Ročenka 2004 - 2005

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Galéria – Ročenka SNG 2004–2005

12. Mediasch/Mediaş, Kirchenburg, Kapelle im Marienturm, Jakobus und Bartholomäus. Foto: Autorin

13. Honigberg/Hărman, Kapelle der Kirchenburg, Kanne mit Blattmaske. Foto: Autorin

Solche Lehrprogramme sind in erster Linie mit der Geistlichkeit zu verbinden, da deren Seelsorgeauftrag engstens mit Lehrtätigkeit verbunden war. Beispielsweise verfügte die ungarische Synode von Gran (1114), dass jeden Sonntag in den größeren Kirchen das Evangelium und die Epistel gelesen werden müssen, in den kleineren das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser.23 Die Utrechter Synode bestimmte 1294, dass die Priester das Vaterunser und die Zehn Gebote samt den Sieben Sakramenten monatlich oder zumindest zweibis viermal pro Jahr in der Landessprache vorzulesen hätten.24 Die bildliche Umsetzung dieser katechetischen Aufgabe des Seelsorgers zeigt die steinerne Gebotetafel des Frankfurter Kaplans Lupi, die dieser neben seinem Grabstein aufstellen ließ. Er lässt sich hier mit Zeigestock als Lehrer der Zehn Gebote darstellen.25 Auch die Katechismus-Tafel des Nikolaus von Kues aus der Hildesheimer Lamberti Kirche aus dem Jahre 1451 erinnert an den didaktischen Auftrag des Seelsorgers. In den einleitenden Worten der Tafel heißt es: „Als der deutsche Kardinal Nikolaus von Kues zur Zeit des Papstes Nikolaus nach dem Jubeljahr in deutsche Lande gesandt wurde, das heißt im Jahre 1451, strafte er die gewöhnlichen Leute, wie sie das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis nicht richtig sprechen konnten,

indem er ihnen dies schriftlich gab, und er befahl, das in den Kirchen aufzuhängen, wie es nun folgt...“26 Die Tafel enthält die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und das Ave-Maria. 23

„De sermone ad populum. In omni dominico die, in majoribus ecclesiis evangelium & epistola exponantur populo, in minoribus vero fides, & oratio dominica.“ – MANSI, Johannes Dominicus: Sacrorum Conciliorum. Nova, et amplissima collectio, XXI, 1776, S. 100; BROWE, Peter: Der Beichtunterricht im Mittelalter. In: Theologie und Glaube, 26, 1934, S. 432. 24 „Item praecipimus districte in virtute sanctae obedientiae Rectoribus & Presbyteris universis & singulis, ut in eorum Parochiis, Pater noster, & Credo, praeter articulos fidei qualibet die Dominica, nec non decem Praecepta, & septem Sacramenta Ecclesiae semel in mense, vel sallem ter, aut quarter in anno populo, intelligibiter & lingua materna exponant.“ – HARTZHEIM, Josephus P.: Concilia Germaniae, IV, 1761, S. 22; BROWE 1934 (zit. Anm. 23). 25 Grabstein und Gebotetafel befinden sich heute im Historischen Museum der Stadt Frankfurt. – BOOCKMANN, Hartmut: Wort und Bild in der Frömmigkeit des späten Mittelalters. In: Pirckheimer Jahrbuch. Hg. Stephan FÜSSEL. 1, 1985, S. 27-35, Abb. 3-4. 26 Die Inschriften der Stadt Hildesheim, gesammelt und bearbeitet von Christine WULF (= Deutsche Inschriften, 58), Wiesbaden 2003, Bd. 2, S. 394-397. Zitierte neudeutsche Übersetzung nach BOOCKMANN 1994 (zit. Anm. 14), S. 15f.

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