Ročenka 2004 - 2005

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Galéria – Ročenka SNG 2004–2005

in der die Figuren aus Toporec, Ruskinovce und Nowy Sącz entstanden sind, war ein wichtiges Zentrum, das von einem Bildhauer geleitet wurde, den Radocsay – mit einem Fragezeichen – „Meister der Madonna aus Toporec“ nennt.8 Die Meinung, daß der Stil dieser Madonna eine Wirkung auf die Figur aus Neu Sandetz hatte, wurde auch in späteren Bearbeitungen ungarischer Forscher wiederholt.9 In den nacheinander vorbereiteten Ausgaben des Kataloges zur Sammlung Slowakischer Nationalgalerie verband jedoch Anton C. Glatz die Muttergottes mit dem Kind aus Nowy Sącz mit der Werkstatt, in der die wichtigste Rolle der „Meister der Madonna aus Ruskinovce“ spielte. Auf diese Weise wurde die These über die Zipser Abstammung dieser Figur aufrechterhalten.10 Die verschiedenen Konzeptionen der Forscher, die die Unmöglichkeit einer klaren Bestimmung der Relationen zwischen diesen Figuren deutlich machen, zeugen von einem komplexen Charakter der bildhauerischen Tätigkeit dieser Zeit. Zu tun haben wir hier mit den von der Zeit verschonten ursprünglichen Werken, mit einzelnen Skulpturen, die vom hohen künstlerischen Niveau und dem sich daraus ergebenden individuellen Stil gekennzeichnet sind. Die einzelnen Elemente dieser Figuren, wie eine Verbiegung der Figurachse, der Faltenwurf, die Form der Augen, der Nase und des Mundes oder die Darstellungsart der Haare, haben gemeinsame Wurzeln und der finale stilistische Ausdruck wurde ihnen vom Meißel des Meisters verliehen, der die Oberfläche auf eine nur ihm eigene Weise gestaltete. Die Figur der Muttergottes mit dem Kind aus Nowy Sącz platziert sich zwischen den zwei früher erwähnten Statuen aus der Zips, wobei sie mehrere gemeinsame Merkmale mit der Madonnenfigur aus Toporec aufweist. Die beiden haben ähnliche Proportionen (sind stämmiger als die schmächtige Maria-Gestalt aus Ruskinovce), ähnlich ist auch der Faltenwurf des von Maria gehaltenen Mantels mit einem deutlichen Akzent auf der unteren, plastisch gehauenen Querfalte. Ein weiteres wichtiges, für die beiden Figuren gemeinsames Element ist die Übereinstimmung in dem Typus, nach dem Marias Gesicht gestaltet wurde. Mit der Figur aus Ruskinovce dagegen verbindet die Muttergottes aus Nowy Sącz die Art der Gestaltung des unteren Teiles des zum Boden fallenden Gewandes. Die Analyse der Gewändergestaltung zeigt, daß die Skulptur aus Nowy Sącz sich durch einige Eigenschaf-

4. Madonna von Toporz (Toporec). Anfang des. 14. Jhs. Magyar Nemzeti Galéria, Budapest. Foto: Magyar Nemzeti Galéria

Die Madonnen aus Dominikowice und Nowy Sącz weisen mit der letzterwähnten Werkgruppe viele gemeinsame Merkmale auf. Die ältesten unter ihnen stammen aus Toporec und Ruskinovce. Auf diese Verwandtschaft haben auch die Kunsthistoriker hingewiesen, die sich mit der gotischen Bildschnitzerei Oberungarns beschäftigen. In ihren Forschungen berücksichtigten sie jedoch nur die im Dutkiewiczs Buch erwähnte Madonna-Statue aus Neu Sandetz.7 Nach Dénes Radocsay widerspiegelt die kleinpolnische Figur Einflüsse der Figur aus Toporec und setzt die Richtung fort, deren Anfänge in der französischen Kunst zu suchen sind und die in die Zips in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts über Österreich zugewandert sind. Die Werkstatt,

gotické sochárstvo a tabuľové maliarstvo. In: Výtvarný život, 11, 1966, Nr. 6–7, S. 208-219; RADOCSAY, Dénes: A középkori Magyarország faszobrai. Budapest 1967, S. 27-32. 7 DUTKIEWICZ 1949 (zit. Anm. 1). 8 RADOCSAY 1967 (zit. Anm. 6), S. 26. 9 TÖRÖK 1984 (zit. Anm. 5), Kat. Nr. 11; EISLER, János: Faszobrászat. In: Magyarországi művészet 1300–1470 körül. Hg. Ernő MAROSI. Budapest 1987, S. 342-346. 10 GLATZ, Anton C.: Gotické umenie v zbierkach Slovenskej národnej galérie. Bratislava 1983, S. 25; GLATZ 1995 (zit. Anm. 3), S. 29.

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