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Re-boot Bologna

Stichwort: Bologna-Reform Laut „Bologna-Erklärung“ von 1999 verfolgt sie das Ziel, einen einheitlichen europäischen Hochschulraum mit vergleichbaren Studien - abschlüssen zu schaffen. Zu den Eckpunkten gehören unter anderem: ↘ vergleichbare Studienstrukturen (BA/MA) ↘ Qualitätssicherung auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Richtlinien ↘ Einsatz von Transparenzinstrumenten wie Qualifikationsrahmen, Diploma Supplement und European Credit Transfer System (ECTS), inklusive der Beschreibung und Bewertung von Lernergebnissen

TEXT: SINA-MAREEN RETOLAZA, INGO DIEHL Das Corona-Virus bringt gerade viele Planungen durcheinander und konfrontiert uns alle angesichts des wochenlangen, äußeren Stillstands mit neuen Fragen. Im Ressort Qualitätsentwicklung reflektieren auch wir die Auswirkungen auf unsere Ziele und Vorhaben, sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Wir hatten geplant, in den nächsten zwei Jahren möglichst alle Studiengänge der HfMDK durch die Akkreditierung zu bringen; dafür müssen sie zunächst ein Verfahren zur Qualitätssicherung durchlaufen. Jetzt, Anfang April, wo dieser Text entsteht, haben wir auch weiterhin vor, diesen Weg zu gehen. Wir möchten dabei Lehrende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende zu einem offenen Dialog über ihre Erfahrungen mit den Rahmenbedingungen von Studienstrukturen einladen, über die Angebote, über die Studien- und Prüfungsordnungen, Bestimmungen innerhalb der HfMDK und den Bologna-Prozess mit all seinen Möglichkeiten und Grenzen.

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Warum uns das als Hochschule so wichtig ist, führt zum Kern dessen, was wir tun. Letztlich mittenhinein in einen inhaltlichen Austausch rund um den Bologna-Prozess und zur Frage, welche Rahmenbedingungen ein Studium in einem künstlerischen Fach oder in den anderen Programmen an unserer Hochschule heute braucht. Es geht darum, den Lernprozess von Studierenden ins Zentrum zu rücken, also um Student-centered learning. Um Kommunikation, Transparenz, Orientierung. Darum, vor dem Hintergrund sich wandelnder Anforderungen Qualität neu zu definieren, stärker auf die Inhalte zu schauen, Kompetenzen zu beschreiben und zu vermitteln, bestehende Studienstrukturen zu hinterfragen – und auf diese Weise auch wegzukommen von der Jagd nach ETCS-Punkten, die in den vergangenen Jahren im Alltag vieles dominiert hat. Studiengänge sind selbst lernende Systeme: Das fordert uns heraus und dem sollten wir uns als Hochschule auch weiterhin verpflichten.

Verwalten oder gestalten? Zeit im Studium, das Tempo, die Wünsche und Ziele von Studierenden, die Studieninhalte, die Anforderungen der Studien- und Prüfungsordnungen. Dass sich hier ein Spannungsfeld auftut, ist schon lange bekannt. Schon vor Beginn des Bologna-Prozesses standen diese Themen permanent im Mittelpunkt. Nachdem nun an der Hochschule mehrere Akkreditierungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurden, sind wir durch die Corona-Krise mehr denn je gehalten, unsere Strukturen erneut zu überdenken und möglicherweise neue Lösungen zu finden, von der Situation zu lernen.

Bedingt unter anderem durch die zum Teil strengen Vorgaben der Bologna-Umsetzung in Deutschland, wurde in der Vergangenheit vieles sehr kleinteilig organisiert, gleichzeitig sind die Curricula immer breiter und umfassender geworden. Insgesamt brachte die Regelungsdichte zwar Verlässlichkeit und Klarheit, dies aber um den Preis, dass sich der Gestaltungsraum verengte – anstatt größer zu werden. Ein zentraler Aspekt innerhalb des Kommunikationsprozesses, den wir im Kontext der Akkreditierungen jetzt anstoßen möchten, wird deshalb auch die Flexibilisierung sein, um künftig etwas freier agieren und in einem gestaltenden Modus bleiben zu können. Die derzeitige Situation zeigt, dass dies hilfreich sein könnte.

Die Vorgaben der Bologna-Reform stehen zu all dem nicht im Widerspruch. Von ihrer Grundstruktur her sieht die Reform vor, die Inhalte eines Studiums in Module zu gliedern und diese dann Zeiteinheiten zuzuordnen. Genau in diesem Spannungsfeld gibt es viele Freiheiten und Chancen. Diese wollen wir, trotz Corona-Krise, in den nächsten Monaten an der Hochschule im Rahmen von Rondell-Talks ausloten und diskutieren. Gemeinsam. → Sina-Mareen Retolaza arbeitet an der HfMDK als Referentin für Studiengangentwicklung. → Prof. Ingo Diehl ist Vizepräsident für Qualitätssicherung in der Lehre und interdisziplinäre Projekte, Leiter des Studiengangs Master for Contemporary Dance Education (MA CoDE) und Präsident der Hessischen Theaterakademie.

Themen der Diskussion: ↘ Digitale Angebote im Studium vs. Studien- und Prüfungsordnungen ↘ allgemeine Bestimmungen in den Studiengängen ↘Evaluation und Akkreditierung