HOLY WOOD

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Holy wood

Ein Pl채doyer f체r den Baum


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Holy wood Ein Plädoyer für den Baum

Eine Publikation der Mindpirates ermöglicht von Entega


Nicholas Hughes, In Darkness Visible (Verse I) #19, 2007

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Nicholas Hughes, In Darkness Visible (Verse I) #2, 2006

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Nicholas Hughes, In Darkness Visible (Verse I) #1, 2006. All Images Courtesy of the artist, Nailya Alexander Gallery, New York, and The Photographers’ Gallery, London

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Mehr denn je gilt es, das Bewusstsein für die Klimakrise in der Mitte der Gesellschaft zu verankern. Wenn eine so herausragende kulturelle Institution wie die Berlinale beschließt, sich in ihrer Vorbildfunktion für Klimaschutz stark zu machen, dann ist das ein äußerst positives Zeichen. Deshalb freuen wir von ENTEGA uns sehr über die Partnerschaft mit der Berlinale. Gemeinsam wollen wir über die kommenden drei Jahre die CO2 -Bilanz des Festivals immer weiter verbessern. ENTEGA arbeitet an einer Energieversorgung, die CO2 -neutral ist, also dem Klima nicht schadet. Dazu gehören drei Aspekte: CO2 vermeiden, CO2 reduzieren und unvermeidbare Emissionen kompensieren. Bei Letzterem setzen wir auf den Baum, denn er ist in der Lage, CO2 aus der Atmosphäre zu holen und zu binden. Dafür betreuen wir langfristig angelegte Waldschutz- und Aufforstungsprojekte im Westen Kanadas, wo Fläche und Wachstumsbedingungen beste Voraussetzungen bieten. Aber es liegt uns fern, den Baum auf seine Funktion als Instrument im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu reduzieren. Außerdem ist Kanada weit weg. Deshalb wollen wir die Sache der Bäume auch hier in Deutschland vertreten. Sei es durch eine Kunstinstallation anlässlich der Berlinale, die den Wald im Großen Tiergarten in HOLY WOOD verwandelt. Sei es durch unser Engagement für die Initiative 10 000 Bäume für Berlin. Oder auch durch eine Publikation wie diese, die zu einem Waldspaziergang der besonderen Art einlädt. Und uns letztendlich in Erinnerung ruft: Nicht wir schützen die Bäume. Die Bäume schützen uns. Holger Mayer, Entega

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Wald im Sonnenlicht in der Pr채fektur Saitama, Japan. Foto: sot/Getty Images

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Spitze eines Fichtensprosses im Querschnitt. Foto: Manfred P. Kage

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„Frieden findet man nur in den Wäldern.“ Michelangelo, 1475 – 1564 Der Baum als Grundlage des Lebens, als Energiespender, als Mittelpunkt sozialer Gemeinschaft – ein solches Bild malen heute längst keine einzelnen Ökos mehr. Auf dieser Aussage basiert nicht weniger als einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. James Camerons „Avatar“ setzt dem Baum gewissermaßen ein pompöses filmisches Denkmal und alle haben es sehen wollen. Aber auch beim Gewinner des Goldenen Bären „Bal – Honig“ wird der Wald mit seinen alten, prächtigen Bäumen zu einem heimeligen und unheimlichen Protagonisten. Dabei hat der Wald in immer neuen symbolischen Aufladungen die Fantasie der Geschichtenerzähler von jeher beflügelt. Sei es als Symbol für Erinnerung, sei es wie im Märchen als Sinnbild für die eigene Psyche oder gar als Ort für Tradition und Werte wie im klassischen Heimatfilm. Der Baum steht aber auch noch für etwas anderes. Straßenbäume und nicht zuletzt Wälder stellen in Städten wie Berlin eine enorme Verbesserung der Lebensqualität dar, als Ort der Gemeinschaft und der Entspannung kommt ihnen eine wichtige soziale Funktion zu – ein klein bisschen so wie dem Kino oder auch einem Filmfestival. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin freuen sich auf die augenzwinkernde Kunstinstallation HOLY WOOD unseres Partners ENTEGA zur kommenden Berlinale. Und wir unterstützen die angeschlossene Initiative 10 000 Bäume für Berlin mit voller Überzeugung. Denn gemeinsam mit ENTEGA und dem Ökoinstitut e. V. arbeiten wir zurzeit mit Eifer an der Verbesserung der CO2 -Bilanz des Festivals. 10 000 Bäume – das ist eine Menge Holz. Klopfen wir drauf, dass es gelinge! Dieter Kosslick Festivaldirektor Internationale Filmfestspiele Berlin

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Jan Brueghel d. J., Das Paradies, um 1650. © bpk/Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin. Foto: Jörg P. Anders

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Hollywood ist Verschwendung. Exzess, Überfluss, Reichtum, Stars und Plastik. Ein Strudel, der alle Mythen dieser Welt einsaugt und sie verwertet, verwurstet, ein modernes, fettes, faszinierendes Babel. HOLY WOOD macht die Vollbremsung, steigt aus. Im heiligen Wald herrscht Stille. Wir sind hier nur zu Gast, staunen, und das Einzige, was wir vielleicht wiedererkennen – sobald wir uns an das Licht gewöhnt haben –, sind dann wieder die Mythen, Märchen und Sagen, deren Gestalten uns vom Unterholz aus studieren. Wir schauen zurück. Und sehen den Wald, endlich. Der vierte Denkanstoß feiert den Baum. Er besteht aus einer Installation, er besteht aus einer Initiative und er besteht aus diesem Buch. Wir haben durch die Arbeit an diesem Projekt gelernt, dass, wenn in Berlin ein Baum geht, in den meisten Fällen kein neuer mehr folgt. Dass die Stadt kein Geld hat, um in den jetzt schon vorhandenen 10 000 Löchern neue Straßenbäume zu pflanzen und zu pflegen. Und dass wir helfen können als Bürger dieser Stadt, dies zu ändern. Wir laden ein nach HOLY WOOD zu einem Tor, das während der Berlinale in einer Ecke des Großen Tiergartens in Berlin stehen wird. In einer vergessenen Ecke, durch die früher der Mauerstreifen lief. Vom 9. bis zum 20. Februar kann dort jeder diese Pforte durchschreiten. Dahinter sind die Bäume. Ralf Schmerberg, Mindpirates

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Vincent Munier, In den Vogesen, 2008

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Caspar David Friedrich, Der Chasseur im Walde, um 1813. Foto: akg-images/dpa picture-alliance

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Inhalt 7 Vorwort von Holger Mayer 11 Vorwort von Dieter Kosslick 13 Vorwort von Ralf Schmerberg 36 Je dichter, umso schöner

In den Urwäldern erleben wir die überwältigende Partitur der Natur, stoßen aber auch auf die Schattenseiten unserer Geschichte. Fünf Erkundungsgänge von Cord Riechelmann 56 Es war einmal ein finsterer, alter Wald

Im Märchen wird der Wald zum Ort von Angst und Schrecken. Ein Gespräch mit dem Volkskundler Albrecht Lehmann über den Wald als kulturellen Bedeutungsraum 76 Das kalte Herz 1827 schrieb Wilhelm Hauff dieses Märchen, um vor Gier, Industrialisierung und dem

Raubbau am Wald zu warnen. Eine Nacherzählung von Bruno Pischel 98

Die Vermessung der Wälder

Wie die Pflege von kanadischen Bäumen deutschen Unternehmen beim CO2 -Ausgleich helfen kann. Ein Reisebericht von Ludwig Berndl und Søren Harms 131 Schaafs Revier

Im Berliner Tiergarten kreuzt die Spur der deutschen Geschichte die von Graureiher, Fuchs und Waschbär. Christopf Schaaf hat sie alle gelesen. Ein Streifzug von Jost Kaiser 144 10 000 Bäume für Berlin Wo in Berlin Bäume stehen sollten, klaffen oft Löcher. Mit Baum-Patenschaften können Bürger bald Abhilfe schaffen. Eine Initiative von ENTEGA und Mindpirates 164 English Translations 191 Impressum

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AndrĂŠa Andrade, Enchanted Forest

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Millionen Jahre alte Whitecliffs Boulders in der N채he von Ohingaiti, Nordinsel, Neuseeland, 2008. Foto: Tom Raven


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Frida Kahlo, Der verletzte Hirsch, 1946, Mexiko. Š Banco de Mexico Diego Rivera & Frida Kahlo Museums Trust/VG Bild-Kunst, Bonn 2011

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Maler der Dekkhan-Schule, Der redende Baum, 1601 bis 1650, Golconda, Indien. Š bpk/Museum fßr Islamische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin

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Karl Krolow, Gesammelte Gedichte in drei Bänden Š Suhrkamp Verlag Berlin

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Verlassenes Baumhaus der Korowai, einem Volk von Baumnomaden in den Urw채ldern Papua-Neuguineas, Indonesien, 1995. Foto: George Steinmetz


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Verena Eggmann, Ohne Titel. Aus Verena Eggmann und Bernd Steiner, Baumzeit: Magier, Mythen und Mirakel, 1995

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Vincent Munier, In den Vogesen, 2005

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Günter Eich, Gesammelte Werke in vier Bänden © Suhrkamp Verlag Berlin

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Heiliger Baum in der Nähe des Xiangxi-Flusses, China, 2009. Foto: Georg HÜrmann

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Olympic National Forest im Bundesstaat Washington, USA. Foto: Steven Miller

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Je dichter, umso schöner Im Wald, da wohnen bunte Spechte, flinke Eichhörnchen, Wölfe, Wildschweine und Brüllaffen. Dort hausen aber auch Partisanen, Kapitalisten und Tierschützer. Fünf Bildungsreisen Von Cord Riechelmann

Europäischer Urwald. Bialowieza, Polen „Jetzt haben Sie Wald gesehen“,

hatte der Waldführer in Bialowieza stolz nach dem Verlassen seines Waldes gesagt und er hatte recht. Das kleine Dorf Bialowieza im Nordosten Polens ist mit der Erweiterung der EU zur Grenzstadt am Ostrand der Europäischen Union geworden. Obwohl kein klassisches Straßendorf, besteht es aus nicht wesentlich mehr als einer Straße, von kleinen Holzhäusern gesäumt, deren Fassaden und Fensterrahmen oft ornamentale Verzierungen aufweisen, die schon im Nachbardorf ganz anders geformt sind und in früheren Zeiten so etwas wie die Signatur des jeweiligen Dorfes waren. Bialowieza liegt in unmittelbarer Nähe eines der letzten europäischen Urwälder. Und den hüten sie dort genauso wie die Gärten und Ornamente ihrer Häuser. Mit dem Unterschied, dass sie die Kernzone des Waldes vollständig sich selbst überlassen und den Zutritt nur in Begleitung eines lizenzierten Waldführers gestatten. Was sinnvoll ist. Denn das Auge ist es nicht mehr gewöhnt, geschweige denn geschult, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen, in all seiner Einzigartigkeit. Das sogenannte Totalreservat, also den 4700 Hektar großen Urwald, betritt man durch die symbolische „Tür zum Wald“, ein altes Eichentor. Dahinter atmet der Besucher nach ein paar Metern befreit auf. Der europäische Flachlandurwald ist nämlich alles andere als düster, schwarz und undurchdringlich, also keineswegs so, wie es Dichtung und Malerei gern beschworen haben. Er ist Licht durchflutet, auf bisher nicht gesehene Art. Die Sonnenstrahlen, die sich in Buchen-, Eichen-, Linden- und Ahornblättern brechen, bringen am Boden auf Flechten, Pilzen, Gräsern und Kräutern Farbtöne hervor, die bisher weder bedichtet noch gemalt worden sind. Wenn so ein mit Moos, Farnen und Flechten bewachsener, uralter und eines natürlichen Todes gestorbener Baum dann noch in eine Urwaldpfütze gesunken ist, braucht man einige Zeit, um diese Farben ohne Blendung zu fassen. Weil sie sich im 36


Wasser spiegeln und steigern. So angestrahlt, kann es dann beruhigend wirken, der Stimme eines Waldführers wie der von Teodor Iganovicz zuzuhören. Er erklärt seit 30 Jahren Besuchern den Wald. Und erzählt die Geschichte einer 250 Jahre alten Bergulme, die, wenn sie denn gestorben ist, noch mal 100 Jahre am Boden liegen kann, bevor Pflanzen und Insekten sie aufgefressen haben. Welche Artenvielfalt ein so sich selbst überlassener Wald hervorbringen kann, bemerkt man ohne große Spezialkenntnisse vor allem an den Spechten. Im Wald von Bialowieza siedeln alle neun europäischen Spechtarten. Während zum Beispiel der Weißrückenspecht andernorts ausstirbt, bleibt die Population von Bialowieza stabil. Iganovicz weiß aber noch etwas anderes, nämlich den Spaziergang mit Anekdoten von jenen großen Tieren anzureichern, deren Existenz den Werbeschwerpunkt des Nationalparks ausmacht, die man aber nur sehr selten sieht. Von Wölfen ist da die Rede, die am hellen Tag im Licht des Unterholzes Wildschweinferkel fangen, und von Wisentkühen, die mit ihren Kälbern den Waldpfad kreuzen. Aber das bleiben auch im Urwald Geschichten. Anders ist das mit den Luft- und Wärmeverhältnissen im Wald. Die sind deutlich zu spüren. Denn auch die Lichtspiele im Wald können nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur ein Bruchteil der Sonneneinstrahlung, die auf den Wald einwirkt, das Waldinnere erreicht. Durch die Photosynthese im Blätterdach der Bäume wird viel Sonnenenergie absorbiert. Wenn die Sonne also kräftig scheint, ist es im Wald kälter als außerhalb. Umgekehrt kann sich die im Wald gesammelte Wärme unter dem Blätterdach länger halten, wenn es draußen kälter wird. Dann ist es im Wald wärmer. In Wäldern ist von Beginn an also die Temperatur am Tag niedrig und nachts relativ hoch. Hinzu kommt, dass auch die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen im Wald wesentlich geringer sind als außerhalb. Für die Pflanzen am Boden der Wälder bedeutet das, dass sie zwar im Schatten leben, dafür aber unter relativ gleichmäßigen klimatischen Bedingungen. Aber natürlich drängen auch Büsche und Kräuter wie hohe Bäume ans Licht. Das führt seit jeher nicht nur zum kooperativen Zusammenleben von Baum und Busch, sondern auch zur Konkurrenz. Nicht überall waren die Bäume den Gräsern, Kräutern und Büschen überlegen und so gab es stets mehr oder weniger fließende Übergänge von Wald und Nicht-Wald. Kennzeichen des Waldes ist seine starke Schichtung. Das sich von außen horizontweit in grünen Wellen erstreckende Kronendach verwehrt den Blick ins Waldinnere. Taucht man ins Innere ein, so muss man verschiedene Schichten durchqueren. Die Tiere des Waldes bewegen sich zwischen diesen Schichten wie die Fische im Wasser von oben nach unten, wie auf der gleichen Ebene. Dabei besiedeln oft nahverwandte Arten von Boden bis zum Dach, von Etage zu Etage jeweils nur eine bestimmte Schicht. In den Wäldern Südamerikas zum Beispiel leben an manchen Orten sieben Arten von Beutelratten jeweils nur auf ihrer eigenen Etage. Auch in unseren Breiten nutzen verschiedene Tiere auf ganz verschiedene Weisen 37


Kohlmeisen singen im Wald anders als auf Wiesen und Steppen. Um im Wald unverwechselbar zu bleiben, singen Tiere hier melodiöser und kunstvoller als im offenen Gelände

spezifische Aspekte des Waldes. Während Eichhörnchen die reichen Verzweigungen der Äste als Sprungbretter in ihrem Lebensraum dienen, stellen sie für Singvögel Nistplätze und Singwarten dar. Vögel, die im Wald einen Partner suchen oder nur ihre Anwesenheit bekunden wollen, müssen ihre Töne nach der Umgebung richten. Im Wald filtert die Vegetation Schallsignale und verändert durch Dämpfung bestimmte Eigenschaften der Töne. Tiere müssen also, wenn sie Laute von sich geben wollen, damit rechnen, dass die Klänge nicht sonderlich weit tragen und auch nicht unbedingt in der geäußerten Form beim Empfänger ankommen. Tatsächlich singen etwa Kohlmeisen im Wald anders als auf Wiesen und Steppen. Um im Wald unverwechselbar zu bleiben, singen Tiere allgemein melodiöser und kunstvoller als im offenen Gelände. Flötenähnliche Töne gehören aus diesem Grund zur typischen Waldgeräuschelandschaft. Zu den Tönen des Waldes gehören aber neben den geflöteten Liedern und dem Rauschen der Blätter auch die ganz handfeste Vernichtungsarbeit der Pflanzenfresser an den Bäumen. Wer einmal gesehen hat, wie Brüllaffen ganze Äste geräuschvoll abbrechen, um die Blätter nur halb zu verzehren und den Rest auf den Boden zu werfen, kann darin wenig Harmonie zwischen Baum und Tier erkennen. Was auf den ersten Blick wie Zerstörungsarbeit aussieht, wird auf den zweiten aber doch zur Kooperation. Viele Pflanzen sind auf Vögel und Affen, die ihre Früchte und Blätter fressen, als ihre Samenverbreiter angewiesen. Im Spiel der Vielfalt der Lebensformen werden im Wald so die unterschiedlichsten, konkurrierenden und kooperierenden Kräfte wie auf einer gigantischen Partitur miteinander verbunden. Auch wenn sich viele ihrer Teile gegenseitig ausschließen. Laubwald. Walkenried im Harz, Deutschland Das Sonnenlicht war am Morgen im späten September mitten in Walkenried am Rand des Südharzes noch kraftlos. Das Ziel war der kurz hinter Wieda 720 Meter hochragende Stöberhaigipfel, der eine wunderbare Aussicht auf die Wälder des Harzes versprach. Zunächst einmal blieb der Weg nach dem verlassenen Walkenried aber flach. Zeitweise in Hörweite des Flusses Wieda ging es auf schwerem, matschig aufgeweichtem Untergrund durch noch relativ junge Mischwälder. Das Kronendach der Laubbäume war schon nicht mehr ganz so dicht wie vor ein paar Wochen und die Blätter

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Afrikanisches Buschhörnchen, Zwartkloof – Private Game Reserve, Bela Bela, Südafrika, 2010. Foto: Ruslou Koorts

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changierten bereits von Grün über Gelb bis Braun. In den Sonnenstrahlen blitzte es zweimal kurz blau über dem Bach auf. Ein Eisvogel suchte nach Nahrung. Neben den häufigen Gebirgsstelzen zuckte auch eine Wasseramsel nervös am Ufer entlang. Dieser an vergrößerte Zaunkönige erinnernde Vogel ist ein Indikator für gut durchlüftete, insektenreiche Flüsse – und dementsprechend selten geworden. Wahrscheinlich profitiert sie aber auch davon, dass die Wieda bereits aus einem anderen Grund zu einem Naturdenkmal geworden ist. Die am Bachufer angeschnittene Folge von Ablagerungsgesteinen dokumentiert in klarer Schichtung mehr als 250 Millionen Jahre Erdgeschichte zurück bis zur allmählichen Überflutung des Harzes am Beginn der Zechsteinzeit. Wasser hatte in der jüngeren Geschichte des Südharzes immer schon eine besondere Bedeutung. Die Mönche des im 12. Jahrhundert in Walkenried gegründeten Zisterzienserklosters haben um den Ort mehr als 50 Teiche angelegt, in denen sie Fische züchteten. Davon profitieren Insekten und Amseln, aber vor allem Pflanzen. Der teilweise undurchdringliche Wald besteht gänzlich aus Laubbäumen. Das ist für den Harz einmalig. Denn der wachsende Holzbedarf in Zeiten des florierenden Bergbaus hatte in den meisten Gegenden des Harzes zum Anbau schnell wachsender Fichten geführt. Auf dem Weg zum Stöberhai kann man sich vom Unterschied zwischen Laub- und Nadelwäldern selbst ein Bild machen. Man atmet förmlich auf, wenn man die dunklen Fichtenschonungen verlassen hat und wieder Blätter im Wind rascheln hört. Im Perlgrasbuchenwald ist es zudem selbst um diese Zeit noch laut: Die Schreie der Eichelhäher sind noch oben auf der Gipfelwiese deutlich zu hören. Regenwald. Cradle-Mountain-Nationalpark, Tasmanien, Australien

Es war nur eine kleine Abweichung vom normalen Bild meiner Hose, die mich hatte nervös werden lassen. Eine Art leichter Schlagschatten am Bein, der auch eine optische Täuschung hätte sein können, im dichten Grün des tasmanischen Bergregenwaldes im Cradle-Mountain-Nationalpark. Bei näherem Hinsehen erwies sich die Nervosität aber als vernünftig. Zwei kleine schwarze Blutegel mit sehr schlaffer Haut waren gerade dabei, mit ihrem Kopf ein Loch in meiner Hose zu suchen, um an mein Blut zu gelangen. Egel gehören wie Zecken zu jenen Lebewesen, die im Wartestand Monate, manchmal Jahre beharrlich den Moment abpassen, wenn ein Körper mit der richtigen Temperatur vorbeikommt, um dann Blut zu trinken. Mir waren Egel von Bildern her bekannt, die aber immer aus tropischen Regenwäldern stammten. Und tropisch sind die immergrünen Regenwälder Tasmaniens nicht. Im Winter gibt es gelegentlich Frost, und der dauernde leichte Nieselregen, der aus den Bäumen von oben und den Farnen von unten zu diffundieren scheint, kühlt den Körper aus. Was merkwürdigerweise sehr angenehm ist, weil es vor Ermüdung schützt und aufmerksam macht. Für die King Billy Pine zum Beispiel. Ein bis zu 30 Meter hohes Zypressengewächs, das bis zu 800 Jahre alt werden kann – wenn 40


Räuber, Partisanen und Geächtete sind bis heute zentrale Figuren des Waldes. Je besser ihre Tarnung, je besser sie im System Wald aufgehen, umso größer sind ihre Überlebenschancen

man es denn lässt, wie Matt Taylor, ein Botaniker der Universität von Hobart und mein Begleiter in Tasmanien, hinzufügt. Womit Matt auf ein Übel anspielt, das keine Spezialität Tasmaniens ist: die Macht der Holzindustrie, die von Nordamerika über Sibirien bis hierher den Nebel der Wälder in lodernde Rauchschwaden verwandelt, indem sie die alten Bäume brandrodet und durch schnell wachsende Pflanzen ersetzt. Die geben erst Ruhe, meint Matt, wenn es der King Billy Pine ergeht wie ihrem Namensgeber. Der Name des Baumes stammt von einem Aborigine, den sie King Billy nannten. In Tasmanien gibt es im Unterschied zum australischen Festland keine Aborigines mehr. Der Name ist also eine Art Sprachfossil, eine Erinnerung an eine nicht ruhmreiche Vergangenheit, deren Spuren nicht so einfach gelöscht werden können. Abends in der Hütte meinte Matt, ich solle mich warm anziehen, denn das werde eine „three dog night“. Auch das ein Idiom von früher. Die Aborigenes schliefen, wenn es kalt wurde, mit ihren Hunden. In einer three dog night war es so kalt, dass einer zum Wärmen nicht reichte. Matt sollte Recht behalten. Wald. An jedem Ort der Welt, an dem Krieg und Unrecht herrschen

„Im Gebirge und in Wäldern zwingen Banden von gewalttätigen und bewaffneten Männern, die sich außerhalb der Reichweite von Gesetz und Autorität bewegen, ihren Opfern durch Erpressung, Raub oder auf andere Weise ihren Willen auf.“ Mit diesem Satz leitet Eric Hobsbawm seine sozialgeschichtliche Studie „Die Banditen. Räuber als Sozialrebellen“ ein. Die Wälder stehen wohl mit hoher Absicht am Anfang von Hobsbawms Meisterwerk, mit dem er eine neue Forschungsrichtung in der Geschichtswissenschaft begründete. Räuber sind bis heute zentrale Figuren des Waldes. An Wegesrändern auf der Lauer liegend, sind sie Spezialisten des Ortes. Zu ihnen gesellen sich tiefer im Gehölz noch Partisanen und Geächtete. Auch sie können sich nicht frei bewegen (wie zum Beispiel Jäger oder Förster), da ihnen außerhalb ihrer Verstecke der Tod droht. Diese Waldbewohner sind eng an das System Wald gebunden. Je besser sie darin aufgehen, umso größer sind die Chancen zu überleben. Auf diese Weise wurde eines der größten und dichtesten Waldgebiete Europas, die nördlichen Waldkarpaten, zum Ende des Zweiten Weltkriegs für Tausende Juden zu 41


Der brandenburgische Spreewald im Sommer, 1998. Foto: Ute Mahler/Ostkreuz

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Am Parkeingang hängt eine Gruppe Brüllaffen buchstäblich in den Bäumen. Während die Affen sich oben sonnen können, ist es unten auf den Wegen durch den Wald angenehm schattig

einem Zufluchtsort vor den Deutschen. Einer der Überlebenden, Koppel Holzmann, hat in seinem 1961 auf Deutsch erschienenen Bericht „Die Höhlen der Hölle“ davon erzählt. In Höhlen im Waldboden lebten die Gruppen von Juden durch ein eigenes Kommunikationsnetz verbunden, teilweise bewaffnet, immer in ständiger Angst, von Deutschen ergriffen, gefoltert und erschossen zu werden. Ihre wenigen Erfolge im Kampf verdankten sie ihrer genauen Kenntnis des Waldes. Ihre Organisation passten sie dem Umfeld an, von Wächtern, die in den Kronenregionen der Bäume platziert waren, bis hin zu den Latrinen der Bunker, die über holzverkleidete und mit Erde bedeckte Leitungen direkt zu den Bächen hinabführten. Die Juden lebten mit den Strukturen des Waldes. Ihre Warnrufe, die die Wächter in den Gipfelregionen über den Wald verbreiteten, waren für ihre Feinde nicht von denen der Vögel zu unterscheiden. In gewisser Weise waren sie selbst Wald geworden, wie man es später noch einmal in den unterirdischen Gangsystemen der Vietcong im Vietnamkrieg sehen konnte. Dass die Amerikaner ein ganzes System der Waldentlaubung erfanden, um den Waldkämpfern Herr zu werden, ist bekannt. Ebenso weiß man, dass es nichts half. Urwald. Parque Nacional Volcán Arenal, Costa Rica Das erste Land, das die tropischen Regenwälder für den Tourismus systematisch öffnete, war eines ohne Armee, nämlich Costa Rica. Und so führt uns die letzte Station dieses Spazierganges durch Gegenwart und Geschichte der Wälder an den Krater des Arenal-Vulkans im Nordwesten Costa Ricas, der wie immer in den Wolken verborgen liegt. Der Arenal kann, seit 1968 erstmals Feuer, Rauch und Dämpfe aus ihm heraus drangen und so wie er sich aus der Ebene erhebt, als lebendes Urbild eines Vulkans gelten. Um diesen Berg rankt sich die Gefahrenzone in der sonst in dieser Region wohltemperierten Wildnis. Der in sicherer Entfernung zum Lava sprühenden Krater gelegene Parque Nacional Volcán Arenal ist ein für den Besucher zivilisierter Flecken tropischen Primärregenwaldes, dem die Schrecken des Unzugänglichen genommen wurden. Man kann den Park auf befestigten Wegen durchwandern und Schluchten über eine Vielzahl schmal, aber sicher gespannter Hängebrücken überqueren. Manchmal sieht man bereits am Parkeingang eine Brüllaffengruppe buchstäblich in den Bäumen hängen. Während die Affen sich oben sonnen können, ist es unten auf

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den Wegen durch den Wald angenehm schattig. Wobei der Schatten auch von einer der merkwürdigsten Palmen überhaupt gespendet wird: der Wanderpalme. Im schönen wissenschaftlichen Namen der Palme Socratea exorrhiza drückt sich bereits das Staunen der Botaniker über die Eigenheiten der Pflanze aus. Sokrates, der fragende Philosoph der griechischen Marktplätze, war bekannt für seine langsame Gangart. Im Gehen blieb er oft wie hypnotisiert stehen, verfiel in Gedanken und schien wie angewurzelt unbeweglich zum Baum zu erstarren. Die Wanderpalme macht es umgekehrt. Sie steht die längste Zeit still wie jeder andere Baum auch und bewegt sich aber doch, allerdings selten und nur für geübte Augen erkennbar. Die bis zu 30 Meter hoch wachsende Palme löst nämlich im Laufe ihres Lebens ihren unteren Stamm auf und ersetzt ihn durch zahlreiche Stelzen. Die Stelzen wachsen in alle Richtungen bis zu zwei Meter hoch aus dem Stamm darüber nach unten und können so den Geburtsort der Palme verlassen. Bloß ein bisschen, aber immerhin. Nur über die auch als Luftwurzeln bezeichneten Stelzen schafft es die Wanderpalme, genügend Nährstoffe auf dem Regenwaldboden für ihr Gedeihen zusammenzusuchen, denn die Böden tropischer Regenwälder sind extrem dünn und nährstoffarm. So ist es wohl diese Armut der Böden, die den Reichtum an Tier- und Pflanzenarten in den Regenwäldern bedingt und die sie so fragil wie frugal macht. Wer sie sehen will, sollte sie in den erschlossenen Nationalparks studieren. Von Bialowieza bis Costa Rica bieten sie Einblick in die vieldeutig gewordenen Wälder und ihre Geschichte. Egal, ob die Wälder Zufluchtsort, Park oder historische Stätte sind: Ein Schutz dieser Landschaften kann nur funktionieren, wenn man ihre Geschichte berücksichtigt und die Einflüsse, denen sie ausgesetzt sind. Lassen wir den Wald in Ruhe. Das einzige, was er vom Menschen dann noch braucht, wäre vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit – zum Staunen, Schauen und Entdecken. Das gilt natürlich ebenso für den Stadtwald vor der Tür. Cord Riechelmann studierte Biologie und Philosophie an der FU Berlin und war Lehrbeauftragter für das Sozialverhalten von Primaten und für die Geschichte biologischer Forschung. Er war Kolumnist und Stadtnaturreporter für die Berliner Seiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und schreibt für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Süddeutsche Zeitung, den Merkur, die Welt am Sonntag, die taz und jungle world. 2003 erschien sein Buch „Bestiarium“, 2004 „Wilde Tiere in der Großstadt“. Soeben kam auf drei CDs seine Sammlung „Stimmen der Tiere Europas, Asiens und Afrikas“ bei KEIN & ABER heraus, im Frühjahr folgt beim Merve Verlag sein Buch „Wald“. Cord Riechelmann lebt in Berlin.

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Verena Eggmann, Ohne Titel. Aus Verena Eggmann und Bernd Steiner, Baumzeit: Magier, Mythen und Mirakel, 1995

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Günter Eich, Gesammelte Werke in vier Bänden © Suhrkamp Verlag Berlin

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Eckhard Gehrmann, Ohne Titel, 2009

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Olaf Hajek, Begegnung, 2007

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Unbekannter K端nstler, Birkengrund im Winter, Privatbesitz


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Mikhail Wassmer, Ohne Titel, 2009

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Es war einmal ein finsterer, alter Wald Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, „Blair Witch Project“: Der Wald ist ein Ort, der Furcht und Schrecken verbreitet. Volkskundler Albrecht Lehman erklärt, wovor wir uns im Märchen wirklich fürchten Interview: Göran-Adrian Bellin

Denkanstöße: Herr Professor Lehmann, was ist Wald? Kultur oder Natur?

Albrecht Lehmann: Prinzipiell kann man sagen, dass es keine Natur mehr gibt, sobald Menschen dazukommen. Denn der Mensch ist, wenn er einen Raum betritt, bereits vorgeprägt durch seine Sozialisation, seine Kultur. Er ist immer bemüht zu deuten, zu interpretieren. Er sucht Gegensätze. Er kann gar nicht anders. Betritt ein Europäer einen südamerikanischen Wald, so wird er zwangsläufig Vergleiche anstellen und kulturelle Deutungen vornehmen, um das, was ihm fremd ist, verstehen zu können. Der Mensch trägt also seine kulturell vorgeprägten Deutungen immer mit sich: in die Natur, die Landschaft, den Raum. Da der Mensch ein Kulturwesen ist, wird auch der Raum, den er betritt, durch seine Deutungen zu einem Kulturraum. Dennoch muss der Wald spätestens seit der Romantik für ein idealisiertes Naturbild herhalten. Die Brutalität der Industriegesellschaft steht der „essenziellen Güte der Natur“ gegenüber, wie es Norbert Elias formulierte.

Norbert Elias hat diese Güte infrage gestellt und gesagt: Schaut mal, was in der Natur alles passiert! Der Tiger jagt und tötet. Und er muss jagen und töten, um seinen Kindern das Überleben zu sichern. Die Natur als etwas darzustellen, das grundsätzlich gut ist, ist ein Missverständnis der Moderne. Die Natur und in besonderer Weise der Wald wurden jedenfalls eindeutig als eine Gegenwelt zum urbanen Raum empfunden. Ist der Wald ein Konstrukt der Moderne?

So ist es. Aber Sie dürfen hier nicht weiter zurückgehen als bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Zunächst war der Wald – das gilt noch für das 16. und 17. Jahrhundert – eine gefürchtete, von Menschen gemiedene Gegend. Man konnte 56


Waschb채r in einem Baumloch, 1967. Foto: Record Group 95, Records of the U.S. Forest Service, The National Archives at Chicago

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sich verlaufen, es gab wilde Tiere. Zwar gab es Bären und Wölfe nicht mehr, aber es gab noch die Erinnerung daran. Die Schönheit und Verehrungswürdigkeit des Waldes ist eine kulturelle Konstruktion, die erst in der Romantik, zur Zeit der Frühindustrialisierung entsteht. Der Wald wurde vorher gar nicht als etwas besonders Gesundes gesehen, sondern als etwas Bedrohliches. Es gab die Vorstellung, dass aus dem Wald Miasmen, giftige Dämpfe, aufsteigen, die Krankheiten verursachen. Und tatsächlich denkt man beim Anblick eines dichten, nebligen Waldes an alles Mögliche, aber gewiss nicht an gesunde Luft. Die hat man erst wenn man im freien Feld oder auf einem Waldweg wandert. Wenn man aber durch das Gebüsch kraucht, hat das doch eher etwas Beängstigendes. Zum Inbegriff der Erholung wird der Wald also erst im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung und ihrer Verwüstungen?

Ja, und zwar immer dort, wo die Menschen die Tatsache erkennen, dass sie ein Stück Natur verloren haben, weil sie in Städten leben. Aber sie haben noch die Erinnerung an eine Natur, die ihnen in ihrer Kindheit gegeben war. Das ist ein Verlust, den die Menschen erleiden. Der Krach und die schlechte Luft in den chaotischen Städten der frühen Industrialisierungsphase waren tatsächlich eine teilweise brutale Gegenwelt zur ländlichen, naturnahen Welterfahrung. Der Wald ist also historisch bedingt immer weniger lebendige Erfahrung als vielmehr eine vage Erinnerung. Das könnte einer der Gründe sein, warum Wälder heute noch im Kino zum Beispiel als Traumlandschaften und Schauplätze für Gewalt und Horror herhalten müssen?

In Städten wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt haben die Menschen doch kaum noch Erfahrungen mit Wäldern. Zudem sind etwa 30 Prozent der Bevölkerung einer Großstadt Migranten aus der Türkei und anderen Ländern Europas, denen man diese Waldromantik schon gar nicht vermitteln könnte. Wozu auch? Schon im 20. Jahrhundert war es ja kaum möglich, ein Arbeiterkind, das hungrig aus der Schule kam, für Eichendorff‘sche Waldromantik zu begeistern. Sie verstanden das nicht. Es ist ein normaler Vorgang im Rahmen des Kulturwandels, dass man sich mehr und mehr von den alten, tradierten Mustern, etwa der Romantik, entfernt. Andererseits ist zu beobachten, dass Filme wie das „Blair Witch Project“ die ganze beängstigende Wirkung der Natur, des Waldes, etwa wie sie uns in der Sage begegnet, präsent halten. Meine Studenten hatten unruhige Nächte, nachdem ich ihnen den Film gezeigt hatte. In solchen Filmen findet man alles wieder, was man in einem Märchen- und Sagenseminar über den Wald lernen kann. In seinem Roman „Holzfällen“ bezeichnet Thomas Bernhard den Wald als eines der „Lebensstichwörter“ der Menschen. Auch Sie verwenden diesen Ausdruck. Was bedeutet er?

Ich kann das mit einem anderen Begriff veranschaulichen: Erinnerungsort. 58


Der Wald ist ein Erfahrungsraum, der sowohl auf Erfahrungen erster Hand wie auch auf Erfahrungen zweiter Hand beruht. Entscheidend ist, dass es überhaupt Erfahrungen gibt, seien sie nun literarischer Art oder auf sinnlicher Wahrnehmung basierend. Ebenso wie der Wald sind beispielsweise das Meer oder Flüsse Lebensstichwörter: Große, zentrale Orte, die der koordinierten Natur entstammen, werden fast zwangsläufig zu Erinnerungsorten. Für viele deutsche Märchen ist der Wald Ausgangspunkt der Handlung. Wie kamen die Märchen in den Wald?

Hier müssen wir relativieren. Die Erzählforschung hat nachgewiesen, dass in zirka 100 der etwa 200 Grimm’schen Märchen der Wald auftaucht. Aber er wird nie beschrieben. Oft taucht lediglich das Wort „Wald“ auf: Waldtiere, Waldvögel usw. Der Wald als solcher wird nicht geschildert, was sich leicht erklären lässt, denn die Menschen kannten den Wald. Man musste ihnen den Wald nicht ausführlich beschreiben. Es genügte die Andeutung. Der Wald im Märchen ist jedenfalls kein Ort, an dem man sich gern aufhält. Hänsel und Gretel wohnen nicht im Wald, sondern am Wald. Denken Sie auch an die Position der Frau im Märchen. Es gibt das Märchen „Die Alte im Wald“. Diese Alte ist eine Ausgestoßene. Im Wald wohnen die Räuber, die Dämonen, die aus der zivilisierten Welt der Dörfer Ausgeschlossenen. Im Wald nähert man sich einem Hexenhaus und einer schrecklichen, widerlich anmutenden Person. Im Märchen will man nicht in den Wald hinein, sondern so schnell wie möglich wieder raus. Es gibt zudem das Motiv der „magischen Flucht“, das in vielen Kulturen bekannt ist. Der Wald ist ein Raum, den man ungern durchschreitet. Ein Mensch wird von einem Geist verfolgt, lässt einen Gegenstand fallen, zum Beispiel eine Haarbürste, aus der auf magische Weise ein Wald entwächst, der für den Verfolger nicht zu durchschreiten ist. Der Wald ist dicht, unzugänglich und von Angst besetzt. Das ist die kulturelle Bedeutung des Waldes im Märchen. Ist der Weg in den Wald eine Art Initiation, die die Konzentration auf Urbilder und Urängste erzwingt?

So wird man es sagen können. Im germanischen und slawischen Kulturraum dürfte es so sein. Den Wald kann man ja auf zwei Arten betreten. Wenn man vom freien Feld aus über einen Weg hineingeht, ist das schon eine Art Initiationsraum. Aber noch mehr ist das so, wenn man den Wald nicht über den Weg, sondern vom Waldrand aus betritt. Das hat bis heute etwas Magisches. Jedenfalls merkt man, dass man einen ganz andersartigen Raum betritt, in dem man auf andere Dinge achtet. Der Blick kann nicht mehr schweifen. Bis zu einem gewissen Grade dürfte das eine Art Initiationsritus sein, wenn man großzügig mit dem Begriff umgeht. Ist der Wald im Märchen nicht immer auch eine Art Sonderwelt, deren Bedeutung zwischen Heiligem und Unheiligem, Gutem und Bösem, Vergangenem und Zukünftigem, Schutzraum und Labyrinth wechselt?

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Theodor Severin Kittelsen, Waldtroll, 1906, Privatsammlung. Š Foto: O. Vaering/The Bridgeman Art Library

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Der Wald ist jedenfalls ein Ort, der alle möglichen Erfahrungen zulässt: die erste Liebesbegegnung, die früher vielfach im Wald stattfand, oder das Verlaufen im Wald. Diese Erinnerungen sind bei fast jedem Menschen noch wach. Was das eine an Freude bringt, verursacht das andere an Angst. Ambivalent ist der Wald also auf jeden Fall. Zudem gibt es einerseits den dichten Wald und es gibt andererseits die Lichtung. Das sind Erfahrungsräume, die eine Ambivalenz von Landschaftsformen, Licht und Dunkel zeigen. Aber ein Gewöhnungsfaktor kommt hinzu: Je häufiger wir einen Wald aufsuchen, desto seltener wird man wohl solchen ontologischen Erfahrungswirklichkeiten ausgesetzt sein. Der Beitrag von Märchen und Sage zum Mythos Wald wäre demnach eher negativ und finster?

Ich würde sagen, ja. Während das Märchen jenseits von Raum und Zeit stattfindet, hat die Sage meistens eine regionale Dimension. Sie findet in der Nachbarschaft der Menschen statt. Insofern ist das, was die Sage liefert, meist der Erfahrung der Menschen eher zugänglich als das Märchen. Vielfach spielen historische Relikte eine Rolle in Sagen, konkrete Orte. Die Welt der Sage wirkt dadurch wesentlich anschaulicher auf die menschliche Erfahrung ein als das Märchen. Vielleicht weniger tief, aber dafür anschaulicher und stärker beängstigend. Was unterscheidet das deutsche Waldverständnis beispielsweise von dem der Franzosen?

Die Franzosen sehen, allgemein gesprochen, den Wald stärker unter rationalen Aspekten. Wälder werden in Frankreich systematisch gerodet und genutzt. Es gibt keine Waldromantik in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Dort wurde der Wald schon in der Antike systematisch gerodet. In Italien ist er seitdem nicht mehr richtig gewachsen. Anders verhält es sich im Slawischen und Skandinavischen, wo sich die Waldverhältnisse hinsichtlich der Romantisierung und der Deutung weitgehend mit dem decken, was in Deutschland zu beobachten ist. Die Finnen und Tschechen sind genauso waldverrückt wie die Deutschen. Was macht die Deutschen in besonderer Weise zu einem Waldvolk?

Zunächst die Landschaft. Deutschland besteht zu 30 Prozent aus Wald, der in den letzten 600 Jahren weitgehend in dieser Form erhalten geblieben ist. Wenn Wälder derartig typisch und die Landschaft beherrschend sind, entsteht automatisch eine Bindung oder gar Liebe zu dieser Landschaft. Die Engländer mögen die offene, parkartige Landschaft. Die ganze romantische Malerei in England ist voll von wunderschönen Eichenhainen, durch die Wege führen, in deren Hintergrund man die Felder sieht. Die Spanier lieben ihre braunen, uns wüstenartig anmutenden Gegenden. Das ist auch nicht anders zu erwarten und lässt sich kulturell nicht anders deuten, als dass die Landschaft, in der Menschen über Generationen hinweg leben, in besonderer Weise wahrgenommen und ästhetisch respektiert werden, eben im Rahmen spezifischer Kulturmuster. 61


Daher sind die Deutschen mindestens seit der Romantik ein Waldvolk. Dazu motiviert sie die Landschaft als Erfahrungsraum, vor allem aber wirken hier die Deutungen der Landschaft durch die Literatur und Kunst. Ohne ihre Literatur und Malerei wären die Deutschen kein Waldvolk. Viele Menschen leben heute in Städten, nicht auf dem Land oder gar in Wäldern. Günter Eich fragt: „Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume?“ Die meisten Städter würden das wohl unterschreiben. Die Bedeutung und Symbolik der Bäume bleibt demnach auch ohne unmittelbare Walderfahrung bestehen?

Günter Eich hat vollkommen Recht. Aber der Baum ist ja nicht der Wald. Beides kann Trost spenden: der Wald als Massensymbol oder der Baum als Individuum in der Landschaft. Und dieser isolierte Baum ist ohne Frage noch immer unmittelbar ein Kulturangebot für uns Menschen. Geht also die Entwicklung auch hier in Richtung Individualisierung? Wird es bald weniger um den Wald, sondern eher um den individuellen Baum gehen?

Das wäre die Übernahme eines Kulturmusters aus England oder Frankreich. Zudem gibt es kaum noch Walderfahrungen erster Hand. Wie oft geht denn eine Berliner Familie in den Wald? Einmal im Jahr vielleicht. Aber es gibt durch die Medien vermittelte Erfahrungen zweiter Hand. Die Medien prägen heute die Bewusstseinsmuster hinsichtlich der Naturerfahrung sehr viel stärker als die erlebte Natur. Kommen wir zuletzt noch einmal auf Berlin zu sprechen: Würden Sie etwa dem Berliner Tiergarten zugestehen, ein Wald zu sein? Eine Walderfahrung vermitteln zu können? Das kann er sehr wohl. Aber kulturelle Muster, Landschaftsformen unterscheiden sich ja eigentlich immer. Es gibt den Wald ja gar nicht. Mal ist es ein Fichten-, mal ein Buchen-, mal ein Kiefernwald. Das alles vermittelt Erfahrungen, die man als Walderfahrung bezeichnen kann. Und der Berliner Tiergarten ist tatsächlich eine Art Stadtwald. Und wenn die Menschen sich an eine solche Landschaft gewöhnen, sie schön finden, wer wollte ihnen da sagen: Ihr liebt den falschen Wald. Sie haben das Recht, vielleicht nicht gerade die Pflicht, aber das Vergnügen, diese Walderfahrung genauso genießen zu können wie mancher Pilzsammler den Harz.

Dr. Albrecht Lehmann war bis zu seiner Emeritierung 2005 Professor am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Biographie- und Erzählforschung, der zeitgeschichtlichen Mentalitätsforschung und der mentalitätsgeschichtlichen Analyse des Naturund Umweltbewusstseins. 1999 erschien sein Buch „Von Menschen und Bäumen. Die Deutschen und ihr Wald“ im Rowohlt Verlag, Hamburg. Göran-Adrian Bellin ist verantwortlicher Redakteur für das Onlinemagazin www.denkanstoesse.de. 62


Ralf Schmerberg, Tiere im Museum leben l채nger, 2008

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Irene Suchocki, The Face of Nature, 2007, aufgenommen bei den Hopewell Rocks in der Bay of Fundy, New Brunswick, Kanada

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Marco Suarez, Irish Forest, 2010, aufgenommen in den Kiefernw채ldern Nordirlands

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Waldbrand in Florida, 2009. Foto: U.S. Fish & Wildlife Service, Southeast Regional Office, Division of External Affairs


Piero di Cosimo, Waldbrand, um 1500, Oxford, Ashmolean Museum. Foto: Martin Beek

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Baumrinde nach Waldbrand, Galicien, Spanien. Foto: Jose Manuel Navia/Agence VU/laif

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Else Lasker-Schüler, Werke und Briefe. Kritische Ausgabe © Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag Berlin

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Waldbrand am Großsonnberg bei Taxenbach (Österreich), 2006. Foto: Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

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Verena Eggmann, Ohne Titel. Aus Verena Eggmann und Bernd Steiner, Baumzeit: Magier, Mythen und Mirakel, 1995

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Das kalte Herz Ein deutsches Märchen von Wilhelm Hauff Nacherzählt von Bruno Pischel

Es war einmal ein gutes Völkchen im Schwabenland, das war größer, stärker,

mutiger und auch schöner anzusehen als andere Menschen. Zwischen hohen Tannen und rauschenden Bächen gingen sie im Schwarzwald ihrer Arbeit nach. Ihre Sitten und Trachten waren ganz verschieden zu denen von Bewohnern außerhalb des Waldes. Volle Bärte ließen die Männer sich wachsen und sie trugen schwarze Wamse, eng gefaltete Pluderhosen, rote Strümpfe, spitze Hüte, von großen Scheiben umgeben. Ihr Brot und Wasser und alles weitere darüber hinaus verdingten sie sich mit Glasmacherei und Uhrmacherkunst. Auf der anderen Seite des Waldes lebte ein anderer Teil dieses Volkes. Diese Männer handelten mit dem kostbarsten des Waldes: Sie fällten die hohen Tannen. Sodann flößten sie sie von Bächen über Flüsse bis zum Nordmeer. Ihre stärksten und längsten Bretter verkauften sie an die Mynheers in den niederen Landen, welche daraus große Handelsschiffe bauten. Auf dem Holz die Ströme herab fahren, am Ufer wieder zurück waten, ein Leben lang. Vielfach Reisende waren sie und kamen so nicht umher, praktische, derbschöne Kleidung am Leib zu tragen. Ihr Wams war von dunkler Leinwand, grüne Träger am Beinkleid aus Leder. Einen Zollstab von Messing trugen sie stets bei sich. Und Stiefel, mit denen durch tiefste Gewässer Mann waten konnte. Noch bis vor kurzer Zeit glaubten diese Bewohner des schwarzen Waldes an zwei Waldgeister. Die alte Kunde Zeit besagt, dass auch diese Wesen die zwei Trachten am Leib trugen: das Glasmännlein, eine freundliche Erscheinung von nur drei Fuß 76


Höhe, trug die feine Tracht mit roten Strümpfen und spitzem Hut. Der HolländerMichel hingegen trug die dunkle Kluft der Flößer. Die Größe seiner Stiefel allein soll die Höhe eines Mannes überragt haben. Große Obacht war geboten vor dem Holländer-Michel, denn er raubte den Menschen die Seelen und die Herzen und schenkte ihnen dafür den Reichtum. Zugetragen haben soll sich mit jenen Geistern nun folgende Geschichte. Die Witwe Munkin hatte einen Sohn, der da gerufen wurde Peter. Kohlenbrenner war ihr Gatte gewesen und jener Peter fußte in die Stapfen seines Vaters. Tagein, tagaus hockte er am rußenden Ofen zwischen dunklen Bäumen. Bis die tiefe Waldesruh’ sein Herz eines Tages traurig stimmte. „Sowohl wenn ich den Menschen frisch gewaschen als auch in Vaters Ehrenwams erscheine, bin und bleibe ich doch nur der Kohlenmunk-Peter!“ Wie angesehen waren doch die Uhrmacher, die Glasbläser. Sogar die Musikanten am Sonntagabend hatten einen besseren Stand inne! Und erst die Flößer: Mit einem halben Meter Schmucksilber am Leib saßen sie da, fluchten holländisch und rauchten dabei allerlei Kraut in ihren Pfeifen. So musste doch eher ein Leben nach Art des Munk-Peter aussehen! Der reichste der Flößer war der dicke Ezechiel, der das Glück hatte, sein Bauholz in Amsterdam stets teurer zu verkaufen als andere. Wieder ein anderer Holzhandelgeselle war der lange Schlurker, den Peter wegen seiner Kühnheit bewunderte. Wenn der im Wirtshaus saß, hatte er immer dreimal so viel Platz wie ein Dicker, weil er es kühn verstand, sich Raum zu schaffen. Ein Dritter war der Tanzbodenkönig und der Peter hätte gern so gut getanzt wie er. Zwar waren die drei verhasst bei den Leuten, weil sie so geizig waren, doch wiederum hatten diese ein hohes Ansehen wegen ihres Geldes. Tagein, tagaus machte sich der Kohlen-Peter Gedanken, wie er wohl auch so reich werden könnte. Ihm fiel nichts ein. Als er fast den Garaus machen wollte seinem traurigen Leben, verzählte ihm seine Mutter, dass ein jeder, der beim Glasmännlein ein Sprüchlein aufsage und zudem wie ihr Peterle an einem Sonntag zwischen elf und zwei geboren sei, Reichtum erlangen könne. Sogleich machte Peter sich auf nach dem Tannenbühl, der höchsten Stelle im Schwarzwald. Die Holzhauer mieden diese Stelle. Auch wenn hier die schönsten und höchsten Tannen standen, schwebte doch ein Fluch über diesem Stückchen Erde. Hier sollte der Holländer-Michel, aber auch das Glasmännlein zu Hause sein. Vor dem größten und schönsten Baum machte Peter Munk eine tiefe Verbeugung und sprach sein Verslein: „Schatzhauser im grünen Tannenwald, bist schon viel’ hundert Jahre alt, dir gehört all’ Land, wo Tannen stehen, lässt dich nur Sonntagskindern sehen.“ Den Satz kaum ans Ende gesprochen, saß da unter der Tanne ein kleines, altes Männlein in schwarzem Wams und roten Strümpfen, freundlich’ Gesicht und ein Bärtchen so zart wie Spinnweb’ dazu, rauchend eine Pfeife in blauem Glas. Erstaunt sah Peter von nah, dass die Kreatur ganz und gar von Glas war. „Was denn führt dich hier an diesen dunklen Ort, wo auch der Holländer-Michel haust und den Leuten die 77


Seelen verkrümmen tut?“, fragte das Männlein. „Ach, Herr Schatzhauser“, antwortete Peter, „nur Kohlen brennen trägt mich nicht so weit, wie ich gern würd’ gehen. Könnt’ ich doch Geld haben wie Ezechiel oder der Tanzbodenkönig!“ – „Weniger Sein als mehr Schein!“, blies der Kleine dem Peter entgegen. „Ich will nicht hoffen, dass es die Liebe zum Müßiggang ist, die dich zu mir führt. Selten seid mit eurem Stand, ihr Leute, zufrieden. Aber was soll es, gewähre ich jedem Sonntagskind wie dir drei Wünsche. Die ersten beiden sind frei, den dritten kann ich verweigern, ist er töricht. So wünsche dir, lieber Peter, etwas Gutes und Nützliches!“ „Heißa! Fürs Erste möchte ich besser tanzen als der Tanzbodenkönig und allzeit mehr Geld in der Tasche haben als der dicke Ezechiel im Wirtshaus!“ – „Ein törichter Wunsch! Sieh dich vor, dass du beim zweiten vernünftiger wünscht!“ – „Im gänzlichen Schwarzwald soll ich die reichste und schönste Glashütte leiten, Pferd und Wägelchen dürften es auch noch sein!“– „Oh, wie dümmlich erscheinst du, Kohlenmunk-Peter!“, rief das Männchen und schmetterte seine Pfeife an die nächste Tanne, auf dass sie in tausend Stücke zerbarst. „Einsicht und Verstand hättest du wünschen sollen, dann wäre der Rest von selbst gekommen. Da der Wunsch aber nicht im Ganzen töricht, will ich den Gefallen dir tun. Aber den dritten Wunsch heben wir auf, vielleicht brauchst du ihn eines Tages nötiger denn heut. Nun, geh hin, sei fleißig und nimm dich in Acht vor den Wirtshausleuten!“ Der Kohlenmunk-Peter gab ein Gebot auf die schönste Glashütte, fing zu schaffen an und fühlte sogleich wie ein besserer Mensch. Anfang der Woche war er recht fleißig, doch schon zum Ende der Woche luchste das Wirtshauslaufen seinem Fleiß den Rang ab. Dort, bei Sing und Sang, war er nun ein rechter Tausendsassa, nicht mehr der Kohlen beschmutzte Fink, sondern der Tänzer und Spieler mit der Taschen voll Gold. Springen ließ er die Münzen beim Spiel. Sollte er aber mit den Ärmeren teilen, gähnten seine Hosentaschen leer. Nach und nach verfiel er dem Spiel, ward genannt Spiel-Peter und Tanzkaiser. Mehr im Wirtshaus als am Schaffen in der Glashütten seiner erfreute er sich. Sodann kam es, wie es musste kommen. Der Munk-Peter verspielte all sein Geld und der Amtmann kam zum Pfänden gleich mit drei Gerichtsdienern zur Glashütte. „Das Glasmännlein wird mir wohl nicht recht helfen, den Schwund hab’ allein ich auf dem Gewissen. Dann versuch ich’s eben mit dem andren Waldgeist, vielleicht gewahrt dieser Kredit.“ Er lief dem Tannenbühl zu so schnell wie der Wind, als wären die Gläubiger Gottes ihm auf den Fersen. Der Holländer-Michel hatte schon auf Peter gewartet. „Dein ganzer Jammer kommt von dem kleinen Glasmännlein, dem Frömmler, her. Komm mit in mein Haus, schauen wir recht schnell, ob wir können handelseinig werden.“ Handelseinig?, dachte Peter. Was kann er denn von mir verlangen, was kann ich an ihn verhandeln? Soll ich etwa ihm dienen oder was will er? „Hat es dir im Magen wehe getan, als der Amtmann kam, dich zu werfen aus deinem eigen’ Haus? Was, sag 78


Der Holländer-Michel öffnete eine Kammertüre und führte Peter hinein. Auf mehreren Gesimsen standen gefüllt mit Flüssigkeiten Gläser, ein Herz in jedem an, hat dir wehe getan?“, fragte der Waldgeist. „Mein Herz“, sprach Peter fort und die Hand presste er auf die pochende Brust. „Du armer Schelm. Gib mir das Ding, wirst sehen, wie gut es du dann hast!“ – „Euch? Mein Herz? So müsst ich auf der Stelle sterben. Nein, nein, das darf nicht sein!“ – „Bei mir mitnichten!“, rief der HolländerMichel, stand auf und öffnete eine Kammertüre, führte Peter sodann hinein. Auf mehreren Gesimsen standen, gefüllt mit Flüssigkeiten, Gläser, ein Herz in jedem. Angebracht waren darauf Zettel mit Namen: das Herz des Amtmannes, das Herz des Ezechiel, das vom Tanzbodenkönig – eine pompöse Sammlung der bekanntesten Herzen in zwei Tagesmärschen Umgebung. „Aber sagt, was tragen die dafür in der Brust?“, schnellte es heraus Peter, schon ganz schwindelig der Kopf. „Dies“, antwortete der Michel und reichte ihm einen Stein. „Ich hoffte auf Gulden und ihr wollt mir einen Stein geben?“, fragte Peter unmutig. „Hunderttausend Gulden soll es auch noch geben.“ – „Nun denn, dafür könnt ihr die Unruh gern aus meiner Brust nehmen!“, jauchzte der Peter. Flugs wurde der Handel beschlossen, Wein getrunken bis Kohlenmunk-Peter fiel in einen tiefen Schlaf. Aufgewacht, saß er hoch zu Wagen, fuhr wie ein Edelmann in neuer Kluft um die Welt. Nichts machte ihn wehmütig, kein Wässerchen konnte sein Auge trüben, denn Wehmut, Heimweh, Seufzer, all das kam ja aus dem Herzen, was nun stand beim Holländer-Michel im Regal. Ein feines Geschäft, dachte sich der Peter, alles ist mir gleich und auch die Taschen voller Geld habe ich auf Lebzeit. Aber es freute ihn nichts mehr, kein Bild, kein Weib, kein Tanz, keine Musik. Er war abgestumpft für alles Schöne. Und sein Lachen war ebenso verkauft wie seine Tränen. Nach zwei Jahren trieben ihn zurück in die Heimat die Langeweile und der leere Guldenbeutel. Sein erster Gang führte ihn zum Holländer-Michel. „Recht langweilig ist’s mit dem Stein in der Brust, könnt’ ich nicht doch mein altes Herz zurück?“ – „Stirbst du, kannst du es erneut dein Eigen nennen, bis dahin musst du es vermissen“, antwor79


Philipp Hennevogl, Fels im Wald, 2008

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Eines Tages kam ein altes Männlein, das beinahe unter der Last seines geschulterten Sackes einknickte, an das Haus und bat um Wein und Brot tete der Michel schadenfroh. „So suche dir eine Frau und Arbeit, das vertrieb noch jedem die lange Weil’!“, unkte der Hüne und gab dem Peter noch einmal hunderttausend Gulden. So trieb der Kohlenmunk-Peter zum Schein allein Handel mit Holz aus dem schönen Schwarzwald. Sein Hauptgeschäft aber war das Geschacher mit Korn und Geld. Es wurden jene seine besten Freunde, die auch ihr Herz beim Michel im Glas hatten stehen. Er tat Unrecht, weil er Bettler und Kinder in den Wald hetzte, wo er sie zu sehen nicht genötigt war. Das Steinherz konnte nicht einmal zur eigenen Mutter Wärme entsenden. Zur Bettlerin war sie verkommen in Peters Abwesenheit, nur mit Mühen konnte sie dem eigen geborenen Fleisch und Blut ein besseres Sterbegeld entringen. Nun wollte der Peter ehelichen eine hübsche Maid. Weil er so reich an Geld und stattlich mit Gütern geschmückt war, würde ihm im Schwarzwald jeder Vater seine Tochter anvertrauen frohen Mutes. Im ganzen Wald war Lisbeth die schönste. Geschickt, emsig, still und kein Tanzweib, so sprach der Volksmund über die hübsche Holzbauertochter. Und es kam, dass der Munk-Peter beim Vater der Lisbeth um die Hand anhielt und das gute Kind so folgsam war, in Eintracht ohne Widerworte Frau Peter Munkin zu werden. Leider konnte sie eher schlecht als recht dem Peter die Ehe gestalten. Sie hatte das Mitleid mit armen Leuten. So verteilte sie an Bettler und alte Menschen einen Pfennig oder Schnaps. Als der Herr Peter davon sah, drohte er ihr mit der ballenden Faust: „Wirst du nochmals es wagen, sollst du meine Hand fühlen!“ 82


Als an einem Tag ein altes Männlein beinahe unter der Last seines geschulterten Sackes einknickte, der Ehemann nicht zu Hause war, brachte sie dem Armen einen Wein und schob ein Roggenbrot oben auf den Krug dazu. Doch hatte sie diesmal ohne den Peter die Rechnung gemacht, der das alles angesehen und mit blutrotem Gesicht auf die Bühne des Geschehens trat. „Und sogar meinen Ehrenwein gießest du aus an bettelnde Meute, meinen Mundbecher gibst du an Lippen von Straßenläufern?“ Das steinerne Herz kannte Mitleid nicht, so bekam die Lisbeth den gar kräftigen Knauf von Peters Peitsche mit voller Wucht mitten ins Antlitz. Sogleich sank ihr lebloser Körper dem alten Mann in die Arme. Sah Peter dieses, war es doch, als reute ihn die Tat. Er bückte sich herab um zu schauen, ob noch Leben in ihr sei, aber das Männlein mit wohlbekannter Stimme sagte: „Keine Müh’, Kohlen-Peter, du hast die lieblichste Blume im Schwarzwald zertreten, blühen wird die nimmermehr.“ Da wich die rote Farbe aus Peters Wangen und er sprach ganz mürb: „Ihr seid es, Herr Schatzhauser? Ich hoffe, Ihr werdet mich nicht anzeigen bei den Gerichten?“ Darauf das Glasmännlein barsch: „Elender! Was würde es mir frommen, wenn ich deinen Kadaver an den Galgen brächte, du, der du deine Seele an den Bösen verkauft! Dich zum Guten zu bekennen gebe ich dir von nun an acht Tage Zeit. Tust du nicht Buße, kehre ich wieder ein und zermalme dein Gebein!“ Als der Peter wieder zu sich kam, dachte er, ein schlimmer Traum hätt’ ihn heimgesucht. Aber sein Weib war nimmer zu finden, suchte er auch überall. Wie beschwert würde er am Schafott stehen eines Tages, mit tausend Flüchen belastet, um Rechenschaft gebeten vor aller Welt? Echte Reue empfand der Peter keine, dass er sein liebliches Weib brutal getötet. Qualvoll waren trotzdem seine Träume und er beschloss, sich vielleicht zu mühen um ein wärmeres Herz. Das Leben war so öd’ geworden mit dem Herz aus Stein. Er legte an seinen besten Zwirn, ritt auf des Pferdes Schultern in den Wald und sprach beim Glasmännlein vor. Das trat vor ihn, ob des Todes der Lisbeth noch immer in Trauerschwarz, und tat großes Erstaunen, was der unverschämt Peter Munk von ihm wolle. „Einen Wunsch hab ich noch frei“, polterte es aus Peters Schlund, als würd’ es Bosheit in diesem Wald nicht geben. Der Schatzhauser fühlte kaum Bedarf, dem herzfreien Mann Wünsche zu erfüllen, hörte ihn aber an. „Nimm den Stein aus mir und gib anstatt zurück mein unbezahlbar’ Herz, das einst viel mehr Glück mir brachte.“ Das Männlein zürnte: „Ich mochte den Handel nicht abwickeln, so musst du verhandeln an andere. Der Holländer-Michel wog den Tausch mit dir. Da dieser wie ein Aal wird sich winden, soll dir eine List dabei helfen, dein Herz wieder dein Eigen zu nennen. Nimm das Glaskreuz, halte es dem tumben Michel vor das Antlitz direkt, begegne ihm zugleich mit den aufgezeichneten Worten dieser Schrift.“ Alsbald saß der Munk-Peter in der Behausung vom Riesen und fragte zum Schein nach schnödem Mammon erst. Er wolle nach Amerika reisen, um dem Trubel um sein verschwunden Weib zu entfliehen. Dann begann der Peter seine List zu spin83


Von nun an war der Peter fleißig, wacker und zufrieden. Als die Lisbeth einem Knaben das Leben schenkte, ging der Peter noch einmal nach dem Tannenbühl nen und höhnte zum Schein dem Riesen. „Ein Erzähler vor dem Allmächtigen bist du, mir weis machen zu wollen, ich hätt’ mein Herz nicht mehr! Ich spür es immer noch in meiner Brust, es steht nur still. Um es mir zu nehmen, müsstest du schon zaubern können. Aus Wachs geformt sind diese gar billigen Pumpen, die du hortest in deiner Kammer. Ich trag’ mein Herz nach wie vor, denn zaubern kannst du nicht, nein, das kannst du nicht!“. Schaum stand dem Michel vorm Mund, er riss dem Peter das Hemd vom Leib, nahm den Stein aus der Brust, hauchte das Munk’sche Herz, gefischt aus dem Glas, kurz an und setzte es in die Peterbrust. „So, siehst du nun, dass ich zaubern kann, ist es nun dein altes Herz oder mitnichten?“, polterte es aus dem ungestümen Fleischberg. „Potzblitz, hast doch recht gehabt“, markierte Peter erstaunt und zog flugs das Kreuz, welches er vom Glasmännlein hatte erhalten. Als der Holländer-Michel das Herz wollte wiederhaben, streckte der Peter ihm das Kreuz entgegen und las vor aus dem mitgebrachten Brevier, als könnte es das letzte Gebet sein. Der Michel schrumpfte zusammen, die gesammelt’ Herzen fingen an zu pochen und zu zucken wie auf einer trolligen Dippemess. Peter graute es, nahm die Beine in die Hand, lief unter zuckenden Blitzen und brechenden Wäldern zum Revier des Glasmännleins. Das eigene Herz pochte nun wieder in Peter und sogleich fühlte er die ganze Last auf den seinen Schultern, die er in letzter Zeit mit steinerner Brust auf sich geladen, den Tod der Lisbeth, den Geiz, die Abgründe. Alles kam hoch in ihm, wie ein schaurig’ Mahl von zweifelhafter Güte. Schatzhauser saß wohl unter einem Tannenbaum und rauchte sich ein Pfeifchen. „Was schaust du so grimmig drein?“, fragte er den Kohlenpeter. „Hast du dein Herz nicht erhalten?“ – „Doch, alles wieder an seinem richt’gen Platze“, entgegnete ihm der neu beherzte. „Nur grämt es mich, was ich getan. Die Mutter liegt vielleicht 84


Alle Illustrationen entnommen aus „Das kalte Herz. Ein Märchen für Söhne und Töchter gebildeter Stände“ von Wilhelm Hauff. Edited with Introduction, Notes, Exercises and Vocabulary by Neil C. Brooks. New York, Henry Holt and Company, 1912.

schon begraben, Arme und Kranke habe ich verhetzt und meiner Angetrauten habe ich mit dem Peitschknauf das Lebenslicht genommen.“ Das Männlein, ganz mitleidig schaute es drein, entgegnete: „Ein großer Sünder warst gewesen, hast Schande und Schmerz über die Leute gebracht. Wenn ich nur wüsst’, dass es dir leid tut, könnt’ ich schon etwas für dich tun.“ Der Peter, ganz bescheiden, backte kleine Laibe: „Mit mir ist’s aus, ich werd’ den Lebtag nicht mehr froh! Ihr sollt mein Scharfrichter sein, schlagt mich doch einfach tot, dann ist hier einer weniger, der die frische Tannenluft atmet!“ Das Männlein nahm die Axt, ging hinter die Tannen und erwiderte: „Gut, wenn du nicht anders willst, mit der Axt wird Kopf von Körper geschwind getrennt!“ Peter setzte sich weinend ins Gras und wartete auf das kalt Metall, auf dass es würd’ vor seinem Auge schnell schwarz. Sein Ende war ihm nie näher, als die Schritte kamen an von hinten. „Peter Munk, nun schau dich noch mal um!“, rief das Männlein. Und da standen sie, die Mutter und dazu Lisbeth, die ihn freundlich anblickten. „Sie haben dir verziehen, weil du gezeigt hast wahre Reue! Nun sollst du heimziehen in deines Vaters Hütte, ganz brav und bieder sein, dein Handwerk üben. So werden dich die Leut’ mehr ehren, als wenn du zehn Tonnen Edelsteine und Gold dein Eigen nenntest!“ Das Glasmännlein hatte ein letztes Mal gesprochen, der Abschied war nah. Die drei Munken lobten und segneten den Schatzhauser und gingen heim. Das alte, Peter’sche Prunkhaus stand nicht mehr. Der Zorn des Himmels hatte gewütet und es mit allen Werten den Bach heruntergehen lassen. Aber des Vaters Hütte war nicht weit und dieses einfache Bauwerk war, welch’ Verwunderung, zu einem schönen, reinlichen Bauernhaus geworden. „Das hat das Glasmännlein getan“, rief der Peter unter Tränen. Von nun an war der Peter fleißig, wacker und zufrieden sowie beliebt im ganzen Wald. Er zankte nie und war ein Gönner, auch den Armen, die da kamen an seine Tür. Als die Lisbeth einem Knaben das Leben schenkte, ging der Peter noch einmal nach dem Tannenbühl und sagte brav sein Sprüchlein. Aber das Glasmännlein war verreist, dort hin, wo seine Hilfe war von Nöten. „Herr Schatzhauser, Ihr seid der rechte Patenonkel für den neugeborenen Sohn!“ Doch es gab keine Antwort, nur ein deftiger Windstoß sauste durch die Tannen und warf einige Zapfen ins Gras. „So will ich diese Zapfen Euch zu Ehren in mein’ Sonntagswams stecken und Euch somit ein Andenken bewahren“, rief Peter. Als er zu Hause angekommen, zog er anstelle der Zapfen vier Rollen neue Taler aus den Taschen, kein einziger falscher darunter. Das war des Patenonkel Geschenk fürs Peterchen vom lieben Männlein aus Glas. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute, mit echten Herzen, aus Fleisch und Blut. Bruno Pischel, 39, ist freier Autor. Wenn er in einem Märchen aufwachen dürfte, wäre er gern Aladin mit der Wunderlampe. Pischel lebt ohne Frau und Kinder in Berlin. 85


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Bilderali, Waldgeister am Rothaarsteig, www.panoramio.com


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Christian Schnurer, Deutsche Eiche, 2009. © Galerie Andreas Höhne, München

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Ilkka Halso, Untitled (7). Aus der Serie Restoration, 2000

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Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis (c) 1979 by Douglas Adams, © 1981 by Rogner & Bernhard GmbH & Co. Verlags KG, Berlin, Übersetzer: Benjamin Schwarz

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Ralf Schmerberg, Torstrasse 166, 5. Stock, 2008

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Max Ernst, Der Wald, um 1928. Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh, UK/The Bridgeman Art Library

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Kahlschlag im S端den von Vancouver Island, British Columbia, Kanada. Foto: TJ Watt


Die Vermessung der Wälder Was deutsche Strom- und Gaskunden mit den Riesenwäldern Kanadas zu tun haben Ludwig Berndl und Søren Harms

1. Steil steigen die drei Hänge an, bewachsen von Tannen und Fichten. Unten im Tal rauscht ein Bergbach. In der Ferne glitzert Schnee auf den Rocky Mountains. Das GPS-Signal der Kamera gibt 1133 Höhenmeter an und die bewaldeten Bergkegel vor uns sitzen nebeneinander wie drei Herren in einem Friseursalon. Dem rechten jedoch ist der Rasierer kreisrund in die dunkle Haarpracht gefahren. „Kahlschlag“, sagt Christian Schattendorf und zuckt mit den Achseln. Jemand hat dem Wald nicht behutsam einzelne Bäume entnommen, sondern zwei, drei Hektar pauschal platt gemacht. Kurzfristig bringt das mehr Geld. Schattendorf ist Förster. Er kennt den Anblick und mag ihn nicht. „Selbst wenn die dort anschließend wieder aufforsten sollten, mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun.“ Er ist froh, dass zwischen dem bewaldeten Hügel, auf dem wir stehen, und dem dort drüben seit 2011 eine unsichtbare Grenze verläuft. Darkwoods, Schattendorfs Revier, stand zum Verkauf und hätte an einen Konzern gehen können, der es abholzt. Doch dann sprang die Naturschutzorganisation Nature Conservancy Canada ein. Ein Wald so groß wie Frankfurt und München zusammen, gerettet vor den Bösen. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Doch hier beginnt sie erst. Denn erstens ist mancher Holzkonzern gar nicht so böse, sondern bedient nur unser Verlangen nach preisgünstigen Garten- und Dachstühlen, nach Bett und Parkett. Und zweitens erzählt sich die Geschichte dieser Rettung anders als jene von Julia Hill, die gute 1000 Kilometer südlich einen zu fällenden Küstenmammutbaum bestieg und dort oben auf 60 Metern Höhe zwei Jahre ausharrte, bis das Unternehmen Pacific Lumber schließlich nachgab und den 600 Jahre alten Riesen schützen ließ. Die Rettung von Darkwoods dürfte weniger heroisch verlaufen. Dafür erzählt sie die wahre Geschichte der Globalisierung. Dass ein Gasherd in Hessen und die Wälder British Columbias in Kanada sehr wohl etwas miteinander zu tun haben können. 98


Verwitterte Jahresringe eines zirka im Jahr 1111 gef채llten Baumstamms. Aztec Ruins National Monument, New Mexico, USA, 1978. Foto: Michael G채bler/Wikimedia Commons

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Der Grundgedanke ist einfach. Es geht um die Kompensation von Kohlendioxid, kurz CO2. Jedes Mal, wenn wir Öl, Gas, Kohle und auch Holz verbrennen, erzeugen wir das Treibhausgas CO2. 200 Jahre lang haben wir es ausgiebig und gedankenlos getan. Wir sollten es vermeiden. Wo wir es nicht vermeiden können, sollten wir es reduzieren. Und wenn beides nicht geht, sollten wir die Menge ausgleichen, die wir erzeugt haben. Helfen können dabei Bäume, die CO2 absorbieren. Nur mit dem Umrechnen ist es nicht so einfach. Weltweit gibt es vielleicht zwei Dutzend Unternehmen, die auf dem Gebiet der Kompensation durch Aufforstung erste Erfahrungen sammeln. Eines ist die Forest Carbon Group (FCG). FCG gehört je zur Hälfte der Frankfurter Beratungsfirma BCC und dem Darmstädter Energieversorger HSE, dem Mutterkonzern von ENTEGA. FCG wurde gegründet, um Ernst zu machen mit einem ENTEGA-Kernversprechen, nämlich durch und durch nachhaltige Energieprodukte zu liefern. Zum Beispiel kann ENTEGA jetzt mithilfe von FCG CO2-neutrales Erdgas anbieten, sprich: Emissionen, die bei Förderung, Transport und Verbrennung von Erdgas unweigerlich entstehen, werden durch Wiederaufforstung neutralisiert. Diese Dienstleistung der FCG steht aber nicht nur ENTEGA offen, sondern jedem Unternehmen, das CO2-Neutralität sucht. Der Weg dorthin beginnt mit der Erstellung sogenannter Carbon Footprints. Das bedeutet, für Unternehmen, Organisationen und andere Gruppen wird gemessen, wie viel CO2 sie jeweils produzieren. Dieser CO2-Check dient dazu, Energieströme zu erstellen und so Einsparpotenziale zu erkennen. Die nicht vermeidbare Menge an CO2 kann dann über FCG ausgeglichen werden – durch das Anpflanzen von Bäumen. Mit einem Satz: FCG und ENTEGA versuchen, etwas gegen die beiden größten Ursachen der Klimaerwärmung zu tun. CO2-Ausstoß weltweit, der durch Transport verursacht wird, in Prozent: 14 CO2-Ausstoß weltweit, der durch Abholzung oder Ausdünnung von Wald verursacht wird, in Prozent: 17 CO2-Ausstoß weltweit, der durch Stromerzeugung verursacht wird, in Prozent: 29 Nun kommt Darkwoods wieder ins Spiel. Denn die kanadischen Naturschützer hatten nicht das Geld, um mal eben 55.000 Hektar Wald zu kaufen, gelegen auf halbem Weg zwischen Calgary und Vancouver. Gemeinsam mit ihrem kanadischen Partner Ecosystem Restoration Associates (ERA), der sich um die Umsetzung der Wiederaufforstungsprojekte kümmert, will FCG daher hier investieren und CO2-Zertifikate erhalten. Sie werden in Deutschland an Unternehmen verkauft, die klimaverantwortlich handeln wollen. „Dafür garantieren wir, dass dieser Wald in den kommenden 100 Jahren nicht abgeholzt, sondern behutsam bewirtschaftet wird“, sagt FCGVorstand Holger Mayer. Ein Teil von Darkwoods ist schon jetzt mit dem strengen Siegel des Forest Stewartship Council für nachhaltige Waldwirtschaft versehen. 100


100 Jahre. Christian Schattendorf nickt. Für einen Förster gehören 100 Jahre zur Normalkalkulation. Ein Wald braucht Zeit. Schattendorf ist ein großer Mann im karierten Baumfällerhemd. Aus seiner präzisen Sprache glaubt man noch das schleswig-holsteinische Forstamt herauszuhören, für das er jahrelang arbeitete, bevor ihn dann in den Neunzigerjahren der Ruf der riesigen, urtümlichen Wälder nach Kanada gelockt hat. Als wir auf dem Balkon seiner Dienststelle sitzen, einem Forsthaus, das mit seinem holzverkleideten Giebel anmutet wie aus dem Schwarzwald importiert, da erzählt er, was er von CO2-Kompensation hält. „Finde ich gut. Und zwar speziell mit Wäldern. Bisher ist es nämlich so: Der Wert eines Waldes berechnet sich nur danach, wie viel Holz ich machen und verkaufen kann.“ Dabei sind Bäume Alleskönner. Sie speichern und säubern Wasser, filtern Feinstaub, bilden Humus und halten Berghänge fest, dass sie nicht abrutschen. Sie sorgen für Schatten und weiche Spazier-, Lauf- und Wanderstrecken. Sie bieten Tausenden Tierarten Schutz und Nahrung. Und schließlich benötigt jeder Hektar Wald jährlich mehrere Tonnen Kohlendioxid, um Wurzeln, Stamm, Äste und Blätter zu bilden. Photosynthese heißt das Wunder, das die Erde mit Leben versorgt. Nicht wir schützen den Wald. Der Wald schützt uns. Bedächtig hat Schattendorf die einzelnen Punkte aufgezählt, nun formuliert er seine Schlussfolgerung. „Wenn endlich erkannt wird, dass es bereits ein marktfähiges Produkt für die Bindung von CO2 gibt, nämlich den Baum, dann wird das die Walderhaltung in Kanada und auf der ganzen Welt erheblich voranbringen.“ Die Vermessung der Wälder hat längst begonnen. Die ERA-Experten haben errechnet, dass Darkwoods in diesem Jahrhundert neun Millionen Tonnen CO2 absorbieren und in Biomasse umwandeln wird. Eine Menge, die zehn Prozent der deutschen Autos jährlich verursachen. Der Wald, eine grüne CO2-Absorptionsfabrik. Es braucht natürlich viel mehr Darkwoods, damit die große Weltklimaanlage Wald weiterläuft. Dann aber ist „die Reduktion von CO2-Emissionen durch die Vermeidung von Abholzung eine sehr kostengünstige Möglichkeit“, rechnet Bernd Hansjürgens vor, Professor für Umweltökonomie an der Uni Halle-Wittenberg. Vielleicht ist CO2 das beste Argument, um das Ökosystem Wald auch finanziell wertzuschätzen. Berücksichtigt werden unter anderem die Größe des Waldes, Baumsorten, lokales Klima, Beschaffenheit des Bodens. Und dann kann man recht genau prognostizieren, wie viel CO2 in den kommenden Jahrzehnten aufgenommen wird von einem neu gepflanzten Wald (Afforestation) oder von einem bestehenden Wald, der behutsam zu einem nachhaltigen Ökosystem umgebaut wird (Improved Forest Management, IFM) oder von einem bestehenden Wald, der ansonsten abgeholzt würde (Avoided Deforestation, AD) oder von einem wiederaufgeforsteten Wald (Reforestation) 101


Wiederaufforstung in der N채he von Vancouver, Kanada, 2010. Foto: Dennis de la Haye

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„Die Grundidee von Carbon Finance ist, dem Ökosystem ein Preisschild umzuhängen“, sagt Bart Simmons. Das klingt selbst für einen Geschäftsführer reichlich nüchtern, gerade wenn er einer Firma wie ERA vorsitzt, die geschädigte Waldökosysteme wiederherstellt. Früher haben Kanadas Ureinwohner ihrer Wertschätzung Ausdruck verliehen, indem sie den Bäumen in feierlichen Zeremonienen kostbare Geschenke übergaben. Einer kapitalistisch orientierten Gesellschaft wie unserer heutigen jedoch bleibt, um Wertschätzung zu zeigen, wahrscheinlich kaum eine andere Möglichkeit, als den Wäldern für ihre Dienste einen monetären Wert zuzuordnen. Vielleicht beginnen wir mit guter Luft zu handeln. Vielleicht nähern wir uns über die CO2-Zertifikate der uralten Wertschätzung des Waldes wieder an. Aber vielleicht sollten wir uns auch, bei all den Fakten und Zahlen, einfach mal wieder einige Minuten an einen Baum lehnen. Zum Beispiel an einen der gigantischen Lebensbäume unten an der Küste, der schon zur Zeit der ersten Siedler zu groß war, um gefällt zu werden. „Machen Sie das“, sagt Christian Schattendorf. „Ich glaube, es steigert das menschliche Wohlbefinden, im Wald zu sein. Das ist evolutionsbiologisch so angelegt.“

2. Fahrt hinunter nach Vancouver. 600 Kilometer Highway liegen vor uns, doch dies ist keine deutsche Autobahn. Das Wohnmobil schüttelt uns durch, ein hässlicher Kasten, der hier in den Bergen bestimmt 35 Liter verbraucht. Der Flug Berlin – Vancouver hat schon fünf Tonnen CO2 pro Nase verursacht. Unten an der Küste werden wir fünf bis sechs Bäume pflanzen müssen, die mindestens 70 Jahre wachsen dürfen, um Flug und Fahrt zu kompensieren. Ab und zu ein Ort, ein Stück Farmland, ein See. Ansonsten: Wald links, Wald rechts. Zeit, im Internet zu surfen. Erstaunlich, da ist zu lesen, dass der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten 2009 bereits 144 Milliarden US-Dollar umgesetzt hat. Damit ist der verpflichtende Handel mit zugeteilten Emissions- oder Verschmutzungsrechten gemeint. Zum Vergleich: FCG operiert im sogenannten freiwilligen Markt für CO2-Zertifikate. Er befindet sich auf dreistelliger Millionenhöhe. (Die Royal Dutch Shell allerdings erwirtschaftete in dieser Zeit einen Umsatz von 285 Milliarden.) Auch das Phänomen Klimaerwärmung kann von Zahlen wunderbar umrissen werden. CO2-Menge in der Luft vor der Industrialisierung, in Teilchen pro eine Million Luftteilchen (ppm): 280 CO2-Menge in der Luft heute, in Teilchen pro eine Million Luftteilchen (ppm): 388 Jahre, vor denen zuletzt so viel CO2 in der Luft war wie heute, in Millionen: 2 104


Draußen zieht ein Berghang am Wohnmobil vorbei. Der alte Witz kommt uns in den Sinn: Treffen sich zwei Planeten im All. Der eine zum anderen: „Du siehst aber schlecht aus!“ – „Ja“, sagt der andere, „ich habe Homo sapiens.“ – „Macht nichts, das hatte ich auch mal“, entgegnet der erste. „Das geht schnell vorbei.“ Wir lachen. Aber so richtig auch wieder nicht. Im Sommer 2011 werden sieben Milliarden Menschen auf der Erde leben. Man kann sich fertig machen darüber und den Kopf in den Sand stecken. In Darkwoods hat einer der Naturschützer von einem Freund erzählt, einem Ökologen. Der sagte ihm: „Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Aufhalten können wir gar nichts mehr. Kauf dir ein Fischerboot und genieß die Zeit, die noch bleibt.“ Doch die Lösung kann nicht Resignation sein. Was würde ein interstellarer Arzt unserem Planeten raten? Er würde die Temperatur messen, die Stirn in Falten legen und sagen: „Mein lieber Freund, es reicht nicht, dass Sie entweder Kohlendioxid vermeiden oder kompensieren. Sie müssen beides tun! Der Fieberschub kommt auf jeden Fall. Aber wenn Sie was tun dafür, sind Sie bald aus dem Gröbsten raus.“ 200 Jahre Verbrennung fossiler Stoffe, 50 Jahre Brandroden des Regenwaldes: Wir haben keine Wahl mehr zwischen Vermeiden und Ausgleichen. Waldfläche, die jedes Jahr weltweit verloren geht, in Quadratkilometern: 130 000 Gesamtfläche von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen in Quadratkilometern: 127 400 CO2 , das in deutschen Wäldern gespeichert ist, in Millionen Tonnen: 222 CO2 , das 2009 durch Verbrennung fossiler Stoffe in die Atmosphäre gelangt ist, in Millionen Tonnen: 30 800 Wald links, Wald rechts. Über Stunden geht das so. Zwei Drittel der Provinz British Columbia sind von Wald bedeckt. Eine Fläche größer als Frankreich. Warum wird Kanada „Brasilien des Nordens“ genannt? Doch nicht, weil die Kanadier so gut Fußball spielen. „Nein“, sagt Erin Kendall und lacht kurz. Sie ist Projektentwicklerin bei FCG. „Nein, weil wir unsere Urwälder abgeholzt haben. Hier in unserer Provinz ist schon die Hälfte davon weg.“ – „Aber man sieht davon nichts.“ – „Die Waldränder werden an den Highways gerne mal stehen gelassen, um die abgeholzten Flächen dahinter zu verbergen. Du wirst es später sehen, aus der Luft.“ Noch 150 Kilometer. Gleich sind wir am Trans Canada Highway mit der Eins im weißen Zuckerahornblatt. Der Wald ändert sich. Es tauchen größere Bäume wie Sitka-Fichten und Alaska-Zedern auf. Vom Pazifik kriecht der Nebel an der Flanke der Coast Mountains hoch und befeuchtet den gemäßigten Küstenregenwald, eines der artenreichsten und ältesten Ökosysteme weltweit, das berühmt ist für seine gigantischen uralten Bäume. Hemlock- und Purpurtannen stehen da und die Western Red Cedars, die Riesenlebensbäume. Größere Gebiete gibt es davon freilich kaum 105


noch. Einen schmalen, häufig unterbrochenen Streifen Regenwaldes an der Westküste versucht die Provinzregierung von British Columbia zu schützen.

3. Rundflug über Denman und Vancouver Island. Die DHC-2 Beaver, in der wir sitzen, brummt, knattert, vibriert. Sie ist der VW Käfer unter den Kleinflugzeugen. Anders als beim Kugel-Porsche allerdings wurde die Beaver-Produktion schon vor 45 Jahren eingestellt. Dennoch schwört der Pilot auf sie. „Es gibt keine bessere für dieses Land“, brüllt er. Nach vier Stunden wird die Maschine 400 Liter geschluckt haben. Macht dreieinhalb Tonnen CO2, verteilt auf sechs Fluggäste. Unter uns zieht stahlblaues Wasser entlang und immer wieder ein Kegelberg, ein Inselchen, eine Bucht. Auf jedem Erdkrümel scheint hier eine Fichte oder Tanne zu wachsen. Auch Denman Island war einst bewaldet, erzählt Erin Kendall, als wir die kleine Insel überfliegen. Doch um das Jahr 1900 rodete man den Küstenurwald fast komplett. Denman ist ein beliebtes Ausflugsziel, die Millionenstadt Vancouver liegt nur zwei Stunden entfernt. Und so wuchsen in den vergangenen Jahren Begehrlichkeiten, die restlichen Urwälder zu „entwickeln“, sprich: zu roden und den Bau von Ferienhäusern zuzulassen. „Die Naturschutzbehörde BC Parks wollte 750 Hektar von Privatbesitzern kaufen und so die Wälder schützen, konnte das Geld aber alleine nicht aufbringen.“ Mit 1,2 Millionen US-Dollar stützte FCG den Kauf von knapp zwei Dritteln der Fläche und darf nun für die Avoided Deforestation Zertifikate von einem Volumen von 428.000 Tonnen CO2 veräußern. Über den Bergen von Vancouver Island wieder ähnliche Bilder wie schon in der Nachbarschaft Darkwoods. Immer wieder klaffen riesige braune Löcher in der Walddecke, überzogen mit Baumstamm-Mikados und hell abstechenden Lkw-Pisten. Erin Kendall hat recht. Die Vogelperspektive ist aufschlussreich. Denn vom Boden aus betrachtet steht immer irgendwo eine dekorative Baumlinie herum. Dass dahinter Raubbau betrieben wird, merkt man erst, wenn man die Forstpfade entlang hineinfährt. Dort wird dann wahrhaft Holz gemacht. 137 Millionen Kubikmeter hat Kanada 2008 eingeschlagen, mehr als die Hälfte davon allein in British Columbia.

4. Erstmal das hüfthohe Gestrüpp wegschneiden. Ein Loch graben und das armlange Bäumchen einsetzen. Erde festdrücken und angießen. Fotografieren und per GPS dokumentieren, wo der Setzling sitzt. Es braucht seine Zeit, einen Baum einzupflanzen. Es braucht mehr Zeit, ihn immer wieder von wuchernden Gräsern und Büschen zu befreien, die im Kampf ums Dasein, sprich: um Licht, zunächst schneller sind. Es braucht viel Zeit, bis aus dem 106


Darstellung der menschlichen Aderlasspunkte. Aus John Case: Compendium Anatomicum nova methodo institutum, 1695, London


Cathedral Grove auf Vancouver Island, Kanada, 2010. Foto: Dennis de la Haye

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Bäumchen ein Baum wird. Eine 100 Meter hohe Küstendouglasie zum Beispiel. Wir schneiden und hacken und pflanzen und schwitzen, und das unter Anleitung von Vince Poulin. Der Waldökologe begleitet und kontrolliert die ERA-Projekte wissenschaftlich, auch hier im Lower Fraser Valley, östlich von Vancouver. Siedler haben auch hier die Auwälder am Fluß abgeholzt und eine Handvoll Örtchen errichtet. Früher haben hier Rinder gegrast. Dann wurde die Brache den Gräsern, Sträuchern und Pionierbaumarten überlassen. Was kann hier wachsen in 20, 50, 100 Jahren, wenn man es gezielt angeht? Das hat uns tags zuvor Hamish Kimmins erläutert, Professor für die Ökologie des Waldes an der University of British Columbia. Er erstellt Gutachten, wie Wälder künftig aussehen werden, welche Bäume wo in welcher Dichte stehen sollen, wie viel CO2 sie binden. Kimmins detail- und bildreicher Redefluss fordert uns. Wir fühlen uns wie in einem Freilufthörsaal. „Was habt ihr erwartet?“, grinst er. „Ich bin Professor!“ Doch rasch wird er wieder ernst. „Der Blick in die Zukunft“, sagt Kimmins, „ist wie eine Fahrt auf der Autobahn. Du hast das Gefühl, es geht immer geradeaus. Aber wenn du in den Rückspiegel schaust, bemerkst du die leichte Krümmung. Indem wir in die Vergangenheit schauen, können wir Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen.“ Und dann wieder Zahlen. Die künftigen Auwälder werden pro Hektar bis zu 1200 Tonnen mehr CO2 speichern als das Buschland, das wir gerade beackern, insgesamt also 1,3 Millionen Tonnen. Wer genau vermisst, wird feststellen: FCG verkauft Zertifikate für die gesamte Summe schon, bevor die Bäume tatsächlich nachgewachsen sind. Aber Forstprojekte sind vor allem am Anfang teuer. Wenn das Geld für die CO2-Gutschriften erst kommt, wenn der Baum die entsprechende Größe und damit Speicherkapazität erreicht hat, droht ein Scheitern aus finanziellen Gründen. Die Zertifikate bei unserer Pflanzaktion sind ein Wechsel auf die Zukunft. Eine Mitarbeiterin von B. C. Parks sieht das Thema CO2-Kompensation aus anderen Gründen skeptisch. Natürlich sei es ihr am Ende des Tages egal, ob das Geld aus CO2-Zertifikaten komme, wenn es nur ihr geliebtes Land schütze, wie jetzt auf Denman Island. Doch Aufforstung dürfe nicht als Entschuldigung dienen, um weiterhin fleißig CO2 zu emittieren. „Viele Unternehmen pflanzen doch lieber ein paar Bäumchen, als ihre eigene Produktionsweise zu ändern, oder?“ Als Erin Kendall der Mitarbeiterin erklärt, dass das Geld hierfür durch freiwillige Kompensation generiert wird, Unternehmen ihre Emissionen also aus eigenem Antrieb ausgleichen, denkt sie noch mal nach. Wir graben weiter. Vince Poulin zeigt auf eine Brombeere. „Die muss weg.“ Mit dem Spaten gehen wir auf sie los. „Die Sträucher sind sehr hartnäckig und dominant“, erklärt der Biologe, „und sie können hier leicht 100 Jahre lang alles andere unterdrücken. Dabei bindet sie kaum CO2.“ Wir stehen am Fluss, hier soll eine Sitka-Fichte hin, die feuchten Boden benötigt und zugleich das Ufer befestigt. Der 110


Wissenschaftler hat einen genauen Plan für die 450 Hektar, die ERA und FCG hier aufforsten. Das Muster ist kanadischen Auwäldern mit ähnlichem Mikroklima abgeschaut und soll dem Baumbestand nahekommen, wie er hier einst gestreut war. Es geht auch anders. Seit den Siebzigerjahren schreibt ein kanadisches Gesetz den Holzfirmen zwar vor, kahlgeschlagene Flächen wieder aufzuforsten. Das ist gut, da sind sich alle einig. Doch so wie sie abholzen, so pflanzen sie auch. Ein Trupp Treeplanters hastet über das verwüstete Terrain, jeder bewaffnet mit einem Spaten, drei Taschen mit winzigen Baumsetzlingen um die Hüften geschnallt. Bezahlt wird pro Baum, deshalb hasten sie. Spaten in die Erde, Setzling entlang des Schaufelblatts reinstecken, Spaten wieder raus, Erde festtreten, drei Schritte weiter, nächster Baum. Ein geübter Pflanzer schafft so 2500 Bäume in die Erde. Am Tag. Wir dagegen renaturieren gerade ein ganzes Ökosystem. „Außerdem“, sagt Vince Poulin, „ist der große Unterschied zur industriellen oder staatlichen Aufforstung der: Die Carbon Finance-Projekte verpflichten sich, die Bäume nicht bloß irgendwie in die Erde zu bringen, sondern sicherzustellen, dass sie mindestens 70 bis 80 Jahre wachsen. Zudem liegt noch Geld auf der Bank, das die Finanzierung der Projekte garantiert, selbst wenn eine Firma wie ERA pleite gehen sollte.“

5. „Aufforstung erhält in den Medien eben nur wenig Aufmerksamkeit“, nörgelt Rob Falls, einer der Chefs von ERA. Er ist promovierter Biologe, hat aber lange Zeit für die kanadische Ölindustrie gearbeitet. Schon deshalb wurde er früher als andere mit dem Problem von CO2-Emissionen konfrontiert. Während die Ölindustrie froh scheint, wenn sie ohne öffentliches Scheinwerferlicht produzieren kann, könnte der Wald ein positives Zeichen gut vertragen. Vielleicht müsste man ein Tier züchten. Ein süßes, kleines Pelztier, das nur zwischen frisch angepflanzten Bäumen leben kann und mit ihnen groß wird. Ein Wesen, das sich von Politikern auf den Arm nehmen lässt, sanft in die Kamera blickt und schnurrt. Vielleicht aber auch der Lachs. Der schnurrt zwar nicht, erzählt aber eine herzzerreißende Geschichte von der eigenen Herkunft. Dass er Tausende Kilometer nach Hause schwimmt, springend über Bärentatzen und Stromschnellen, immer gegen den Strom, abgemagert und zerfressen von Parasiten, nur um sich dort, wo er selber geboren wurde, einzugraben ins Kiesbett, mit letzter Kraft zu laichen, die Eier gegen Fressfeinde zu verteidigen, schließlich zu sterben und zu Futter für die eigenen Jungen zu werden. Werden und Vergehen, ein großer Kreislauf. Jedes Jahr zählen die Kanadier die zurückkehrenden Lachse, freuen sich, wenn sie kommen, und beginnen zu grübeln, wenn sie ausbleiben. Vor 100 Jahren hat der Lachs auch den Deutschen diese Geschichte noch erzählt. Um 1900 wurden allein aus dem Rhein 85.000 Tonnen Lachs gefischt. 111


Und was tut der Wald in dieser Geschichte? Er hält den Fluss in seinem Lauf und erhält so die Laichgründe. Die richtigen Bäume entlang der richtigen Flüsse sind wichtig für den Lachs. Die Strömungsgeschwindigkeit stimmt dann, der Grund versandet nicht, denn Lachseier gehören in ein Kiesbett. Doch Fisch ist kalt und schmeckt so gut. Das Pelztier müsste also zudem ungenießbar sein. Und sein Pelz sich auflösen, sobald es gejagt wird.

6. Es ist warm und feucht, während wir kleine Douglasien, Sitkas und Western Red Cedars setzen. Langsam kommen wir voran. Und auf einmal erahnen wir, was an diesem Ort vor langer Zeit verloren gegangen ist: Überwuchert von Brombeergestrüpp, hockt da ein mächtiger Baumstumpf wie eine urzeitliche Schildkröte. Hoffentlich haben einige unserer Setzlinge auch die Chance, solche Stämme zu bilden. Oder gar einen Kathedralenwald wie drüben auf Vancouver Island die 800 Jahre alten Douglasien. Solche Garantien stellt natürlich niemand aus. Doch immerhin, über 100 Jahre laufen die Pachtverträge für dieses Aufforstungsgebiet ebenfalls. Das ist auch schon eine Stange Zeit. Die benötigen unsere Bäumchen. Die Vermessung der Wälder, sie passiert auch hier. Relativ schnell wird die Westliche BalsamPappel wachsen, sie bindet daher die ersten 50 Jahre ihres Lebens fünf Tonnen CO2. Dann aber wird sie von der Sitka-Fichte überholt. Nach 100 Jahren hat diese mehr als zwölf Tonnen gebunden, die Pappel immer noch beachtliche 9,7 Tonnen. Hemlocktanne und Riesenlebensbaum werden dann bei sieben Tonnen angekommen sein. British Columbia ist nicht der Teil der Welt, in dem die Bäume am schnellsten wachsen. In den Tropen geht da viel mehr. Aber CO2-Absorption hat auch damit zu tun, wie viel im Boden steckt und wie lange es dort bleibt. Kühl betrachtet, zählt unterm Strich CO2-Tonnage je Hektar. „Und da gibt es kaum eine Gegend auf Gottes grünem Globus, die so gut ist wie die um Vancouver“, sagte Vince Poulin. Die Gegend ist Waldmeister, sozusagen. Diese Reportage entstand bei Dreharbeiten für ein Dokumentarfilmprojekt zum Thema CO2-Kompensation durch Waldschutz und Aufforstung in Kanada. Ludwig Berndl, 34, war Kreativdirektor bei DDB Berlin. Heute arbeitet er als freier Drehbuchautor und Texter, unter anderem für ENTEGA. Er lebt in Berlin. Søren Harms, 42, arbeitet als freier Reporter für den ARD-Hörfunk und das Wirtschaftmagazin Brand Eins. Von Harms stammt der ökonomische Rahmen des Textes. Er lebt in Hamburg und an der waldarmen Ostseeküste bei Kappeln.

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Danna Ray, New Growth, 2008


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Caspar David Friedrich, Hßnengrab im Schnee, um 1807, Galerie Neue Meister, Dresden, Germany. Š Staatliche Kunstsammlungen Dresden/The Bridgeman Art Library


Mikrografie eines japanischen Hiba-Lebensbaums im Querschnitt. Foto: Keith Wheeler/Science Photo Library/Agentur Focus

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Viva La Gong Knit Tree, 2009. Viva La Gong Festival, Wollongong, New South Wales, Australien. Foto: Denise Litchfield

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Sparkleice, This Used to Be My Childhood Dream. www.flickr.com

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Camilla Engman, Where‘s Your Tree Limit, 2006

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Rudolf Hagelstange: Ein Gespr채ch 체ber B채ume zwischen Rudolf Hagelstange und HAP Grieshaber, M체nchen, Bruckmann 1984

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Noah Beil, Ohne Titel. Aus der Serie Trees, 2009/2010


Günter Bruno Fuchs, Brevier eines Degenschluckers © 1960 Carl Hanser Verlag München

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Baum in Templin, 2000. Foto: Annette Hauschild/Ostkreuz

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Johann Heinrich StĂźrmer, Biedermeierliche Szene im GroĂ&#x;en Tiergarten, 1835. Foto: Landesdenkmalamt Berlin, Gartenpflege


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Wilhelm Friedrich von Roye, Berlin – Großer Tiergarten, Menagerie des Kurfürsten Friedrich III., 1697. Foto: Landesdenkmalamt Berlin, Gartenpflege


Schaafs Revier Was bedeuten schon die Launen der Zeitgeschichte, wenn man die Wacholderdrossel hat. Den Graureiher. Den Haussperling. Den Kleiber. Den Marder. Den Fuchs. Die üblichen Großereignisse zählen dann wenig. Jedenfalls wenn man, wie Christoph Schaaf, nahezu sein ganzes Leben im Berliner Tiergarten verbracht hat Von Jost Kaiser

Viele wissen, wo sie waren, als die Mauer fiel. Christoph Schaaf erinnert sich eher, wann die 40 Elstern landeten, um auf dem Weg in den Süden im Tiergarten Pause zu machen: 1974. Oder wann er ein Rebhuhn mit sechs Jungen beobachtete: 1980. Das Jahr, in dem die Mauer fiel, ist für Schaaf vor allem das Jahr, in dem der Habicht in den Tiergarten zurückkam. Für den großgewachsenen, drahtigen Mann mit den weißen Haaren sind der Mauerbau 1961, die Würstchengrillerei seit 1978, die Fußballfanmeilen 2006 und 2010 nichts anderes als mehr oder weniger langfristige Störungen in seinem Revier, dem Berliner Tiergarten. Schaaf ist jetzt 70 und hat alles gesehen, hier im Schicksalswald der deutschen Hauptstadt. Auch Paraden. Bis 1990 zogen die Alliierten einmal im Jahr mit Panzern durch den Tiergarten, dann kam die Love Parade. Nicht weniger martialisch, nur die Musik war anders und die neonfarbenen Freizeituniformen hässlich. Das alles ist längst Geschichte, verschwunden, vergessen. Die Wacholderdrossel hingegen blieb. So wie Christoph Schaaf. Denn er liebt den Wald und sorgt sich um ihn. Seit 1968 wohnt Schaaf in einem 1938 erbauten Haus mittendrin im Tiergarten. Es sind die Dienstwohnungen des Gartenbauamtes. Zuletzt war er „technischer Leiter Grünflächenamt“ für den Tiergarten, 2005 wurde er pensioniert. Insgesamt 40 Jahre hat er hier als ausgebildeter Gartenbauingenieur den Großen Tiergarten mitgestaltet. Aber Gartenbauingenieur klingt so technisch und ein technischer Mensch war und ist Schaaf ganz und gar nicht. Schaaf ist eher ein ruhiger Wanderer mit immer auf Alarm gestellten Sinnesorganen und mit der so typisch deutschen, romantischen Liebe für den Wald. Ein Natur131


Kleingärten im GroĂ&#x;en Tiergarten, Herbst 1945. Foto: P. Schulz. Courtesy: Landesdenkmalamt Berlin

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Grillende Berliner im GroĂ&#x;en Tiergarten, Mai 2007. Foto: Julian RĂśder/Ostkreuz


mensch mitten in der Stadt. Er hat Wege angelegt und Sümpfe, Bäume kategorisiert und festgestellt, ob sie gefällt werden müssen. Im Winter notiert er an acht Tagen den Bestand der Wasservögel, im Sommer wird der gesamte Vogelbestand erfasst. Dann hockt er stundenlang im Park und zählt. Im Augenblick sind es 74 Arten. Dazu kommen um die 20 weitere Spezies: Marder und Fuchs, Mäuse, Eichhörnchen, Waschbär und andere Waldbewohner. Schaaf kennt alle, die in seinem 210 Hektar großen Tiergarten leben. Der Berliner Tiergarten ist nach dem Englischen Garten in München und dem Tempelhofer Feld der drittgrößte innerstädtische Park Deutschlands. Aber das Tempelhofer Feld zählt nicht so richtig, denn es war vor kurzem noch Flughafen und hat noch eine gewisse Zeit vor sich, ehe es ein richtiger Park sein wird, mit allem drum und dran, mit Habicht, Fuchs und Specht. Der Tiergarten hingegen ist schon viele Jahre und Jahrhunderte alt. Am 13. Mai 1527 wurde er, angelegt unter Kurfürst Joachim, zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Zunächst Jagdrevier der brandenburgischen Kurfürsten, wandelte er sich unter Friedrich I. zum Objekt der Gartenbaukunst und wurde schließlich öffentlicher Park. Eine Geschichte der Demokratisierung. „Es ist ein ständiges Kommen und Gehen“, sagt Schaaf. Der Tiergarten ist ein dynamisches Gebilde. Neue Tierarten siedeln sich an, andere verschwinden. Jetzt steht Schaaf an der Schleuse im äußersten Westen des Tiergartens, nahe dem Berliner Zoo. Es ist kalt, das Wasser an der Schleuse fast zugefroren. Andere würden vielleicht fragen: „Wo ist das nächste Lokal?“ Doch Schaaf interessiert eine ganz andere Frage: „Wo ist die Mandarinente?“ Denn auf dem noch freien Teil des Gewässers an der Schleuse sind nur Stockente, Blessralle, Teichralle und der Höckerschwan zu sehen. Die Mandarinente fehlt. Zwar kann Schaaf diese Frage im Moment nicht beantworten, dafür die nach der Herkunft des Vogels: aus dem Berliner Zoo, der an den Tiergarten grenzt. Aus dem ist die ursprünglich aus Ostasien stammende und dementsprechend asiatisch aussehende Mandarinente, die Aix galericulata, nämlich abgehauen. Seitdem lebt sie auch im Tiergarten. In Freiheit. Wer sie hinter Gittern sehen will, muss nebenan am Eingangstor des Zoos zwölf Euro Eintritt zahlen. Im Tiergarten gibt es sie umsonst zu sehen. Man muss nur Zeit mitbringen. Schaaf lässt keinen Zweifel daran, was er besser findet. „Wir leben immer ein bisschen in Symbiose mit dem Zoo“, sagt Schaaf, während er mit festem Schritt und trittsicher durch die morschen Eisplatten auf den Gehwegen stapft. Die Mandarinente also kam von dort. Und der Graureiher, der ging freiwillig in den Zoo zurück. Einmal, es war wohl 2001, als Schaaf seine jährliche Vogelzählung machte, entdeckte er eine Kolonie von 50 Graureihern. Pünktlich zwischen 13 und 15 Uhr verschwand sie – im Zoo war Fütterung bei den Pinguinen. Manchmal ist das seltsame Kommen und Gehen der Tiere im Park eng verwoben 136


Nahezu hundert verschiedene Tierarten leben im Tiergarten. Schaaf kennt sie alle. So wie man das Treiben in seinem eigenen Garten kennt

mit der Zeitgeschichte. So gab es in den Sechzigerjahren im Tiergarten eine Kaninchenplage. Die englische Armee, in deren Sektor der Tiergarten lag, rückte an und versuchte den Hoppeltieren mit Waffengewalt Herr zu werden. Doch das Geballere machte sich nicht so gut im Park, der im Krieg schon Kampfschauplatz war – Schaaf kann noch heute die durch Granatsplitter gerissenen Wunden der Bäume zeigen. Also kamen die Frettierer, die, das muss man im imbiss-seligen Berlin vielleicht sagen, nicht gleichzusetzen sind mit dem Frittierer. Ein Frettierer ist ein Besitzer von Frettchen, marderartigen Tieren, die bei der Kaninchenjagd eingesetzt werden. Diese Frettchen bissen sich in den unterirdischen Gängelabyrinthen in den Kaninchen fest. Es war ein Gejammere und Geschreie im Park. Und weil Städter zwar die Natur lieben, aber nicht den Lärm des Tötens und Reißens, wurde die Jagd mit den Frettchen wieder zurückgefahren. Heute gibt es nur noch zwei Frettierer, die für den Tiergarten arbeiten. „Ganz tierschutzgerechtes war das auch nicht“, sagt Schaaf. 1989 regelte sich das Problem schließlich auf ganz natürlichem Wege: Der Habicht siedelte sich an, der Mäusebussard kam und auch der Fuchs tauchte auf einmal im Park auf. Aus diesem Grund ist 1989 für Schaaf auch ein Epochenjahr. Die Zuzüge von Habicht und Mäusebussard waren wohl zufällig, aber das Auftauchen des Fuchses im Park hängt wahrscheinlich mit dem Mauerfall zusammen. Als der Todesstreifen verschwunden war, machte das schlaue Tier rüber in den Westen. Der erste Tiergartenfuchs war demnach ein Ossi. Wie der Fuchs, so hat sich auch der Habicht gut im Park eingelebt. „Das Revier eines Habichts ist um die 200 Hektar groß“, sagt Schaaf. „Wir haben drei Habichte hier im Tiergarten. Das heißt, es gibt eine überdurchschnittliche hohe Population, denn der gesamte Park bietet mit seinen 210 Hektar eigentlich nur Platz für einen.“ Während der Habicht also quasi Erfolgsgeschichte schreibt – mittlerweile halten die Greifvögel auch die Populationen der gemeinen Stadttaube (auch Flugratte genannt) in Schach –, so ist die Geschichte des Waldkauzes für Schaaf schmerzlich. Dem Vogel war es mit all den Joggern, Walker und Autos im Tiergarten zu laut und so ist er umgezogen, in den Tegeler Forst. Im Allgemeinen lebt der Waldkauz in hohlen Buchen. In der Dämmerung sitzt er eine Stunde vor seiner Behausung und belauscht seine Umgebung. Als Schaaf das erzählt, scheint er begeistert von der 137


Eisbahn im GroĂ&#x;en Tiergarten, um 1902. Foto: Waldemar Titzenthaler. Courtesy: Landesarchiv Berlin 138


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1989, das Jahr des Mauerfalls, war für Schaaf das Jahr, als die Füchse in den Park einzogen. Wahrscheinlich kamen sie aus Ostberlin

Finesse, der Ruhe, der Geduld des Kauzes. „Er jagt hauptsächlich mit den Ohren“, sagt Schaaf. Letztes Jahr war so ein gutes Mäusejahr im Tiergarten, da hätte der Greifvogel ordentlich jagen und fressen können. Und der Naturschutzbund NABU hatte auch extra Nistkästen für den ihn aufgehängt. Alle verwaist. Der Waldkauz ist weg. Schade. Neulich meinte Schaaf, ein Fell durch das Loch eines Nistkastens gesehen zu haben. Eventuell war ein Waschbär hineingeklettert. Menschen gibt es auch im Tiergarten und so ist der Park ein Teil der Berliner Sittengeschichte. Seit 1978 wird im Park gegrillt. „Mein Chef kam aus England zurück. Da hatte er das gesehen und sagte: Was bei denen möglich ist, das muss auch in Berlin gehen“, erzählt Schaaf. So wurde das Grillen, auch wegen der Türken, die sich inzwischen als Grillmeister etablierten, irgendwie zum Symbol für die weitere Demokratisierung eines der einst feudal angelegten Parks, die man in Deutschland so liebt. Seitdem ziehen Fettnebelschwaden hinüber zum Schloss Bellevue, wo vor der Wende Bundespräsidenten aufgrund der politischen Lage nur selten residierten. Heute sitzt dort Christian Wulff und sagt: „Deutschland ist bunt.“ So bunt wie der Park, könnte man sagen. Wenn Tiere und Menschen sich einen Park teilen, kann es passieren, dass schon mal das Verhalten der einen auf die andere Art überspringt. Einmal, erzählt Schaaf, stand er an einer der Ampeln an der Straße des 17. Juni, der Achse, die den Park von Ost nach West durchläuft. Auf der anderen Seite war ein Fuchs. Der wartete auch. Erst als es grün war, trabte das Tier über die Straße. „Ja, der Fuchs, der ist schlau“, sagt Schaaf selig. Er wusste in diesem Moment nicht genau, ob er gerade einem Wunder der Natur oder einer kulturellen Errungenschaft beiwohnte. Aber irgendwie gilt das ja für den ganzen Park. Jost Kaiser, 41, arbeitete als Politikberater, Redenschreiber und als freier Autor für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Die Zeit und den Tagesspiegel. Heute ist er Textchef bei dem Männermagazin GQ und lebt in München und Berlin.

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Love Parade 1998, GroĂ&#x;er Stern mit Siegessäule. Foto: Thomas Platow. Courtesy: Landesarchiv Berlin

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Blick von der Siegessäule über den zerstörten Tiergarten und Berlin, 1947. Foto: Friedrich Seidenstücker. Courtesy: bpk

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10000 B채ume f체r Berlin 10000 Trees for Berlin


Matthias Zinn, Baum, 2009. Privatbesitz, Schweiz. Courtesy: Mai 36 Galerie, Z端rich

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Zahl der StraSSenb채ume im Stadtgebiet Berlins: 428 440

NUMBER OF TREES IN THE CITY OF BERLIN: 428 440


Ă–zant Kamaci, pause II, 2010

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Zahl der B채ume, die j채hrlich wegen Krankheit, Alter oder nach Unf채llen gef채llt werden: 4 543

NUMBER OF TREES FELLED ANNUALLY DUE TO DISEASE, AGE OR AS A CONSEQUENCE OF ACCIDENTS: 4543


Wolfgang Mattheuer, Der Baum wird gestutzt, 1971, Leipzig. Š VG Bild-Kunst, Bonn 2011


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Martin Eberle, Ohne Titel. Aus der Serie Mittelpunkt der Erde, 2003


Zahl der verwaisten Baumlรถcher im Stadtgebiet Berlins, die aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht bepflanzt werden kรถnnen: 10000

NUMBER OF EMPTY SPACES IN BERLIN WHERE LACK OF FUNDING PREVENTS TREES FROM BEING REPLANTED: 10000


Leere Baumscheiben in der Berliner Zionskirchstraße, 2007. Foto: Wolfgang Leder, © Straßen- und Grünflächenamt Mitte von Berlin

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Aufwand, der nรถtig ist, um einen Stadtbaum zu pflanzen und sein Anwachsen drei Jahre lang zu pflegen, in Euro: 1000

COST OF PLANTING A TREE IN THE CITY AND LOOKING AFTER IT FOR THREE YEARS, IN EUROS: 1000


Verena Eggmann, Ohne Titel. Aus Verena Eggmann und Bernd Steiner Baumzeit: Magier, Mythen und Mirakel, 1995

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Die Berliner Feuerwehr beseitigt einen umgestürzten Straßenbaum, 2007. Foto: Claudius Prößer


10000 Bäume für Berlin ist eine Initiative von HOLY WOOD, bei der jeder mitmachen kann. Jeder einzelne Bürger ist willkommen, jede Familie, jede Gruppe von Menschen, die sich zusammentun möchten, um die Anpflanzung eines Baums in Berlin zu ermöglichen.

The HOLY WOOD initiative 10000 Trees for Berlin is open to everyone. We welcome every individual citizen, every family, every group of people who want to join forces and enable a tree to be planted in Berlin.


Oberbürgermeister Ernst Reuter im Großen Tiergarten bei der Pflanzung des ersten Baums nach dem Krieg, 1949. Foto: Günther Faskel. Courtesy: Landesarchiv Berlin

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HOLY WOOD wurde von ENTEGA und Mindpirates ins Leben gerufen und ist eine gemeinn체tzige GmbH, die sich zum Ziel gesetzt hat, der Stadt Berlin zu helfen, leere Baumscheiben mit neuen B채umen zu bepflanzen.

HOLY WOOD was set up by ENTEGA and Mindpirates as a not-for-profit private limited company whose objective is to help the City of Berlin plant new trees in empty tree beds.


Irene Rothe, Bunter Baum, 2008

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Blick Ăźber den GroĂ&#x;en Tiergarten auf den Berliner Reichstag, 2009. Foto: Javan Makhmali

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English Translations

Holy Wood – a plea in favour of the tree More than ever, awareness of the climate crisis has to be firmly embedded at the heart of society. It is an extremely positive sign when the Berlinale – an excellent cultural institution with a role model function – decides to back the cause of climate protection. That is why we at ENTEGA greatly appreciate and welcome our partnership with the Berlinale. Over the coming three years, we aim to continuously improve the Festival’s carbon footprint. ENTEGA is working on a carbon neutral energy supply, in other words, one that does not harm the climate. There are three aspects to this: preventing CO2, reducing CO2 and compensating for unavoidable emissions. The tree is our focus in the last element, because trees are able to take CO2 out of the atmosphere and bind it. Our efforts here include managing long-term forest conservation and afforestation projects in the west of Canada, where the space and growth conditions are best. But we are far from reducing the tree to its function as a weapon in the war against climate change. Moreover, Canada is a long way away. We are therefore taking up the case for the trees here in Germany as well: with an art installation for the Berlinale that transforms the Großer Tiergarten park’s woodland into HOLY WOOD. With our engagement in the “10 000 Trees for Berlin“ initiative. And with this publication, which invites you to take a very special walk in the forest. And which ultimately reminds us of one thing: we do not protect the trees. The trees protect us. Holger Mayer, ENTEGA

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“There is no peace to be found except among the woods” Michelangelo Buonarroti, 1475 – 1564 The tree as a basis of life, a giver of energy, a focus of the social community – individual environmentalists stopped painting that picture a long time ago. Yet it provides the foundation for nothing less than one of the most successful films of all time. James Cameron’s “Avatar“ raised a grandiose celluloid monument to the tree, and everyone went to see it. In the Golden Bear winner “Bal” (“Honey”), the forest with its ancient, splendid trees also becomes both a reassuringly homely and an eerily uncanny protagonist. At the same time, the forest has always inspired the imagination of story-tellers with constantly renewed symbolic energy: as a symbol of remembrance, or of our own psyche as in folk tales, or even as the locus of tradition and values in the classic romantic “Heimatfilme”, where the action plays in idyllic countryside. The tree stands for something else, as well. Trees lining the streets and, very importantly, woodlands enormously improve the quality of life in cities like Berlin, they have an important social function as gathering points for the community and places of relaxation – a little bit like the cinema, or for that matter a film festival. The Berlin International Film Festival is looking forward to the tongue-in-cheek art installation HOLY WOOD from our partner ENTEGA , which will be staged at the forthcoming Berlinale. And we are behind the associated initiative “10 000 Trees for Berlin” every step of the way. Together with ENTEGA and the Ökoinstitut e. V., we are currently also working hard to improve the Festival’s carbon footprint. 10 000 trees – that’s a lot of wood. Touch it, and hope for a successful outcome! Dieter Kosslick, Director of the Berlin International Film Festival

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English Translations

Hollywood is wasteful extravagance. Excess, superabundance, wealth, stars and plastic. A whirlpool that sucks in all the myths of this world and processes them, churns them out, a modern-day, fat, fascinating Babel. HOLY WOOD is stepping on the brakes, stopping the world and getting off. Peace prevails in the Holy Wood. We are only visitors here, stand in amazement, and the one thing we may perhaps recognise – as soon as our eyes are accustomed to the light – are those same myths, folk tales and sagas, whose figures are eyeing us from the underbrush. We return their gaze. And we see the wood, at last. The fourth Denkanstoß (the word translates roughly as “food for thought”) celebrates the tree. It consists of an installation, of an initiative, and of this book. Our work on this project has taught us that when a tree disappears in Berlin, it is rarely succeeded by another. That the city does not have the money to plant and care for replacement trees in the streets, and that there are already 10 000 empty spaces. We have also learned that we, Berlin’s citizens, can help to change that. We invite you to enter HOLY WOOD through a gateway that will stand during the Berlinale in the corner of the Großer Tiergarten park in Berlin, a forgotten corner where the course of the Berlin Wall used to run. From 9 to 20 February, all comers can pass through this gateway. Behind it are the trees. Ralf Schmerberg, Mindpirates

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The thicker the forest, the lovelier it is The forest is populated by colourful woodpeckers, quick squirrels, wolves, wild pigs and howling monkeys. But it also accommodates partisans, capitalists and animal conservationists. Five educational excursions.

By Cord Riechelmann European primeval forest. Bialowieza, Poland “Now you’ve seen a forest,” the guide

in Bialowieza announced proudly when we left his forest, and he was right. EU expansion has made the little village of Bialowieza in north-eastern Poland a border town on the eastern perimeter of the European Union. There isn’t much more to it than one street, bordered by small wooden houses. Their facades and window frames often feature ornate decorations that will look quite different even in the next village, and in earlier times were something like the signature of the individual settlements. Bialowieza is close by one of the last primeval forests in Europe. And they look after it just as they do the gardens and ornaments of their homes. With one crucial difference: they leave the heart of the forest entirely to itself and permit entry only in the company of a licensed forest guide. Which makes sense. Because the eye is no longer accustomed, let alone trained, to see all the uniqueness of the wood for the trees. The so-called “strict reserve”, that is, the 4700-hectare primeval forest, is entered by the symbolic “Door to the Woods”, an old oak gate. It only takes a few steps on the other side for me to breathe easy: the European plains forest is anything but dark, black and impenetrable, in other words not at all like the image conjured up by poets and painters. It is flooded by light, in a way I have never seen before. The sunbeams, refracted by beech, oak, lime and maple leaves, highlight colours in lichen, fungi, grasses and herbs on the forest floor that have never been described in poetry or painting. When one of these ancient trees, overgrown with moss, ferns and lichen, dies a natural death and then sinks into a pool in the primeval forest, you need quite some time to take in the colours without being dazzled. Because they are reflected and potentiated in the water. Transfixed by these rays, you may appreciate the calming effect of a voice like that of Teodor Iganovicz, forest guide. He has been explaining the forest to visitors for thirty years now, and tells the story of a two hundred and fifty-year-old wych elm which, after it dies, may lie on the forest floor for another hundred years before being entirely consumed by plants and insects. The woodpeckers in particular show even visitors with no particular specialist knowledge what diversity an untouched forest of this kind can produce. All nine species of woodpeckers resident in Europe are found in the Bialowieza Forest. The white-backed woodpecker is becoming extinct elsewhere, for example, but Bialowieza’s population remains stable.

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English Translations - The thicker the forest, the lovelier it is Iganovicz has more tales to tell, though: he enlivens the walk with anecdotes about the large animals whose existence is the focus of the National Park’s advertising, but which are very rarely seen. He talks about wolves that catch wild piglets in broad daylight in the sparser areas of undergrowth, and of bison cows crossing the forest paths with their calves. However, even in the primeval forest these are no more than tales. The air and temperature of the forest are a different matter. They are clearly perceptible. Not even the light-play in the forest can disguise the fact that only a fraction of the solar radiation that falls on it reaches its interior. A great deal of solar energy is absorbed by photosynthesis in the leafy canopy of the trees. As a result, when the sun’s rays are strong it is colder in the forest than outside it. Conversely, heat collected in the forest can be retained longer under the canopy when it gets colder outside. It is then warmer in the forest. Right from the start, the temperature is therefore low during the day and relatively high at night in woodland. In addition, seasonal fluctuations in temperature are much less marked in the forest than elsewhere. That means that although the plants of the forest floor live in shadow, they benefit from relatively constant climatic conditions. Of course, however, shrubs and herbs also thrust towards the light like the tall trees. From time immemorial, this has led not only to cooperative co-existence among trees and shrubs, but also to competition. The trees were not always superior to the grasses, herbs and bushes, so the transitions between forest and non-forest have never been very distinct. A characteristic feature of woods and forests is their marked layered structure. The canopy, stretching in green waves from horizon to horizon, bars the view from outside into the interior of the woodland. Penetrating that interior means passing through various layers. Woodland animals move from top to bottom between these layers as well as horizontally, like fish in water. Closely related species often only occupy one layer from floor to canopy, from storey to storey. In some areas of the South American forests, for example, seven species of opossums each live only on their own “floor”. In our latitudes too, different animals use specific aspects of the forest in very different ways. While the branches’ spreading twigs serve squirrels as springboards for reaching their habitat, songbirds use them as nesting places and singing perches. Birds seeking a partner in the woods, or simply wanting to announce their presence, have to adapt their calls to their surroundings. The woodland vegetation filters sound signals and the attenuation changes certain properties of the sound. In other words, when animals want to give voice, they have to take account of the fact that sound will not carry very far and will not necessarily reach the recipient in the form it was uttered. Great tits, for example, sing differently in the woods from in meadows and steppes. To maintain their unique identity, animals in general produce more melodious and artistic calls in the forest than in open terrain. What is why flute-like song forms part of the typical background noise tapestry of the woodlands. However, in addition to piping songs and rustling leaves, the sounds of the woods also include the noise of very substantial destruction wrought by herbivores on the trees. If you have ever seen howling monkeys, for example, loudly breaking off whole branches to only eat half the leaves and throw the rest on the ground, you will perceive little harmony between tree and animal. What looks like destruction at first glance, however, becomes cooperation on a second inspection. Many plants depend on birds and monkeys who eat their fruit and leaves to disseminate their seeds. In the game of diversity of species, the

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most divergent, competing and cooperating forces are connected as in a gigantic musical score, even although many of the parts are mutually exclusive. Deciduous forest. Walkenried, Harz Mountains, Germany The sunlight was still

weak on that late September morning, in the village of Walkenried on the edge of the southern Harz mountains. The objective was Stöberhai peak, towering to 720 metres just behind the skiing and hiking resort of Wieda, and promising an excellent view of the Harz forests. To start with, however, the path remained level after Walkenried. At times within earshot of the River Wieda, the way through relatively young mixed woodland was heavy, soft and muddy underfoot. The covering of the deciduous trees was no longer quite as thick as it had been a few weeks ago, and the leaves were already changing from green to yellow and brown. Twice, quick blue flashes caught the eye in the rays of the sun above the stream. A kingfisher was searching for food. Alongside plentiful grey wagtails, a white-throated dipper also ducked nervously along the banks. The dipper, reminiscent of a scaled-up wren, is an indicator of rivers with plenty of air and a rich insect population – and has accordingly become rare. However, it probably also benefits from the Wieda’s status as a natural monument. The clearly layered structure of a succession of sedimentary rocks on the riverbank documents more than 250 million years of the earth‘s history, back to the gradual flooding of the Harz in the early Zechstein period. Water has always played a particularly important role in the more recent history of the southern Harz. The monks of Walkenried’s 12th century Cistercian monastery bred fish in more than fifty ponds which they installed around the site. Apart from insects and dippers, the main beneficiaries are plants. The partially impenetrable forest consists entirely of deciduous trees. That is unique in the Harz Mountains, because the increasing demand for timber in the boom times of the mining industry meant that fast-growing spruce trees were planted in most parts of the region. On the way to the Stöberhai, the difference between deciduous and conifer forests becomes clear. You literally breath more easily when you leave the dark spruce plantations and hear leaves rustling in the wind again. It is also noisy in the melic grass and beech wood even at this time: the jays’ chattering can still be heard quite clearly high up in the meadows at the summit. Rainforest. Cradle Mountain National Park, Tasmania, Australia It was just a small change in the normal set of my trousers that had made me nervous. A kind of slight shadow on the leg, which could have been an optical illusion, in the dense greenery of the Tasmanian mountain rainforest in Cradle Mountain National Park. Upon closer inspection, however, my nervousness turned out to be quite rational. The heads of two small, black leeches with very loose skin were busily engaged in looking for a hole in my trousers so that they could get at my blood. Leeches, like ticks, are creatures that can remain steadfastly in standby mode for months, sometimes years, waiting for the moment when a body with the right temperature passes by so that they can have drink of blood. I had seen leeches before in pictures, but they were always from tropical rainforests. And the evergreen rainforests of Tasmania are not tropical. They get frost occasionally in winter, and the permanent light drizzle that seems to diffuse from the trees above and the ferns below chills the body. Which, remarkably, is very pleasant, since it protects you from fatigue and

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English Translations - The thicker the forest, the lovelier it is keeps you observant. It makes sure you notice the King Billy pine, for example. That’s cypress that grows up to 30 metres tall, and can reach an age of up to 800 years - if it is let, adds Matt Taylor, a botanist from the University of Hobart who is escorting me in Tasmania. Matt is alluding here to an evil that isn’t unique to Tasmania: the power of the timber industry, which transmogrifies the mist of the forests into flaring clouds of smoke from North America via Siberia to here by slashing and burning the old trees and replacing them with fast-growing planting. They won’t be satisfied, says Matt, until the King Billy pine goes the same way as the original. The tree is named after an aborigine they called King Billy. There are no aborigines in Tasmania now, unlike the Australian mainland. The name is something of a linguistic fossil, a reminder of an inglorious past whose traces cannot easily be erased. That evening in the hut Matt tells me to wrap up warm, because it‘s going to be a „three dog night“. That, too, is an idiom from earlier days. When it got cold, the aborigines slept with their dogs. A three dog night was so cold that one dog wasn’t enough to keep them warm. Matt was to prove right. Forest. In every corner of the world where war and injustice rule “On mountain

and in forest bands of men outside the range of law and authority ... violent and armed, impose their will by extortion, robbery or otherwise on their victims.” This is the first sentence of Eric Hobsbawm’s social history study „Bandits“. Starting with a reference to forests was probably a quite intentional feature of Hobsbawm’s masterpiece, with which he founded a new research discipline in the academic field of history. To this day, robbers are central figures of the forest. Lying in wait at roadsides, they are local specialists. Deeper in the woods, the robbers are joined by partisans and outcasts. None of them are unable to move freely (as hunters or foresters do, for example), because death threatens outside their hiding-place. These forest-dwellers have close ties with the woodland system. The more effectively they merge with it, the greater are their chances of survival. One of the largest and most densely forested areas in Europe, the northern Waldkarpaten, played this role as a refuge for thousands of Jews fleeing from the Germans at the end of World War II. One survivor, Koppel Holzmann, tells the story in a report published in German in 1961, “Die Höhlen der Hölle” (“The Caves of Hell”). The groups of Jews lived in caves in the forest floor, connected by their own communication network, some of them armed, always in constant fear of being captured, tortured and shot by Germans. They owed their rare successes in combat to their precise knowledge of the forest. They adapted their organisation to the environment, from guards positioned in the treetops to the bunkers’ latrines, whose timbered conduits covered with earth led directly to the streams below. The jews lived with the structures of the forest. When the treetop guards spread alarm calls across the woodland, the enemy was unable to distinguish them from those of the birds. In a sense they themselves had become the forest, in the same way as was observed again much later in the Vietcong’s underground tunnel systems during the Vietnam War. It is well known that the Americans invented a whole defoliation system to gain the upper hand over the forest fighters. It is equally well known that it didn’t work. Jungle. Parque Nacional Volcán Arenal, Costa Rica The first country to systematically open up the tropical rainforests to tourism was one with no army: Costa Rica. The last stage of

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this walk through the present and past of woodlands takes us to the north-west of the island, where the crater of the Arenal Volcano lies as always wrapped in cloud. Since spitting fire, smoke and vapours for the first time in 1968, the Arenal rising up from the plain can be regarded as the living archetype of a volcano. The mountain consitutes the entire danger zone of the jungle, which in this region is otherwise well adapted to tourism. The Parque Nacional Volcán Arenal, lying at a safe distance from the lava-spouting crater, is a patch of tropical primary rainforest civilised for visitors, from which the fear of the inaccessible has been stripped. You can traverse the park on made roads and cross gorges by a large number of narrow, but safe suspension bridges. Sometimes you will see a troop of howling monkeys literally hanging in the trees, right at the entrance to the park. While the monkeys can sun themselves up above, the paths through the woods are pleasantly cool. And the shade is provided by one of the most remarkable palm trees in existence: the walking palm. The wonderful scientific name of this tree – Socratea exorrhiza – expresses botanists’ astonishment at the plant’s characteristics. Socrates, the questioning philosopher of the Greek agoras, was known for his slow pace. When walking, he often stopped as though hypnotised, lapsed into thought and appeared to be rooted to the spot, immobile as a tree. The walking palm does something similar, only the other way round. Most of the time it stands still like any other tree, but it does move, though rarely and in a way that only the practised eye can see. The palm, which can grow to a height of up to thirty metres, breaks down the base of its trunk over the course of its life and replaces it with numerous stilts. The stilts, up to two metres in length, grow downwards from the trunk in all directions and enable the palm to leave its birthplace. Not very far, but further than any other tree. It is only through these stilts, also known as aerial roots, that the walking palm can glean enough nourishment from the rainforest floor to thrive, because the floors of tropical rainforests are extremely thin and low in nutrients. It is thus likely to be the poverty of the soil that determines the wealth of flora and fauna in the rainforests and makes them both fragile and frugal. To see them, you should study them in the established national parks. From Bialowieza to Costa Rica, they offer an insight into the multiple meanings that have been assumed by the forests and their history. Whether as refuge, park or historical site, the woodlands can only be conserved successfully if we consider their history and the influences to which they are exposed. Let us leave the forest in peace. The only thing it might need from mankind then is a little more respect – in the form of awe, observation and discovery. Of course, that applies just as much to the urban woodlands just outside our front doors.

Cord Riechelmann studied biology and philosophy at the Free University of Berlin and lectured there on the social behaviour of primates and the “history of biological research”. He is a former columnist and urban wildlife reporter for the Berlin pages of the Frankfurter Allgemeine Zeitung and writes for the Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Süddeutsche Zeitung, Merkur, Welt am Sonntag, taz and jungle world. His book “Bestiarium” (“Bestiary”) was published in 2003, and “Wilde Tiere in der Großstadt” (“Wild Animals in the City“) in 2004. His collection of “Stimmen der Tiere Europas, Asiens und Afrikas” (“Voices of the Animals of Europe, Asia and Africa”) has just been issued by KEIN & ABER on three CDs, his book “Wald” (“Woodland”) will follow in the spring, published by Merve Verlag. Cord Riechelmann lives in Berlin. 171


English Translations

Once upon a time there was a dark, ancient forest Little Red Riding Hood, Hansel and Gretel, the Blair Witch Project: the forest is a place that spreads fear and terror. Folklore specialist Albrecht Lehmann explains what really scares us in folk tales

Interview: Göran-Adrian Bellin Denkanstöße: Professor Lehmann, what is woodland? Culture or nature?

Albrecht Lehmann: In principle, it can be said that nature no longer exists as soon as people are added to the mix. Because when a human being enters a space, he has already been preformed by his socialisation, his culture. He always tries to analyse, to interpret. He looks for contrasts. He can’t help himself. When a European enters a South American jungle, he will inevitably make comparisons and impose cultural interpretations so as to understand things that are strange to him. Mankind therefore always carries his culturally preformed interpretations around with him: into natural areas, countryside, space. Since man is a cultural animal, the space he enters becomes a cultural space through his interpretations. Nevertheless, the forest has been used as an idealised image of nature at least since the Romantic period. The brutality of the industrial society is contrasted with the “essential goodness of nature”, as socialist Norbert Elias phrased it.

Norbert Elias questioned this goodness and said: look at all the things that happen in nature! The tiger hunts and kills. And it has to hunt and kill to ensure the survival of its offspring. To depict nature as something basically “good” is a misconception of the modern age. Nature and, in particular, forests were at any rate perceived as a counterworld to the urban area. Is the forest a construct of the modern age?

It is. But you can’t go back farther than the beginning of the 19th century for that. Initially, the forest – this was still true in the 16th and 17th centuries - was a place that was feared, shunned by men. You could get lost, there were wild animals. Although the bears and wolves had gone, there was the memory of them. The forest as something beautiful and admirable is a cultural construct that first arose in the Romantic era, in the period of early industrialisation. Previously, the woodland had not been regarded as something particularly healthy at all, but as something threatening. There was the notion that miasmas, poisonous vapours, rose from the woods and that they caused diseases. And indeed, when you catch sight of a dense, misty forest it calls to mind anything you like, but not healthy air. You only get that when you are walking in the open fields or on a woodland path. But when you are scrambling through the bushes, it’s more of a scary experience. So the forest only came to represent recuperation in the course of progressive industrialisation and the devastation it caused?

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Yes, and always at those sites where people realise they have lost a piece of nature because they live in cities. But they still have a memory of nature that was given to them in childhood. That is a loss people suffer. The noise and the poor air in the chaotic cities of the early industrialisation era were in actual fact a sometimes brutal counterworld to the experience of the rural, close-to-nature world. In other words, history has made woodland less of a live experience and more of vague memory. That could be one of the reasons why forests are used today in the cinema, for example, as dream landscapes and settings for violence and horror?

In cities like Berlin, Hamburg or Frankfurt, people have hardly any experience of woodland these days. In addition, around 30 percent of the population of a big city are migrants from Turkey and other European countries, to whom you cannot even communicate woodland romanticism. And why should you? Even in the 20th century, it was virtually impossible to inspire a working-class kid who came home from school hungry with enthusiasm for the woodland as portrayed by the Romantic poets. They didn’t understand it. That is a perfectly normal process in the context of cultural change, that people become farther and farther removed from the old, traditional patterns of Romanticism, for example. On the other hand, we can see that films like the Blair Witch Project keep us in mind of the very frightening impact of nature, the forest, much as we find it in the old sagas. My students had sleepless nights after I showed them that film. These films contain all the things you can learn about forests in a lecture course on folk tales and sagas. In his novel “Woodcutters”, Thomas Bernhard describes the forest as one of mankind’s “biographical keywords”. You use this expression as well. What does it mean?

I can illustrate that with another term: site of remembrance. The forest is an experiential space based both on first-hand and second-hand experience. The crucial thing is to have experiences at all, whether they are of a literary nature or based on sensory perception. Just like the forest, for example, the sea or rivers are biographical keywords: large, central sites arising from coordinated nature almost inevitably become sites of remembrance. In many German folk tales, the forest is the starting point of the action. How did the folk tales get into the forest?

We have to see this in perspective. Narratology research has proved that woodland occurs in around 100 of the roughly 200 Grimm‘s fairy tales. But it is never described. In many instances, only the word forest or wood crops up: animals of the forest, birds of the wood etc. The woodland as such is not depicted, which is easy to explain, because people were familiar with it, there was no need to describe it in detail. A brief mention was enough. At all events, the forest in folk tales is not a place where you would want to linger. Hansel and Gretel don’t live in the forest, but by the forest. Also, think about the position of the woman in folk tales. There is the story of “The Old Woman in the Wood”. This old woman is an outcast. The robbers live in the forest, the demons, the people who are excluded from the civilised world of the villages. When you are in the forest, you are approaching the witch‘s house and a terrible character of repulsive appearance. In folk tales you don’t want to enter the wood, but to get out of it as soon as possible. There is also the motif of the “magic flight”, which is well known in many cultures. The forest is a space that people do not like to cross. A person is pursued by an evil spirit and drops an object, for example a hairbrush, from which a wood grows up magically that the pursuer cannot

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English Translations - Once upon a time there was a dark, ancient forest cross. The wood is dense, inaccessible and filled with fear. That is the cultural significance of woodland in folk tales. Is the path into the wood a kind of initiation, compelling you to concentrate on primal images and primal fears?

You can put it that way. It is likely to be the case in the Germanic and Slavic cultural area. You can enter the forest in two ways. If you go in by a path from the open fields, that is in fact a kind of initiation space. But it is even more so if you don’t enter the wood by the path, but from its edge. There is something magical about that to this day. At all events, you notice that you are entering a quite different space, where you notice different things. Your gaze can no longer wander. Up to a certain point, that is likely to be a kind of initiation rite if you use the term broadly. Isn’t the forest in folk tales always a kind of special world, with a significance alternating between holy and unholy, good and evil, past and future, shelter and labyrinth?

The forest is definitely a place that allows for all kinds of experience: the first love encounter, which often used to take place there; or getting lost in the woods. These memories are still alive in almost everyone’s mind. One of them gives pleasure, the other causes fear. So the forest is definitely ambivalent. Also, there is the thick forest on the one hand, and the clearing on the other. These are experiential spaces that show an ambivalence of types of landscape, light and darkness. However, there is also a habituation factor: the more frequently we visit woodland, the less frequently we will be exposed to such „ontological experiential actualities“. So that means the contribution of folk tales and sagas to the “forest myth” tends to be negative and dark?

I would say so, yes. While folk tales take place beyond space and time, sagas generally have a regional dimension. They are set in people’s local area. To that extent, what the sagas have to say is generally more accessible to human experience than folk tales. In many cases, relics of history, real places, play a role in sagas. The world of the saga therefore acts on human experience much more vividly than that of the folk tale. Not so deeply, perhaps, but it’s all the more vivid and frightening. What distinguishes the German understanding of woodland from that of the French, for example?

Generally speaking, the French see woodland from a more rational point of view. Forests are systematically cleared and exploited in France. There is no woodland romanticism in France, Italy, Spain or Portugal, where the forests were systematically cleared even in antiquity. In Italy, they have never grown properly since. The situation in the Slavic and Scandinavian regions is different, there the forests largely match what we observe in Germany in terms of romanticisation and interpretation. The Finns and Czechs are just as forest-mad as the Germans. What makes the Germans particularly into a forest-loving people?

First of all, the countryside. Germany is made up of 30% forest, most of which has been preserved in this form for the last 600 years. When forests are as characteristic as that and dominate the landscape that much, a bond with or even love of this kind of countryside develops automatically. The British are particularly fond of open parkland. All the Romantic painting in the UK is

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full of beautiful groves of oak trees, with paths running through them and a view of fields in the background. The Spaniards love their brown landscapes, which look to us like deserts. That is only to be expected, and the only cultural interpretation is that the countryside in which people have lived for generations is perceived in a special way and aesthetically respected, within a specific cultural model. That is why the Germans have been a “forest-loving people”, since the Romantic period at least. They are motivated partly by the countryside as an experiential space, but the primary impact comes from literary and artistic interpretations of the countryside. Without their literature and painting, the Germans would not be a “forest-loving people”. A lot of people nowadays live in towns, not in the country or for that matter in forests. The 20th century German author Günter Eich asked: “Who would want to live without the solace of the trees?” Most town-dwellers would presumably subscribe to that. So the importance and symbolism of trees remains even without direct experience of woodland?

Günter Eich is quite right. However, the tree does not equate to the forest. Both can give solace: the forest as a mass symbol or the tree as an individual in the countryside. And this isolated tree is unquestionably still a direct “cultural programme” for us as human beings. So is the trend going towards individualisation in this area too? Will the main focus soon be not so much the forest, but the individual tree?

That would mean adopting a cultural model from Britain or France. Also, there is hardly anyone left who still has first-hand experience of woodland. How often does a Berlin family visit a wood or forest? Once a year at most. Second-hand experiences do exist, however, disseminated by the media. As far as experiences of nature are concerned, the media of today shape awareness patterns much more than the real thing does. To conclude, let‘s go back to the subject of Berlin: would you grant the Berlin Tiergarten, for example, the status of a forest? Is it capable of communicating the experience of being in woodland?

Indeed it is. But in actual fact, cultural models, types of landscape inevitably vary. “The forest” as such doesn‘t exist. It can be a spruce, or a beech, or a pine forest. They all communicate something that can be described as the woodland experience. The Berlin Tiergarten is in actual fact a kind of urban wooded park. And when people are used to a landscape like that and think it’s lovely, who would want to tell them: you love the wrong forest? They have the right and maybe not exactly the duty, but the pleasure of being able to enjoy this forest experience just the same as some people who go mushroom-picking in the forests of the Harz Mountains.

Until his retirement in 2005, Albrecht Lehmann was a Professor in the Institute of Folklore and Cultural Anthropology at the University of Hamburg. His main fields of interest are biographical research and narratology, contemporary-historical mentality research and mentality-history based analysis of the awareness of nature and the environment. He has addressed the German awareness of woodland in depth in a wide range of publications. His book „Von Menschen und Bäumen. Die Deutschen und ihr Wald“ (“People and Trees. The Germans and their Woodland”) was published by Rowohlt Verlag, Hamburg, in 1999. Göran-Adrian Bellin is the editor of the online magazine www.denkanstoesse.de. 175


English Translations

The cold heart A German fairy tale, by Wilhelm Hauff

Adapted by Bruno Pischel Once upon a time there was a good folk in Swabia, who were taller, stronger, bolder and more comely than other people. They went about their work in the Black Forest among tall fir trees and babbling brooks. Their customs and dress were quite different from the people of other regions. The men grew full beards and wore black jerkins, narrowly pleated loose trousers, gathered at the bottom, red stockings, pointed hats surrounded by wide brims. They owed their bread and water and everything else besides to glass-making and watch-making. On the other side of the forest lived another branch of this people. These men traded in the most precious thing of the forest: they cut down the tall pine trees. Then they floated them from brooks to rivers all the way to the North Sea. They sold their strongest and longest timbers to the mynheers of the Netherlands, who built great merchant ships from them. They rode downriver on the timber, and waded back along the banks, all their lives long. They were frequent travellers and had no choice but to wear practical, functional clothing that was sturdy as well as of fine appearance. Their jerkins were of dark linen, green braces held their leathern trousers. Brass footrules were their constant companion. And their boots allowed a man to wade through the deepest water. Until a short time ago, these Black Forest dwellers still believed in two forest spirits. Traditional lore says these beings also wore the local costume: the Glass Manikin, a friendly creature just three feet high, wore the fine dress with the red stockings and pointed hat. Hollander Michael, on the other hand, wore the dark clothing of the timber raftsmen. His boots alone are said to have been taller than a man. Great caution was needed with Hollander Michael, who robbed people of their souls and hearts in return for riches. The following story is said to have happened with these spirits. Widow Munkin had one son, Peter was his name. Her husband had been a charcoal-burner and Peter followed in his father’s footsteps. Day in, day out he squatted by the smoking kiln between dark trees. Until one day, the profound stillness of the forest made his heart heavy. “Even when I appear among people freshly washed and in my father’s best doublet, I am and always will be just Peter Munk, the charcoal-burner!” How highly respected were the watchmakers, the glass-blowers. Even the musicians who played on a Sunday evening had a higher position! And the raftsmen in particular: with half a yard of silver on their bosoms, they sat there, cursing in Dutch and smoking all kinds of herbs in their pipes. That was the life Peter Munk wanted! The richest of the raftsmen was Fat Ezekiel, who always had the good fortune to sell his timbers in Amsterdam for higher prices than anyone else. Another of the timber traders was the Long Slurker, whose boldness Peter admired. At the tavern, he always had three times as much room as a fat man, because he managed to procure space with

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his boldness. A third was King Dance, and Peter would dearly have loved to dance as well as he. Although the three were hated by all the people for their avarice, they were greatly respected for their money. Day in, day out Peter the charcoal-burner pondered how he, too, could achieve such wealth. Nothing came to mind. when he was almost at the point of putting an end to his miserable existence, his mother told him that anyone who went to the Glass Manikin and recited a verse of poetry and who, like her Peter, was born on a Sunday between eleven and two, would be made rich. Peter set out immediately for the Tannenbühl, the highest point in the Black Forest. The wood-cutters avoided this place. Though it contained the handsomest and tallest pine trees, a curse hung over the land. Both Hollander Michael and the Glass Manikin were said to have their homes there. Peter Munk bowed low before the tallest and handsomest tree, and recited his verse: “Treasurer in the forest green, Who so many hundred years hast seen, Thine is the land where the pine-trees stand, And Sabbath-born children bless thy hand”. Barely were the words out of his mouth when there appeared, sitting under the pine tree, a little old man in a black jerkin and red stockings, with a kindly face and a beard as fine as cobweb, smoking a pipe of blue glass. When Peter came close he saw to his astonishment that the creature was made all of glass. “What brings you here to this dark place, where also lives Hollander Michael who warps the souls of men?” Asked the manikin. “Oh, Mister Treasurer,” replied Peter, “Just burning charcoal does not take me as far as I would like to go. If I could only have money like Ezekiel or King Dance!” – “Less truth and more appearance!” the manikin blew in Peter‘s face. “I hope it is not a love of idleness that brings you to me. You men are rarely satisfied with your position in life. But no matter, I grant every Sabbath-born child three wishes. The first two are free, I can refuse the third if it is foolish. So, my dear “Peter, wish for something good and useful!” “Well! First, I want to be able to dance better than King Dance and always have more money in my pocket than Fat Ezekiel from the tavern!” – “A foolish wish! Take care to make a more sensible one the second time!” – “I should like to be the master of the richest and finest glass factory in the whole of the Black Forest, with a horse and coach thrown in!”– “Oh, how simple you seem, Peter Munk!“ cried out the manikin, and smashed his pipe on the nearest pine tree so that it shattered into a thousand pieces. “You should have wished for wisdom and common sense, then all the rest would have come of itself. But since the wish was not entirely foolish, I will fulfill it. We will wait for the third wish, however, you may have more need of it one day than you have at present. Now go, be industrious and beware of people who frequent taverns!” Peter Munk made an offer on the finest glass factory, started to work and immediately felt like a better man. He was very industrious at the beginning, but even by the end of that first week his devotion to the tavern exceeded his industry. There, by music and song, he now bore himself proudly, no longer blackened with charcoal, but a dancer and gambler with his pockets full of money. He squandered his coins in gaming. But when it came to sharing with the poorer sort, his trouser pockets yawned empty. He gradually succumbed entirely to the lure of gambling, was called Peter the Gambler and Emperor Dance. He took more pleasure in the tavern than in his business at the glass factory.

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English Translations - The cold heart His inevitable fate overtook him. Peter Munk gambled away all his money, and the bailiff came to the glass factory with three constables to seize his property. “The Glass Manikin will not help me, my fortune is squandered entirely by my own fault. That being so, I will try my luck with the other forest spirit, perhaps he will extend me credit.” He ran to the Tannenbühl as swiftly as the wind, as though God’s creditors were on his heels. Hollander Michael was already waiting. “All your misery comes from the little Glass Manikin, that sanctimonious hypocrite. Come into my house, we will very soon see if we can come to terms.” Terms? thought Peter. What can he want of me, what can I offer him? Am I to be his servant, or what? “Did it hurt your stomach when the bailiff came to throw you out of your own house? Eh, tell me, did it hurt you?” asked the forest spirit. “My heart,” burst out Peter, and pressed his hand to his pounding breast. “You poor knave. Give me the thing, and see how well off you will be!” – “You? My heart? I would die on the spot. No, no, that cannot be!” – “That won’t happen if I have it!” cried Holland Michael, stood up and opened a chamber door, then led Peter inside. On a number of ledges stood jars, filled with liquid and each containing a heart. They bore names: the bailiff’s heart, Ezekiel’s heart, that of King Dance – a stupendous collection of the best known hearts for two days’ march around. „But tell me, what do they carry in their breasts instead?” blurted Peter, quite dizzy. “This,” replied Michael, and handed him a stone. “I‘d hoped for guilders and you give me a stone?” asked Peter ill-humouredly. “There will be a hundred thousand guilders for you as well.” – “Well then, for that you are welcome to take the unease from my breast!” exulted Peter. Speedily the bargain was struck, wine was drunk until Peter Munk fell into a deep sleep. When he awoke, he was sitting high upon a coach, and he travelled the world like a nobleman in new attire. Nothing made him melancholy, no tear blinded his eye, because melancholy, homesickness, sighs, all these things came from his heart, which was now on Hollander Michael’s shelf. A fine bargain, thought Peter, I care for nothing and my pockets will be full of money so long as I live. But nothing gave him pleasure, pictures, women, dancing, music. He was blunted to everything pleasant or beautiful. He had sold his laughter as well as his tears. After two years, boredom and an empty purse drove him home. His first visit was to Hollander Michael. “It is very wearisome to have a stone in my breast, could I perhaps have my old heart back?” – “When you die you can call it your own again, until then you must do without,” replied Michael maliciously. “Get yourself a wife and an occupation, that has never failed yet as the answer to boredom!” croaked the giant, handing Peter another hundred thousand guilders. So Peter the charcoal-burner pretended deal in timber from the beautiful Black Forest. His main business, however, was haggling over corn and money. His best friends were those whose hearts were also under glass at Michael’s house. He did unjust things, hounding beggars and children into the forest, where he was not forced to look at them. The stone heart could not even send his own mother warmth. She had descended to beggary in Peter’s absence, and was only able with great effort to wring enough from the her own flesh and blood to keep her from the grave. Now, Peter wished to marry a pretty maiden. Because he had such a lot of money and goods, any father in the Black Forest would gladly have given him his daughter’s hand. Elizabeth was the greatest beauty in the whole forest. The people thought of the woodcutter’s pretty daughter as clever, industrious, quiet and no gad-about. So Peter Munk asked

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Elizabeth’s father for her hand, and the good child was so obedient as to become Mrs Peter Munkin in harmony and without demur. Unfortunately, she could not behave to Peter’s satisfaction. She took pity on the poor, and distributed pennies and schnapps to beggars and the aged. When Peter saw this, he threatened her with his clenched fist: “If you dare to do that again, you will feel my hand!” When one day a little old man nearly collapsed under the burden of his sack, and her husband was from home, she brought the poor soul wine and rye bread. But this time she had reckoned without Peter, he had seen it all and came on the scene of the action with a face as red as blood. “You even pour out my best wine for the begging mob, you put my own cup to the lips of vagabonds?” The stone heart knew no pity. The heavy handle of Peter’s whip landed full force on Elisabeth’s brow, and she sank lifeless into the old man’s arms upon the instant. When Peter saw this, it was as though he felt remorse. He bent over to see whether there was still life in her, then a familiar voice said: “Don’t trouble yourself, Peter the charcoal-burner, you have crushed the fairest flower in the Black Forest, and she will never bloom again.” The colour left Peter’s cheeks, and he said very softly: “It’s you, Mister Treasurer? I hope you will not denounce me to the courts?” The Glass Manikin replied harshly: “Wretched man! What would it avail me to bring your body to the gallows, you, who have sold your soul to the Evil One! I give you eight days to mend your ways. If you do not repent, I will return and grind your bones!” When Peter came to his senses, he thought he had suffered a nightmare. But his wife was nowhere to be found, though he looked everywhere. How would he stand at the gallows one day, burdened with a thousand curses, called to account before the whole world? Peter felt no true penitence that he had brutally murdered his sweet wife. Nevertheless, his dreams were harrowing and he decided that he would perhaps seek a warmer heart. Life had become so barren with the heart of stone. He put on his best suit, galloped into the forest on his horse and sought an audience with the Glass Manikin. The manikin appeared, still dressed in mourning for the death of Elizabeth, and showed great astonishment as to what impudent Peter Munk wanted of him. “I still have one wish free,” words tumbled from Peter’s throat as though there was no evil in this forest. The Treasurer had little desire to fulfil the heart-free man‘s wishes, but he heard him out. “Take the stone from me and give me my priceless heart back, which once brought me much greater happiness.” The manikin became angry: “I did not strike the bargain, you will have to deal with someone else. Hollander Michael effected the exchange. Since he will wriggle like an eel, a trick will help you to call your heart your own again. Take this glass cross, hold it directly in front of stupid Michael’s face, and at the same time confront him with the words in this book.” Soon, Peter Munk sat in the giant’s house and first made a pretence of asking for base Mammon. He said he wanted to go to America, to escape the fuss about his vanished wife. Then Peter began his trick, pretending to mock the giant. “You are a mighty story-teller before the Lord, telling me I no longer had my heart! I still feel it in my breast, it is just not beating. To take it away you would have to work magic. These cheap pumps in your chamber are made of wax. I still bear my heart, because you cannot work magic, no, you can’t!” Michael foamed at the mouth, he tore Peter’s shirt from his body, took the stone from his breast, fished Munk’s heart from the jar, breathed briefly on it and inserted it in Peter‘s breast. “So, you see now that

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English Translations I can work magic, is that your old heart or isn’t it?” the impetuous mountain of flesh roared. “Upon my word, you were right after all,” Peter mimed astonishment and swiftly pulled out the cross he had received from the Glass Manikin. When Hollander Michael wanted to take the heart back, Peter held out the cross and read from the breviary he carried, as though it might be his last prayer. Michael shrank down, all the hearts began to beat and twitch as though at some weird funfair. Peter was terrified, he ran as fast as his legs would carry him, through flashing lightning and crashing forests to where the Glass Manikin lived. Peter’s own heart was now beating in his breast again, and he immediately felt on his shoulders the whole burden of his recent deeds, Elizabeth‘s death, his avarice, the abysses. Everything rose up in him, like a terrible meal of doubtful wholesomeness. The Treasurer was sitting under a tree, smoking a pipe. “Why so grim?” he asked Peter. “Didn’t you get your heart?” – “Yes, everything is back in its rightful place,” he replied, his courage restored. “I am just grieved by what I have done. My mother may be in her grave, I hounded the poor and the sick and I took my wife’s life.” The manikin, looking at him with great pity, replied: “You were a great sinner, you brought shame and pain on people. If I were only sure you were sorry, I could do something for you.” Peter, quite modest, did not want much: “It’s all up with me, I will never be happy again in my life! You can be my executioner, only strike me dead, then there will be one less person here breathing the fresh air of the pines!” The manikin took his axe, went behind the pines and answered: “Well, if you want nothing more, an axe will soon sever your head from your body!” Peter sat down weeping on the grass and waited for the cold metal, hoping for death. He had never been closer to his end, when steps approached behind his back. “Peter Munk, look behind you!” called the Manikin. And there stood his mother and Elizabeth, looking at him kindly. “They have forgiven you, because you showed true penitence! Now go home to your father’s hut, be honest and true, and do your work. People will honour you more than if you owned ten tons of gems and gold!” These were the Glass Manikin’s final words, it was time to part. The three Munks praised and blessed the Treasurer and went home. Peter’s former palatial mansion was gone. The wrath of the heavens had wreaked havoc, and destroyed it with all its treasures. But his father’s hut was not far away, and this simple farmhouse had been turned into a handsome, neat property. “This is the Glass Manikin’s work,” cried Peter through tears. Ever afterwards Peter was industrious, honest and happy, and beloved throughout the forest. He was never quarrelsome and was generous to the poor who came to his door. When Elizabeth give birth to a boy, Peter returned to the Tannenbühl and repeated his verse. But the Glass Manikin had gone where his help was needed. “Mister Treasurer, you are the right godfather for our new-born son!” But no answer came, only a gust of wind blew through the pines and cast down some cones on the grass. “Then I will put these cones in my Sunday jerkin in your honour, and keep them to remind me of you,” called Peter. When he arrived home, he pulled not the cones, but four rolls of new talers from his pockets, and not one was false coin. That was the godfather’s gift to little Peter from the kind Glass Manikin. And they lived happily ever after, with genuine hearts of flesh and blood.

Bruno Pischel, 39, is a freelance author. If he had the chance to wake up in a fairy tale, he would like to be Aladdin with his wonderful lamp. Pischel lives in Berlin, without wife and children. 180


Forest surveys What German electricity and gas customers have to do with the giant forests of Canada

Ludwig Berndl and Søren Harms 1. The fir- and spruce-clad slopes rise steeply. A stream murmurs in the valley. Snow glistens on the Rocky Mountains. The camera’s GPS shows 1133 metres above sea level, the sylvan peaks sit sideby-side before us like three men at the barber’s. A bald circle has already been razored in the right-hand one’s dark mane. “Clear felling,” says Christian Schattendorf and shrugs. Instead of single trees, someone has taken out two, three hectares at once. It’s more money in the short term. Schattendorf is a forest ranger. He’s seen it before and doesn’t like it. “Even if they reforest it later – it’s got nothing to do with sustainability.” He is happy that an invisible barrier now runs between this hill and the one opposite: Nature Conservancy Canada had prevented Schattendorf‘s beat Darkwoods from being sold and clear-felled by a corporate purchaser. A forest as large as Frankfurt and Munich combined, saved from the bad guys. That could be the end of the story. In fact, it’s the beginning. Firstly, many timber companies aren’t really bad guys, they just serve our demand for cheap garden furniture and roof trusses, beds and parquetry. Secondly, this rescue story is not that of Julia Hill, who, some thousand kilometres south, climbed a giant redwood and stayed there for two years, 60 metres up, until Pacific Lumber relented and the 600 year old giant was protected. Darkwoods’ rescue may be less heroic. However, it tells the true story of globalisation: that a gas stove in Hesse can have something to do with the forests of British Columbia, Canada. Compensating for carbon dioxide, or CO2, is a simple concept. Every time we burn oil, gas, coal or wood, we generate the greenhouse gas CO2. We have done this lavishly for 200 years without thinking. We should avoid it. If we can’t avoid it, reduce it. If neither is possible, offset what we generate. Trees absorb CO2, and can help. Only, it isn’t that easy. Worldwide maybe two dozen businesses are now learning about compensation through afforestation, including the Forest Carbon Group (FCG). FCG is owned by Frankfurt-based consultancy BCC and HSE, Darmstadt’s energy provider and ENTEGA’s parent company. FCG was set up to fulfil one of ENTEGA’s core propositions: the supply of totally renewable energy products. With FCG’s support ENTEGA can offer CO2 -neutral natural gas. The emissions from drilling, transporting and burning natural gas are neutralised by reforestation. FCG’s services are not only available to ENTEGA, but to any company seeking carbon neutrality. It starts with the production of carbon footprints: the amount of CO 2 generated by com-

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English Translations - Forest surveys panies, organisations and other groups is measured. This CO2 check can be used to create energy flows so as to identify potential savings. FCG can then offset the unavoidable CO 2 - by planting trees. In a word: FCG and ENTEGA are trying to do something against the two biggest causes of climate change. Global CO2 emissions caused by transportation, in percent: 14 Global CO2 emissions caused by deforestation or thinning of forests, in percent: 17 Global CO2 emissions caused by electricity generation, in percent: 29 That’s where Darkwoods comes in. The Canadian conservationists lacked the cash to buy 55,000 hectares of forest halfway between Calgary and Vancouver. FCG therefore plans to invest there, jointly with its Canadian partner Ecosystem Restoration Associates (ERA), and obtain CO2 certificates. These will be sold in Germany to environmentally responsible firms. “In return, we guarantee that this forest will not be cleared in the next hundred years, but will be prudently managed,” says FCG director Holger Mayer. Part of Darkwoods already meets the rigorous standards for the Forest Stewardship Council’s sustainable forestry certificate. One hundred years. Christian Schattendorf nods. For a forest ranger it’s a normal enough scale. A forest needs time. Schattendorf is a large man in a checked lumberjack shirt. In his precise northern German speech you may still catch a trace of the Schleswig-Holstein forestry office, his long-time employer before the call of the giant, ancient forests drew him to Canada in the 1990s. As we sit on the balcony of his office – a Black Forest-style lodge with a wood-clad gable – he explains his views on CO2 compensation. “I think it’s good. Particularly for forests. At present forests are valued solely by how much timber I can make and sell.” Yet trees are all-rounders. They store and purify water, filter particulate matter, form humus and prevent landslides. They provide shade and soft paths for recreation. They offer thousands of species protection and food. Finally, every hectare of forest needs several tonnes of carbon dioxide a year. We do not protect the forest. The forest protects us. Schattendorf has listed his points with deliberation, now comes his conclusion. “If the existence of a marketable product for binding CO2, i.e. the tree, is finally recognised, forest conservation in Canada and throughout the world will advance considerably.” Forest surveys started long ago. ERA experts reckon Darkwoods will absorb nine million tonnes of CO2 and convert it to biomass this century – equivalent to the amount generated by ten percent of German cars each year. The forest, a green CO2 absorption factory. Many more Darkwoods are needed for the huge forest climate control system to keep working. But with them, “reducing CO2 emissions by avoiding deforestation is a very costeffective option,” says Bernd Hansjürgens, Professor of Environmental Economics at the University of Halle-Wittenberg. CO2 is perhaps the best reason for evaluating the forest eco-system in money terms. Forest size, tree species, local climate, soil composition and other factors can be used to calculate a fairly precise forecast of the CO2 that will be absorbed in the coming decades by a newly-planted forest (afforestation) or by improved forest management ( IFM) or by avoided deforestation (AD) or by reforestation

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“The basic concept of carbon finance is to put a price-tag on the eco-system,” says Bart Simmons. That sounds remarkably hard-nosed for the CEO of ERA, which restores damaged forest eco-systems. Canada’s First Nations used to give the trees valuable ceremonial gifts as a token of appreciation. Probably our capitalistic society can only show appreciation by assigning their services a monetary value. Maybe we are starting to trade in clean air. Maybe the CO2 certificates are a return to an ancient appreciation of the forest. But setting aside all facts and figures, maybe we should just lean against a tree for a few minutes. One of the gigantic Western red cedars by the coast, perhaps, which were too big to fell even in the days of the first settlers. “Do it,” says Christian Schattendorf. “I believe it improves our wellbeing to be in the forest. We’re made that way by evolution.” 2. The drive down to Vancouver. There are 600 kilometres of highway ahead, but this is no German autobahn. We’re rattling about in an RV which must do less than 7 miles per gallon in the mountains. The Berlin-Vancouver flight already generated five tonnes of CO2 for each of us. Down on the coast we’ll have to plant five or six trees and let them grow for at least 70 years to offset the flight and drive. An occasional town, patch of farmland, lake. Otherwise: forest to the left, forest to the right. There’s time to surf the Web, and find that the compulsory trade in CO 2 emission or pollution rights earned 144 billion US dollars in 2009. By comparison, FCG operates in the “voluntary market” for CO2 certificates with figures in the hundreds of millions (Royal Dutch Shell turned over 285 billion euros in the same period). The climate change phenomenon can also be wonderfully defined by figures. Level of CO2 in the atmosphere before industrialisation, in parts per million (ppm): 280 Level of CO2 in the atmosphere today, in parts per million (ppm): 388 Number of years since there was as much CO2 in the atmosphere as now, in millions: 2 Outside, a mountainside runs past the RV. The old joke springs to mind: two planets meet in space. One says to the other, “You don’t look well!” – “No,” says the other, “I’ve got Homo sapiens.” – “Don’t worry, I once had that,” replies the first, “It soon passes.” We laugh, but not very heartily. By the summer of 2011 seven billion people will inhabit the Earth. You could be stymied by it and stick your head in the sand. At Darkwoods a conservationist mentioned an ecologist friend who had said “The damage is done. We can’t stop anything any more. Buy a fishing boat and enjoy the time that’s left.” What would an interstellar doctor advise our planet? He would take its temperature, and say, “My friend, either avoiding or offsetting carbon dioxide isn’t enough. You have to do both! You’re in for a fever. But if you do something for it, you’ll soon be over the worst.” 200 years of burning fossil material, 50 years of slash and burn in the rainforests: we can no longer choose between avoidance and compensation. Forest area lost worldwide every year, in square kilometres: 130,000 Area of Bavaria, Baden-Württemberg and Hesse together in square kilometres: 127,400 CO2 stored in German forests, in millions of tonnes: 222 CO2 escaping into the atmosphere in 2009 through the burning of fossil materials, in millions of tonnes: 30,800

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English Translations - Forest surveys Forest to the left, forest to the right. It goes on for hours. Two thirds of British Columbia are forested. An area larger than France. Why is Canada called the “Brazil of the North”? Not because of the Canadians’ football skills. “No,” says FCG’s project developer Erin Kendall, and laughs shortly. “It’s because we’ve cleared our primeval forests. They’ve halved in our province already.” – “But you don’t see it.” – “They often leave some along the highways, to hide the deforestation. You’ll see later, from the air.” Another 150 kilometres. We’ll soon be on the Trans Canada Highway. The forest is changing, with larger trees such as Sitka spruces and Alaska cedars. Pacific fog creeps up the western flank of the Coast Mountains, moistening its temperate coastal rainforest – one of the world’s oldest and most biodiverse eco-systems, and renowned for its gigantic, ancient trees. Eastern hemlocks and Pacific silver firs are there along with giant Western red cedars. There are practically no real groves of them now. British Columbia’s government is attempting to conserve a narrow, discontinuous strip of rainforest on the west coast. 3. A sightseeing flight over Denman Island and Vancouver Island. Our DHC-2 Beaver drones, rattles, vibrates. It’s the VW Beetle of small aircraft. Unlike the Beetle, the Beaver stopped production 45 years ago. But the pilot swears by her. “There’s nothing better for this country,” he bawls. In four hours the machine will guzzle 400 litres. That’s 3.5 tonnes of CO2 , divided by six passengers. Steel-blue water passes below us and now and then a conical peak, an islet, a bay. Every scrap of earth appears to boast a spruce or fir. As we cross Denman Island, Erin Kendall tells us that it was once forested. But around 1900 the coast was almost entirely cleared. Denman is a popular tourist destination, Vancouver city just two hours away. The desire had grown to “develop” the remaining forests: i.e., to clear them and build holiday homes. “The conservation agency BC Parks wanted to buy and protect 750 hectares, but couldn’t put up the money. So we stepped in.” FCG supported the purchase of almost two thirds of the area with 1.2 million US dollars and can now sell certificates worth 428,000 tonnes of CO2 for the avoided deforestation. Vancouver Island‘s mountains are similar to Darkwoods‘. Massive brown gaps yawn in the mantle of forest, patterned with randomly piled tree trunks and pale truck roads. Erin Kendall is right. The bird’s eye view is revealing. Seen from the ground, a decorative line of trees always rings the place. The overexploitation is only apparent from the forest tracks. Canada felled 137 million cubic metres in 2008, more than half of it in British Columbia. 4. First cut away the hip-high undergrowth. Dig a hole and insert the arm-long sapling. Press the soil down and water it. Photograph the sapling and document its location by GPS. It takes time to plant a tree. It takes more to clear it regularly of rampant grasses and shrubs which are faster in the early stage of the battle for survival, that is, for light. It takes a long time for the sapling to become a one hundred metre high Douglas fir. We cut, hack, plant and sweat under Vince Poulin’s direction. The forest ecologist provides scientific support for the ERA projects, including here in the Lower Fraser Valley, East of Vancouver. Settlers cleared the forests and established villages. Cattle used to graze here. Then the fallow land was left to the grasses, bushes and pioneer tree species. What could grow here in 20, 50, 100 years given the right treatment? Hamish Kimmins,

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Professor of Forest Ecology at the University of British Columbia, had given us the answer the day before. He compiles reports on the future of forests, which trees should be planted where and in what density, how much carbon dioxide they bind. Kimmin’s highly detailed, metaphor-rich flow of words is a challenge. We seem to be in an open-air lecture theatre. “What did you expect?” he grins. “I’m a professor!” But he soon becomes serious again. “Looking into the future is like driving on the highway: you think you are going straight ahead. But then, in the rear-view mirror, you notice a slight bend. We can draw conclusions about the future from the past.” And then more figures: the alluvial forest of the future will store up to 1200 tonnes more CO2 per hectare than the scrubland we are now clearing, 1.3 million tonnes in total. However, proper survey would show that the FCG is selling certificates for that total before the trees have actually regrown. Forest projects are particularly expensive in their early days. If no money was earned from CO2 until the trees reached sufficient maturity, projects could fail on financial grounds. The certificates are a bond for the future. One B.C. Parks employee has other reasons for scepticism. Of course it’s all the same if the money comes from CO2 certificates, she says, as long as it protects her beloved country as in the Denman Island case. But afforestation shouldn’t be an excuse to keep emitting CO2. “Many companies would rather plant a few saplings than change their production methods, right?” When Erin Kendall explains that this project’s money comes from voluntary CO2 compensation – i.e. that companies are offsetting their emissions voluntarily – she reconsiders. We keep digging. Vince Poulin points to a bramble. “That has to go.” We set to with the spades. “The bushes are very persistent and dominant,” he explains, “and could easily suppress everything else here for a hundred years. And they bind virtually no CO2.” We are by the river about to plant a Sitka spruce: it needs damp soil and will also stabilise the riverbank. The scientist has a precise plan for the 450 hectares that ERA and FCG are afforesting here. The model follows Canadian alluvial forests with a similar microclimate and should match the former tree population. This isn’t the only method. Since the 1970s, Canadian law orders timber companies to reforest clear-felled areas. A good idea, everyone thinks so. But their reforestation is of the same school as their clearance: a gang of tree planters rush across the devastated terrain, armed with spades, bags of tiny saplings buckled round their hips. They get paid per tree, hence the rush. Spade in, insert sapling along blade, remove spade, tread soil down, three steps forward, next tree. Practised planters do 2500 a day. We, in contrast, are renaturalising an entire eco-system. “Besides,” says Vince Poulin, “the big difference between us and industrial or state afforestation is this: carbon finance projects undertake to plant trees properly and ensure they grow for at least 70 to 80 years. There is also money in the bank to guarantee finance if a company like ERA went bust.” 5. “Afforestation still gets very little media attention,” complains Rob Falls, ERA’s Chief Executive. He has a PhD in biology, but worked for the Canadian oil industry for years, where he faced the problem of CO2 emissions sooner than most people. While the oil industry seems happy if it can work away from the public eye, the forest could do with a positive sign. Maybe an animal could be bred. A cute furry animal that

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English Translations can only live among new trees and grows up with them. A creature that allows itself to be cuddled by politicians, gazes softly into the camera and purrs. Maybe a salmon would do. It doesn’t purr, but it tells a heart-rending tale of its own origin. It swims thousands of kilometres home, leaping over bear‘s paws and river rapids, always against the current, arrives emaciated and consumed by parasites, uses the last of its energy to bury its spawn in a gravel bed at its own birthplace and defend it against predators, only to die and become food for its own young. The great cycle of birth and death. Every year, the Canadians count the homing salmon, are glad to see them, worry if they don’t turn up. A century ago, the salmon’s story was still running in Germany as well. Rhine fishermen alone brought in 85,000 tonnes of it around 1900. What is the forest’s role in this story? It keeps the river in its bed, preserving the spawning grounds. The right trees along the right rivers are important to salmon. The current then flows at the right speed, the bottom doesn’t silt up. After all, salmon are meant to spawn in gravel. But fish are cold and taste so good. So the furry animal needs to be edible. And its fur needs to dissolve the minute it is hunted. 6. It is warm and damp as we plant small firs, spruces and red cedars. Gradually we’re making progress. And suddenly we realise what was this place lost long ago: overgrown by brambles, a mighty tree stump squats like a primeval turtle. Hopefully some of our saplings will get the chance to develop such trunks. Or form a “cathedral forest” like the 800-year-old Douglas firs on Vancouver Island. No guarantees, of course. Nevertheless, there’s a 100-year lease on this area. That’s a lot of time. Our saplings need it. These forests are surveyed too: the Californian poplar grows relatively quickly, binding five tonnes of CO 2 in its first 50 years. Then the Sitka spruce overtakes it. Over 100 years it binds more than twelve tonnes, the poplar still has a respectable 9.7. Eastern hemlock and Western red cedars will have reached seven tonnes by then. British Columbia’s tree growth isn’t the fastest in the world. A lot more is possible in the tropics. But CO2 absorption is partly about the level in the soil and how long it stays there. The cold bottom line is CO2 tonnage per hectare. “And practically nowhere beats the Vancouver area on that,” says Vince Poulin. Location, location, location.

This report was written during filming for a documentary on CO2 compensation through forest conservation and afforestation in Canada. Ludwig Berndl, 34, was Creative Director at DDB Berlin. He is now a freelance scriptwriter and copywriter, including for ENTEGA. He lives in Berlin. Søren Harms, 42, is a freelance reporter for ARD radio and business magazine brand eins. Harms provided the economic framework here. He lives in Hamburg and on the Baltic near Kappeln, where there is little forest.

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Schaaf’s patch What do the vagaries of contemporary history matter when you have the fieldfare. The grey heron. The house sparrow. The nuthatch. The marten. The fox. The major events by which most people chart their lives don’t amount to much then. Not if you’re Christoph Schaaf, for example, and have spent most of your life in the Berlin Tiergarten.

By Jost Kaiser A lot of people know where they were when the Berlin Wall fell. Christoph Schaaf is more likely to remember when the 40 magpies landed for a break at the Tiergarten on their way south: 1974. Or the time when he watched a partridge with six chicks: 1980. The year the Wall came down sticks mainly in Schaaf’s mind as the year when the hawk returned to the Tiergarten. To the tall, wiry man with the white hair, the building of the Wall in 1961, the barbecued sausages since 1978, the football fan miles formed in 2006 and 2010 are nothing but more or less long-term disturbances in his patch, the Berlin Tiergarten. It’s Berlin’s oldest public park. “Tiergarten” literally means “zoological garden”, “animal garden”, but the park is not to be confused with Berlin Zoo – that’s next door. Schaaf is 70 years old now and has seen it all, here in the German capital’s forest of doom. Even parades. The Allies drove their tanks through the Tiergarten every year up to 1990, then came the Love Parade. No less martial, but the music was different and the neon casual-dress uniforms ugly. It’s all history now, gone, forgotten. The fieldfare, on the other hand, remained. As did Christoph Schaaf, because he loves the Tiergarten’s woodland and is concerned about it. Schaaf has been living in right in the middle of the Tiergarten since 1968. The house, built in 1938, is tied accommodation provided by the Gartenbauamt, the horticultural authorities. His last position was as “Technical Director of the Office of Green Areas” for the Tiergarten before he retired in 2005. He was employed here as a qualified horticultural engineer for a total of forty years. But “horticultural engineer” sounds so technical. And Schaaf is absolutely not a technical person, never has been. Schaaf is more of a quiet ranger, with his senses constantly on the alert and a typically German Romantic love of the woods. A nature-lover in the heart of the city: he laid paths, built marshes, classified trees, decided whether they needed to be felled. In winter, he counts the numbers of waterfowl on eight days, in summer all birds are recorded. At that time of year he sits for hours in the park, counting. There are 74 bird species at the moment. And there are around 20 animals: martens and foxes, mice, the squirrel, the raccoon and other woodland inhabitants. Schaaf knows all the creatures that inhabit his 210-hectare back yard. After the Englischer Garten in Munich and the Tempelhofer Feld, the former Berlin airport,

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English Translations - Schaaf’s patch the Berlin Tiergarten is the third largest inner city park in Germany. However, the Tempelhofer Feld doesn’t really count, because it has just stopped being an airport and still has a while to go before it becomes a real park with all the trimmings: hawks, foxes, woodpeckers. The Tiergarten, in contrast, is many years and even centuries old. It was laid out under Elector Joachim and the first documentary mention dates back to 13 May 1527. Originally a hunting ground for the Brandenburg electors, it was transformed under Frederick I into a horticultural estate and ultimately became a public park. A history of democratisation. “There’s a constant coming and going in this place,” says Schaaf. The Tiergarten is a dynamic structure. New species move in, others vanish. Schaaf is now standing at the lock on the waterway at the extreme western corner of the Tiergarten, close to the Berlin Zoo. It’s cold, the water by the lock almost icebound. Any other person might be asking: where’s the nearest pub? But Schaaf is preoccupied with an entirely different question: “Where’s the Mandarin duck?” Because only mallard, coot, moorhen, and mute swan are to be seen on the remaining patch of unfrozen water. The Mandarin duck is missing. Though Schaaf can’t say where she is just at the moment, he can tell you where she came from: Berlin Zoo, which borders on the Tiergarten. The Mandarin duck, Aix galericulata, whose unfamiliar bright plumage indicates its exotic origins, escaped from there. Since then, she too has made her home in the Tiergarten. In freedom. If you want to see her behind bars, you have to pay 12 euros for admission at the zoo next door. She can be observed in the Tiergarten free of charge, all you need to spend is time. Schaaf leaves you in no doubt as to which he prefers. “We always have something of a symbiotic relationship with the zoo,“ says Schaaf, striding out with a firm, assured step through the brittle sheets of ice on the paths. The Mandarin duck got out of the zoo. The grey heron, in contrast, returned to it voluntarily. Once when Schaaf was doing his annual bird count, he thinks it was in 2001, he discovered a colony of 50 grey herons. They disappeared punctually between 1.00 pm and 3.00 pm – the zoo’s feeding time for the penguins. The strange comings and goings of the park’s wildlife are sometimes closely linked with contemporary history. For example, there was a plague of rabbits in the Tiergarten in the nineteen sixties. The British army, in whose sector the Tiergarten was located, moved in and attempted to vanquish the bunnies by force of arms. However, shooting didn’t prove a great success in the park, which had already been a theatre of action during the war – to this day, Schaaf can still show you the wounds torn in the trees by shrapnel. So the ferreters were called in. A ferreter is a person who owns ferrets and uses them to hunt rabbits. These ferrets got their teeth into the rabbits in their labyrinthine underground warrens. There was a weeping and wailing in the park. Although city folk love nature, they are not keen on the sound of killing and rending, so this method of hunting was reduced. Only two ferreters now work for the Tiergarten. “It wasn’t exactly in line with animal protection standards, either,” says Schaaf. Ultimately, the problem was resolved by entirely natural means: the hawk moved in, the buzzard arrived and the fox suddenly turned up in the park as well. That, too, made 1989 an epochal year for Schaaf. That the hawk and buzzard adopted the park as their habitat then was presumably pure chance, but the fox probably appeared because the Wall came down: when the deadly

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no-man‘s-land disappeared, the sly animal went over to the West. The first Tiergarten fox was an East German. Both fox and hawk settled in well here. “A hawk has a hunting ground of around 200 hectares,” says Schaaf. “We have three hawks here in the Tiergarten. That means the population is above average, because the whole park with its 210 hectares actually only provides space for one.” So while the hawk is, so to speak, a success story - the raptors now also keep down the population of common pigeons - the tale of the tawny owl is painful for Schaaf to relate. The bird found it too noisy with all the joggers, walkers and cars around, so it moved to a new home in the Tegeler Forst. The tawny owl normally lives in hollow beech trees. It sits for an hour in front of its home in the twilight and listens to its surroundings. Schaaf waxes enthusiastic about the finesse, the quietness, the patience of the tawny owl. “It hunts mainly with its ears,“ says Schaaf. Last year was such a good year for mice in the Tiergarten, the raptor could have hunted and eaten to its heart‘s content. And NABU, the nature conservation organisation, had put up nesting boxes specially for it. All abandoned. The tawny owl has gone. Schaaf recently thought he saw fur through the hole in a nesting box. Maybe a raccoon had climbed in. There are people in the “animal park”, too, making it part of the history of Berlin life and customs. Barbecues have been allowed there since 1978. ”My boss came back from England. He had seen it over there and said: if they can do it, we must be able to do it in Berlin as well,” says Schaaf. So barbecuing somehow became a symbol of the further democratisation – so beloved of the Germans - of a park originally designed by a feudal lord. The Turkish population, who have now become established as masters of the barbecue, were partly responsible for this development. Since then, wreaths of greasy fog have been wafting over to Bellevue Palace, the official residence rarely occupied by Federal Presidents before the Reunification because of the political situation. Today, Christian Wulff has his seat there and says “Germany is diverse”. As diverse as the park, you could say. When animals and humans share a park, the behaviour of one species may occasionally spread to the other. Once, says Schaaf, he was standing at one of the traffic lights on Straße des 17. Juni, the axis that divides the park from east to west. There was a fox on the other side of the street. It was waiting too. When the lights turned green, and not before, the fox trotted across. “Yes, foxes are clever,“ says Schaaf happily. He wasn’t actually sure at that moment in time whether he had just witnessed a miracle of nature or a mark of cultural progress. Somehow, that applies to the whole park.

Jost Kaiser, 41, worked as a political consultant, speech-writer and freelance author for the Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Die Zeit and Tagesspiegel newspapers. He is now Chief Editor of the men‘s magazine GQ, and lives in Munich and Berlin.

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Kinderzeichnung von T. Rohlfs, Baum © Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (DIPF) 190


Holy wood Aktion Künstlerische Leitung: Ralf Schmerberg Assistenz der künstlerischen Leitung: Heike Pauketat Konzeption: Ludwig Berndl, Clemens Schüttken, Ralf Schmerberg Schild: Architekt: Peter Weber Planung: Uwe Tisch Executive Producer: Stephan Vens Producer: Miliane Nani Meimeth Projektleitung: Bella Sahin Aufnahmeleitung: Christian Klempert Controlling: Uta Abt Realisierung: Gerüstbau Tisch GmbH Elektrik/Verstromung: Firma Philipps Film: Produktion: Mindpirates Regie: Ralf Schmerberg Visual Research: Nora Colie, Boris Mang Technischer Leiter: Lars Karich 3D-Artist: Klaus Singer Projektionstechnik Installation: Eidotech GmbH Public Relations: BUREAU N, Silke Neumann, Moritz Estermann Produktion: Trigger Happy Productions GmbH Technische Details: Breite: 52,1 Meter, Höhe: 13 Meter, Rauminhalt: 5.000 Kubikmeter, Gesamtgewicht: 43 Tonnen

Besonderer Dank geht an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer; an das Bezirksamt Mitte von Berlin, Abteilung Stadtentwicklung: Ephraim Gothe, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung; Harald Büttner, Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes; Hans-Gottfried Walter, Fachbereichsleiter Grünflächenamt; Wolfgang Leder, Baumrevier; Jürgen Götte, Inspektionsleitung Grünflächenamt; Dr. Regine Grafe, Leiterin des Amtes für Umwelt und Natur; Frank Baumgart, Amt für Umwelt und Natur, Kommunales Umweltmanagement; Guido Schmitz, Fachbereich Denkmalschutz; die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Dr. Michael Gödde, Leiter des Referates Naturschutz, Landschaftsplanung, Forstwesen; Dr. Klaus von Krosigk, Landesdenkmalamt, Stellvertretender Amtsleiter, und Fachbereichsleiter Gartendenkmalpflege und Archäologie; Klaus Lingenauber, Landesdenkmalamt, Städtebauliche Gartendenkmalpflege; an Internationale Filmfestspiele Berlin: Dagmar Forelle, Dieter Kosslick, Alexander Steffen und an Kristoffer Heilemann, Bastian Meneses von Arnim, Marian Grabmayer, Res Matthys. HOLY WOOD ist die 4., von ENTEGA ermöglichte Aktion in der Reihe „Denkanstöße“. Marketingleitung: Dr. Karoline Haderer Projektleitung: Sandra Schamber Online: Ann-Katrin Schmiechen

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Schamane beim Rindensch채len auf der Insel Siberut. West Sumatra, Indonesien, 2006. Foto: Juan Manuel Castro Prieto/Agence VU/laif

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Holy wood BUCH Herausgeber: Mindpirates Kreativdirektion: Ralf Schmerberg Artdirektion: Petra Langhammer Redaktionelle Leitung: Ralf Grauel Redaktion: Philipp Albers, Göran-Adrian Bellin Autoren: Ludwig Berndl, Søren Harms, Jost Kaiser, Bruno Pischel, Cord Riechelmann Illustration der Zitate: Romy Blümel Bildredaktion: Pauline Doutreluingne, Tobias Kruse, Maria Leutner Lektorat: Isabelle Erler Übersetzung: Helen Robertson, Alison O‘Neill Text Clearance: Sabrina Frahm Projektleitung: Felix Vogler Projektassistenz: Katja Oortman, Mikhail Wassmer Repro: twentyfour seven – creative media services Druck: Dr. Cantz’sche Druckerei GmbH & Co. KG, Stuttgart Mit bestem Dank an Suhrkamp/Insel Verlag, Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Carl Hanser Verlag, Bruckmann Verlag und Rogner & Bernhard Verlag. Künstler und Fotografen: Jörg P. Anders, Andréa Andrade, Martin Beek, Noah Beil, Ian Berry, Bilderali, Jan Brueghel d. J., Piero di Cosimo, Martin Eberle, Verena Eggmann, Camilla Engman, Max Ernst, Günther Faskel, Caspar David Friedrich, Michael Gäbler, Eckhard Gehrmann, Olaf Hajek, Ilkka Halso, Annette Hauschild, Dennis de la Haye, Philipp Hennevogl, Georg Hörmann, Nicholas Hughes, Manfred P. Kage, Frida Kahlo, Özant Kamaci, Theodor Severin Kittelsen, Ruslou Koorts, Heidi Lauter, Wolfgang Leder, Denise Litchfield, Ute Mahler, Javan Makhmali, Wolfgang Mattheuer, Steven Miller, Vincent Munier, Jose Manuel Navia, Thomas Platow, Juan Manuel Castro Prieto, Claudius Prößer, Tom Raven, Danna Ray, Julian Röder, T. Rohlfs, Irene Rothe, Wilhelm Friedrich von Roye, Ralf Schmerberg, Christian Schnurer, P. Schulz, Friedrich Seidenstücker, sot, Sparkleice, George Steinmetz, Johann Heinrich Stürmer, Marco Suarez, Irene Suchocki, Waldemar Titzenthaler, O. Vaering, Mikhail Wassmer, TJ Watt, Brett Weston, Keith Wheeler, Matthias Zinn Alle Bildrechte wurden recherchiert und geklärt. Sollten uns dennoch Fehler unterlaufen sein, bitten wir um Kontaktaufnahme: felix@mindpirates.org. Titelfoto: Ralf Schmerberg, The Tree of Knowledge, 2005 Innencover: Nicholas Hughes, In Darkness Visible (Verse I) #17, 2007. Courtesy of the artist, Nailya Alexander Gallery, New York, and The Photographers’ Gallery, London Diese Publikation wurde ermöglicht von ENTEGA. Dieses Buch wurde CO2 -neutral gedruckt.

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BaumschĂźtzer beim Protest gegen eine geplante UmgehungsstraĂ&#x;e in Newbury, Berkshire, England, 1996. Foto: Ian Berry/Magnum Photos

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Brett Weston, Untitled (Monterey, Pines in Fog), 1962. Š The Brett Weston Archive, brettwestonarchive.com


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Caspar David Friedrich, Der einsame Baum, 1822, Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie, Š VG Bild-Kunst, Bonn 2011

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Heidi Lauter, B채ume im Winter, 2007



Großer Tiergarten zwischen Lennéstraße und Ebertstraße, vom 9. bis zum 20. Februar 2011. © Ralf Schmerberg

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„Thue deine Augen auf und gehe zu einem Baum, und siehe denselben an, und besinne dich.“ Jakob Böhme


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