SchauBurg Spielplanvorschau 2015 2016

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Spielplan Vorschau 2015 –16


Titel D E R Kö N Ig h I N T E R D E M S pI E g E L v.l.n.r. Markus Campana, Nick-Robin Dietrich, Regina Speiseder, Thorsten Krohn

2 0 .0 0 0 M E I L E N U N T E R D E N M E E R E N

Lucca Züchner, Thorsten Krohn


Spielplanvorschau 2015–16


Fa h r e n h e i t 4 51 Lucca Z端chner, Markus Campana


Liebe Schülerinnen und Schüler, Was heißt es, jung zu sein? Neugierige Weltwahrnehmung. Losflattern in die Welt. Konkurrenzdruck. Fragen an die Erwachsenen. Lust an der Provokation. Unverstanden sein. Selbstzweifel. Erschütterung, Verunsicherung. Größenwahnsinnsgefühle. Peinliche Eltern. Wut. Unkontrolliert. Mangelnde Auffassungsgabe. Schulnoten. Hilfestellung. Umbruch, Suche, keine Antworten. Abschalten. Emotionale Nebel. Verweigerung, Erschütterung. Freunde, Verantwortungslosigkeit, Unendlichkeitsgefühle. Schulstress, Versagensängste, Zukunftspanik. Erste Liebe, Euphorie, Erfolg.

Man sieht sofort: Das ist ziemlich viel und ziemlich anstrengend und alleine auf gar keinen Fall zu schaffen. Hilfe kommt von Eltern (meistens, aber nicht in allen Bereichen), Lehrern (nicht immer in der Form, in der man die Unterstützung akzeptieren kann), Freunden (die manchmal auch die falschen sind) und menschlichen Schutzengeln. Wenn man sie nicht rechtzeitig erkennt, verpasst man sie und damit einen wichtigen Impuls, einen Rettungsanker oder Tröster. Manche Hilfestellung bekommt man digital und online. Man kann googlen, wikipeden, facebooken. Aber bei der Frage, wie man sein eigenes Ich findet zwischen Twitter und Finya, bei dieser Frage können lebendige Menschen, analoge Begegnungen und alte Geschichten ein besserer Beistand sein als Tumblr oder OKCupid. Alte Geschichten? Alt heißt von gestern, antiquiert, vorbei. Alte Geschichten, Klassiker jedoch haben deshalb noch Gültigkeit, weil sie von menschlichen Nöten, Konflikten, Sorgen und

Glück erzählen, die heute noch immer oder wieder brennend aktuell sind. Das sind Geschichten, in denen man sich wiedererkennen kann, Geschichten, die einen die Welt neu oder anders sehen lassen, die irritieren, Mut machen, beglücken, verstören. Darin liegt der Wert von Literatur und Theater. Und deshalb erzählen wir gerne literarische Stoffe auf der Bühne. In der neuen Spielzeit lassen wir Sten Nadolny, Jack London, Friedrich Dürrenmatt, Jules Verne, William Shakespeare, Paula Fox und Ray Bradbury zu Wort kommen. Wir erzählen Märchen aus fremden Ländern und Kulturen, und wir suchen Theaterformen, die (nicht nur) junge Zuschauer interessieren, berühren und begeistern können und so die alten Geschichten wie neu wirken, wie von heute, wie für junge Leute von heute verfasst. Herzlich willkommen in der SCHAUBURG. Euer George Podt intendant


Liebe Lehrerinnen, liebe Lehrer, Theater und Schule? Gehören zusammen. Seit vielen Jahren. Findet eigentlich auch das Kultusministerium. Schule statt Theater! fordern die Kritiker von Unterrichtsausfall. Die Debatten sind schärfer geworden. Notendruck, Übertrittstress, G 8, Tilt. Burnout. Kinder und Jugendliche brauchen beides. Sie brauchen Schule und Theater! Und Musik und Malen. Und Mathematik und Astronomie. Und DeutschEnglischGeschichteChemiePhysikLatein. Informatik, Sexual- und AntimobbingAufklärung, Verkehrserziehung, und die Bundesjugendspiele noch obendrauf. Und lebendige Lehrer. Und Stillsitzen im Unterricht. Und die Fähigkeit zuzuhören. 2 0 .0 0 0 M e i L e n U n t e r D e n M e e r e n nick-robin Dietrich, regina Speiseder


Und das Glück, gehört zu werden. Und die Fähigkeit, eigene Gedanken zu denken. Und Freiräume, in denen diese eigenen Gedanken willkommen sind. Oft wird empfohlen, den Unterricht zu entschlacken, Unwichtiges wegzulassen. Das ist sicher richtig. Aber was sind die unwesentlichen Dinge? Dazu folgende wahre Geschichte: Sturzhang ist eine Übung beim Geräteturnen, wobei der Sportler sich kopfüber in den ringen oder am Barren hält. Diese Übung hat ein befreundeter Sportlehrer, der nach zehnjährigem auslandsaufenthalt wieder in Deutschland unterrichtet, mit seinen Schülern trainiert. Dabei geschah ein Unfall. einer der Schüler ließ einfach los, als er kopfüber in den ringen hing. als der Sportlehrer von diesem Unfall berichtete, wiesen die Kollegen ihn zurecht, dass man diese Übung seit Jahren nicht mehr mit Kindern übe, weil zu häufig derartige Unfälle passieren.

Ganz bestimmt kann auf den Sturzhang verzichtet werden. Trotzdem tauchen übergeordnete Fragen auf: Wie kommt es, dass Kinder eine uralte Turnübung nicht mehr ausführen können ohne in Gefahr zu geraten? Wie kann es sein, dass einem Kind genügend Instinkt fehlt, um ein freiwilliges Aufden-Kopf-Fallen zu verhindern? Ist es richtig, wenn Lehrer eine solche Übung vorsichtshalber aus dem Trainingsrepertoire streichen? Klar, man vermeidet viele Unannehmlichkeiten, aber gleichzeitig verhindert man, dass Kinder Erfahrungen machen können, mit dem eigenen Körper, dem eigenen Leistungsvermögen und der Schwerkraft. Ihnen diese Erfahrung zu ermöglichen ist verantwortungsvoll und anstrengend. Und dennoch gibt es keine Alternative. In diesem Sinne verstehen wir uns als Theater Sturzhang. Wir wissen, welche Stoffe und ästhetischen Mittel ohne Wagnis konsumierbar sind. Aber wir suchen Geschichten, Erzählungen, Theaterformen mit Risiko. Dem

Risiko der Überforderung, der Konfrontation, des utopischen Vorgriffs und des unerwarteten Glücks. Manchmal sagen Lehrer, dass sie keine Zeit haben für einen „Unterrichtsgang“ ins Theater. Und selten gibt es Ehrliche, die sehr leise gestehen, dass ihnen inzwischen die Lust dazu fehlt, weil ihnen zu viele Knüppel zwischen die Beine geworfen werden von Kollegen, Direktoren und Eltern. Wenn Sie selbst trotz aller Hindernisse selbst Lust auf solche Wagnisse mit Ihren Schülern haben und sicher sind, dass Schüler die Welt kopfüber und aus allen Richtungen betrachten sollen, dann besuchen Sie uns. Wir geben Ihnen gerne verschiedene Hilfestellungen bei der Vorbereitung eines Theaterbesuchs, damit die Hürden nicht zu groß und der Erfolg gesichert ist. (Seite 21). Wir freuen uns auf Sie und Ihre Klasse. Ihr George Podt intendant


D e r rU F D e r W i L D n i S Peter Wolter, Lucca Z端chner, thorsten Krohn


Liebe Schauburg Besucher, sie sind weder Kind noch Jugendlicher, weder Eltern noch Lehrer? Dann freuen wir uns besonders über Ihren Besuch. Wir wollen keine geschlossene Anstalt sein. Wir sind Theaterleute, die Kindern und Jugendlichen Lust machen auf die Welt der Erwachsenen. Dabei können Sie mitmachen als Erwachsene, die Verständnis mitbringen. Erwachsene, die sich erinnern. Erwachsene mit Lust auf Zukunft. Erwachsene mit Lust am Dialog der Generationen. Erwachsene mit Neugier statt Vorurteilen.

Denn das brauchen Kinder und Jugendliche: Jemand, der ihren Fragen zuhört. Jemand, der ihnen Selbstvertrauen gibt. Jemand, der Freiheit aushält. Jemand, der Gültiges in Frage stellen kann. Jemand, der weiß, dass es nicht auf jede Frage sofort eine Antwort geben muss, weil die Frage manchmal interessanter ist als die Antwort. Seien Sie in all unseren Vorstellungen dabei, egal für welches Alter sie gemacht sind. Teilen Sie mit Kindern und Jugendlichen die faszinierende Erfahrung, die sich einstellt, wenn man über das Feststehende und Festgefahrene hinausblickt. Ich freue mich auf Ihren Besuch. Ihr George Podt intendant


D e r rU F D e r W i L D n i S ruth Oswalt, taison heiss, thorsten Krohn, Lucca Z端chner, Peter Wolter


Unsere Premieren


D e r KÖ n iG h i n t e r D e M S Pi e G e L Greulix Schrank


Uraufführung

DIE ENTDECKUNG DER LANGSAMKEIT von Sten Nadolny in der Fassung von Beat Fäh ab 13 Jahren Regie Beat Fäh Bühne und Kostüme Timo von Kriegstein Musik Taison Heiss mit Regina Speiseder, Lucca Züchner, Markus Campana, Nick-Robin Dietrich, Thorsten Krohn, Greulix Schrank, Peter Wolter Premiere 10. Oktober 2015

John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, dass er keinen Ball fangen konnte. Er hielt für die anderen die Schnur. Dem Spiel folgen konnte er nicht. Er sah nicht genau, wann der Ball die Erde berührte. Und schon hörte er in seinem Rücken, dass die anderen ihn „Tranfunzel“ schimpften. John Franklin musste seine Kindheit als Außenseiter überstehen. Er war einfach in allem zu langsam: Im Denken, Sprechen, Bewegen. Doch wie konnte es geschehen, dass derselbe verspottete John Franklin zu einem berühmten und angesehenen Seeoffizier und Polarforscher wurde? Der Junge, der durch seine außergewöhnliche Langsamkeit Hohn und Spott auf sich zog, kompensierte sein Handicap durch genaues Beobachten und ein ungewöhnlich gutes Gedächtnis, durch diszipliniertes Training, Zielstrebigkeit, Willenskraft und Ausdauer. So gelang es ihm, seine scheinbaren Schwächen in Stärken zu verwandeln und seinen Traum zu verwirklichen.

Allerdings wäre ihm das nicht gelungen ohne seinen aufmerksamen Lehrer Dr. Orme. Ohne ihn wären seine Träume nicht wahr geworden. Dr. Orme hatte nie behauptet, für ihn da zu sein, er hatte nicht von Liebe geredet und nicht von Erziehung, sondern sich für Johns besonderen Fall interessiert. Er hatte Johns Augen und Ohren, seine Auffassungsgabe und sein Gedächtnis geprüft und dabei festgestellt, dass die scheinbare Begriffsstutzigkeit in Wahrheit eine übergroße Sorgfalt des Gehirns war. Langsamkeit wurde so zu Ruhe. John Franklin lebte tatsächlich von 1786–1847. Er nahm am Seekrieg gegen Napoleon teil und träumte davon, die Nord-Westpassage zu finden, also den Seeweg vom Nordatlantik in den Nordpazifik. Dieser letzte Traum erfüllte sich nicht. Jeder Mensch kennt das Gefühl, den erwartungen der anderen nicht zu entsprechen. Daran kann man verzweifeln oder eine so große Kraft entwickeln wie John Franklin. eine Mutmachgeschichte für alle Generationen.


D e r KĂ– n iG h i n t e r D e M S Pi e G e L thorsten Krohn, nick-robin Dietrich, Lucca ZĂźchner, regina Speiseder


Uraufführung

SO WILL ICH LEBEN, BLÜHEN, FLIEGEN! ein musikalisches Liebes-Pasticcio mit Songs von Leonard Cohen bis Rihanna in einer Stückfassung von Peer Boysen unter Verwendung von „Romeo und Julia“ von William Shakespeare für Jugendliche und Erwachsene Regie, Bühne und Kostüme Peer Boysen Songauswahl Sabrina Khalil Musikalische Einstudierung Toni Matheis Video Manuel Boeker mit Corinna Beilharz, Regina Speiseder, Lucca Züchner, Manuel Boeker, Markus Campana, Nick-Robin Dietrich, Thorsten Krohn Premiere 9. Januar 2016

Kein Theaterstück feiert die romantische Liebe so großartig und eindringlich wie ROMEO UND JULIA. Peer Boysen rollt die Tragödie in seiner Fassung des Dramas vom Ende her auf. Alles beginnt in der Gruft, in der Julia scheintot liegt. Sie hat ein Betäubungsmittel genommen, um nicht dem Wunsch ihres Vaters nachkommen zu müssen, der die sofortige Hochzeit mit Paris plant. Romeo taucht in der Gruft auf. Wichtige Informationen hat er verpasst, deshalb hält er Julia für tot. Voller Verzweiflung scheidet er aus dem Leben. Ehe alles zuende ist, gibt es einen kurzen Augenblick, in dem sich die Blicke der erwachenden Julia und des sterbenden Romeo noch einmal begegnen. So beginnt das Stück mit dem Moment der großen Fragen. In einer Sekunde spielt sich der Verlauf der ganzen Tragödie vor Romeo und Julia in Rückblicken ab. Wie hat es so weit kommen können? Wer ist Schuld? Haben die beiden untergangssüchtigen

Liebenden selbst Verantwortung für dieses furchtbare Schicksal zu tragen? Wenn man jung ist, kann man an die ewige Liebe glauben, die nur durch den Tod endet. Shakespeares Figuren gehen bis zum Äußersten: Emotional, intellektuell, moralisch, spirituell. Deshalb sind sie so faszinierend. Wenn man jung ist, kann man sagen, dass Shakespeares Stücke zu pathetisch und zu schwierig sind. Und dann entsteht keine Faszination. Deshalb hat Peer Boysen eine besondere Ezählform gewählt: Das Pasticcio, also ein „Pastetchen“. Die Blütezeit dieser besonderen musikalischen Form fällt in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Musik und Liebe – das sind die Koordinaten, die für Jugendliche die größte rolle spielen. in diesem Sinne hat Peer Boysen ein Pasticcio erarbeitet, das sich um radikale Gefühle, Unsterblichkeit, raserei, Coolness, Sinnlichkeit, Selbstüberschätzung, sehr viel Musik und vor allem den Zauber der ersten Liebe dreht.


i n t i M at e S t r a nG e r Jannis Spengler, Volker Michl, tim Bergmann, Saša Kekez, ronni Oliveira, Miguel Fiol Duran


Uraufführung

FOR yOU My LOVE! Tanztheater von Johanna Richter für Jugendliche und Erwachsene Konzept, Regie, Choreographie Johanna Richter Bühne Mark Rosinski Kostüme Jörg Christel und Uwe Sinn mit Tim Bergmann, Alan Brooks, Bùi Rouch, Saša Kekez, Jannis Spengler u.a. Premiere 13. Februar 2016

Noch einmal Shakespeare! Und noch einmal das Thema Liebe. Diesmal eine getanzte und gespielte Auseinandersetzung mit dem gesamten Werk des Autors: Szenen, Konflikte, Inhalte werden in allen Facetten mit den Mitteln des Tanztheaters ausgedrückt. Der rote Faden des Abends lautet: Jeder Konflikt entsteht aus Liebe. Es ist absurd, dass dieses eigentlich so friedfertige Gefühl immer wieder zu Intrigen, Morden und Kriegen führt. Familien kämpfen um ihren Status, Söhne gegen Brüder, Töchter gegen Väter, Könige gegen Kaiser, Länder gegen Staaten. Auch 500 Jahre nach Shakespeare hat sich an diesem Mechanismus nichts Wesentliches verändert. I Do It – For you my Love! Ich tue es aus Liebe, aus Leidenschaft, aus tiefstem Herzen. Das kann der Motor sein für alles. Aus Liebe zu Partnern, Freunden, Themen, Institutionen, Religionen, Ländern, Völkern und Familienbanden gehen wir Risiken ein, initiieren wir Konflikte, führen Kriege, hassen unsere

vermeintlichen Feinde, fürchten die Einsamkeit, kämpfen für unser Glück und beharren immer wieder darauf, dass es dieser eine wichtige Grund ist, der uns antreibt. Das Stück ist eine Reise durch mehrere Werke, die den Mikrokosmos Familie als Keimzelle für gesellschaftliche Konflikte in den Mittelpunkt stellt: Hamlet sieht sich als verlorenen Sohn und verübt aus Liebe zu seinem verstorbenen Vater einen grausamen Rachefeldzug; König Lear erzählt vom Drama eines von Machtstreben und Selbstherrlichkeit getriebenen Vaters, der blind ist für die Aufrichtigkeit und Liebe seiner jüngsten Tochter; Romeo und Julia sind Opfer verminter Familienfronten, die unausweichlich zum Tod führen und Richard III reißt aus Selbsthass ein ganzes Land in den Abgrund. FOr YOU MY LOVe! ist eine starke, eine zerstörerische, aber auch eine zutiefst positive und für jeden immerwährend gültige ansage.


D a S V e r S Pr e C h e n nicholas reinke, Peter Wolter


Uraufführung

EIN BILD VON IVAN von Paula Fox Übersetzung Brigitte Jakobeit Bühnenfassung Boris von Poser ab 11 Jahren Regie Boris von Poser Bühne Timo von Kriegstein Kostüme Jessica Karge mit Sophie Wendt, Lucca Züchner, Markus Campana, Nick-Robin Dietrich, Peter Wolter Premiere 5. April 2016

Ivan ist elf Jahre alt und sehr unglücklich. Dabei hat er alles, wovon ein Kind träumt: Spielsachen im Überfluss, ein eigenes Kindermädchen und einen reichen Vater, der mit seinem Geld alles kaufen kann, was der Junge sich wünscht. Doch Ivan ist gleichzeitig arm: Ihm fehlen seine verstorbene Mutter, von der er fast nichts weiß und sein Vater, der andauernd geschäftlich unterwegs ist. Vor allem aber fehlt ihm das Gefühl, willkommen auf dieser Welt zu sein. Alles ändert sich, als sein Vater ein Portrait des Sohnes bei einem Maler in Auftrag gibt. In dessen Atelier lernt Ivan nicht nur den Maler Matt, sondern auch Miss Manderby kennen, die ihm vorlesen soll, damit er stillsitzen kann. Zunächst ist Ivan nicht begeistert vom Vorlesen. Das ändert sich im Laufe der Sitzungen. Matt und Miss Manderby behandeln ihn völlig anders, als er es gewohnt ist: Sie lassen ihn an ihren eigenen Vorlieben und Gedanken teilhaben und verstehen langsam, was hinter Ivans Schweigen steckt: Er weiß nichts über

seine verstorbene Mutter. Aus Schmerz hat sein Vater alle Fotos von ihr vernichtet. Ivan weiß nur, dass sie irgendwann in einem Schlitten aus Russland geflohen ist. Behutsam lässt der Maler eine Erinnerung entstehen, indem er die Schlittenfahrt zeichnet und somit der Vergangenheit ein Gesicht gibt. Im Verlauf der Geschichte darf Ivan mit Matt und Miss Manderby nach Florida fahren. Dort lernt er in einer abgelegenen Flusslandschaft das Mädchen Geneva kennen. Seine Erlebnisse und die neue Freundschaft verhelfen ihm zu einem normalen Selbstbewusstsein, und er spürt, dass es Menschen gibt, die ihn vermissen und ihn brauchen. Völlig verändert kehrt Ivan von seiner Reise zurück. Die poetische Geschichte von Paula Fox dreht sich um Bilder: Um eigenBilder, Fremd-Bilder und ab-Bilder. (aus der Jurybegründung für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2008). Gezeigt wird dies am Portrait eines Jungen an der Schwelle zum erwachsenwerden.


Fa h r e n h e i t 4 51 Peter horn, thorsten Krohn, Markus Campana, Florian rein, Sebastian horn


Uraufführung

ZURÜCK AUF NULL – AUGENBLICKE AUF DEN ANFANG DER ZEIT von Hedwig Rost und Jörg Baesecke für Kinder ab 9 Jahren mit Hedwig Rost und Jörg Baesecke Premiere 23. April 2016

Wie hat alles angefangen? Ist ein Nichts, aus dem irgendwann einmal etwas hervorgegangen ist, überhaupt denkbar? Bei allen Völkern und Kulturen der Welt gibt es zu diesen Fragen Geschichten – und damit den Versuch, sich solch einen Anfang von allem vorzustellen. Nicht nur die biblische Schöpfungsgeschichte, auf die sich Judentum, Christentum und auch der Islam beziehen, kommt in diesem Programm vor, auch die Ursprungsmythen anderer Völker und nicht zuletzt die Sicht der Naturwissenschaften als vielleicht modernster Religion. Jede dieser Sichten und Geschichten lädt zu einer Zeitreise ein, zu einem Blick in ferne Vergangenheiten und zu der spannenden Frage, was Zeit überhaupt ist. Kinder kennen diese Frage sehr gut: Heranwachsen ist ein großes Thema und häufig mit Zeit verbunden. Wenn man entscheidende Fragen stellt oder Wünsche äußert, wird man oft vertröstet auf

Später. Und dass es die Welt vor der eigenen Geburt schon gab, ist ein großes Kindheitsrätsel, dass zunächst nur geglaubt und erst später begriffen werden kann. Der Gedanke, sich in ein „Früher“ zurückzuversetzen, ist allemal faszinierend, und letztlich laden erzählen und theater immer zu einer Zeitreise ein. Dabei kann es nicht nur wahrhaftig zugehen, sondern auch lustig und auf jeden Fall phantastisch.


2 0 .0 0 0 M e i L e n U n t e r D e n M e e r e n Lucca Z端chner, Markus Campana


Unser Gesamtprogramm DIE ENTDECKUNG DER LANGSAMKEIT nach Sten Nadolny – ab 13 SO WILL ICH LEBEN, BLÜHEN, FLIEGEN! von Shakespeare/Boysen – ab 15 FOR yOU My LOVE – Tanztheater von Johanna Richter – ab 14 EIN BILD VON IVAN von Paula Fox – ab 11 ZURÜCK AUF NULL – Augenblicke auf den Anfang der Zeit – ab 9 DER KÖNIG HINTER DEM SPIEGEL von Rudolf Herfurtner – ab 8 DAS VERSPRECHEN von Friedrich Dürrenmatt – ab 14 20.000 MEILEN UNTER DEN MEEREN nach Jules Verne – ab 12 DER KREUZBRAVE FRIDOLIN von Ad de Bont – ab 6 HÜHNERGLÜCK nach John yeoman – ab 4 FAHRENHEIT 451 von Ray Bradbury – ab 15 DAS GESCHENK DES WEISSEN PFERDCHENS von Rudolf Herfurtner ab 6 INTIMATE STRANGER Tanztheater von Johanna Richter –ab 13 DER RUF DER WILDNIS nach Jack London – ab 13 HAS’ UND HUHN von Sofie Mileau und The Tjong Khing –ab 5 FROSCH UND DIE ANDEREN von Max Velthuijs – ab 4 TIGER UND BÄR nach Janosch – ab 4 STADTTORHEITEN von Jörg Baesecke – ab 9 SALZ von Jörg Baesecke und Hedwig Rost – ab 9 NERO CORLEONE von Elke Heidenreich –ab 6

Lesen Mildred: Warum Bücher lesen? Wozu? Feuerwehrmann Montag: Vielleicht helfen die Bücher uns halbwegs aus dem Dunkel. Sie können verhindern, dass wir immer wieder dieselben unsinnigen Fehler machen. Unsere Welt steht am Abgrund, doch wir sind faul und reich. (aus: Fahrenheit 451)


Seite 21

Sabine Lehmann, Dirk Diekmann

Kompliziertheit statt Vereinfachung „Kinder sind Kitschmäuse“. Mit diesem Satz eröffnete ein Komponist, der für die SCHAUBURG ein Musical schreiben wollte, das Gespräch. „nein! irrtum! Ganz und gar nicht!“ Kinder und Jugendliche suchen Orientierung, Reibung und auch Hilfestellung. Sie brauchen Impulse, die ihnen helfen, ihren selbstbestimmten Platz zu finden. Wer bin ich? Was kann ich sehr gut? Was kann ich gar nicht, obwohl alle anderen es lässig beherrschen? Wozu will ich Nein sagen? Woher beziehe ich die Kraft und Bestätigung, um gegen den Strom des allgemeinen Konsenses zu schwimmen? Hat die Zukunft eine Zukunft? Das sind wichtige Fragen auf dem Weg zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben. Das zu schaffen ist nicht einfach. Wer also Kindern und Jugendlichen immer nur das Bekannte,


Einfache, Populäre vorsetzt, macht sich zwar beliebt, aber dennoch tut er ihnen keinen Gefallen. Wer sie für Kitschmäuse hält und glaubt, sie mit Kitsch abspeisen zu können, tut ihnen bitter Unrecht. Das Gemeinste an dieser Haltung ist, dass Kinder und Jugendliche sich nicht dagegen wehren können, denn das Niedliche, Bunte, Quietschige, Bestätigende macht unbestritten Spaß. Seit vielen Jahren rufen wir unseren Kritikern zu: „Ja, unser theater soll komplex sein!“, obwohl wir wissen, dass das Publikum leicht konsumierbare Vorstellungen erwartet. Neugier, das Ringen um Formen und Inhalte, das Interesse an der Auseinandersetzung sind nicht en vogue. Als Erwachsener kann man sich für diese Haltung entscheiden, für Kinder und Jugendliche darf sie nicht gelten. Junge Menschen müssen lernen, selbstständig und frei zu denken und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Denken und Verstehen führen zu Orientierung – Orientierung in einer Welt, die

immer vielfältiger, unübersichtlicher, größer wird. Dazu kann Theater verführen, wenn es ernsthaft gemacht ist und sein Publikum ernst nimmt, statt es als Kitschmäuse zu verniedlichen. PS: Der oben erwähnte Autor bekam keinen Auftrag.

Fragen und Antworten „Leichter gesagt als getan“, werden jetzt einige Leser und etliche Lehrer sagen. „Die vollmundigen ansätze unterschreiben wir gerne; einer ganzen Klasse oder den eigenen Kindern die Lust auf ambitioniertes schmackhaft zu machen, ist noch mal eine ganz andere aufgabe.“ Diese Sätze kennen wir. Deshalb haben wir Hilfestellungen entwickelt, die zum Gelingen eines Theaterbesuchs beitragen. Unsere beiden Mitarbeiter Sabine Lehmann und Dirk Diekmann stehen Ihnen für ihre Fragen und unsere Empfehlungen zur Verfügung.

Nicht alle Stücke sind für alle Altersgruppen und Schultypen gleichermaßen geeignet, Unterforderung ist genauso schlimm wie Überforderung. Welches Stück setzt gute deutsche Sprachkenntnisse voraus, welche Vorstellung knüpft an welche Erfahrungshorizonte an, mit welchen Gegenentwürfen wird der Zuschauer konfrontiert, welche offenen Fragen von Gerechtigkeit und Vielfalt der Lebensentwürfe, der Erinnerung und des Muts werden gestellt. Sabine Lehmann und Dirk Diekmann beantworten gerne Ihre Fragen, geben Erfahrungen und Empfehlungen zu spezifischen Vorstellungen an Sie weiter und raten im Zweifelsfall auch mal von einem Stück ab. Sie sind telefonisch zu erreichen unter 089/233 371-71 oder unter theater@ schauburg.net. Auf unserer Homepage sind ihre Aktivitäten unter „Lehrerservice“ aufgeführt.


Einführungen

D e r rU F D e r W i L D n i S Lucca Züchner, thorsten Krohn

Ein wichtiger Schwerpunkt sind Einführungen, die die beiden zu den Stücken anbieten. Die Teilnahme wird allen Theater-Anfängern dringend empfohlen, weil darin die Spielregeln der Inszenierung erläutert werden. Manchen mag das verwundern, denn Zuschauen kann vermeintlich jeder. Wenn man eine Analogie zum Fußball bemüht, wird schnell klar, was wir meinen. Wer die Spielregeln beim Fußball nicht kennt, sieht nur 20 Männer in zweierlei Kostümen rennen. Torwart und Schiedsrichter sind zu identifizieren. Aber Spannung, Mitfiebern und Beurteilung der Qualität entstehen nur, wenn man die Spielregeln kennt. So ist das auch im Theater. Diese zwanzigminütigen Zusatz-Veranstaltungen finden immer vor den Vorstellungen statt. Sie sind kostenlos, für Klassen müssen sie zusammen mit den Karten gebucht werden.


„Großartige Schauspieler, die starke inszenierung und das thema haben uns überzeugt, und wir können einen theaterbesuch nur allen empfehlen, auch wenn es nicht im üblichen Sinne ein ‚schöner theaterbesuch‘ war. aber durch die übertriebene, emotional packende Darstellung wurde uns der ernst des themas bewusst. Dieser ausflug war ein ganz besonderes Schulerlebnis.“ Dies schrieben Felicitas Strasser und Linus Plesnila im Jahresbericht des Elsa Brandström Gymnasiums nach dem Besuch der Vorstellung DAS VERSPRECHEN. Sie hatten vorab die Einführung besucht, die es ihnen ermöglichte, die Ausdrucksformen zu entschlüsseln und Theater als einen Lernort für Empathie zu begreifen. Diese Erfahrung möchten wir allen Zuschauern ermöglichen.

D a S V e r S Pr e C h e n nicholas reinke


2 0 .0 0 0 M e i L e n U n t e r D e n M e e r e n Lucca Z端chner, thorsten Krohn


Theater am Abend Die Zeit für Theaterbesuche wird immer knapper, weil das Unterrichtspensum immer vielfältiger, die Tage aber nicht länger werden. Oft können Klassen die Einführung nicht wahrnehmen, weil vor dem Theaterbesuch noch eine Ex geschrieben werden muss oder der Kollege auf seine Stunde nicht verzichten kann. Zuspätkommen ist an der Tagesordnung. Wenn andere Klassen pünktlichst das Theater verlassen müssen, um den Zug oder den Nachmittagsunterricht zu erwischen, dann stehen wir vor der unlösbaren Quadratur des Kreises: Warten auf die Zuspätkommer und Beenden der Vorstellung möglichst vor Ende der Vorstellung. Um dieser Hektik zu entkommen, empfehlen wir den Theaterbesuch mit der Klasse am Abend (Vorstellungsbeginn 18:30, damit das Aufstehen am nächsten Morgen kein Problem wird). Ein ganz besonderes Erlebnis ist es,

wenn man die Eltern dazu einlädt. Das hat den positiven Nebeneffekt, Eltern einmal außerhalb der Schule mit den festen Rollen zwischen Eltern und Lehrern zu begegnen. Und für die Schüler (bis ca. 13 Jahren) ist es ein bleibendes Erlebnis, mit den Eltern gemeinsam etwas zu unternehmen. Sabine Lehmann und Dirk Diekmann können die Erfahrungen mit diesem Format ausführlich schildern und bieten auf unserer Homepage verschiedene Hilfestellungen für die Vorbereitung eines solchen Theaterabends an.

Verstehen „Verstehen Kinder die Vorstellung?“ Diese Frage wird uns häufig gestellt, sowohl von Eltern als auch von Lehrern. „Uns hat die Vorstellung gut gefallen und den Kindern auch. aber verstehen sie es?“ Das sagen sie uns mit besorgtem Gesichtsausdruck. Wir antworten dann: „ich verstehe Sie nicht. Was meinen Sie mit ‚Verstehen‘?“ Antwort „Das Stück hat so viel text.“ Man kann mit Worten auf zwei Arten umgehen: Entweder, um Eindeutigkeit zu schaffen, Realität zu beschreiben. Oder man kann ein Wort gebrauchen, um einen Raum entstehen zu lassen, der Fragen aufwirft über Realität. (aus einem Vortrag des holländischen Autors und Schauspielers Roel Adam)


FAQ Altersangaben: Bei der Entwicklung jedes neuen Stückes haben wir unser Publikum im Blick. Auf das von uns festgelegte Mindestalter der Zuschauer sind Themenwahl und Art der Inszenierung zugeschnitten. Wir bitten Sie, diese Angaben auch bei Schnellentwicklern und Spätzündern, Geschwisterkindern und besten Freundinnen, Freigeistern und schlauen Füchsen unbedingt zu beachten und bedanken uns für Ihr Vertrauen in unsere Entscheidungen. Bistro SCHAUBURG Unser Wirt Manolis Manoussakis bietet in unserem Café vor und nach der Vorstellung mediterrane Köstlichkeiten an. Reservierungen unter 0157 – 84 77 07 26 oder www.schauburg-bistro.com

Einführungen: Vor manchen Vorstellungen bieten wir ein Vorbereitungsgespräch mit unseren Dramaturgen auf unserer Studiobühne an. In unserem Spielplan sind diese Termine mit  gekennzeichnet. Kassenöffnungszeiten: Di – Fr 14:00 – 18:00 Uhr Sa 12:00 – 18:00 Uhr Tages- und Abendkasse eine Stunde vor Vorstellungsbeginn Newsletter: Abonnieren Sie den SCHAUBURG Newsletter und verfolgen Sie den Orbiter Blog unter www.schauburg.net. Kommentieren Sie und mischen Sie mit auf unserer Facebook-Seite. Preise vor& nachmittags/abends Zuschauer bis 18 Jahre 5,– Studenten 7,– Ab 18 Jahre 7,–/12,–

Familienkarte 1 Erw+1 Kind bis 14 Jahre 15,– 2 Erw+1 Kind bis 14 Jahre 25,– jedes weitere Kind 3,– Für Vorstellungen auf der Studiobühne und Gastspiele gelten gesonderte Preise. Mit den Eintrittskarten können Sie den MVV kostenlos nutzen. Rollstuhlfahrer: Wir bitten, bei der Kartenreservierung Rollstühle anzukündigen. Telefonischer Vorverkauf Mo – Fr. 9:30 – 18:00 Uhr Sa 12:00 – 18:00 Uhr Freier Verkauf 089 / 233 371-55 Schulbuchungen 089 / 233 371-71 e-mail theater@schauburg .net ww.schauburg.net Verkehrsanbindung U3/U6 Giselastraße U2 Josephsplatz Tram 27/28


S a L Z hedwig Rost, Jörg Baesecke

h ü h N E Rg LüC K Meisi von der Sonnau, panos pagageorgiou

© 2015 SCHAUBURG – Theater am Elisabethplatz Das Kinder- und Jugendtheater der Stadt München Intendant George Podt Franz-Joseph-Straße 47 – 80801 München Freier Verkauf 089 / 233 371-55 Gruppenbuchungen 089 / 233 371-71 theater@schauburg.net www.schauburg.net Redaktion Dagmar Schmidt, Fotos Digipott, Grafik Günter Mattei


I N T I M aT E S T R a Ng E R Tim Bergmann, Saša Kekez, Miguel Fiol Duran


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