75 Jahre Marburger Bund

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75 Jahre 75 Jahre Marburger Bund

1947–2022


Impressum

Fotos

Marburger Bund Bundesverband Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V. Reinhardtstr. 36, 10117 Berlin www.marburger-bund.de

Sofern nicht anders ausgewiesen © Marburger Bund

Redaktion Hans-Jörg Freese, Bianca Klaener, Sascha Nicolai, Kristin-Elena Thorogood

Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) weitgehend verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Gestaltung mattheis. werbeagentur gmbh www.mattheis-berlin.de

Druck Schenkelberg Stiftung & Co. KGaA, Druck und Medienhaus


VORWORT

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Marburger Bund feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Zum Feiern gibt dieses Jubiläum viel ­Anlass, wie die vorliegende Broschüre in Wort und Bild zeigt. Es waren junge Ärztinnen und Ärzte sowie ­Medizinstudierende, die den Anfang machten und nach dem Zweiten Weltkrieg die Initiative zur Gründung des Verbandes ergriffen. Im Juni 1947 diskutierten sie in der Marburger Universität über das Recht auf bezahlte Arbeit und eine solide Aus- und Weiterbildung. Schnell wird allen Beteiligten klar: Es braucht einen eigen-

Dr. Susanne Johna

ständigen Verband, eine eigene Gewerkschaft, die ihre Interessen wahrnimmt. Schon im Jahr 1948 b ­ eläuft

1. Vorsitzende Marburger Bund ­Bundesverband

sich die Zahl der Mitglieder des neuen Verbandes auf über 14.000. Die Erfolgsgeschichte des ­Marburger ­Bundes beginnt. Ohne das tatkräftige Engagement vieler Mitglieder und auch die Bereitschaft, für die eigenen Belange zu kämpfen, wäre der Marburger Bund nicht das, was er heute ist: Deutschlands größter ärztlicher Berufs­ verband und einzige Ärztegewerkschaft. Dabei ist dem Verband von Anfang an zugutegekommen, dass er föde­ral organisiert ist und dadurch nah bei den Mitgliedern sein kann. Die Landesverbände sind der direkte Ansprechpartner, wenn es darum geht, Mitglieder zu beraten und zu unterstützen. So kann sich der Verband stetig weiterentwickeln und an Bedeutung gewinnen. Die in dieser Broschüre verzeichneten besonderen Meilen­steine in der Geschichte des Marburger Bundes legen davon Zeugnis ab. In den vergangenen 75 Jahren ist viel erreicht worden: durch unermüdliches Wirken in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung; durch Gerichtsentscheidungen, die vom Marburger Bund und seinen Mitgliedern erwirkt wurden; durch Protestaktionen und Arbeitskämpfe und nicht zuletzt auch durch politische Initiativen und geschicktes Verhandeln. Die dabei erzielten Erfolge beruhen auf dem Engagement vieler Kolleginnen und Kollegen. Auch in Zukunft wollen wir auf der breiten Basis unserer Mitglieder und dem unverzichtbaren Einsatz der Aktiven unsere Arbeitsbedingungen und das Gesundheitswesen insgesamt positiv beeinflussen. Denn das zeichnet uns als Marburger Bund aus.

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75 JAHRE MARBURGER BUND

75 Jahre

Wichtige Wegmarken unserer Geschichte

1947 Die Geburtsstunde des Marburger Bundes

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1960 Kampf für die Berufs­ freiheit: das Karlsruher „Kassenarzturteil“

Seite 10

1971 „BundesAusbeutungs­ Tarifvertrag“ – erste bundesweite Streiks

Seite 12

1990 Einheit in der ­Vielfalt – der Marburger Bund wächst zum gesamt­ deutschen ­Verband

Seite 18


2003 2005 Der EuGH stellt klar: Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit

Seite 22

Der ­Marburger Bund erkämpft arztspezifische Tarifverträge

Seite 24

2010 Kampf um die Koalitions­ freiheit – Tarifpluralität bleibt erhalten

Seite 28

2019 Streik – ultima ratio, wenn nichts mehr geht

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Die Geburtsstunde des Marburger Bundes

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1947

Ganz zu Beginn stehen die unzumut­ baren Arbeits­ bedingungen für junge Ärztinnen und Ärzte und ihre materielle Not. 1945 erscheinen auf dem Arbeitsmarkt neben den Ärzten, die schon bisher für die einheimische Zivilbevölkerung gearbeitet hatten, die vielen anderen, die aus dem Kriegsdienst, aus Kriegsgefangenschaft oder einer Evakuierung heimgekehrt, aus den verlorenen Ostgebieten oder der damaligen sowjetischen Besatzungszone geflüchtet waren. Auch hatte man in der NS-Zeit wesentlich mehr Ärzte als bisher ausgebildet, um den zusätzlichen Bedarf der Streitkräfte und paramilitärischen Organisationen zu decken.

von 15.000 nachgeordneten Krankenhausärzten in den Westzonen nur 8.000 tariflich bezahlt. Der Unmut unter den jungen Ärzten gärt. Die meisten Betroffenen fühlen sich ausgebeutet, weil sie in aller Regel vollwertige Arbeit im Krankenhaus zu leisten haben und nicht, wie manche Träger argumentieren, nur zum zeitlich begrenzten Erwerb von Kenntnissen und Erfahrungen tätig werden. Die Situation ändert sich erst allmählich, nicht zuletzt auch aufgrund von Muster­prozessen, die der Marburger Bund alsbald nach der Währungsreform mit solidarischer Unterstützung der verfassten Ärzteschaft für die Betroffenen angestrengt hatte.

Nicht alle, die nun im Krankenhaus arbeiten wollen, werden dort auch benötigt, ein noch kleinerer Teil erhält eine Planstelle, und die Verträge sind zumeist auch noch zeitlich limitiert. Viele junge Ärztinnen und Ärzte, die ihre Weiterbildung oder die kassenärztliche Vorbereitungszeit absolvieren wollen, arbeiten daher als „Volontärärzte“, „Hilfsärzte“ oder „Gastärzte“: nur teilweise bezahlt oder – was oft vorkommt – ganz ohne Gehalt, nur für ein Taschengeld oder freie Verpflegung und Unterkunft oder nicht einmal dafür. So sind 1947

In vielen Städten haben sich 1946 und im Frühjahr 1947 junge Ärzte zusammengetan, um ihre Lage selbst in die Hand zu nehmen. Nach vielen informellen Kontakten treffen sich vom 11. bis 13. Juni 1947 erstmals Jungärzte und Medizinstudenten fast aller wieder arbeitenden Medizinischen Fakultäten „zonenübergreifend“. Sie kommen auf Einladung des Assistenzarztes Rolf Schlögell und des Medizinstudenten Wolfgang Bechtoldt in Marburg zusammen. Im Pathologischen Institut der Philipps-Universität diskutieren sie über angemessene


WICHTIGE WEGMARKEN

Bezahlung, ein soziales Arbeitsrecht und eine künftige Medizinerausbildung. Ein Teilnehmer namens Ulrich Kanzow aus Göttingen hält eine flammende Rede gegen unbezahlte Beschäftigung von Ärzten in Krankenhäusern. Er fordert die Anpassung der besoldeten Assistentenstellen an die Patientenzahl sowie staatliche Unterstützung für qualifizierte, aber mit-

tellose Medizinstudenten. Seine Forderung: Die jungen Ärzte brauchen einen selbstständigen Verband, der ihre wirtschaftlichen und gewerkschaftlichen Interessen wahrnimmt. Mit den „Marburger Satzungen“ verabschiedet die Gruppe bereits ein Gerüst, das eine zonenübergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Arbeitsgemeinschaften der jungen Ärzte innerhalb der Ärztekammern ermöglichen soll.

Trotz unserer Notlage versichern wir, das ärztliche Berufsethos unter allen U ­ mständen hochzuhalten und die F­ reiheit des ärztlichen Berufes zu wahren. Das Arzttum ist überparteilich und gewissens­gebunden. Wir rücken ab von den Handlungen der in Nürnberg angeklagten Ärzte und bekennen uns zu den Ideen der Münchener Studentenrevolte. Von diesem Geist beseelt, wenden wir uns an die Länderregierungen. Lasst den medizinischen Nachwuchs nicht in der Not ersticken! Wir ersuchen und warnen: Die moralische und soziale Not ist groß; durch Ausbeutung unserer Arbeitskraft in den weitaus meisten Krankenanstalten und die Unmöglichkeit der soliden Weiterbildung wächst sie von Stunde zu Stunde. Die Tradition der deutschen Wissenschaft verlangt, dass endlich dem Nachwuchs das Recht auf bezahlte Arbeit und Ausbildung gesetzlich zugesichert wird. Auszug aus den zwei Resolutionen, in denen die junge Ärzteschaft ihre V­ orschläge und Forderungen bei ihrem ersten Treffen im Juni 1947 in Marburg zusammenfasst

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Die Marburger Initiative zündet. Die regionalen Arbeitsgemeinschaften erleben den erhofften Zulauf. In den kommenden Monaten schließen sich den Gruppen mehr als 80 Prozent der angestellten oder von Arbeitslosigkeit betroffenen jungen Ärzte an. Auf ihrem zweiten Interzonentreffen im Oktober 1947 im Frankfurter Ärztehaus wird beschlossen, sich nicht mehr „Arbeitsgemeinschaft der Jungärzte“ zu nennen, sondern „Marburger Gemeinschaft – Vereinigung angestellter Ärzte“.

Von Anfang an kämpferisch Ausschlaggebend für die Gründung eines selbstständigen Berufsverbandes ist die Tariffähigkeit: Nur losgelöst von den ärztlichen Körperschaften kann die neue Gemeinschaft auch tariffähig sein, so das Argument, das der spätere 1. Vorsitzende Herbert Britz (1948 –1952) vorträgt. Der Beschluss, eine Gewerkschaft zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der angestellten Ärzte aufzubauen, fällt auf der vierten Interzonentagung im Frühjahr 1948 einstimmig. Die Mitglieder der regionalen „Marburger Gemeinschaften“ werden aufgefordert, der Tarifgemeinschaft beizutreten. Der Zulauf ist beachtlich, noch im Jahr 1948 beläuft sich die Zahl der Mitglieder des Marburger Bundes auf über 14.000. Die Bundesgeschäftsstelle des neuen tariffähigen Verbandes mit Einzelmitgliedschaften hat fortan ihren Sitz in Köln.

1948

Der Marburger Bund gibt sich von Beginn an kämpferisch: Der neue Verband lehnt die Befristung von

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Arbeits­verträgen ab, pocht auf das prinzipielle Recht auf Niederlassung und fordert eine Reform des Studiums. Eingang in das Programm findet auch der von Britz erarbeitete „gleitende Bettenschlüssel“. Mit ihm gibt es erstmals eine Bezugsgröße für die Zahl der anzustellenden Krankenhausärzte. Im August 1948 erscheint erstmals die Monatszeitung „Der angestellte Arzt“. Sie ersetzt das seit März erschienene Mitteilungsblatt „Marburger Gemeinschaften“ in der britischen Zone.

„Freundschaftsabkommen“: Kooperation mit der DAG

Bei der ersten Hauptversammlung des Marburger Bundes 1951 in Berlin geht es hauptsächlich um die schlechten Arbeitsbedingungen der Ärzte und die große Zahl an Verstößen gegen die abgeschlossenen Tarifordnungen seitens der Arbeitgeber. Nicht nur durch die Kooperation mit der DAG versucht der Marburger Bund, die Verhältnisse zu verbessern. Auch auf Landesebene gibt es erste tarifpolitische Erfolge. So wird im Februar 1954 das eigentlich Selbstverständliche zum Präzedenzfall. Mit dem sogenannten „Langenberger Abkommen“ schließt der Marburger Bund mit dem Evangelischen Krankenhausverband Rheinland und Westfalen erstmals einen Vertrag über Arbeits- und Anstellungsbedingungen mit einem konfessionellen Träger ab. Anderthalb Jahre später, im September 1955, nutzt der Verband seine Hauptversammlung, um öffentlich die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitbestimmungen und die Durchführung der 48-Stunden-Woche einzufordern. Im Oktober 1956 bestätigt das Arbeitsgericht Aachen die Auffassung des Verbandes, dass auch für angestellte Ärzte eine regel­ mäßige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden gelten müsse. Dieser in einem Musterprozess errungene Etappensieg wird fünf Jahre später allerdings durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts relativiert, das 60 Wochenstunden ermöglicht.

1956

Der Weg zur anerkannten Gewerkschaft der angestellten Ärztinnen und Ärzte ist noch weit, als der Marburger Bund 1950 erste Schritte unternimmt, die Interessen seiner Mitglieder in Tarifverhandlungen auf Bundesebene zu wahren. Mit der größeren Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) vereinbart der Marburger Bund 1950 eine Kooperation im Rahmen eines „Freundschaftsabkommens“. Über diesen Vertrag sichert er sich Einflussnahme auf Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Dessen Arbeitgeber weigern sich nämlich, den noch jungen Verband als originären Tarifpartner neben DAG und ÖTV zu akzeptieren. Der Marburger Bund überträgt daraufhin der DAG die Verhandlungsvollmacht und erhält im Gegenzug innerhalb der DAG-Tarifkommission Sitz und Stimme.

Noch unter dem 1. Vorsitzenden Rolf Detlev Berensmann (1952–1961) gelingt es aber im Februar 1959 gemeinsam mit der DAG bei den Verhandlungen zur


­Einführung des Bundes-Angestellten­tarif­ vertrages (BAT) auch die Anliegen von Krankenhausärzten aufzunehmen. Die tarifliche Wochenarbeitszeit für Mediziner soll 51 Stunden betragen. Erstmals sollen auch die Bereitschaftsdienste im neuen Tarifvertrag vergütet werden. Trotzdem bleibt ein schaler Bei­ geschmack: Als die außerordentliche Hauptversammlung des Marburger Bundes im April 1961 dem neuen Tarifwerk für den Öffentlichen Dienst ihren Segen gibt, geschieht dies mehr aus Einsicht in die Notwendigkeit. Die Kritik an den Regelungen zu den Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienstregelungen im BAT ist groß und wird in den nächsten Jahren nicht ab­ ebben. So fordert die 28. Hauptversammlung des Marburger Bundes im Mai 1965 für angestellte Ärzte die gleichen Arbeitszeiten wie für alle anderen Angestellten im öffentlichen Dienst. Der Bundes­ vorsitzende Dietrich Techen (1961–1966) regt an, auf lange Sicht ein eigenes Tarifwerk für Akademiker zu s­ chaffen.

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Kampf für die Berufsfreiheit: das Karlsruher „Kassenarzturteil“ Bereits im Jahr 1951 hat der Marburger Bund beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit als Kassenarzt eingelegt. Diese Beschränkung widerspreche Artikel 12 des Grundgesetzes, der die Berufsfreiheit garantiert. Für viele Ärztinnen und Ärzte, die im Krankenhaus keine Anstellung finden, ist die Niederlassung die einzige Möglichkeit, ärztlich tätig zu sein und damit ihren Lebens­ unterhalt zu verdienen. Bis weit in die 1960er hinein sind die angestellten Ärzte gegenüber ihren niedergelassenen Kollegen zahlenmäßig in der Minderheit. Die Zulassungsbegrenzungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen sind ein Ärgernis, dem der Marburger Bund durch seine Klage in Karlsruhe beikommen will.

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Rund neun Jahre nach dem Einreichen der Verfassungsbeschwerde urteilt das Bundesverfassungsgericht:

­ ulassungsbeschränkungen nach Verhältniszahlen für Z niedergelassene Ärzte sind verfassungswidrig und ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung. Das „Kassenarzturteil“ vom 23. März 1960 bedeutet konkret die Niederlassungsfreiheit für Ärzte im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung – ein Meilenstein in der Geschichte des Marburger Bundes. Damit ist der Kampf um Berufsfreiheit aber noch nicht zu Ende. Ein weiterer Stein des Anstoßes ist ein Beschluss der Bundesärztekammer vom Februar 1961, der eine dreijährige Pflichtweiterbildung zum Praktischen Arzt unter Ausschluss der Medizinalassistentenzeit vorsieht. Auf der 24. Hauptversammlung des Marburger Bundes auf Norderney wenden sich die Delegierten im Juni 1962 mit großer Mehrheit gegen diese Beschränkung der freien Berufswahl:

1962

Die ärztliche Ausbildung ist mit dem Studium und der M ­ edi­zinal­assistentenzeit abgeschlossen. Dem so ausgebildeten und approbierten Arzt muß das Recht auf freie Niederlassung erhalten bleiben (…) Wer dem approbierten Arzt verbietet oder ihn in dem Recht beengt, sich ‚Praktischer Arzt‘ zu nennen, d. h. Arzt mit der Befugnis, sich allgemeinärztlich zu betätigen, richtet ein Hindernis gegen die Ausübung des ärztlichen Berufes schlechthin auf. Eine derartige Behinderung der Berufsausübung ist daher eine ­einschneidende Beschränkung der Freiheit der Berufswahl.

Auszug aus dem Beschluss der 24. Hauptversammlung 1962


WICHTIGE WEGMARKEN

Die berufsrechtlichen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit haben keinen Bestand, auch andere Relikte sind Ende der 1960er Jahre in Zeiten des Aufbruchs und des wachsenden Teamgedankens nicht mehr zu halten: Mit der Änderung des § 18 der Berufsordnung für Ärzte eröffnet der 71. Deutsche Ärztetag 1968 in Wiesbaden den Weg zur unbehinderten Gründung von Gemeinschaftspraxen, die seit 1956 nur in „Ausnahmefällen“ zulässig waren. Den Ärztetag umweht auch ein bisschen „68er“ Protest: Mit Unterstützung des Marburger Bundes ziehen Medizinalassistenten ins Plenum und machen mit Transparenten und Wortbeiträgen auf ihre ungewissen Berufsaussichten aufmerksam.

1966 übernimmt Erwin Odenbach den 1. Vorsitz des Marburger Bundes. Der Wissenschaftliche Assistent aus Köln wird von der 29. Hauptversammlung am 14. Mai in Essen zum Nachfolger von Dietrich Techens gewählt. Odenbach fordert den „tatkräftigen Übergang von der Reaktion zur Aktion“. Als zwei wesentliche Aufgaben des Verbandes nennt Odenbach die „bedingungslose Freihaltung aller Möglichkeiten zur Ausübung des ärztlichen Berufes bis zur Approbation“ und die Schaffung ausreichender Lebensstellungen für angestellte Ärzte.

Der Marburger Bund ist in dieser Zeit längst zum bedeutenden Faktor in der ärztlichen Berufspolitik aufgestiegen und die unüberhörbare Stimme der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Das schlägt sich auch in der Presseberichterstattung nieder. „Die Hast am Krankenbett“ übertitelt 1966 der Kölner Stadt-Anzeiger einen Bericht über Fehlleistungen übermüdeter Krankenhausärzte. Der Landes­verband Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz war mit dem Problem der Überlastung von Ärztinnen und Ärzten an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem ein Kölner Assistenzarzt nach 48 Stunden Dienst am Stück ein alkoholisiertes Unfallopfer in die Ausnüchterungszelle statt in den OP überwiesen hatte.

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„BundesAusbeutungsTarifvertrag“ – erste bundesweite Streiks

1969

Ende der 1960er Jahre nimmt die Kritik am BAT stetig zu. Der Bundesvorstand des Marburger Bundes kündigt schließlich zum 30. November 1969 den Tarifvertrag. Mit dem Kündigungsschreiben verbindet der Marburger Bund konkrete Forderungen zur Neufassung der Bereiche Arbeitszeit, Nebentätigkeiten, Bereitschaftsdienst, Urlaub und Bildungsurlaub. Dazu gehört auch die Einführung eines Sockelbetrags von 30 Prozent für den Freizügigkeitsverlust bei Rufbereitschaft und Bereitschaftsdiensten.

Die Kritik der Ärzte an ihrer Benachteiligung im BAT zeigt Wirkung, aber bringt nicht den erhofften Durchbruch: ÖTV und DAG einigen sich im Februar 1970 mit den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes auf einen Stufenplan zur Reduzierung der ärztlichen Arbeitszeit. Ab Juli soll die regelmäßige Wochenarbeitszeit 45 Stunden, ab Januar 1972 43 Stunden und ab dem Jahr 1973 42 Stunden betragen. Der Marburger Bund lehnt diesen Plan ab, fordert die sofortige An-

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WICHTIGE WEGMARKEN

gleichung der Arbeitszeiten und droht mit Arbeitskampfmaßnahmen. Auf ihrer 36. Hauptversammlung im Mai 1970 verlangen die Delegierten zudem einen gesonderten Tarifvertrag für alle Ärzte im Hochschuldienst. Zuvor hatte im Januar 1970 ein Vollstreik der Hochschulärzte im Klinikum Marburg für Aufsehen gesorgt. Nach drei Wochen beschließt die hessische Landesregierung, dass sich die Widerrufs­beamten auf Antrag ins Angestelltenverhältnis übernehmen lassen können, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden darf.

Streikkomitee und leitet den Arbeitskampf ein. In keinem Landesverband liegt die Zustimmung zum Arbeitskampf unter 96 Prozent.

Die Auseinandersetzung um den BAT spitzt sich indes weiter zu. Im Januar 1971 kommt es zu einem offiziellen Spitzentreffen des Marburger Bund-Vorsitzenden Erwin Odenbach mit dem ÖTV-Vorsitzenden Heinz Kluncker in Stuttgart, das ergebnislos endet. Am 10. Juni reißt den Tarifexperten des Marburger Bundes der Geduldsfaden: Die Große Tarifkommission des Marburger Bundes ­erklärt die seit zwanzig Monaten nicht voran­ gekommenen Verhandlungen für gescheitert, bildet ein

Am 30. Juli demonstrieren über 800 Berliner Klinikärzte in weißen Kitteln auf dem Kurfürstendamm gegen den „Bundes­Ausbeutungs­Tarifvertrag“. Es kommt im August und September zu „Go slow“-Warnstreikaktionen. Auch in Bremen, Hamburg, Wuppertal und Dortmund gehen die Krankenhausärzte auf die Straße, aus ganz Niedersachsen kommen sie in einer Sternfahrt zur Kund­ gebung nach Braunschweig. Bundesweit beteiligen sich Krankenhausärzte an ‚Bleistiftstreiks‘, indem sie ihre Be-

1971

Hamburgs Krankenhausärzte auf der ­Straße: Ihr Protest stößt in der ­Öffentlichkeit auf große Sympathie

handlungen nicht dokumentieren. Kein Patient nimmt Schaden. Die konsequenten, zum Teil originellen Streikaktionen werden von Solidaritätsbekundungen anderer Ärzteverbände, auch vom Vorstand der Bundesärztekammer, begleitet.

1972

Die Arbeitgeber kündigen an, dass sie den Marburger Bund bei der für den 14. Oktober anberaumten Tarif­ runde innerhalb der DAG-Verhandlungskommission hinzuziehen wollen. Nach drei Verhandlungsrunden einigt sich der Marburger Bund mit den Arbeitgebern im Januar 1972. Rückwirkend gibt es zum 1. Januar wesentliche Tarifverbesserungen für die Klinikärzte.

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Karsten Vilmar wird BÄK-Präsident, Jörg-Dietrich Hoppe übernimmt MB-Vorsitz Nach neun Jahren an der Spitze des Verbandes legt Dr. Erwin Odenbach auf der 47. Hauptversammlung am 3. Mai 1975 in Hamburg aus beruflichen Gründen sein Amt als 1. Vorsitzender nieder und wird Ehrenvorsitzender des Verbandes. Nachfolger ist der Bremer Landesvorsitzende Dr. Karsten Vilmar, Dr. Jörg-Dietrich Hoppe aus Solingen übernimmt den zweiten Vorsitz. Mit der Chirurgin Dr. Hannelore Siebold aus Kempten wählen die Delegierten erstmals eine Ärztin in den Bundesvorstand. Zwei Jahre später, als Kostendämpfungen der Bundesregierung im Gesundheitswesen die Bedingungen in den Krankenhäusern zusätzlich erschweren, fordert Vilmar, mehr qualifizierte Krankenhausärzte an der ambulanten Versorgung zu beteiligen. Vilmar ist es auch, der als 1. Vorsitzender einen wegwei­ senden Schritt in der Tarifpolitik vollzieht, als Marburger Bund, DAG und die „Gemeinschaft von Gewerkschaften und Verbänden des öffentlichen Dienstes“ im November 1976 mit einer neuen Tarifgemeinschaft die Los­lösung von der ÖTV besiegeln. Auf diese erste Emanzipation von einer DGB-Gewerkschaft wird später, im September 2005, die zweite folgen, die dann zur tarifpolitischen Eigenständigkeit des Marburger Bundes führt. 1978 wählt der 81. Deutsche Ärztetag überraschend Karsten Vilmar, bis dahin Vizepräsident, an die S ­ pitze der Bundesärztekammer. Ein angestellter Arzt aus dem Marburger Bund bekleidet das höchste Amt in der ver-

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fassten Ärzteschaft – ein Novum und zugleich der Beginn einer unvergleichlichen Ära. Mit Vilmars Wahl vollzieht sich auch ein Stilwechsel. Der neue Präsident verspricht mehr Offenheit und mehr Unbefangenheit gegenüber der Öffentlichkeit. Vilmar ist nun Repräsentant aller Ärztinnen und Ärzte. Den Vorsitz im Marburger Karsten Vilmar (li.) übergibt das Amt des 1. Vorsitzenden an Jörg-Dietrich Hoppe Bund gibt er ab: Am 3. November 1979 wählen die Delegierten des Marburger Bundes auf der 56. Hauptversammlung in als Kassenärztin oder Kassenarzt. Mitte der 80er ­Jahre Köln Karsten Vilmar zum Ehrenvorsitzenden und Jörgrückte die Struktur der ärztlichen Versorgung in der Dietrich Hoppe zum neuen Bundesvorsitzenden des Bundesrepu­blik Deutschland in den Mittelpunkt des Verbandes. Interesses.“ „In den 80er Jahren waren die Auswirkungen der in der zweiten Hälfte der 70er Jahre begonnen Kostendämpfungspolitik im Gesundheitswesen deutlich zu spüren“, charakterisiert Jörg-Dietrich Hoppe 1996 rück­blickend die politische Agenda seiner zehnjährigen Amtszeit an der Spitze des Marburger Bundes. „Die Arbeit des Marburger Bundes war gekennzeichnet durch rapide zunehmende Arztzahlen und eine intensive Diskussion um die Qualität der ärztlichen Ausbildung, um den Wert der ärztlichen Approbation und die Bedeutung der ­Weiterbildung zum Gebietsarzt. Wichtiges Thema war nach wie vor die Niederlassungsmöglichkeiten

Hoppe ist im Rheinland verwurzelt. Nach seinem Medi­ zinstudium an der Universität zu Köln von 1960 bis 1965 ­arbeitet er zunächst zwei Jahre als Medizinalassistent und als Assistenzarzt in der Inneren Medizin und bildet sich in den Fachgebieten Pathologie und Allgemein­ medizin weiter. Anschließend wird er Oberarzt für Patho­logie in Solingen und Düren, von 1982 bis 2006 ist er Chefarzt des Instituts für Pathologie des Dürener Krankenhauses. Hoppe steht ein Jahrzehnt an der Spitze des Bundesverbandes, bevor er zum Ehrenvorsitzenden ernannt wird. 1999 wird er Präsident der Bundesärztekammer.


WICHTIGE WEGMARKEN

1976 DAS KOMPLETTE ­Z E I TZ E U G E N - I N T E R V I E W M I T K A R ST E N V ­ ILMAR VOM MAI 2022 IM ­W O R T L A U T U N T E R :

Wir waren auch mit in der Tarifkommission der DAG und konnten da auch unseren Senf dazu geben. In den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes haben wir Positionen vertreten, über die dann die ÖTV-Leute meckerten. Die hatten ohnehin den Anspruch, alleinvertretend für die Angestellten Tarifverträge schließen. Daraufhin haben wir mit der DAG und der Gemeinschaft von Gewerkschaften und Verbänden des öffentlichen Dienstes eine neue Tarifgemeinschaft im öffentlichen Dienst gegründet und haben gegenüber den Arbeitgebern nachgewiesen, dass wir mehr Angestellte in unserer Tarifgemeinschaft vertreten als die ÖTV. Damit waren wir zu den Tarifverhandlungen zugelassen und haben mitverhandelt. Karsten Vilmar im Mai 2022 über die tarifpolitische Kooperation mit der DAG

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1988

Anders als in der Frühzeit des Marburger Bundes haben sich die Verhältnisse zwischen angestellten und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte inzwischen umgekehrt: Die Angestellten im Krankenhaus sind zahlenmäßig in der Mehrheit. Durch die Bildungsoffensive in den 1970er Jahren und den Aufbau neuer medizinischer Fakultäten hat sich die Anzahl der Krankenhausärzte in den 1980er Jahre so stark erhöht, dass schon bald von einer „Ärzteschwemme“ die Rede ist. Die Stellenpläne der Krankenhäuser bleiben dennoch begrenzt, Ausbeutung ärztlicher Arbeitskraft ist Alltag. Der Marburger Bund reagiert mit einer Medienkampagne auf die überlangen Arbeitszeiten: „Runter von der 80 Stunden-Woche!“

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WICHTIGE WEGMARKEN Höchst umstritten ist in dieser Zeit die Einführung des sogenannten „Arztes im Praktikum“ (AiP). Eine entsprechende Verordnung tritt im Oktober 1984 in Kraft, die erste AiP-Phase soll Mitte 1987 beginnen. Medizinstudierende kritisieren, dass damit der Berufseinstieg um zwei Jahre verzögert wird. Für viele bleibt unverständlich, dass der Marburger Bund die AiP­-Phase befürwortet hat. Der AiP erscheint der Spitze als kleineres Übel angesichts einer drohenden Arbeitslosigkeit. Um gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit unter Ärzten besser vorzugehen, wird 1988 die gemeinnützige Marburger Bund-Stiftung gegründet. Mit einer Vielzahl von Qualifikations-­und Informationsveranstaltungen sollen die Chancen arbeitssuchender Ärzte verbessert werden.

Bundesvorstand des Marburger Bundes im Jahr 1989 (v. l. n. r.: Klaus-Dieter Wurche, Joachim Grifka, Rudolf Henke, Frank Ulrich Montgomery, Sibylle Eberle, Dieter Mitrenga, Jutta Oberer)

November 1989: An der Tariffront enden die 1980er Jahre vergleichs­weise versöhnlich: Marburger Bund, DAG und Arbeit­ geber einigen sich im März 1988 bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst auf Gehaltserhöhungen für Krankenhausärzte. Zudem wird eine schrittweise Verkürzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden ab dem Jahr 1989 vereinbart.

Auf der 76. Hauptversammlung wird Dr. Frank Ulrich M ­ ontgomery ­neuer Bundesvorsitzender des Marburger Bundes. Zum 2. Vorsitzenden wird Rudolf Henke gewählt. Beide – Montgomery wie Henke – sind M ­ itte ­dreißig, können aber trotzdem schon auf einige berufspolitische Erfahrungen in ihren Landesverbänden zurückblicken. Als sie Ende 1989 in ihre Ämter kommen, ist nicht abzusehen, dass der Marburger Bund auf Bundesebene über drei Jahrzehnte von diesen beiden sehr verschiedenen Männern geprägt ­werden wird. Montgomery kommt in politisch bewegten Zeiten an die Spitze des V­ erbandes. Die Berliner Mauer ist gerade gefallen, die SED-Diktatur in der DDR neigt sich dem Ende zu und Rufe nach einer Vereinigung der deutschen Staaten werden laut.

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WICHTIGE WEGMARKEN

Einheit in der Vielfalt – der Marburger Bund wächst zum gesamtdeutschen Verband Das Jahr 1990 steht für den Marburger Bund ganz im Zeichen der deutschen Vereinigung. Und das in mehrfacher Hinsicht: Nach der Maueröffnung im November 1989 geht es politisch zunächst um die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung in der DDR. Schnell erwächst daraus eine Aufgabe viel größerer Dimension: eine Vereinigung der Gesundheitssysteme von Ost und West. Der Marburger Bund betreut die aus der DDR übergesiedelten Kolleginnen und Kollegen und knüpft intensive Kontakte zu regionalen Ärzteorganisationen der DDR. Der 1. und 2. Vorsitzende reisen wochenlang durch die DDR, um zu informieren, zu beraten und zusammenzuführen. Manchmal steht ganz praktische Hilfe im Vordergrund. Die neuen Kolleginnen und Kollegen brauchen vor allem eine Bürogrundausstattung, Schreibmaschinen sind sehr gefragt. Eine Aufbruchstimmung im doppelten Sinne weht durch die Zeilen von Henke, wenn er sich an die Zeit nach der Maueröffnung erinnert:

Rudolf Henke und Frank Ulrich Montgomery Anfang der 1990er Jahre

Gleich am Anfang konnten wir uns näher kennenlernen, als wir gemeinsam im Auto durch die damals geöffnete DDR fuhren, um deutsche Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen, von denen wir bis dahin durch Mauer, Stacheldraht und Diktatur getrennt geblieben waren. Welch ein Glück. Rudolf Henke im Jahr 2007 über die Zeit nach dem Mauerfall

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Wir haben sofort gemerkt, dass es für den Marburger Bund, übrigens genauso wie für andere Verbände, ganz wichtig ist, rüber zu gehen. Ich habe mir dann die ersten sechs Monate 1990 mehr oder weniger frei genommen in der Klinik – ich hatte das Privileg, dass mein Chef mich sehr unterstützte in diesen Dingen – und bin dann teilweise mit Rudolf Henke, teilweise mit anderen zusammen in die DDR gefahren. Wir haben damals von einer Liverpooler Pharma-Firma Grundausstattungen für die Einrichtung eines Büros bekommen. Das war ein Computer damaliger Bauart, wirklich ein einfaches Gerät, ein Drucker, 5.000 Blatt Papier, 2.000 Briefumschläge, Bleistifte, Radiergummis, was es in der DDR alles so im freien Markt nicht gab. Diese Pakete habe ich dann auf die Ladefläche des Toyota Corolla Kombi meiner Frau geladen und bin damit in die DDR gefahren. Frank Ulrich Montgomery im Juli 2022 über die Zeit nach dem Mauerfall

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D A S Z E I TZ E U G E N - I N T E R V I E W MIT FRANK ULRICH M ­ O N TG O M E R Y V O M JULI 2022 IM WORTLAUT UNTER:

Computer-Fortbildung in den frühen 1990er-Jahren

Neben dem Bundesverband sind es auch die Landesverbände des Marburger Bundes, die Ärzteinitiativen in der letzten Phase der DDR tatkräftig unterstützen. Es entwickelt sich ein Prinzip der Patenschaft, die einzelne Landes­verbände aus dem Westen zu den Initiativen in Ostdeutschland übernehmen. Am 8. März 1990 beschließen über 1.100 Ärztinnen und Ärzte in einer Versammlung im Leipziger Gewandhaus die Gründung des ersten Landesverbandes des Marburger Bundes in der damaligen DDR. Mit überwältigender Mehrheit stimmen sie für die Gründung des Landesverbandes Sachsen.


WICHTIGE WEGMARKEN

Am 5. Mai konstituiert sich der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Es gründen sich weitere neue Landesverbände in Ostdeutschland. Die deutsch-deutsche Vereinigung des Marburger Bundes findet am 1. Dezember 1990 ihren organisatorischen Abschluss. An diesem Tag gründen in Magdeburg Ärztinnen und Ärzte den Landes­verband Sachsen-Anhalt des Marburger Bundes.

1990

Die Organisation im neuen Berufsverband ist das eine, die gewerkschaftliche Vertretung das andere. Der Marburger Bund erstreitet neben anderen Gewerkschaften in den ersten Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in der DDR bessere Löhne und Gehälter. Gleichzeitig vereinbaren die Parteien ab Oktober Tarifverhandlungen für die schrittweise Übernahme des Bundes-Angestelltentarifvertrages.

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Der EuGH stellt klar: Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit

Gleichzeitig unterstützt der Marburger Bund Mitglieder, die den Grundsatz Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gerichtlich durchsetzen wollen. Sämtliche Klagen werden

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gewonnen. Wie groß der Leidensdruck der Ärztinnen und Ärzte ist, bestätigen im Januar 2002 Ergebnisse von Arbeitszeituntersuchungen in hessischen und niedersächsischen Kliniken: Zahlreiche Kliniken missachten das Arbeitszeitgesetz, Ärzte werden angehalten, überlange Marathonschichten von weit über 30 Stunden am Stück zu leisten, Überstunden und Bereitschaftsdienste werden nicht registriert und unzureichend vergütet. Bei einem Arbeitszeitgipfel im März 2002 kündigt Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Anerkennung des EuGH-Urteils vom Oktober 2000 an. Da zeichnet sich bereits ab, dass die Rechtsprechung der Auffassung des Marburger Bundes folgt. Im Februar 2003 entscheidet das Bundesarbeitsgericht, dass Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit anerkannt werden müssen – aus Sicht des Marburger Bundes ein juristischer K.-o.-Schlag für die Bundesregierung.

In einem vom Marburger Bund unterstützten Verfahren schafft der Europäische Gerichtshof (EuGH) im September 2003 dann endgültig auch für Deutschland arbeitsrechtliche Fakten mit weitreichenden Folgen für Ärzte in Krankenhäusern. Im Fall des schleswig-holsteinischen Klinikarztes Norbert Jäger urteilt das Gericht über die Bewertung von Bereitschaftsdiensten und stellt erneut klar: Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Marburger Bundes. Es wird allerdings noch Jahre dauern, bis das Urteil auch Gesetzeskraft in Deutschland erlangt. Im Januar 2007 endet die gesetzliche Übergangsfrist zur Einführung des verbesserten Arbeitszeitgesetzes in Krankenhäusern. Fortan muss in allen Kliniken Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gewertet werden.

2003

Foto: © carterdayne, www.istockphoto.com

Für manche tarifpolitische Auseinandersetzung braucht man Rückenwind durch die Gerichte. Seit Jahren kämpft der Marburger Bund dafür, den Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anzuerkennen und nicht weiter als Ruhezeit zu behandeln. Da kommt es im Oktober 2000 zu einem ersten Paukenschlag aus Straßburg: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) unterstützt die Position spanischer Klinikärzte: Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. In den Folgejahren bestätigen immer mehr deutsche Gerichte die Relevanz des europäischen Richterspruchs auch für hiesige Klinikärzte. Der Druck auf die Bundesregierung, das Arbeitszeitgesetz entsprechend zu ändern, wächst. Doch zunächst zweifelt die Regierung noch die Bindungswirkung des EuGH-­Urteils für Deutschland an.


WICHTIGE WEGMARKEN

2004 übernimmt Armin Ehl (re.) die Hauptgeschäftsführung des Bundes­verbandes des Marburger Bundes von Dr. Dieter Boeck, der den Verband seit 1977 geschäftsführend geleitet hatte. Der Bundesvorstand beauftragt Ehl mit seiner ersten Mission: Dem Umzug des Marburger Bundes von Köln in die Bundeshauptstadt Berlin. Der Bundesverband zeigt fortan Präsenz im Herzen Berlins, zehn Minuten vom Bundestag und Hauptbahnhof entfernt und nur einen Steinwurf von der Charité.

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Der Marburger Bund erkämpft arztspezifische Tarifverträge Anfang 2005 zeichnet sich ab, dass der bisher für angestellte Ärztinnen und Ärzte geltende Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) durch ein neues Tarifwerk ersetzt wird, den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die neue Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, in der die DAG und die ÖTV aufgegangen sind, hat konkrete Vorstellungen entwickelt und verhandelt über einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Der Marburger Bund sitzt zwar mit am Tisch, hat aber zunächst nur eine Nebenrolle inne. Das an die DAG erteilte Verhandlungsmandat war nach der Gründung von Verdi an die neue Dienstleistungsgewerkschaft übergegangen.

2005

Einer der Knackpunkte in den Verhandlungen betrifft die Ärztinnen und Ärzte mehr als jede andere Berufsgruppe im öffentlichen Dienst: Anders als bisher soll für die Bezahlung im neuen Tarifvertrag nicht mehr das Lebensalter, sondern das Dienstalter entscheidend sein. Das ist ein klarer Affront gegenüber den Ärztinnen und Ärzten, die aufgrund der langen Ausbildung ihre Berufstätigkeit erst später als andere Beschäftigte aufnehmen können und dementsprechend durch die Dienstalter-Regelung finanziell erheblich benachteiligt wären. Immer mehr

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Erster bundesweiter Streik- und Protesttag in Berlin am 5. August 2005

Ärztinnen und Ärzte durchschauen das Spiel, das mit ihnen getrieben wird. Es rumort gewaltig an der Basis. Vor allem jüngere Ärztinnen und Ärzte machen mobil und organisieren erste Protestversammlungen. Längst geht es um mehr als nur einzelne Regelungen im neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Die Grundsatzfrage steht im Raum: Soll die Verhandlungsgemeinschaft mit Verdi weitergeführt werden oder nicht? In Gesprächen mit dem Marburger Bund lehnt Verdi eine Änderung des neuen Tarifvertrages zugunsten der Ärzte ab. Verdi hält es nicht der Mühe für wert, die spezifischen Arbeitsbedingungen von Ärzten in ihrem n ­ euen Tarifvertrag zu berücksichtigen. Dadurch wird klar: Der Marburger Bund kann innerhalb der bestehenden Verhandlungsgemeinschaft keine besseren Tarif- und Arbeitsbedingungen für seine Mitglieder erreichen. Nachdem der Vorstand und der Tarifexperte in der Geschäftsführung, Lutz Hammerschlag, zunächst noch auf Änderungen des TVöD im Sinne der Ärztinnen und Ärzte gehofft hatten, müssen sie erkennen, dass diese Hoffnung vergebens war und der Druck der Basis eine Kursänderung erfordert.

Auf einer Sonderhauptversammlung des Marburger Bundes im September 2005 beschließt der 1. Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery seinen Rechenschafts­ bericht vor den Delegierten mit den Worten: „In großer Verantwortung für die deutsche Ärzteschaft lehnen wir den TVöD ab.“ – Die Versammlung fasst einen Beschluss, der einen kompletten Neuanfang in der Tarifpolitik des Marburger Bundes markiert: Die Verhandlungsgemeinschaft mit Verdi wird aufgekündigt und Verdi das Verhandlungsmandat für die angestellten Ärzte entzogen. Gleichzeitig fordert die Hauptversammlung die Krankenhausträger dazu auf, mit dem Marburger Bund in Verhandlungen über einen arztspezifischen Tarifvertrag zu treten. Es ist die Neuaufstellung des Marburger Bundes als selbstständiger Tarifakteur. Ein Meilenstein in der Geschichte des Verbandes. Im Oktober 2005 nehmen der Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) offiziell Tarifverhandlungen auf. Kernforderungen des Marburger Bundes für die Ärzte an den Universitätskliniken: Rücknahme der Kündigung von Tarifverträgen zur Arbeitszeit und zum Weihnachts- und Urlaubsgeld, eine deutliche


WICHTIGE WEGMARKEN

Erhöhung der Grundvergütung um 30 Prozent sowie die vollständige Vergütung sämtlicher Überstunden und Bereitschaftsdienste. Um auch die kommunalen Arbeitgeber zur Aufnahme von Verhandlungen zu bewegen, protestieren am 19. Oktober mehrere tausend Ärztinnen und Ärzte in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Mannheim, Leipzig, Dresden, Erfurt, Freiburg, Heidelberg, Wiesbaden und Göttingen. Der Marburger Bund erhöht den Druck und kündigt im Dezember den BAT. Unter dem Druck der anlaufenden Vorbereitungen für Ärztestreiks willigt die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) im Januar 2006 zunächst in Gespräche und dann in Verhandlungen mit dem Marburger Bund ein. Im März 2006 protestieren rund 7.500 Ärzte in 27 Universitätskliniken und 14 Landeskrankenhäusern im Rahmen eines bundesweiten Warnstreiks erneut gegen die ins Stocken geratenen Tarifverhandlungen mit der TdL. Da sich die Ländervertreter weiterhin konstruktiven Gesprächen verschließen, erklärt der Marburger Bund die Verhandlungen für gescheitert und leitet eine Urabstimmung ein. 98,4 Prozent der Ärzte sprechen sich für Arbeitskampfmaßnahmen aus.

2006 2006: Ärztestreiks an Unikliniken und ­kommunalen Krankenhäusern

Der größte Ärztestreik in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beginnt am 16. März mit einer ersten Welle an den Unikliniken Freiburg, Heidelberg, ­München, Würzburg, Essen, Bonn, Mainz und Halle. Sowohl die Tarifverhandlungen mit der VKA für die Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern als auch das Spitzengespräch zwischen Marburger Bund-Chef M ­ ontgomery und dem TdL-Vorsitzenden Möllring zur Lösung des Tarifkonflikts an den Uni- und Landeskliniken verlaufen im Mai 2006 weitgehend ergebnislos.

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Die kommunalen Arbeitgeber bestehen auf der Einführung des vom Marburger Bund bereits abgelehnten TVöD. Der Marburger Bund bricht die Tarifverhandlungen daraufhin ab. Bei einer Urabstimmung sprechen sich 97,1 Prozent der Ärzte für Streiks an kommunalen Krankenhäusern aus, die am 26. Juni beginnen. Bereits zwei Tage später streiken bundesweit über 10.000 Ärzte in 45 Städten. Unterdessen erreicht der seit März andauernde Arbeitskampf an Uni- und Landes­ kliniken am 14. Juni mit knapp 14.000 streikenden Ärzten in bundesweit 43 Kliniken einen neuen Höhepunkt. Zwei Tage später einigen sich Marburger Bund und TdL auf den Abschluss des ersten arztspezifischen Tarifvertrages in Deutschland. Unter dem Druck des massiven Ärztestreiks an kommunalen Krankenhäusern erklärt sich die VKA im Juli bereit, die Tarifverhandlungen mit dem Ziel eines arztspezifischen Tarifabschlusses wieder aufzunehmen. Winkelzüge und Mogelpackungen der VKA verhindern eine rasche Einigung. Im August 2006 unternehmen Marburger Bund und VKA einen weiteren Anlauf. Begleitet wird die Verhandlungsrunde am 14. August von den bisher massiv­sten Ärztestreiks in kommunalen Kliniken. Insgesamt legen bundesweit 17.300 Mediziner in 185 Krankenhäusern ihre Arbeit nieder, allein 3.000 reisen zu einer Großdemonstration nach Frankfurt am Main. Drei Tage später ist die Tarifeinigung für Ärzte in kommunalen Kliniken perfekt.

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WICHTIGE WEGMARKEN

November 2007: Rudolf Henke folgt auf Frank Ulrich Montgomery Neuer 1. Vorsitzender des Marburger Bundes wird im November 2007 Rudolf Henke, der 18 Jahre als 2. Vorsitzender neben Montgomery gewirkt hat. Auch Henke ist Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer, schon seit 1995. Er ist ein gesundheitspolitischer Macher, der ohne viel Aufhebens politisch auf verschiedenen Ebenen wirkt und dabei viel für die Ärztinnen und Ärzte erreicht. Im ­September 2009 wird er für die CDU in den Deutschen Bundestag gewählt und Mitglied im Gesundheitsausschuss. Das Direktmandat in seinem Aachener Wahlkreis

Monti nimmt Abschied In den zurückliegenden Monaten der Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern hat der 1. Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery an der Spitze der Bewegung gestanden. Sein öffentliches Auftreten für die Sache der Ärztinnen und Ärzte und seine Eloquenz tragen maßgeblich zum Verständnis der ärzt­lichen Anliegen in der Öffentlichkeit bei. Trotz der massiven Streiks gibt es in der Bevölkerung viel Sympathie für die Forderungen der Ärztinnen und Ärzte. Nach 18 Jahren an der Spitze des Marburger Bundes gibt Monti, wie ihn alle nennen, im November 2007 auf der Hauptversammlung in Berlin den Vorsitz ab und wird Ehrenvorsitzender des Verbandes. Er ist bereits Vizepräsident der Bundesärztekammer, 2011 wird er als Nachfolger von Jörg-Dietrich Hoppe vom Deutschen Ärztetag zum Präsidenten der Bundesärztekammer gewählt – ein Amt, das er acht Jahre bekleiden wird.

erringt Henke noch zwei weitere Male. Seit November 2011 ist er als Nachfolger von Jörg-Dietrich Hoppe zudem Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Nach zwölf Jahren als 1. Vorsitzen­der des Bundesverbandes verab­schiedet sich Rudolf Henke im November 2019 von der S ­ pitze des Marburger Bundes und wird zum Ehren­vorsitzenden ernannt. Ihm folgt erstmalig eine Frau auf diesem Posten nach: Dr. Susanne Johna setzt sich in der Wahl zur 1. Vorsitzenden gegenüber Dr. Andreas Botzlar durch, der ­weiterhin 2. Vorsitzender bleibt.

2007 Dr. Andreas Botzlar

Der gelernte Chirurg ist seit November 2007 der 2. Vorsitzende des Bundes­ verbandes. Sein berufspolitischer Schwerpunkt ist die Arbeits- und Tarifpolitik. Seit November 2009 ist Botzlar Vorsitzender der Kleinen Tarifkommission. Im Juli 2016 übernimmt er den Vorsitz des Landesverbandes Bayern des Marburger Bundes. Seit 2018 ist er 1. Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer. In der Tarifarbeit weist er beharrlich auf die nach wie vor unangemessene Bezahlung von Diensten in der Nacht hin: „Die Bezahlung für die Nachtarbeit bleibt hinter dem zurück, was in anderen Branchen, beispielsweise in der Industrie, längst üblich ist. Das darf so nicht bleiben. Wer nachts stundenlang höchst konzentriert operiert, kann dafür auch eine deutlich höhere Vergütung als am Tag erwarten. Wir wollen hier ganz bewusst umsteuern, um zu verhindern, dass immer mehr regelhafte Arbeit in der Nacht stattfindet, weil das am Ende günstiger ist, als neues Personal einzustellen.“

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Kampf um die Koalitionsfreiheit – Tarifpluralität bleibt erhalten

2010

„Im streitgegenständlichen Zeitraum bestand bei der Beklagten eine Tarifpluralität.“ Ein Satz mit großer Wirkung aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2010 (4 AZR 537/08). Das Urteil markiert eine Wende in der Rechtsprechung zur Frage, ob in einem Betrieb auf dieselben Arbeitsverhältnisse nur ein Tarifvertrag Anwendung finden kann (Tarifeinheit) oder auch tarifplurale Regelungen denkbar sind. Mit seinem Urteil machte der 4. Senat des BAG klar, dass aufgrund unmittelbarer Tarifgebundenheit bestehende Regelungen nicht nach dem Grundsatz der Tarifeinheit aufgelöst werden müssen. Einen solchen Rechtsgrundsatz gebe es nicht. Damit stärkt das Gericht Berufsgewerkschaften wie den Marburger Bund, die für ihre Mitglieder eigene Tarifverträge abschließen und sich nicht länger dem Tarifdiktat einer sogenannten Einheitsgewerkschaft unterwerfen wollen. Auch bei diesem wegweisenden Urteil

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hat ein Mitglied des Marburger Bundes Rechtsgeschichte geschrieben. Die Klägerin erhielt dabei Unterstützung vom Landesverband Baden-Württemberg.

Die Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts hat sich bereits im Januar 2010 angekündigt. Schon seit den Lokführerstreiks im Jahr 2007 gibt es zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ein grundsätzliches Übereinkommen, die Tarifeinheit zu wahren, um kleinere Gewerkschaften in die Schranken zu weisen. Im Hintergrund arbeiten beide Seiten längst an einer Gesetzesinitiative, als das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz der Tarifeinheit zugunsten der Tarifpluralität und der grundgesetzlich verbrieften Koalitionsfreiheit aufgibt. Am 4. Juni 2010 gehen BDA und DGB schließlich mit ihrer Ge-

setzesinitiative zur Wahrung der Tarifeinheit im Betrieb an die Öffentlichkeit. In einer Pressekonferenz nehmen sie die Rechtsprechungsänderung des BAG zum Anlass, eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit zu fordern. Im Tarifvertragsgesetz soll festgelegt werden, dass bei sogenannter Tarifkonkurrenz nur der Tarifvertrag anwendbar ist, an den die Mehrzahl der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb gebunden ist. Im Klartext heißt das: Hat eine Gewerkschaft mehr Mitglieder in einem Betrieb als eine andere, gilt der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft.

Abwehrkampf gegen den Zwang zur ­Tarifeinheit Den Verantwortlichen im Marburger Bund wird sofort klar, welche Gefahr dem Verband und seiner noch jungen eigenständigen Tarifarbeit droht: In solchen Betrieben, wo der Marburger Bund weniger Mitglieder als Verdi hat, würden seine Tarifverträge durch den von Verdi getragenen TVöD verdrängt. Denn nach wie vor gibt es im TVöD Regelungen für Ärztinnen und Ärzte. Auch wenn längst jedem klar ist, dass der Marburger Bund die legitime Vertretung der Ärzte in den Krankenhäusern ist – die


WICHTIGE WEGMARKEN

arztspezifischen Tarifverträge werden von den Arbeitgebern automatisch auf alle Ärzte angewandt –, so sind doch die angestellten Ärztinnen und Ärzte im Verhältnis zu Pflegekräften und anderen Beschäftigten in den Krankenhäusern zahlen­mäßig in der Minderheit. Aber auch für die Branchengewerkschaft Verdi birgt eine gesetzliche Tarifeinheit nach dem Mehrheitsprinzip ein Risiko. Vielfach ist der Organisationsgrad der Dienstleistungsgewerkschaft in den Kliniken so niedrig, dass sie sich der Gewerkschaftsmehrheit „Kein Tarifknast für Gewerkschaften!“ Rudolf Henke während einer Protestaktion vor dem Kanzleramt in Berlin am 4. April 2011 im Betrieb nicht sicher sein kann.

2011

Was aber für Verdi und viele andere im Deutschen Gewerkschaftsbund viel schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass mit der Gesetzesinitiative mittelbar auch das Streikrecht der Minderheitsgewerkschaft in Frage gestellt wird. Schließlich ist das Streikrecht nach hiesiger Rechtsprechung an ein tariflich regelbares Ziel geknüpft. Ein Streik ist also nur dann rechtmäßig, wenn er zum Ziel hat, einen Tarifvertrag abzuschließen. Was aber, wenn der zu erstreikende Tarifvertrag gar keinen

Bestand mehr hat, weil er durch einen anderen, den der Mehrheitsgewerkschaft, verdrängt wurde? Diese Frage wird die nächsten Jahre der Auseinandersetzung um die gesetzliche Tarifeinheit maßgeblich mitbestimmen und zwingt bereits wegen erheblichen Aufruhrs an der Basis Verdi dazu, sich aus der Initiative des DGB zurückzuziehen. Ein Jahr später, am 7. Juni 2011, distanziert sich sogar der DGB mit dürren Worten von seiner eigenen Initiative: „Das politische Ziel der Tarifeinheit ist

und bleibt richtig, um die Tarifpolitik zu stärken und die Tarif­autonomie sicherzustellen. Der DGB sieht allerdings unter den gegebenen Bedingungen keine Möglichkeit, die Initiative von BDA und DGB weiterzuverfolgen.“ Mit „gegebenen Bedingungen“ war nicht nur der Druck der Verdi-Basis gemeint. Der Marburger Bund und andere Berufsgewerkschaften hatten unmittelbar nach Bekanntwerden der BDA-DGB-Initiative alle M ­ öglichkeiten

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75 JAHRE MARBURGER BUND

der Öffentlichkeitsarbeit genutzt, um die geplante Aushebelung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit aus Artikel 9 Absatz 3 der Verfassung anzuprangern. „Nach den Plänen von DGB und BDA könnte Verdi im Krankenhaus als stärkste Gewerkschaft künftig auch die tarifpolitische Vertretung der Ärzte beanspruchen. Das werden wir nicht hinnehmen. Wir lassen uns nicht wie Lämmer zur Schlachtbank führen“, sagt der 1. Vorsitzende Rudolf Henke im November 2010 dem Berliner „Tagesspiegel“. Und gegenüber der „tageszeitung“ spricht Henke im März 2011 das aus, was auch andere Gewerkschaften empfinden: „BDA und DGB wollen ihr Machtkartell in der Tarifpolitik erhalten, der DGB sagt uns den Kampf an.“ Der Abwehrkampf des Marburger Bundes ist zunächst erfolgreich. Im Bundestag melden sich Skeptiker aus Union und FDP zu Wort, auch wenn der Einfluss von BDA und DGB unübersehbar ist. Es ist in dieser Zeit für den Verband von großem Vorteil, dass mit Rudolf Henke ein überzeugter Verfechter der Koalitionsfreiheit in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Sitz und Stimme hat. Am Ende der Legislaturperiode im Herbst 2013 hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition trotz heftigen

(v. l. n. r.) Sylvia Bühler und Frank Bsirske (beide ­Verdi) sowie Rudolf Henke und Andreas Botzlar bei der Unterzeichnung der Vereinbarung zum ­Tarifeinheitsgesetz

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­ erbens der Arbeitgeberverbände kein Gesetz zur TarifW einheit auf den Weg gebracht. Das ändert sich, als Union und SPD Ende 2013 eine Regierung bilden. Beide Parteien hatten sich in ihren Wahlprogrammen bereits zur Tarifeinheit bekannt und ein Gesetz versprochen. Wieder zieht der Marburger Bund alle Register, um das Gesetz aufzuhalten. Gemeinsam mit der Tarifunion des Deutschen Beamtenbundes ruft er ein Bündnis für Koalitionsfreiheit ins Leben, dem sich

auch die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und der Deutsche Journalistenverband anschließen. Man organisiert originelle Protestaktionen vor dem Kanzleramt, führt Gespräche im Bundestag, organisiert ein eigenes Hearing zum geplanten Tarifeinheitsgesetz und geht gemeinsam vor die Bundespressekonferenz. Gegen das Lobbying der Arbeitgeberverbände und die wieder klar erkennbare Unterstützung der DGB-Spitze für ein Tarif­einheitsgesetz – mit Ausnahme von Verdi – ist aber kein Kraut gewachsen. Bundesarbeitsministerin Andrea ­Nahles (SPD) treibt das Gesetzesvorhaben trotz mancher Einwände und Bedenken in der Regierungskoalition voran, um die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifpluralität auszuhebeln. Der im Oktober 2014 vorgestellte „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz)“ ­entspricht ­weitgehend


WICHTIGE WEGMARKEN

2015

den Vorschlägen von BDA und DGB aus dem Jahr 2010: Der „repräsentativere“ Tarifvertrag soll fortan Vorrang ­haben, die Minderheitsgewerkschaft wird mit einem Anhörungsrecht abgespeist und darf die Regelungen im Tarifvertrag der größeren Gewerkschaft übernehmen. Die Absage an eine grundsätzliche Tarifpluralität beschließt der Deutsche Bundestag im Mai 2015.

Juli 2015: Verfassungs­beschwerde gegen Tarif­einheitsgesetz Unmittelbar nach Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes im Juli 2015 legen der Marburger Bund, die Vereinigung Cockpit, der Deutsche Journalistenverband, die dbb tarifunion und Verdi getrennt voneinander Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz ein. Der Marburger Bund sieht sich durch die Rechtsauffassung des früheren Verfassungsrichters Professor Udo di Fabio in seiner Ablehnung des Gesetzes gestärkt: Er kam bereits im September 2014 in einem vom Marburger Bund in Auftrag gegebenen Gutachten zu dem Urteil: Ein gesetzlicher Zwang zur Tarifeinheit ist verfassungswidrig.

2017

Es dauert weitere zwei Jahre, bis das Bundesverfassungsgericht im Juli 2017 über die Verfassungs­ beschwerde entscheidet: Sechs der acht Richter halten das Tarifeinheitsgesetz für überwiegend verfassungskonform, fordern aber Nachbesserungen zum Schutz der Minderheitsgewerkschaften. In einem Sonder-

votum erklären eine Richterin und ein Richter, warum sie das Tarif­einheitsgesetz für unvereinbar mit Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes halten. Das Gericht stellt klar, dass das Streikrecht der Minderheitsgewerkschaft unangetastet bleibt und die Möglichkeit besteht, die Wirkung des Gesetzes durch Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber und der konkurrierenden Gewerkschaft abzuwenden. Damit bleibt dem Marburger Bund genug Spielraum, weiterhin als eigenständige Gewerkschaft zu agieren und arztspezifische Tarifverträge für seine Mitglieder zu schließen. Schnell wird Einigkeit mit Verdi über den Umgang mit dem Tarifeinheitsgesetz erzielt: Am 1. Dezember 2017 vereinbaren beide Gewerkschaften, dass ihre Tarif­ verträge nicht durch die der jeweils anderen verdrängt werden können. Das soll in den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern jeweils zur Bedingung gemacht werden. „Die Tarifpluralität in Krankenhäusern ist eine Tatsache, die wir respektieren. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen“, erklärt der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirkse in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Verdi und Marburger Bund. In der Folgezeit setzt der Marburger Bund in Tarifverhandlungen mit allen großen Klinikarbeitgebern durch, dass die Kollisionsnorm aus dem Tarifeinheitsgesetz nicht zur Anwendung kommt.

Dr. Susanne Johna Die Internistin und Krankenhaushygienikerin wird im November 2019 zur 1. Vorsitzenden des Bundesverbandes gewählt. Seit Mai 2016 ist Johna auch Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer, seit November 2016 Mitglied im Bundesvorstand des Marburger Bundes. Lange Jahre war sie Vorsitzende des Landesverbandes Hessen und macht sich einen Namen als versierte Expertin in verschiedenen Bereichen der Gesundheitspolitik. Dabei kommt ihr auch zugute, dass sie über gesundheitsökonomisches Rüstzeug verfügt, welches sie in einem Zusatzstudium erworben hat. Ihre erste Amtszeit ist durch die Corona-Pandemie geprägt, in der sie einem breiten Publikum als engagierte Verfechterin eines stringenten Infektionsschutzes bekannt wird. In der Politik findet sie auch Gehör mit Vorschlägen zur Reform der Notfallversorgung und der Krankenhaus­strukturen.

2019

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75 JAHRE MARBURGER BUND

Streik – ultima ratio, wenn nichts mehr geht In den Tarifverhandlungen mit den großen Arbeitgeberverbänden muss der Marburger Bund eher selten zum Instrument des Arbeitskampfes greifen. Im Frühjahr 2011 ist die Situation durch die Blockade der kommunalen Arbeitgeber aber so verfahren, dass nur durch einen dreiwöchigen Vollstreik der gordische Knoten durchschlagen werden kann. Lange Jahre sind dann vorerst keine Streiks mehr notwendig, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Erst im Frühjahr 2019 ruft der Marburger Bund die Ärztinnen und Ärzte zu Warnstreiks auf, weil kein Fortschritt in den Verhandlungen mit der VKA zu erzielen ist.

2019

32

Bei diversen Aktionen nehmen im April und Mai 2019 insgesamt rund 12.000 Ärztinnen und Ärzte aus kommunalen Krankenhäusern an Demonstrationen und Kundgebungen teil. Den Auftakt macht am 10. April eine eindrucksvolle zentrale Kundgebung auf dem Römerberg in Frankfurt am Main, wo sich mehr als 5.000 Ärztinnen und Ärzte versammeln – so viele wie noch nie bei einer Streikkundgebung des Marburger Bundes. Der Durchbruch gelingt schließlich in der fünften Verhandlungsrunde: Marburger Bund und VKA einigen sich am 22. Mai 2019 auf einen wegweisenden Tarifabschluss. Wichtige Forderungen sind erfüllt: Der Einstieg in eine bessere Arbeitszeitgestaltung ist geschafft, der Anspruch auf zwei freie Wochenenden im Monat ist tarifvertraglich geregelt. Neue Grenzziehungen reduzieren die Belastung durch Bereitschaftsdienste. Bei der Arbeitszeiterfassung erreicht der Marburger Bund eine


WICHTIGE WEGMARKEN

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75 JAHRE MARBURGER BUND

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WICHTIGE WEGMARKEN

­sprichwörtliche Zeitenwende: Die gesamte Anwesenheit der Ärztinnen und Ärzte gilt als Arbeitszeit und ist genau zu erfassen.

März 2022: Hans-Albert Gehle, Landesvorsitzender Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz, findet klare Worte an die VKA

Als im Februar 2020 die Verhandlungen mit den Ländern zu scheitern drohen, bleibt dem Marburger Bund nichts anderes übrig, als auch in diesem Tarifbereich zu einem Warnstreik aufzurufen. An der zentralen Kundgebung in Hannover nehmen mehr als 3.500 Ärztinnen und Ärzte aus landes­eigenen Universitätskliniken teil. Am 7. März gelingt dann die Tarifeinigung. In wesentlichen Punkten gibt es die vom Marburger Bund geforderten Verbesserungen. So h ­ aben die Ärztinnen und Ärzte mit Wirkung vom 1. Oktober 2020 grundsätzlich höchstens vier Bereitschaftsdienste im Kalendermonat zu leisten. Zusätzlich darf einmal im Quartal ein fünfter Dienst angeordnet werden. Am 31. März 2022 ist es wieder das Verhalten der VKA, das einen bundesweiten Warnstreik notwendig macht. Dem Aufruf folgen Tausende Ärztinnen und Ärzte aus den kommunalen Krankenhäusern, zur zentralen Kundgebung auf dem Römerberg in Frankfurt kommen etwa 4.000 Streikende aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen. Der Warnstreik zeigt Wirkung. Am 4. Mai 2022 erzielen Marburger Bund und VKA nach dreitägigen Verhandlungen einen Tarif­abschluss. Der neue Tarifvertrag sieht eine Reihe von Verbesserungen bei den Arbeits­ bedingungen vor, unter anderem zusätzliche Urlaubstage.

2022

35 Vor der Römerbergkulisse: Susanne Johna, 1. Vorsitzende Marburger Bund Bundesverband, im Interview mit dem ZDF


Unsere Landesverbände Baden-Württemberg

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Nordrhein-Westfalen / Rheinland-Pfalz Wörthstr. 20, 50668 Köln 0221 72 00 37 3

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Kirchheim

Schleswig-Holstein

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36

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Thüringen

Damaschkestr. 25, 99096 Erfurt 0361 34 54 15 2


1 131.000

Der Marburger Bund in Zahlen

WICHTIGE WEGMARKEN

Seit seiner Gründung engagiert sich der Marburger Bund für gute Arbeitsbedingungen, eine angemessene Bezahlung, eine qualitätsorientierte Aus- und Weiterbildung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Gemeinschaft

rund

14 Landesverbände

Mitglieder

rund

150

Tarifverträge unter Beteiligung des Marburger Bundes

57

Juristinnen und Juristen in den Landesverbänden

über

180

Seminare und Weiterbildungsveranstaltungen im Jahr

37


75 JAHRE MARBURGER BUND

„Mit: Sachlichkeit in der Analyse, ehrlicher Kritik in der Selbstbetrachtung, Weitblick für die Zukunft, Bereitschaft für Neuerungen, Geduld für Kompromisse. Und ein immer respektvolles Miteinander.“ Dr. Pedram Emami, MBA 1. Vorsitzender Landesverband Hamburg „‚Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer‘. Der Marburger Bund sollte daher die Kraft behalten, das Erreichte zu verteidigen und die Stärke, die Zukunft des ärztlichen Berufes weiter zu gestalten.“ Dr. Sebastian Roy 1. Vorsitzender Landesverband Thüringen

„Als einzigartige Plattform für Ärztinnen und Ärzte – vom Medi­zinstudium über ihre gesamte Berufslaufbahn hinweg – lebt der Marburger Bund vom gemeinsamen Austausch und Einsatz für den ärztlichen Beruf.“ Pauline Graichen 1. Vorsitzende des Sprecherrates der Medizinstudierenden im Marburger Bund

„Gemeinsam müssen wir die Rahmen­bedingungen für den Arztberuf noch weiter verbessern, damit dieser endlich einem modernen Rollenbild gerecht wird. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte eine Selbstverständlichkeit sein!“

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Dr. Annette Luther 1. Vorsitzende des Sprecherrates der sich weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte

„75 Jahre MB zeigen, wie aus einer guten Idee durch Zusammenarbeit, Mut und Einsatz Europas größte ärztliche Interessenvertretung werden konnte. Gemeinsam werden wir diese Erfolgsgeschichte fortführen.“ Dr. Christian Schwark 1. Vorsitzender Landesverband Hessen

75 Jahre Marburger Bund. Wie können wir auch in Zukunft gemeinsam mehr bewegen?

„Ökonomisierung und Ärztemangel können wir nur gemeinsam begegnen. Im Krankenhaus, der Praxis oder im MVZ – angestellte Ärztinnen und Ärzte sind bei den dringend anstehenden Umstrukturierungen im Gesundheitswesen unverzichtbar.“ Sylvia Ottmüller 1. Vorsitzende Landesverband Baden-Württemberg

„Wir stehen für hochwertige Patientenversorgung mit ausreichenden Ressourcen; für faire Arbeitsbedingungen; für hochwertige Aus-/ Weiterbildung; für Transparenz als Voraussetzung von Akzeptanz und gegen Ökonomisierungszwang.“ Torsten Lippold 1. Vorsitzender Landesverband Sachsen


D A S S A G E N U N S E R E L A N D E S V O R S I TZ E N D E N

„Gemeinsam mehr bewegen durch eine Stärkung und Unterstützung der ärztlichen Mitwirkung in den Personalund Betriebsräten, um eine konsequente Umsetzung unserer tarifvertraglichen Regelungen sicherzustellen.“ Dr. Claudia Hellweg 1. Vorsitzende Landesverband Mecklenburg-Vorpommern

„Wir müssen die Zusammenarbeit der Landesverbände unter Beachtung der regionalen Unterschiede weiter intensivieren. Das ist auch eine Voraussetzung dafür, sich gemeinsam der fortschreitenden Ökonomisierung im Gesundheitswesen wirksam entgegenzustellen.“ PD Dr. Christine Schneemilch 1. Vorsitzende Landesverband Sachsen-Anhalt

„Wir sind die Mitmach-Bewegung mit Biss für Ärzt:innen. Mit jungen Kolleg:innen, mit frischen Ideen und Tatendrang werden wir auch immer gemeinsam mehr bewegen.“ Hans Martin Wollenberg 1. Vorsitzender Landesverband Niedersachsen

„Unser Erfolg wäre nicht ohne unsere Mitglieder möglich gewesen. Ziel muss es sein, möglichst viele angestellte Ärztinnen und Ärzte zur Mitarbeit zu gewinnen.“

„Langfristige Mitgliederorientierung, Interessenvertretung mit Augenmaß, Herzblut und Neugier sind auch weiterhin die Pfeiler für eine erfolgreiche Verbandsarbeit des Marburger Bundes.“ Michael Wessendorf 1. Vorsitzender Landesverband Schleswig-Holstein

Christina Hillebrecht 1. Vorsitzende Landesverband Bremen „Wir dürfen nicht dem aktuellen Zeitgeist hinterherlaufen, sondern müssen bei dem bleiben, wofür diese einzigartige Gemeinschaft 1947 gegründet wurde: wirksame Interessenvertretung von Ärztinnen und Ärzten. Dann können wir viel gemeinsam bewegen!“

Dr. Hans-Albert Gehle 1. Vorsitzender Landesverband Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz

„75 Jahre MB sind eine klare Ansage für die Zukunft: Gleich, ob stationär, ambulant oder im ÖGD tätig, wir MBler sind die gemeinsame Stimme aller Ärztinnen und Ärzte!“ PD Dr. Peter Bobbert 1. Vorsitzender Landesverband Berlin/Brandenburg

„Gute Arbeitsbedingungen, eine angemessene Vergütung und ein vernünftig organisiertes Gesundheitswesen fallen nicht vom Himmel, sondern müssen immer wieder erkämpft werden. Das kann nur eine starke Gemeinschaft wie der Marburger Bund.“ Dr. Andreas Botzlar 1. Vorsitzender Landesverband Bayern

„Um in Zukunft gemeinsam noch mehr bewegen zu können, ist es zunehmend wichtig, dass auch in den Gremien des Marburger Bundes die Ärzteschaft in ihrer gesamten Bandbreite abgebildet ist.“ Gregg Frost 1. Vorsitzender Landesverband Saarland

Fotos: Pauline Graichen © André Wagenzik; Dr. Peter Bobbert © Laackman Fotostudios Marburg, www.psl-online.de

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75 Jahre 75 Jahre Marburger Bund

Auf geht’s in eine starke gemeinsame Zukunft!

www.marburger-bund.de


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