REESEN 8 - Winter 2022 - DE

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LUX E M B U R G S

Via nd en Ostsee Sü d ti r o l

R E I S E MAGAZ I N

Luxe m b u r g Knok ke O sl o

Sü d m ä h r e n

Tr a n s s i l v a n i e n N ew

N°08

Yo r k

Pe r u


LUXEMBOURG-DUBAI *Offer subject to conditions and availability.

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E D I TO R IAL

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen …“ Dieses Zitat von Dichter Matthias Claudius kann jeder aus vollem Herzen bestätigen, der das Glück hatte, auf Reisen fremde Welten und Kulturen zu entdecken. Allen voran unsere Reisejournalisten, die hier in REESEN ihre Passion fürs Schreiben mit der fürs Reisen verbinden und uns so alle an Abenteuern teilhaben lassen, für die wir uns nicht einmal von zu Hause wegbewegen müssen. Genießen Sie unsere Coverstory über Griechenland, die wir Ihnen in sechs Artikeln aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorstellen und tauchen Sie ein in unseren Artikel über Peru, für den Reisejournalist Philippe Bourget die Höhen der Anden erkundet hat. In REESEN ertwarten Sie authentische Erfahrungsberichte von passionierten Journalisten, die Sie mit Bild auf den letzten Seiten entdecken können. Nach zwei Jahren des Stillstands wird nun wieder gereist, sogar noch mehr und erlebnishungriger als vorher, trotz gestiegener Kosten und Krisen, die einen Impakt auf die Energiepreise haben. Überbuchte Flieger und endlose Schlangen genervter Menschen an den Flughäfen, als habe es Covid nie gegeben, gehören zur neuen Normalität. Ein Grund mehr für bewussteres und vor allem verantwortungsvolleres Reisen. Bereits lange vor der Pandemie ging der Trend weg vom

klassischen langen Haupturlaub hin zu häufigeren, aber kürzeren Reisen. Billigflieger haben den Kurztrip nach Mallorca genauso einfach und erschwinglich gemacht wie ein Tagesausflug von Luxemburg nach Trier. Erfahrungswert und Qualität einer solchen Reise seien dahingestellt. Bereits 2023 will die Reisebranche das Vor-Pandemie-Niveau erreichen und von da an stetig weiterwachsen. Wie können wir also bewusster und vor allem umweltbewusster reisen? Es ist einfach: je kürzer die Reise, desto geringer der CO²Fußabdruck. Aber selbst für Besuche entfernterer Destinationen gibt es durchaus Möglichkeiten, dies auf nachhaltige Weise zu tun. Slow Travel, seltener fliegen, Nonstop-Flüge buchen, leichteres Gepäck (senkt den Treibstoffverbrauch), Kohlendioxid-Kompensation, Reisen außerhalb der Hauptverkehrszeiten oder abseits der Touristenströme. Es gibt ökologische Hotels, Städte, ja ganze Länder, die ökologische Neutralität anstreben, wie beispielsweise Costa Rica. Plogging und Beach Cleanup sind keine Fremdwörter mehr und man sollte auf Reisen einfach genau das tun, was man auch zu Hause im Interesse der Umwelt tut. Und nun wünsche ich viel Freude mit diesem Heft und auf Ihren zukünftigen Reisen, wo auch immer sie Sie hinführen mögen.

Bibi Wintersdorf Chefredakteurin & Herausgeberin

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I N H A LT


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VIANDEN LU X E M B U R G SÜDMÄHREN O STS E E KNOKKE GRIECHENLAND T R A N S S I LVA N I E N S Ü DT I R O L PERSONALITY O S LO N E W YO R K PERU


V IAN D E N

Zu Besuch in Vianden Als Einwohnerin von Vianden möchte ich Ihnen gern einmal die historische Stadt im Ourtal abseits der berühmten Klassiker wie Schloss, „Nëssmoort“ oder Télésiège vorstellen. Zu einer Zeit, wo die Haupttouristensaison abgeklungen ist und Luxemburgs einziger Sessellift Betriebspause hat.

Text Stéphanie Krischel

Fotos Anne Lommel

Ich liebe die Schleichwege rund um das Schloss und die Tatsache, dass dieses prächtige Gemäuer mich immer im Blick hat. Nehmen Sie doch den Treppenaufstieg in der Grand-Rue gegenüber der Trinitarierkirche neben der Hausnummer 58 in Angriff … Mein Lieblingsplatz beim „Hockelsturm“, dem ehemaligen Wachturm, könnte auch Ihnen gefallen: Fast schon ein Rundum-Ausblick, Ruhe und das Schloss im Rücken.

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Die Bedeutung einer Mauer Darf ich vorstellen? Die Nat’Our Route 5. Eine zirka 12,6 km lange, anspruchsvolle Tour von Vianden über Bauler (DE) und Bivels. Ein Schmuckstück unter den Wanderwegen. Im Sommer, als ich dort das letzte Mal unterwegs war, habe ich fünf Stunden gebraucht, inklusive Pausen.

Egal in welche Richtung ich wandere – Bettel, „Niklosbierg“, Eifel oder Stolzemburg – mein Startpunkt ist immer derselbe: die Familienbäckerei „Au Croissant d’Or“. Mein Rucksack freut sich immer über köstliches Ge(b)päck, was ihm nur kurz zur Last fällt. Wie die „Veianer Schneck“ zum Beispiel. Ich folge einem Teil der „Ourdall Promenade“ hinter dem Friedhof bis zur Staumauer. Wenn man Glück hat, sieht man einen Fischreiher in der Our, mein persönliches Viandener Maskottchen. Auf der Staumauer verweile ich gerne ein paar Minuten, lasse die Konstruktion auf mich wirken. Sie ist Teil des komplexen Pumpspeicherkraftwerks der SEO (Société Électrique de l’Our), das sowohl Energie produziert als auch den Überschuss speichern kann. Zum Besucherstollen der SEO, den


V IAN D E N Viele Wege führen durch Vianden. So auch der luxemburgische Jakobsweg. Rund um Vianden führt der berühmte Pilgerweg über Teile der „Ourdall Promenade“ und der Nat’Our Route 5. Bevorzugt man kleinere Touren direkt vor Ort, so sind der „Autopedestre 1 und 2“ zu empfehlen.

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Verrückt. Im Sommer 2021 war der Blick von der 30 Meter hohen Staumauer noch ein anderer. Wasser ohne Ende. Wasser, das einen Teil der Flussmauer nahe der Ourbrücke mit sich riss. Diesen Sommer hatte die Our, wie alle Flüsse, mit extremem Niedrigwasser zu kämpfen.

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V IAN D E N man besichtigen kann, sind es 10 Minuten mit dem Bus ab Vianden. Während des Hochwassers im Juli 2021 musste diese Mauer ungewohnten Wassermassen und angeschwemmtem Dreck trotzen. Ohne sie wäre der Blick auf die Stadt heute definitiv ein anderer. Wandern mit „Herr der Ringe“Gefühl Das „Veiner“ Schloss im Rücken geht es nach etwa 15 Minuten in den Wald hinein, immer der Kennzeichnung mit dem grünen Blatt folgend. Das Blatt steht für „NaturWanderPark delux“, einen der grenzüberschreitenden Wanderwege in der Region Eifel-Luxemburg. Die Tendenz ist zunächst steigend, mein Puls ebenfalls. Aber auf der ganzen Strecke laden Bänke oder große Schiefersteine ein, sich kurz auszuruhen. Im Herbst per pedes durch den Wald zu laufen birgt einen Vorteil: je weniger Laub an den Bäumen, desto besser die Aussicht. Und die lohnt sich oben auf dem steinigen Hügelkamm. Jetzt kommt das „Herr der Ringe“-Gefühl ins Spiel: steinige, kleine Pfade, Schiefertreppen, ein Wald aus kahlen, alt wirkenden Bäumen, viele Flechten und Moose. Es fehlen nur noch die schwarzen Reiter, die durch die Wälder galoppieren.

Der Weg führt weiter hinauf durch den Wald auf die Ebene vor Bauler in der Eifel. Danach geht es fast nur noch bergab, über geschwungene Pfade, immer wieder mit abenteuerlichen Ausblicken. Vorbei geht es an der Ruine der Burg Falkenstein, eine hochmittelalterliche Spornburg, die sich heute in Privatbesitz befindet. Sie kann zwar nicht besichtigt werden, aber auch so hinterlässt sie einen gewissen Eindruck. Den letzten Teil nach der ebenen Strecke durch das abseits gelegene Dörfchen Bivels kann man je nach Lust und Laune selbst bestimmen: vor der Autobrücke zwischen Bivels und Vianden folgt man entweder der Wegmarkierung der Nat’Our Route 5 durch den Wald Richtung Sessellift oder aber man nimmt die flachere Variante über die „Ourdall Promenade“.

Erholung am Wasser Der fast ständige Begleiter bei der Wanderung rund um Vianden ist die Our. Der Fluss entspringt auf 643 Meter Höhe im belgischen Nachbarland und mündet nach rund 96 km bei Wallendorferbrück in die Sauer. Ab dem Dreiländereck bei Ouren (DE-LU-BE) ist die Our fast vollständig deutsch-luxemburgischer Grenzfluss mit gemeinsam

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Kaum aus der Luft zu erkennen, unter den Bäumen versteckt, verläuft die „Ourdall Promenade“ zwischen Vianden und der „Biwelsser Bréck“.

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V IAN D E N Die Veiner „Bildchen-Kapelle“ liegt auf der Nat’Our Route 5 und bietet einen ruhigen Rastplatz mit Blick über die Our.

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verwaltetem Kondominium. Sprich: die Our ist ein „Gebiet“, worüber beide, Luxemburg und Deutschland, das Sagen haben. Ähnlich ergeht es der Sauer und der Mosel, dort, wo sie die Grenzen zwischen den zwei Ländern bilden. Für einen kleinen Flanierspaziergang am Wasser bietet sich die Our vor allem kurz vor der Dämmerung an: der Blick auf das sanft beleuchtete Schloss oben auf der Anhöhe ist einmalig. Die erst kürzlich montierten Holzliegestühle auf den Stegen am Wasser in Höhe des Campingplatzes laden dazu ein, es sich bei schönem Wetter mit einem Feierabendbier – oder auch ohne – hier bequem zu machen. Neu ist auch der große Spielplatz neben der Promenade. Nur namentlich verwandt mit dem Fluss ist das „Aqua Nat’Our“, das Schwimm- und Erlebnisbad in Parc Hosingen. Für mich eine gute Gelegenheit, vor allem an Regentagen einmal abzutauchen, im wahrsten Sinne des Wortes. Meine erprobte Lieblingsbadezeit, da es dann ruhiger zugeht, ist am frühen Nachmittag oder Morgen. Im benachbarten Saunabereich haben sich für mich die Morgenstunden ab 9 unter der Woche bewährt. Wenn ich meinen Schwimmbadbesuch nicht auf dem Heimweg

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von der Arbeit einplane, dann nutze ich die Buslinie 182, die stündlich hier verkehrt. Kunst und Kulinarik Apropos Bus. Dieselbe Buslinie führt einen auch nach „Cliärref“, Buspanorama inklusive, wenn man von der „Nordstrooss“ kommend die Serpentinen in das geschichtsträchtige Städtchen hinunterfährt. Natürlich gibt es auch hier etliche Wanderwege zum Entdecken, sowohl „Autopedestres“ als auch „Éislek Pied“, aber um unseren Wanderschuhen eine Pause zu gönnen, stehen heute Kunst und Kulinarik auf dem Programm. Spannend finde ich die Außengalerie mit Bildern und Fotos quer durch die Stadt. Seien es die Fotografien des Projektes „Clervaux - Cité de l’Image“ oder die bemalte Flussmauer entlang des Flusses Clerf. Sehenswert natürlich auch die berühmte Ausstellung „The Familiy of Man“ von Edward Steichen, die sich seit 1994 im Schloss befindet. Steichen ging es darum zu zeigen, dass wir Menschen eigentlich alle gleich sind und wir friedlich zusammenleben sollten. Die Sammlung umfasst 503 Fotografien von 273 Fotografen aus 68 Ländern und gehört seit 2003 zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.


V IAN D E N Das Zentrum von „Cliärref“ bildet das Schloss aus dem 12. Jahrhundert. Heute befinden sich u. a. das Rathaus, der Fremdenverkehrsverein, mehrere Ausstellungen und ein Festsaal in dem historischen Gebäude.

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Die Benediktinerabtei in Clervaux, erbaut in den Jahren 1909/1910, ist von weitem durch seine roten Dächer zu erkennen.

Ich gebe zu, ich bin nicht so der Indoormuseumstyp, aber wer noch nicht genug hat, für den gibt es das Museum der Ardennenoffensive und das Museum der Modelle der Burgen und Schlösser Luxemburgs zu besichtigen. Mich begeistern eher Geschmackserlebnistouren, wozu sich das Restaurant „Le Château de Clervaux“ hervorragend eignet. Zugegeben, keine Küche für jeden Abend, aus zeitlichen und finanziellen Gründen, aber für einen besonderen Abend jederzeit. Ich habe den Besuch als eine Geschmacksreise empfunden, in mehreren Gängen, präsentiert vom Küchenchef persönlich, in Begleitung von vorwiegend Lu-

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xemburger Traubenessenzen. Das Schlossambiente bei Tisch ist auch nicht zu verachten. In Vianden habe ich mir die kulinarische Aufgabe gesetzt, regelmäßig die Platte mit dem Ardennerschinken und Pommes frites in den verschiedenen Restaurants durchzuprobieren und zu vergleichen. Eine Art kulinarische Verpflichtung, schließlich befinden wir uns ja in den Luxemburger Ardennen. Die ganze Zeit sind wir im Naturpark Our unterwegs, einem von drei Luxemburger Naturparks (Naturpark Öewersauer, Natur- und Geopark Mëllerdall). Die acht Gemeinden Clervaux, Kiischpelt, Parc Hosingen, Putscheid, Tandel, Troisvierges, Vianden und Wincrange zählen

zum nördlichst gelegenen Naturpark. Ziel ist es, sich zusammen mit den Gemeinden für den Erhalt und den Schutz der Landschaft und für die ökonomische Entwicklung der ländlichen Region im Norden zu engagieren. Naturschutz, Landwirtschaft, Kultur, Tourismus oder Umweltbildung – der Naturpark betreut laufende Projekte in der Region und bietet ein breites Veranstaltungsprogramm. Passend zum Thema kann ich den Besuch in Vianden auch ohne Auto empfehlen. Vom Bahnhof in Ettelbrück aus fahren die Busse 180 oder 181 in 30 Minuten nach Vianden. Je nachdem, wo man in Vianden übernachtet, sind vor allem die Haltestellen „Gare“ und „bei der Bréck“ hilfreich.


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Breviarium

DEUTSCHLAND

Nat’Our-Route 5 Vianden

49° N 6° O www.visit-vianden.lu/de

LUXEMBURG

Unbedingt Für die Nat’Our-Route 5 unbedingt feste Wanderschuhe mit dicker Sohle anziehen, denn die Pfade mit den zum Teil herausstehenden, spitzen Schiefersteinen sind nicht ohne für die Füße. Unbedingt sollte man sich am Abend in der Dämmerung auf die beleuchtete Festungsmauer in Vianden begeben. Der Abendspaziergang dauert nicht lange und bietet schöne Ausblicke über die Stadt und lässt vielleicht bei dem ein oder anderen Romantik, Nostalgie oder abenteuerliche Spannung aufkommen.

Bloß nicht Mit Höhenangst auf die Wanderroute gehen, Teile des steinigen Abschnittes sind nicht mit einem Geländer gesichert. Den Weg bei Regen zu gehen, ist nicht empfehlenswert, weil die schönste Passage des Weges rutschig werden kann. Ebenso abzuraten ist es, stürmische, nicht leinenführige Hunde mitzunehmen. Bloß nicht wundern: Wenn die Glocken der Trinitarierkirche in der Grand-Rue läuten, wackelt der Kirchturm. Beobachten Sie einmal den Wetterhahn oben auf der Spitze.

Geheimtipp Wer die Farbe Gelb mag, kann seine Reise in den März oder Mai verlegen und einen Abstecher nach Lellingen bzw. Kautenbach machen. Im März/April gibt es auf der Via Botanica mit Startpunkt in Lellingen die „Lorblummen“ zu bewundern. Ein bis zwei Monate später sorgt der blühende Ginster in Vianden, aber noch mehr in Kautenbach für eine beeindruckend gelbe Wanderkulisse. Ich liebe das „Ancien Cinéma“ in Vianden, ein unverwechselbares, urig eingerichtetes Lokal zum Wohlfühlen.

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LUX E M B U R G

OBEN Ed Goedert studiert eine Landkarte vor der Ortschaft Kehmen.

UNTEN Einer der 287 Grenzpfosten, die die Grenze zwischen Belgien und dem Großherzogtum Luxemburg markieren.

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LUX E M B U R G

Der Weg ist das Ziel Fast ein Jahr ist es her, dass mein Buch „ROUTE(s)“ erschienen ist, und seitdem hat es schon viele Leute inspiriert, neue Gegenden Luxemburgs zu erkunden und zu entdecken.

ten“ zu erzählen. Das Staunen und die Begeisterung meiner Leser oder Mitfahrer sind meine Genugtuung. Auch die REESEN-Leser werden hoffentlich Ihre Freude an meinen Reisen haben, die ab sofort kapitelweise hier zu finden sind. Route 1 – Gaichel → Everlange 54,5 km

Idyllische Dörfer und atemberaubende Fernsicht Unsere erste Tour beginnt in der Gaichel, einem seit jeher bekannten Gourmet-Treff. Wir fahren Richtung Arlon und biegen dann ab nach Heckbous. Auf dem Plateau

Text & Fotos Ed Goedert

In den vergangenen 50 Jahren war ich mehr als 60.000 Stunden mit dem Auto oder Motorrad unterwegs und habe dabei unzählige wunderschöne Straßen entdeckt. Immer wieder erzählte ich Freunden und Bekannten von meinen Touren und war oft verwundert, wie wenig sie die Strecken kannten. Besonders mein Heimatland Luxemburg begeistert mich seit jeher und so entschied ich mich, meine eigenen Erfahrungen in einem Buch festzuhalten, um so anderen Luxemburgern die Möglichkeit zu geben, ihr Land richtig kennenzulernen. Gleichzeitig ist das Buch auch eine ganz persönliche Geschichte, die meine eigene Begeisterung widerspiegelt. Das Buch hat mich schließlich auch dazu gebracht, ab diesem Winter mit kleinen Gruppen von maximal 5 Personen die Routen abzufahren und meine „Geschich-

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führt die kleine Straße durch Wiesen und Felder entlang der belgisch-luxemburgischen Grenze. Schließlich gelangen wir in das kleine Dorf Guirsch. Es lohnt sich, einen kurzen Spaziergang durch diese wunderschöne Ortschaft zu machen. Viele alte Häuser sind mit Respekt und Liebe restauriert worden – etwas, das es heute leider immer weniger gibt. Am Ausgang von Guirsch hat man einen schönen Blick auf die Landschaften des Redinger Kantons. In Oberpallen verlassen wir Belgien und bewundern die schöne Baumallee in Richtung Beckerich. Kurz vor Beckerich steuern wir nach Levelange, eine wenig bekannte Ortschaft inmitten satter Wiesen. In Ell überqueren wir die Attert und gelangen in eine Gegend, in der ich früher oft mit meinen Eltern war. Als Elfjähriger habe ich stundenlang in der Attert gefischt, bin aber auch auf den Feldern um Colpach mit dem PorscheTraktor meines Onkels gefahren. In Colpach-Bas wurde meine Mutter geboren, und sie sprach oft von der Familie Mayrisch, die das Schloss bewohnte. Mit den gleichaltrigen Kindern anderer Bauern wurde sie zu Festen dorthin eingeladen und erlebte schöne Momente, die ihr immer in Erinnerung blieben. Meine Mutter erzählte uns auch von den berühmten Autoren und Künstlern, die Aline Mayrisch-de Saint-Hubert nach Colpach einlud, wie zum Beispiel Franz Liszt, André Gide oder Muhaly Munkascy.

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LUX E M B U R G Die Route ist im Frühsommer besonders malerisch, wenn die Felder und Wiesen in voller Pracht erstrahlen.

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LUX E M B U R G


LUX E M B U R G Die geschwungene Strecke in der Nähe von Rambrouch bietet ein wahres Fahrvergnügen.

LINKS

Es lohnt sich, kurz durch den Park spazieren zu gehen, wo Emile und Aline Mayrisch ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Früher hatte mein Taufpate, Ed Goedert, in Colpach ein Café, und er war bekannt für seine „Hameschmier“ – roher Schinken, selbst getrocknet und von Hand geschnitten, dazu eine Scheibe von seinem, natürlich selbst gebackenen, 5-Pfund-Brot. Das Café ist heute das Wohnhaus einer meiner Tanten. Weiter geht es über ColpachHaut hinauf nach Roodt. Zum Eingang der Ortschaft gelangt man durch eine Allee mit knorrigen Bäumen, die wohl über 100 Jahre alt sind. Zwischen Roodt und Rambrouch fahren wir auf einem Hochplateau (500 m), das auf der rechten Seite den Blick auf ein schönes Panorama freigibt. Etwas später kommen wir zum Napoleonsgaart, mit 549 m die dritthöchste Erhebung unseres Landes. Von Heispelt biegen wir in eine sehr schmale Straße ab und gelangen nun in das idyllische Dorf Rindschleiden, das aus einer Kirche, einem herrschaftlichen Pfarrhaus und zwei Häusern besteht. Der Ursprung der Kirche geht auf das 10. Jahrhundert zurück und sie wurde mehrere Male vergrößert. 1952 wurden die einzigartigen Fresken an der Decke entdeckt. Da mein Vater mit dem Pfarrer von Rind-

schleiden befreundet war, konnte ich meine Frau Chantal am 29. Dezember 1973 in dieser schönen Kapelle heiraten. Mehrmals im Jahr besuche ich Rindschleiden, einen Ort der Ruhe und der Entschleunigung. Von Grevels begeben wir uns nach Wahl. Gleich nach der Abbiegung von der Hauptstraße haben wir eine der schönsten Fernsichten auf Luxemburg: rechts erkennt man die Kirchtürme von Arlon, in der Mitte sieht man die Hochhäuser von Kirchberg und links reicht der Blick bis zum Niklosbierg bei Vianden. Eine atemberaubende Sicht, besonders am späten Nachmittag, wenn die Sonne im Westen steht! Nun bringt uns die Strecke über Buschrodt und Grosbous nach Schandel, ein kleines typisches Bauerndorf, wo man die Luxemburger Bauernarchitektur noch bewundern kann. In Everlange endet diese Tour. Wenn Sie noch etwas Zeit haben, so sollten Sie die Ortschaft Useldange besuchen. Dort hat mein früherer Kunstlehrer und spätere Direktor des Nationalen Denkmalamtes, Georges Calteux, viel dazu beigetragen, dass die Ortschaft ihren ursprünglichen Charakter behalten hat. Noch ein praktischer Tipp: die Tour soll nachmittags gefahren werden, und Sie sollten 3 bis 4 Stunden dafür einplanen.

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S Ü D MÄH R E N

Eine Reise in den kulinarischen Himmel

Text Joscha Remus

Es gibt ein neues Schlemmerparadies zu entdecken. Die barocke Stadt Brünn überrascht mit inspirierenden Köstlichkeiten und die Region Südmähren erzählt uns eine wundervolle Geschichte von famos guten Weinen, die man so in Tschechien, im Land des gepflegten Bieres, wirklich nicht erwartet hätte.

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Nur zwei Stunden von Wien entfernt beginnt meine kulinarische Reise mit den Augen, den Ohren und der Nase. Denn mitten in Brünn werde ich vom frühmorgendlichen Treiben auf dem zentralen, bunten Bauernmarkt geweckt. Ich öffne die Fenster des Hotels Grandezza und es flutet nicht nur die Sonne herein, sondern mit ihr die fröhlichen Stimmen der Marktfrauen und der Geruch von frischem, würzigem Thymian. Ich stecke meinen Kopf durchs Fenster und erschnuppere auch Rosmarin. Denn die Kräuterfrau hat ihren Stand ganz in der Nähe aufgebaut – wie praktisch. Eine belebende KräuterAromatherapie, die ich so nicht erwartet hätte. Jetzt verstehe ich auch, warum die Brünner diesen

Platz Krautmarkt nennen. Das Frühstück im Hotel tausche ich ein gegen einen kleinen kulinarischen Bummel über den Markt. Rund um den barocken Brunnen kann man sich an all den Ständen an knallroter Spitzpaprika, prachtgrünem Brokkoli und den herrlich bunten Marktschirmen, Blumen und verformten Gartentomaten kaum sattsehen. Ich nasche ein Stückchen des berühmten Honigkuchens und gehe an einem Stand mit alten Gemüse- und Obstsorten vorbei, als mich eine Marktfrau auffordert, mal eine ihrer dunkelhübsch aussehenden Tomaten zu probieren. Eine junge Studentin übersetzt mir ins Englische, diese Tomaten hießen „schwarzes Herz mit Näschen“. Die kleine, vorne spitz zulaufende


S Ü D MÄH R E N OBEN Nach einer kürzeren oder längeren Verkostung im Weinkeller von Jan Stavek bietet sich eine Besichtigung der Weinberge an.

UNTEN Südmähren ist die bedeutendste Weinregion Tschechiens. 94 Prozent aller Reben wachsen hier und natürlich findet sich da immer ein schöner Platz für ein Picknick.

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Das barock anmutende Hotel Grandezza und der Parnas-Brunnen sind die größten Hingucker auf dem zentralen Krautmarkt in Brünn.

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S Ü D MÄH R E N Stupsnase dieser herzförmigen Tomatensorte sieht niedlich aus und macht gute Laune. Das fleischige Innere dieses aromatischen Wunders schmilzt mir förmlich auf der Zunge. Genauso sollte eine Tomate schmecken und duften. Hoch lebe Mähren. Hoch lebe Brünn oder Brno, wie die Tschechen ihre blitzblanke Stadt nennen. Dabei war das ja erst der Anfang. Weitere köstliche Wunder sollten bald folgen. Brünn ist über- und unterirdisch schön Rund um den Markt gibt es rollende Barista-Wagen, an denen man frisch aufgebrühten Kaffee genießen kann. Der Flat White überrascht mit einer gelungenen harmonischen Verbindung von doppeltem Espresso und brauner, feinporiger Crema. Mit dem Kaffee in der Hand schlendere ich weiter und muss strahlen, als mich oben auf der Anhöhe des Marktes eine Reihe von weiß-blauen StrandKlappstühlen überrascht – als sei ich am Meer. Welch schöne Einladung, sich einfach mal gemütlich auf den Marktplatz zu setzen und die schöne Aussicht zu ge-

nießen. Apropos Meer, zur Begrüßung und zum Abschied sagen die Tschechen übrigens bis heute gerne: Ahoi. Der barocke Prunkbau des Hotels Grandezza verleiht dem Markt ein südliches Flair. Meine Augen verfangen sich in den Fabelwesen des zentralen Parnass-Brunnens. Eine Grotte ist zu erkennen, samt Herakles, der gerade den dreiköpfigen Höllenhund Kerberos bezwingt. Daneben ein geflügelter Drache, ein geflügelter Löwe, viele sich darum rankende Pflanzen sowie eine Fülle dekorativer kleiner Wesen, die ich nicht deuten kann. Hoch über mir sitzt – als Kunstwerk – im dritten Stockwerk eines bunten Hauses eine lebensechte Figur völlig entspannt und elegant draußen auf dem Fenstersims und schaut sich mit mir den Markt an. Ein wunderbares Fotomotiv. Später sollte ich erfahren, es gäbe nicht nur oberhalb, sondern auch unterhalb des Marktes so manche Überraschungen. Denn unter den Pflastersteinen der Altstadt von Brünn befindet sich ein Labyrinth aus Tunneln, Korridoren, Lagerhäusern, Katakomben und gruseligen Krypten.

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Eine unterirdische, schaurig schöne Welt, die man auf Führungen durchaus besuchen kann, wofür man allerdings auch starke Nerven braucht. Es gibt dabei ganze Berge von Totenschädeln und zahlreiche Skelette von Mönchen zu sehen. Das Beste aus verschiedenen Welten Vom Markt sind es nur wenige Schritte hinüber zur Festung Spilberk und dem gleichnamigen Park mit der grandios weiten Sicht auf die Stadt. Den besten Überblick haben all diejenigen, die auf den Turm der Kathedrale Peter und Paul steigen. Doch nun wieder auf zur kulinarischen Reise, die in die nächste Runde geht. Hört man sich unter den Gourmets um, dann hat sich ein Restaurant in Brünn in den letzten Jahren sehr schnell zu einem der dynamischsten gastronomischen Reiseziele Tschechiens entwickelt. Die Rede ist vom Element, einem inspirierenden Bar-Restaurant mit offener Küche und weitgereisten Küchenchefs, die hier das Beste aus verschiedenen Welten vereinen.

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S Ü D MÄH R E N Auch mit der edlen Gestaltung des Innen-raums legten die Macher der Restaurant-Bar Element die Messlatte in der Gastroszene sehr hoch.

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S Ü D MÄH R E N

Die weiten bunten Felder der Landschaften im Süden werden auch mährische Toskana genannt. Bei diesem Anblick weiß man warum.

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S Ü D MÄH R E N Tomáš Reger und sein Barkeeper-Champion Jan Liška haben sich für ihre kulinarischen Wunder weltweit inspirieren lassen, setzen dabei aber ausschließlich auf lokale Zutaten. Kein Wunder, dass die Speisekarte mit dem Wort Heimatliebe überschrieben ist. Kennengelernt haben sich die beiden in Dubai. Ihre Kombination exquisiter Cocktails und erstklassiger Menüs bezaubert auch durch das einmalige Flair des Restaurants. Denn die Spinatcremesuppe mit Sellerie-Trüffel Wan Tan, Saltimbocca vom Wildschwein mit Mangold oder der Hirschrücken mit Thymiankruste, Holunder, Kohlrabi und Roter Bete – all das wird direkt vor den Augen der Gäste in einer offenen Küche zubereitet. Alle Gerichte sind klar und präzise – denn man möchte, dass der Gast alle Bestandteile der Kompositionen herausschmecken kann. Die New York Times honoriert diesen Einsatz, indem sie das Element in Brünn unter die Top 50 der besten gastronomischen Orte weltweit wählte. Schlösser, Weine und die mährische Toskana Verlässt man Brünn Richtung Süden, so ist die Landschaft bald

von sanft hügeligen Feldern geprägt, die von bunten Linien und Hainen durchzogen sind. Ein magisches Licht und pastellartige Farben, dazwischen schmücken einsame Kapellen oder Wäldchen das Bild. Die Landschaft ist ein Paradies für Fotografen aus aller Welt und wird auch Toskana von Mähren genannt. Diese Region ist auch für ihre Weine berühmt. Südmähren ist das wichtigste Weinbaugebiet Tschechiens und bringt vor allem in Znojmo und Valtice angenehme, trockene und fruchtige Weißweine hervor, die es wert sind, in einer der Weinbars oder Weinläden der Stadt oder aber direkt vor Ort auf dem Weingut entdeckt und verkostet zu werden. Auf der Mährischen Weinstraße empfiehlt sich das Naturschutzgebiet Pálava und das Weingut Sonberk mit seiner fantastischen Terrasse für einen Besuch. Der Blick reicht weit, die Reben ziehen sich elegant bis zum Horizont. Kein Wunder, dass man sich hier gerne noch am Abend romantisch ein Glas Wein zwischen den Reben gönnen möchte. Ein Besuch des prächtigen Schlosses Valtice, das von der UNESCO in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes aufgenom-

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Die prunkvollen Trachten beim traditionsreichen Fest „Ritt der Könige“ sind allesamt handgemacht. Die Kinder tragen sie voller Stolz.

men wurde, rundet einen Besuch der Weingegend ab. Die Nähe zu Wien wird einem hier wieder einmal aufs Schönste deutlich, denn Kaiserin Sissy ist auf den Portraits der Prunksäle und Gemächer allgegenwärtig. Vom Ende des 14. Jahrhunderts bis 1945 war dieses Schloss erstaunlicherweise Sitz des regierenden Fürsten aus dem Hause Liechtenstein. Der Ritt der Könige Zum Abschluss meiner kulinarisch-kulturellen Tour nach Mähren folgt dann der Höhepunkt: mit Abstand das farbenprächtigste und spektakulärste Spektakel, das ich auf dieser Reise gesehen

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habe. Jedes Jahr im Frühling feiert man in Südmähren eine uralte Tradition – den Ritt der Könige. Dieses von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommene Volksfest wird leider nur noch in vier Gemeinden praktiziert. Ich habe mir das Dorf Vlčnov ausgesucht. Was wird wohl der französische Bildhauer Rodin gedacht haben, als er dieses fröhliche Fest einst besuchte? Bei der Feier handelte es sich ursprünglich um eine Initiation. Die Reiter des Königs, allesamt junge Männer, mussten früher ihre Reitkünste beweisen. Der prächtige Reiterumzug wird mehrere Monate lang vorbereitet. Alle Kostüme und

Trachten und die Tausenden von Papierrosen werden jedes Jahr von Hand wieder neu hergestellt und nie wiederverwendet. Das Volksfest ist ein einziger Rausch aus Tanz, Gesang und Musik. Zum Abschluss gönne ich mir noch einen ruhigen, beschaulichen Blick auf die mährische Toskana und einen ihrer köstlichen Weine. Im Weingut von Jan Stávek geht dieser Wunsch in Erfüllung. Roséweine, die in der Flasche reifen, eine atemberaubende Landschaft, ein fabelhafter Weinhof in Němčičky und zur Krönung ein lachender und tanzender Önologe. Reiseherz, was begehrst du mehr?


S Ü D MÄH R E N

Breviarium

TSCHECHIEN

49° N 16° O Brünn

www.gotobrno.cz/de

SÜDMÄHREN Znojmo

ÖSTERREICH

Pálava Valtice

SLOWAKEI

Unbedingt Der weltberühmte Drache von Brünn ist in Wahrheit ein Krokodil, so viel sei hier schon mal verraten. Und weil sowieso die ganze Welt schon weiß, dass dieser „Drache“ im Durchgang zum Rathaus an der Decke hängt, sollte man sich dieses Ungeheuer keinesfalls entgehen lassen. Das erotische Geheimnis der acht Meter hohen, giraffenartigen Reiterstatue auf dem Mährischen Platz, deren Pferdebeine direkt aus dem Pflaster wachsen, sei jedoch hier nicht verraten. Das sollte man unbedingt selber entdecken und mit eigenen Augen sehen.

Bloß nicht Die Prager schauen gerne etwas spöttisch auf Brünn herab und machen ihre Witze über die zweitgrößte Stadt Tschechiens. Brünn sei die letzte Kurve, bevor man endlich Wien erreiche. Als Besucher von Brünn sollte man nicht in solch despektierliche Vergleiche einstimmen. Auch die Bezeichnung „kleines Wien“ können viele in Mähren nicht mehr hören. Zwar ist Brünn etwas kleiner (400.000 Einwohner), aber inzwischen eben auch feiner und, was den Humor und die Kulinarik betrifft, längst aus dem Schatten Wiens und Prags herausgetreten.

Geheimtipp Eine alte Kriegslist war es früher, die Mittagsglocken eine Stunde früher schlagen zu lassen. Auf dem Freiheitsplatz in Brünn steht eine astronomische Steinuhr, die sogenannte Patrone, die täglich um 11 Uhr, beim letzten Glockenschlag, eine Kristallkugel als Geschenk ausspuckt. Allerdings gibt es vier Ausgänge der Skulptur und nur eine Glückliche oder ein Glücklicher, der die Hand im richtigen Moment an der richtigen Stelle hat, darf dieses schöne Geschenk mit nach Hause nehmen.

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OSTS E E

OBEN Der rote Leuchturm ist die markanteste Sehenswürdigkeit am Weststrand. Im Vordergrund Bäume, die der Wind gestaltet hat - sogenannte Windflüchter.

UNTEN Die hölzernen Wege auf dem Rundwanderweg Darßer Ort dürfen nicht verlassen werden. Doch sie bieten spektakuläre Ausblicke auf die Dünen und die Natur.

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OSTS E E

Am Strand der schlafenden Bäume Die wildesten Orte der Ostsee: den Weststrand auf dem Darß erreicht man nur zu Fuß, mit dem Rad oder mit der Pferdekutsche. Autos sind hier nicht erlaubt und das tut diesem Ort mehr als gut. Bereits der Weg vom Seebad Prerow durch den Urwald, der einem Jurassic Park ähnelt, verbreitet nichts als Staunen.

hat der Sender ARTE unter die zwanzig schönsten Strände weltweit gewählt. Kein Wunder, denn so wild, ungezähmt, charmant und urtümlich kommt in Europa kaum ein anderer Strand daher. Wilde, zerzauste Baumwindfrisuren Einmal gaaanz tief durchatmen bitte. Der Wind am Darßer Weststrand legt sich an diesem strahlenden Augusttag wieder mächtig ins Zeug. Die Lungen füllen sich hier, wo der Wald fast unmittelbar auf das Meer trifft, mit einer würzigen Prise Luft. Erfrischend klar und rein. Einige Kiefern oben auf der Düne strecken ihre Äste vor dem dunkelroten Leuchtturm landeinwärts und sehen aus, als würde ein gewaltiger Fön ihre

Text & Fotos Joscha Remus

Ein urwüchsiger, oft gespenstischer Wald ist das, ein mooriges, sumpfiges und moosiges Wunder. Knorrige Buchen, bezaubernde Erlen, bizarr geformte Kiefern und wildromantische Heidelbeerbüsche. Irgendwann nach einer Stunde des staunenden Wanderns hört man dann durch diesen Wald die Brandung des Meeres. Lichtumflutet tritt man aus der Dunkelheit der dichten Bäume an einen Strand mit hellem Sand. Ein roter Leuchtturm lädt dazu ein, die 134 Stufen nach oben zu steigen und einmal bis nach Dänemark zu gucken. Er ist das älteste Leuchtfeuer der Ostsee, das heute noch betrieben wird. Diesen zauberhaften Strand auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst

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Äste in nur eine Richtung wehen. Eine völlig wilde, zerzauste Baumwindfrisur ist das. Kein Wunder, dass man diese Bäume auch Windflüchter nennt. An dem Tag, an dem ich unterwegs war, waren eigentlich Sturm und Starkregen angesagt, aber den ganzen Tag hat sich kaum eine Wolke blicken lassen. Das hat sein Gutes. Denn aufgrund der Unwetterwarnung war kaum jemand am Meer. Den Strand hatte ich die meiste Zeit fast ganz für mich. Zum Heulen schön. Die Sonne legt einen glitzernden Lichtzauber auf das Meer und über die Landschaft. Das Windatmen der Natur, die brandenden Wellen und das Geschrei der Möwen sind zu hören. Gleichzeitig hat man aber das Gefühl völliger Ruhe und Harmonie. Naturgeräusche lärmen ja nicht, selbst wenn der Wind mal etwas kräftiger bläst. Die wild gestikulierenden Äste der Windflüchter zeigen mir die Richtung an. Ein traumhaft schöner Rundweg durch den Naturpark führt lange über sich durch die Küstenlandschaft windende hölzerne Stege, die durch die Dünen und den Sumpf mäandern. Von einer Plattform kann man in der Ferne Damwild sehen. Gut, hier ein Fernglas dabeizuhaben, um die mächtigen Geweihträger nicht zu verpassen. Während der Wanderung glänzt und funkelt links und rechts das Schilf in der Sonne. Auf den Feuchtwiesen haben sich schon die ersten Kraniche niedergelas-

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sen, die es jedes Jahr im Frühjahr und Herbst zum Darß zieht. Auf den Maisfeldern im Umland finden sie genug Nahrung, um Kraft für die weitere Reise zu sammeln. Noch Stunden nach dem Besuch des Weststrandes auf dem Darß ist einem, als spüre man den Wind noch in den Haaren, das Rollen der Brandung verbleibt eine Weile im Ohr, man schließt die Augen und kann das Rufen der Möwen noch lange hören. Gänsehautgefühl. Eine Reise ins Drachenreich Auf einer meiner Wanderungen am Darß habe ich vor einigen Jahren Hans getroffen, einen ehemaligen Fischer, der nach seiner Pensionierung zu einem begeisterten Wanderer wurde. Er erzählte mir von den schlafenden Bäumen, die ich vor den Toren der Stadt Greifswald, nördlich vom Schloss Ludwigsburg, direkt am Strand finden könnte. „Das Meer unterspült dort die Steilküste und die Kiefern und Eichen fallen dann einfach um, legen sich direkt auf den Strand. Sie legen sich hin und schlafen. Sie träumen wahrscheinlich davon, eines Tages eine weite Reise übers Meer anzutreten.“ Davon, dass Hans kein Seemannsgarn gesponnen hat, konnte ich mich kurz darauf mit eigenen Augen überzeugen. Das Naturschutzgebiet Lanken – am Greifswalder Bodden – ist ein verwunschener Ort und einer der schönsten Küstenwälder der deutschen Ostseeküste – das Drachen-


OSTS E E Die schlafenden Bäume am Greifswalder Bodden gehören zu den Geheimnissen, die man an der Ostsee noch finden kann.

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Die Kreidefelsen im Nationalpark Jasmund gehören zweifelsfrei zu den größten Naturwundern in Deutschland.

reich, wie die Einheimischen ihn nennen. In der Natur symbolisiert der Drache ewiges Werden und Vergehen. Hier am Bodden ist der Küstenwald in ständiger Dynamik. Wind und Wasser zerren an ihm. Wie ein Bildhauer meißelt sich die Brandung durch die Steilküste und arbeitet sich am Wurzelgeflecht der Küstenbäume ab. Kaum jemand kennt diesen Ort, denn besonders touristisch geht es hier nicht zu. Die Michael-Succow-Stiftung hat sich im Wald der Drachen dem Schutz der Wildnis verschrieben und tut alles, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Der Waldweg ist spannend, aber gut begehbar. Am Lankener Strand sollte man aber beachten, dass vor

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allem Kinder sich an den spitzen Ästen der schlafenden Kiefern verletzen könnten. Also bitte nicht darauf herumklettern. Kreide macht gesund und schön Ein weiterer wilder Ort der Ostsee ist weltberühmt. Auf Rügen führt der Steilküstenweg direkt am Meer entlang zu den berühmten weißen Kreidefelsen. Eine besonders eindrucksvolle Erscheinung ist die schneeweiße Schönheit des Königstuhls im Jasmunder Nationalpark. Immer wieder kann man während der Wanderung durch die markanten Buchenwälder sagenhafte Ausblicke auf die Kreideküste und die Ostsee genießen. Der Maler Caspar David Friedrich hat

den Kreidefelsen auf Rügen mit seinem berühmten Gemälde gleichen Namens ein ewiges Denkmal gesetzt – auch wenn die Erosion diese Naturwunder eines Tages abtragen wird. Was aber kaum jemand ahnt: bereits vor hundert Jahren wurde das weiße Naturprodukt Kreide zu Heilzwecken und auch zur Kosmetik auf dem Inselarchipel Rügen eingesetzt. Heute gibt es zwischen dem Kap Arkona und der Gemeinde Göhren wieder 25 Kreideanwender. Die Reinheit und Feinheit der Rügenkreide, so sagte man mir, sei einmalig. Rügen: Ein wunderbarer Ort für alle, die ihrer Haut und ihrer Seele etwas Gutes tun wollen.


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Breviarium

54° N 13° O www.ostsee.de

FISCHLAND-DARSS -ZINGST Darß

RÜGEN

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Greifswald

Lanken

Unbedingt Auf jeden Fall sollte man im Sommer Mückenspray mitnehmen und für die lange Wanderung zum wilden Darßer Weststrand genügend Essen und Getränke in den Rucksack packen. Auf 14 km Länge erstreckt sich der besonders ursprüngliche Strand, völlig ohne Strandkörbe. Es gibt keine Restaurants, Cafés und auch keine anderen Einkehrmöglichkeiten. Hier gibt es nur den Strand und das Meer. Wer aber noch etwas Zeit hat, sollte unbedingt den Kunstpfad im Künstlerdorf Ahrenshoop besuchen und sich den Hafen anschauen.

Bloß nicht Im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist die Natur so streng geschützt, dass man sich keinesfalls – und sei es noch so kurz – mal eben in die Dünen legen darf. Da sind die Park-Ranger ganz streng. Also bitte auf den ausgeschilderten Wegen bleiben, so zertrampelt man aus Versehen auch keine seltenen Pflanzen. Man sollte keinen Müll hinterlassen und Hunde anleinen. Denn Hunde scheuchen oft Tiere auf und stören bei der Brut und Aufzucht. Auch das Steigenlassen von Drohnen ist streng verboten, man sollte die Kraniche nicht stören und ihnen nicht zu nahe kommen.

Geheimtipp Im ehemaligen Fischer- und Seefahrerdorf Wustrow sammeln sich jeden Sommer seltsam dickbäuchige Schiffe mit rotbraunen Segeln zur „Kleinen Fischländer Wettfahrt“. Die Segel dieser Schiffe aus Eichenholz, die man Zeesboote nennt, wurden früher mit einer Mischung aus Öl, Ochsenblut und Erde getränkt, um sie haltbarer zu machen. Die typische Farbe haben die Fischer, die früher Bauernfischer genannt wurden, bis heute beibehalten. Zwar ist das Fischen mit dem Schleppnetz, der Zeese, bereits vor vierzig Jahren eingestellt worden. Aber in einigen Häfen, wie in Wustrow und Born, werden bis heute Rundfahrten auf einem traditionellen Zeesboot angeboten.

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Die besten Winteraktivitäten in der Jungfrau Region und der Ferienregion Interlaken

Wintersport vor Eiger, Mönch und Jungfrau

Sternenschlitteln am Niederhorn

Haslital – wo die Nacht zum Tag wird

Die Jungfrau Region ist ein wahres Eldorado für Wintersport. Die vier großen Skigebiete Grindelwald-Wengen, Grindelwald-First, MürrenSchilthorn und Meiringen-Hasliberg mit 275 perfekt präparierten Pistenkilometern, modernster Infrastruktur, abwechslungsreichen Abfahrten, Snowparks, Skicross-Strecken, Abenteuern auf und neben der Piste und Schneesicherheit lassen die Herzen von Wintersportbegeisterten höher schlagen. Umgeben bist du dabei stets vom einzigartigen Bergpanorama mit dem Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau – traumhaft!

Genieße jeden Freitag- und Samstagabend das Sternenschlitteln am Niederhorn in der Ferienregion Interlaken. Nach einem Fondueplausch im Berghaus Niederhorn weisen dir der helle Mond und die glitzernden Sterne den Weg auf der romantischen Schlittelpiste nach „Vorsass“. Dort kannst du dich mit einem feinen Glühwein aufwärmen.

Wenn sich die Sonne langsam senkt, Ruhe in die Täler einkehrt und die Nacht hereinbricht, wenn die Sterne zum Vorschein kommen und der Mond die winterliche Landschaft erhellt, dann ist im Haslital in der Jungfrau Region noch lange nicht Feierabend. Im Gegenteil. Nebst kulinarischen Köstlichkeiten wie Fondue und Raclette in urigen Hütten, locken auch in der Dunkelheit viele sportliche Aktivitäten wie Nachtskifahren, Nachtschlitteln, Nachteislauf oder sogar Nachtlanglaufen!

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interlaken.ch/winter

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Wintererlebnisse am Stockhorn

Die längste Abfahrt der Welt bezwingen

Wellness & Spa in der Ferienregion Interlaken

Mit dem Schnee verwandelt sich das Stockhorngebiet mit seinen beiden Seen in eine romantische Winterlandschaft. Die Erlebniswelt am Stockhorn bietet dir nebst Erholung auch attraktive Winteraktivitäten wie Eisfischen, Schlittschuhlaufen, Winterwandern und Schneeschuhlaufen. In der Nähe der Mittelstation „Chrindi“ befindet sich inmitten der winterlichen Naturidylle ein Iglu mit Bar und gemütlichen Liegenstühlen. Genieße ein leckeres Käsefondue oder einen weißen, wärmenden Glühwein.

Begeisterte Schlittenfahrer finden in der Jungfrau Region der Klassiker schlechthin: Big Pintenfritz, die längste Schlittelabfahrt der Welt. Von der First bei Grindelwald führt ein markierter Winterwanderweg in etwas mehr als zwei Stunden am Bachalpsee vorbei zum Faulhorn. Der wunderbare Ausblick auf die umliegende Berglandschaft sowie die bevorstehende Abfahrt entschädigen für die Strapazen des Aufstiegs. Nun heißt es Helm auf, Schlitten satteln und ab gehts auf die 15 Kilometer lange Abfahrt zurück nach Grindelwald.

In der zertifizierten Wellness-Destination Interlaken ist Entspannung mit schönstem Panoramablick garantiert. Ob in sprudelndem Wasser am Thunersee oder in einem hölzernen Hotpot am Brienzersee – das Wellnessangebot im Berner Oberland ist vielseitig. Relaxe in einer Sauna mit Blick auf die verschneite Bergwelt oder verwöhne dich mit einer Peeling-Massage. Dein Immunsystem stärkst du im Dampfbad mit revitalisierenden Kräuterdüften. Bringe Körper, Geist und Seele in Balance. Pure Erholung zwischen Bergen und Seen erwartet dich.

stockhorn.ch

jungfrauregion.swiss/winter

Fotos: © Jungfrau Region Tourismus AG, © Interlaken Tourismus, © Stockhornbahn, © Deltapark Vitalresort/Friederike Hegner

Kaum eine Region in der Schweiz ist so vielfältig wie die Region Bern. Skifahren, Schlitteln, Winterwandern und sogar Eisfischen – im Berner Oberland sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Wir verraten unsere sechs Winter-Highlights in der Jungfrau Region und der Ferienregion Interlaken.

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OBEN Die wunderbar unberührte Natur der belgischen Küste ist an sich schon Kunst.

UNTEN Ein abendlicher Blick auf den Hafen von Zeebrugge vom Knokker Strand aus betrachtet.

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Ein Winter für Ästheten an der belgischen Küste Das trübe Wetter in Luxemburg drückt Ihnen auf die Stimmung? Dann nichts wie raus! In nur 4,5 Stunden sind Sie an der belgischen Küste, die Sie mit ihren unzähligen Nuancen von Blau und Grau zu einem unvergesslichen Wintertrip empfängt.

Ein Augenschmaus Die unberührte Natur an der belgischen Küste ist an sich schon Kunst. Als Einstieg in Ihr Kunstwochenende und um die Schönheit des Ortes einmal grob zu

erfassen, steigen Sie am besten in die Küstenstraßenbahn. Zwei Stunden und 68 Stationen später (zwischen La Panne an der französischen und Knokke-Heist an der niederländischen Grenze) haben Sie einen kleinen Einblick in die Postkartenpanoramen der „Küste“ bekommen, wie man die Gegend hier kurz und knapp nennt. Die vorbeiziehenden Landschaften haben Sie bestimmt auch zu Ihrem weiteren Ausflugsprogramm inspiriert, aber bei den vielen Galerien (ganze 90 allein in Knokke-Heist), Kunstveranstaltungen und anderen Events fällt die Auswahl nicht leicht. Architektur mit Kunststatus Sie lieben schöne Häuser? Dann sind Sie in Knokke-Heist und De

Text Sarah Braun

Ein von dicken Wolken verhangener, schieferfarbener Himmel. Ein stahlgraues Meer, auf dem die weiße Wintersonne glitzert. Ockergelbe Strände, so weit das Auge reicht. Der nasse Sand knirscht unter den Gummistiefeln. Allein die Landschaft macht aus der belgischen Küste ein Topziel für Ästheten und Kunstfreunde. Die im Sommer beliebte flämische Küste ist auch in den kalten Monaten ein ideales Reiseziel. Die Kunst ist hier das ganze Jahr über fest zwischen Land und See verankert.

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K N O K K E

Haan genau richtig. Besichtigen Sie den Stadtteil Zoute des Seebads Knokke-Heist je nach Wetter zu Fuß oder mit dem Golfcart. Dieses Viertel ist für seine äußerst eleganten Bauten bekannt. Ab 1908 wurden dort Villen im anglo-normannischen Stil mit roten Ziegel- oder Strohdächern in der Dünenlandschaft errichtet und bildeten mit den Jahren ein harmonisch wirkendes Ensemble. Der Aachener Stadtplaner Josef Stübben, der zum Beispiel auch wesentlich Einfluss auf die Stadtentwicklung Kölns hatte, wurde damals mit der Vereinheitlichung des Stadtbilds beauftragt. Seitdem wird in Zoute beim Bauen und Renovieren nichts dem Zufall überlassen: Kein einziger Bau darf die perfekte Harmonie des von der Familie Lippens gegründeten Viertels stören. Und wenn Sie sich am Ende des Tages dem Flair dort nicht entziehen können, bleiben Sie einfach über Nacht und genießen Sie das vornehme und ruhige Ambiente im Hotel Britannia. Mindestens die gleiche Faszination strahlt der Badeort De Haan aus, der Sie geradewegs zurückschickt in die Belle Époque: Aushängeschild des hübschen

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Ortes ist die Tramstation, ein bezaubernd uriger Ort, an dem die Zeit stehen geblieben ist. Im Viertel Concessie finden Sie wieder die weißen, eleganten Villen im Stil der „schönen Epoche“. Spazieren Sie zur Villa Savoyarde, in der Albert Einstein 1933 sechs Monate verbrachte, bevor er vor den Nazis nach New York flüchtete. Über den genialen Physiker und seine Zeit in Belgien wird übrigens ein Themenspaziergang angeboten. Machen Sie neben seiner Statue ein unvergessliches Selfie von sich und dem Genie! Kunst, immer und überall Eine kleine Tour durch die Kunstgalerien ist immer eine gute Idee. Am 29. und 30. Oktober findet übrigens die ART Knokke-Heist statt. Ein Termin, den sich kein Kunstkenner auf der Suche nach einem neuen Werk für seine Sammlung entgehen lässt, wobei sich die Galerien natürlich ganzjährig über Besucher freuen. Die Kunstgalerien sind in der Tat eine Tradition in Knokke, die so schnell nicht untergehen wird. Betrachten Sie gleich im Anschluss die noch vorhandenen Werke der Triennale Beaufort. Die


K N O K K E Hospitality von Barry Flanagan ist eine der zahlreichen Skulpturen, die über ganz Knokke verteilt bestaunt werden können.

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K N O K K E

Bei gutem Wetter sollten Sie sich zu den menschenleeren Stränden mit den hübschen Strandkabinen aufmachen.

letzte Ausgabe fand zwar 2021 statt, aber zur Freude der Passanten wurden um die zehn Werke aufgekauft, um noch weiter im Skulpturenpark gezeigt zu werden. Diese frei zugängliche OutdoorAusstellung ist eine tolle Initiative, um das breite Publikum für die Kunst zu begeistern. Auch Ostende ist von der Kunst geprägt, schließlich wurde hier niemand Geringeres als James Ensor geboren. Bei Regenwetter steuern Sie am besten sein früheres Wohnhaus an, das heute ein verblüffendes Museum ist. Noch bis zum 20. November

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läuft dort eine Ausstellung mit 32 Zeichnungen des belgischen Malers, die den Namen „Szene aus dem Leben Christi“ trägt und seit bald 50 Jahren nicht gezeigt wurde. Die Dauerausstellung und regelmäßige temporäre Ausstellungen geben dem Besucher einen Einblick in das faszinierende Werk des Künstlers. Wenn sich die Sonne mal hinter den Wolken hervortraut, sollten Sie sich gleich zu den menschenleeren Stränden mit den hübschen Strandkabinen aufmachen. Die Nordsee scheint hier bis ins Unendliche zu reichen und wird

Sie mit ihrer melancholischen Schönheit in ihren Bann ziehen. Nun ist es aber an der Zeit, Ostende selbst ausgiebig zu erkunden. Der Ort steht mit dem Kunstfestival „The Crystal Ship“ ganz im Zeichen der Street Art. Bekannte und aufstrebende Straßenkünstler haben sich an den Mauern verewigt, Skulpturen aufgestellt und interessante Installationen hinterlassen. Dieses Kunst-Event, dessen Werke seit 2016 das Stadtbild dauerhaft prägen, lässt einen frischen und farbenfrohen Wind durch die graue Hafenstadt wehen, der Sie buchstäblich umhauen wird!


K N O K K E Knokke

51° N 3° 0

DEUTSCHLAND

Breviarium

NIEDERLANDE

www.myknokke-heist.be/de Brüssel

BELGIEN

FRANKREICH

LUXEMBURG

Unbedingt Wenn es im Herbst und Winter abends schon früh dunkel wird, ist es Zeit für den Kunst- und Lichtspaziergang durch Knokke-Heist. Die so futuristischen wie regressiven Lichtinstallationen auf dem Weg durch die Stadt werden Klein und Groß strahlen lassen.

Bloß nicht Wenn Sie den authentischen Charme des schicken Badeortes an der belgischen Küste genießen möchten, suchen Sie sich für Ihre Reise nicht das Wochenende des Zoute Grand Prix aus, dann ist es wegen des massiven Besucheransturms mit der Ruhe vorbei. Wer PS-starke Autos und Oldtimer liebt, wird an den Rallyes, der GT Tour, Auktionen und Automobil- und Kunstausstellungen aber seine Freude haben.

Geheimtipp Wie alle Freunde eines Vierbeiners nur zu gut wissen, kann es schwierig sein, einen schönen hundefreundlichen Strand in der Saison zu finden, da viele Badestrände, darunter auch Knokke, den Zugang für Hunde stark einschränken. Allerdings ist der Strand in Knokke jedes Jahr vom 16. Oktober bis zum 14. März für jeden frei zugänglich, sodass Hund und Herrchen sich gemeinsam und unbeschwert austoben können.

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Griechenland

C OV E R STO RY


C OV E R STO RY

„Greece: You Will Want To Stay Forever’“ Das Motto der aktuellen Kampagne des griechischen Tourismusverbandes könnte nicht treffender sein. Wer schon einmal einen Urlaub in Griechenland, auf dem Festland oder einer der Inseln verbracht hat, kennt dieses Gefühl, nie mehr weg zu wollen. Türkisblaues Meer, weißgetünchte Häuser, mediterrane Küche, Jahrtausende alte Kultur und Bewohner, die gastfreundlicher nicht sein könnten, da lässt es sich gut leben, und das nicht nur im Urlaub! Für uns ein guter Grund, diese Urlaubsland, das für Luxemburger ohne Zweifel zu den beliebtesten Destinationen gehört, einmal genauer zu präsentieren. Viel Spaß beim Entdecken.

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AT H E N

Moderne Gastronomie in einer antiken Stadt

Text Eleftheria Vasiliadi

Antike Geschichte und lebendige Kultur: Es ist bemerkenswert, wie sich die Hauptstadt Griechenlands mit dem stetig wachsenden Besichtigungsangebot in den letzten Jahren gemausert hat. Auf dem Ausflugsprogramm der Touristen stehen historische Denkmäler, Theater, Trendläden, Konzerthallen, Kinos, Bars, angesagte Restaurants und vieles mehr.

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Renommierte Künstler treten an so beeindruckenden Orten wie dem antiken Theater Odeon des Herodes Atticus, der Nationaloper, der Konzerthalle Megaro Mousikis, dem Technopolis, dem Water Square und dem Panathinaiko-Stadion auf. Kunstliebhaber werden an der lebendigen, anspruchsvollen und florierenden Kunstszene in einer attraktiven Kulturlandschaft ihre Freude haben. Besonders nennenswert sind hier das Kulturzentrum der Stavros-NiarchosStiftung, das Benaki-Museum, die Nationalgalerie und diverse restaurierte Industriegebäude wie die alte öffentliche Tabakfabrik in der Lenormanstraße, die heute ein bedeutender Kunstraum ist. Eine Hautnahbegegnung mit dem städtischen Leben und der Kultur Griechenlands ist ein „Muss“ und sollte neben den unumgäng-

lichen Besichtigungen von Akropolis und Akropolismuseum nicht zu kurz kommen. Deshalb lassen wir Museen und Bauwerke mal beiseite: Was halten Sie von einer kulinarischen Tour, um Athen kennenzulernen? Die vielfältige Stadt verwöhnt jeden Gaumen: eine aufstrebende Feinschmecker-Szene mit trendorientierten Restaurants, Street Food, traditionellen Tavernen und Koutoukia (familiengeführte Tavernen, wo Sie traditionell und zu den volkstümlichen Klängen von Rebetiko speisen), exzellenten Weinbars und Bars von Weltklasse (im wahrsten Sinne des Wortes!). Griechenland ist viel mehr als Moussaka, Souvlaki und Gyros: Wir legen Ihnen ans Herz, sich dem gastronomischen Angebot zu öffnen und eine Reise durch die verlockende kulinarische Landschaft der ältesten Hauptstadt


AT H E N OBEN Rund um das Plateau der Akropolis liegen etliche Tavernen und Restaurants, die bei köstlichen Drinks und Leckereien einen unvergesslichen Blick auf das Herz der griechischen Hauptstadt bieten.

UNTEN Panoramablick über das sagenhafte Monastiraki-Stadtviertel und auf die Akropolis.

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AT H E N

Die kleinen Straßencafés und Restaurants im Plaka-Viertel bieten bieten eine lebendige und charmante Kulisse und sind bis spät in die Nacht geöffnet.

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AT H E N Europas zu unternehmen. Sie werden erstaunt sein, was die griechische Küche alles in petto hat. Speisen wie die Götter In Athen werden Feinschmecker, Schlemmer und Naschkatzen gleichermaßen glücklich, vom lässigen Fingerfood bis zur exquisiten Sterneküche ist alles dabei. Insideradressen unterstreichen die Essenz eines vielfältigen Gastro-Angebots einer Stadt, die sich innovativ weiterentwickelt und die Menschheit seit jeher fasziniert. Wenn Sie Lust auf anständiges Street Food haben, wie Souvlaki, saftig gegrilltes Schweinefleisch in Fladenbrot, dann besuchen Sie das seit 1950 etablierte „Kostas“ oder das „Lefteris o Politis“, wo es köstliche gegrillte Bifteki mit Petersilie, Tomaten und Zwiebeln im Pita-Wrap gibt. Sehr empfehlenswert ist auch das „Hoocut“, ein Souvlaki-Lokal, dessen drei Köche das authentischste Gyros überhaupt zubereiten, das Sie in Athen finden werden. Sogar das Pita-Brot kommt hier frisch aus dem Ofen. Für traditionelle griechische Vorspeisen und Gerichte sind Sie im „Diporto“ genau richtig. In dieser Koutoukia, einer der ältesten Kellertavernen der Stadt, probieren Sie einfache Spezialitäten wie Fava, gebratene Sardinen, Kichererbsen und „Giahni“, sprich geschmorte Kartoffeln in Tomatensauce. Nachteulen schwärmen abends zum „Ipiros“ aus, das bekannteste Nachtlokal Athens, das

praktischerweise auch eine deftige Suppe gegen den Kater serviert! Stilvoll, nachhaltig und innovativ Die eleganten Rooftop-Restaurants GB Roof Garden und The Tudor Hall der legendären Hotels Grande Bretagne und King George sind eine Referenz in der Athener Restaurantszene. Asterios Koustoudis (Chefkoch beider Hotels) sowie die Küchenchefs Nikos Liokas und Alexandros Koskinas lassen ihr ausgereiftes gastronomisches Verständnis frei walten. Die erlesene Weinauswahl des Chefsommeliers Evangelos Psofidis und nicht zuletzt die beeindruckende Kulisse der Akropolis vervollständigen das einzigartige Erlebnis zu Tisch. Lassen Sie unbedingt Platz für eines der kunstvollen Desserts der beiden Pâtissiers des Hauses, Evgenios Vardakastanis und Arnaud Lahrer. Eleganz, Tradition und Innovation sind auch die Leitmotive des „Sense Restaurant“, das sich im 6. Stock des luxuriösen Designhotels AthensWas befindet. Küchenchef Alexandros Haralambopoulos ist ein vehementer Verfechter der griechischen Küchentradition und Teil einer kreativen Riege von Köchen, die Tradition und Fortschritt gekonnt unter eine Kochmütze bringen. Drei Degustationsmenüs führen durch eine gastronomische Reise quer durch Griechenland. Das Menü „Travelling“ im Restaurant „Botrini‘s“ gibt einen Einblick in die kulinarische Virtuosität der Küche und gleicht

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Pflanzen und Blumen schmücken das Plaka-Viertel und verleihen ihm ein sehr einladendes Ambiente.

nebenbei einer emotionalen und persönlichen Ode an den Lokalkolorit und an schön erzählte Erinnerungen, denen man gerne lauscht. Gerichte mit so klangvollen Namen wie „Hering, eine Reise durch die Zeit“ und „Der Bourdeto aus Korfu, der gerne ein Cacciuco alla Livornese werden möchte“ erzählen von den Wurzeln des italienischkorfiotischen Küchenchefs. Chef de Cuisine Nikos Billis lässt seine persönliche Note in jede dieser Geschichten einfließen. Geschichten lieben wir alle, keine Frage. Der Schlüssel zu einem unvergesslichen Genussmoment aber bleibt die bodenständige, einfache Küche. „Cookoovaya“, das einem kreativen Vierergespann gehört (Vagelis und Spyros Liakos, Kleomenis

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Zournatzis und Periklis Koskinas), ist ein Ort, an dem urbane griechische Küche in einem stilvollen und doch entspannten Ambiente serviert wird. Bemerkenswert ist auch das „CTC“ mit einer Küche, auf die ganz einfach Verlass ist. Die Gerichte von Chefkoch Alex Tsiotinis sind kunstvoll und gleichen einer gastronomischen Symphonie. Ein weiterer Klassiker der gehobenen Küche ist das Restaurant „Aleria“ in einem neoklassizistischen Gebäude in Metaxourghio. Hier schwingt Gikas Xenakis das Zepter, den nichts und niemand davon abhält, Neues zu lernen. Runden Sie Ihre Schlemmertour mit einem Besuch in zwei innovativen Restaurants ab, die uns mit ihrem nachhaltigen Engagement über-

zeugt haben: „Soil“, dessen Koch Tasos Mantis mit viel Einsatz die Zero-Waste-Revolution vorantreibt und für seine Gerichte auch mal selbst in den Garten oder aufs Feld geht, und „Delta“, in dem die Köche Thanos Feskos und Giorgos Papazaharias bei ihrer Arbeit auf Nachhaltigkeit, Gastronomie und Kultur setzen. Für den Absacker geht es ins „Baba au Rum“ mit seiner verlockenden Cocktailkarte oder „The Clumsies“: Beide gehören zu den 50 besten Bars der Welt! Ein schönes Ziel, um den Abend ausklingen zu lassen, ist auch das „Line“ mit seinen fruchtigen Weinen und bunten Cocktails. Noch dazu ist es die erste Bar in Griechenland, die sich ganz bewusst einem Zero-WastePrinzip verschrieben hat.


AT H E N

Breviarium

MITTELGRIECHENLAND

ATTIKA Athen

PELOPONNES

37° N 23° O www.thisisathens.org

Unbedingt Je früher Sie an der Akropolis ankommen, desto besser. Besonders in den Sommermonaten stehen die Touristen Schlange, um das weltberühmte Monument zu besichtigen. Kaufen Sie morgens gleich als Erstes die Eintrittskarten. Noch ein Tipp: Die „Koutoukia“, diese urigen Kellertavernen, sind in der Regel recht klein. Planen Sie ein bisschen Wartezeit ein, bis ein Tisch frei wird.

Bloß nicht Wenn Sie die echte und authentische Küche Griechenlands kennenlernen möchten, tappen Sie bloß nicht in diese Touristenfallen an so zentralen Orten wie Monastiraki und Plaka. Wie überall auf der Welt muss man auch hier ein wenig recherchieren, um ein Lokal mit einer qualitätsvollen Küche zu finden. Lassen Sie sich nicht blenden und achten Sie also auf die schlichten, einfachen Lokale, die ausgefeilte traditionelle Gerichte auf der Karte haben.

Geheimtipp Lassen Sie sich von ein paar Apps den Urlaubsalltag vereinfachen: Mit „oasa telematics“ (www.oasa.gr) zum Beispiel finden Sie schnell die nächstgelegene Bushaltestelle. Neben den Fahrplänen werden auch die Standorte der Busse in Echtzeit angezeigt. Mit „moovit“ orientieren Sie sich spielend einfach in der Stadt und mit „Beat“ können Sie ein Taxi bestellen, das auch Kartenzahlung anbietet.

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KOS

OBEN Der weiche Sandstrand von Kardámena Beach ist sowohl bei Ortsansässigen als auch bei Besuchern äußerst beliebt.

UNTEN An der 112 Kilometer langen Küstenlinie von Kos finden sich traumhafte Strandabschnitte.

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KOS

Kos – die Insel des Hippokrates „Die meisten liegen den ganzen Tag am Pool, obwohl wir hier die schönsten Strände der Welt haben“, wundert sich Dia Toggas. Die 42-Jährige betreibt einen Kiosk in Kardámena an der Südküste von Kos. Nein, reich werde sie davon nicht. Doch in den sieben, acht Monaten während der Saison von Mai bis Oktober verdiene sie genug, um den Rest des Jahres davon leben zu können, beteuert Dia. Ob Kos wirklich über die schönsten Strände der Welt verfügt, sei dahingestellt. Fest steht, es gibt entlang der 112 Kilometer langen Küstenlinie einige großartige Buchten und Strände wie den Paradise Beach, Camel Beach, Sunny Beach oder die Bucht von Kamari. Kardámena selber gehört wohl eher nicht dazu. Im Gegenteil. Die Strandabschnitte sind schmal und bestehen aus einem

Gemisch aus Sand und Kies. Dafür avanciert das 2.000-Seelen-Nest in puncto Nachtleben zur (heimlichen) Partyhauptstadt der Insel. Entlang der Promenade drängt sich Nachtclub an Nachtclub, locken Bars, Cafés und Restaurants. Wie überall auf Kos wird mit Broschüren, Handzetteln und Reklametafeln für Ausflüge nach Rhodos oder Bodrum in der nahe gelegenen Türkei geworben. Gemessen an der Zahl der Anbieter ein scheinbar lohnendes Geschäft. Doch wie merkwürdig ist dies: Da reist man auf eine sonnenverwöhnte Insel, um dann zu einer anderen zu entfliehen? Zumal Kos selber allerhand zu bieten hat. Sonne, Sand und herrliche Badetemperaturen lassen das Eiland in der südlichen Ägäis zu einem Paradies für Sonnenanbeter, Feierlustige und Sandburgenbauer avancieren.

Text Karsten-Thilo Raab

Als Teil der Dodekanes-Inselgruppe weiß Kos nicht nur mit zahlreichen Stränden, sondern auch mit bedeutsamen Relikten aus einer langen, bewegten Vergangenheit zu begeistern.

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KOS

Bedeutendste Ausgrabungsstätte ist Asklepíeion. Das antike Sanatorium, das als eine der ersten Kurkliniken der Menschheit gilt, liegt rund vier Kilometer südwestlich von Kos-Stadt auf einem von Zypressen bewaldeten Hügel. Die terrassenförmige Anlage wurde 1902 vom deutschen Archäologen Rudolf Herzog entdeckt. „Hippokrates hat hier seinen berühmten Eid verfasst“, beteuert Dia, die nicht müde wird, die Sonnenseiten ihrer Heimat herauszustellen. Ob der Urvater der modernen Medizin tatsächlich in Asklepíeion seinen Schwur begründet hat, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass die Heilstätte erst nach seinem Tod errichtet wurde. Gleichwohl sind alle Insulaner bestrebt, das Gedenken an den berühmten Sohn aufrechtzuerhalten. Da ist zum Beispiel jene Platane in Kos-Stadt, die Hippokrates angeblich selber gepflanzt hat und unter der er zu sitzen pflegte. Der Baum ist so altersschwach, dass er nur dank eines riesigen Gerüstes überhaupt noch stehen bleibt. Und natürlich locken an jeder Ecke Hippokrates-Devotionalien. Zum Verkaufsschlager rücken neben Büsten mit dem Kopf des Gelehrten vor allem Nachdrucke seines Eides auf, der noch heute den Ehrenkodex für Ärzte weltweit beschreibt. Der charmante Kern der Inselkapitale erstreckt sich um Mandráki, den fast runden Hafen. Dieser diente in der Antike als wichtigster Handels- und Kriegshafen der In-

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sel. Um ihre Flotte zu schützen, errichteten die Johanniter-Ritter hier im frühen 14. Jahrhundert die Burg Nerátzia. Um den Freiheitsplatz, den Platiá Elefetheriás, gruppieren sich die elegante Markthalle, die 1725 erbaute Defterdar-Moschee, in der heute kleine Geschäfte und ein Café untergebracht sind, sowie das Archäologische Museum. Eine monumentale Entdeckung Nur einen Steinwurf entfernt lädt die Agorá zu einer Zeitreise in die Antike ein. Das Areal war durch Zufall entdeckt worden, nachdem ein Erdbeben am 23. April 1933 weite Teile der Innenstadt zerstört hatte. Ein schicksalhaftes Ereignis, das sich zumindest aus Sicht der Archäologen als Glücksfall erwies. Denn unter den Trümmern entdeckten sie die Reste einer antiken Stadt. Noch größer und besser erhalten ist das westliche Ausgrabungsfeld, an dessen Rand ein 1.800 Jahre altes römisches Amphitheater, das Odeon, zu begeistern weiß. Wesentlich beschaulicher geht es in Bergdörfern wie Asfendioú oder Pylí im Schatten des 846 Meter hohen Dikéos-Massivs zu. Alte Griechen sitzen hier auf unbequemen Holzschemeln vor weiß getünchten Häusern. Streunende Katzen huschen um Ecken, in Schwarz gehüllte Frauen palavern wild gestikulierend in den verträumten Gassen. Vielleicht erzählen sie von ihren Vor-Vorvätern, die einst in Paléo Pylí zuhause waren. Das Dorf wurde 1830 nach einer Choleraepidemie aufgegeben und


KOS Asklepíeion ist die bedeutendste archäologische Stätte auf Kos.

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KOS

In Ágios Stéfanos befindet sich einer der besten Strände der Insel.

ist heute eine Geisterstadt. Hoch über den Ruinen des alten Dorfkerns thronen die Reste eines byzantinischen Kastells aus dem 11. Jahrhundert. Von hier bieten sich famose Blicke auf den Inselnorden und die türkische Küste. Überall wird einem eine Tour nach Ziá ans Herz gelegt. Griechenland in seiner ursprünglichen Form sei dort zu finden. Zudem würden sich von dem Bergdorf aus herrliche Blicke auf den Nordosten von Kos auftun. Das mit den Blicken stimmt. Ansonsten erwartet einen in Ziá jedoch ein Kulturschock: Vollgestopfte Reisebusse schlängeln sich die Serpentinen hinauf, wo Souvenirhändler an Souvenirhändler Kitsch feilbieten. Daneben finden sich eine Handvoll

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Restaurants, während die schmalen Gassen zur sehenswerten Kirche Kimissis tis Theotókou mit ihren byzantinischen Wandmalereien und zur ältesten Wassermühle in Kos führen. Badevergnügen im Südwesten Ungleich lohnenswerter ist ein Abstecher auf die Halbinsel Kéfalos im Südwesten der Insel. Hier liegen mit Ágios Stéfanos und Paradise Beach zwei der besten Strände der Insel. Bei Letzterem durchbrechen Blasen aus dem vulkanischen Untergrund die Meeresoberfläche und sorgen für ein natürliches Sprudelbad. Am Ágios Stéfanos liegen die Ruinen einer Basilika aus der Frühzeit des Christentums. Zusammen mit der Insel Kastri mit der kleinen

Kirche des Àgios Nicolaos, die rund 100 Meter vor der Küste liegt und halb gehend, halb schwimmend zu erreichen ist, bildet die Ausgrabungsstätte einen der prächtigsten Blickfänge der Insel. Nicht unerwähnt bleiben sollte zudem ein Naturschauspiel: Im Südosten von Kos lädt die EmbrósTherme zum besonderen Badevergnügen ein. Aus einem Felsspalt dringt hier bis zu 49 Grad Celsius heißes Wasser und läuft in ein natürliches Becken. Die Wellen der Ägäis schlagen über die niedrige Steinmauer und vermischen sich mit dem heißen Wasser. Eine Wohltat, die auch noch nachweislich gegen Haut-, Augen-, Atemwegsund Muskelerkrankungen sowie Rheumatismus und Arthritis hilft.


KOS

Breviarium

27° N 36° O www.kos.gr

Kos Asklepíeion Asfendioú Pylí

Ziá

Embrós-Therme

KOS

Kardámena

Kéfalos Kamari

Unbedingt Pflichtstation für historisch Interessierte ist die Casa Romana in Kos-Stadt. Die Geschichte der römischen Villa reicht zurück bis in das 3. Jahrhundert vor Christus. Die Innenhöfe mit ihren Säulengängen und Wasserbecken laden zu einer faszinierenden Zeitreise ein.

Bloß nicht Auf keinen Fall sollten typische Insel-Genüsse verpasst werden. Der Bogen spannt sich von Pitardia (handgemachte Lasagne-Nudeln in Brühe) über Lambropites (kleine Kuchen mit Myzithra-Käse) bis hin zu Marmarites (auf Marmor gebackene Pfannkuchen mit Zucker oder Honig) und Kanelada (mit Zimt angereicherter Likör).

Geheimtipp Die Wahrscheinlichkeit, an der Höhle Aspiri Petra auf der Halbinsel Kefalos jemanden zu treffen, ist überaus gering. Hier wurden die ältesten Zeugnisse menschlichen Lebens auf Kos, darunter Tongefäße, Speerspitzen und andere Gebrauchsgegenstände, entdeckt. Die Höhle selber ist eher unspektakulär, dafür sind die An- und Aussichten von hier umso grandioser.

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K R E TA

Kreta, die Fitnessinsel

Text Martine Carret

Die zurückgezogen inmitten ihrer verschneiten Berge lebenden Kreter haben in den 1960er Jahren im Rahmen der Sieben-LänderStudie Wissenschaftler aus aller Welt mit ihrer überdurchschnittlich langen Lebenserwartung verblüfft. Aus dieser Zeit stammt auch die Kreta-Diät. REESEN hat sich auf die Suche nach dem besten Rezept gemacht. Die Hauptzutaten? Bewegung und gesunde Ernährung.

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Die Luft ist trocken. Nicht so schwer, warm und feucht, wie man sie zum Beispiel aus asiatischen Regionen kennt. Hier ist sie klar, belebend, sie tut gut. Auf der Insel der Götter ist es das ganze Jahr über mild. Beim Anflug auf die größte und südlichste der griechischen Inseln fällt vor allem eines ins Auge: Die Gegend rund um Iraklio, wo sich der internationale Flughafen befindet, wirkt schroff. An der Küste entlang fallen die riesigen Felsen in das azurblaue Wasser, auf dessen tanzenden Wellen die ewige Sonne glitzert. Bäche suchen sich den Weg bis ins Meer und locken die durstigen Ziegen und Schafe an. Wie viele es wohl sind? Tausende? Schwer zu sagen. Den Einwohnern sind sie jedenfalls zahlenmäßig überlegen.

Die Olivenbäume setzen auf den kalkigen Berghängen frische, grüne Farbtupfer. Das pausenlose Zirpen der Zikaden ist nicht zu überhören. Wenn Sie ein Exemplar aus der Nähe betrachten möchten, schleichen Sie sich an einen Baum heran und suchen Sie nach den Blättern, die im Schatten liegen, da verstecken sich die Gesangskönige am liebsten. Das strahlende Blau des wolkenlosen Himmels macht unternehmungslustig und erinnert an den ein oder anderen guten Vorsatz. Lust auf ein kleines Fitnessprogramm? Regelmäßige Bewegung Gehen und Wandern stehen auf der Aktivitätenliste der Insel Kreta ganz oben. Früher war es gang und gäbe, für Besorgungen in den


K R E TA OBEN Der abgelegene Strand Glyka Nera in der Region Chania ist berühmt für sein kristallklares, blaugrünes Wasser und nur per Wanderung oder Boot erreichbar.

© Perikles Merakos

UNTEN Die Ausgrabungen der antiken Stätte von Aptera enthüllten unter anderem ein kleines Amphitheater.

© Militos

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K R E TA

Die Samaria-Schlucht erstreckt sich über 16 km von den Weißen Bergen Kretas bis zum Lybischen Meer.

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K R E TA 10 Kilometer (!) entfernten Nachbarort zu laufen. Solch eine Entfernung hat noch keinen Kreter aus der Fassung gebracht. Viele angelegte Wege, vor allem an den Küsten, locken zu kurzen Rundwanderungen. Unerschrockene bewältigen den bekanntesten Trekkingweg der Insel in den Samaria-Schluchten (16 km, 1.250 m Höhenunterschied). Wenn Ihnen die 2.000 anderen täglichen Wanderer auf diesem Weg zu viel sind, erkunden Sie besser die auch wesentlich schönere Imbros-Schlucht (6 bis 7 km). Machen Sie sich auf jeden Fall schon gegen 5 Uhr morgens auf die Socken und denken Sie an Kopfbedeckung und ausreichend Wasser. Eine Wanderung in diesen Gebieten ist übrigens gebührenpflichtig. Sind Sie durchtrainiert? Dann ist der Aufstieg auf den Berg Psiloritis (2.456 m), der höchste Punkt der Insel, eine anspornende Herausforderung. An der Nordostspitze der Insel spazieren Sie über die Landenge zum Kap Sideros. Der Zutritt zur Landzunge ist verboten, da sich dort ein Marinestützpunkt befindet. Der zugängliche Weg ist aber weit genug für atemberaubende Ausblicke auf rote Felsen, ein grü-

nes Meer und eine mondähnliche, aride Landschaft. Im Süden fahren Sie mit dem Auto von Ierapetra bis Agios Ioannis, ein fast verlassenes Dorf, in dem die wildwuchernden Weinstöcke und Feigenbäume den Ruinen langsam den letzten Lebenssaft aussaugen. Gehen Sie ein paar Kilometer zu Fuß an der Küste entlang. Spüren Sie, wie Sie eins werden mit der Natur? Welche Faszination von den wunderschönen, orthodoxen Kapellen ausgeht? Gänsehautmomente, die Sie in der touristisch überlaufenen Samaria-Schlucht bestimmt nicht empfinden. Von Handras aus fahren Sie durch Olivenplantagen vorbei an weißen Häuschen, für die die meisten Touristen leider auch keinen Blick haben, bis zur verlassenen Mittelaltersiedlung Voila. Schilder lotsen Sie verlässlich bis zum Ziel. Nach zwei Kilometern kommen Sie an einer alten Kapelle aus dem 15. Jahrhundert vorbei, die nicht verschlossen ist: Gehen Sie ruhig hinein und bewundern Sie die fantastisch erhaltenen Ikonen und Fresken. Dieser Ort gehörte einer Aristokratenfamilie aus Venedig, die unter der türkischen Besatzung zum Islam konvertierte. Übrig sind auch

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K R E TA

Der venezianische Hafen von Rethymnon ist besonders schön bei Sonnenuntergang, wenn die Lichter der Bars und Restaurants erstrahlen. © Perikles Merakos

noch ein hübscher Brunnen und ein Turm mit Gewölbesälen. Die Sonne sinkt allmählich, es wird kühler. Ein von der Geschichte geprägter Tag geht zu Ende. Gesunde Ernährung Neben dem regelmäßigen Gehen ist die gute Gesundheit der Kreter auch auf ihre Ernährung zurückzuführen. „Die Küche Kretas ist saisonfrisch“, erklärt uns eine Restaurantbesitzerin in Rethymnon. „Wir essen einfach, was der Garten je nach Jahreszeit zu bieten hat. Gemüse wie Zucchini, Tomaten und Gurken können auf so abwechs-

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lungsreiche Weise zubereitet werden. Rindfleisch essen wir kaum, durch die landschaftliche Beschaffenheit werden bei uns eher kleinere Tiere gezüchtet. Wir bevorzugen Kaninchen, Tauben, Geflügel und Schafe. Jede kretische Familie hatte die Angewohnheit, Lebensmittel für den Wintervorrat zu trocknen: Fisch, Fleisch, Gemüse. Zucker verwenden wir nicht, aber Honig und viele Kräuter aus dem Garten, darunter Thymian, Rosmarin, Minze und Oregano. Die Dutzenden Käsesorten stellen wir aus Schafs- und Ziegenmilch her. Und natürlich kochen wir ausschließlich mit Olivenöl, das

nur wenig Säure enthält. Durch unsere heutigen Lebensumstände wurden aber viele dieser Gewohnheiten über Bord geworfen: Im Supermarkt findet man alles, egal ob das Produkt gerade Saison hat oder nicht, und wir legen fast jeden Weg mit dem Auto zurück. Deshalb gibt es auch bei uns jetzt vermehrt Herz-Kreislauferkrankungen, und zwar bei den jüngeren Menschen, die auf Fast Food schwören und insgesamt einen bequemeren Lebensstil führen – die ältere Generation bleibt von diesem gesellschaftsbedingten Phänomen verschont. Meine Oma ist mit 97 Jahren topfit!“


K R E TA

Breviarium

35° N 24° O www.discovergreece.com/de/crete

Rethymnon Samaria

Sideros

Imbros

Iraklio Psiloritis KRETA

Agios Ioannias

Handras

Ierapetra

Unbedingt Ganz im Osten liegt der Strand Kouremenos, 3 km nördlich von Palekastro, der mit seinen idealen Wasser- und Windbedingungen ein beliebtes Ziel für Kite- und Windsurfer ist.

Bloß nicht Sie sollten nicht unüberlegt irgendwo klettern: Die Felsen der Insel sind extrem bröckelig und damit gefährlich.

Geheimtipp Das Autofahren auf der Insel ist ziemlich abenteuerlich. Der Standstreifen wird hemmungslos zum Überholen genutzt. Seien Sie auf Hauptstraßen sehr achtsam und denken Sie daran, dass Nebenstraßen oft von Tieren (Ziegen, Schafen …) überquert werden.

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KYK L AD E N

OBEN Eine Windmühle steht vor der Kulisse eines traumhaften Sonnenuntergangs am Horizont.

© Perikles Merakos

UNTEN Die charakteristischen weißen Gebäude mit ihren blauen Türen und Rahmen verteilen sich über die ganze Inselgruppe.

© P. Laskarakis

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KYK L AD E N

Legendäre Kykladen Leuchtend weiße, würfelförmige Häuser und Kuppeln in Byzantinischem Blau schmiegen sich an die Hänge der Steilküste oberhalb eines unterseeischen Vulkankraters. Diese stolz und mächtig anmutende Felseninsel strahlt eine nicht greifbare Schönheit aus. Die schroffen Felsen fallen steil in ein friedliches Meer hinab, die Landschaft hat etwas Magisches. Man fühlt sich in eine Zeit versetzt, als die Piraten noch die Meere unsicher machten … Wie erreicht man diese hochgelegenen Dörfer mitten im Meer? Das Kaiki, ein traditionelles Holzboot, mit dem wir zur Insel Nea Kameni übersetzen, verstärkt noch dieses Gefühl, durch eine andere Epoche zu reisen. Wir gleiten über einen schlummernden Vulkan: Die aus dem Wasser ragenden Felsen

bilden die Überreste der vulkanischen Caldera. Wir sind auf Santorin, einer der spektakulärsten griechischen Inseln überhaupt. Früher war die Insel kreisrund. Um 1650 v. Chr. wurde sie durch eine enorme Eruption zerstört, bei der die Inselmitte quasi in sich zusammenfiel und diesen Ring aus roten Felsen hinterließ. Um diese Zeitreise komplett zu machen, steuern wir die unbewohnte Insel Nea Kameni an, den Gipfel eines Unterwasservulkans, der heute ein nationaler Geopark ist. Nehmen Sie ausreichend Wasser für diese Tour mit, denn einen Getränkestand werden Sie in den versteinerten Lavaströmen nicht finden. Am Eingang verteilen die Parkwächter aber kleine Broschüren. Die Wege sind gut ausgebaut und die Karte reicht

Text Martine Carret

Ihre Schönheit fasziniert auch den anspruchsvollsten Reisenden. Die Inselgruppe in der südlichen Ägäis umfasst etwa 250 kleinere und größere Eilande und Felsriffe. Nur 24 von ihnen sind bewohnt, darunter die beliebte Insel Santorin, die zu unvergesslichen Erkundungsspaziergängen lockt.

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KYK L AD E N

völlig aus, um sich zurechtzufinden. Die Aussichtspunkte auf den Vulkan sind von A bis E durchnummeriert. Für diese beeindruckende Wanderung, die mit einem Aufstieg über einen schwarzen, schneidenden Boden beginnt, benötigen Sie etwa zwei Stunden. Ziehen Sie bloß keine Flipflops an! Die mühelose Wanderung ist zwar gemächlich und für jedermann zu bewältigen, aber auch kein Strandspaziergang. Nach 30-minütigem Marsch erwartet uns ein großer Krater. Seine rostrote Farbe steht im Kontrast zur kargen und eher dunklen Mondlandschaft, die uns bisher begleitet hat. Weit in der Ferne blitzen die weißen Häuser von Ia vor dem blauen Himmel auf. Noch weiter oben stoßen wir auf einen weiteren Krater, der kleine Rauchwolken ausstößt, ein schwacher Hinweis auf die Aktivität dieses Vulkans, den die Forscher natürlich gut im Auge haben. Der Schwefelgeruch brennt im Hals, mit Kindern sollte man sich den Austrittsöffnungen nicht nähern. Am Beobachtungsposten D, dem höchsten der Insel (127 m), entdecken Sie abseits vom Weg glänzende schwarze Steine. Jede Eruption hat Spuren hinterlassen und ermöglicht es den Geologen, diese einzigartige Stätte zu erforschen und jede der Epochen präzise zu

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datieren (1866, 1930, 1950 …), die zu dem heutigen fesselnden und bunten Landschaftsbild beigetragen haben. Empfehlenswert: Die beiden Strecken im Inselzentrum Vothonas-Pyrgos-Profitis Ilias-Thera-Perissa (2,5 Std.) oder Emborio-Profitis Ilias-Thera-Perissa (2 Std. 15 Min.). Und wandern Sie unbedingt den einzigartigen Felsenweg zwischen Fira und Ia ab (9 km ohne besondere Schwierigkeit). Oben auf der Caldera werden Sie mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Die Tour dauert etwa drei Stunden. Bleiben Sie noch bis zum Sonnenuntergang, der die Fenster der Mühlen von Ia in betörendes Rot taucht. Ein Bus bringt Sie zurück nach Fira. Legendäre Inseln ... Wieder eine Reise in die Vergangenheit, diesmal zur unbewohnten Insel Delos, gegenüber von Mykonos. Der 5 km lange und 1,3 km breite Granitrücken ist der Geburtsort der Zwillinge Artemis und Apollon. Am besten kommen Sie gleich morgens her und bleiben ganz wie Sie möchten bis zum frühen oder späten Nachmittag. Geschäfte gibt es auch auf Delos nicht, packen Sie also mehrere Wasserflaschen in den Rucksack und ein kleines


KYK L AD E N Das Haus der Kleopatra ist bekannt für die kopflosen Statuen. Der Name bezieht sich übrigens nicht auf die berühmte Königin von Ägypten, sondern auf die ursprünglichen Besitzer, ein reiches Ehepaar aus Athen namens Kleopatra und Dioskurides.

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KYK L AD E N

Eine traditionelle kleine weiße Kirche in Oia auf Santorin. © Perikles Merakos

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KYK L AD E N Margeriten blühen entlang des pittoresken Caldera-Wanderweges zwischen Fira und Oia. © Perikles Merakos

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KYK L AD E N

Paros, eine umwerfende Stadt im Zentrum der Kykladen war schon in der Antike für ihre weißen Marmorsteinbrüche berüchtigt. © Perikles Merakos

Picknick, wenn Sie den Ausflug über den Tag ausdehnen möchten. Sechs bis sieben Stunden Aufenthalt können Sie einplanen. Genau wie auf Nea Kameni gibt es auch hier Infobroschüren. Sie können sich einer geführten Gruppe anschließen (für allgemeine Informationen ganz interessant) und anschließend die Stätte auf eigene Faust erforschen (das flache Gelände weist keine Schwierigkeiten auf). Tempel, Statuen, Ruinen, Häuser und Mosaike … Delos quillt geradezu über vor solchen Schätzen, die Sie bei einer „archäologischen Wanderung“ entdecken. Unser Tipp: Machen Sie eine Ver-

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schnaufpause auf dem Gipfel des Kynthos mit Sicht auf die Landschaft und Mykonos in der Ferne. ... und weniger bekannte Inseln Naxos ist die grünste und größte Insel der Kykladen. Planen Sie ab dem Ort Filoti zwei bis drei Stunden Marsch ein, um den Berg Zas zu bezwingen, den höchsten Punkt der Insel (1.004 m). Dieses „Dach der Kykladen“ bietet einen wunderschönen Blick auf ihre Nachbarinnen. Vor Ort gibt es eine Wanderkarte mit allen markierten und unmarkierten Wegen. Auf Amorgos spielte der Film „Im Rausch der Tiefe“ von Luc

Besson. Die Wege hier scheinen Treppen zwischen Land und Himmel zu haben; das Felsenkloster Chozoviotissa hängt in 300 m Höhe wie schwerelos über dem Ägäischen Meer. Tinos ist bekannt für seine Taubentürme. Die etwa vierzig kleinen Dörfer, die nichts von ihrem authentischen Charme eingebüßt haben, sind über schöne Wege untereinander verbunden. Paros ist mit seiner Geschichte, die bis auf 5000 v. Chr. zurückreicht, von großem archäologischen Interesse. Beeindruckend sind die Kirche von Agia Triada aus weißem Marmor und das archäologische Museum.


KYK L AD E N

Breviarium

TINOS

MYKONOS

DELOS

NAXOS PAROS

AMORGOS

SANTORIN

37° N 25° O www.discovergreece.com/de/cyclades

Unbedingt Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Esel und Kaiki die einzigen Transportmittel auf den Kykladen. Noch heute schlängeln sich die Saumpfade durch die Landschaft und geben wunderschöne Einblicke in Flora und Fauna.

Bloß nicht Vergessen Sie nicht Ihren Rucksack! Die Sonne hat im Sommer immense Kraft. Nehmen Sie bei jeder Tour ausreichend Wasser mit und denken Sie an Kopfbedeckung und Sonnencreme mit einem hohen Lichtschutzfaktor.

Geheimtipp Die milderen Monate September und Oktober und April bis Juni sind die beste Zeit für einen Besuch auf den Kykladen.

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P E LO P O N N E S

Der Hauch der Geschichte auf dem Peloponnes

Text Karsten-Thilo Raab

Nirgendwo lässt sich wohl tiefer in die faszinierende Geschichte Griechenlands abtauchen als auf dem Peloponnes mit den Welterbestätten Mykene und Epidaurus sowie der alten Hauptstadt Nauplia.

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Georgeos Stronis hat Zappel. Jedes Wort wird von wilden Gesten begleitet. Fast scheint es, als unterliege er dem Diktat des auf seinem T-Shirt aufgedruckten Mottos „Give muscle life“. Dabei übt das Energiebündel eine ähnliche Faszination aus wie das Weltkulturerbe selbst. Davon zeugt zumindest die Tatsache, dass kaum ein Besucher der 3.200 Jahre alten Ausgrabungsstätte von Mykene nicht wenigstens einen Augenblick verharrt, um dem eloquenten Zappelphilipp zu lauschen. Denn der 65-Jährige ist nicht nur ein exquisiter Kenner griechischer Geschichte, sondern auch ein exzellenter Erzähler. In jedem Wort schwingt Begeisterung für die Mythologie der Helenen mit und wird so zum gelebten Geschichtsunterricht, der mit dem häufig praktizierten Runterbeten von Zahlen und Fakten wenig gemein hat. Für Georgeos ist Archäologie ein wenig Kaffeesatzleserei. Als Beleg führt er an, dass die

Gräber von Mykene zwar Namen gekrönter Häupter tragen würden, aber es keine Beweise gäbe, dass diese hier tatsächliche ihre letzte Ruhestätte gefunden hätten. Denn in den Kammern der Kuppelgräber wurden weder Gebeine noch Grabbeigaben gefunden, obwohl diese für Könige und deren Familien errichtet worden sein sollen. „Heinrich Schliemann wird gerne als Entdecker von Mykene gefeiert, dabei war er 1876 nur vier Monate hier, nachdem er Troja ausgegraben hatte.“ Georgeos glaubt, dass die Bedeutung des Deutschen für Mykene, das seine Blüte von 1600 bis 1200 vor Christus erlebte, überschätzt wird. „Mykene ist für die Wissenschaft der Beweis, dass die Erzählungen von Homer auf wahren Begebenheiten fußen“, so Georgeos, der überzeugt ist, dass der große Schriftsteller und Philosoph mit seiner „Ilias“ die Basis für das heutige Nationalbewusstsein der Hellenen gelegt hat.


P E LO P O N N E S OBEN Mykene gehört zu den bedeutendsten archäologischen Stätten in Griechenland.

UNTEN Der Eingang zum Schatzhaus des Atreus, das imposanteste der Kuppelgräber am Panagitsa-Hügel.

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P E LO P O N N E S

Das Theather von Epidauros ist eins der besterhaltenen Amphitheater der Antike und wird sogar heute noch für jährliche Aufführungen im Sommer besucht.

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P E LO P O N N E S „Die griechische Mythologie zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die dargestellten Gottheiten Schwächen haben und verletzlich sind, was sie irgendwie menschlich macht.“ Nur in einer solchen Gedankenwelt habe sich die Demokratie als Staatsform entwickeln können. Ein Prozess, der sich an den Ruinen der Akropolis, der Oberstadt von Mykene mit dem berühmten Löwentor, ablesen lässt. Dort lebte der König mit der Familie und den wichtigsten Gefolgsleuten. Mit Beginn der Demokratie änderte sich die Funktion der Akropolis. Sie wandelte sich vom Königs- zum Göttersitz. Wichtigster Kurort der Antike Bei aller Faszination ist das Welterbe beileibe nicht die einzige bedeutende Ausgrabungsstätte auf dem Peloponnes. Das 50 Kilometer entfernte Epidaurus galt als wichtigster Kurort der Antike. Bereits im 1. Jh. v. Chr. wurde in dem heutigen Welterbe Apoll als Gott der Heilkunst verehrt. Das Amphitheater steht im Ruf, das besterhaltene in Griechenland zu sein und bietet Platz für 14.000 Personen. Aufgrund der hervorragenden Akustik ist es noch heute Bühne für Konzerte und Theateraufführungen. Etwa auf halbem Weg zwischen Mykene und Epidaurus findet sich mit Nauplia, auch Náfplio genannt, ein nicht minder geschichtsträchtiger Ort. Die 12.000-Seelen-Gemeinde wurde nach der Befreiung vom 300-jährigen Joch der Osmanischen Herrschaft im Jahre 1827

erste Hauptstadt des modernen Griechenlands. Gleichwohl kennt kaum jemand das malerische Örtchen am Argolischen Golf. „In Nauplia ist die Geschichte allgegenwärtig“, schwärmt Thanos Kaloussis. Der 41-Jährige ist Sohn der Stadt, wuchs aber in Wuppertal auf. Heute ist der Familienvater wieder in Nauplia zuhause, wo es für den auf Denkmalschutz spezialisierten Architekten genügend zu tun gibt. Und wenn Aufträge einmal ausbleiben, betätigt er sich als Tour-Guide. Mal führt er in die Geschichte der Stadt ein, mal stellt er Sehenswürdigkeiten vor, dann wieder zeigt er Gästen auf dem von ihm konzipierten Rundgang die Besonderheiten des Küstenstädtchens. Vor der kleinen Kirche Ágios Spiridonos bleibt Thanos stehen und zeigt auf ein unscheinbares Loch neben der Eingangstür. Das ansonsten gewöhnliche Stück Wand des 1702 errichteten Gotteshauses markiert einen historisch bedeutsamen Moment in der Geschichte der Hellenen. Denn vor dem Portal wurde Griechenlands erster Ministerpräsident, Ioánnis Kapodístrias, am 9. Oktober 1831 erschossen. Nach dem Attentat kam es, so Thanos, in Griechenland zu einem Machtvakuum. England, Frankreich und Russland schlugen der griechischen Nationalversammlung vor, einen europäischen Fürsten zum König zu ernennen. Und die Wahl fiel auf den damals 16-jährigen bayerischen Prinzen Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach.

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P E LO P O N N E S

Die Festung auf der felsigen Halbinsel der Akronauplia vor Nauplion. © K. Filippini

Mit einem Gefolge von 3.500 Soldaten siedelte Otto I., der drei Jahrzehnte König von Griechenland bleiben sollte, nach Nauplia um. Weil er noch zu jung war, fungierte zunächst Joseph Graf von Armansperg als Vorsitzender des Präsidialrats. Während der eigens errichtete Sitz des Königs nicht mehr existiert, erinnert in Nauplia das Haus Armansperg noch immer an den lange zweitwichtigsten Mann im Staate. Der Hauch der Geschichte lässt sich auch an der Platía Sintágmatos einatmen. Die Westseite des Verfassungsplatzes wird von der Fassade der einstigen Kaserne eingenommen; heute ist hier das Archäologische Museum zu finden. Nur einen Steinwurf entfernt

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liegt die 1550 errichtete Vouléftiko-Moschee. Diese war der erste Sitz des griechischen Parlaments. Die erste Schule des Landes An der Konstantinos, der Haupteinkaufsgasse, erhebt sich die Alilodikatérion-Moschee, in die nach der Befreiung Griechenlands die erste Schule des Landes einzog. Ansonsten ducken sich in der üppig mit Drillingsblumen berankten Altstadt einladende Tavernen, Bars, kleine Hotels, Souvenirgeschäfte und Boutiquen neben charmanten Häusern mit bröckelnder Fassade. Vor der Uferpromenade bildet die 1473 errichtete Festung Boúrtzi auf der Insel Ágios Theodoros einen weiteren Blickfang.

Überragt wird Nauplia von zwei Burganlagen: Von der 900 Meter langen und 400 Meter breiten Festung Akronáfplio existieren lediglich noch Mauern und Bastionen aus hellenistischer, byzantinischer, fränkischer, venezianischer und osmanischer Zeit. Beeindruckender ist die Palmidis-Festung von 1687. Die Burganlage mit ihren acht Türmen thront auf einem 216 Meter hohen Hügel hoch über der Stadt und ist über 850 Stufen zu erreichen. Doch der schweißtreibende Aufstieg lohnt sich. Bietet sich doch von der venezianischen Festung ein herrlicher Blick auf Nauplia, den Argolischen Golf und bei klarer Sicht sogar auf das 23 Kilometer entfernte Mykene.


Athen

P E LO P O N N E S

Breviarium

Pastras

Mykene Epidaurus PELOPONNES

Nauplia

37° N 22° O neon.ly/pelopennes

Unbedingt Um das Weltkulturerbe Mykene und Epidaurus in voller Pracht und weitgehend ungestört genießen zu können, empfiehlt es sich, die Ausgrabungsstätten frühmorgens, idealerweise zwischen 8 und 10 Uhr, zu besuchen, bevor ganze Busladungen voller Touristen vorfahren.

Bloß nicht In Griechenland ist das Rauchen in Pkw, Taxis und öffentlichen Bussen verboten – wenn Kinder unter zwölf Jahren mitfahren. Es droht eine Strafe von bis zu 3.000 Euro. Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich bei dem Raucher um den Fahrer oder um einen Mitfahrer handelt.

Geheimtipp Einer der besten Blicke auf Nauplia eröffnet sich von der Festung Boúrtzi. Kleine, traditionelle Boote bringen Interessierte in weniger als zehn Minuten auf die Insel Ágios Theodoros.

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T H E S SALO N I K I

OBEN Die Statue des griechischen Heerführers, Alexander der Große, mit makedonischen Speeren und Schildern.

UNTEN Die fliegenden Regenschirme des Bildhauers Giorgos Zogolopoulos bei Sonnenuntergang.

© Perikles Merakos

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T H E S SALO N I K I

Thessaloniki: Zum Durchreisen viel zu schade Die Hafenstadt am Thermaischen Golf ist nach Athen die zweitgrößte Stadt des Landes und blickt auf dreiundzwanzig Jahrhunderte faszinierende Geschichte zurück. Die Einheimischen nennen sie liebevoll „Saloniki“ und Besucher schwärmen von einem Paris-ähnlichen Flair auf den großen Boulevards am Meer. Während eines Zwischenstopps lässt sich Thessaloniki zwar nicht vollends erkunden, einen Einblick in diese pulsierende Metropole bekommt man aber allemal. Insta-taugliche Promenade Einen Überblick verschafft man sich am besten bei einem Spaziergang entlang der vier Kilometer langen neuen Strandpromenade Nea Paralia. Sie beginnt am Wahrzeichen der Stadt, dem Weißen Turm, und führt bis zur Konzerthalle. Die Geschichte des 34 Me-

ter hohen, von den Osmanen im 15. Jahrhundert erbauten Turms ist allerdings schaurig. Er diente als Gefängnis und Hinrichtungsstätte und man sagt, dass er den Namen „Turm des Blutes“ trug, bis ihn ein Gefangener 1883 im Austausch für seine Freiheit weiß anmalte. Heute beheimatet das Bauwerk ein Museum zur Geschichte der Stadt. Etwa 600 Meter weiter wartet das nächste Highlight der Strecke auf die Spaziergänger: die Regenschirme des griechischen Bildhauers Giorgos Zogolopoulos. 1993 präsentierte der Künstler die 13 Meter hohe Skulptur auf der Biennale in Venedig, seit 1997 ziert sie die Promenade von Thessaloniki und ist einer der begehrtesten Foto-Spots der Stadt. Auf dem weiteren Weg bis zur Konzerthalle kann man den Auslöser des Handys ruhig gedrückt halten und die besonderen Stimmungen in Parks

Text Susanne Freitag

Urlauber kennen vor allem den Flughafen in Thessaloniki als erste Anlaufstelle für die Weiterfahrt zur Halbinsel Chalkidiki mit ihren traumhaften Stränden. Wenn sie wüssten, was die Metropole im Norden Griechenlands alles zu bieten hat, würden sie vermutlich etwas länger dort verweilen.

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T H E S SALO N I K I

und auf Freizeitplätzen wie dem „Garten aus Sand“, dem „Skulpturengarten“ und dem „Musikgarten“ einzufangen. Gemütliche Cafés, Bars und sogar ein Beach Club laden zum Verweilen ein. Am Ende der Promenade hat der japanische Architekt Arata Isozaki dann einen besonderen Blickfang geschaffen: Das Konzerthaus M2. Mit geometrischen Linien, viel Glas und Elementen aus Metall fasst es die Tugenden der modernen Architektur zusammen und ist zweifelsohne ein weiteres Fotomotiv par excellence. Wem der Sinn eher nach Tradition und Geschichtsträchtigem steht, sollte am Weißen Turm die entgegengesetzte Richtung einschlagen und der alten Promenade, Palia Paralia, folgen. Sie führt zum Hafen und zur Platia Aristotelous mit ihren Cafés, Tavernen und prächtigen Herrenhäusern. Der Weg durch die Oberstadt zur Kastra (Burg) ist steil und schmal, aber es locken lohnende Stopps am Römischen Forum und an der Hagios Demetrios. Überdies gibt es hinter den byzantinischen Mauern der Burg traditionelle Häuser mit ausladenden Obergeschossen zu entdecken, und von ganz oben

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bietet sich ein toller Blick auf die Stadt und den Sonnenuntergang. Salziger Meerfenchel und griechischer Blues Mindestens ebenso wichtig wie das Entdecken der architektonischen und kulturhistorischen Schönheiten Thessalonikis ist das Probieren der lokalen Küche. Beispielsweise in den Tavernen, der typisch griechischen Einkehrmöglichkeit, deren Anzahl wahrscheinlich die gewaltige Zahl historischer Funde noch übersteigt. Auf dem Speiseplan steht, wie es sich für eine Hafenstadt gehört, natürlich alles, was das Meer hergibt. Das sind nicht nur Fisch und Meeresfrüchte, sondern auch der salzig schmeckende Meerfenchel, der auch in der modernen Küche gern verwendet wird. In den Ouzerien genießen die Gäste Spirituosen – hauptsächlich den Anis-Schnaps Ouzo – zusammen mit Mezedes, den traditionellen griechischen Vorspeisen. In manchen Tavernen lauschen sie während des Essens den Klängen des griechischen Blues, des Rebetiko, in dem es vor allem um Frauen, Drogen und Politik geht. Ladadika, das Viertel vom Weißen Turm


T H E S SALO N I K I Der Weiße Turm diente einst als Befestigungsanlage und Gefängnis. Heute ist der Bau ein Museum und liegt in der Nachbarschaft von beliebten Tavernen und Restaurants.

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T H E S SALO N I K I

Der Mond erhebt sich malerisch über die Bergkette, die die Hafenstadt Thessaloniki umgeben.

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T H E S SALO N I K I bis zum Hafen, ist gespickt mit Tavernen. Zu den beliebtesten gehört die Taverna-Rembetika „Ladadika“ in der Pindou-Straße beim Museum der Illusionen. Ladadika ist auch ein beliebter Nightlife-Spot. Das Szeneviertel punktet allein schon mit den historischen Häusern, die den großen Brand von 1917 überstanden haben und unter Denkmalschutz stehen. Aus den ehemaligen Lagerräumen für Olivenöl sind bunte Cafés und Bars, Kneipen und Clubs geworden. Hier treffen sich Touristen, Studenten und Einheimische und machen die Nacht zum Tag. Besonders angenehm: Die Straßen sind weitestgehend autofrei. Extensives Bar-Hopping lässt sich auch in Valaoritou betreiben. In den ehemaligen Stoff- und anderen Läden rund um das staatliche Konservatorium und die Malakopi Arcade sind Musikkneipen in allen Facetten entstanden. Shoppen, was das Herz begehrt Wer sich für eine lange Nacht ausstaffieren möchte oder sowieso gern shoppen geht, kommt in den Einkaufsstraßen rund um die Tsimiski-, Ermou-, Egnatia- und Mitropoleos-Straße auf seine Kosten. Bei der Kleiderwahl kann man sich getrost an den Frauen Thessalonikis orientieren – sie gelten in ganz Griechenland als stilsicher. Neben den großen Shopping Malls

zwischen Flughafen und City wie Mediterranean Cosmos und Mega Outlet gibt es weitere mitten in der Stadt wie die One Salonica Outlet Mall und Plateia Mall. Ausgefallenere Stücke findet man aber beim Stöbern in den vielen Boutiquen im Zentrum, von Designermode bis zu Vintage-Schnäppchen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem auch hartgesottene Nachtschwärmer und leidenschaftliche Stadtentdecker zur Ruhe kommen wollen. Auch hier punktet Thessaloniki mit Vielfalt: Das Übernachtungsangebot reicht vom günstigen B&B bis zum Fünf-Sterne-Hotel. Zu den schönsten und zentralsten Häusern zählt das palastartige Electra Palace Thessaloniki an der Platia Aristotelous. Vom Dachgartenrestaurant auf der obersten Etage hat man einen Panoramablick über den Thermaischen Golf. Direkt an der Nea Paralia liegt das moderne Makedonia Palace Hotel. Es unterhält außerdem vier Stationen an der Promenade, das so genannte „Glass Box Project“, an denen Spaziergänger Kaffee und Desserts, Cocktails und Weine, Snacks wie Hotdogs, Bier und Soft Drinks genießen können. Auch The Leading Hotels of the World und die Small Luxury Hotels of the World sind mit dem Antigon Urban Chic Hotel beziehungsweise dem Boutiquehotel On Residence und The Excelsior in Thessaloniki vertreten.

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Breviarium

T H E S SALO N I K I

BULGARIEN

MAZEDONIEN

ZENTRALMAKEDONIEN

Thessaloniki

Olymp

40° N 22° O thessaloniki.travel/de

Unbedingt Einen Tagesausflug zum Olymp, dem höchsten Berg Griechenlands, unternehmen! Die Heimat der antiken Götter ist nur etwa eine Stunde Fahrt von Thessaloniki entfernt. Es gibt verschiedene Wege, die sich auf eigene Faust oder mit einem Guide erwandern lassen. Einer der schönsten ist der Wanderweg von Myli bei Litochoro etwa neun Kilometer entlang des Enipeas-Tals nach Prionia. Interessante Stopps sind die Höhle und das Kloster von Agios Dionysios. Und im Becken der Enipeas-Wasserfälle kann man sogar schwimmen.

Bloß nicht Thessaloniki-Besucher sollten auf keinen Fall die Märkte Kapani, Modiano, Bezesteni und den Blumenmarkt verpassen. Kapani ist die älteste Markthalle der Stadt mit einer unglaublichen Vielfalt an Gewürzen und Lebensmitteln; hier gibt es aber auch sehr schöne Weidenkörbe. Im September öffnet auch der Modiano-Markt wieder. Er ist fast ein Jahrhundert alt und allein schon wegen seiner Architektur ein Muss. Das gilt übrigens auch für den Bezesteni-Markt aus der osmanischen Ära der Stadt. Knapp zehn Gehminuten entfernt lohnt auch ein Besuch des bunten Blumenmarkts neben dem Yahudi Hamam.

Geheimtipp Ein Besuch des Bit Bazars ist ein tolles Erlebnis für Antiquitäten- und Krimskrams-Fans. In den Geschäften der Siedlung, die 1928 für griechische Flüchtlinge aus Kleinasien gebaut wurde, lässt es sich wunderbar stöbern.

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T R A N S S I LVA N I E N

Die Luxemburger der Karpaten Eines vorweg: Rund um den Karpatenbogen steht nicht an jeder Ecke ein in Nebel gehülltes Gruselschloss und die ländlichen Bewohner des transsilvanischen Hochlandes treten ihre wohlverdiente Nachtruhe keinesfalls nur mit Holzpflock und Knoblauchgirlanden an. Transsilvanien ist anders: aufregend, wild, berührend schön und überraschend vielfältig.

Text Joscha Remus

Transsilvanien gleicht einer Zwiebel. Hat man erst einmal begonnen, die Schale der Klischees zu entfernen, zeigen sich neue, faszinierende Schichten. Es ist kein Land für Express-Reisende. Die Menschen wollen, dass man sich Zeit nimmt und ihnen begegnet. Fast überall suchen sie das Gespräch, denn sie lieben die Begegnung und den Austausch. Die Gastfreundschaft hat hier noch einen sehr hohen Wert und ist auf liebenswerte Weise mit einer Prise Neugier und erfrischendem Humor gewürzt. Nur zwei Flugstunden von Luxemburg entfernt tauche ich ein in eine Welt uralter Riten und Rituale. Eine Welt der weiten Wälder, kristallklarer Seen, der Pferdemärkte, der Burgen, Wehrkirchen

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und mittelalterlichen Städte und einer eigentümlich vertraut klingenden Sprache. Luxemburger können uns verstehen In Hermannstadt, das auf Rumänisch Sibiu genannt wird, empfängt mich im Schullerhaus Ioana, eine ältere Dame mit schicker weißer Bluse mit dem folgenden Satz: „West der, de Sprooch di eng hei red, nenne mir Sächsisch, awa do kumt se nit heer ous Sachsen.“ – „Wissen Sie, die Sprache, die wir hier reden, nennen wir Sächsisch, aber von dort kommt sie nicht her, aus Sachsen.“ Fast jeder aus Luxemburg und der Eifel könnte die siebenbürgische, also transsilvanische Mundart von Ioana zweifelsohne verste-


T R A N S S I LVA N I E N OBEN Blühende Narzissen im transsilvanischen Frühling vor der Gemeinde Holzmengen (rumänisch: Hosman) und den schneebedeckten Fogarascher Bergen.

UNTEN Atemberaubend schön: Blühender Rhododendron und schimmernder Bergsee im Retezat-Gebirge der Karpaten.

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Wer Geduld mitbringt, kann Bären in freier Wildbahn an einigen Beobachtungsplätzen in aller Ruhe studieren und fotografieren.

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T R A N S S I LVA N I E N hen. Im Folgenden machte mir die resolute Ioana unmissverständlich klar, dass das Sächsische, das man zwischen Mediasch, Schäßburg und Hermannstadt spricht, eine Sprache der Aussiedler ist, die vor 800 Jahren aus dem moselfränkisch-luxemburgischen Raum nach Siebenbürgen gezogen sind. Kein Wunder also, dass sich das Großherzogtum Luxemburg der Region Siebenbürgen bis heute in ganz besonderer Weise verbunden fühlt und in Hermannstadt sogar ein eigenes Luxemburghaus mit einem Kulturzentrum unterhält. Schließlich waren Luxemburg und Sibiu bereits 2007 gemeinsam Kulturhauptstadt Europas. Und das eben aus gutem Grund. Obwohl die Sprache der Sachsen in den 800 Jahren in den Karpaten eine ganz eigene Entwicklung vollzogen hat, ist es doch erstaunlich, dass Bewohner Luxemburgs sie immer noch mühelos verstehen können. So erinnert mich Maria, eine Sächsin aus Mediasch, an einen alten Osterbrauch, der sowohl in Luxemburg als auch in Siebenbürgen noch bis in unsere Zeit in vielen Dörfern bekannt ist. In Luxemburg werden sie Klibberjongen genannt. Die Menschen aus Siebenbürgen sagen Raspelbuben. Diese Klapperjungs gehen vor Ostern mit einem lärmenden Holzinstrument, das sie mit einer Kurbel bedienen, durchs Dorf und veranstalten einen Heidenlärm, um den Feiertag anzukündigen. Zur Belohnung gibt es

dann von den Einwohnern bemalte Ostereier oder Schokolade. Bären, Wölfe und der Bauch der Erde Katharina Kurmes, die gemeinsam mit ihrem Mann Hermann und Sohn Leo im wunderschönen Bergdorf Măgura eine Pension betreibt, bringt uns, eine Gruppe von neugierigen Besuchern, zu einem Bärenbeobachtungspunkt. Von der Pension aus ist dieser Platz in der Natur nur eine Stunde entfernt. Erstaunlich, wie schnell man hier in der Wildnis und in den Wäldern ist. Kein Wunder, Transsilvanien heißt ja übersetzt durch die Wälder oder auch Land hinter den Wäldern. Bald sitzen wir völlig ruhig auf einem hölzernen Hochsitz und suchen mit unseren Augen den Waldrand ab. Als die Bären und Bärinnen mit ihren Jungtieren auf die Lichtung kommen, wagen wir kaum noch Luft zu holen. Katharina wispert uns zu, dass die Bären uns wittern können und genau wissen, wo wir sind, auch wenn wir uns gut getarnt hinter dem Sichtschutz befinden. Atemlos schauen wir zu, wie sich kaum zwanzig Meter von uns entfernt eine Bärin auf ihre Hinterpfoten stellt, einen weißen Baum umarmt und sich an ihm reibt. Nachmittags wandern wir gemeinsam durch das Bergdorf Măgura, bestaunen alte Ziehbrunnen und Wiesen, in denen tausende Bergblumen blühen.

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Auch von der Terrasse der Pension Villa Hermani genießt man einen weiten Blick. Katharina serviert köstlichen frischen Schafskäse, Wildsalat, Bratkartoffeln und einen saftigen Rinderbraten. Alle Zutaten kommen aus der unmittelbaren Umgebung, sind frisch und unbehandelt. So war das immer schon in Siebenbürgen – auch zu Zeiten, als man die Vorsilbe Öko noch nicht kannte. Herman Kurmes kommt zu uns auf die Terrasse und erzählt, was uns als Nächstes erwartet. Eine Tour in den Bauch der Erde, wie Herman es nennt, also durch die tiefen Höhlen der Umgebung. Dann eine Tour mit einem Wanderschäfer und eine auf der Spur der Wölfe. Seine Expeditionen ins wilde Herz Transsilvaniens sind übrigens regelmäßig auf ARTE zu sehen und auch auf YouTube zu bewundern. Abends gibt es dann mit Pflaumen gefüllten Lammbraten und Unmengen von gutem Wein. Schön, auf diesem herrlichen, unberührten Flecken Erde auch kulinarisch so reich beschenkt zu werden. Der Orient-Express und das Traumschloss Nun gut, zugegeben – der nächste schöne Ort, den wir besuchen, liegt nicht in Transsilvanien, aber nur wenige Minuten oder eben Kilometer entfernt.

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Ich hatte einmal das Vergnügen, das traumhaft gelegene Schloss Peleș in Sinaia mit dem Orient-Express anzufahren. Jeder kennt diesen sagenhaften Zug – ich sage nur: Agatha Christie, Mord im Orient-Express. Der Orient-Express ist zugegeben sehr teuer. Er ist luxuriös und seine Gäste meist etwas elitär und versnobt. Kommt man aber zur rechten Zeit in den Ort Sinaia in den Südkarpaten, so erlebt man die ganze Pracht und Schönheit dieses Zuges umsonst. Das Personal samt Koch, Zugführer und Schaffner stellt sich im schicken Livree an den Bahnsteig vor die blitzend polierten Waggons. Die Kutschen zum Hohenzollernschloss Peleș (Pelesch gesprochen) warten schon, das obligatorische Blasorchester spielt zur Abfahrt eine flotte rumänische Melodie. Dann geht es die Serpentinen hinauf durch die Tannenwälder zu einem Schloss, wie man es allenfalls in den Schweizer Alpen oder im Märchen vermutet hätte. Tatsächlich liegt das ehemalige Königsschloss traumhaft schön auf einer Anhöhe, von dunkelgrünen Wäldern umgeben. Kein Wunder, dass der Orient-Express – der ansonsten nur in großen Städten wie Wien, Budapest und Istanbul hält – ausgerechnet im kleinen Sinaia eine Pause einlegt. Der Erker und das hübsche Fachwerk des Schlosses erinnern an eine Zeit, in der dieser Teil Rumäniens zu Österreich-Ungarn gehörte.


T R A N S S I LVA N I E N Das Hohenzollernschloss Peleș steht zwar in der Walachei, etwa 15 km vom Gebiet Transsilvaniens entfernt, aber der kurze Abstecher lohnt sich auf jeden Fall.

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Der historische Name des Schlosses Bran lautet Törzburg. Die imposante Schlossburg kommt der Vorstellung von düsteren transsilvanischen Burgen, in denen es spuken soll, schon sehr nahe.

Von Sinaia aus führt eine Seilbahn auf 2.000 Meter Höhe. Es gibt auch mehrere Skilifte. Benannt wurde der Ort Sinaia von Mönchen nach dem Sinai in Ägypten. In einer nahen, 1695 gegründeten Klosteranlage leben heute noch einige rumänisch-orthodoxe Mönche. Der unvermeidliche Dracula Abschließend zu einem etwas heiklen Thema, das viele Menschen in Transsilvanien nicht mehr hören können. Natürlich sind viele Besucher auf der Suche nach der schauerlich schönen Burg, in dem eben

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jener blutrünstige Graf Dracula gelebt haben soll. Unterhalb der klassisch transsilvanischen Schlossburg Bran hat sich ein regelrechtes Kitsch-Eldorado entwickelt, das alles zum Kauf anbietet, was auch nur im entferntesten Sinne etwas mit Zähnen, Blut, Knoblauch oder Fledermäusen zu tun hat. Zum Beispiel mechanisch aufziehbare Plastik-Vampire zum Selber-Flattern-Lassen. Die Burg Bran hat sich mittlerweile die Pole-Position im Rennen um Rumäniens Dracula-Schlösser gesichert, obwohl das historische Vorbild, ein Fürst namens

Vlad Ţepeş, nachweislich nicht das Geringste mit dieser Burg zu tun hatte. Doch was soll ich sagen: sie ist wunderschön und mysteriös – natürlich sollte man diese finstere Burg gesehen haben. „Ich habe mir wirklich schon überlegt, wie man wohl diese verrückte Blutorangenmarmelade herstellt, nach der die englischen Touristen hier andauernd fragen“, sagt mir die Marktfrau Diana und präsentiert ihren Straßenverkaufsstand direkt an der Burg. Tja, Dracula sells. „Schön, dass es diesen Dracula gibt“, sagt Diana, „wer weiß, wie es geht, der kann gut von ihm leben.“


T R A N S S I LVA N I E N

Breviarium

UKRAINE UNGARN

MOLDAWIEN

TRANSSILVANIEN UKRAINE

Sibiu

Burg Bran Măgura Sinaia

RUMÄNIEN

Bukarest SERBIEN

BULGARIEN

46° N 25° O

www.visittransilvania.ro

Unbedingt Probieren sollte man eine in Transsilvanien auch unter dem deutschen Namen Trompetenkuchen oder Baumstriezel bekannte Leckerei. Der Teig wird in einer langen gewundenen Rolle um einen Spieß gewickelt und dann auf einem Grill gedreht. Es handelt sich um eine Art Baumkuchen – schmeckt aber viel besser. Hermann Kurmes kennt noch Orte wie jenen in Wolkendorf, wo diese Spezialität ganz traditionell nach alter Manier zubereitet wird. (Info: Villa Hermani, Măgura, www.cntours.eu)

Bloß nicht In Transsilvanien verbietet es sich, orthodoxe Klöster in Shorts oder im kurzen Rock oder gar im Bikini oder in der Badehose zu betreten. Heikle Themen, die man in Rumänien besser nicht oder nur sehr behutsam zur Sprache bringen sollte, sind solche, die schnell als beleidigend aufgefasst werden könnten. Transsilvanien ist nicht das Armenhaus Europas und auch die Kriminalitätsrate liegt weitaus niedriger als die in den großen Städten des Westens wie Berlin oder Barcelona. Also bitte die üblichen Klischees zuhause lassen.

Geheimtipp Rumäniens Schäfer schlafen, entgegen der landläufigen Meinung, auf ihrer Wanderung über die Berge und grünen Hügel nicht immer unter dem „weiten Himmelszelt“. Der Besuch einer Stâna genannten Hirtenbehausung hält so manche Überraschung parat. Zur kalten Jahreszeit kann man sogar einem Schäfer in traditionellem Umhang begegnen: einem aus dicker Schafswolle hergestellten, zotteligen Umhang namens Cojoc, der es den Schäfern erlaubt, auch in kühlen Nächten draußen im Freien übernachten zu können.

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OBEN Erbaut um 1250, erhielt die Brunnenburg ihren Namen von der nahegelegenen Wasserquelle.

UNTEN Weinreben erstrecken sich über die Berghänge rund um das Tal.

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Pflanzt Bäume! „Okay, löse ihn nicht ein, wenn du nicht willst“, schrieb Ernest Hemingway am 31. Juli 1958 von seiner Finca Vigia bei Havanna an Ezra Pound auf der Brunnenburg in Dorf Tirol. „Er ist immer da für alle Zeit.“ Die Rede ist von einem Scheck, mit dem Hemingway den Freund unterstützen wollte, der keine drei Wochen zuvor nach zwölfeinhalb Jahren aus einer Nervenheilanstalt in Washington D.C. entlassen worden und nach Europa zurückgekehrt war: auf die Burg seiner Tochter Mary und ihres Mannes Boris de Rachewiltz. „Er sagte Mary, sie solle ihn aufheben, er würde einmal sehr wertvoll sein“, erzählt Nick de Rachewiltz, ein Urenkel Ezra Pounds. Ein Besuch Hemingways auf der Burg sei geplant gewesen. Die Freundschaft war alt und erprobt: Schon in den zwanziger Jahren hatte Hemingway in Paris versucht, Pound das Boxen beizubringen; der Dichter half dem späteren Nobel-

preisträger dafür beim Schreiben auf die Sprünge und empfahl ihm unter anderem, weniger Adjektive zu verwenden. So eng war die Freundschaft, dass Pound später glaubte, der Besuch in Südtirol hätte Hemingways Freitod womöglich verhindern können. Der Brief liegt im Ezra-Pound-Raum in der Brunnenburg unter Glas, ebenso wie Fotos, die Hemingway 1930 aus Key West geschickt hatte; darunter das Bild eines menschlichen Arms, den er beim Ausnehmen eines Hais gefunden hatte. Notizen des Dichters, sein Tennisschläger, Wanderschuhe, eine seiner Remington-Schreibmaschinen, ein Cello, eine Flasche Barolo aus seinem Besitz, zwei selbstgebaute Liegestühle und ein Teil einer venezianischen Gondel zeugen von den vielfältigen Interessen und Begabungen Pounds. Ezra Pound, 1885 in Idaho geboren und einer der wichtigsten amerikanischen Dichter der Mo-

Text Stefanie Bisping

In der Brunnenburg über Meran fand Ezra Pound nach zwölf Jahren in einer psychiatrischen Anstalt 1958 ein Zuhause. Sein Enkel leitet hier ein Landwirtschaftsmuseum und eine Gedächtnisstätte für den Dichter, dessen Todestag sich am 1. November zum 50. Mal jährt.

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derne, zog sich auf die Burg über Meran zurück, nachdem er auf Betreiben alter Freunde wie Hemingway und T.S. Eliot – dessen Gedicht „Das wüste Land“ Pound redigiert hatte – entlassen worden war. Mary de Rachewiltz, seine Tochter aus der Beziehung mit der Geigerin Olga Rudge und später Übersetzerin seiner „Cantos“, war bei einer Familie in Gais in Taufern aufgewachsen. Denn Pound war bereits mit der englischen Künstlerin Dorothy Shakespear verheiratet. 1947 kauften Mary und ihr Mann die halb verfallene Burg, damit Pound nach seiner Entlassung ein Refugium zum Schreiben haben würde. Der hatte sich in erhebliche Schwierigkeiten gebracht, als er während des Kriegs in seiner Wahlheimat Italien nicht nur antisemitische und antiamerikanische Reden geschwungen, sondern seine Ideen auch über Radio Rom verbreitet hatte. Diese Aktivitäten brachten ihm eine Einladung von Joseph Goebbels ein – und in seiner Heimat 1943 eine Anklage wegen Landesverrats. Das Treffen mit Goebbels kam nicht zustande, die Amerikaner aber erreichten schließlich Italien. Pound wurde verhaftet und mehrere Wochen lang in einem zwei Quadratmeter großen Käfig auf einem Feld bei Pisa gefangen gehalten. Ein Teil seiner „Cantos“ berichtet davon. Noch vor Prozessbeginn ließ er sich in Washington für geistes-

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krank erklären, wodurch ein Todesurteil vermieden wurde. Die Jahre in der Anstalt nutzte er zur Fortsetzung seines Lebenswerks, des Gedichtzyklus „The Cantos“. Die letzten Strophen entstanden auf der Brunnenburg, wo er von 1958 bis 1962 lebte. Eine gigantische Sammlung Die 1250 erbaute, unterhalb von Schloss Tirol gelegene Burg mit Türmen und Zinnen sieht aus, als wäre sie aus dem Gletschergestein emporgewachsen. Im Hof ruht auf einem Felsbrocken die Kopie einer Skulptur von Henri Gaudier-Brzeska, die Pounds Kopf darstellt. Das Original aus Marmor steht heute in der National Gallery of Art in Washington D.C.; eine weitere Kopie des „Hieratic Head of Ezra Pound“ aus Gips findet sich in der Gedächtnisstätte in der Brunnenburg. Vom Hof führt eine Treppe ins landwirtschaftliche Museum hinab. Es ist eine gigantische Sammlung: Von Geräten zum Schafscheren und Filzen über Pflüge für jede Art von Untergrund bis zur Bauernküche ist hier alles zu sehen, was zum traditionellen Leben der Bauern in Tirol gehört. Pounds 1947 geborener Enkel Siegfried de Rachewiltz, Ethnologe und Kulturhistoriker mit schmalem Pound-Gesicht, legte die Sammlung mit zwei Freunden ab den siebziger Jahren an – zu jenem kurzen Moment, als der Tourismus das traditionelle Leben


S Ü DT I R O L OBEN Ein Blick auf die Kurstadt Meran, die sich über das Tal erstreckt.

UNTEN LINKS Die Kopie einer Skulptur von Henri Gaudier-Brzeska, die Pounds Kopf darstellt.

Im landwirtschaftlichen Museum ist alles zu sehen, was zum traditionellen Leben der Bauern in Tirol gehört.

UNTEN RECHTS

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Hinter der Brunnenburg und dem Schloss Tirol erstrecken sich die Ötztaler Alpen.

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S Ü DT I R O L ablöste, Bauernhöfe zu Pensionen umgebaut oder gleich abgerissen wurden und die alte Kultur verschwand. „Nach jeder Reise stellte ich fest, dass der Dialekt meiner Kindheit Wörter verloren hatte“, so de Rachewiltz. Zunächst spürte er die verschwundenen Ausdrücke auf, indem er mit einem Tonbandgerät zu älteren Leuten ging und sie erzählen ließ. Oft gaben sie ihm das alte Zeug vom Hof gleich mit. So wurde aus der Wörtersammlung ein Museum. De Rachewiltz leitete außerdem von 1991 bis 2013 das Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte im bergan gelegenen Schloss Tirol. Seit seiner Pensionierung konzentriert er sich ganz auf das Museum in der Brunnenburg. Anlässlich von Pounds 50. Todestag am 1. November plant er eine Ausstellung über die Jahre des Dichters auf der Brunnenburg und seinen Bezug zu Südtirol. Vor allem in den USA bekannt Vom Burghof, in dem im August Cello-Konzerte gespielt werden, erreichen die Besucher den Rittersaal mit der Bibliothek und den Fundstücken des Ägyptologen Boris de Rachewiltz; in einem Nebenraum ist die Gedenkstätte für Ezra Pound versteckt. „Die meisten europäischen Besucher wissen gar nicht, wer er ist“, sagt Nick de Rachewiltz. Zugleich müsse sich die Familie der Vereinnahmung

Pounds durch die neofaschistische Bewegung Casa Pound erwehren. Nick betreibt die Landwirtschaft, die seit dem 17. Jahrhundert zur Burg gehört, hält selten gewordene Haustiere wie Zackel-Schafe und Pfauenziegen und baut am Steilhang Wein an, für den er europäische und amerikanische Sorten kreuzt, um Robustheit und Geschmack zu verbinden und weitgehend ohne Chemikalien arbeiten zu können. Er veranstaltet Weinproben und Weinbauseminare und hilft nebenbei seiner 96-jährigen Großmutter Mary, ihren Briefwechsel mit Ezra Pound zu edieren. In pandemiefreien Jahren kommen amerikanische Studenten ins Studienzentrum. Doktoranden, die sich im Weinberg nützlich machen, dürfen in der Brunnenburg forschen und logieren. Das Interesse an Pound ist vor allem in den USA ungebrochen, bei Studenten wie bei jungen Lyrikern. Und auch die Frage, ob und wie sich Urheber und Werk, Person und Politik voneinander trennen lassen und inwieweit die Verfehlungen des einen den Wert des anderen schmälern, lässt sich am Beispiel Pounds diskutieren. „Wir Enkel haben hier auf der Burg auf Ezra Pound gewartet“, sagt Siegfried de Rachewiltz. Im Dorf Tirol gab es noch keine geteerte Straße, man sah kaum Urlauber. „Die Bauern trugen alles auf dem Rücken: Trauben, Heu,

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Neben den Wellnessangeboten ist die Region vor allem für ihre Wanderwege und herrlichen Ausblicke über das Tal bekannt.

Mist. Man sah, wie viel Geschicklichkeit es brauchte, um am Steilhang zu überleben.“ In diese Welt kehrte der Dichter zurück. „In den ersten Jahren spie er noch wie ein Vulkan Feuer, war voller Energie. Er glaubte an die Schönheit als Allheilmittel und dass Dichtung den Menschen verändern und die Menschheit retten kann.“ Nach dem Abendessen in geselliger Runde legte er sich im Arbeitszimmer aufs Sofa, Siegfried und seine Schwester setzten sich auf die Stufen, die Erwachsenen nahmen auf Stühlen Platz, und Pound las aus den „Cantos“ vor. Allerdings stand der Dichter auch vor seinem biografischen Scherbenhaufen. „Er hatte große

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Schuldgefühle, wollte nicht mehr leben.“ Mary habe ihn gezwungen, weitere zehn Jahre auf der Erde zu verbringen, so de Rachewiltz. Unterstützt wurde sie von ihrer Mutter Olga. Weil ihm die Südtiroler Winter zusetzten, zog Pound mit Olga in das Haus in der Calle Querini in Venedig, in dem sie schon vor dem Krieg gewohnt hatten. Einige Jahre lang sprach er nicht mehr. Am 1. November 1972 starb er in Venedig. Schon vor der Rückkehr hatten Großvater und Enkel in regem brieflichem Austausch gestanden. „Ich schrieb italienisch, er englisch“, erzählt de Rachewiltz. Die Briefe seien nicht immer leicht zu entschlüsseln gewesen.

Der Enkel sollte alles berichten, zugleich bekam er Aufgaben – etwa, die Namen aller amerikanischen Präsidenten auswendig zu lernen. „Er interessierte sich auch sehr für Landwirtschaft, das war vielleicht einer der Gründe, die ihn veranlasst haben, Mussolini zu trauen“, sagt de Rachewiltz. „Projekte wie die Trockenlegung von Sümpfen in der Maremma zählten ja auch zu dessen Programmen. Leider.“ „Plant trees“, empfahl Ezra Pound dem Enkel außerdem. Noch heute steht neben der Zufahrt zur Burg ein Ahorn, der damals gepflanzt wurde. Auch Urenkel Nick fühlt sich der Weisung verpflichtet und setzt jedes Jahr zwanzig Bäume.


S Ü DT I R O L 46° N 11° E

ÖSTERREICH

SCHWEIZ

Breviarium

www.brunnenburg.net

SÜDTIROL Dorf Tirol Meran

Bozen LOMBARDEI

VENETIEN

TRENTINO

Unbedingt Die Brunnenburg (Ezra-Pound-Str. 3, 39019 Tirol) mit der Ausstellung „Leben am Steilhang“ und der Ezra-Pound-Gedenkstätte besuchen. Sie ist von April bis zum 3. November sonntags bis donnerstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet für Erwachsene 6 Euro, für Kinder ab sechs und Schüler 2,50 Euro.

Bloß nicht Nennen Sie die freundlichen Menschen, mit denen Sie hier zu tun haben, nicht Italiener, Österreicher oder Deutsche, selbst wenn sie den entsprechenden Zungenschlag perfekt beherrschen. Richtig ist Südtiroler. Trotzdem sollten Sie Spaghetti nicht mit Löffel und Gabel essen. Der Löffel ist nur Kindern erlaubt, Erwachsene nehmen einzig die Gabel. Letztlich ist man hier eben doch in Italien.

Geheimtipp In Schlössern lässt sich in und um Meran auch speisen, etwa im Schloss Restaurant Kallmünz im Stadtzentrum, wo unter Holzbalken oder im Innenhof hervorragende saisonale Spezialitäten aufgetischt werden (Sandplatz 12, Meran, Tel. +39 04 73 21 29 17, www.kallmuenz.it).

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P E R S O NAL I TY

OBEN Regisseurin und Fotografin Philine von Sell bei Dreharbeiten in der Rub Al-Khali Wüste, bei Abu Dhabi (UAE).

UNTEN „Blei“: Bleistiftminen bei Faber-Castell, Sammlung Deutscher Bundestag.

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P E R S O NAL I TY

Natürlichkeit und Nonchalance Bereits mit 20 Jahren gründete sie eine eigene Filmproduktionsfirma, machte Werbung im klassischen Sinne und war so erfolgreich, dass sie 1996 eine Berufung zur Professorin an die Münchner Hochschule für Film und Fernsehen erhielt und dort den Lehrstuhl für PR, Werbeund Imagefilm aufbaute. Ein Job, der eine noch blendendere Karriere versprach. Warum sollte Philine von Sell ihn aufgeben? Weil sie es wollte und weil es sich gut anfühlte. In Südafrika, wo von Sell hinzog, fotografierte sie aidskranke Kinder. Nicht, um vorrangig Leid zu zeigen, sondern zu signalisieren: das sind keine Aussätzigen! Das Leben dieser Kinder ist lebenswert – das war die gedachte Überschrift für die Ausstellung „The Children of Nazareth House“. Die Frau aus Deutschland weitete ihr Weltbild und initiierte das „LifeTime Gallery Project“. Sie entwickelte

Text Oliver Zelt

Die reale Welt ist keine abstrakte Schönheit. Was sich banal anhört, ist der Schritt, den Glamour im Alltäglichen zu suchen und dabei das Außergewöhnliche zu finden. Philine von Sell hat diesen Weg gefunden. Ungeschminkt zu sein ist zwar inzwischen angesagter Look selbst unter den Influencerinnen in der Modebranche, aber der Blick auf das Authentische, Unverfälschte hat gerade im Tourismus noch Seltenheitswert. Ausschließlich perfekt gestylte Menschen am Pool kommen in den Reiseprospekten vor. Zwischen Werbung und Wahrheit liegen oft mehr als ein paar Klicks mit dem Bildbearbeitungsprogramm. Die Welt, aus der Philine von Sell ursprünglich kommt, gilt als eine, in der wohldekorierte Orte und aufgehübschte Fotos die Sicht auf eine aufpolierte Realität prägen. Die Hamburgerin aber setzte stets auf glaubwürdiges Storytelling.

Fotos Philine von Sell

Verschiedene Jobs im Leben zu machen, ohne sie machen zu müssen, ist oft ein Zeichen für besondere Kreativität und schärft die Sinne fürs Schöne. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Laufbahn.

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P E R S O NAL I TY

ein von ihr in den Townships geleitetes Curriculum für bislang benachteiligte junge Menschen, um ihnen eine Perspektive zu geben und ihr unentdecktes kreatives Potential zu fördern. Es war für die medienerfahrene Frau eine neue Erfahrung. Fotos machen, die Welt kennenlernen – durch einen neuen Blick. „Ich wurde in einem Alltagsmilieu zur Beobachterin und bin selbst unsichtbar geblieben.“ Darstellen, dass der Funke überspringt Philine wollte hinter die Kulissen schauen. In Deutschland nutzte sie die Vielfältigkeit und den gleichzeitig engeren Blick auf das Wesentliche – etwas, das sie sich in Südafrika erarbeitet hatte. Ihr freier künstlerischer Fokus auf den deutschen Mittelstand, seine Produktionskultur und Fließbänder brachte neue Einsichten über das, was man gemeinhin Unternehmenskultur nennt. Es galt Dinge so darzustellen, „dass der Funke überspringt“, ohne sie zu arrangieren. Staub blieb Staub und eine verrutschte Decke verrutscht. „Ich habe die Realität nicht berührt und nichts verändert.“ Man gewinnt einen spartanischen Pausenraum bei der durch ihre Kunststofffiguren bekannten Firma „Schleich“, in dem man beim ersten Hinsehen nicht eine Minute verbringen möchte, plötzlich lieb. Oder sieht sich Hunderte Bleistiftminen, die bei der Firma „Faber-Castell“ übereinanderliegen, ordentlich stapeln. Gesellschaftliche Relevanz, ein wichtiges Anliegen der Fotografin und Regisseurin von Sell,

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P E R S O NAL I TY Bunte Minen wie Schichten bei einem Erdprofil: „Welle Grün“, Sammlung Faber-Castell.

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P E R S O NAL I TY

Aus dem Lookbook KATHARINA HOVMAN, Sommer Kollektion 2022, Côte d’Azur.

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P E R S O NAL I TY beginnt oft im Kleinen, und sie hat erlebt, dass ihre Art von Inside-Betrachtung und Behindthe-Scenes-Bildern weit mehr Emotion erzeugt als hochglänzende Selbstdarstellung. Eine neue Art zu reisen „Ich greife nicht in die Motive ein und arbeite nur mit natürlichem Tageslicht.“ Abseits der üblichen Werbesprache will Philine von Sell „Die Stärke der Marke sichtbar machen.“ Ein super Match für das internationale Fashion-Label Katharina Hovman und die weltweit agierende Fotografin und Kommunikationsberaterin – geballte Kreativität und dann sind sie auch noch Schwestern! Das Design der Katharina-Hovman-Kollektion ist von femininer Extravaganz und Understatement. Um diesen Spirit zum Ausdruck zu bringen, hat von Sell ein innovatives Lookbook entwickelt. Neben den aktuellen Outfits der Saison geht es darin auch um Reisen und Entdeckungen – Fashion und Travel als gemeinsame Show. Darin sind nicht einfach nur Models vor bekannter Architektur arrangiert, nein, hier wird eine andere Sicht auf die Städte, in denen die Fotoshootings stattfinden, gegeben. In ihren Traveling-Tipps stellt Philine von Sell Menschen an den Orten vor, wo sie arbeiten und glücklich sind. Ein ungewöhnliches und zugleich stimmiges Konzept – viele der Locations für die Präsentation sind gleichzeitig Gegenden mit prickelnder Atmosphäre.

Philine von Sell erzählt von diesen bemerkenswerten Ecken in einer Art Tagebuch. In Nizza lernte die Crew für die Sommerkollektion 2022 die Künstlerin Jacqueline Gainon kennen. „Die Malerin empfängt uns in ihrem Atelier. Eine alte Garage mit Oberlichtern, glänzend, spartanisch, man könnte sagen pragmatisch, und doch – oder gerade deswegen? – eine wildromantische Kulisse.“ Wer sehnt sich nach dieser Beschreibung nicht danach, einmal in diesem Atelier zu stehen? Danach lohnt es sich, sich auf den Weg zu einem der nächsten Da-muss-ich-hin-Tipps zu machen, nach Tourrettes-sur-Loup, einer malerischen mittelalterlichen Kleinstadt in beeindruckender Lage auf einem 400 Meter hohen Felsvorsprung, samt unbezahlbarem Panoramablick auf das Mittelmeer. Nicht nur für den kleinen Hunger geht’s dann ins Le Cinq, „ein wunderbares Restaurant mit ausgesuchten Retro-Möbeln“. In Tourrettes-sur-Loup sei es ruhig, liest man. „Die Massen haben dieses Juwel im nahen Hinterland der Côte d’Azur noch nicht gefunden. Ein echter Geheimtipp!“ Wo Geheimtipp draufsteht, steht sich oft schon die pauschale Masse gegenseitig auf den Füßen. Hier vertraut man darauf, dass man tatsächlich auch Einheimische treffen könnte. „An adventure of life and travel.“ So ist Philine von Sell unterwegs. Reisen heißt auch immer, sich überraschen zu lassen.

www.philinevonsell.com

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OS LO

Cooles Oslo

Text Oliver Zelt

Die norwegische Hauptstadt zeigt sich noch origineller, wenn man sie mit einer originären Idee im Hinterkopf entdeckt: als Fotokulisse.

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Dieser Anlass bringt neue Blickwinkel. Philine von Sell sieht die Sehenswürdigkeiten der Stadt auch als Kulisse für das Shooting der Winterkollektion 2022 für das Fashion-Label Katharina Hovman. Philines leichte und unverfälschte Art zu fotografieren lässt besondere Orte in einem anderen Licht erscheinen. Das Astrup Fearnley Museum, Heimat für moderne und zeitgenössische Kunst, ist ein spektakulärer Bau. Mindestens so modern wie seine Kunst im Innern. Die drei Pavillons, direkt am Oslofjord, überspannt ein geschwungenes Glasdach, das an ein aufgeblähtes Segel erinnert. Die Stahlseile an den Stahlsäulen erinnern an Schiffsmasten und ihre metallenen Stützstränge. „Hier vereinen sich Urbanität und Natur“, notiert Philine und ist sehr angetan, dass die Outfits ihrer Protagonistinnen im intensiven Pinky vor den schlichten Wänden aus Holz einen spannenden, lebendigen Kontrast bilden. Das Museum liegt im Westen der Stadt, auf der Halbinsel Tjuvholmen. Das Team staunt über die Ruhe und die gute Luft. In Tjuvholmen sind Autos mit Verbrennungs-

motoren nicht erlaubt. Überhaupt ist ganz Oslo eine Großstadt ohne Verkehrslärm, 80 Prozent aller Fahrzeuge haben Elektroantrieb. Ein überraschender Effekt, den man sonst nicht mit einer Großstadt assoziiert. Den ganzen Tag unterwegs, um Neues zu entdecken, ohne vom ständigen Straßenlärm zu ermüden: ein nicht zu unterschätzendes Reiseerlebnis, das die wenigsten Metropolen der Welt bieten können. Überhaupt sei Oslo die „Heimat des Wir-Gefühls, hier ist das Wir zuhause“, meint die Fotografin. Schöner kann ein Kompliment kaum sein. Philine von Sell „spürt es in dieser Stadt überall, dieses ganz besondere Lebensgefühl, das die Norweger ‚hygge‘ nennen“. Und übersetzt Hygge für sich als Gemütlichkeit, Entspanntheit, Gemeinsamkeit, Beisammensein. Die Tour geht weiter am Fjord entlang Richtung Zentrum. Dort, wo früher Tausende Container umgeschlagen wurden, erstrahlt heute die neue Oper ganz in Weiß. Wie ein treibender Eisberg, so die Worte von Philine, ragt sie am Ufer aus dem Wasser empor. Vom Dach der Oper hat man einen atemberaubenden Blick auf den Fjord mit


OS LO OBEN Das Astrup Fearnley Museum besitzt eine Sammlung zeitgenössischer Kunst, die zu den bedeutendsten ihrer Art in Nordeuropa zählt.

UNTEN LINKS Ein Blick über den Hafen von Oslo und die Stadt, die einst als Christiania bekannt war.

Die leuchtende Winterfarbe „Pinky“ als strahlender Kontrast vor der puristen Holzwand des Museums.

UNTEN RECHTS

© Philine von Sell

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OS LO

OBEN Die Stadtbibliothek Deichman, eine der modernsten Bibliotheken Europas.

UNTEN LINKS Auf dem Operndach – dem Himmel ganz nah, im strahlenden „Cornflower“.

© Philine von Sell

Im ehrwürdigen Rathaus von Oslo ist jeder willkommen.

UNTEN RECHTS

© Philine von Sell

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OS LO seinen vielen Seglern. Philine ist begeistert. „Hier ist man dem Himmel ganz nah.“ Überall begegnet der Fotografin als Entdeckerin der Stadt Kunst und Kultur und natürlich besucht Philines Team das Nobel Peace Center beim Rathausplatz. „Eine Wandelhalle mit den Portraits aller Preisträger*innen. So berührend wie beeindruckend: die Lichtinstallation, die diesen Ort zu etwas ganz Besonderem macht. Eine Einladung zur Selbstreflexion.“ Lust auf Kultur, auf Lesen und Lernen Ein beachtlicher Ort der Literatur ist die neue Stadtbibliothek. Futuristisch gebaut – die oberen Etagen sehen wie aufgeschlagene Buchseiten aus –, ist sie alles andere als ein Haus voll verstaubter Bücherregale und düsterer Lesesäle. Geschaffen wurde ein „Ort, an den nicht nur Bücher gebracht und von dort abgeholt werden, sondern in dem man sich auch gern länger aufhält.“ Die Kosmopolitin kann das nur bestätigen. Die Deichmann-Bibliothek sei im „wahrsten Sinne des Wortes öffentlich“. Viel mehr als eine Bücherei. Das Gebäude ist ein Treffpunkt mit Kino, Lounges, Restaurant, Spielecke, Ateliers mit kreativem Angebot und natürlich mit Büchern. Die Architektur, die Eingänge an allen Seiten vorsieht, begrüßt „die Menschen aus allen Himmelsrichtungen“. Überhaupt schafft die altehrwürdige Stadt den Spagat zwischen Tradition und Moderne auf hervorragende Weise. Der Neubau des Nationalmuseums wurde im Juni dieses Jahres eröffnet. Auf einem dunklen Schie-

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OS LO

Im legendären „Café Fuglen“: die Barista im Katharina-Hovman-Shirt im harmonischen „Caramello“. © Philine von Sell

Im kleinem Saal im „Sentralen“. Treffpunkt für viele Stile, viele Farben und viel Geschichte. © Philine von Sell

fersockel thront ein eindrucksvoller Glaskubus. Ein avantgardistischer Leuchtpunkt nicht nur in der Nacht, auf geschichtsträchtiger Grundlage. Der Schieferstein für das untere Gebäude stammt aus Norwegen und gehört zu den ältesten seiner Art. Das Staunen über spektakuläre Bauten gehört in Oslo zum Programm, genau wie eine Lebensart, die kulinarische Gelüste weckt. Das Café „Fuglen“ ist eine Institution. „Vintage at it’s best“, sagt Philine von Sell und gibt sich dem

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Kaffeegenuss mit Zeitreise-Feeling hin. Morgens ab 7 Uhr gibt es hier den besten Cappuccino der Stadt, abends verwandelt sich das Café in eine Cocktailbar und mixt einen unvergesslichen Ginger Lime Daiquiri. Co-Creation at its best Meist lernt man Städte am besten kennen, wenn man dorthin geht, wo die Einheimischen sind. Im Stadtteil Kvadraturen liegt die „Sentralen“, eine besondere Location für das gemeinsame Gestalten. Wo einst die „Christiania

Sparebank“ ihre Konten anbot, gibt es nun auf sechs Etagen Co-Working-Spaces für Freiberufler und Start-ups, Konferenzräume, Proberäume, Festsäle. Nicht nur ein Ort für Co-Creation at its best, sondern auch für Feiern und Festivals. Und nicht zu vergessen das gute Essen! Philines Geheimtipp: zum Lunch in das Restaurant der „Sentralen“. Sie und ihre Fashion-Shooting-Crew erleben „klares, sehr funktionales Design aller Dinge“. Und das offene, entspannte Miteinander der Menschen. Hygge eben.


OS LO

Breviarium

FINNLAND

NORWEGEN

59° N 10° O www.visitoslo.com/de

Oslo

SCHWEDEN

ESTLAND

Unbedingt Das Rathaus (Fridtjof Nansen plass) müssen Sie sich ansehen. Schließlich wird dort jedes Jahr der Friedensnobelpreis verliehen. Und der Bankettsaal ist wirklich sehenswert. Eine riesige Halle mit Empore und gigantischer, monumentaler moderner Kunst an den Wänden.

Bloß nicht Am besten ist es natürlich, mit Bus und Bahn in Oslo unterwegs zu sein. Die Stadt zählt in manchen Rankinglisten zu den teuersten der Welt, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr sind entsprechend. Ein normales Ticket kostet umgerechnet knapp 4 Euro. Aber auf keinen Fall sollten Sie es direkt im Bus oder der Bahn kaufen, dann ist nämlich ein Zuschlag von 2 Euro fällig. Also am besten die Fahrscheine online kaufen und aufs Handy laden oder gleich mit einer App (Ruter) bezahlen.

Geheimtipp Wenn irgendwo in einem Reiseführer Geheimtipp steht, sollte man ja eigentlich skeptisch sein. Aber das Restaurant auf der mittleren Etage im „Sentralen“ ist wirklich einer. Naja, nun vielleicht nicht mehr. Dann bleibt das „Fiskeriet Youngstorget“, gleichzeitig Fischgeschäft und -restaurant. Unbedingt die Snøkrabbe (Schneekrabbe) probieren, rät Philine von Sell.

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YO R K N EW

New York mal anders! Zugegeben, ich könnte mir einen Besuch in New York ohne die einmalige Aussicht von der Spitze des Rockefeller Buildings („Top of the Rock“) auf ganz Manhattan und auf das wunderbare Empire State Building gar nicht vorstellen. Ideal im oberen Teil der emblematischen Fifth Avenue gelegen und in fußläufiger Nähe zum Central Park und zum MoMA-Museum … nichts wie hin!

Text Nikki Bonnal

Furchtlose und schwindelfreie Menschen (zu denen ich leider nicht gehöre) zieht es seit letztem Jahr ebenfalls zur neuen Aussichtsplattform in Midtown, dem „Summit One Vanderbilt“, einer neuen, interaktiven Welt aus Glas, Spiegeln und Licht auf 300 Metern Höhe. Es muss fantastisch sein! Auch ein Besuch des „9/11 Memorials“ mit Museum und Freedom Tower in Lower Manhattan gehört in meinen Augen ganz einfach zum New-York-Trip dazu; er stimmt nachdenklich und macht betroffen. Der Kontrast zu „Little Island“, New Yorks neuem Inselpark auf Stelzen mitten im angesagten Meatpacking District, mit schöner Vegetation und freiem Blick auf die südliche Skyline von Manhattan, könnte nicht größer sein.

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Little Island liegt praktischerweise in direkter Nähe zur wunderbaren „High Line“, einer über zwei Kilometer langen, stillgelegten Hochbahnstraße mit Parkanlage. Ein anschließender Einkaufsbummel im Chelsea Market oder im noblen Greenwich-Viertel ist äußerst empfehlenswert. Manhattan muss man eben zu Fuß entdecken! Doch trotz all dieser wunderbaren Sehenswürdigkeiten, den „Basics“ sozusagen, möchte ich an dieser Stelle eine Lanze für NOLITA brechen, ein cooles Viertel im südlichen Teil von Manhattan, zwischen SoHo und Lower East Side. Die Abkürzung steht übrigens für „North of Little Italy“. Meine Freundinnen (und zum Teil Reisepartnerinnen) behaupten ja


YO R K N EW OBEN Little Island am Pier 55 befindet sich im Hudson River. Ein neuer öffentlicher Park und ein Wahrzeichen der Stadt.

UNTEN Von der Aussichtsplattform des Top of the Rock hat man einen atemberaubenden 360-Grad-Blick über New York City.

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YO R K N EW

Der Stadtteil NOLITA in Manhattan erstrahlt in den bunten Farben alter, historischer Bauwerke.

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YO R K N EW immer, dass meine Leidenschaft für diesen Teil von Manhattan Eileen’s zu verdanken ist, einer kleinen, unscheinbaren Konditorei am eher wenig einladenden Cleveland Place. Ganz falsch ist das nicht, denn in meinen Augen gibt es dort den besten American Cheesecake der Welt. Übrigens bekommen Sie bei Eileen’s auch eine flugzeuggerecht verpackte Version dieses puren Glücks, mit der Sie sich auch zuhause noch ein paar zusätzliche Tage verwöhnen dürfen. Ein angesagtes Viertel Aber NOLITA ist weit mehr als Eileen’s Cheesecake. Es ist ein angesagtes Viertel in einer der aufregendsten Ecken von Manhattan. Falls Sie sich entschließen sollten, einmal einen ganzen Monat oder noch länger in New York zu verbringen – wovon ich schon seit Jahren träume – und damit sozusagen zum „Local“, zum Selbstversorger werden, kann ich NOLITA nur empfehlen. Gleich um die Ecke liegt Chinatown, wo es von appetitlichen Obst-, Gemüse- und StreetFood-Ständen nur so wimmelt. Exotik pur und 100 % asiatisches Flair … Hier vergisst man fast, dass man in New York ist.

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Auf Kultur brauchen Sie in diesem Teil des Big Apple auch nicht zu verzichten, denn in direkter Nachbarschaft, in der Bowery (Lower East Side), liegt das New Museum für zeitgenössische Kunst in einem minimalistischen, achtstöckigen Aluminium-Gebäude des japanischen Architekturbüros SANAA. Strukturwandel An der Bowery merkt man sofort, dass hier, im Gegensatz zum Yuppie-Nachbarn SoHo (ein Viertel, das ich ebenfalls über alles liebe!), die „Downtown-Identität“ noch ziemlich intakt ist. Doch die zahlreichen verglasten Fassaden mit Loft-Wohnungen und die trendigen, neu renovierten Gebäude zeugen davon, dass auch hier der Strukturwandel bereits Einzug gehalten hat. All dies lässt den ungekrönten König der Pastrami-Sandwiches, KATZ‘S DELICATESSEN in der East Houston Street, total kalt.

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„The wind of change“ scheint an diesem 1888 gegründeten jüdischen Feinkostgeschäft mit Restaurant-Diner spurlos vorbeigegangen zu sein. Nicht nur für Kinogänger meiner Generation ist KATZ’S DELI seit „Harry und Sally“, mit einer der wohl bekanntesten Szenen der amerikanischen Filmgeschichte überhaupt, definitiv Kult. Nach dem Genuss dieser überaus großzügig servierten Pastrami-Köstlichkeit, zu der ich übrigens am liebsten ein Root Beer trinke (was meinen Mann jedes Mal zu einem mitleidigen Blick veranlasst), geht’s zum Bummel in die kleinen Straßen in und um NOLITA. In der Elizabeth Street, die sich südlich bis nach Chinatown hinzieht, haben Einwohner des Viertels einen wunderbaren „Community Garden“ eingerichtet, wo man im Sommer so herrlich sitzen, ein Buch lesen oder sich gemütlich zum Drink treffen kann.


YO R K N EW Katz‘s DELICATESSEN ist der älteste Feinkostladen New Yorks und einer der ältesten im ganzen Land. © Franck Bohbot

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Brooklyn Bridge bei Sonnenuntergang mit Lower Manhatten als Kulisse.

Bis 1996 war NOLITA eigentlich noch gar kein eigenständiges Viertel. Heute laden die zahlreichen Läden, Cafés, Galerien und Restaurants zwischen Bowery und Broadway zum Stöbern, Genießen und Verweilen ein. Von Mulberry, Mott, Broome oder Prince Street ist es nur ein Katzensprung zum etwas westlicher gelegenen SoHo-Viertel. Doch wie gut NOLITA wirklich gelegen ist, merkt man auch an der kurzen Distanz zur östlichen Williamsburg Bridge, die direkt ins trendige Williamsburg-Viertel führt, einem eindrucksvollen Stadtteil im Norden Brooklyns.

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Stichwort Brooklyn: Bitte, BITTE verlassen Sie New York nicht, ohne zu Fuß die Brooklyn Bridge überquert zu haben, am besten früh morgens oder zum Sonnenuntergang. Die Brücke an sich ist schon ein architektonisches Meisterwerk, aber mindestens genauso beeindruckend ist die Aussicht vom East River auf die wunderbare Silhouette von Manhattan. Schlendern Sie auf der anderen Seite durch den Brooklyn Bridge Park, mit Blick auf das vorgelagerte, 1922 errichtete und von Jean Nouvel in einen durchsichtigen Acrylpavillon verpackte Jane’s Ca-

rousel. Dazu mit garantiert einer der schönsten Aussichten auf Lower Manhattan überhaupt. Gönnen Sie sich einen kleinen Salat oder einen gesunden Shake auf dem Rooftop-Deck des Time Out Market oder entspannen Sie ganz einfach auf einer der coolen Holzliegen, bevor Sie mit der Metro in weniger als 20 Minuten wieder nach Manhattan zurückfahren … … um anschließend, nach einer wohlverdienten Dusche und im lässigen Ausgehlook, das New Yorker Nachtleben in Ihrem neuen Lieblingsviertel NOLITA in vollen Zügen zu genießen!


YO R K N EW AT TA N NH

NEW JERSEY

MA

Breviarium

Reno

BRONX

Nolita

NEW JERSEY

QUEENS NEW YORK CITY

BROOKLYN

STATEN ISLAND

40° N 74° W de.nycgo.com

Unbedingt Wenn Sie große Hitze nicht mögen, sollten Sie lieber im Herbst statt im Juli/August nach New York reisen. In jedem Fall dran denken, die Flüge früh zu buchen! Gleiches gilt für die Besichtigung der Freiheitsstatue, 9/11, One Vanderbilt usw. Hotels in NY sind teuer, trotzdem lohnt es sich, den Aufpreis für ein Zimmer mit Aussicht zu zahlen, wenn Sie einen Mauer- oder Klimaanlagen-Blick ausschließen wollen. Achten Sie auf gutes Schuhwerk, z. B. Sneakers, denn es gibt nichts Schöneres, als Manhattan zu Fuß zu erkunden!

Bloß nicht Die besten Flüge nach NY landen nachmittags, so dass Sie zu einer angenehmen Zeit im Hotel ankommen. Doch Vorsicht: Machen Sie trotz Jetlag kein Nickerchen, sondern lieber einen schönen Spaziergang vor dem abendlichen Restaurantbesuch! Übrigens: Bestellen Sie nicht zu viel im Restaurant, die Portionen sind meistens riesig! Nicht vergessen: Trinkgeld ist in den USA ein Teil des Gehalts und daher obligatorisch! Bei Restaurants, Taxis oder Hotelservice müssen Sie 15 – 25% „tips/gratuity“ einrechnen. Da Amerikaner in der Regel sehr höflich und freundlich sind, wird Ihnen das nicht schwerfallen.

Geheimtipp Lassen Sie sich nicht von den einfachen Fassaden der Restaurants in SOHO und NOLITA beirren … dahinter verbergen sich oft wahre kulinarische Juwelen, z. B. das indonesische WAYAN, Spring ST, das mediterrane JACK’S WIFE FREDA (auch ein perfekter Brunch-Spot), Lafayette ST oder die TapasBar BOQUERÍA, Spring ST. Mögen Sie Cheesecake? Den besten gibt’s bei EILEENS, Cleveland Place. Flugzeuggerecht verpackt lässt er sich sogar mit nach Hause nehmen! Besuchen Sie unbedingt den schönen Community Garden in der Elizabeth ST, eine Oase der Ruhe im quirligen NOLITA.

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OBEN Auf dem San-Pedro-Markt in Cusco verkaufen Kleinbäuerinnen aus der Umgebung ihre Produkte auf dem Bürgersteig rund um die große Markthalle.

UNTEN Eine Dorfbewohnerin auf Reise mit ihren Alpakas auf über 3.700 m Höhe. In den peruanischen Anden werden Alpakas wegen ihrer hochwertigen Wolle gezüchtet.

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Im Herzen des Heiligen Tals Die peruanischen Anden mit ihren verschneiten Gipfeln und bunten Feldern versprechen eine Reise, wie man sie nur selten erlebt. Die Stadt Cusco, die Berge und deren urige Dörfer verzaubern mit ihrer jahrhundertealten und doch zeitlosen Anmut. Dieses einst von den Inkas verehrte Land ist auch ein fantastisches Ziel für einen Aktivurlaub, der seinen krönenden Abschluss bei einer Wanderung zum Machu Picchu findet.

und Musiker einen fröhlichen Prozessionszug, begleitet von der jubelnden Zuschauermenge. Es ist der 26. Juli, das Dorf in 3.400 m Höhe huldigt seiner Heiligen, Anna und Joachim. Religiöse und festliche Inbrunst in Cusco Cusco ist feurig, unerwartet, irgendwie magisch. Dass einem nach der Landung in Lima der Atem stockt, ist nicht nur auf den für diese Höhenlagen typischen Sauerstoffmangel zurückzuführen. Es ist auch diese seltene Mischung aus Inka- und Kolonialarchitektur, die uns einen Moment lang Zeit und Raum vergessen lässt. Diese Ziegelbauten, die sich wie ein Teppich unter dem strahlend blauen Himmel auf den

Text & Fotos Philippe Bourget

Wir sind in Cusco, im Andenhochland, auf dem Rückweg vom Machu Picchu. Während unsere Augen noch von dem eindrucksvollen Besuch heute Morgen in der verborgenen Stadt der Inkas leuchten, erwartet uns schon die nächste Überraschung. Der Kleinbus, mit dem wir eine der Avenidas im Viertel Santa-Anna hinunterruckeln, kommt plötzlich zum Stehen. Vor uns wird eine bunt geschmückte Madonnenstatue die Straße hinaufgetragen. Das Lächeln der Träger mit ihren bunten Wollmützen ist qualvoll verzogen, das schwere Holzgestell unter der Madonna drückt schmerzvoll auf die Schultern. Vor und hinter ihnen bilden Geistliche in Soutanen, Amtsträger in eleganten Anzügen, Tänzerinnen in bunten Röcken

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braunen Gebirgshängen ausbreiten. Die geschäftigen Märkte, auf denen die Händlerinnen mit ihren eleganten runden Filzhüten Gemüse und Heilpflanzen anpreisen. Und dieser betörende Charme der authentischen Viertel wie SanBlas, wo mit den vielen Hotels und Cafés immer etwas los ist. Und nicht zuletzt beeindruckt ganz einfach diese religiöse und festliche Inbrunst, die aus der ehemaligen Hauptstadt des Inkareiches einen der wichtigsten Orte für den katholischen Glauben in Peru macht.

Höhenlage von um die 2.900 m und ist von goldgelben, sanft gewellten Weizen-, Gersten- und Quinoafeldern umgeben. Hier und dort grasen behütet von traditionell gekleideten Frauen Schafe zwischen den Feldern. Die Bilderbuchlandschaft liegt im Schatten der immensen, ehrfurchterregenden Anden, darunter der „wilde“ und von Gletschern bedeckte Salkantay (6.264 m). Ein unerreichbares Gebiet über den Wolken, wie abgeschnitten von der Boshaftigkeit dieser Welt.

Andengipfel, riesig und ehrfurchterregend Einige Tage zuvor waren wir in der peruanischen Puna unterwegs, eine Höhenstufe der Anden, die von einer baumlosen Hochlandsteppe geprägt ist. Das Heilige Tal der Inkas, das aufgrund seiner fruchtbaren Böden und seines konstanten Klimas so genannt wird (die Inkas glaubten an keinen Gott, wie wir ihn kennen, sondern an die Elemente, die mit Fruchtbarkeit und Leben im Zusammenhang standen), hat eine

Webkunst aus Alpakawolle Das Leben auf dem Hochplateau ist kein Zuckerschlecken. Die Lebenserwartung der Bauern liegt bei etwa 65 Jahren bei den Männern und 70 Jahren bei den Frauen. Die harte Feldarbeit und die Auswirkungen der Höhenlage machen Körper und Organismus zu schaffen. Der von der schönen Landschaft und den idyllischen Dorfszenen überwältigte Tourist hat dafür keinen Blick. Bei einem Alpakabauern entdecken wir die


P E R U Auf der Puna de Maras, einer Hochebene im Heiligen Tal der Inkas, zwischen Cusco und Machu Picchu. Getreidefelder und Schafe vor einer Kulisse von Bergen, von denen die meisten über 5.000 m hoch sind.

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Kajakfahren in der Hyuapo-Lagune, eine fantastische Erfahrung in dieser traumhaften Höhe …

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P E R U Kunst des Webens aus Alpakawolle und all die kleinen Details an der Kleidung, die einen Hinweis auf den familiären Status ihres Trägers geben. Wir probieren Cuy, gegrilltes Meerschweinchen, ein Sonntags- und Festtagsgericht wie bei uns die Gans. Wir bewundern die langen schwarzen Haare der Frauen und die ernsten, markanten Gesichter der Männer, die vom Leben an der trockenen Luft gezeichnet sind. Babys in warmen und bunten Ponchos ... Eine Überraschung folgt auf die andere. In der Dorfkirche von Chinchero wird die Messe noch in der indigenen Sprache Quechua gefeiert. Die Kirche steht auf Terrassen, die ursprünglich von den Inkas angelegt wurden. Wir schlendern über den Markt, wo Frauen in traditionellen Trachten Lebensmittel und andere frische Erzeugnisse verkaufen, einige von ihnen tragen ihre Babys auf dem Rücken, kuschelig und warm eingehüllt in kunterbunte Ponchos. Hier und da begegnen wir Einheimischen, die ihre Alpakas an

Seilen ausführen – die flauschigen Tiere sind uns auf den ersten Blick sympathisch! Im Gegensatz zu den Lamas werden sie aber nicht als Tragtiere eingesetzt. Mountainbiking, Kajakfahren und Wandern Dieses Bergland ist auch ein Topziel für Outdoor-Aktivitäten. Auf den staubigen Pisten preschen Mountainbiker aus aller Welt im Höhenrausch die Hänge runter. Die Huaypo-Lagune verlockt uns zu einer Kajaktour: Ein Gefühl, als ginge das Wasser direkt in den Himmel über, die verschneiten Gipfel sind der einzige Orientierungspunkt, der uns die Welt herum nicht vergessen lässt. Im Dorf Maras bleibt uns wieder die Sprache weg. In der Bergschlucht hat sich im Laufe der Jahrhunderte ein riesiges Mosaik aus kleinen Salzfeldern gebildet, deren gleißendes Weiß im faszinierenden Kontrast zu den braungrünen Berghängen steht. Man glaubt zu träumen, wenn man diese schon vor der Inkazeit geformte Landschaft mit ihren treppenförmig angeordneten Salzkammern entdeckt. In der

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Die Salinen von Maras, eine beeindruckende menschliche Errungenschaft auf über 3.000 m Höhe. Die Salzterrassen werden seit der Vor-Inka-Zeit genutzt.

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P E R U An den Sonnentoren, dem Höhepunkt des letzten Wandertages auf dem Inka-Trail, auf 2.700 m Höhe, enthüllt sich Machu Picchu endlich nach einer 6-stündigen Wanderung.

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wabenförmigen Saline schuften Männer bei Wind und Wetter: Für ein paar magere Soles schleppen sie die schweren Salzsäcke bis in 3.300 m Höhe. Inka-Trail, der königliche Pfad nach Machu Picchu Die Wanderung nach Machu Picchu an sich wird jeden Wanderer für immer prägen. Vergessen Sie (oder verschieben Sie) den klassischen Besuch der Stätte, bei dem Sie ein Kleinbus von Aguas Calientes zum Berg fährt und Sie von zig anderen Touristen umringt versuchen, die magische Atmosphäre aufzusaugen. Scheuen Sie sich nicht, den Weg über den Inka-Trail zu bewältigen: Das bedeutet eine ein- bis viertägige Marschroute mit einem Fremdenführer und Gepäckträgern (obligatorisch!) durch atemberaubende Landschaften, die Sie ganz für sich genießen können. Die mehrtägige Tour mit Zeltübernachtung erfordert ein gewisses Maß an Kondition. Diese Wanderung ist ein unvergessliches Abenteuer. Buchen Sie sie am besten schon mehrere Wochen im Voraus bei einem spezialisierten Reiseveranstalter.

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Mit dem Zug am Río Urubamba entlang ... Der Ausflug beginnt mit einer Zugfahrt. Der Perurail-Zug mit seinen Panoramawaggons ist die einzige Möglichkeit, den Startpunkt der Tagestour zu erreichen. Er fährt von Ollantaytambo aus durch das Tal des Río Urubamba, der den Oberlauf des Amazonas speist. Der Regenwald breitet sich nur ein paar Dutzend Kilometer Luftlinie hinter den Bergen aus und die Vegetation wechselt in weniger als einer Stunde vom trockenen Hochland zu einer üppigen, sattgrünen Landschaft. Orchideen, Bromelien und Flammenbäume bedecken die Hänge. Nicht weit von hier beginnt ein anderes Peru, die Selva, das peruanische Amazonasgebiet. Aber davon berichten wir ein anderes Mal … ... und dann zu Fuß über die Hänge Der Zug hält am Ende des Tals mitten im Nirgendwo, genauer gesagt in Chachabamba. Wir überqueren den Fluss auf einer Hängebrücke und starten am anderen Ufer zu einer mehr als sechsstündigen Wanderung, immer am Hang entlang.


P E R U Machu Picchu in seiner ganzen Pracht, ein Meisterwerk der Inka-Zivilisation, erbaut im 15. und 16. Jahrhundert.

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Mit dem Zug durch das Urubamba-Tal. Dieser Zug verkehrt zwischen Ollantaytambo und Aguas Calientes und bietet einen Anschluss an die Reisebusse, die nach Machu Picchu fahren. Wanderer nutzen ihn auch, um das letzte Stück des Inka-Trails zu bewältigen.

Vielen wird die Strecke anstrengend vorkommen, nicht unbedingt wegen der zu bewältigenden Höhe (Start auf 2.050 m, höchster Punkt 2.720 m), sondern wegen des Weges an sich, der aus ungleichmäßigen und grob behauenen Inkastufen besteht. Die Beine schmerzen, aber die Mühe zahlt sich aus. Denn nach vielen Pausen und einem ausgiebigen Picknick erreichen Sie das Sonnentor, das die Inkas früher als Kontrollpunkt nutzten. Vor uns breitet sich die Ruinenstadt Machu Picchu auf dem Kamm zwischen zwei Gipfeln

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aus, eingerahmt vom Urubambafluss. Auch hier stockt einem der Atem, man muss innehalten und begreifen, welch architektonische Meisterleistung diese Zivilisation im 15. Jahrhundert vollbracht hat. Architektonische Meisterleistung Das letzte Wegstück bergab bis zum Ort lässt das Gefühl wachsen, noch nichts Vergleichbares gesehen zu haben. Zusammen mit der Freude (und Erleichterung!), den Weg geschafft zu haben, kommen Fragen über dieses Volk auf, seine Riten und seine soziale

Organisation. Machu Picchu wurde von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Die Inka-Stätte fasziniert, fesselt. Wir erfahren, dass das Leben dort in sechs Bezirke eingeteilt war: Militär, Adel, Astronomie, Religion, Industrie und Intellektuelle. Hier hat uns nirgendwo eine Prozession den Weg abgeschnitten. Vielleicht nutzten die Inkas den Tumult einer dieser Umzüge, um vor den Konquistadoren zu fliehen, mit dem Schatz im Gepäck, den die Forscher noch heute suchen …


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Breviarium

UCAYALI

JUNÍN

MADRE DE DIOS

CUSCO Machu Picchu Chachabamba Maras Salkantay Chinchero Cusco

APURÍMAC

PUNTO

9° S 75° W www.peru.travel/de

AYACUCHO AREQUIPA

Unbedingt Die Kathedrale von Cusco auf der Plaza de Armas ist der ganze Stolz der Stadt – auch wenn sie an den Sieg der Spanier über die Inkas erinnert. Der 1540 begonnene Bau wurde um 1650 fertiggestellt. Zeit genug, um ihr diesen künstlerischen Prunk zu verleihen, eine fast freche Mischung aus barocken, maurischen und plateresken Stilelementen. Zu sehen sind über 650 Kunstwerke, darunter Blattgoldarbeiten, ein Altar aus „ewigem“ Silber (das nicht schwarz wird), eine Christusfigur mit einer Krone aus Massivgold, ein Chor aus Zedernholz, ein 102 kg schwerer Baldachin aus Silber. Leider darf man keine Fotos machen, der Anblick ist aber sowieso unvergesslich.

Bloß nicht 2025 wird in Chinchero, ganz in der Nähe von Machu Picchu, ein internationaler Flughafen eröffnet. Das Projekt ist bereits so weit fortgeschritten, dass ein Baustopp unmöglich scheint. Die Empörung ist groß und es gibt viele Proteste gegen dieses Bauvorhaben vor der majestätischen Andenkulisse, hatte doch der peruanische Staat selbst zum Schutz der Kulturstätte strenge Regeln aufgestellt ... Ein heuchlerischer Widerspruch, ein Risiko für die Umwelt und die Bewahrung der Traditionen in diesem magischen und bisher unberührten Land.

Geheimtipp Soroche, so nennt man die Höhenkrankheit in Peru. Ab einer Höhe von 3.000 m (die Schwelle kann aber individuell variieren) können Kopfschmerzen und ein Druckgefühl auf den Augen auftreten. Zur Vorbeugung wird empfohlen, sich bei der Ankunft (z. B. in Cusco in 3.400 m Höhe) 24 Stunden lang zu akklimatisieren, sich Ruhe zu gönnen und Koka-Tee zu trinken. Die Wirkung der Kokapflanze gegen die Höhenkrankheit ist seit langem erwiesen. Sie können auch ihre getrockneten Blätter kauen, die oft auf den Frühstücksbuffets der Hotels im Heiligen Tal angeboten werden – abhängig werden Sie davon nicht!

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Unsere Autoren

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Stéphanie Krischel ist freiberufliche Redakteurin und liebt es, neue Ecken im In- und Ausland zu entdecken. Für Sie unverzichtbar, damit die Buchstaben am Papier ihren Platz finden und der Glücksmomentspeicher stets gefüllt ist.

Ed Goedert ist untrennbar mit der Autowelt verbunden. Der Gründer von Autopolis und begeisterte Motorradfahrer organisiert internationale Oldtimer-Rallyes und entdeckt in seiner Freizeit gemeinsam mit seiner Frau und den drei Hunden neue Gegenden.

Joscha Remus ist seit 30 Jahren in aller Welt unterwegs und hat über 20 Reisebücher geschrieben. Er findet Neuseeland, Tasmanien und Thailand toll. Doch Luxemburg steht ganz oben auf seiner Herzensliste.

Sarah Braun beschloss nach sieben Jahren in einer luxemburgischen Redaktion, sich freiberuflich zu betätigen. Ihre Leidenschaft für Gastronomie und ihr Appetit auf Neues teilt sie gerne mit ihren Lesern.

Eleftheria Vasiliadi ist eine Food- und Reisereporterin sowie Fotojournalistin, mit einer Ausbildung in Kartografie. Als ehemalige Köchin bereiste sie für fast zehn Jahre die kulinarische Welt und entdeckte so ihre Liebe fürs Schreiben.


Karsten-Thilo Raab berichtet als Reisejournalist seit gut drei Jahrzehnten über Destinationen weltweit. Daneben hat er sich einen Namen als Autor von bislang rund 120 (Reise-) Büchern gemacht.

Martine Carret ist seit 1988 Journalistin mit einem Herz für Tiere und die Umwelt, sei es zu Land oder unter Wasser. In der Natur findet sie Inspiration und Gelassenheit, die sich auch in ihren Texten spiegelt.

Susanne Freitag ist leidenschaftliche Journalistin und bereist seit 25 Jahren die Welt. Lieblingsdestinationen hat sie viele, aber am lautesten schlägt ihr Herz für die Baleareninsel Ibiza. Auf Reise ist sie gerne auch unkonventionell unterwegs.

Stéphanie Bisping liebt Italien, Südtirol und Literatur. Der Besuch bei den Nachfahren des amerikanischen Dichters Ezra Pound auf der Brunnenburg bei Meran war für die Reisejournalistin ein echter Traum-Termin.

Oliver Zelt reist gerne dorthin, wo Seen die Landschaft prägen oder die Schaumkämme der Wellen das Jod der Meere versprühen. Wenn es dann dort noch kulinarisch spannendes Essen gibt, ist das für ihn ein glücklicher Ort.

Philippe Bourget arbeitet seit 20 Jahren als freiberuflicher Journalist und Fotograf mit französischen und internationalen Verlagen zusammen. Sein Credo: Reisen öffnet den Geist für humane und gesellschaftliche Fragen.

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Im Februar geht die Reise weiter Verpassen Sie keine Ausgabe – abonnieren Sie REESEN abo@reesenmag.lu reesenmag.lu 11, Um Lënster Bierg L-6125 Junglinster +352 28 99 01 11 ISSN: 2658-977X © Luxe Taste & Style S.à r.l. 4a, rue de Consdorf - L-6230 Bech Redaktion redaktion@tasty.lu Anzeigen sales@tasty.lu

Herausgeberin & Chefredakteurin Bibi Wintersdorf Redaktionsleitung Pol Schons Art Direktor Marc Dostert Grafiker Enia Haeck, Cédric Libar Lektorat Myriam Welschbillig Journalisten Stéphanie Krischel, Ed Goedert, Joscha Remus, Sarah Braun, Eleftheria Vasiliadi, Karsten-Thilo Raab, Martine Carret, Susanne Freitag, Stéphanie Bisping, Oliver Zelt, Nikki Bonnal, Philippe Bourget Digital Content Manager Yannick Burrows Office & Event Manager Laurent Weber Finanzen & Logistik Maurizio Maffei Druck johnen-print Luxembourg



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