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Freigeistige RUNDSCHAU Bayern

herausgegeben vom Bund für Geistesfreiheit Bayern K.d.ö.R

Dr. Karsten Krampitz wurde als Historiker zum Staat-Kirche-Verhältnis in der DDR promoviert. Bei seinen Recherchen förderte er Erstaunliches zutage. Der bfg Kulmbach/Bayreuth hatte Dr. Krampitz am 17. Juli in der Gastwirtschaft Eule in Bayreuth zu Gast gehabt. Leider haben sich – vielleicht wegen der gleichzeitigen Hitzewelle - nur wenige eingefunden. Wir haben uns daher entschlossen, den dazugehörigen Artikel aus taz.die tageszeitung wiederzugeben, um über die damaligen Zustände zu informieren. Von Christenverfolgung ist bisweilen die Rede, wenn es um die Religionspolitik in der DDR geht. Dabei hat die Kirche großen gesellschaftlichen Einfluss im SED-Staat gehabt. Demnächst erscheint im Alibri-Verlag das Schwarzbuch von Dr. Krampitz: „Jedermann sei untertan. Deutscher Protestantismus.“ Der unvergessene Peter Ensikat fragte einst: „Hat es die DDR überhaupt gegeben?“ Gegenfrage: „Ja, welche denn?“ Für die einen war die SED-Diktatur der Unrechtsstaat schlechthin; ein Homunculus sovieticus oder wenigstens ein autoritärer Fürsorgestaat. Andere meinen sich an die „größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung“ zu erinnern, die für den Frieden stand und Arbeiterkindern soziale Aufstiegschancen bot. Hinter vorgehaltener Hand meinen aber selbst solche: „Gewiss, es war nicht alles gut.“ Die Deutungshoheit zur DDR-Geschichte verspricht einen Stellungsvorteil im Ringen um die kulturelle Hegemonie. Von daher geht es in der Debatte nie nur um die Vergangenheit. So auch in der seit einiger Zeit aufgeworfenen Frage nach der „Christen­ verfolgung in der DDR“. Von einer solchen spricht der Landes­ beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Freistaat Thüringen. Christian Dietrich, den der Landtag auf Vorschlag der CDU ins Amt gewählt hat, beklagte unlängst die zu geringe Beachtung des Themas durch die rot-rot-grüne Landesregierung. Der frühere evangelische Pfarrer wird nicht müde, im Lutherjahr diesen Begriff in den politischen Diskurs einzuführen. Auf seiner Internetseite schreibt Dietrich, dass die „Gottlosigkeit“ der kommunistischen Herrschaft bis heute kein Thema für die Nachfolgepartei der SED wäre. „Eine Partei, die Religions­ verfolgung zum Kern ihrer Identität gemacht hatte (Christen konnten nicht Mitglied der Partei sein) und mit dieser Tradition nicht offensiv bricht, ist eine Gefährdung für unsere Demokratie.“ Offenbar sind dem Beauftragten ein wenig die Nuancen abhanden gekommen. Ausgerechnet die Thüringer Kirche hatte immer ein gutes Verhältnis zur SED. Als die Arbeiter am 17. Juni 1953 gegen die SED protestierten, war es der evangelische Landesbischof von

Dr. Karsten Krampitz

Die evangelische Kirche und ihr Verhältnis zum SED-Staat

Foto:privat

Erscheinungsweise: vierteljährlich – Ausgabe 3. Vierteljahr 2018

www.bfg-bayern.de

Thüringen, Moritz Mitzenheim, der von einer „faschistischen Provokation“ sprach. Die Formel von der „Kirche im Sozialismus“ stammt von hier; Moritz Mitzenheim hatte 1968 erstmals davon geredet, als in der DDR eine neue Verfassung in Kraft trat, die die Rechte der Kirche nicht mehr festschrieb, was die vorherige noch getan hatte. Im selben Jahr als die Niederschlagung des Prager Frühlings erfolgte und Ulbricht in Leipzig die Universitätskirche sprengen ließ. Die SED verlieh dem Bischof den Vaterländischen Verdienstorden und den Orden Stern der Völkerfreundschaft. Erst 1970 ging Mitzenheim in den Ruhestand. Sein Nachfolger, der 1933 in die NSDAP und in die SA eingetretene Ingo Braecklein, dessen IM-Akten mehr als 3000 Seiten ergeben, erhielt von der Stasi schon mal als Dankeschön ein teures Teeservice aus Meißner Porzellan oder eine Brecht-Ausgabe. Braeckleins Nachfolger im Bischofsamt, Werner Leich, wurde später sogar zum Vorsitzenden des DDR-Kirchenbundes gewählt. Als solcher erklärte er 1986 gegenüber einem Journalisten der Hamburger „Zeit“: „Die Kirche ist als Gesprächspartner akzeptiert, und der Staat kann sich darauf verlassen, dass die Kirche nicht in die Opposition geht.“ Auf die Frage nach der Friedens­ bewegung sagte der damals ranghöchste DDR-Bischof: „Es gibt keine organisierten Friedensgruppen. Die jungen Menschen arbeiten mit in der Jungen Gemeinde.“ In keinem anderen Land des sowjetischen Machtgefüges – mit Ausnahme Polens – hat die Kirche einen solchen gesellschaftlichen Einfluss gehabt. Wolfgang Rüddenklau, Pastorensohn, Anarchist und zentrale Figur der Umweltbibliothek in der Ostberliner Zionskirchgemeinde, erinnerte sich vor einiger Zeit: „Es gab in den 1980er Jahren zunehmend Freiräume, die unter anderem daher kamen, dass die evangelische Kirche mit der SED einen Vertrag gemacht hat, der innerkirchliche Druckerlaubnis, Veranstaltungsfreiheit und dergleichen sicherte – sozusagen die einzige unabhängige Institution innerhalb dieses Staates und selbst für Ostblockverhältnisse eigentlich einmalig.“ Dass ausgerechnet Honecker für eine solche Übereinkunft mit der Kirche sorgte, wunderte schon damals: War doch unter seiner Federführung als FDJ-Chef in den Jahren 1952/53 der systematische Kampf gegen die evangelische Jugend- und Studentenarbeit geführt worden. 3000 christliche Schüler und 2000 Studenten


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waren relegiert worden, hatten ihren Schul- oder Studienplatz verloren. Etwa siebzig Theologen und Jugendleiter waren verhaftet worden. Zu Schauprozessen war es gekommen. Doch Anfang Juni 1953 waren Grotewohl und Ulbricht nach Moskau zitiert worden, wo sie zum Kurswechsel verpflichtet wurden, so dass die DDR-Regierung die meisten antikirchlichen Maßnahmen zurücknahm. Kirche sein in der DDR bedeute, „unsere Situation anzunehmen und dabei frei zu bleiben“, so der Magdeburger Bischof Werner Krusche im Jahr 1977. Krusche betonte, die evangelische Kirche in seinem Land sei keine verfolgte Kirche, nur eben eine Kirche, deren Handlungsspielraum eingeschränkt ist. Eben dieser Spielraum sei aber immer noch groß genug, „dass wir alle Mühe haben, ihn einigermaßen auszufüllen“. Diese Aussage war keiner tagespolitischen Haltung entsprungen. Es handelte sich um eine theologische Position, mit der sich Krusche über viele Jahre hinweg als führender Theologe in der DDR profiliert hatte. Krusche hat das Wort „Christenverfolgung“ nie benutzt. Auch in den Kirchengemeinden wurde davon nie geredet. Tatsächlich hat sich die SED an alle kirchenpolitischen Absprachen gehalten, hat nie versucht, die Kirche von unten aufzurollen wie ehedem die Nazis. Zudem hat die DDR bis zum Schluss Staatsleistungen an die Kirche gezahlt (1989: 18 Millionen DDRMark). Christen wurden benachteiligt, vor allem in ihren Bildungsund beruflichen Aufstiegschancen, aber sie wurden eben nicht verfolgt. Die jahrzehntelange Auseinandersetzung zwischen SED und Kirche war nicht nur machtpolitisch bedingt. Sie ergab sich zwangsläufig aus der Fixierung der SED auf die Religionsfrage. Auf diesem Gebiet verfolgte die Partei zwei unterschiedliche Politikstrategien: Kooperation und Konfrontation. Der SED-Staat betrieb eine Politik, die zum einen das Ziel hatte, die Kirche in der Gesellschaft zurückzudrängen und als politischen Risikofaktor unter Kontrolle zu bringen. Parallel dazu aber verfolgten Partei, Staatssicherheit, Räte der Bezirke etc. den Versuch einer Bündnispolitik wie bei den Blockparteien. Die Mitglieder der Kirche sollten gewonnen werden zur aktiven Mitarbeit in der sozialistischen Gesellschaft. Dieses Dilemma – Kampf gegen den Glauben bei gleichzeitiger Werbung um die Glaubenden – hat die Kirchenpolitik der SED gekennzeichnet. Die Partei proklamierte für sich selbst den absoluten Wahrheitsanspruch, der mit dem Anspruch der Religion, auf die letzten Fragen des Menschen Antwort geben zu können, konkurrierte. Bemerkenswert daran ist, dass die SED-Ideologie quasi selbst religiöse Züge trug. Versteht man unter Säkularisierung die Befreiung der Gesellschaft von der Religion, so hat es eine solche in der DDR quasi nicht gegeben.

Tatsächlich hat es hierzulande im 20. Jahrhundert eine Christen­ verfolgung gegeben – nur nicht in der DDR: Die evangelische Gemeinde, die sich im Ghetto Theresienstadt im Untergrund zusammengefunden hatte, umfasste zeitweilig bis zu 3000 Protestanten jüdischer Herkunft, die Rassegesetze der Nazis hatten sie zu „Nichtariern“ erklärt. „Wir waren Menschen, die aus ihrem Leben gerissen waren, in Hunger und Elend gestoßen“, schrieb der Gründer der Gemeinde, Arthur Goldstein, 1945 nach seiner Befreiung. „Wir waren Deutsche, wir hatten ein Vaterland gehabt. Aber unser Vaterland hatte uns ausgestoßen, uns fried- und rechtlos, ,vogelfrei‘ gemacht. Das Vaterland war zum Feinde, zur ,Ferne‘ geworden.“ Die Gruppe derer, die selbst oder deren Vorfahren vom Judentum zum Christentum konvertiert waren, die als Ehepartner mit Menschen jüdischer Herkunft verbunden waren, belief sich in Deutschland im Jahr 1933 auf rund 400.000 Personen. Die gesellschaftliche Ächtung dieser Menschen ging mit einer heute schwer fassbaren sozialen Verelendung einher. Wie viele „nichtarische“ Christen in den Vernichtungslagern umgekommen sind, kann heute nicht gesagt werden. Fest steht, dass diese Menschen für die Nazis gar nicht ermittelbar gewesen wären, ohne die Hilfe der Kirchen, die den Nazis allerorten Einblick in die Kirchenbücher gewährten. Die richtige „Rasse“ galt mehr als das Taufsakrament. Der Historiker Manfred Gailus spricht in diesem Kontext von einer „Christenverfolgung in der Kirche“. (aus taz.die tageszeitung vom 3.5.2017)

#ausgehetzt Viele Menschen – die Presse spricht von 600 bis 700 Teilnehmern – trafen sich am 16. Juli in Regensburg, um „gemeinsam gegen die Politik der Angst“ zu demonstrieren. Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Regensburg beteiligte sich mit Armin Schmid an der Spitze an der Organisation und den Kosten. Die Demonstranten zogen vom Dachauplatz zum Arnulfsplatz und weiter durch die Keplerstraße, über die Steinerne Brücke nach Stadtamhof. Themen waren das Polizeiaufgabengesetz, der sichtbare Rechtsruck in der Bevölkerung und die Kriminalisierung derjenigen, die Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot retten wollen. „Wir machen uns nicht zu Mittätern“, ist der Grundsatz, dem sich auch die Redner verpflichteten. Anna Hopfe von der Grünen Jugend Regensburg sieht im derzeitigen Rechtsruck einen Angriff auf unsere Werte Humanismus, Demokratie und Solidarität. Sie trauere um jeden Menschen, der Gewalt, Flucht und Ausgrenzung ertragen müsse, und nimmt jede Aussage rassistischer und menschenfeindlicher Hetzer persönlich. Sie lasse sich ihre Zukunft nicht von rechten Hetzern verbauen und stelle sich menschenverachtenden und rassistischen Gedanken entschieden entgegen.


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zu suchen und zu genießen.“ Das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern verstoße gegen Artikel 12: „Niemand darf willkürliche Eingriffe in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“ Demonstrationszug in Regensburg

Lena Ghio verglich die Situation mit einer Szene aus Schillers „Wilhelm Tell“, wo Tell einen vor Milizen Fliehenden trotz drohenden Unwetters aus reiner Menschlichkeit mit einem Kahn ans gegenüberliegende Ufer des Vierwaldstättersees bringt. Heute werden ehrenamtliche Helfer, die schiffbrüchige Menschen an ein sicheres Ufer bringen wollen, kriminalisiert und Schiffe festgesetzt. Es sei faktisch ein Völkermord: alleine im ersten Halbjahr 2018 seien über 1400 Tote ans europäische Ufer geschwemmt worden. Prof. Georg Scharfenberg von der OTH Regensburg berichtete, wie die europaweite Stimmung zur Seenotrettung in letzter Zeit umgeschlagen sei. Europa nehme das Sterben hin, versuche Bilder und Informationen zu unterdrücken. Bei der Rettung zwölf in einer Höhle in Thailand eingeschlossener Kinder sah die Welt voll Anteilnahme zu. Dass seit dem Jahr 2000 70.000 Menschen (ohne die Dunkelziffer) ihr Leben bei der Flucht über das Mittelmeer verloren haben oder dass das Rettungsschiff „Seefuchs“ 2017 950 Menschen vor der libyschen Küste aus Seenot retten konnte - diese Fakten würden von der europäischen Politik unterdrückt, diese Bilder sollten aus den Köpfen und Herzen der Menschen verbannt werden. Doch Europa trage nicht nur aus der Geschichte heraus die Mitverantwortung für die Fluchtursachen. Lisa Kienle prangerte das Vorgehen „ehemaliger Volksparteien“ an, die sich unverfroren völkische Parolen aufs Programm schrieben und mit paranoider Eifrigkeit die Grenzen bewachten, um dem Wähler das Gefühl zu geben, wir stünden kurz vor der Invasion, und der Rest der Welt sei nur darauf aus, den Europäern das Essen vom Mund wegzustehlen. Dies sei eine Sprache der Angst und des Hasses. Weiter führte sie aus, dass Innenminister Horst Seehofer gegen die Artikel 9, 13 und 14 der Menschenrechtserklärung verstoße, die da lauten: „Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen Werden.“ ... „Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.“ ... „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl

Foto:Herbert Baumgärtner

Die Demonstration schloss mit einer Schweigeminute für die Ertrunkenen im Mittelmeer. Sie ist zugleich eine Mobilisierung für die mit über 50.000 Teilnehmern überaus eindrucksvolle Großdemonstration am 22. Juli in München. (Bericht von Waltraud Gebert und Armin Schmid.)

Nur keine Angst Auch Atheisten haben mit Ängsten zu tun. Sie flüchten sich dazu nicht etwa in Gebete, sondern versuchen selbst damit fertig zu werden. Hierzu einige Beispiele vom Verfasser. Er war acht Jahre lang Zögling einer Klosterschule in Bamberg gewesen und hatte ebenso lange Angst vor Repressalien gehabt, vor Höllenstrafen und Fegefeuer, mit dem wiederholt gedroht wurde. Auf diese Weise machte sich die Kirche die Kinder gefügig. Als er volljährig wurde, hat er Kreuz, Bibel, Gebetbuch und Katechismus zum Müll gegeben. Nur keine Angst. Der Verfasser war in jüngeren Jahren viel als sogenannter Globetrotter unterwegs gewesen, vor allem in Mittel- und Südamerika. In Mexiko fahren die Fernreisebusse zumeist nachts wegen den freien Straßen. Auf Baja California wollte er einmal von Tijuana nach San Ignacio reisen, um sich die Felsmalereien in der Umgebung anzuschauen. Abfahrt abends, Ankunft mitten in der Nacht auf einer einsamen Landstraße. Man hieß ihn auszusteigen mit der Bemerkung, dass er am Ziel sei. Der Bus fährt weiter nach La Paz. Nun stand er allein auf der Landstraße. Kein Mond und keine Sterne am Himmel. Kein Auto unterwegs. Keine Straßen­ beleuchtung und keine Behausung mit Licht. Kein Mensch. Allein in stockfinsterer Nacht. Der Verfasser überlegte kurz und ging dorthin, wo San Ignacio liegen müsste. Plötzlich kam er im Dunkeln an eine Abzweigung mit Straßenschild. Er lag richtig. Allerdings sind es noch ein paar Kilometer bis zum Ziel. Plötzlich ein Licht. Ein Landwirt will mit seinem Traktor nach Hause fahren. Er hielt an, fragte den Verfasser, wohin er wolle, und brachte ihn ans Ziel. Nur keine Angst.


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Unterwegs in der Millionenstadt Lima in Peru. Plötzlich hielt ein Volkswagen vor dem Verfasser. Zwei Männer steigen aus, weisen sich als Polizisten aus und forderten ihn zum Mitkommen auf. Im Auto war ein dritter Mann. Er behauptet, dass das in seiner Tasche entdeckte Rauschgift von ihm, dem Verfasser, sei. Darauf musste er alle seine Papiere herausrücken, auch den Geldbeutel. Sie deponierten alles in einen Plastikbeutel. Darauf wurde der Vordersitz nach hinten verschoben, so dass der Verfasser, der auf der Rückbank saß, keinerlei Fluchtmöglichkeit hatte. In diesem Augenblick fiel es ihm siedend heiß ein, dass er gerade entführt wird. Sie fuhren mit ihm in eine einsame Gegend. Plötzlich forderten sie ihn zum Aussteigen auf, händigten ihm den Plastikbeutel aus und fuhren davon. Als er den Inhalt kontrollierte, waren alle seine Papiere wieder da, nur sein Geld fehlte. Nur keine Angst. Nachts mitten in Guatemala-Stadt. Der Verfasser war auf der Suche nach einer Unterkunft. Plötzlich hielt ihm ein Polizist eine großkalibrige Pistole an die Schläfe und forderte ihn zum Verschwinden auf mit der Bemerkung, die Straßen wären gefährlich. Auf den ersten Schreck machte er ihn auf eine fensterlose Unterkunft aufmerksam, wo er übernachten konnte. Nur keine Angst. Beispiel Flores, ein Dorf mitten im Dschungel von Guatemala. Der Verfasser wollte zu den Maya-Ruinen von Tikal. Er musste in einer Spelunke übernachten, weil ihm eine andere Unterkunft zu teuer war. Die Tür muss mit Riegel und Vorhängeschloß abgesperrt werden. Eines Abends war er unterwegs zum Abendessen gewesen. Heimwärts fiel plötzlich die spärliche Straßen­ beleuchtung aus. Es blieb ihm nichts anders übrig, als im Dunkeln zu seiner Kammer in der Spelunke zurückzutasten. Dabei waren damals noch Guerillas unterwegs gewesen. Nur keine Angst. Wieder Flores. Wegen der Tropenhitze waren alle Türen in der Spelunke geöffnet gewesen, auch die zum Dschungel. Plötzlich kam eine handtellergroße Vogelspinne herein. Die Gäste schreien auf und heben ihre Beine hoch, auch die anwesenden Soldaten. Keiner tut etwas. Der Verfasser stand auf und scheuchte die Vogelspinne in den Urwald zurück. Nur keine Angst. Bei den Ruinen von Yaxchilan am Rio Usumacinta mitten in der Selva Lacandona. Auf dem Rückweg kam der Verfasser zusammen mit seinem Begleiter, einem Indio, in die Nacht. Weit und breit keine Hütte, nur Urwald. Der Indio wickelte sich in eine Decke ein, und der Verfasser tat es ihm gleich. Auf diese Weise überstanden beide die Nacht auf dem Urwaldboden nahe der Piste. Nur keine Angst. Der Verfasser saß auf einer Bank in Ambato bei Quito in Ecuador. Plötzlich kam ein Uniformierter daher und forderte ihn auf, ihm

seine Papiere zu zeigen. Sie wurden darauf beschlagnahmt. Dabei ist sich der Verfasser keiner Verfehlung bewusst. Ein junger Mann beobachtete den Vorfall, kam auf ihn zu und hat ihm alles wieder zurückgeben lassen mit der Bemerkung, dass es sich um keine amtliche Person handelt, sondern nur um eine Aufsicht. Wie würde der Verfasser in einem fremden Land ohne seine Papiere dastehen? Nur keine Angst. Der Verfasser wollte zur Ruinenstadt Gran Pajaten am Osthang der Anden von Peru. Dazu musste er sich auf Weisung der Behörden einer Expedition von Archäologen anschließen. Sie alle wollen den Weg mit dem Pferd zurücklegen, und dazu musste der Verfasser reiten können. Tags zuvor eine kurze Einweisung, und anderntags ging es auf schmalen Pfaden bergauf. Links geht es in die Tiefe, die mit Kakteen und Dornengestrüpp bewachsen ist, und rechts ragt eine Felswand in die Höhe. Nicht auszudenken, wenn das Pferd mit einem unsicheren Reiter stolpern würde. Bei etwa 3000 Höhen­ metern wurde das erste und sichere Ziel erreicht, wo das Nacht­ lager aufgeschlagen werden konnte. Nur keine Angst. Was also ist Angst? Der Philosoph M. Heidegger interpretiert Angst als Grundbefindlichkeit menschlicher Existenz. In der Angst erschließe sich, dass der Mensch in die Welt geworfen ist, ohne dass er gefragt wurde. Angst kann sowohl einen Menschen fertigmachen als auch zu einer erhöhten Wachsamkeit führen und damit schützen. Jeder muss selbst damit fertig zu werden versuchen, wie die Beispiele zeigen. Daneben gibt es noch andere Formen der Angst, aber es würde nur den Rahmen sprengen, näher darauf einzugehen. (Heinz J.G. Gremer)

Termine 2018 des bfg Bayern Telefonkonferenz regelmäßig am 1. Donnerstag im Monat. 6. Oktober: 12 bis 18 Uhr Infostand des bfg Regensburg am Neupfarrplatz bei der Demo „bayernbleibtbunt“. Näheres: www.bfg-regensburg.de 24. Oktober: Verleihung „Freier Geist Regensburg 2018“ in Regensburg. 8. November: bfg Regensburg feiert 100 Jahre Demokratie in Bayern. 10. Dezember: Tag der Menschenrechte. Weitere Termine unter: www.bfg-bayern.de

Unsere restlichen Rundfunksendungen 2018 Freigeistige Betrachtungen des bfg Bayern jeweils von 6.30 bis 6.45 Uhr oder 6.45 bis 7.00 Uhr im Programm Bayern 2, UKW, unter „Positionen“: 9. September, 21. Oktober, 2. Dezember.

V.i.S.d.P.: Heinz J.G. Gremer, Kadalöhleinsweg 25, 95326 Kulmbach

Manuskripte bitte per E-Mail an: heinz.gremer @t-online.de Annahmeschluss zum Ende eines Vierteljahres.


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