirtschaft und ­Gesellschaft vorbereitet ist, kann selbstständig sein Leben gestalten, ohne dauerhafte Transferleistungen auskommen und berufliche Chancen realisieren.

Der Anteil der Schulabbrecher wird von heute 8 % auf 4 % halbiert. Der Anteil der leistungsschwachen, nicht ausbildungsreifen Schulabgänger wird von heute 20 % auf 10 % gesenkt. Die Studienanfängerquote von heute 36 % wird auf deutlich über 40 % gesteigert Die Studienabbrecherquote von heute 21 % wird auf 10 % reduziert.

Bundeskanzlerin Merkel hat es auf den Punkt gebracht: ­Deutschland muss Bildungsrepublik werden. Wir erwarten, dass Bund und Länder in der Nationalen Qualifizierungs­initiative Bildung auf Position Eins der politischen Agenda setzen. Die

Der Anteil der Hochschulabsolventen in MINT-Fächern an allen Hochschulabsolventen von heute 31 % wird auf 40 % gesteigert. Der Anteil junger Menschen ohne Ausbildungsabschluss

Vision eines Landes mit erstklassigen, leistungs- und wettbe-

von heute 16 % der 20 – 29-Jährigen wird auf 8 % halbiert.

werbsorientierten Schulen und Hochschulen muss greifbare

Der Anteil der beruflich Qualifizierten ohne formale Hoch-

Realität werden. Der Fachkräftemangel an Ingenieuren, Natur-

schulzugangsberechtigung, die ein Studium beginnen, wird

wissenschaftlern, Informatikern und Technikern ist ­bereits zur

von knapp 1 % auf 5 % der Studienanfänger gesteigert.

gefährlichen Wachstums- und ­Innovationsbremse geworden. Wir brauchen eine Gesamtstrategie, die die Qualität von Bil-

Zur Erreichung dieser Ziele formulieren wir unsere Vorschläge

dung in allen Bereichen verbessert, damit sich die Potenziale

an Bund und Länder für den Bildungsgipfel am 22. Oktober 2008.

aller Menschen in Deutschland voll entfalten können.

Für die Umsetzung sichern wir Bund und Ländern ausdrücklich die Unterstützung der Wirtschaft zu. Neben dem direkten Enga-

Wir rufen insbesondere die Ministerpräsidenten der Länder

gement in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, in das die

auf, mit der Nationalen Qualifizierungsinitiative auch ihrer

Unternehmen jährlich ca. 55 Mrd. € investieren, stehen die Un-

gesamtstaatlichen Verantwortung für die bestmöglichen Bil-

ternehmen, Verbände und Bildungswerke der Wirtschaft Kinder-


gärten, Schulen und Hochschulen als Kooperationspartner und

3. Unterricht und Lehre in Schule und Hochschule

Impulsgeber zur Verfügung. Sie engagieren sich in zahlreichen

qualitativ verbessern:

Projekten, die heute in keiner Statistik erfasst werden, auch finan-

Methodisch-didaktische Kompetenzen der Lehrenden sind

ziell insbesondere für eine stärkere frühkindliche Förderung, eine

Schlüssel zur Verbesserung der Lernergebnisse. Lehrer er-

fundierte Berufsorientierung von Schülern sowie die Sicherstel-

fahren im Studium heute allerdings eher eine Prägung als

lung der Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen.

Fachwissenschaftler. Für Hochschul-„Lehrer“ sind Drittmittel und Reputation ausschließlich an die Forschungsleistung gekoppelt. In Schule und Hochschule müssen daher

9-Punkte-Plan der Wirtschaft für den Bund-Länder-Bildungsgipfel

stärkere Anreize zur Verbesserung der Lehre gesetzt werden, indem die Vergabe von Finanzmitteln an die Qualität des Unterrichts und der Lehre gekoppelt wird. Zudem muss die

1. Frühkindliche Bildung zur ersten Stufe des

Aus- und Weiterbildung der Lehrenden praxisnäher gestaltet

Bildungssystems ausbauen:

werden und verstärkt methodisch-didaktische Fertigkeiten

Hier werden die entscheidenden Weichen für den Bildungser-

vermitteln.

folg gestellt. Es geht darum, unabhängig vom sozialen Hintergrund der Eltern frühzeitig die Potenziale aller Kinder zu entfal-

4. Selbstständigkeit und Wettbewerb aller

ten und zur Einschulung eine deutsche Sprachfertigkeit sicher-

Bildungseinrichtungen stärken:

zustellen, die sie zur aktiven Teilnahme am Unterricht befähigt.

Schulen und Hochschulen müssen Autonomie in Finanz-,

Hierfür muss als erster Schritt ein obligatorisches beitragsfreies

Verwaltungs- und Personalfragen erhalten. Im Gegenzug

Vorschuljahr mit einem systematischen Vorschulcurriculum

werden Unterstützungsangebote durch die Schulaufsicht und

einschließlich obligatorischer Sprachstandstests eingeführt wer-

die zuständigen Länderministerien gestärkt. Die Bildungsein-

den. Die Kindergartenleitung verfügt über eine pädagogische

richtungen können so ein eigenständiges Profil entwickeln

Hochschulausbildung oder vergleichbare Kompetenzen.

und individuell auf besondere Herausforderungen reagieren. Dies ist Schlüssel für mehr Qualität.

2. Bedarfsgerechtes Ganztagsschulangebot und individuelle Förderung der Schüler sicherstellen:

5. Demographische Rendite voll zur Finanzierung der

Auf Basis regelmäßiger Kompetenzfeststellungen werden

Qualitätsverbesserungen im Bildungswesen einsetzen:

individuelle Förderpläne für Schüler erstellt und umgesetzt.

Durch die zurückgehenden Schülerzahlen entsteht ein wach-

Schwächen der Schüler können hierdurch abgebaut und

sender finanzieller Spielraum, der allein im Schulbereich

gleichzeitig Stärken ausgebaut werden. Rhythmisierte Ganz-

schon 2012 das Ausmaß von ca. 8 bis 10 Mrd. € p.a. an-

tagsschulen, die den Unterricht und das Lernen auf Vor- und

nimmt. Diese Mittel müssen insbesondere für Investitionen

Nachmittag verteilen, bieten hierfür besonders viel Raum und

in eine bessere Betreuung und individuelle Förderung der

sollten daher bedarfsgerecht ausgebaut werden. Ziel muss die

Schüler sowie für die Stärkung der frühkindlichen Bildung

Sicherstellung der Ausbildungsreife der Schulabgänger sein.

genutzt werden.


DEUTSCHLAND MUSS „BILDUNGSREPUBLIK“ WERDEN

6. Impulse zur Sicherung des MINT-Nachwuchses setzen

Studium in den auf dem Arbeitsmarkt besonders gefragten

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik):

MINT-Fächern anstreben. Insgesamt ist berufliche Bildung

Schon heute fehlt es in viel zu vielen technischen und na-

mit der allgemeinen Bildung gleichzusetzen, denn neben

turwissenschaftlichen Berufen an Nachwuchs. Daraus er-

dem allgemein bildenden und dem hochschulischen Bil-

wächst eine existentielle Gefährdung des Industriestandortes

dungssystem bietet die berufliche Aus- und Weiterbildung

Deutschland. Um dem entgegenzuwirken, müssen Unterricht

attraktive Qualifizierungswege. Dies muss sich in der Ge-

und Lehre in Kindergarten, Schule und Hochschule bei MINT

staltung des Deutschen Qualifikationsrahmens widerspie-

Prioritäten setzen. Eine verpflichtende Belegung von zwei

geln. Durch tragfähige Modelle der Bildungsfinanzierung

natur­wissenschaftlich-technischen Fächern bis zum Abitur

von Bund und Ländern kann eine Erhöhung der Weiterbil-

und ein quantitativer wie qualitativer Ausbau der MINT-

dungsquote unterstützt werden.

­Studienkapazitäten sind zwingend. 9. Hochschulfinanzierung investitionsorientiert ausrichten: 7. Ökonomische Bildung stärken:

Das aktuelle Finanzierungssystem setzt für die Länder kei-

Junge Menschen brauchen wirtschaftliche Grundkenntnisse

ne Anreize, das Angebot an Studienplätzen bedarfsgerecht

und Kompetenzen, um mündige Wirtschafts- und Staatsbür-

und qualitätsorientiert auszubauen, sondern führt eher zu

ger sein zu können. Die Vermittlung ökonomischer Inhalte

einem Abbau bestehender Kapazitäten. Die Finanzierung

sowie die Darstellung der Rolle und Verantwortung von Un-

muss daher so umgestellt werden, dass die Qualität des

ternehmern im Wirtschafts- und Arbeitsprozess muss fest in

Studiums verbessert und ein Ausbau von Studienplätzen

Lehrbüchern und im Unterricht verankert sein, um Mut zum

zur Sicherung der Ersatzquoten für Fachkräfte erreicht

Unternehmertum zu machen. Hierzu gehört insbesondere

wird. Eingerichtet werden muss insbesondere ein investi-

ein eigenständiges Unterrichtsfach „Wirtschaft“ an allen all-

tionsorientierter bundesweiter Finanzierungspool, in den

gemein bildenden Schulen.

die Länder einen Teil der Hochschulausgaben einbringen und der Aufwand und Ertrag verknüpft.

8. Abschottung der verschiedenen Bildungswege überwinden und Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung erhöhen: Der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte muss offen und transparent gestaltet werden; sie müssen ebenso wie Abiturienten Zugang zu den Auswahlverfahren der Hochschulen erhalten. Dies hilft, Abbrecherquoten zu senken, denn wer schon eine Berufsausbildung absolviert hat und vielleicht auch schon berufstätig ist, ist besonders motiviert, ein Studium zügig zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Und gerade in technischen Berufen Ausgebildete werden ein


bildung schafft zukunft beschluss des gemeinsamen präsidiums von bda und BDI April 2008

Ökonomische Bildung Bildungsagenda Schule 2008 Mai 2008

Leitlinien Für die Lehrerbildung Bildungsagenda Schule 2008 Mai 2008


Bundesvereinigung der

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Beschluss des gemeinsamen Präsidiums von BDA und BDI Sitzung vom 15. September 2008


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