REESEN 9 - Frühjahr 2023 - DE

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LUX E M B U R G S R E I S E MAGAZ I N

Frankreich Luxemburg

Düsseldorf

Sölden

Fleesensee

Wien

Barcelona

Lissabon

Mallorca

Te l A v i v

San Francisco

Côte d’Ivoire

DEUTSCHE AUSGABE


Entdecken Sie unsere schönsten 5-Sterne-Hotels und genießen Sie erstklassigen Service während Ihres gesamten Aufenthalts. Informationen in Ihrem Reisebüro, in Ihrem Luxair Travel Store oder auf luxairtours.lu


Manchmal muss man innehalten, ja sogar einen Schritt zurückgehen, um die Richtung zu bestimmen und wieder voranzukommen. Genau das haben wir mit REESEN gemacht. Sie erinnern sich sicher, dass REESEN anfangs zweisprachig war, deutsch und französisch, Seite an Seite in einem Heft. Nach der Corona-Durststrecke fanden wir Ende 2021, dass es an der Zeit sei, REESEN aufzufrischen. Wir verpassten unserem Magazin einen neuen Look, gaben ihm ein handliches Format mit hochwertigem Papier, großen Bildern zum Träumen und Texten, die inspirieren. Ein Heft, gefüllt mit Artikeln, die Geschichten erzählen, aus der ganz persönlichen Sicht unserer Reisejournalisten. Das alles zuerst einmal nur auf Deutsch. Unsere Leser fanden das offensichtlich gut, denn die Abonnenten blieben uns treu. Nun also starten wir die zweite Stufe des REESEN-Relookings und bringen die aktuelle Ausgabe auf Deutsch und – in einem separaten Heft – auf Französisch heraus. Denn das ist Luxemburg: multikulturell und vielsprachig. Will man alle erreichen, sollte man mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Sprachen anbieten (so wie wir es mit unserem KACHENMagazin bereits seit Jahren tun). Reisen ist eine der größten Freuden des Lebens. Es bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen, neue Orte zu entdecken und andere Kulturen kennenzulernen. Egal, ob es sich um einen kurzen Wochenendausflug oder eine monatelange Rucksacktour handelt, Reisen hat die Kraft, unsere Perspektiven zu erweitern, unsere Annahmen zu hinterfragen und

unser Leben auf unzählige Arten zu bereichern. Willkommen also zur neuen Ausgabe Ihres Premium-Reisemagazins, in dem wir Ihnen das Beste aus der Welt des Reisens präsentieren. Wir wissen, dass es beim Reisen nicht nur darum geht, ein Ziel zu erreichen, sondern auch um die Erfahrungen, die man auf dem Weg dorthin sammelt, und die Erinnerungen, die man wieder mit nach Hause nimmt. Und wir möchten Ihnen diese Erfahrungen auf eine Weise vermitteln, die sowohl erstrebenswert als auch erreichbar ist. In dieser Ausgabe haben wir eine Reihe von Artikeln zusammengestellt, die Sie auf eine Reise zu einigen der atemberaubendsten Reiseziele der Welt mitnehmen. Von den schneebedeckten Gipfeln der Schweizer Alpen bis zu den sonnenverwöhnten Stränden des Südpazifiks haben wir für jeden etwas dabei. Unser Team erfahrener Reiseschriftsteller hat die Welt durchforstet, um Ihnen die neuesten Reisetrends und Insider-Tipps zu präsentieren, die Ihnen bei der Planung Ihres nächsten Abenteuers helfen. Machen Sie es sich also mit unserem Heft auf dem Sofa bequem, entspannen Sie sich und lassen Sie sich von uns auf imaginäre Reisen mitnehmen, die Sie hoffentlich dazu anregen werden, selber die Welt zu erkunden und Erinnerungen zu schaffen, die ein Leben lang halten, ganz gleich, ob Sie ein erfahrener Reisender sind oder gerade erst anfangen. Wir freuen uns darauf, Ihnen auch in Zukunft spannende und inspirierende Inhalte bieten zu können. Viel Spaß beim Reisen!

E D I TO R IAL

Der Weg ist das Ziel!

Bibi Wintersdorf Chefredakteurin & Herausgeberin

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LU X E M B U R G DÜSSELDORF SÖLDEN FLEESENSEE WIEN B A R C E LO N A LISSABON FRANKREICH T R A U M H OT E L M A L LO R C A T E L AV I V SAN FRANCISCO C ÔT E D ’ I VO I R E


LUX E M B U R G

Route 3 Wiltz → Wemperhardt 43,2 km

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LUX E M B U R G

Zum höchsten Punkt des Landes Text & Fotos Ed Goedert

Viele Leser meines Buches „Route(s)“ sind besonders begeistert von der Tour Nr. 3, hauptsächlich, weil das wirklich Neuland ist. Selten kennt man als Autofahrer die kleinen Straßen, die immer dicht an der belgischen Grenze entlangführen. Man kommt durch kleine Ortschaften wie Basbellain, „Kierchen“ auf Luxemburgisch, und Hautbellain, „Beesslek“. Diese Entdeckungsstrecke wird Sie begeistern und Sie können behaupten, dass Sie Luxemburg von ganz oben gesehen haben – gute Fahrt!

Tour N° 3 beginnt vor dem Streikdenkmal in Wiltz, einem der Monumente der hübschen Ardennenstadt. Der „Leuchtturm“, ein Werk des renommierten Bildhauers Lucien Wercollier, wurde am 30. September 1956 eingeweiht. Das Denkmal erinnert an den Streik, durch den die Luxemburger 1942 gegen die Zwangsrekrutierung der Jahrgänge 1920 bis 1924 in die Wehrmacht protestierten. Dieser Streik nahm am 31. August 1942 um 7 Uhr morgens in Wiltz seinen Anfang. 21 Arbeiter, Studenten und Lehrer wurden damals hingerichtet. Wir lassen diese grausame Zeit hinter uns und kommen nach Winseler.

Zwei Kilometer nach dem Ortsende führt uns eine kleine Straße nach Grümmelscheid. Hier überqueren wir die frühere Bahnstrecke Wiltz-Bastogne, über die heute ein vielbefahrener Fahrradweg führt. Ich sage mir oft, wie schade es ist, dass diese Bahnstrecke, die von 1888 bis 1967 in Betrieb war, stillgelegt wurde. Als 11-Jähriger bin ich von Ettelbrück bis Petingen über die Attertlinie gefahren, was anderthalb Stunden dauerte. Auch vermisse ich die Sauerlinie, die von Ettelbrück über Echternach bis nach Wasserbillig führte – touristische Romantik pur, die aber der Einführung der Busverbindungen zum Opfer fiel.

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Unser Weg führt uns weiter über Schleif und Niederwampach nach Oberwampach. Hier biegen wir vor der Wemperbaach links ab und fahren nach Allerborn. Diese Teilstrecke besticht durch ihre landschaftliche Vielfalt: zuerst schlängelt sich die Straße durch hügelige Felder, dann durch ein kleines Waldstück, ehe wir Allerborn erreichen. Immer an der belgischen Grenze entlang fahren wir nordwärts nach Troine-Route und dann nach Hinterhassel, ein kleiner Ort, den ich erst bei meinen Erkundungstouren für mein Buch entdeckt habe. Auf dem geteerten Feldweg, kurz vor Hinterhassel, meldet mein GPS: Willkommen in Belgien. 100 m weiter: Willkommen in Luxemburg. Kleiner Grenzverkehr auf engstem Raum! Kurze Zeit später erreichen wir Hoffelt. Für mich als großen Liebhaber von Kanälen gibt es hier ein besonderes Highlight. 1829 wurde an dieser Stelle mit dem Bau eines Tunnels für einen Kanal begonnen, der Maas und Mosel verbinden sollte. Hoffelt war der Scheitelpunkt des Kanals, der über die Wiltz und die Sauer bis nach Wasserbillig führen sollte. Der Tunnel war schon auf einer Länge von 1.130 m fertiggestellt, als 1830 politische Unruhen in Belgien

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LUX E M B U R G ausbrachen. 1831 wurde das Kanalprojekt gestoppt und nie wieder aufgegriffen. Liebhaber von Wasserstraßen sollten eine „Gedenkminute“ in der Straße „Om Kanal“ einlegen und sich zu Fuß die Informationstafeln ansehen, welche die Geschichte dieser einmaligen Baustelle erläutern. Schluss mit nostalgischen Träumereien! Weiter geht es nach Hachiville, wo ein Besuch der schönen Kapelle der „Helzinger Klaus“ aus dem 15. Jahrhundert ein Must ist. Ein wenig später führt uns eine kleine Straße – a single track road – wie ich sie gerne nenne – nach Biwisch, ein schönes kleines Bauerndorf, das auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken kann. An der Kapelle St. Agatha drehen wir nach links in Richtung Basbellain. Wir überqueren die Zugstrecke Troisvierges–Gouvy. Mein Freund Arsène, ein ehemaliger Lokführer, erzählte mir, dass er mit seiner Lok und 30 Waggons Koks quasi im Leerlauf von Hautbellain bis Dommeldange fuhr, da die Strecke auf ihrer ganzen Länge leicht bergab führt. In Ulflingen wurde leicht abgebremst, damit die neue Mannschaft während der Fahrt ausgewechselt

werden konnte. In Ettelbrück wurde dann wieder leicht beschleunigt, und ab Dommeldingerberg „drückte“ eine weitere Lok den Zug bis zu dem höher gelegenen Bahnhof der Hauptstadt. Nun kommen wir nach Basbellain, auch Kirchen genannt. Der Name Kirchen erklärt sich durch die Tatsache, dass der Ort die Mutterpfarrei für 14 Ortschaften war. An der Stelle, wo heute die neogotische Kirche steht, haben archäologische Funde nachgewiesen, dass dort schon vor 1.000 Jahren eine Kirche stand. Langsam nähern wir uns dem höchsten Punkt unseres Landes – jedenfalls lernten wir es so vor Jahren in einem Schulfach mit dem altmodisch klingenden Namen „Heimatkunde“ – dem Burgplatz bei Huldingen, 559 m über dem Meer gelegen. Spätere Messungen haben jedoch ergeben, dass der Ort „Kneiff“, der ein paar hundert Meter entfernt ist, mit 560,08 m der höchste „Gipfel“ Luxemburgs ist. Auf Wemperhardt beim Shopping-Center Massen erwartet uns eine weitere Überraschung: die größte Steyr-Traktoren-Kollektion der Welt. Nicht nur für Liebhaber eine Reise wert.

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D Ü S S E L D O R F

In Zusammenarbeit mit

Mit dem Direktzug der CFL sind es nur bequeme 4 Stunden zwischen Luxemburg und Düsseldorf.

OBEN

Düsseldorf am Ufer des Rhein aus der Höhe betrachtet.

UNTEN

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Text Stéphanie Krischel

D Ü S S E L D O R F

Auf Schienen zum Rhein Fotos Anne Lommel

Mit welchen drei Schlagwörtern würden Sie Ihren letzten Städtetrip beschreiben? In unserem Fall wären es: stressfrei – Little Tokyo – überraschend. Das Reiseziel war Düsseldorf. Die Reisezeit war Winter und das Reisemobil war der Direktzug der CFL – Düsseldorf.

Eine vierstündige Zugreise entfernt liegt die uns bis dato unbekannte Rheinmetropole. Eigentlich müsste Düsseldorf „Rheinstadt“ heißen, denn der Rhein dominiert den kleinen Nebenfluss namens „Düssel“, der sich seinerseits sehr diskret durch die Stadt schlängelt. Ein Dorf ist es definitiv auch nicht. Tagträumen am Fenster Ohne Vorkenntnisse, ohne Auto, dafür mit Teekanne und einem frischen Croissant im Gepäck beginnen Anne und ich unsere Reise am Bahnhof Luxemburg. Anne mit Fotoapparat, ich mit Kugelschreiber und Notizblock. Die Uhrzeit, kurz nach 6 Uhr morgens, lässt ein stressfreies Wegnicken bei voller Fahrt erahnen. Kein Stau, keine Autokümmergedanken und kein Parkstress in Aussicht. Wir plaudern. Noch ist es dunkel. Die

erste Aufregung hat sich gelegt. Wäre ich dem Ruf des Sandmanns nicht gefolgt, hätte sich mein Buch über etwas Zuwendung freuen können. Oder mein Laptop. Oder aber – was ich eigentlich bei vollem Bewusstsein auch liebend gerne mache – ich hätte aus dem Zug die vorbeifliegende Landschaft betrachtet und in den Tag geträumt. Wir sind beide beeindruckt vom Fensterpanorama: steile Weinberge, der Rhein, Burgen und alte Fachwerkhäuser. Anschließend quer durch Bonn und Köln bis zur Endstation. Mit dieser direkten Verbindung und der Ankunft kurz nach 10 Uhr morgens liegt der Tag noch vor uns. Little Tokyo in Düsseldorf Vorbei an mit japanischen Schriftzeichen versehenen Schaufenstern von Bücherläden und

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Lebensmittelgeschäften, an Wäschereien und etlichen japanischen Restaurants spazieren wir zum Hotel im Stadtteil „Little Tokyo“. Mehr als 8.400 Japaner leben in diesem Viertel rund um die Immermann- und Klosterstraße. Deutschlands größte japanische Community ist hier zu Hause. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog die Schwerindustrie im Ruhrgebiet immer mehr Firmen aus Fernost an die Stadt am Rhein. Inzwischen haben sich rund 600 japanische Unternehmen in und um Düsseldorf angesiedelt. Wenn Sie der fernöstlichen Kultur zugeneigt sind, dann besuchen Sie den japanischen Garten im Nordpark. Wir haben es bei unserem 2,5-tägigen Erstbesuch leider nicht geschafft. Wer hätte auch gedacht, dass Japan dem Rhein so nah ist? Glitzer, Käse und Backstein Nach dem Einchecken im Hotel geht es gleich weiter, diesmal per pedes Richtung Hofgarten, Altstadt und Rhein. Zwischen dem Hofgarten und dem Graf-AdolfPlatz, beidseitig vom Stadtgraben, befindet sich die Königsallee. Und wie der Name es schon verrät, widmet sich diese Einkaufsstraße den etwas königlicheren Geldbeuteln. Nichtsdestotrotz ist die „Kö“ eine sehr schöne, grüne Flaniermeile, vor allem abends, wenn es hinter den Vitrinen glitzert und funkelt. Nicht weit weg, in der südlichen Altstadt, im Stadtteil Carlstadt, lädt der überdachte Markt ein, sich die Einkaufstaschen mit Leckerem zu

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füllen. Am Carlsplatz herrscht buntes Treiben: über 60 Stände bieten unter anderem Käse, frischen Fisch, Exotisches, Regionales, ofenfrische Backwaren, ausgefallene Delikatessen, Süßes und Blumen an. Vor allem mittags tummeln sich die Leute hier, zum Einkaufen, zum Essen und zum Begegnen und Plaudern. Beim Flanieren durch die Gassen der Altstadt fühlt man sich ein wenig an Amsterdam erinnert. Der Grund sind die Backsteinfassaden mit ihren typischen Fensterumrahmungen. Durch Umwege und klassische touristische Verzögerungen ist der erste Tag in der uns unbekannten Stadt ausreichend gefüllt. Rundumblick mit Kulinarik Gerade weil uns im Dezember doch ein etwas kühler Wind um die Nase strich, war der Besuch des Rheinturms ein sehr willkommener Programmpunkt. Der 240,5 m hohe Turm steht direkt neben dem nordrhein-westfälischen Landtag. Für zehn Euro pro Person fährt man mit dem Lift zur Aussichtsplattform auf 168 m. Vier Meter in der Sekunde wird man in die Höhe befördert, das typische Druckgefühl in den Ohren inklusive. Oben laden der weite Blick zum Sattgucken – bei gutem Wetter kann man sogar den Kölner Dom sehen – und die Torten zum Sattessen ein. Wer’s herzhafter mag, begibt sich ins Restaurant auf 172,5 m. Dieses dreht sich in 72 Minuten einmal um seine eigene Achse!


D Ü S S E L D O R F Am Horizont: der 240,5 m hohe Rheinturm. Von seiner Aussichtsplattform aus kann man bei gutem Wetter sogar den Kölner Dom sehen.

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D Ü S S E L D O R F

Haben Sie schon einmal an einer Hauswand ein Riesenrätsel gelöst?

Von oben kann man auch den Medienhafen gleich neben dem Rheinturm erkennen. Früher war es ein echter Hafen, heute ist es ein „Must See“ für Architekturliebhaber, der Sitz vieler Unternehmen aus den Branchen Medien, Kommunikation, Mode, Architektur sowie Kunst und Kultur und ein Treffpunkt zum Ausgehen am Abend. Kunst „to go“ und „to stay“ Haben Sie schon einmal an einer Hauswand ein Riesenrätsel gesehen? In Flingern-Süd in und rund um die Kiefern- und Fichtenstraße tummeln sich die buntesten Ge-

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stalten und ausgefallensten Formen an den Hauswänden. Was heute Streetart ist, stammt aus einer früheren links-alternativen Hausbesetzerszene. Streetart mit Hintergrund, sehenswert! Wer, wie ich, eine Schwäche für Second-Hand-Mode und die etwas „anderen“ Geschäfte hat, der bleibt einfach gleich in Flingern. Die Acker-, Birken- oder Lindenstraße in Flingern-Nord beispielsweise beherbergen Läden wie „Lieblingsstücke“, „Elementarteilchen“ oder „Koko selected“ für Ausgewähltes aus zweiter Hand oder „Rikiki“ für den etwas anderen Bürobedarf.

Wie jede größere Stadt hat auch Düsseldorf jede Menge Museen anzubieten. Wäre uns ein Regentag untergekommen, hätte ich mich persönlich für das „Akki“ (Aktion & Kultur mit Kindern) entschieden. Das Kindermuseum verspricht interaktiv gestaltete Ausstellungen der anderen Art und das für die Altersklassen 5 bis 105! Wären es bei unserem Besuch saisonbedingt nicht so kalt gewesen, wäre eine Erkundung mit dem Drahtesel sicherlich eine Option gewesen, zumal die Fahrradmitnahme im Direktzug gegen einen kleinen Aufpreis problemlos


D Ü S S E L D O R F In Flingern-Süd gibt es unzählige Streetart Malereien zu bestaunen.

möglich ist. Am Rhein entlangzuradeln und die Stadt vom Fluss her zu erleben, hat sicherlich etwas Besonderes. Im Sommer laden die Terrassen, die Freitreppe und die grünen Wiesen am Ufer zum Verweilen ein. Auch abseits vom Wasser führen Fahrradwege quer durch die Stadt. In einer anderen Jahreszeit hätten wir wohl auch Glühwein gegen Bier getauscht und das wahrscheinlich in der Bolkerstraße, an der längsten Theke der Welt. „Iss, was gar ist, trink, was klar ist, sag, was wahr ist“ steht an einer der Fassaden der aneinandergereihten Ausgehlokale.

Pause auf Schiene Nachdem wir den Vormittag unseres Abreisetages noch gut nutzen konnten – zum Spaziergang, Einkaufen und natürlich zum Essen – machten wir uns gegen 13 Uhr auf zum Hauptbahnhof. Die bunten Schließfächer am Bahnhof waren uns bereits bei der Anreise aufgefallen. Wer seinen Koffer nicht den ganzen Tag mit sich rumschleppen möchte, kann ihn getrost für max. 24 Stunden hier unterstellen. Wir holen uns schnell noch einen Kaffee und ein, oder lieber zwei Quarkbällchen für unterwegs, und machen es uns im Zug gemütlich. In der 1. Klasse ist die Sitzplatz-

reservierung verpflichtend, in der 2. Klasse freiwillig. Mit der Direktverbindung kurz vor 14 Uhr landen wir noch vor 18 Uhr am Luxemburger Hauptbahnhof. Zeitlich optimal, um den Anschlusszug nach Mersch oder Ettelbrück zu bekommen, wo unsere Autos auf uns warten. Zu Hause kamen die Leckereien vom Carlsplatz ganz gut, um den Städtetrip genüsslich ausklingen zu lassen. Die Stadt hat uns beide überrascht und begeistert. Wir kommen sicher noch einmal wieder, gerne in einer wärmeren Jahreszeit, damit wir Düsseldorf nochmal anders kennenlernen.

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Er ist immer noch da Text Stefanie Bisping

Im Kino musste James Bond sterben. Doch am Gipfel des Gaislachkogls in Sölden genießt Geheimagent 007 ewiges Leben – im Permafrost.

Kalt und dunkel ist es im Berg. Die Besucher sitzen auf Betonbänken um eine Feuerschale, als Sam Mendes von einer Videowand zu ihnen spricht: über spektakuläre ActionSzenen, technische Spielereien und ikonische Filmschauplätze. Kein Zweifel: Er spricht von Bond. James Bond. Die im Gipfel des Gaislachkogls versenkte cineastische Installation „007 Elements“, auf die der Regisseur von „Skyfall“ und „Spectre“ die Besucher einstimmt, führt in furiosem Tempo durch sechzig Jahre im Dienst Ihrer Majestät. Spiegelwände, Bond-Musik und lebensgroße Filmszenen potenzieren die von Mendes aufgezählten Zutaten des Action-Cocktails ins Gigantische. Bilder von Bond-

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Girls und Bösewichten wechseln in schneller Sequenz. Auf einer Leinwand erscheint Naomie Harris alias Eve Moneypenny und spricht über die glamourösen Drehorte: japanische Vulkaninseln, weiße Bahamasstrände, exotische Städte – und die alpine Bergwelt. Im nächsten Raum erhebt sie sich unmittelbar vor den Panoramafenstern. Die rund um diesen Gipfel gedrehten Szenen von „Spectre“ bilden das natürliche Herzstück der Ausstellung. Das letzte Kapitel der Saga lässt sie ebenso natürlich aus: Anders als am Ende des letzten Craig-Films ist 007 hier springlebendig. Der Betonbau am Gipfel liegt in Sichtweite gleich mehrerer Drehorte zum Bond-Film „Spectre“


S Ö L D E N Eis und Glas bilden die winterliche Bond-Welt aus 007 Elements und dem verglasten Restaurant Ice Q. Das Ensemble begeistert Bond- und BergFans – aber auch Gourmets.

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© Rudi Wyhlidal

In zwölf Minuten schafft es die Gaislachkoglbahn von der auf 1.363 m gelegenen Talstation via Mittelstation bis auf 3.000 m.

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© Christoph Noesig

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Ein Bond ist nie genug: Filmsequenzen auf riesigen Leinwänden katapultieren den Besucher in die Welt von 007. © Kristopher Grunert

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Der Betonbau am Gipfel liegt in Sichtweite gleich mehrerer Drehorte zum Bond-Film „Spectre“.

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© Christoph Noesig


S Ö L D E N in 3.040 m Höhe in den Ötztaler Alpen. Als eine der wenigen autorisierten Bond-Ausstellungen der Welt – neben einer im Spy Museum in Washington D.C. sowie der Autosammlung „Bond in Motion“ im Londoner Filmmuseum – vermittelt sie authentisches Bond-Feeling. Dazu befindet sich der vom Innsbrucker Architekten Johann Obermoser eigens für Bond konzipierte Bau an einem Original-Schauplatz, ein weiteres Alleinstellungsmerkmal für „007 Elements“. Obermoser machte die GipfelLocation zum ästhetischen Leitmotiv: „Ich wollte das Panorama in den Vordergrund rücken und nach dem Eisbergprinzip vorgehen, also mehr im Gipfel versenken als herausschauen lassen“, erklärt er. Kontraste von Hell und Dunkel, Enge und Weite, die kaum merkliche Abwärtsbewegung von Raum zu Raum – neun Meter werden überwunden – und der überhängende, Schwindel erregende Ausblick entfalten eine starke optische Wirkung. Auf Heizung oder Klimaanlage verzichtete er, um die Erfahrung des extremen Bergklimas zu bewahren. So beeindruckt das Museum außer Bond- auch Berg-Fans. Ein Raum versammelt Originalstücke aus dem Arsenal Bonds und seiner Doppel-Null-Kollegen. Das „Golden Gun“, das Schurke

Francisco Scaramanga 1974 zückte, ruht in einer Vitrine. Auf einem Touchscreen lässt es sich virtuell auseinandernehmen, bevor die passende Filmszene erscheint. Die „Snooper Dog“, die Bond-Ausrüster Q 1985 in „A View to a Kill“ benutzte, ist ebenso ausgestellt wie die unzerstörbare Omega Laser-Uhr, mit der Pierce Brosnan sich 1995 in „Golden Eye“ seiner Gegner entledigte. Auch andere 007-Gadgets haben den Weg auf den Berg gefunden: Ein Scanner, auf den der Besucher seinen Arm legt, zeugt von der gründlichen Datenspeicherung im MI6-Hauptquartier: „Agent 002570“, so behauptet das auf einem Bildschirm aufleuchtende Ergebnis der vermeintlichen Durchleuchtung, hat vier eliminierte Schurken, fünfzehn Liebschaften und neun Millionen Pfund Sachschaden auf dem Konto. Ein Highlight ist das OriginalFlugzeug, in dem Bond in „Spectre“ durch einen Heuschober flog. Vor dem Hintergrund des Alpenpanoramas hängt es von Holzscheiten umgeben – ein eingefrorener Moment Filmgeschichte. „Mein Ziel war es, alle Facetten Bonds zu zeigen“, erklärt Neal Callow, Kreativ-Direktor aller BondFilme mit Daniel Craig und für den Inhalt der Ausstellung verantwortlich. Damit Szenen, Sound und

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Exponate ihre Wirkung entfalten können, wurden schon vor der Pandemie maximal 25 Personen im Acht-Minuten-Takt eingelassen. Aber auch die Lage garantiert, dass der Gipfel nicht zum Rummelplatz wird, denn die Installation in 3.040 m Höhe ist nur per Seilbahn erreichbar. Gleich nebenan liegt das Gourmet-Restaurant „Ice Q“ mit Rundblick von der Zugspitze über die Ötztaler Alpen bis zu den Dolomiten. 2015 verwandelte es sich für „Spectre“ in die Bergklinik von Dr. Madeleine Swann. Die kühle, klare Architektur seiner gläsernen Quader könnte weiter nicht entfernt sein von traditionellem Alpen-Design aus geschnitztem Holz und rotweiß karierten Tischdecken. Sie bildete einen passenden Rahmen für den Bond der Postmoderne, dessen Bond-Girl nicht mehr ganztags Bikini trägt wie einst Ursula Andress und Kim Basinger, sondern als meist bekleidete, promovierte Akademikerin auftritt. Zudem ist der 007 der Gegenwart nicht nur tough, sondern verwundbar – zuletzt sogar ultimativ, was Neal Callow als „Beweis für Bonds Reifeprozess und eine schlüssige Vollendung des Bond-Universums“ begrüßt. In Sölden jedoch genießt Bond das ewige Leben. Zu verdanken hat er es einer Frau. In ganz Euro-

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pa suchten Location-Scouts nach einem Schauplatz, der die Persönlichkeit der unterkühlten Dr. Madeleine Swann alias Léa Seydoux spiegeln würde. „Sie waren mehrmals in der Gegend, ohne dass man Genaues wusste“, erinnert sich Jakob „Jack“ Falkner, Chef und Miteigentümer der Söldener Bergbahnen. Dann saß eines Abends eine ganze Crew mitsamt Sam Mendes vor dem Hotel Central auf der Terrasse. „Da war mir klar, dass sie wirklich Interesse haben.“ Er wusste, dass er handeln musste. Denn: „Die Produzenten kommen nicht zum Alpenboy, der Alpenboy fliegt zu den Produzenten nach London.“ So geschah es. Im Gepäck hatte er gute Argumente: Zum einen die postmoderne Optik des ebenfalls von Obermoser erbauten Berg-Restaurants „Ice Q“, das Location Managerin Emma Pill überhaupt erst nach Sölden gelockt hatte. Zum anderen die Gaislachkoglbahn mit den ebenfalls von Obermoser entworfenen Stationen – in dieser Saison erst eröffnete die Mittelstation – und dem Anspruch, Wartezeiten zu einem historischen Phänomen zu machen. Und nicht zuletzt die Gewissheit, 500 Filmleute in der Hauptsaison unterbringen zu können. Sein Ziel war aber nicht nur, den Dreh ins Ötztal zu holen.


S Ö L D E N Blick zurück zu Bond: In „Spectre“ wird Dr. Madeleine Swann alias Léa Seydoux entführt Anfang einer furiosen Verfolgungsjagd. © Jonathan Olley

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Die Drehorte der alpinen Verfolgungsjagd befinden sich in Sichtweite von „007 Elements“. © Jasin Boland

„Ich habe gesagt, wir bieten perfekten Service, aber wir wollen auch etwas Dauerhaftes entwickeln.“ Falkner, seit langem der eigentliche Motor der Tourismusentwicklung im Ötztal, erkannte, was die Marke Bond bedeuten könnte: internationale Strahlkraft und die Chance, Wanderer, Wintersportler und Film-Fans aus der ganzen Welt nach Sölden zu locken – ganzjährig. Zunächst kamen Craig und ein paar Killer, die Q in der Gaislachkoglbahn auflauern. In einer rasanten Szene verfolgt Bond die auf der unterhalb der „007 Elements“ gelegenen Gletscherstraße fahrenden Schurken mit dem Flugzeug. Sie

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endet mit seinem Flug durch einen Heuschober im Dorf Obertilliach. Nach des Tages Mühen trafen sich Craig und Crew an der Bar des Hotels „Bergland“. Hotelchef Sigi Grüner erinnert sich gerne an diese Abende: „Es war immer sehr lustig.“ Daniel Craig sei höflich und sympathisch, man habe ihn behandelt wie jeden anderen – und kein Wort über die prominenten Gäste verlauten lassen. Denn auch Léa Seydoux, Ben Whishaw alias Q und Filmbösewicht Dave Bautista logierten hier. Zunächst hatte sich Craig für das Hotel entschieden, weil er von der Tiefgarage gleich in den Aufzug zu seiner Suite ge-

langte. Denn er fürchtete, belagert zu werden. „Aber der hintere Ötztaler interessiert sich nicht mehr für diesen als für jeden anderen Gast“, so Grüner. Bald mischte sich die Crew zwanglos mit den Gästen, die sich stets freuten, wenn sie mit Bond im Aufzug standen. Craig hatte mit seiner Frau Rachel Weisz die Gipfel-Suite mit drei Schlafzimmern und einem Wohnzimmer im vierten Stock gemietet, die heute als James-Bond-Suite buchbar und mit Erinnerungsstücken dekoriert ist. Ob Craig die freistehende Badewanne am Fuß des Betts in einem der Schlafzimmer nutzte, ist nicht überliefert.


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Breviarium

TSCHECHIEN

Wien DEUTSCHLAND

Salzburg

Innsbruck

ÖSTERREICH

Sölden UNGARN

ITALIEN

SLOWENIEN

48° N 16° O www.007elements.soelden.com

Unbedingt Mit den Gaislachkoglbahnen I und II zu „007 Elements“ schweben. Die Installation ist täglich von 9 bis 16.30 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt kostet 22 Euro, für Jugendliche von 15 bis 19 Jahren 17 Euro, für Kinder ab 8 Jahren 12 Euro. Für den Besuch sollte man 1,5 Stunden einplanen. Zwischen Winter- und Wandersaison von Ende April bis Anfang Juni und Anfang Oktober bis Mitte November geschlossen.

Bloß nicht Talwärts fahren, ohne sich im Ice Q mit einem Aperitif auf der Terrasse und Kostproben aus der ausgezeichneten Küche zu stärken. Und: Bonds unseliges Ende im Nachfolger von „Spectre“ erwähnen.

Geheimtipp Wer schon immer in Bonds Bett schlafen wollte, hat im stylischen Design-Hotel Bergland Gelegenheit dazu. Das Vier-Sterne-Plus-Haus verfügt nicht nur über die einst von Daniel Craig gemietete BondSuite mit Erinnerungsstücken, sondern auch über einen 1.700 m2 großen Wellnessbereich.

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© Serfaus-Fiss-Ladis Marketing GmbH, danielzangerl.com

Erlebnis-Reich im Herzen Tirols Familienfreundlich, vielseitig, atemberaubend: Unter dem Motto „Die phantastischen Winterwelten von Serfaus-Fiss-Ladis“ stehen die drei Tiroler Bergdörfer für abwechslungsreichen Winterurlaub auf Top-Niveau.

Mal ehrlich: Das Phantastische am Wintersport ist seine Vielseitigkeit! Actionhelden carven mit mega Schräglage perfekt präparierte Pisten hinunter. Powder-Fans wagen sich gerne ins Abseits. Eltern üben mit ihren Kindern die perfekten Schwünge im Schnee. Sonnenhungrige zelebrieren am liebsten den gepflegten Einkehr-Schwung von einer zur nächsten Terrasse auf den Hütten. Und so manches Skihaserl freut sich schon das

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ganze Jahr auf den Skikurs. Und auf den feschen Skilehrer … Also gar nicht so einfach, als Wintersportdestination alle Wünsche und Ansprüche unter einen Hut zu bringen! Aber glücklicherweise gibt es Serfaus-Fiss-Ladis. Die Ferienregion sonnt sich – nur eine Autostunde von der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck entfernt – auf einem schneesicheren Sonnenbalkon hoch über dem oberen Tiroler Inntal. Und lockt

Wintersportler (und die, die es werden wollen) mit dem wahrscheinlich vielseitigsten Freizeit-Angebot im gesamten Alpenraum. Und das ist einfach phantastisch! Wer jetzt ein Retorten-Skiresort vor Augen hat, kann getrost aufatmen. Denn Serfaus, Fiss und Ladis haben ihren ursprünglich-authentischen Bergdorf-Charakter behalten. Wer hier Winterurlaub macht, bekommt die geballte Ladung Tirol gratis zum Liftticket dazu.


Serfaus-Fiss-Ladis: lange Pisten, lange Après-Nächte – aber niemals Langeweile Genug Freiraum für mehrere Winterurlaube: In Serfaus-Fiss-Ladis erschließen 68 Anlagen 214 Kilometer bestens präparierter Pisten in allen Schwierigkeitsgraden, und das alles zwischen 1.200 und fast 3.000 Metern Seehöhe. Die (subjektiven) Top-3-Abfahrten in Kurzform: Die Frommesabfahrt gehört mit ihren rund zehn Kilometern zu

den längsten Pisten Österreichs. Steil ist geil: Die Pezid-Vertikal oder die Direttissima zerren mit einem durchschnittlichen Gefälle von 70 Prozent ganz schön an der Moral. Und die 12er Sportiv ist der perfekte Mix aus Anspruch und Naturerlebnis. Mal was Neues probieren? In sechs Fun Areas kann man unter anderem in die Luft gehen. Und abseits der Pisten führen zwölf Routen ins Abseits – zum Tiefschneetauchen mitten in Tirol. Nach so viel Action wartet der Einkehrschwung! In Serfaus-FissLadis kommen alle – ob mit und ohne Ski – in den Genuss von Hüttenzauber, Sonnenterrasse und Kaiserschmarren. Ob beim Luxury Lunch im Crystal Cube, ob Sunrise Hexensee auf einer abgelegenen Hütte oder Sunset Dinner Masner – in Serfaus-Fiss-Ladis erleben Winterurlauber phantastische gastronomische Höhenflüge.

ADV E RTO R IAL

ber auch zahlreiche „skifreie“ Freizeitmöglichkeiten wie Spielplätze, Winterwanderwege, Langlaufloipen oder Rodelbahnen. Alpenweit einmalig sind die Adrenalinbeschleuniger wie z. B. der FamilienCoaster-Schneisenfeger in Serfaus, der vom Alpkopf zur Seealm Hög bis zu 40 km/h erreicht. Noch mehr Action gefällig? Dann ab auf den Skyswing in Fiss oder in den Fisser Flieger, der hoch über die Tiroler Bergwelt saust.

serfaus-fiss-ladis.at

© Serfaus-Fiss-Ladis Marketing GmbH, Andreas Kirschner

Hoch über dem Inntal warten phantastische Winterwelten auf die ganze Familie „We are family!“ ist viel mehr als nur ein Slogan. Diese drei Wörter sind, seit sich die zwei Skigebiete Serfaus und Fiss-Ladis vor über 20 Jahren zusammengeschlossen haben, ihr Glaubensbekenntnis. Die drei im wahrsten Wortsinn „ausgezeichneten“ Dörfer haben gleich zwei Top-Skischulen und mit der Kinderschneealm und dem Murmlipark in Serfaus sowie Bertas Kinderland in Fiss-Ladis drei Schneeareale für Kids. Hier lernen die Kleinen in entspannter Atmosphäre Skifahren oder Snowboarden – sogar in der jeweiligen Muttersprache. Kein Wunder also, dass Serfaus-Fiss-Ladis zig Auszeichnungen als familienfreundlichstes Skigebiet der Alpen eingeheimst hat. Skifahren ist das Eine, Freizeitspaß ohne Bretter das Andere. In Serfaus-Fiss-Ladis finden Urlau-


F L E E S E N S E E

Allein der Anblick der zauberhaften Alpakas ist eine Streicheleinheit für die Seele.

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Der Alpakahof der Familie Tönnessen ist der Ausgangspunkt der Wanderung.

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Wellness für die Seele am Fleesensee Text Joscha Remus

Wäre es nicht spannend, sich beim Wandern einmal auszuliefern? Also nicht selbst zu entscheiden, wo es langgeht, sondern sich jemandem anzuvertrauen, der den Weg, aber auch das Tempo in ganz eigener Weise bestimmt. Die in den Anden beheimateten Alpakas sind wie geschaffen für völlige Entspannung im Hier und Jetzt.

Alpakas sind die idealen Tiere für eine Entschleunigung, die wir alle so nötig haben. Sie sind achtsame Begleiter, die aus uns stressgeplagten Menschen entspannte Wanderer machen. Während beim Wandern unsere Gedanken sonst oft ihre eigenen Wege gehen, ist man beim Alpakawandern – gedanklich gesehen – ja selbst an der Leine. Das geistige Abschweifen, das wir alle beim Wandern so sehr kennen, lassen die Alpakas nicht zu. Durch die Zuwendung zum Tier werden alle anderen Dinge, die einem so ständig durch den Kopf gehen,

automatisch abgeschaltet. Der Kopf wird herrlich frei. Wanderer – finde zu dir selbst und bleibe im Moment. Außerdem ist allein der Anblick dieser zauberhaften Wesen eine Streicheleinheit für die Seele. Penkow, nur fünf Kilometer von der Inselstadt Malchow in Mecklenburg-Vorpommern entfernt, ist solch ein wunderbarer Ort, um abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Es gibt einen Dorfteich, einen ehemaligen Gutshof und, kaum zwei Kilometer vom Ortskern entfernt, einen Golfplatz und einen Schlosspark, in dessen Wellnessbereich man sich Haut

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und Seele streicheln lassen kann. Das mit dem Seelestreicheln klappt natürlich auch beim Wandern mit den Alpakas. Ausgangspunkt der Wanderung ist der Alpakahof der Familie Tönnessen. Kerstin ist Grundschullehrerin, Andreas kommt aus der Medienbranche. Ihre Leidenschaft für das Wandern mit Alpakas haben die beiden mittlerweile lebenserfüllend zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht. Diese Art des Wanderns ist auch als therapeutisches Wandern anerkannt. Kerstin und Andreas haben den Alpakas sogar das Fahrstuhlfahren beigebracht, denn die Tiere sind gern gesehene, hilfreiche Gäste in Seniorenheimen und Hospizen. Vor der eigentlichen Wanderung gibt es zunächst eine kleine Aufwärmrunde. Es ist wichtig, sich vorab zu beschnuppern, sich erst einmal kennenzulernen und so ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Wir füttern die Tiere erst einmal in einem umzäunten Auslauf, einem Paddock vor dem Stall, mit mineralstoffreichem Futter. Dieses Körnerkraftfutter ist wichtig, weil die Böden in Europa nicht so mineralstoffreich sind wie die Böden der Alpaka-Heimat in den Anden. Alpakas sind Distanz- und Fluchttiere, das heißt, sie sind von

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Haus aus eher scheu und nicht verschmust. Alpakas berühren sich untereinander kaum, da wird mal kurz Nase an Nase gerieben – aber ansonsten bewahren und lieben sie den Abstand. Das ist sehr vorteilhaft, denn Alpakas werden niemals aufdringlich. Andreas gibt uns noch andere interessante Infos mit auf den Weg. In den Anden werden Alpaka-Babys nicht von der Mutter trocken geleckt. Da das von der Geburt nasse Fell auf 3.500 bis 5.000 m Höhe in den Frostnächten das Todesurteil für die Neugeborenen wäre, gebären Alpaka-Mütter in Lateinamerika in der Regel nur vormittags und nur an sonnigen Tagen. Spannend. Die Kleinen werden also immer sonnen- und luftgetrocknet. Ich berühre das von mir gewählte Alpaka namens Fuchur sanft am Rücken. Sein Fell ist staubtrocken, denn im Gegensatz zu Schafen fehlt Alpakawolle das schützende Wollfett Lanolin. Auch erfahren wir, dass Alpakas bereits vor über 5.000 Jahren aus der Wildform, den sogenannten Vikunjas, gezüchtet wurden. Ihre Verwandten, die Lamas, gehen auf die wilden Guanakos zurück. Als reine Zuchtform verlieren Alpakas ihr Fell nicht mehr automatisch und müssen einmal im Jahr geschoren werden.


F L E E S E N S E E Alpakas wurden vor über 5.000 Jahren aus der Wildform, den Vikunjas, gezüchet.

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Die ästhetische Schönheit der Alpakas und ihre entspannt ruhige Art erleichtern die Ankunft im Hier und Jetzt.

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F L E E S E N S E E Die Vorfahren der Alpakas, die wilden Vikunjas, „scheren“ sich selber, indem sie einfach durch Gestrüpp laufen, an dem die Wolle flockig hängen bleibt. Die Inkas haben diese Wolle zur weiteren Verwertung früher einfach von diesen Büschen abgepflückt wie Baumwolle, oder besser gesagt wie „Buschwolle“. Nachdem wir uns also etwas mit unseren Begleitern vertraut gemacht haben, werden die Tiere gehalftert, die Leine wird zu einer kurzen Schlaufe gebunden und dann geht es los, in die farbenprächtige Wildnis voller Korn- und Mohnblumen. Das Schöne an dieser Wanderung ist, dass man sich keine großen Gedanken machen muss, wo es langgeht. Man wird geführt. Den Blick auf die Navigation, auf GPS-Daten oder die Suche nach zugewucherten Wegweisern kann man sich sparen und sich allein auf die Tiere, die Landschaft und das Gehen konzentrieren.

Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter. Man muss sich hier als Tier-Mensch-Team zusammenfinden. Mein Alpaka, der nach Michael Endes Drachen aus der „Unendlichen Geschichte“ benannte, mit einer wilden Tolle ausgestattete Fuchur, ist besonders aufmerksam. Er läuft nicht einfach nur neben mir her. Vielmehr scheint er mich erst einmal abzuschätzen und schreitet dann bedächtig, geradezu andächtig weiter. Alpakas sind Meister der Aufmerksamkeit. Mein Alpaka nimmt das Rascheln eines Rebhuhns, eines Hasen oder ein im Gras verstecktes Kranichküken viel eher wahr als ich. Das Alpaka als wunderbarer Naturführer und Entdecker. Wir schlendern gemächlich an blühenden Wiesenflockenblumen vorbei. Den Duft von Hibiskus in der Nase entwickle ich schnell ein Gefühl für das Miteinander und dafür, was Alpakas lieben.

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Im Schloss Klink am Ufer der Müritz kann auch übernachtet werden.

Hibiskus- aber auch Heckenrosen bzw. die Hagebutten schmecken Alpakas besonders gut. Die Triebe junger Brennnesseln lieben sie so sehr, dass sie sich dafür sogar hinknien, aber auch gelbe und weiße Scharfgarbe stehen auf ihrem Speiseplan. Aufmerksam gibt Kerstin darauf acht, ob giftiges Jakobskreuzkraut am Wegrand steht, das übrigens auch nie ins Heufutter gelangen darf. Fuchur, der Hippie, hat auch gerne immer etwas Wegeproviant dabei – und lässt sich ab und an auch mal fotogen mit Gänseblümchen in der Schnauze ablichten. Die ästhetische Schönheit der Tiere und ihre entspannt ruhige Art erleichtern die Ankunft im Hier und Jetzt. Aber das erfordert, wie man

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bald spüren wird, immer etwas Leinenzug – denn sonst wenden sich die Tiere dem zu, was sie am meisten interessiert, dem konzentrierten Grasen am Wegesrand. Wenn Fuchur am leckeren Naturbüffet verweilen möchte, gebe ich also ein wenig Zug auf die Leine, gönne ihm aber auch Pausen. An einem Apfelbaum sehe ich, wie ein Alpaka namens Lucifer versucht, eine Giraffe zu imitieren. Es stellt sich geschickt auf die Hinterbeine und streckt sich in die Höhe, um an die Blätter und Knospen zu kommen. Über uns vollführt ein Rotmilan akrobatische Manöver. Als wir an einem Feldweg am Ortsrand an einem Imker vorbeikommen, der mit seinen Bienenstöcken und Beuten beschäftigt

ist, verändern alle Alpakas sofort ihren Gang und schauen gespannt in die Richtung des Imkers. Wieder zeigen sie ihre Neugier und Achtsamkeit. Auch im Winter finden Alpakawanderungen statt. Die Tiere haben dann eine schöne, dicke Wolle und frieren keinesfalls. Die Tönnessens bieten u. a. auch Alpaka-Yoga und das tiergestützte therapeutische Wandern für Menschen mit Burnout an. Zusätzlich kann man im kleinen Hofladen in allerlei Alpakaprodukten stöbern. Empfehlenswert ist ein abschließender Besuch des prächtigen Schlosshotels Fleesensee und ein Ausflug zum Schloss Klink mit der Möglichkeit, sich am Strandbad in der Müritz zu erfrischen.


F L E E S E N S E E

53° N 12° E

DÄNEMARK

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Schwerin

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Fleesensee Penkow POLEN

Breviarium

www.fleesensee-alpakas.de

NIEDERSACHSEN

BRANDENBURG

Unbedingt Keinesfalls verpassen sollte man das Schloss Klink am Ufer der Müritz. Eine wahres Märchenschloss in traumhafter Lage, in dem man auch übernachten kann. Keine fünf Gehminuten entfernt lockt ein wunderschöner kleiner Sandstrand am See. Das ideale Sommervergnügen. Spannung verspricht der Affenwald in Malchow und das wunderschöne Müritzeum, das Natur-Erlebnis-Zentrum in Waren, in dem man u. a. die Unterwasserwelt der Mecklenburgischen Seenplatte erkunden kann.

Bloß nicht Auch wenn es noch so verführerisch ist, die süßen Alpakas am Kopf zu streicheln – man sollte es nicht tun. Die Tiere mögen das nicht so gerne. Lasst euch von Familie Tönnessen zeigen, welche Tiere am Hals gestreichelt werden können. Auch das Berühren der Alpakabeine und das plötzliche Auftauchen hinter einem Alpaka sollte man vermeiden. Die Tiere könnten nämlich dann mit den Beinen ausschlagen und blaue Flecken sind kein schönes Souvenir.

Geheimtipp Schöne Souvenirs gibt es dagegen im kleinen Hofladen der Familie Tönnessen, vor allem viele Überraschungen aus weicher Alpakawolle. Ein Geheimtipp sind die mit Alpakaflies gefüllten flauschigen Bettdecken. Aber auch kleine Geschenkartikel aus Peru und Hanfprodukte sind im Angebot. Hanfschokolade und kleine Alpaka-Wolltiere sind bei Kindern die Favoriten. Wer dann noch Langzeitdünger für den Garten benötigt, bekommt hier sogar Alpaka-Gold-Dünger.

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Wien – eine Stadt voller Geheimnisse und Wunder Text Joscha Remus

Am liebsten würde ich jeden Monat ein Wochenende in Wien verbringen, um all die architektonischen Wunder zu bestaunen, all die Leckereien zu genießen und alle Geheimnisse der Donaumetropole zu ergründen. Denn jedes Jahr kommen neue hinzu.

Man kommt aus dem Staunen kaum heraus. Wenn Sie alle wichtigen Sehenswürdigkeiten Wiens, wie das Schloss Schönbrunn, den Stephansdom, das Schloss Belvedere und die Wiener Staatsoper, das farbenprächtige Hundertwasserhaus und vielleicht noch die Spanische Hofreitschule besucht haben, ist es an der Zeit, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und eine kleine Pause von Prunk und Pracht einzulegen. Denn Wien ist so vielfältig wie kaum eine andere europäische Stadt, und zu den Attraktionen des Großstadtdschungels kommen jede Menge Outdoorund Naturwunder hinzu. Was ich an warmen Tagen in der Stadt liebe, ist die Möglichkeit, mir Wien bei einem guten Glas Wein in aller Ruhe, inmitten paradiesischer

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Natur, von oben anzuschauen. Der Schriftsteller Karl Kraus hat einmal gesagt, die Straßen in Wien seien mit Kultur gepflastert, die der anderen Städte dagegen mit Asphalt. Recht hat er und in wohl kaum einer anderen europäischen Metropole ist die Kultur so eng mit dem Weinbau verbunden wie in Wien. Wer sonst kann schon von sich behaupten, über 6 Millionen m2 Rebflächen innerhalb der Stadtgrenzen vorzuweisen. Wenn Ihnen diese Zahl nichts sagt, dann vielleicht die Vorstellung von 857 mit Weinreben bepflanzten Fußballfeldern. Wien ist heute die einzige Metropole weltweit, die auf dem Stadtgebiet nennenswerten Weinbau betreibt. Laut Genusspapst Jürgen Dollase war es den Weinbauern bereits


W I E N Wien bietet sich neben Kulturtourismus auch für unzählige OutdoorAktivitäten an.

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© Paul Bauer

Innerhalb der Stadtgrenzen Wiens befinden sich über 6 Millionen m2 Rebflächen.

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© Peter Rigaud

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Das 1897 errichtete Wiener Riesenrad ist eines der Wahrzeichen der österreichischen Hauptstadt. © Paul Bauer

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W I E N unter Karl dem Großen, um das Jahr 800, erlaubt, für drei Monate im Jahr eigenen Wein auszuschenken. Die Weinkultur in Wien blühte bereits im Mittelalter auf, als jeder Bezirk seinen eigenen Weinberg besaß, was später abgeschafft wurde, als die Stadt sich immer mehr vergrößerte. 1784 erlaubte Kaiser Joseph II. den Weinausschank. Damals wurde ein Tannenreisig als wegweisendes Symbol eingesetzt: Bitte schön, hier geht es lang, hereinspaziert, hier gibt es den guten Wein. Die Tradition des Buschenschank-Lokals war geboren. Genießen inmitten der Natur, mit Wein und schönem Weitblick. Eine Stadt-Aussicht wie im Breitwandkino Also raus aus dem prachtvollen Großstadtdschungel und hinauf auf die Genussberge. Von der Endstation der Straßenbahnlinie D im Wiener Heurigenort Nussdorf führt Sie der Stadtwanderweg 1 zu den traumhaft schönen Aussichtlagen. Durch Weinberge und Wald kommen Sie auf den Hausberg der Wiener, den Kahlenberg. In den Sommermonaten locken entlang dieses Weges Buschenschenken und Heurige zu kulinarischen Köstlichkeiten und edlen Tropfen. Von der Stefaniewarte, auf gut 300 m bietet sich ein weiter Blick über das Wiener Becken, die schönen Hügel des Wienerwaldes und die Donau. Nach einem Abstecher zur gemütlichen Josefinenhütte, an der es übrigens auch eine E-BikeLadestation und für Adrenalin-

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Wien ist so vielfältig wie kaum eine andere europäische Stadt. © Paul Bauer

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W I E N Blick auf Wien aus den umliegenden Weinbergen. © Julius Hirtzberger

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Junkies einen Waldseilpark inklusive Flying Fox und Kletterbäume gibt, gelangen Sie über den sanft abfallenden Höhenrücken des Nussberges wieder zurück zum Ausgangspunkt. Doch halt! Das ging zu schnell. Denn ein unbedingtes Muss bei schönem Wetter ist der Wieninger am Nussberg: eine große Naturidyll-Terrasse mit einem der spektakulärsten Blicke auf Wien. Inmitten der Natur genießt man hier all die regionalen Schmankerl, die das Team um die Familie Wieninger und Sigi Machatschek für ihre Gäste zaubern. Sei es Kürbissalat mit Granatapfelkernen oder Zucchinisalat mit Pilzen, BioMangalitza-Presswurst vom Edelfleischhauer Thum oder ausgesuchte Käsespezialitäten aus dem Paznauntal. Zum Nachtisch dann Schafmilch-Eis und Mohntorte. Die Kalorien kann man sich in Wien prima wieder abwandern – denn Attraktionen gibt es, wie gesagt, ohne Ende. Wien – die Stadt der tausend Wunder Gespenstisch schön fühlte ich mich auf der geführten Nachtwanderung durch die Stadt, in der es natürlich auch genügend Geistergeschichten und – Sigmund

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Freud lässt grüßen – auch genügend Mysterien gibt. Was wenige wissen: in Wien gibt es eines der höchsten Holzhochhäuser der Welt, und zwar direkt an der U2-Station Seestadt im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt. Das HoHo Wien ist ein Holz-Hybrid-Hochhaus und mit seinen 84 Metern Höhe nach dem Mjøstårnet im norwegischen Brumunddal das weltweit zweithöchste Holzhochhaus. Das Spannende daran: Die Architekten haben die Fassade so gestaltet, dass man unweigerlich an eine gigantische Baumrinde denkt. Eine weitere Überraschung war für mich der Besuch des Zauberkastenmuseums. Eine fantastische Exkursion in die Wunderwelt der Magie. Leider kann man diese Show nur an jedem ersten Sonntag im Monat bestaunen. Doch alle Hobby-Magier und angehenden Zauberinnen sollten einen Besuch einplanen, denn neben den 3.000 verschiedenen Zauberkästen, die es hier zu bewundern gibt, geht es auch um die besten und erstaunlichsten Zaubertricks. Zur Stärkung danach ist ein Klassiker in Wien nach wie vor der Besuch eines Kaffeehauses. Zu den Top 3 zählen für mich nach wie vor das kleine gemütliche Café


W I E N Im Café Sperl gibt es eigens hergestellte Haustorte zu verkosten. © Peter Rigaud

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Kaiserin Sisi residierte unter anderem im prächtigen Schloss Schönbrunn. © Peter Rigaud

Jelinek mit Schmiedeholzofen, das Café Sperl mit eigener Haustorte und das legendäre Café Hawelka samt seiner Rösterei. Auch Ausflüge in die Spezialitäten-Welt des Tafelspitz und Kaiserschmarrns stehen natürlich in Wien auf dem Pflicht-Programm. Wer es skurril mag, sollte Rothneusiedl im Wiener Süden einen Besuch abstatten. Dort trumpft ein Bauernhof mit einer Schneckenfarm und einer weltweit einzigartigen Delikatesse auf: angenehm nussig schmeckender Schneckenleber.

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Geheimnisse der Kaiserin Sisi Last but not least möchte ich mich als großer Fan von Kaiserin Elisabeth outen, die im Volksmund Sisi genannt wurde. In vielen Gemeinden in Europa findet man heute noch Orte, an denen man die Erinnerung an diese wunderbare Frau lebendig erhält. Selbst in Transsilvanien habe ich in einem kleinen Dorf namens Halmágy eine Statue von Sisi entdeckt, denn die ungarische Bevölkerung verehrt sie dort nach wie vor sehr. In Wien sollten alle, die sich für die

Geheimnisse dieser Kultfigur interessieren, das Sisi-Museum in der Hofburg besuchen. An bewölkten oder kühleren Tagen ein idealer Ort, einmal eine etwas andere Sichtweise auf den Mythos dieser Kaiserin zu bekommen. Was viele nicht wissen: Sisi war, abseits all der gängigen romantischen Klischees, die beste Reiterin ihrer Zeit. Sie gewann zahlreiche Reitturniere in England und wurde zu ihrer Zeit auch wegen dieser sportlichen Höchstleistungen bewundert.


W I E N

Breviarium

TSCHECHIEN

Wien DEUTSCHLAND

Salzburg

Innsbruck

ÖSTERREICH

UNGARN

ITALIEN

SLOWENIEN

48° N 16° O www.wien.info

Unbedingt In einem Wiener Traditionskaffeehaus eine Melange trinken und eine Sachertorte oder einen Wiener Apfelstrudel essen. Falls möglich, dem kostenlosen Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker in Schönbrunn beiwohnen. Das Schmetterlingshaus und Palmenhaus im Schönbrunner Schlosspark besuchen.

Bloß nicht Bitte nicht auf der Rolltreppe links stehen bleiben. Da lassen die Wiener nicht mit sich spaßen. In Wien heißt es: links gehen, rechts stehen! Dies zu missachten gleicht einem fast unverzeihlichen Fauxpas. Wer sich nicht gleich als „Piefke“ outen möchte, sollte die Wörter Brötchen, Weinschorle und Tüte lieber meiden und stattdessen auf die österreichischen Begriffe Weckerl, Spritzer und Sackerl zurückgreifen.

Geheimtipp Falls Sie – schönes Wetter vorausgesetzt – einen Sonnenaufgang vom Kahlenberg aus bestaunen können, ist dies sicherlich ein Höhepunkt Ihres Besuchs. Denn die Stadt wird Ihnen im goldenen Glanz zu Füßen liegen. Wer im Sommer zum Schwimmen ins Krapfenwaldlbad – ein Freibad im 19. Bezirk – geht, hat ebenfalls einen fantastischen Blick über Wien!

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BAR C E LO NA

Dolce Vita: genießen Sie den Sonnenuntergang am Strand, ganz auf die spanische Art.

OBEN

Die Radwege sind perfekt, um Barcelona und die zahlreichen Werke von Gaudí zu bestaunen.

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BAR C E LO NA

Barcelona, Pionierin des Slow Life Text Sarah Braun

Wussten Sie, dass Barcelona die beste Stadt der Welt ist? Nein, diese Behauptung stammt nicht von uns, sondern ist das Ergebnis einer sehr seriösen Studie der englischen Zeitung Telegraph Travel, die um die fünfzig Städte weltweit genau unter die Lupe genommen hat. Dabei wurden verschiedene Kriterien wie Luftqualität, Anzahl an Grünflächen und das Sicherheitsempfinden berücksichtigt.

Wenn die Einwohner von Barcelona diese Behauptung wahrscheinlich sofort unterschreiben, so war George Orwell, der 1936 und 1937 in der katalanischen Hauptstadt lebte, ganz anderer Meinung. Ungeniert erklärte er, dass diese zwei Jahre „mit die zwei unerträglichsten überhaupt“ in seinem ganzen Leben waren. Aber Zeiten ändern sich. Und in wenigen Jahrzehnten hat es die Stadt geschafft, sich neu zu erfinden und vor allem Nutzen aus einer gemächlicheren Lebensweise zu ziehen – slow ist hier das Schlagwort. Barcelona, ein Öko-Reiseziel? Ja! Kommen Sie

mit, wir zeigen Ihnen die Stadt mal von einer ganz anderen Seite! Ab in den Radsattel! Barcelona, eine Stadt, die in erster Linie für ihre sehr reiche und bewegte Geschichte bekannt ist, hat vor zehn Jahren beschlossen, sich ab sofort der Zukunft zuzuwenden. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind heute die Schwerpunkte der Stadtpolitik. Natürlich sind die Autos noch zahlreich, aber das Fahrrad wird unter der spanischen Sonne immer beliebter. Die Stadt besitzt über 250 km Radwege: Ideal für eine

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ntdeckungsreiche Tour durch die Stadt, vorbei an den Werken von Gaudí und einem anschließenden Picknick am Strand, um das Dolce Vita auf spanische Art zu genießen. CO2-Emission null, Spaßfaktor hundert! Sie haben Ihr Rad nicht dabei? Kein Problem: Vom lokalen Verleihservice „Bicing“ können auch die Touristen profitieren. Mode: Von Fast Fashion zu Slow Life Noch vor Kurzem waren die Shoppingmeilen in Barcelona von FastFashion-Läden überflutet. Eine Tatsache, die schließlich die jungen und äußerst dynamischen Katalanen davon überzeugte, diese ökologische und gesellschaftliche Plage zu bekämpfen. So entstanden zum Beispiel Slow Fashion Next (Instagram: @slowfashionnext), eine Pionierplattform für Mode und nachhaltige Entwicklung, die vor über zehn Jahren von Gema Gomez gegründet wurde, oder auch die Marke Gaston in Barcelona (Instagram: @gastoninbarcelona) der in Spanien lebenden Französin Marie Chaissac. El Born, ein früher verrufenes Viertel, das heute dank Gentrifizierung bei den Bobos hoch im Kurs steht, ist ein Cocktail aus dem Besten, was die katalanische Kreation zu bieten hat. Unbedingt besuchen: Die engagierten und nachhaltigen Concept-Stores La Tercera und Capsule. Und wenn Sie schon mal hier sind, machen Sie auch Halt in der Öko-Cocktailbar Dr. Stravinski, wo alle Getränke handwerklich hergestellt werden, sogar die Cola ist lokal. Probieren Sie eine der köstlichen Kreationen der beiden Besitzer Antonio und Alberto aus selbstgemachten Spirituosen.

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BAR C E LO NA Leihen Sie sich ein Fahrrad, um die Shoppingmeilen mit ihren nachhaltigen ModeGeschäften zu besuchen.

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BAR C E LO NA

Das Hotel Barcelona 1882 bietet eine fantastische Sicht auf die Sagrada Familia mitten im Stadtzentrum.

Verantwortungsvolle und nachhaltige Hotels Wenn es in der katalanischen Hauptstadt auch nur so von Airbnbs wimmelt, haben wir uns für zwei Hotels entschieden, die mit dem Slow-Life-Erlebnis nicht brechen. Das erste ist das EcoZentric, ein 2-Sterne-Hotel, das bescheiden wirkt, aber allen Komfort bietet und Landleben mitten in der City verspricht. Es befindet sich in einem hundert Jahre alten Gebäude, in dem al-

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les restauriert oder recycelt wurde: Die Bettkopfteile waren zum Beispiel mal Türen! Etwas schicker kommt das Hotel Barcelona 1882 rüber, dessen üppig bepflanztes Rooftop direkte Sicht auf die Sagrada Familia bietet! Besonders gefällt uns die Zusammenarbeit mit mehreren lokalen Vereinen, um die Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Außerdem trägt das Hotel viele Labels, die seine Nachhaltigkeit untermauern, darunter das Biosphe-

re-Zertifikat, das vom Responsible Tourism Institute vergeben wird. Ein letzter Tipp Mit ihren 300 Sonnentagen im Jahr ist die Stadt das perfekte Reiseziel für alle Luxemburger, denen der blaue Himmel fehlt! Wir empfehlen aber, im Frühjahr oder Herbst zu reisen, wenn die Temperaturen milder sind, so vermeiden Sie die drückende Hitze und holen sich auch keinen Schnupfen durch die Klimaanlagen.


KATALONIEN

BAR C E LO NA

Breviarium

FRANKREICH

Lloret de Mar

Barcelona

41° N 02° O www.barcelona.com/de

Unbedingt Seit Kurzem ist der chinesische Automobilhersteller Lynk & Co mit einem Showroom in der Stadt vertreten. Dieser neunte „Club“ wurde im vergangenen September in Barcelona eröffnet und ist alles andere als ein klassisches Autohaus. Dort können Sie natürlich das Modell der Marke bestaunen und testen, aber nicht nur das: In diesem Concept-Store, der zusammen mit dem Studio Masquespacio entworfen wurde, gibt es auch eine Boutique mit Öko-Artikeln made in Barcelona, eine Bar und einen verrückten Co-Working-Bereich, der aussieht wie ein Schwimmbad!

Bloß nicht „Verlaufen Sie sich bloß nicht in diesem Freizeitpark namens Barcelona“, warnt uns Godefroy, der lange dort gelebt hat. Natürlich lohnt sich ein Abstecher in den gotischen Altstadtbezirk, „aber verweilen Sie dort nicht zu lange, das ist ein bisschen wie Disneyland in Barcelona“, scherzt er weiter, „und essen Sie dort ja nichts!“ Verweilen Sie lieber in den neuen, coolen Vierteln wie Gracia, El Raval (Klamottenläden!) oder El Poblenou, der neue Treffpunkt der lokalen Kunstszene am Meer, weit weg von den überfüllten Stränden.

Geheimtipp Wussten Sie, dass der Name Barcelona „Werft“ bedeutet? Die Küstenstadt Barcelona besitzt auch einen kleinen Fischerhafen, der noch richtig authentisch, den Touristen aber weitgehend unbekannt ist – kein Wunder, denn er ist für Besucher geschlossen. Wir begrüßen daher die Initiative von zwei Meeresbiologen, die die Idee hatten, Führungen im Hafen anzubieten, gefolgt von der Verkostung von Meereserzeugnissen, fangfrisch direkt vom Boot! Hier geht’s zur Anmeldung: neon.ly/Barcelona.

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L I S SAB O N

Lissabon entdecken Portugals Hauptstadt ist ein Ort der Gegensätze. Faszinierend, wie viele verschiedene Ansichten so eine Stadt bieten kann. Text Philine von Sell

Am Ufer des Tejo erinnert ein beeindruckendes Denkmal – das Padrão dos Descobrimentos – an das Zeitalter der Entdeckungen. Bis heute ist Lissabon eine Stadt von Entdeckern für Entdecker und damit für mich genau richtig – denn exakt so fühle ich mich jedes Mal, wenn ich in eine neue Stadt komme: wie eine Entdeckerin. Wir wollen hier für die neue Katharina-Hovman-Sommerkollektion 2023 shooten – und ich lasse mich auf der Suche nach ausgefallenen Locations durch die Stadt treiben. Einmal mehr denke ich: Was für ein Privileg, dass ich neue Städte auf diese Art kennenlernen darf. Ich freue mich, wenn Sie sich für meine Eindrücke interessieren und die Stadt mit meinen Augen sehen. Erwarten Sie keine klassischen Sightseeing-Tipps. Die finden Sie in jedem Reiseführer. Aber was lässt sich Spezielles in dieser charmanten Stadt entdecken? Auf diese Frage möchte ich die eine oder andere Antwort

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geben. Lissabon hat nur 600.000 Einwohner, aber das Lebensgefühl einer kosmopolitischen Metropole. Das fiel mir sofort auf – dieses internationale Flair, die vielen Nationen und Sprachen, die Gastfreundschaft und Weltoffenheit. Zudem sprechen fast alle Englisch. Unterwegs auf drei Rädern Nostalgie und Topmoderne liegen hier dicht beieinander. Mich erinnert diese Stadt mit ihren hippen Läden, tollen Markthallen, mondänen Einkaufsstraßen und gemütlichen Altstadtgassen an das Berlin von früher. Überall spürt man die Aufbruchstimmung von Kreativen, die Lust auf Veränderung – ein idealer Ort für digitale Nomaden und alle, die gerne unterwegs sind. Apropos unterwegs – ich buche bei Tuk Dreams den besten Fremdenführer, den man sich wünschen kann: den Tuk-Tuk-Fahrer Oliver. Frühmorgens noch vor 8 Uhr holt er mich ab und fährt mit mir durch die langsam erwachende Altstadt.


L I S SAB O N Bis heute ist Lissabon eine Stadt von Entdeckern für Entdecker. OBEN

Früh am Morgen: Entspannt mit dem Tuk-Tuk die Altstadt erkunden.

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© Philine von Sell

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L I S SAB O N

Ausgehlaune an milden Abenden – Lissabon verträgt Farbe! Sonnenuntergang auf dem Plateau der Champalimaud Stiftung. © Philine von Sell

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L I S SAB O N Im extravaganten Katharina-Hovman-Look entlang der Avenida Brasilia, am Ufer des Tejo, mit Blick auf den Padrão dos Descobrimentos. © Philine von Sell

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L I S SAB O N

Ausblick vom Miradouro Nossa Senhora do Monte.

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L I S SAB O N Vielleicht denken Sie jetzt: TukTuks? Ja, sind wir denn in Bangkok? Fährt man in Lissabon nicht eher mit der berühmten Tram? Stimmt! Aber seit etwas mehr als einem Jahrzehnt gehören auch die Tuk-Tuks hier zum Straßenbild. Die Fahrer kennen sich hervorragend aus und sind oft brillante Geschichtenerzähler. Mein Oliver hatte schnell verstanden, was ich suchte, oder besser gesagt, was ich nicht suchte. Ich wollte genau dorthin, wo die allermeisten Touristen eben nicht hinfinden. Wer übrigens eine Stadt lieber zu Fuß erkundet: Unterschätzen Sie nicht die Steigungen im Lissaboner Altstadtviertel! Die schmalen Tuk-Tuks passen auch durch die engsten Gassen – Ihre Füße werden es Ihnen danken. Um Gestank und Krach muss sich auch niemand sorgen, die allermeisten Tuk-Tuks fahren sauber und leise mit Elektroantrieb. Vom Geheimtipp zum Touristenmekka Lissabons Altstadt, das sind die drei Viertel Alfama, Graça und das weniger bekannte Mouraria. Alfama ist der älteste Stadtteil, hier findet man noch die originalen alten Häuser in steilen, verwinkelten Gassen, hier spürt man noch jahrhundertealte Traditionen. Frühmorgens. Denn ab etwa 10 Uhr fluten Touristenströme das Viertel. Das gilt auch für das benachbarte Graça, wo sich die Cafés, Restaurants und Bars aneinanderreihen. Ein Touristenmagnet ist Graça sicher auch wegen seiner Aussichtspunkte, den berühmten Miradouros, von denen es hier gleich zwei gibt: Graça do Monte und – nur etwa fünf Minuten zu Fuß ent-

fernt – Nossa Senhora do Monte, der höchste Aussichtspunkt Lissabons. Vermutlich sind wir hier gerade am beliebtesten Selfie-Fotopunkt der Stadt. Musik, vielfältige Gastronomie, Sprachengewirr und fröhliche Menschen, dazu ein atemberaubender Ausblick über ganz Lissabon und ein richtig guter Caipirinha als Sundowner – hier muss man gewesen sein. Modern. Attraktiv. Exponiert. Den weiten Himmel genießen im Park der Nationen, der für die Weltausstellung 1998 gestaltet wurde. Was für ein Kontrast zur mittelalterlich anmutenden Altstadt! Denn aus dem Parque das Nações ist ein topmodernes Wohngebiet geworden, das die Leute noch heute „Expo“ nennen. Etliche Attraktionen aus der Expo-Zeit findet man dort noch – beeindruckende Kongressgebäude wie den Pavilhão do Conhecimento oder das weltberühmte Ozeanarium. Mich lockt vor allem die legendäre Schwebebahn. Sie fährt keine 10 Minuten, ist aber jede Sekunde Fahrt wert. Sie offenbart einen wunderbaren Blick auf die Skyline von Lissabon. Als Fotografin freue ich mich besonders darüber – wann habe ich schon mal Gelegenheit, meine Models im Katharina-Hovman-Look von so weit oben zu fotografieren? Wie im Märchen Wieder eine andere Seite von Lissabon zeigt uns Oliver im „Tapada das Necessidades“ – verwilderte Gärten, verschlungene Wege, verlassene Gebäude. Ein Treffpunkt für Portugiesen zum Picknick; Touristen sieht man hier eher selten. Als wir im Park fotografieren, ist er menschenleer. Ein Gelände

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L I S SAB O N

Trendfarbe Sommer 2023: Amethyst – im Beachclub Casa Reia an der Costa da Caparica. © Philine von Sell

Designed for Live & Travel – ideal für einen Spaziergang im Park der Nationen, unter freien Himmel mit leichter Brise. © Philine von Sell

voller Melancholie und Romantik, mit freilaufenden Hühnern, Pfauen, Enten, drei zauberhaften Seen und einem Wasserfall. Riesenkakteen, Palmen und andere exotische Gewächse – wie im Märchen fühlen wir uns hier in einem der ältesten Gärten Europas. Der Park stammt aus dem Jahr 1604 und den verlassenen Gebäuden auf dem Gelände sieht man ihr Alter auch an. Lost places mitten in der Stadt. Eine Oase. Und für mich eine perfekte Kulisse für die saisonalen Farben des Fashion-Labels.

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Den Tag ausklingen lassen Besonders attraktiv für Städtereisende ist Lissabon vermutlich auch deshalb, weil man hier alles haben kann: Städtetrip und Sightseeing, aber auch Strand und Meer. Nur 30 Autominuten von Lissabon entfernt liegt die atemberaubende Costa Caparica mit traumhaften Landschaften und einem der längsten Sandstrände Europas. Direkt am Strand befindet sich Casa Reia, der angesagteste Beachclub der Region. Der Club ist stylisch, die Preise nicht

gerade familienfreundlich – aber hey, es bringt einen in Champagnerlaune hier zu sitzen, zwischen einem hervorragenden leichten Lunch und einem „Lillet Spritz“ ins Meer zu hüpfen, um sich danach von der Sonne wieder trocknen zu lassen. Lebensfreude pur. Nach einem anstrengenden Tag in dieser abwechslungsreichen Stadt sitze ich hier, schaue zu, wie die Sonne am Horizont im Meer versinkt und kann dabei nur eines denken: Lissabon – was für eine entspannte Entdeckung!


L I S SAB O N

Breviarium

Porto

PORTUGAL

SPANIEN

38° N 9° W

Lissabon

www.visitlisboa.com

Unbedingt Ein oldschool, cooles und umweltfreundliches Tuk-Tuk mit Guide mieten. Das ist Sightseeing hautnah. Individueller und persönlicher kann man eine Stadt kaum kennenlernen. www.tukdreams.pt/de

Bloß nicht Wer sich gerne schieben lässt und Touri-Rummel mag, kann diesen Tipp ignorieren. Allen anderen aber rate ich: Frühes Aufstehen lohnt sich! Besucht die Altstadt nicht tagsüber, sondern morgens, wenn sie erwacht. Ab etwa 10 Uhr sollte man das Weite suchen.

Geheimtipp Modern interpretierte portugiesische Küche von der Spitzenköchin Marlene Vieira – in der „ZunZum Gastrobar“ oder fantastische Geschmackserlebnisse im „Marlene“. Beides am Ufer des Tejo. www.zunzum.pt/en www.marlene.pt/en/marlene

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C OV E R STO RY

Frankreich


C OV E R STO RY

Jede Region hat ihre eigenen Schätze! Für die Franzosen, aber auch für die Touristen aus aller Welt, die jedes Jahr hierher strömen, liegt der Reichtum des französischen Terroirs in seiner Vielfalt. Die vier Ecken Frankreichs im Detail zu beschreiben, würde ein ganzes Buch füllen. In dieser Ausgabe haben wir für Sie die Westküste des Landes ausgewählt, um die Badeorte der Côte Fleurie im Herzen der Normandie zu erkunden, aber auch den Reichtum der Bordelaiser Weinberge bis zur Charente. Reisen, auf denen sich Kultur, Gastronomie und Entspannung gut miteinander verbinden lassen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Entdecken dieser schönen Ecken Frankreichs!

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B O R D EAUX

Bordeaux, ganz mein Geschmack! Text Marion Finzi

Genau wie ein guter Wein, dessen Aromen sich erst nach und nach entfalten, ist Bordeaux eine Stadt, die nicht gleich beim ersten Besuch alles von sich preisgibt. Man muss wiederkommen, sich Zeit nehmen, mal viel, mal wenig, mal im Sommer und mal im Winter.

Der Slogan „Bordeaux meine Stadt“, den die Einwohner stolz in den sozialen Medien verbreiten, wird nach einem Besuch in der Großstadt der Gironde auch in Ihnen widerhallen. Sie werden nur noch eines wollen: Bordeaux kennen, als wären Sie dort zuhause. Die Stadt der Gastronomie Viele Jahre lang war Bordeaux die Stadt in Frankreich mit den meisten Restaurants pro Einwohner. Die Gastronomie nimmt also bei den Einheimischen einen wichtigen Platz ein. Sie lieben es, auswärts zu essen: Die Terrassen in den vielen Kopfsteinpflastergassen in der Altstadt oder am Garonne-Ufer

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im historischen Viertel sind immer gut besucht. Wenn Sie in ein bestimmtes Restaurant möchten, denken Sie unbedingt daran, zu reservieren, vor allem am Wochenende, damit Sie nicht mit knurrendem Magen durch die Straßen irren, um noch einen Tisch zu finden. Kommen wir gleich zum Eingemachten: Der Bauch von Bordeaux, wie sie sich quasi selbst nennt, sprich die Markthalle Les Capucins, von den Einwohnern kurz „Capu“ genannt. Eine wahre Institution, und das seit dem 16. Jahrhundert! Flanieren Sie an den üppig beladenen Ständen vorbei und stellen Sie sich Ihr Frühstück zusammen: Austern und


B O R D EAUX Die GirondinsGedenksäule ist seit 2011 als historisches Monument klassifiziert. Sie ist das Symbol der Stadt und befindet sich auf dem Place des Quinconces.

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Der Place du Grand Théâtre, der zum Teil eine Fußgängerzone ist: Hier können Sie ein Getränk zu sich nehmen und dabei das Treiben der Touristen und Bordelaiser bewundern.

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Der Place de la Bourse und sein Wasserspiegel ziehen viele Besucher an, vor allem im Sommer, wenn die Kinder sich hier fröhlich abkühlen.

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B O R D EAUX dazu ein Gläschen Weißwein, aus Bordeaux wohlgemerkt! Das bei den Einwohnern angesagte Viertel Saint-Michel ist unter Touristen noch ein Geheimtipp. Wahrscheinlich nicht mehr lange, denn neben dem Trödelmarkt am Sonntagmorgen sind die Kopfsteinpflastergassen gesäumt von netten Bistros von jungen französischen Chefs, die mit viel Freude und Kreativität um die Gunst der Gäste eifern. Ein Mittagessen bei La Gigi können wir nur wärmstens empfehlen. Das alte Parlamentviertel ist mit seinen traditionellen Brasserien ein beliebter Familientreffpunkt am Sonntagmittag. Argentinien, Italien, Mexiko … Bordeaux war mehrere Jahre hintereinander die Stadt in Frankreich mit den meisten internationalen Restaurants pro Einwohner. Die Fleischgerichte im El Nacional sind einfach unschlagbar! Wir überqueren die Garonne und nehmen uns das rechte Flussufer vor. Auch hier hat sich das Stadtbild in den letzten zehn Jahren stark gewandelt: Die Kais wurden neu gestaltet und der ehemaligen Kaserne wurde auf Initiative

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der Bordelaiser neues Leben eingehaucht: Es entstand eine kleine, ökologisch alternative Welt, das sogenannte Darwin-Zentrum. Dort zieren Street-Art-Werke die Mauern eines früheren Museums, es gibt Sportmöglichkeiten, einen Co-Working-Bereich und ein Restaurant. Am Wochenende bruncht man mit der Familie im Magasin Général, das eine richtig tolle Spielecke für die kleinen Gäste hat. Perfekt, um die Woche gemütlich ausklingen zu lassen. Lust auf eine Reise ans Meer, einen Abend lang mit den Füßen im Sand zu einem eisgekühlten Lillet Tonic Austern schlürfen, aber ohne dafür Bordeaux verlassen zu müssen? Dann ab ins Les Chantiers de la Garonne, ein Bar-Restaurant in der ehemaligen Werft am rechten Flussufer. Allein der Ausblick auf das Ufer gegenüber ist einen Besuch wert. Kleines Rätsel gefällig? Versuchen Sie, die Kirche Saint-Michel, die Kathedrale, das Denkmal der Girondisten und die anderen historischen Bauten auszumachen, die Sie bei Ihrer Stadttour gesehen haben. Die Stadt des Wassers Ein Bordelaiser bleibt prinzipiell nie lange von den Atlantikstränden oder dem Becken von Arca-

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chon entfernt, das Wasser gehört zum Leben der Einwohner fest dazu. Auch aus dem Stadtzentrum ist das Wasser mit den vielen historischen Brunnen, die noch immer unermüdlich sprudeln, nicht wegzudenken. Besuchen Sie unbedingt den Brunnen der drei Grazien auf der Place de la Bourse und die Brunnen entlang des Platzes Amédée Larrieu. Ab den ersten Frühlingstagen lockt der Miroir d’eau, der Wasserspiegel an der Place de la Bourse, Kinder an, die barfuß und mit hochgekrempelten Hosenbeinen vergnügt durch das nur wenige Zentimeter tiefe Wasser waten. Eine willkommene Erfrischung besonders im Sommer, wenn es in Bordeaux richtig heiß werden kann. Dieses Reflexionsbecken, das größte weltweit, wechselt außergewöhnliche Effekte von Spiegel und Nebel ab. Es wurde im Rahmen eines gigantischen Projektes zur Erneuerung der Kais zu Beginn der 2000er-Jahre entworfen und erstreckt sich von der Place de la Bourse bis zur neuen Brücke Jacques Chaban-Delmas am Ende der Quais Bacalan. Als Teil des historischen Stadtzentrums gehört der Miroir d’eau zum UNESCO-Welterbe.


B O R D EAUX Die Pont de Pierre mit ihren 17 Bögen ist die erste Brücke der Stadt und stammt aus dem Jahr 1822. Sie überspannt die Garonne und verbindet das rechte mit dem linken Ufer.

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Das Bassin, seine Sanddünen, Pinassen (typische Fischerboote) und Stöcke, die sogenannten „Pignottes“, mit denen die Austernparks markiert werden.

„Warst du am Wochenende am Atlantik oder am Becken?“ Das ist die erste Frage, die montagmorgens im Büro an der Kaffeemaschine gestellt wird, denn lange hält es keinen waschechten Bordelaiser fern vom Wasser. An einem sonnigen Tag, ob im Som-

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mer oder Winter, sollte man unbedingt einen Spaziergang durch eines der vielen Austerndörfer an der Bucht von Arcachon unternehmen, um frische Meeresluft zu tanken und an den so typischen, bunten Austernhütten entlangzubummeln.

Der Austernhafen in Andernosles-Bains lockt ebenfalls zu einem Spaziergang. Bei Ihrer Wanderung am Cap Ferret müssen Sie unbedingt einen Abstecher nach Mimbeau machen, um die Düne von Pilat zu bestaunen, die sich im Hintergrund erhebt!


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Unbedingt In Bordeaux gibt es einige hervorragende Konditoreien, die Sie während Ihres Aufenthalts unbedingt ausprobieren sollten. An den Canelés kommt man nicht vorbei: außen knusprig, innen weich und in ihrer Form unnachahmlich. Baillardan, La Toque Cuivrée oder die meiner Mutter, jeder hat seinen Favoriten, es liegt an Ihnen, Ihren zu finden! Probieren Sie auch unbedingt die Dunes Blanches von Chez Pascal, Windbeutel mit einer luftigen Schlagsahne. Diese Spezialität wird zugegebenermaßen oft nachgeahmt, erreicht das Original aber kaum.

Bloß nicht Im Restaurant auf keinen Fall nach einem Evian fragen! Und wenn Sie ganz in die Haut eines Bordelaiser schlüpfen möchten, trinken Sie das lokale Mineralwasser Abatilles, dessen Quelle gleich neben der Stadt sprudelt. Auch seine Verpackung ist sehr originell, denn sie ähnelt der einer Weinflasche und es gibt sogar eine Variante mit der Bezeichnung „Grand Cru“! Fast alle Restaurants in der Stadt und an der Bucht von Arcachon haben dieses Wasser auf der Karte.

Geheimtipp Von Bordeaux aus sind es nur 20 Minuten mit dem Zug nach Libourne, von wo aus Sie das mittelalterliche Dorf Saint-Emilion, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, erkunden können. Schlendern Sie durch die kleinen, kopfsteingepflasterten Gassen und organisieren Sie eine Kellerbesichtigung in einem der Grand-Cru-klassifizierten Schlösser von Saint-Emilion. Diejenigen, die die Bucht lieben, fahren zur Düne von Pilat und trinken oder essen abends bei Sonnenuntergang im La Co(o)rniche zu Abend. Hoch gelegen, bietet es einen atemberaubenden Blick über das gesamte Becken in einer sommerlichen, romantisch-schicken Atmosphäre.

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Deauville hat einen der größten Sandstrände der Küste, der mit Hunderten bunten Sonnenschirmen geschmückt ist.

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Auf der berühmten und lebhaften Promenade des Planches spazierten bereits die größten französische und internationale Stars.

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Schickes Strandleben made in Normandie Text Marie Tissier

Sie ist die beliebteste Küste in der Normandie. Namhafte Autoren, Maler und Regisseure haben ihrem Chic und ihrer Schönheit ein Denkmal gesetzt. Die Badeorte an der Côte fleurie bieten neben vielen Freizeitmöglichkeiten auch wahre Architekturschätze. Deauville, nur fünf Autostunden von Luxemburg entfernt, ist ihr Flaggschiff.

Die Blumenküste ist einfach ein ideales Ziel, sei es für ein romantisches Wochenende oder einen Urlaub mit der ganzen Familie. Langeweile kennt man hier nicht, jede Jahreszeit hat ihr Programm. Wir geben Ihnen einen Vorgeschmack auf die Momente, die Sie in Frankreichs Norden erwarten. Vor der Abreise In welche Stadt soll es gehen? Deauville? Die richtige Wahl für ein Wochenende oder einen Ausflug zu zweit. Cabourg oder Trouville sind ebenfalls schöne Ziele. Für einen geselligeren und etwas günstigeren Urlaub mit der Familie entscheiden Sie sich für Villers-

sur-Mer, Blonville-sur-Mer oder Houlgate, die zwar kleine Innenstädte, aber große und sehr einladende Strände haben. Wenn Sie außerhalb der Sommermonate verreisen, packen Sie ruhig Ihre Gummistiefel ein, denn in diesen ruhigeren Zeiten sind Strandspaziergänge noch mal so schön. Und nein, in der Normandie herrscht kein Dauerregen! Der Wind bläst die Wolken meist kräftig ins Landesinnere. Oft wird daher Regen angesagt und letztendlich sitzt man mit Sonnenbrille auf der Terrasse eines Cafés. Ein Spaziergang? Sie sind angekommen. Jetzt ist es Zeit, sich erstmal die Beine zu

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vertreten. Sie haben die Wahl: Die „Planches“ in Deauville, die Strandpromenade überhaupt, ob Sie mit Ihrer besseren Hälfte oder den Kindern da sind. Wer mag, setzt den Weg noch 2 km weiter fort bis Benerville-sur-Mer. Sie sind besonders motiviert? Cabourg hält mit der Marcel-Proust-Promenade den europäischen Rekord der längsten Strandpromenade, die ganze 3,6 km lang ist. Denken Sie an den Rückweg! In Villers-surMer wiederum lockt der knapp 1 km lange Deich, der an weißen Strandkabinen vorbeiführt. Meeresambiente ist hier mit der Gischt und den Möwen garantiert. Deauville, das kleine Paris Seit dem späten 19. Jahrhundert ist Deauville quasi das Feriendorf der Pariser. Die Stadt trägt nicht umsonst den Spitznamen „21. Stadtbezirk von Paris“. Viele finden deshalb Deauville „versnobt“ und bevorzugen das benachbarte Trouville mit seinem volkstümlichen Fischereihafen. Deauville hat aber einiges in petto, um ihren Besuchern magische Momente zu bescheren. Die Stadt ist ein schöner Mix verschiedener Stile und verkörpert das Schönste, was die Normandie zu bieten hat. Hotelpaläste (Normandy, Royal …),

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ein majestätisches Casino, Luxusboutiquen an jeder Straßenecke, Filmfestivals, die sogar die amerikanischen Superstars anlocken … und auch die kleinen Freuden eines typischen Seebads. Ein Tag für Spaziergänge und Meeresfrüchte … Ein Sommermorgen auf dem Markt in Deauville, Place Morny. Wir kaufen Käse und Gemüse aus der Region, bestaunen das hübsche Durcheinander aus Schmuck und Seidentüchern. Mit dem ofenfrischen Baguette machen wir es uns mit den Kindern und Freunden auf der Terrasse des Hibouville oder Morny’s gemütlich und betrachten beim Aperitif die Wasserspiele auf der Insel des Kreisverkehrs. Dann geht es weiter nach Trouville. Wir überqueren die Brücke der Belgier über den Touques, den kleinen örtlichen Fluss, und kommen im Fischerhafen an. Es duftet herrlich nach fangfrischen Meeresfrüchten. Es zieht uns zu Chez Alain, einem der fantastischen Fischhändler des legendären Fischmarktes von Trouville. Wir probieren Austern, Hummer, Schrimps, Wellhornschnecken, Langusten und andere Köstlichkeiten des Meeres, dazu ein Glas Weißwein und das, was von unserem Baguette noch


N O R MAN D I E An den Kais von Trouville kann man auf dem Fischmarkt Meeresfrüchte probieren oder Seezungen und Makrelen direkt vom Boot kaufen.

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Prachtvolle Belle-EpoqueVillen säumen alle Strände der Côte fleurie. Hier in Villers-sur-Mer.

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N O R MAN D I E übrig ist. Der Service ist unterhaltsam und freundlich, der Ort lockt zu einem Mittagessen bei salziger Seeluft. Morgen Abend kommen wir wieder, um frischen Fisch direkt vom Schiff zu kaufen. Für den Verdauungsspaziergang – neben dem kleinen Schluck Pommeau, den das Restaurant zum Abschied serviert – flanieren wir durch die Fußgängergasse Rue des Bains genau gegenüber und bestaunen die Schaufensterauslagen von Deko-Läden, Floristen und Trödelhändlern. Weiter geht es runter zum Strand, ein Eis von Martine Lambert in der Hand, zur Promenade, die sich hinter dem Casino an den zauberhaften Villen entlangzieht. Was halten Sie von einem Kaffee in der Strandbar Le Galatée?

eine kleine Tour durch die direkt an den Strand anschließende Innenstadt unternehmen. Die Fußgängergassen mit ihren Fachwerkhäusern, dem zauberhaften Postamt im normannischen Stil, den Blumen, das lebendige Treiben und dieser Duft von Urlaub tauchen den Besucher in einen Zustand von Tiefenentspannung. Man kennt sich, viele Familien kommen seit Generationen hierher. Nach einer Pause im Strandlokal Little Manjo brechen wir mit der Familie wieder auf. Für heute Abend haben wir für die Größeren einen Ausritt am Strand gebucht. Vor der untergehenden Augustsonne treffen wir im Sand von Deauville auf Petiseros mit ihren vier oder fünf Ponys, die vor dem morgigen Polospiel Kraft tanken.

Der Strand, die Fußgängergassen Es ist bald 16 Uhr. Wir machen uns in Richtung Villers-sur-Mer auf. Der lange familiäre Strand mit seinen weißen Kabinen, die Minikartbahn, der Mickey-Club, die Pflanzendinosaurier, das Urzeitmuseum und das Crêpe-Lokal sind ein Paradies für Kinder. Während die Kleinen bei Ebbe Sandburgen bauen und unter den Kieseln nach Krebsen suchen, können die Erwachsenen

Das Land des Pferdes und des Golfsports Die Normandie ist auch das Land des Pferdes. Das ganze Jahr werden Rennen veranstaltet, im August stehen Polospiele und Springreitturniere auf dem Programm. Mit ihren zwei Pferderennbahnen, ihrem internationalen Pferdesportzentrum, ihren endlos langen Stränden und ihren immensen Weiden ist die Stadt

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N O R MAN D I E

Das Casino von Deauville ist eine Institution. Hier kann man nicht nur spielen, sondern auch essen, tanzen und die Aufführungen seines Theaters im italienischen Stil genießen.

Deauville eines der Aushängeschilder für den französischen Reitsport. Ebenso hoch im Kurs: das Golfen. Mit den vier Golfplätzen in Deauville und Umgebung findet jeder Golfer sein Glück. Die Gastronomie verleiht diesem netten Kurztrip an die nor-

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mannische Küste die nötige Würze. Feinschmecker werden an den beiden Sternerestaurants in Deauville und dem in Beuvronen-Auge ihre Freude haben. Auch unter den vielen Brasserien an der Küste gibt es einige namhafte Etablissements, darunter in Trou-

ville das Gespann aus Les Voiles, Les Vapeurs, Le Central und Les Mouettes. Stammlokale von Parisern, Einheimischen und Touristen. Auch beliebt: Chez Miocque in Deauville, Le Mermoz oder La Digue in Viller-sur-Mer und Le Beau Site in Cabourg.


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Unbedingt Verbringen Sie einen Tag in Honfleur. Der nur wenige Kilometer von Trouville entfernte Fischereihafen Honfleur bietet mit seinen Kopfsteinpflastergassen gesäumt von Kunstgalerien einen schönen Rahmen für verregnete Tage. Hier entdecken Sie auch die Brücke der Normandie, die in Europa größte und weltweit zweitgrößte Schrägseilbrücke (Spannbreite 856 m). Entdecken Sie im August den Polosport: Die besten Spieler der Welt fordern sich den ganzen Monat über heraus, die Spiele unter der Woche sind kostenlos. Und natürlich: Probieren Sie den Käse Pont-l’Évêque und den unnachahmlichen Calvados!

Bloß nicht Meiden Sie die Strände im Norden von Trouville: Der Blick auf das Industriegebiet und den Handelshafen von Le Havre direkt gegenüber von der Seine-Mündung ist nicht jedermanns Sache. Verlieren Sie bei der Parkplatzsuche nicht die Geduld, vor allem nicht, wenn in Trouville Markttag ist. Tipp: Mieten Sie eine zentrale Unterkunft, ob Hotel, Wohnung oder Airbnb, damit Sie das Auto einfach stehen lassen können.

Geheimtipp Kleine Dörfer wie Beaumont-en-Auge oder Beuvron-en-Auge lohnen einen Umweg durch die sattgrünen Landschaften mit unzähligen Kuh- und Pferdeweiden, das Hinterland der Küste ist mehr als reizvoll. Die besten Orte, um den Sonnenuntergang zu betrachten, sind nicht unbedingt die Restaurants. Entscheiden Sie sich lieber für ein kleines Lokal wie Little Manjo in Villers-sur-Mer oder eine der Strandbars von Benerville-sur-Mer. Gönnen Sie sich einen Cocktail in einem der luxuriösen Hotelpaläste und genießen Sie das zauberhafte Bar-Ambiente zu stimmungsvoller Klaviermusik.

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C O G NAC

Cognac, eine Stadt und ihre Schätze Text Martine Carret

Die Trebbiano-Trauben gedeihen auf den sonnenverwöhnten Böden in den Flusswindungen der Charente im französischen Südwesten besonders prächtig. Hier entsteht der Cognac, der noch traditionell in Kupferkesseln gebrannt wird und in Eichenfässern reift. In der Region ist das bernsteinfarbene Getränk eine Lebenskunst für sich.

Die Stadt Cognac liegt in einer Flussschleife der Charente zwischen Angoulême und Royan und florierte bereits ab dem Mittelalter durch den Salzexport. Der 1494 im Schloss Cognac geborene Franz I. ermöglichte es der Stadt später, durch eine Abgabenbefreiung endgültig zu Reichtum zu kommen. Gärten wurden angelegt, die Straßen mit Kopfsteinen gepflastert. Im 17. Jahrhundert hatten holländische Händler den Einfall, „Branntwein“ aus der Weißweinsorte Trabbiano zu brennen, die in Frankreich unter dem Namen Ugni blanc bekannt ist. Dieser „Brandy“, den man in Frankeich einfach

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„Cognac“ nannte, stieß in der angelsächsischen Welt schnell auf große Beliebtheit. Der mit einer kontrollierten Herkunftsbezeichnung AOC geschützte Cognac darf nur in der Charente-Maritime, in der Charente und einigen Gemeinden in den Departements Deux-Sèvres und Dordogne angebaut werden, was eine Fläche von 79.500 Hektar ausmacht. Der Geologe und Paläontologe Henri Coquand erfand 1860 die Namen der geologischen Stufen Coniacium, Santonium und Campanium, auf denen die Einteilung aus 1909 des Cognacs in sechs CruStufen beruht: Grande Champagne, Petite Champagne, Borderies,


C O G NAC Der mikroskopisch kleine Pilz Torula cognasensis ernährt sich ausschließlich von Alkoholdämpfen. Er ist es, der die Fassaden der schönen Häuser in der Charente schwarz färbt.

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Die Rebsorte Ugni Blanc stammt aus der Toskana, wird seit dem Mittelalter in Frankreich angebaut und reift spät. Sie dient ausschließlich der zur Herstellung von Weinen, insbesondere Likörweinen.

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C O G NAC

An den Ufern des Flusses Charente errichtet, war die Stadt Cognac ideal für den Export von Fässern in die Neue Welt oder zu europäischen Häfen.

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C O G NAC Fins-Bois, Bons-Bois, Bois-Ordinaires oder „Bois à terroirs“, wobei sich hierbei auf die Bodenqualitäten berufen wird. Jeder Boden verleiht den Trauben natürlich ein anderes Aroma. Der berühmteste unter den Branntweinen Dieser weltweit bekannte Branntwein hat die Besonderheit, zweimal in einer Kupfer-Brennblase gebrannt zu werden. Die Assemblage der verschiedenen Branntweine aus den sechs Crus ist eine subtile Kunst, die dem Cognac seine Feinheit und seine Aromen verleiht. Seine Reife in Eichenfässern wird von dem staatlich kontrollierten Branchenverband „Bureau National Interprofessionnel du Cognac (BNIC)“ geprüft, der die Fässer mit seinem Stempel versieht, um Jahre später das genaue Reifealter zu bezeugen: Cognac VS (Very Special): Cognac, dessen jüngstes Destillat mindestens zwei Jahre alt ist. Cognac VSOP (Very Superior Old Pale): Cognac, dessen jüngstes Destillat mindestens vier Jahre alt ist. XO (Extra Old): Cognac, dessen jüngstes Destillat mindestens zehn Jahre alt ist. XXO (Extra Extra Old): Cognac, dessen jüngstes Destillat mindestens fünfzehn Jahre alt ist. Betörende Dämpfe Von November bis März tränken die Destillerien die Luft mit betörenden

Düften, wie die Brennerei Les Moisans in Sireuil, zu der sich ab Angoulême ein 15 km langer Weg durch die Landschaft schlängelt. Die geführte Besichtigung erklärt unter anderem, was der „Engelsanteil“ ist: Dieser Schluck der Engel ist die Menge an Alkohol, der im Laufe der Lagerung aus dem Fass verdunstet, was etwa 6 % des Volumens ausmacht. Ab 2023 wird eine ganz besondere Besichtigung angeboten: Im Hafen Sireuil starten Sie zu einer charmanten Bootstour auf der Charente bis zum Anlegesteg der Destillerie, dort gibt es eine Besichtigung gefolgt von einer Verkostung, bevor es mit dem Boot wieder zurückgeht. Eine ehrwürdige Institution Mitten in der Stadt Cognac entführt ein toller Rundgang, vor allem abends in einer in blaues Licht getauchten Atmosphäre, den Besucher in die Reifekeller, deren Wände kuriose schwarze Verzierungen haben, ein Werk des Schimmelpilzes namens Torula cognasensis, der sich ausschließlich von Alkoholdämpfen ernährt! Hier wurde 1715 der älteste Cognac-Hersteller gegründet, die Maison Martell. Auf Riesenleinwänden erzählen verschiedene Persönlichkeiten von der Geschichte des Hauses und dem legendären Martell Cordon Bleu, der 1912 kreiert wurde. Der Besucher lernt auch die Archivarin

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C O G NAC

Géraldine Galland und Gérard Soulet kennen, den Produktionsleiter des Fassherstellers Leroi, der erklärt, wie die Fässer von Hand gefertigt werden und welch wichtige Bedeutung sie für das Zusammenspiel von Eichenholz und Alkohol haben. Testen Sie Ihre Nase! Zehn Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt verbirgt sich hinter der unscheinbaren Tür in der 32 Rue de Boston eine wahre Schatzkammer, die Sie in eine andere Welt, eine andere Epoche versetzt. Im Obergeschoss befindet sich das Büro des Kellermeisters mit seinen vielen Reagenzgläsern und Destillen. Ein Raum mit Apothekerschränken vollgestopft mit etikettenverzierten Behältern erzählt von der Geschichte dieses Hauses, das 1905 von dem Norweger Thomas Bache-Gabrielsen gegründet wurde. Das Holz überall gibt diesem Ort eine warme Atmosphäre, die keiner Zeit zugeordnet werden kann. Ein neuartiges Besuchserlebnis, das sich die vierte Generation Bache-Gabrielsen ausgedacht hat: die Cellar Master Challenge (50 €).

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Erster Test: Stellen Sie nur mit Ihrem Geruchssinn ein Rad mit acht Aromen nach (Vanille, Jasmin, Pfeffer …). Zweiter Test: Versuchen Sie, eine Cognac-Assemblage aus drei Crus nachzuahmen, die vom Kellermeister kreiert wurde. Und auch hier ist Ihre einzige Hilfe Ihre Nase, um den richtigen Prozentanteil jedes Cru herauszufinden. Eine Erfahrung, die deutlich macht, welch ein Sinnenvirtuose der Kellermeister ist und welche Schlüsselrolle er im Unternehmen hat. Und wenn es schon knifflig ist, den Mengenanteil von drei Crus auszumachen, dann stellen Sie sich mal vor, die perfekte Mischung aus 80 oder 100 Crus zu finden! Wohlfühlen und entspannen Das über zwei Hektar große Luxushotel Chais Monnet & Spa in der Stadtmitte hat eine imposante Architektur mit einer angenehmen Mischung aus einem modernen und einem alten Teil aus dem Jahre 1838. Die hauseigene Pflegeanwendung im Spa „L’Arôme du Chai“ ist eine Hommage an die Region: Fußpeeling mit Salz aus der Charente und Traubenkernöl, Massage mit einem Öl namens „Perle des Weinbergs“ und Gesichtspflege (1 Stunde und 45 Minuten).


C O G NAC Einen Cognac zu mischen ist eine Kunst. Das Entdecken von Geschmacksrichtungen gehört zu den unumgänglichen Erfahrungen für jeden Besucher der Region.

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C O G NAC

Cognac reift in handgefertigten Eichenfässern, die von Küfern geformt werden, die ihr Wissen von Generation zu Generation weitergeben.

Der Speisesaal des 1-Sterne-Restaurants Les Foudres befindet sich in einem ehemaligen Reifekeller, der mit seiner Deckenhöhe von neun Metern einer Kathedrale gleicht. Zu sehen sind noch drei authentische „foudres“, sprich 260 Hektoliter große Fässer. Die halbmondförmigen Fässer wurden eigens für die Deko angefertigt. Der überraschende Ort ist für seine Einrichtung genau wie für seine Küche einen Besuch wert. Auch die belebte Jazz Bar 1838 in der ehemaligen Fassfabrik lohnt sich.

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Ausnahme-Cognacs In Jarnac, 15 km von Cognac entfernt, verkauft die diskrete und elegante Maison Delamain ausschließlich Cognacs XO. Seit bald zwei Jahrhunderten kreieren die Nachkommen von Delamain Generation für Generation, wie wahre Hüter der Zeit, prestigeträchtige Cognacs XO und XXO, die in aller Ruhe reifen können und nur aus Weinen aus der Lage Grande Champagne bestehen. Einer der Höhepunkte der Besichtigung ist der Reifekeller, ein niedriges Gewölbe, das der

Krypta einer gotischen Kirche ähnelt und dessen Geschichte bis heute ein Rätsel ist. Die Aromen, die aus den für die Besichtigung geöffneten Fässern entweichen, kitzeln betörend in der Nase. Rebecca Montgomery, eine passionierte Fremdenführerin, weiß diesen Jahrhunderte alten Mauern ihre Geheimnisse zu entlocken. Das Haus bietet auch ein Dinner an, bei dem zu jeder Speise der passende Cognac gereicht wird. Dieses „Dîner Pairing AfterHours“ wird in einem umgestalteten Fass serviert.


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Velvet, die neue Cocktailbar mit urigem Ambiente, die Sie in die Zeit der 1920er zurückversetzt.

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Text Marion Finzi

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Home away from home Fotos Corinthia London

Mitten in London gibt es einen magischen Ort. Der Zauber des Corinthia London steckt in der Gastfreundlichkeit, der Intimität, der Großzügigkeit, die wir gleich beim Betreten empfinden. Ein Ort wie kein anderer, der uns zu einem unvergesslichen Erlebnis in einem entspannten Ambiente einlädt und wo der Luxus im Selbstverständlichen liegt. Wenn die Mauern des Gebäudes an der Ecke von Northumberland Avenue und Whitehall Place mitten im Wohnviertel Saint-James sprechen könnten, was würden Sie uns verraten? Viele kleine Anekdoten, die sich zur großen Geschichte zusammenfügen. Das Gebäude diente am Ende des 19. Jahrhunderts als Hotel, Sitz des MI6 und wurde während des Ersten Weltkriegs von der Churchill-Regierung beschlagnahmt. Auch die Pressekonferenz zum James-Bond-Film „Skyfall“ fand in diesem Hotel statt, als Hommage an die JamesBond-Comics des Autors Yaroslav Horak, in denen dieses Gebäude als Sitz des MI6 beschrieben wird. Die maltesische Hotelkette Corinthia ließ das Gebäude ab 2011 um-

fangreich renovieren, um schließlich ein 5-SterneLuxushotel darin zu eröffnen. 283 Zimmer, 51 Suiten und 7 Penthouses, kein Wunsch bleibt offen. Das Corinthia London zu betreten ist wie eine magische Pforte zu durchschreiten: Trubel und Lärm der englischen Hauptstadt bleiben draußen, hier haben Sie den Raum und die Zeit, die Exzellenz des englischen Service zu entdecken, der Tradition, Komfort, Geschichte und Intimität vereint. Dieser Ort hat so vieles zu bieten, dass man ihn gar nicht mehr verlassen möchte. Und genau das strebt das Hotel an: einen gemütlichen Kokon für seine Gäste zu schaffen, ihnen ein Gefühl von Zuhause zu geben und sie dabei mit einem luxuriösen RundumService zu verwöhnen.

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T RAU M H OT E L

Ein angenehmes Parfum liegt in der Luft, wenn man die Flure entlangschreitet. Überall stehen bunte Blumensträuße, zauberhafte Kreationen der Floristin MacQueen, die ihr Atelier direkt im Hotel eingerichtet hat. Freundliche, persönliche Details, die Sinn machen und dem authentischen Luxus des Corinthia London Tribut zollen. Zeit für einen Afternoon Tea Von der blumengeschmückten Rezeption sind es nur ein paar Stufen bis in die Lobby, wo die Gäste bei einer stilechten Teezeremonie einen Moment der Ruhe genießen – auf die englische Art, versteht sich. Dieser zauberhafte runde Raum wird von einer Glaskuppel gekrönt, in deren Mitte ein majestätischer Kronleuchter der berühmten französischen Kristallfabrik Baccarat hängt. Dieses prachtvolle Modell mit dem klangvollen Namen Fullmoon hat 1.000 schillernde und funkelnde Kristalle – und auch hier zieht ein Detail alle Blicke auf sich: Der charakteristische achteckige Rubin, das Markenzeichen jedes Baccarat-Kronleuchters, der hier symbolisch für das Herz des Hotels steht. Ein Pianist erweckt klassische Meisterwerke zum Leben, zu deren Klängen die Kellner kleine, deftige Sandwiches, noch warme Scones mit einem großzügigen Klecks Clotted Cream und Rhabarber-Ingwer-Konfitüre servieren. Dazu wird von einem Servierwagen feines Gebäck ge-

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reicht. Und eine Tasse Earl Grey mit Milch, of course. Eine andere Welt, eine andere Zeit. Kulinarische Welten Im Corinthia London befinden sich vier Restaurants mit jeweils anderem Ambiente, die aber alle zu einer einzigartigen kulinarischen Reise einladen. Das Northall serviert in einem schönen Rundsaal eine raffinierte europäische Küche. Im sterneprämierten Kerridge’s Pub genießen Sie im modernen Bar-Ambiente mit seinen tiefen Chesterfield-Sesseln neu aufgelegte Klassiker aus der englischen Küche – britischer geht es nicht. Das wohl extravaganteste Gastronomieangebot des Hotels ist das „The Garden“, eine wahre Oase mitten in der Stadt. Seine Dekoration ändert sich mit den Jahreszeiten: Im Winter hat es mit seinem Kamin, den dicken Fellen, Raclette- und Champagner-Menüs heimeliges Chalet-Ambiente. Im Frühling schickt es seine Gäste mit Zitronenbaum, kühlem Rosé und leichten Gerichten auf eine Reise nach Capri. Das erst vor Kurzem eröffnete Velvet ist eine Cocktailbar mit urigem Speakeasy-Ambiente, die Sie in die Zeit der 1920er zurückversetzt. Samt an den Wänden, rote und blaue Sofas und fransenbehangene Lampen sorgen für eine gedämpfte Atmosphäre. Lassen Sie sich in einen der tiefen, dicken Sessel sinken und genießen Sie jeden Abend ab 21 Uhr zu der Livedarbietung von Sänger und Pianist


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einen extra für Sie vom Barkeeper gezauberten Cocktail. Sie werden vergessen, dass Sie in London sind – dass Sie in einem Hotel sind. Und doch brauchen Sie am Ende des Abends nur auf den Knopf des Aufzuges zu drücken und schon sind Sie wieder in Ihrem komfortablen Zimmer – das ist Luxus. Eine Welt unter der Welt Und wieder ist es der Aufzug, der Sie in eine andere Welt, dieses

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MAL LO R CA

Cala Figuera ist eines der schönsten FIscherdörfer Mallorcas.

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Das historische Stadttor Porta del Moll in der Altstadt von Alcudia.

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MAL LO R CA

Mallorca – Allroundtalent und Alleskönnerin Text Nikki Bonnal

Ich weiß nicht, wie Sie am liebsten reisen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass auch für Sie das Trio „Entdecken – Genießen – Erholen“ zum gelungenen Urlaub mit dazugehört. Um es gleich vorwegzunehmen: in puncto Vielseitigkeit ist die Inselschönheit Mallorca kaum zu schlagen. Sie spricht gleichermaßen Sonnenanbeter, Naturliebhaber, Sportbegeisterte sowie Feinschmecker und Kulturfans an. Bei 3.640 km2 (damit ist Mallorca genau 1.054 km2 größer als Luxemburg) bleiben die Distanzen übersichtlich und die Kombinationsmöglichkeiten sind gewaltig. Gerade im Urlaub ist es ausdrücklich erlaubt, ohne Reue einmal NICHTS zu tun (zu „chillen“, wie es bei meinen Kindern heißt), sich auszuruhen, den wunderbaren Wellnessbereich im Hotel zu nutzen, stundenlang Romane und Krimis zu lesen und sich abends ganz relax aufs Dinner im schicken Hotelrestaurant einzustimmen. Der Gipfel des Glücks? Durchaus, wenn man Lust darauf hat. Urlaub ist schließlich etwas

ganz Persönliches und erlaubt ist, was gefällt. Würden Sie mir dennoch erlauben, auf weitere Möglichkeiten der Glücksfindung auf Spaniens schönster Insel hinzuweisen? Auch wenn Sie mit Wandern in der Regel nichts am Hut haben (ich gehöre ein klein wenig zu dieser Kategorie), versuchen Sie es! Ich habe mit meinem Mann bereits etliche Wanderungen auf Mallorca unternommen, vornehmlich im westlichen Tramuntana-Gebirge, und ich bin begeistert! Die letzte Wanderung im Herbst hat uns von Banyalbufar nach Port des Canonge geführt, mit wunderschönen Wald- und Felsenlandschaften und herrlichen Aussichten. Sehr schön ist auch der romantische Küstenweg von Sant Elm (reservieren Sie im Anschluss im Restaurant

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Es Molí!) zu den Klosterruinen La Trapa, mit spektakulärem Blick auf die gegenüberliegende Insel Sa Dragonera. Möchten Sie auch im Urlaub Kultur nicht missen? Dann planen Sie etwas Zeit für das Kunstmuseum Es Baluard Museu d’Art Contemporani in der Altstadt der Inselhauptstadt und die ein oder andere Kunstgalerie in Palma und vielen anderen mallorquinischen Ortschaften ein. Auch die Fundació Miró ist einen Besuch wert, genau wie das gotische Schloss Bellver, 3 km westlich von Palma, ein einzigartiges Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert mit grandioser Aussicht, oder das schöne, ehemalige Kloster Real Vartuja mit ChopinMuseum in Valdemossa. Weniger bekannt, aber ein absolutes kulturelles Highlight, ist das wunderbare Museo Sa Bassa Blanca, auch bekannt als Fundación Jakober, ein beeindruckendes Bauwerk im hispanisch-maurischen Stil, 7 km östlich von Alcúdia. Hier erwarten den Besucher, inmitten einer großzügigen Parkund Gartenlandschaft, einzigartige Sammlungen und Objekte zeitgenössischer Kunst aus verschiedenen Kontinenten sowie herausragende Werke aus der Antike (u. a. Kinderporträts vom 16. – 19. Jahrhundert). Durch die

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außergewöhnliche Mischung aus Natur, Architektur und Kunst werden im Sa Bassa Blanca alle Sinne geweckt. Ein Tagesausflug lohnt in jedem Fall, falls man alles ohne Zeitdruck besichtigen möchte. Wahre Glücksgefühle lösen bekanntlich bei vielen Menschen kulinarische Gelüste aus. Damit sind nicht unbedingt die zahlreichen Sterne-Restaurants gemeint, die man auf Mallorca in großer Vielfalt vorfindet und die den allerhöchsten Ansprüchen gerecht werden. Nein, ich denke vielmehr an die vielen kleinen, authentischen Restaurants, die Sie nicht in allen Reiseführern finden. Eines meiner Lieblingsrestaurants ist das CA NA TONETA in Caimari, am Fuße der Tramuntana-Berge, mit köstlichen mallorquinischen Speisen, kreativ zubereitet aus frischen Zutaten der Saison. Ein wahres Geschmackserlebnis (das seinen Preis hat!), mit einzigartiger, rockiger Atmosphäre, ist das CLANDESTÍ TALLER GASTRONOMIC, in Palmas nördlichem Zentrum eher unscheinbar in einer ehemaligen Garage gelegen. Hier finden maximal 12 Personen an einem langen Bartresen Platz, wo mit viel Passion und Knowhow ein innovatives Mehrgänge-Menü in einer offenen Küche zubereitet wird. Großes Kino!


MAL LO R CA Von den Klosterruinen La Trapa hat man einen atemberaubenden Blick auf die Insel Sa Dragonera.

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Der Parc natural de Mondragó mit seinen wunderschönen Lagunen.

Falls Sie den Süden der Insel entdecken möchten und bereit sind, sich rund eine Stunde von der Inselhauptstadt zu entfernen, so empfehle ich als Etappe das CASSAI Gran Café im hübschen, etwas verschlafenen Ses Salines. Ein cooles, ansprechendes Dorfrestaurant mit schönem Innenhof, sympathischem Empfang und ganz ehrbarer, keineswegs „gastronomischer“ Küche. Eine gleichermaßen liebenswerte Adresse ist das Schwesterrestaurant in Colonìa de Sant Jordí, das CASSAI Beach House, direkt am Meer.

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Kombinieren Sie Ihren Ausflug in der Südregion mit einer kleinen Wanderung im Parc natural de Mondragó oder schlendern Sie durch die Altstadt von Santanyí, mit anschließender Besichtigung der pittoresken Cala Figuera. Wenn Ihnen das alles als Tagesausflug viel zu anstrengend ist, so buchen Sie doch ein Zimmer im kleinen Designhotel Sa Creu Nova in Campos und reservieren gleich einen Tisch in einem der guten Hotelrestaurants, dem mediterranen Tess de Mar oder dem japanischen Kairiku.

Dass Mallorca das ganze Jahr über eine Reise wert ist, wissen alle, die Mallorca bereits kennen. Allen anderen mögen diese Empfehlungen Ansporn sein, eine auf den ersten Blick bestens bekannte Insel mit ALL ihren Facetten kennenzulernen und auf Entdeckung zu gehen. Als Belohnung warten großartige Naturlandschaften, romantische Buchten, vielfältige kulinarische Highlights, eine boomende Kunst- und Kulturszene, freundliche Menschen und, nicht zu vergessen, ein herzerwärmendes Klima!


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Breviarium

Tramuntana-Gebirge Alcúdia Port des Canonge

Caimari

Benyalbufar

Sant Elm

39° N 3° E www.mallorca.com

Palma

MALLORCA

Campos Santanyí Ses Salines Colonìa de Sant Jordí

Unbedingt Vergessen Sie nicht, beim Wandern genügend Wasser und ein kleines Picknick mitzunehmen. Wandern macht hungrig und kleine, improvisierte Picknickplätze mit atemberaubendem Blick mitten in der Natur gibt es hier mehr als genug. Darüber hinaus sind gutes Schuhwerk und eine sorgfältige Vorbereitung unerlässlich. Sie möchten den Rückweg schließlich nicht in der Dunkelheit antreten oder bei Gewitter über Mallorcas Berge kraxeln. Besorgen Sie sich einen guten Wanderführer, z. B. Die schönsten Küsten- und Bergwanderungen von Rolf Goetz/Rother oder den GR 221 Serra de Tramuntana (Triangle/Postals).

Bloß nicht Dass die Baleareninsel Mallorca vor allem bei Deutschen sehr beliebt ist, ist kein Geheimnis. Die deutsche Sprache beherrschen auch die meisten von uns Luxemburgern sehr gut. Trotzdem sollten Sie der Versuchung widerstehen, in Geschäften oder Restaurants automatisch auf Deutsch zu bestellen. Ein paar Brocken Spanisch kann jeder erlernen und auch Mallorquiner sind dankbar für etwas Interesse an ihrer kulturellen Identität.

Geheimtipp Obwohl für die Mehrheit der Mallorca-Reisenden ein Strandurlaub im Sommer angesagt ist, gilt bei Insidern nicht der Sommer, sondern der Herbst als beste Saison. Kein Wunder, wenn man weiß, dass die Temperaturen sogar im Oktober noch angenehme 23 – 25 Grad erreichen können und die Meerestemperatur noch immer über 20 Grad liegt. Halten Sie die Augen offen nach Schnäppchen bei LUXAIR und buchen Sie mehrere Monate im Voraus Ihren Direktflug zur Sonneninsel. Auch Hotels sind im Spätsommer und vor allem im Herbst um vieles günstiger. Da bleibt vom Urlaubsbudget genug übrig fürs Shoppen und Schlemmen oder wonach auch immer Ihnen gelüstet!

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Tel Aviv: Bauhaus auf Israelisch Text Susanne Freitag

Ein Spaziergang zu den architektonischen Schätzen der „Weißen Stadt“.

„Wir sind Meister darin, alles so hinzubiegen, dass es passt“, erklärt Karl Walter, seines Zeichens Tourguide in Tel Aviv. Dieser pragmatische Vorsatz gilt auch für das wohl reichste Erbe der Stadt, die rund 4.000 Gebäude im Bauhaus- und internationalen Stil, denen Tel Aviv den Beinamen „Weiße Stadt“ zu verdanken hat. Einige der Architekten der zwischen 1928 und 1945 entstandenen Gebäude waren vor ihrer Vertreibung durch die Nazis Schüler des legendären Bauhauses in Weimar und Dessau, darunter Arieh Sharon, Shmuel Miestechkin, Shlomo Bernstein und Zeev Rechter. Sie folgten der Leitidee von bezahlbarem, schnörkellosem Wohnraum für alle und dem künstlerischen Leitsatz „Form

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folgt Funktion“. Allerdings standen sie auch vor der Herausforderung, die klimatischen Besonderheiten Tel Avivs zu berücksichtigen. Heraus kamen moderne Bauten mit Flachdächern, vertikalen Lichtleisten über den Treppenhäusern und großen Balkonen mit horizontalen Schlitzen in den Balustraden. Und die Bewohner bogen fleißig weiter. Sie verpassten den Häusern im Laufe der Jahre Klimaanlagen, Etagenaufbauten oder Kunststoffjalousien. Auf Renovierungen konnten sich die unterschiedlichen Wohnungseigentümer allerdings selten einigen, so dass an vielen Häusern der Putz bröckelte, die ehemaligen prachtvollen Eingangshallen verwahrlosten und die schattigen Gärten verwilderten.


AV I V T E L Betörender Kontrast: Blauer Himmel und weißes Bauhaus.

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Blick auf die Al-BahrMoschee in Jaffa und auf die Strandpromenade von Tel Aviv.

UNTEN

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Umwelt-Skulptur des israelischen Architekten Dani Karavan, die Tel Avivs Geschichte und Landschaft widerspiegelt, im Edith Wolfson Park in Tel Aviv.

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AV I V T E L Seit 2003 sind die Häuser unter dem Begriff „Weiße Stadt“ als „ein einzigartiges Phänomen der Geschichte der Modernen Architektur“ UNESCO-Welterbe. Und nicht viel länger ist es her, dass auch die Bewohner begannen, ein Bewusstsein für ihre architektonischen Schätze zu entwickeln. Leben in Denkmälern „Wir leben in diesen Denkmälern und müssen uns den zeitlichen Veränderungen anpassen“, erklärt Sharon Golan, Direktorin des Denkmalschutz- und Architekturzentrums im Max-Liebling-Haus. Sie hat das White City Center (WCC, www.whitecitycenter.org) mitgegründet, das 2019, im 100. Jubiläumsjahr des Bauhauses in Dessau, hier eröffnete. Seitdem ist das 1936 von Architekt Dov Karmi entworfene Gebäude in der Idelson-Straße die erste Anlaufstelle für Architekturfans. Dort können sie Ausstellungen, Lesungen und andere Kulturveranstaltungen besuchen. Zusätzlich widmet sich das WCC der Forschung und Weiterbildung rund um das Bauhaus. Für Golan ist der Aufbau des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Deutschland mitfinanzierten Zentrums „eine zeitgenössische Art, mit einem Denkmal umzugehen und der Austausch von Bildung eine Annäherung zwischen Israel und Deutschland.“ Ein weiterer zentraler Punkt für Architektur- und Designliebhaber ist das Bauhaus-Center in der Dizengoff-Straße. Besucher können einen Film über die Entstehung der Weißen Stadt anschauen und

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sich mit originellen Taschen und Bechern von israelischen Designern sowie Bauhaus-Büchern und Plakaten eindecken. Der ursprünglich aus der Schweiz stammende Dr. Mischa Gross leitet das Center und bietet seit 23 Jahren geführte Touren durch die Bauhaus-City an. 13 Stationen umfasst der Rundgang und zu jedem der Häuser hält Gross eine Erklärung bereit. Auch die Stadt Tel Aviv bietet „White-City“-Touren an: Interessierte können jeden Samstag spontan an einer kostenlosen Führung auf Englisch teilnehmen, Treffpunkt ist um 11 Uhr am Rothschild-Boulevard Nummer 46 beim Tourismusverband von Tel Aviv. Wer die Stadt lieber auf eigene Faust erkundet, leiht sich im Bauhaus-Center einen Audioguide aus. Verlaufen kann man sich in Tel Aviv kaum. Dank der Weitsicht des ersten Stadtplaners Sir Patrick Geddes Ende der 1920er-Jahre können sich Spaziergänger an den Hauptverkehrsachsen orientieren, die parallel zum Meer von Norden nach Süden verlaufen. Die kleineren Straßen und Alleen dagegen führen von Westen nach Osten und öffnen den Weg für eine angenehme Meeresbrise durch die Stadt. Nur ein paar Meter vom Bauhaus-Center entfernt findet sich der erste architektonische Höhepunkt und das Herz Tel Avivs: Der Zina-Dizengoff-Platz, benannt nach der Frau des ersten Bürgermeisters Meir Dizengoff, mit dem ehemaligen Kino, das von dem Architekten Yehuda Magidovitch 1938 erbaut wurde und mittlerwei-

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le als Boutiquehotel Cinema nicht nur Bauhaus-Liebhaber beherbergt. Vor wenigen Jahren wurden die Gebäude rund um den Kreisverkehr des Platzes saniert und dieser in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Der Entwurf von 1934 stammt von der damals erst 25-jährigen Architektin Genia Awerbuch, die allen Häusern am Platz eine einheitliche Fassade mit konkaven Balkonen verpasste. Im ehemaligen Kino Esther bewundern die Hotelgäste heute das monumentale Treppenhaus mit der breiten Wendeltreppe und die Kino-Artefakte und Schaukästen, die von der einstigen Funktion des Hauses zeugen. Direkt gegenüber liegt das Center Hotel von 1948, mit dem der Architekt Haim Meshulam den konkaven Fassaden der anderen Gebäude rund um den Dizengoff-Platz folgte. Dort lohnt ein Besuch des Dachgartens mit Blick auf die architektonischen Perlen von oben. Keine zehn Minuten Fußweg entfernt, in Richtung Rothschild-Boulevard, empfängt die White Villa, ein Boutique-Hotel mit der Atmosphäre einer Privatresidenz, ihre Gäste. Das Anwesen wurde vom Architekten Samuel Barkai als urbanes Wohnhaus gebaut, inspiriert und beeinflusst von Le Corbusier. Am und rund um den Rothschild-Boulevard, die Prachtstraße vom Nationaltheater Habima im Norden bis zum szenigen Viertel Neve Tzedek im Südwesten, sind die Stars der Bauhaus-Architektur versammelt, wie das Rubinsky-


AV I V T E L Tel Avivs Prachtstraße: Der Rothschild Boulevard.

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AV I V T E L

Das Tor des Glaubens im Abrasha-Park in Jaffa, Tel Aviv.

Haus der Architekten L. Kranowski und E. Marcusfeld, das die Geburt des „israelischen Bauhauses“ symbolisiert. Es wurde 1935 entworfen und 2008 restauriert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Bauhaus-Devise schmücken es Markisen, runde Fenster und abgerundete Terrassen ohne wirklich praktische Funktion. Über die beiden 1935 von Pinchas Hitt entworfenen Wohnblöcke des Yitzhaki-Hauses am RothschildBoulevard 89–91, die sich exakt spiegeln, geht es weiter zum 1933 von Zeev Rechter entworfenen Engel House auf Nummer 84. Als

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erstes Gebäude in Tel Aviv wurde dieses auf Säulen, so genannten Pilotis, errichtet, die für eine gute Belüftung sorgen. Dass viele Gebäude der Weißen Stadt mittlerweile saniert sind, verdankt Tel Aviv vor allem einer Frau: der Denkmalpflegerin und Architektin Nitza Metzger-Szmuk, die 1990 in der Stadtverwaltung eine Denkmalpflegeabteilung gründete. Sie war es auch, die die Ernennung der Weißen Stadt zum Welterbe ins Rollen brachte. „Ich kam zur richtigen Zeit mit dem richtigen Wissen und hatte Geduld“, erin-

nert sie sich. „Damals haben die Einwohner Tel Avivs die BauhausTouristen noch ausgelacht.“ 2003 eröffnete Metzger-Szmuk, die Mitglied im Fachbeirat des White City Center (WCC) ist, ihr eigenes Architektenbüro, das sich auf Denkmalpflege spezialisiert hat. Neben der Sanierung historischer Häuser schafft sie auch neuen Wohnraum. „Das Leben ändert sich und wir auch“, erklärt Metzger-Szmuk. Nur die Atmosphäre Tel Avivs müsse bleiben: „Wichtiger noch als die Architektur ist der Spirit der Stadt – das Gefühl von Freiheit und Offenheit.“


AV I V T E L

Breviarium

Nazareth

Tel-Aviv

Jerusalem

JORDANIEN

32° N 34° O

ÄGYPTEN

visit.tel-aviv.gov.il

Unbedingt Besucher, die nicht nur schauen, sondern selbst ein paar Tage in einem dieser Baudenkmäler wohnen möchten, können in einem der Hotels im Bauhaus-Stil, wie etwa das The Poli House Hotel aus den 1930er-Jahren am Magen-David-Square oder das im Text genannte Cinema Hotel am ZinaDizengoff-Platz, übernachten. Auf der Webseite des Bauhaus-Centers, bauhaus-center.com, ist eine Hotelliste verfügbar.

Bloß nicht Wer nach Tel Aviv reisen will, sollte sich nicht von den hohen Sicherheitsmaßnahmen und den Kontrollen bei der Einreise abhalten lassen. Einfach und schnell geht es mittlerweile beim Rückflug: Am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv sind schon viele Vorgänge, wie etwa die Gepäckaufgabe, digitalisiert. Außerdem müssen die Passagiere erst nach dem Online- oder Automaten-Check-in durch die Sicherheitskontrolle. Generell kann man die meisten der für die Ausreise erforderlichen Vorgänge online und auf digitalem Weg abwickeln.

Geheimtipp Für einen kulinarischen Blick auf die Stadt lohnt ein Abstecher zum Karmel-Markt am Square Magen David, dem größten Obst- und Gemüsemarkt in Tel Aviv. Ähnlich einem orientalischen Basar reihen sich dort farbenfrohe Gewürz-, Obst- und Gemüsestände an Auslagen von Kippas, T-Shirts und Schuhen. Und mittendrin gibt es den besten Humus von Tel Aviv im „Humus“-Imbiss. Im einfachen Restaurant zeugen eine hinter Glas ausgestellte Thora sowie alte Schriften von der Vergangenheit des Gebäudes als Synagoge.

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F RAN C I S C O SAN

Als wir Hippies waren Text Stefanie Bisping

San Francisco ist die Heimat vieler Superreicher, das Leben in der einstigen Hippie-Metropole ist süß und teuer. Dabei ist die Sehnsucht nach Frieden, Liebe und Flower Power groß. Eine „Love Tour“ im VW-Bulli bringt ein Stück Vergangenheit zurück.

„Here comes the sun“ von den Beatles klingt aus den Boxen. Es hilft: Der Morgennebel über der San Francisco Bay lichtet sich. Zwischen den Harmonien sprudelt Tourguide Allan Graves Informationen über die Stadt hervor, in der der in Costa Rica geborene Sohn eines Kanadiers und einer Nicaraguanerin fast sein ganzes Leben verbracht hat und die er genauso liebt wie die Musik der Hippie-Ära. Eine weitere Leidenschaft sind alte VW-Bullis. Fast im Schritttempo klettert sein mit Porträts von Janis Joplin und Carlos Santana sowie einem Bild der Golden Gate Bridge verzierte Bulli den steilen Russian Hill hinauf. Durch Seitenstraßen öffnet sich

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der Blick auf die Bucht, im Dunst ist gar die Insel Alcatraz zu erahnen. Oben zeigt sich: Die Schwerkraft ist der Freund des Oldtimers. Mit Schwung geht es die Serpentinen der Lombard Street hinab, während Otis Redding „Sittin’ on the dock of the bay“ singt. Draußen bleiben Menschen stehen, winken und tasten nach ihren Smartphones, um den bunten Bus „Sunshine“ zu fotografieren. Die Teilnehmer der „Love Tour“ schauen sich nicht nur Sehenswürdigkeiten an, „Sunshine“ macht sie selbst zur Attraktion. Am Steuer erzählt Allan, wo Baseball-Legende und Monroe-Gatte Joe DiMaggio zur High School ging, welche Straßenzüge beim Großen Beben


F RAN C I S C O SAN An Bord von VW-Bus „Sunshine“, Baujahr 1976, werden Touristen selbst zur Attraktion.

OBEN

San Francisco ist auch architektonisch besonders vielfältig: Der Palace of Fine Arts greift optisch auf die Zeit von Griechen und Römern zurück.

UNTEN

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Die Golden Gate Bridge überspannt seit 1937 die San Francisco Bay und gehört zu den ikonischen Attraktionen Kaliforniens.

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F RAN C I S C O SAN 1906 von Feuer und Zerstörung verschont blieben und was als bester Ort in den USA gilt, um Bekanntschaften zu machen – eine sommers von Yogamatten übersäte Wiese an der Marina Road, nicht zufällig eine der teureren Gegenden in der teuren Stadt. Dann erteilt er Scott McKenzie das Wort: „If you‘re going to San Francisco, be sure to wear some flowers in your hair“, singt der. Als ob es so einfach wäre. Allan Graves ist nicht nur Guide, sondern auch Betreiber der „Love Tours“. Er studierte Internationale Beziehungen und arbeitete im Bereich Finanzdienstleistungen und Technologie. „Wie jeder in San Francisco“, sagt der 44-Jährige und lacht. Er langweilte sich, während das Leben das Tempo anzog. „Meine Tochter ging aufs College, mein Hund starb und meine Freundin trennte sich von mir. Da habe ich gedacht, ich muss zurück zu den Dingen, die ich liebe.“ Das waren alte Autos. Allan begann nach VW-Bussen aus den Siebzigerjahren zu suchen und überlegte, was er mit ihnen anstellen könnte. Er forschte nach touristischen Touren mit Bulli – in San Francisco, in Kali-

fornien, auf der Welt. Es gab keine. Mit seinem Bruder kaufte er erst den VW-Bus „Love“, Baujahr 1972 mit Automatikgetriebe, und ersteigerte dann den zweiten, „Sunshine“, aus dem Jahr 1976. Sie bauten Oberlichter ins Dach und baten die Künstlerin Madison Tomsic, die Busse mit ikonischen Motiven aufzupeppen. Allan ließ sich zum Guide ausbilden. 2014 starteten er und sein Bruder die „Love Tours“, ein Jahr später waren die HippieBustouren bereits Vollzeitjobs. Bald besaß das Unternehmen acht umgestaltete alte Busse und beschäftigte zwanzig Angestellte. Stadttouren per E-Bike Touristen, die es luftiger lieben, sind bei Nick Hormuth richtig. Der 37-Jährige bietet Stadttouren per E-Bike an, die den Radlern in der hügeligen Stadt den nötigen Schwung verleihen. Sein kleiner, mit einem Plattenspieler ausgestatteter und mit Sombreros dekorierter Bike Shop ist Herzstück des Unternehmens, das er vor acht Jahren gründete. Nick fährt fast jede Tour selbst und zeigt den Teilnehmern alles, was die Stadt für Insider ausmacht – von der

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Eine nebelige Stadtlandschaft bei einem goldenen Sonnenuntergang.

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F RAN C I S C O SAN Die weltbekannte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz in der Bucht von San Francisco.

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„La Palma Tortilla Factory“ im von Wandgemälden geschmückten Viertel The Mission bis zum Bernal Hill, wo sich ein traumhafter Blick auf San Francisco öffnet. Allan Graves deutet derweil am Union Square auf eine unlängst ausgeräumte Louis-Vuitton-Filiale und klagt über den im vergangenen Juli abgewählten Bezirksstaatsanwalt Chesa Boudin. Der 1980 geborene Yale- und Oxford-Absolvent verzichtete auf Untersuchungshaft, wenn keine Gefährdung der Allgemeinheit vorlag. Denn Boudin glaubte nicht an Haftstrafen. Seine Eltern waren Mitglieder der radikalen Organisation Weather Underground. Nach der Beteiligung an einem Raubüberfall in New York 1981, bei dem zwei Polizisten und ein Wachmann getötet worden waren, verbrachten sie Jahrzehnte im Gefängnis. Chesa Boudin, Enkel des Anwalts Leonard Boudin, zu dessen Klienten die kubanische Revolutionsregierung gehörte, trat bei der Wahl 2019 mit dem expliziten Ziel an, Massenhaft zu beenden und stattdessen die Wurzeln der Kri-

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minalität zu bekämpfen: Drogensucht, psychische Erkrankungen, soziale Probleme. Zu Beginn der Pandemie entließ er fast die Hälfte der Inhaftierten der Stadt. Fortan blickte das Law and Order liebende Land mit wohligem Gruseln auf die Verrückten im Westen. Doch auch den Bewohnern der Stadt ging es schließlich zu weit, 55 % stimmten im Sommer 2022 gegen ihn. Soziale Kontraste Kalifornien ist Heimat der meisten Milliardäre in den USA. Der Großteil der kalifornischen Superreichen lebt in San Francisco, der Heimat von Facebook, Twitter, Uber und anderen florierenden Tech-Unternehmen. 39 Milliardäre zählt das Magazin Forbes in der 880.000-Einwohner-Stadt, andere kommen auf 41 oder sogar 77 – mehr gibt es nur in New York City, wo indes zehn Mal so viele Menschen leben. Fünf Millionen im Jahr spenden die Bewohner der Stadt für Obdachlose, von denen es hier ebenfalls besonders viele gibt. Mehr als achttausend Menschen sollen


F RAN C I S C O SAN Nostalgische Postkartenmotive von einst schmücken in der farbenfrohen Stadt heute Wandbilder.

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Viktorianische Fassaden vor der Kulisse des postmodernen San Francisco: Die gepflegten „painted ladies“ gehören zu den Foto-Hotspots der Stadt.

permanent ohne festen Wohnsitz sein; auch das ist Rekord. „All you need is love“ ertönt aus den Boxen, als Allan in die Straße Tenderloin einbiegt. Allerdings sei nichts Zartes an der Gegend, warnt er; vielmehr stehe sie trotz einiger Galerien und Wandbilder namhafter Künstler im Ruf, sich jeder Gentrifizierung zu entziehen. Die meisten Nichtsesshaften haben eine Handvoll Straßen rund um diese Verkehrsader zu ihrer Heimat gemacht. Zwei Drittel, glaubt Allan, seien ehemalige Pflegekin-

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der – sobald sie volljährig würden und die Familien kein Geld mehr für ihren Unterhalt erhielten, würden viele auf die Straße gesetzt. Doch die Gründe für die Probleme liegen nicht allein an den luftigen Maschen des sozialen Netzes im Land der Freiheit. Das Leben ist teuer in San Francisco, schon eine kleine Wohnung kostet leicht dreitausend Dollar Miete im Monat. Dafür muss ein Uber-Fahrer – rund 50.000 verstopfen die Straßen San Franciscos – sehr viele Touren machen. Zwei Mahl-

zeiten erhalten Nichtsesshafte am Tag und, wenn sie wollen, auch eine Bleibe für die Nacht. Doch das helfe nicht, ihre Situation zu verändern. Sie seien „like a rolling stone“, seufzt Allan und dreht das Lied von Bob Dylan auf. Im Wandel der Zeit Den Weg zur Golden Gate Bridge säumen bei der Love Tour auch Romanzen. Frida Kahlo und Diego Rivera heirateten im Rathaus – dem größten des Landes, dessen Kuppel die des Kapitols in Wa-


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shington um 35 Zentimeter überragt – 1940 zum zweiten Mal, Marilyn Monroe und Joe DiMaggio schlossen hier 1954 einen Bund für einige Monate. Eigentlich wollten sie sich in der Kirche Saints Peter and Paul am Washington Square trauen lassen, sagt Allan. Doch der Priester erklärte ihnen, dass sie bereits verheiratet seien und zu ihren Ehepartnern zurückkehren sollten. Bei der Fahrt durch den grünen Stadtteil The Presidio, einst Militärstützpunkt und heute eine Parklandschaft mit Wohnhäusern, Walt-Disney- und Star-Wars-Memorabilia-Museum, bricht die Sonne durch den Nebel. Außer den orange-roten Pfeilern und Türmen der 1937 eröffneten Brücke sind jetzt sogar Pelikane und in Ufernähe schnaufende Robben zu erkennen. Die Tour endet zu den Klängen von „Hotel California“ im Viertel Haight-Ashbury, dem Zentrum der HippieKultur der Sechziger. Weil es von den Bränden nach dem Großen Beben verschont blieb, sind hier noch Häuser aus dem 19. Jahrhundert erhalten. Schön renoviert und mit Boutiquen und Cafés im Parterre lassen sie erahnen, wie viel Wasser seit dem Summer of Love durch die San Francisco Bay geflossen ist. In der Haight Street wohnte einst Jimi Hendrix. Schräg gegenüber war Janis Joplin im rosa Haus Nummer 635 an der Ashbury Street zuhause, ganz in der Nähe lebten der Begründer der Hell’s Angels und Jerry Garcia, Leader der Band Grateful Dead. Die heutige Bewohnerin hat eigens ein Tor installiert, um Pilger und Hippies auf Distanz zu halten. Das Schild eines Hauses an der Haight Street ist noch deutlicher: „Hippies use back door“ ist darauf zu lesen. Hippies durch die Hintertür. Heute gehört Haight-Ashbury den Hipstern.

Wie eine Schlange im Grünen: Die Serpentinen der berühmten Lombard Street.

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IDAHO

NEVADA

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Sacramento San Francisco Las Vegas KALIFORNIEN

Los Angeles

37° N 122° W www.sftravel.com MEXIKO

Unbedingt Lassen Sie sich die Stadt von Insidern zeigen, die mit Leidenschaft bei der Sache sind und über eindrucksvolles Detailwissen verfügen. Die zweistündige „Love Tour“ im VW-Bus findet viermal täglich statt und kostet 75 Dollar pro Person (sanfranciscolovetours.com). In die Busse passen bis zu sechs Gäste. Anschließend aufs E-Bike: Die „Mighty-Local Electric San Francisco Bike Tour“ dauert dreieinhalb Stunden und kostet 79 Dollar pro Person (sfbiketours.com).

Bloß nicht Ein NBA-Spiel der Golden State Warriors verpassen! Seit der Fertigstellung des 1,6 Milliarden Dollar teuren Chase Center 2019 ist das Team um Superstar Stephen Curry wieder in San Francisco heimisch (statt im benachbarten Oakland). Ein Basketball-Spiel der Mannschaft zählt zu den authentischsten Erfahrungen, die man hier machen kann.

Geheimtipp Mittendrin und doch abseits vom Trubel: In Sichtweite der Golden Gate Bridge schläft man in „The Lodge at the Presidio“, einem historischen Boutique-Hotel mit 42 Zimmern im Presidio Nationalpark auf einem ehemaligen, im 19. Jahrhundert angelegten Armeegelände. Sehr ruhig im schönen Park und fußläufig zum Restaurant „Sessions“ von Kino-Legende George Lucas gelegen. Dort werden zum köstlichen Burger oder dem perfekt gegarten Steak Weine der Skywalker Vinyards serviert, dem 40 Autominuten weiter nördlich gelegenen Weingut Lucas’. Der Vater von „Star Wars“ nutzt das Restaurant gelegentlich auch für private Filmvorführungen.

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ARIZONA

Breviarium

F RAN C I S C O SAN

OREGON



D’ I VO I R E C ÔT E

Geheimnisvolle Masken der Côte d’Ivoire Text & Fotos Laurent Nilles

Verschwiegene Geheimbünde, mysteriöse Zeremonien, Geister und Magie: In der Côte d’Ivoire sind Maskentänze mehr als nur Folklore. Die zahlreichen Bevölkerungsgruppen des westafrikanischen Landes sind stolz auf ihre jahrhundertealten Traditionen, auch wenn längst nicht alle dem ausländischen Besucher offen stehen …

Die Faszination der afrikanischen Masken – sie hat mich fest im Griff, seit ich vor einigen Jahren in einer Brüsseler Kunstgalerie einige ausgesuchte antike Exemplare bestaunen durfte. In Europa als teure Kunstobjekte gehandelt, begehrt von Privatsammlern und Museen, sind die Masken in weiten Teilen West- und Zentralafrikas noch immer ein wichtiger Teil der gelebten Kultur und des sozialen Gefüges. Um mir hiervon selbst ein Bild zu machen, mache ich mich also auf, Richtung Côte d’Ivoire. Meine erste Maske bekomme ich schon ein paar Tage später in einem kleinen Dorf der Guro bei einer Vorführung des Zaouli-Tanzes zu Gesicht. Welch ein Spektakel: das rhythmische Trommeln der Musiker, der Staub aufwirbelnde Maskentänzer, die gebannten Zu-

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schauer – eine zeitlose Szene, die meine Vorstellungen übertrifft. Erst in den 1950er-Jahren entstanden, ist der Tanz heute bereits UNESCO-Weltkulturerbe. Im Gegensatz zur Zaouli, welche vor allem der Unterhaltung dient, haben die meisten Masken allerdings einen sakralen Hintergrund. Besonders für die Senufo, Anhänger des Poro, einer uralten westafrikanischen Glaubensrichtung, verkörpern die Masken verschiedene Geister und dürfen nur von Eingeweihten erblickt werden (die Initiation dauert 21 Jahre). Die Reise geht also weiter in die „Région du Poro“ im Norden des Landes. Als Erstes bringt Chéri Mimi, mein lokaler Guide, mich in ein Dorf, welches bei unserer Ankunft wie ausgestorben scheint – sogar der Dorfvorsteher ist nicht


D’ I VO I R E C ÔT E Begegnung mit der Zaouli-Maske. Sie dient vor allem der Unterhaltung.

OBEN

Die Wambele, eine der wichtigsten Maske der Senufo, grüßt die Dorfältesten.

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D’ I VO I R E C ÔT E

Die Kriegsmaske der Guéré soll den Kriegern des Dorfes Mut einflößen.

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D’ I VO I R E C ÔT E In Westafrika konnten sich die alten Brauchtümer, trotz Missionierung und Globalisierung, erhalten.

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D’ I VO I R E C ÔT E

Die Federhüte tragenden Masken betrauern das Versterben eines Eingeweihten des Poro-Geheimbundes.

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Der energieaufgeladene Tanz der Zaouli-Maske ist seit 2017 UNESCO-Weltkulturerbe.

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D’ I VO I R E C ÔT E zu finden. Des Rätsels Lösung: Alle Männer sind gerade im Heiligen Wald bei einer Initiationszeremonie, Zutritt für Nicht-Eingeweihte streng verboten. Geduldig warten wir also ein paar Stunden, um kurz vor Sonnenuntergang dann den Boloye zu sehen bekommen, einen akrobatischen Initiationstanz, bei welchem sich die jugendlichen Maskentänzer an Höhe und Anzahl ihrer Salti überbieten. Sie halten dabei kleine Holzstängel in den Händen, welche sie auf keinen Fall beschädigen oder verlieren dürfen; andernfalls würden sie im Initiationsprozess zurückgestuft. Der Boloye ist in der Hierarchie des Poro eher unten angesiedelt und darf daher auch vor Zuschauern problemlos aufgeführt werden. Wesentlich schwieriger ist der Zugang zu anderen Masken: Chéri Mimis Verhandlungen mit den Dorfältesten im Vorfeld meiner Reise dauern mehrere Monate, bis man mich schlussendlich einlädt, bei einer der sagenumwobenen Zeremonien der Wambele dabei zu sein. Eine ganz besondere Ehre! Die Wambele sind hoch angesehen und man kann sogar sagen: gefürchtet. Mit ihren zwei fangbe-

wehrten Gesichtern symbolisieren sie den Gegensatz des Guten und des Bösen – die Geister der Wambele sollen beschützen, können aber auch bestrafen. In den Bergen des Westens Eine letzte Begegnung mit den Traditionen des Poro ergibt sich dann zufälligerweise, als ich auf der Durchfahrt eine Gruppe maskierter Personen, bewaffnet mit aus Holz geschnitzten Gewehrattrappen und Federhüten auf dem Kopf, erspähe. Diese Masken seien unterwegs, um das Versterben eines Poro-Eingeweihten zu beklagen, erklärt man mir. Leider kann ich nicht verweilen, sondern muss weiter, da ich auch noch mit den Dan, zuhause im bergigen Westen des Landes, verabredet bin. Als am späten Nachmittag die Trommeln die Ankunft der Masken ankündigen, dauert es nicht lange, bis das ganze Dorf sich versammelt hat – es ist Hochstimmung, die Frauen sind ganz in Weiß gekleidet, es wird getanzt und gesungen. Der Dorfälteste nimmt sich trotzdem die Zeit, mir einige Erklärungen zu geben: „Die Gueblin-Masken tanzen, um eine gute Ernte zu feiern oder um das Dorf

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Die Botschaftermaske Gambiela reist in andere Regionen des Landes, um die Guéré bei interkulturellen Festivals zu vertreten.

vor Krankheit zu schützen.“ Als kurz darauf die männliche Maske, auf Stelzen, 3 m hoch, durch das Dorf stürmt, fliehen die Zuschauer fröhlich in alle Richtungen, um nicht von einem der schweren Holzbeine erschlagen zu werden. Die weibliche Maske hingegen schwebt in vollkommener Eleganz über den sandigen Dorfplatz und wirkt als beruhigender Gegenpol zum nervösen Tatendrang des Stelzenläufers. Zwei Tage später bin ich auch noch zu Besuch bei den Guéré. Sie unterscheiden zwischen Tanzmasken, wie der lustig grinsenden, rotbemalten Douhe, und Botschaftermasken wie der Gambiela, welche von der Form her an einen Hund

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erinnert. Am meisten beeindrucken mich aber die Kriegsmasken: furchteinflößende Ungetüme, die, mit Speeren bewaffnet und Rauch ausstoßend, im Konfliktfall den Krieger des Dorfes Mut einflößen sollen. Geleitet vom Geist der Maske In Kondéyakro, einem Dorf der Baoule, der zahlenmäßig wichtigsten Bevölkerungsgruppe des Landes, bekomme ich zum Schluss der Reise noch die Gelegenheit, deren berühmte Goli-Masken in Aktion zu sehen. Die kreisrunden, behörnten Kplé-kplé-masken haben eine Kundschafterfunktion inne und kündigen die anderen Masken an. Danach tanzt die Kpan, eine wichtige, mit roter Farbe bemalte

feminine Maske, welche die Göttin des Heiligen Waldes darstellt. Die Goli-Masken haben übrigens keine Öffnungen, die dem Tänzer erlauben würden, etwas zu sehen: „Dies ist nicht notwendig, da die Tänzer vom Geist der Maske geleitet werden“, so einer der Anwesenden, als ich mich darüber erstaunt zeigte. Masken und Geister – es gibt sie noch, hier in Westafrika, wo sich die alten Brauchtümer, trotz Missionierung und Globalisierung, erhalten konnten. Im Bewusstsein, zwar einen kleinen Einblick in diese mysteriöse Welt gewonnen, doch trotzdem nur an deren Oberfläche gekratzt zu haben, mache ich mich auf den Weg zurück nach Luxemburg. Fortsetzung folgt bestimmt.


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BURKINA FASO

C ÔT E

Breviarium

MALI

GUINEA

CÔTE D’IVOIRE

GHANA

LIBERIA

Abidjan

7° N 5° W www.tourismecotedivoire.ci

Unbedingt Den kulturellen Reichtum der Côte d’Ivoire findet man zumeist in kleinen entlegenen Dörfern, welche in den gängigen Reiseführern keine Erwähnung finden. Es gibt auch keinen festen Kalender für die zahlreichen Zeremonien und Maskentänze, da diese meistens spontan organisiert werden. Das Wann und Wo kann man nur durch persönlichen Austausch mit den Einheimischen in Erfahrung bringen. Ein guter lokaler Guide ist hier Gold wert und fast unumgänglich. Persönlich empfehlen kann ich Francis Mak (+225 075 8787025).

Bloß nicht Besonders in den kleineren Dörfern, doch auch in mittelgroßen Städten ist es auch heute noch üblich, dass auswärtige Besucher sich zuerst beim traditionellen Oberhaupt der Siedlung oder beim Bürgermeister vorstellen. Ein kleines Gastgeschenk ist gerne gesehen und öffnet so manche Türen. Startet man seine Besichtigung oder fotografiert man gar in der Öffentlichkeit ohne diese vorherige Formalität, riskiert man, als Eindringling wahrgenommen zu werden, und kann im schlimmsten Fall sogar Probleme mit den Autoritäten bekommen.

Geheimtipp Schafft man es bis in den kargen Norden des Landes, findet man inmitten der staubigen Straßen Korhogos eine unerwartete, doch sehr willkommene Oase im Le Savanna (+225 0707 860817), einem französisch geführten Restaurant mit erfrischenden Cocktails, kreativen Interpretationen von traditionellen Gerichten und freundlicher Bedienung. Hier kann man wunderbar Kräfte sammeln für die Fortsetzung der Reise, auf der man sonst eher selten in den Genuss westlicher Komfortstandards kommt.

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Im Juni geht die Reise weiter Verpassen Sie keine Ausgabe – abonnieren Sie REESEN! abo@reesenmag.lu reesenmag.lu 11, Um Lënster Bierg L-6125 Junglinster +352 28 99 01 11 ISSN: 2658-977X © Luxe Taste & Style S.à r.l. 4a, rue de Consdorf - L-6230 Bech Redaktion redaktion@tasty.lu Anzeigen sales@tasty.lu

Herausgeberin & Chefredakteurin Bibi Wintersdorf Redaktionsleitung Eva Juncker Art Direktor Marc Dostert Grafiker Enia Haeck, Cédric Libar Lektorat Myriam Welschbillig Journalisten Ed Goedert, Stéphanie Krischel, Stefanie Bisping, Joscha Remus, Sarah Braun, Philine von Sell, Marion Finzi, Marie Tissier, Martine Carret, Nikki Bonnal, Susanne Freitag, Laurent Nilles Digital Content Manager Yannick Burrows Digital Content Officer Elodie Pereira Finanzen & Logistik Maurizio Maffei Druck johnen-print Luxembourg


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