DER Mittelstand. 06/19

Page 1

6/2019 | Dezember 2019 / Januar 2020 | 4,90 Euro

Schwerpunkt: Mittelstand und Arbeitsmarkt

Arbeitswelt im Wandel

Der Soli muss für alle weg S. 8

New Work – neue Chancen für KMU S. 42


WILLKOMMEN IN DER ZUKUNFT BUSINESS MOBIL TARIFE MIT 10 PROZENT VERBANDSVORTEIL  10 %1 auf den monatlichen Grundpreis sparen  Einmaliger Bereitstellungspreis von 25,17 € entfällt  Mit blitzschnellem 5G2  Mehr Datenvolumen in den Tarifen Business Mobil L bis S

5G E INKLURSMIEVHR

AN IMME FÜGBAR2 R ORTEN VE

Weitere Infos erhalten Sie bei Ihrer Verbandshotline unter 0800 33 06009 oder per E-Mail an verbaende-vorteil@telekom.de

Alle Preise netto und zzgl. gesetzlicher USt. Angebot gilt für Berechtigte im Rahmenvertrag TM 195. 1) 10 % Verbandsvorteil gilt in Verbindung mit dem Neuabschluss eines 24-Monats-Vertrags in den Tarifen Business Mobil S bis L ohne und mit Smartphone sowie mit Top-Smartphone. Z. B. Business Mobil M: monatlicher Grundpreis (inkl. 10 % Verbandsvorteil) 40,06 € (ohne Smartphone), 47,61 € (mit Smartphone), 55,17 € (mit Top-Smartphone). Einmaliger Kaufpreis für das Endgerät – je nach gewähltem Endgerät und Tarif – fällt zzgl. an. Im monatlichen Grundpreis sind eine Telefon- und eine SMS-Flatrate in alle dt. Netze enthalten. Ab einem Datenvolumen von 12 GB wird die Bandbreite im jeweiligen Monat auf max. 64 KBit/s (Download) und 16 KBit/s (Upload) beschränkt. 2) Maximal verfügbare LTE-Geschwindigkeit von bis zu 300 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload ist u. a. abhängig vom Endgerätetyp und Netzausbaugebiet und in immer mehr Ausbauregionen verfügbar. An einzelnen 5G-Standorten ist mit geeignetem Endgerät auch eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit möglich. Informationen zum Netzausbau und zur jeweiligen örtlich verfügbaren Mobilfunk-Technologie erhalten Sie unter telekom.de/netzausbau.


3

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Etikettenschwindel beim Soli Mario Ohoven Präsident Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und Europäischer Mittelstandsdachverband European Entrepreneurs (CEA-PME), Herausgeber „DER Mittelstand.“

A

KERNPUNKT KONJUNKTUR: Vom Teil-Wegfall des Soli verspricht sich die GroKo „eine wirksame Maßnahme zur Stärkung der Arbeitsanreize, Kaufkraft und Binnenkonjunktur“. Die konjunkturelle Wirkung könnte umso größer sein, je mehr Mittelständler vollständig von der Sondersteuer befreit werden. Wir wissen aus einer aktuellen Umfrage unter rund 1.000 Mitgliedern unseres Verbandes, dass fast 90 Prozent die dadurch freiwerdenden Mittel in die Digitalisierung ihres Unternehmens investieren Wir haben von Anfang die vollständige Abschaffung des würden, rund 80 Prozent würden FuE-Projekte anstoßen. Soli gefordert – für alle und sofort. In einer Anhörung vor Und jeder zweite wäre bereit, die Einsparungen als LohnAbgeordneten des Finanzausschusses des Deutschen erhöhung an seine Mitarbeiter weiterzugeben. Bundestages habe ich dazu Anfang November ausführlich Stellung genommen. Es sind vor allem drei Kern- Kurzum, wir halten insbesondere die Verlängerung des punkte im Gesetzesentwurf der Bundesregierung, gegen Sonderopfers Soli über das Jahresende 2019 hinaus und die sich unsere Kritik richtet. In mindestens zwei Punk- die Benachteiligung hundert Tausender Steuerzahler für ten halten wir den Entwurf sogar für verfassungswidrig. eindeutig verfassungswidrig. Dagegen muss und wird Aus diesem Grund haben wir als erster Verband bereits sich der Mittelstand wehren. Sobald das verfassungsjetzt eine Verfassungsbeschwerde ausgearbeitet. widrige Gesetz in Kraft getreten ist, werden wir die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht KERNPUNKT ZEIT: Der Soli wurde 1991 als Ergänzungs- einreichen. Schluss mit der Strafsteuer für die Mitte! abgabe eingeführt, um den Finanzbedarf der Wiedervereinigung zu decken. Aus der befristeten Sonderabgabe ist de facto eine reguläre Steuer geworden. Da der Soli nicht zweckgebunden ist, ging 2018 ohnehin weniger als ein Viertel des Aufkommens in den Aufbau Ost. Deshalb ist es höchste Zeit, mit Auslaufen des Solidarpakts II En- Mario Ohoven de 2019 auch den Soli abzuschaffen.

Foto: © Thomas Imo

ls „eine große Entlastung für Arbeitnehmer, Selbstständige und Handwerker“ lobte Bundesfinanzminister Olaf Scholz den geplanten Abbau des Solidaritätszuschlags (Soli) ab 2021 – und somit sich selbst. Das ist, freundlich formuliert, nur die halbe Wahrheit. Es sollen zwar 90 Prozent der Zahler entlastet werden, aber die restlichen zehn Prozent bringen gut die Hälfte des Soli-Gesamtaufkommens von 19 Milliarden Euro auf.

KERNPUNKT UNGLEICHBEHANDLUNG: Die Verlängerung des Soli für zehn Prozent der Zahler (be)trifft im Wesentlichen Unternehmer und Selbstständige, aber auch gut verdienende Facharbeiter – und damit die Leistungsträger. Der Soli ist somit eine Strafsteuer für die Mitte. Kapitalgesellschaften sollen von der Soli-Teilabschaffung komplett ausgenommen werden, was wiederum kleine GmbHs und viele Startups benachteiligt. Die bewusste Schlechterstellung ganzer Steuerzahler-Gruppen verstößt klar gegen das Grundgesetz.


4

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

IN DIESER AUSGABE 14

DEUTSCHLAND 6 News 8 Der Soli muss für alle weg 10 Sterben uns die Unternehmer aus? 12 Das Klimapaket: Neue Kosten, wenig Entlastung 14 Mehr Power für die Provinz 16 Der andere Gedanke: Deutschlands Parteien im Mahlstrom der Geschichte 18 Vertrauensbeweis für den Vorstand 20 Mittelstandspräsident im Dialog

EUROPA 22 News 24 Gelbwesten, Macron und der Mittelstand

Mehr Power für die Provinz

24

INTERNATIONAL 25 Staatsempfang im Senegal

SCHWERPUNKT

Gelbwesten, Macron und der Mittelstand

44

28 Arbeitgeberattraktivität: das unterschätzte Instrument 30 Best practice 34 Wie wertvolles Know-how im Unternehmen bleibt 36 Vorsprung durch altersgemischte Teams 37 Herausforderung Pflege und Beruf 38 Personalpolitik in der digitalen Welt 40 Künstliche Intelligenz für den Arbeitsmarkt von morgen 42 New Work – neue Chancen für KMU 44 Wie neue Mitarbeiter gut bei Ihnen ankommen 46 Arbeitszeiterfassung: Wieviel Kontrolle muss sein? 47 Zeitarbeit – attraktiv für beide Seiten 48 Zuwanderer, die neuen Gründer 50 Führungsfeedback zur Mitarbeiterbindung 52 Der müde Manager – keine Lust auf Führung 54 Damoklesschwert Scheinselbstständigkeit 56 Nachhaltige Mitarbeitersuche 58 Arbeitsmarkt in Zahlen

BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT W I L L KO M M E N

Wie neue Mitarbeiter gut bei Ihnen ankommen

61 Das Notwendige mit dem Nachhaltigen verknüpfen 65 „Der Standort Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig“ 68 „Jedes Piano ist ein Unikat“ 70 Mittelstand trifft Spitzendiplomatie 71 Siemens, Sixt, Spitzenmedizin und Sicherheit 72 Deutscher Umweltpreis für BVMW-Vorzeigeunternehmer 72 Malaysia ehrt Dr. Helmut Baur


5

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

SERVICE 76 News 78 Starke Frauen, starker Mittelstand 79 BVMW mit hoher Frauenquote 80 Der Mittelstand im Zangengriff 81 Impressum 82 Guter Journalismus kostet Geld – egal auf welchem Kanal 85 Anforderungsmanagement – die unterschätzte Disziplin 86 Was Unternehmer von der Spieltheorie lernen können 88 Kaufen als innere Belohnung 89 Fehlende Fairness im Verkehrssektor 90 Nachhaltig auf Gewinnkurs 91 Finanztipp: Attraktives Andorra 92 Steuern auf den Punkt: Handlungsbedarf für GmbH-Geschäftsführer 94 Rechtshotline: Vorsicht, Doppelverdiener: Compliance für Aufsichtsräte

80

Der Mittelstand im Zangengriff

100

BVMW 96 News 100 Stollen aus dem „Weihnachtsland“ 102 „99 Prozent lieben Schokolade“ 103 Speicherstadt Hamburg: Drehscheibe des Kaffees – damals und heute 104 The Drivery – Marktplatz für Mobilitätsinnovation in Berlin 105 Chemikalienvertrieb – eine Synthese aus Verantwortung und Innovation 106 Weltmeister für saubere Schuhe und Reifen 107 Voll im Trend – Der Mittelstand auf der Digital X 107 BEULCO gewinnt den Digital Champions Award 2019

KULTUR

Stollen aus dem „Weihnachtsland“

108 Die Macht des Hinterbänklers 111 ARTMUC München: Kunstfestival & Verkaufsmesse in einem 112 BuchTipps 113 AppTipps 114 Geistesblitze Dieser Ausgabe liegt die Broschüre „Netzwerk. Veranstaltungen des BVMW“ bei. Scannen Sie diesen QR-Code mit Ihrem Smartphone und lesen Sie diese Ausgabe als PDF. In der digitalen Fassung sind sämtliche Hyperlinks aktiv.

Tagesaktuelle Neuigkeiten aus dem Mittelstand finden Sie auf unserer Verbandswebseite www.bvmw.de


DEUTSCHLAND

Deutschland

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

News

BVMW bezieht Stellung zum Klimaschutz Deutschland wird seine Klimaziele für 2030 auch mit der Verabschiedung des Klimaschutzprogramms 2030 voraussichtlich nicht erreichen. Der BVMW hat deshalb mit zwei neuen Positionspapieren Stellung zur aktuellen Klimapolitik der Bundesregierung bezogen. Eine erfolgreiche Energiewende kann nur mithilfe funktionierender Marktmechanismen erreicht werden. Die Einführung eines CO2-Zertifikatesystems im Verkehrs- und Wärmesektor ist deshalb richtig. Allerdings sollte diese auf europäischem Niveau erfolgen und durch Entlastungen an anderer Stelle aufkommensneutral gestaltet sein. https://bvmw.info/energie-forderungen https://bvmw.info/verkehr-forderungen

Blockchain-Strategie vorgestellt Die Bundesregierung hat ihre Blockchain-Strategie vorgestellt, in der dargelegt wird, wie das Potenzial der Technologie ausgeschöpft werden soll. Das deutsche Recht soll dabei stärker für elektronische Wertpapiere geöffnet werden, ebenso werden Innovationen in Reallaboren getestet. Die Strategie liefert außerdem Antworten zu rechtlichen und sicherheitsrelevanten Fragestellungen. Grundlage für die Strategie war ein Konsultationsprozess, an dem auch der BVMW teilgenommen hat. Nun ist die Bundesregierung bei der Umsetzung in der Pflicht, der Technologie ausreichend Bedeutung zuzumessen und die flächendeckende Anwendbarkeit für mittelständische Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren.

Grundsteuerreform: aufwendige Bewertung Nach langem Ringen konnte sich die Große Koalition schließlich auf ein neues Grundsteuer-Modell einigen. Grundlage ist ein Bewertungssystem, das für Wohnimmobilien und Geschäftsgrundstücke ein Ertragswertverfahren vorsieht. Grundstücke werden somit grundsätzlich nach ihrem Bodenrichtwert bewertet und besteuert. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen im Bundesmodell ihre Immobilien aufwendig bewerten, es sei denn, die zuständigen Bundesländer greifen auf die Öffnungsklausel zurück. Diese ermöglicht es ihnen, teilweise oder im Ganzen vom „Scholz-Modell“ abzuweichen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte sich für ein werteabhängiges Modell ausgesprochen. Die Klausel wurde im Grundgesetz verankert.

Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltung Das Bundeskabinett hat im Oktober 2019 einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen beschlossen. Zuvor hatte die EU in einer Richtlinie eine entsprechende Anpassung des nationalen Rechts bis Ende des Jahres gefordert. Mit dem neuen Gesetz soll es Finanzverwaltungen und Gesetzgebern ermöglicht werden, Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zeitnah zu identifizieren und zu verringern. Zudem sollen ungewollte Gestaltungsspielräume verhindert werden. Kosten für den Mittelstand werden hauptsächlich in Form von Verwaltungskosten für sogenannte Intermediäre entstehen, welche zukünftig die Pflicht haben, ihr Mitwirken bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen offenzulegen.

Fotos: © deepblue4you von www.istockphoto.com; © Natee Meepian von www.istockphoto.com; © 3DSculptor von www.istockphoto.com; © Rawpixel von www.istockphoto.com

6


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

DEUTSCHLAND

Fotos: © peterschreiber.media von www.istockphoto.com; © Dean Mitchell von www.istockphoto.com; © Laurence Dutton von www.istockphoto.com; © gopixa von www.istockphoto.com

Schwarzbuch 2019/20 veröffentlicht Der Bund der Steuerzahler (BdSt), Partner der Mittelstandsallianz, hat unlängst sein Schwarzbuch 2019/20 veröffentlicht. 100 beispielhafte Fälle von Steuergeldverschwendung macht der BdSt mit dem diesjährigen Buch öffentlich. Diese reichen von skurrilen Fällen über teure Imagepflege der Politik bis hin zu staatlichen Wirtschaftsflops, die zeigen, dass der Staat eben nicht der bessere Unternehmer ist. Hauptthema in diesem Jahr ist die Wohnpolitik. Mit seiner „Wohnkostenbremse“ macht der BdSt Vorschläge, wie der Staat durch Senkung der Abgaben seinen Teil zum bezahlbaren Wohnen beitragen kann. Das Schwarzbuch 2019/20 können Sie kostenfrei bestellen unter www.schwarzbuch.de

Dammbruch durch Grundrente Kaum eine Debatte wurde in der Großen Koalition so erbittert ge­führt wie der Streit um die Grundrente. Obwohl es im Koalitions­vertrag vereinbart war, hat sich die SPD vehement gegen eine Bedürftigkeitsprüfung gestemmt. Doch nun konnte sich die GroKo auf ein gemeinsames Konzept einigen. Ab 2021 soll die Grundrente für bis zu 1,5 Millionen Rentner nach einer Einkommensprüfung ausgezahlt werden. Anspruch auf die Grundrente haben Arbeitnehmer mit geringen Renteneinkünften, die mindestens 35 Jahre gearbeitet und in die Rentenkasse ein­ gezahlt haben. Die Kosten für die Grundrente sind nicht vollständig abzusehen. Die CDU rechnet 2021 mit jährlichen Ausgaben in einer Höhe von 2,8 Milliarden Euro, die bis 2025 allerdings auf 4,8 Milliar­ den Euro steigen könnten. Mittelstandspräsident Mario Ohoven warnte: Die Grundrente bedeutet den Dammbruch in der Rentenversicherung: weg von der Lohnleistungsrente, hin zu immer mehr beitragsunabhängigen Leistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden.

Kandidatur für die Handelskammer Hamburg Thomas Sell, Leiter Kooperationsentwicklung Verbände und Organisationen der Telekom Deutschland GmbH, kandidiert für das Plenum der Handelskammer Hamburg im Bereich Medien und IT. Er steht für die Werte des Mittelstands: regional verwur­ zelt, vor Ort engagiert, innovativ und verantwortungsbewusst. Eine auf Augenhöhe mit Politik und Verwaltung agierende Handelskammer ist die Grundlage, um Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren für unternehmerisches Handeln zu ermöglichen. Thomas Sell begleitet den BVMW bereits seit langer Zeit im Rahmen der Kompetenzpartnerschaft mit der Telekom und ist Ansprechpartner Kooperation Telekom und der Mittelstand. Mittlerweile unterstützt er den Verband auch aktiv bei der Strategieentwicklung. Die Wahl startet am 15. Januar 2020. www.zukunftskammer.hamburg www.handelskammer-wahl.de

Politischer Erfolg des BVMW bei Forschungszulage Die vom BVMW seit vielen Jahren geforderte steuerliche Forschungsförderung wird zum 1. Januar 2020 eingeführt. Unserem Drängen, auch Auftraggeber als Förderberechtigte aufzunehmen, weil sie das wirtschaftliche Risiko für externe FuE-Aktivitäten tragen, hat die Bundesregierung nun entsprochen: Personalkosten für Forschung und Entwicklung können mit 25 Prozent bezuschusst werden. Die maximale Fördersumme beträgt 500.000 Euro pro Unternehmen, unabhängig von der Unternehmensgröße.

7


8

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Der Soli muss für alle weg Die GroKo hat beschlossen, dass der Solidaritätszuschlag ab 2021 entfallen soll – zu spät und zudem nicht für alle. Dieses Vorhaben ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch ökonomisch unverantwortlich. BVMW-Präsident Mario Ohoven hat dazu ausführlich vor dem Finanzausschuss des Bundestages Stellung genommen und eine Klage beim Bundesverfassungsgericht vorbereitet.

M

it der vom Bundestag beschlossenen Neuregelung soll der Soli erst ab 2021 und nur für 90 Prozent der Steuerzahler vollständig entfallen. Die übrigen zehn Prozent sollen durch Soli-Zahlungen in einem Umfang von zehn Milliarden Euro dauerhaft belastet werden. Das entspricht 50 Prozent des bisherigen Gesamtaufkommens des Soli von rund 19 Milliarden Euro (2018). Aus Sicht des Mittelstands ist dieser Beschluss ein Anschlag auf die Verfassung und – angesichts der drohenden Rezession – zugleich auf die Konjunktur. Von der geplanten Verlängerung des Solidaritätszuschlags über den 31. Dezember 2019 hinaus sind vor allem Unternehmer, Selbstständige, aber auch gut verdienende Facharbeiter betroffen. Der Soli ist somit eine Strafsteuer für die Mitte der Gesellschaft. Dagegen Anzeige muss und wird sich der Mittelstand wehren. Deshalb hat der BVMW eine Verfassungsbeschwerde vorgelegt und wir diese, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist, beim Bundesverfassungsgericht einreichen. 1991 als „Ergänzungsabgabe“ eingeführt, um den Finanzbedarf der Wiedervereinigung zu decken, ist der Soli längst zu einer regulären Steuer geworden. Doch angesichts sprudelnder Steuereinnahmen kann von „Ergänzung“ schon längst nicht mehr gesprochen werden. Außerdem verstößt die geplante, bewusste Schlechterstellung ganzer Steuerzahlergruppen klar gegen das Grundgesetz. Mit der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle könnte die Bundesregierung darüber hinaus die Innovations- und damit Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen in Deutschland nachhaltig verbessern. Denn: Einer Umfrage unter rund 1.000 BVMW-Mitgliedsunternehmen zufolge würden fast 90 Prozent die dadurch freiwerdenden Mittel in die Digitalisierung ihres Unternehmens investieren, rund 80 Prozent würden Forschungs#CUT2020 und Entwicklungsprojekte anstoßen sowie die Energieeffizienz ihrer Produktionsabläufe verbessern. Deshalb: Soli weg – sofort und für alle!

BVMW-Kampagne gegen den Soli achen Sie mit und setzen Sie ein Zeichen gegen ungerechte SteuerM erhebungen: Nutzen Sie den Hashtag #Soliweg in den sozialen Netzwerken und posten Sie, wieso der Soli komplett abgeschafft werden muss!

Unternehmenssoftware – nur anders

KOSTENLOS ANMELDEN

CUT-2020.de

9


10

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Sterben uns die Unternehmer aus? Deutschland leidet seit geraumer Zeit unter einer gravierenden Fehlentwicklung: Jahr für Jahr werden in Deutschland mehr Betriebe geschlossen als neue eröffnet. Sterben uns die Unternehmer aus? Mit vielfältigen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Initiative „Junger Mittelstand“, wirbt der BVMW für die Selbstständigkeit.

D

er erfolgreichen Arbeit der Millionen Unternehmer und ihrer Mitarbeiter ist es zu verdanken, dass Deutschland weltweit zu den größten Wirtschaftskräften gehört. So liegt die Bundesrepublik, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, auf dem vierten Rang hinter den USA, China und Japan. Das ist eine Leistung, die maßgeblich von den rund 3,6 Millionen mittelständischen Unternehmen erbracht wird. Damit ist der Mittelstand Deutschlands wichtigster Wirtschaftsmotor.

Wachsende Schieflage Doch ungeachtet des verdienten Lobes für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer gibt es eine anhaltende Tendenz, die dem Mittelstand Sorge bereitet. Denn während anderswo Unternehmen wie

Pilze aus dem Boden schießen, werden in Deutschland immer weniger Unternehmen gegründet. Zeitgleich schließen jedes Jahr über hunderttausend Betriebe. Das wirft zwangsläufig die Frage auf: Gehen Deutschland à la longue die Unternehmen aus? Seit Jahren ist der Saldo von Existenzgründungen und Liquidationen negativ, oder anders gesagt: Seit Jahren werden mehr Unternehmen geschlossen als gegründet. So standen beispielsweise im ersten Halbjahr 2019 den 142.000 Gründungen rund 147.000 Schließungen gegenüber. Dieses Missverhältnis bestand nicht immer. Wie sehr der Unternehmergeist an Kraft verloren hat, zeigt ein Blick in die Statistik. Im Jahr 1998 belief sich die Zahl neu gegründeter Betriebe auf 513.000, das waren 100.000 mehr, als es Liquidationen im selben Jahr gab.


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede; © DragonImages von www.istockphoto.com

Nachfolgeproblem verschärft Situation Angesichts bevorstehender Nachfolgeregelungen, die für viele Mittelständler eine große Herausforderung darstellen, dürfte sich die Situation weiter verschärfen. Immerhin müssen in den kommenden zehn Jahren etwa eine Million Mittelständler ihren Nachfolger finden. Allein in den nächsten zwei Jahren sind laut IfM Bonn rund 150.000 Familienunternehmen betroffen. Unter anderem mit seinem Expertenkreis Nachfolge unterstützt der BVMW deshalb Unternehmer dabei, die Nachfolge bestmöglich zu bewerkstelligen. Wichtig ist es deshalb, den Unternehmergeist wiederzubeleben. Es kann nicht sein, dass die Gründungsquote in Ecuador (29,6 Prozent) um ein Vielfaches höher ist als in Deutschland (5,3 Prozent). Und es kann nicht sein, dass Deutschland im Ranking der Weltbank zur Gründungsaktivität auf lediglich Platz 107 abgerutscht ist.

Angst vorm Scheitern Zu den objektiven Hemmnissen einer Unternehmensgründung zählen unter anderem die im EU-Vergleich hohen Kosten einer Gründung und der bürokratische Aufwand. Dass es auch anders gehen kann, zeigen unter anderem Großbritannien, wo Gründungen deutlich günstiger durchzuführen sind, oder Estland, wo es häufig nicht einmal einen Tag dauert, bis ein Unternehmen gegründet ist. Doch es gibt auch subjektive Faktoren. So hält viele Menschen die Angst vor dem Scheitern davon ab, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Diese Angst gilt es zu überwinden, und es sollte sich vielmehr ins Bewusstsein gerufen werden, dass mehr als drei Viertel der Deutschen sagen, dass erfolgreiche Gründer ein hohes Ansehen in der

Gesellschaft genießen. Es ist unbestritten, dass der Weg zum eigenen Unternehmen steinig sein kann, doch am Ende winkt die Chance zum Aufstieg in die erste Liga der Wirtschaft mit der Freiheit der Arbeitswahl und unternehmerischer Entfaltung. Soll Unternehmertum wieder zu einer Tugend werden, müssen die Weichen früh gestellt werden. Schon in der Schule müssen Kinder lernen, was es heißt, Unternehmer zu sein und welche Bedeutung ihnen in Wirtschaft und Gesellschaft zukommt. Aus diesem Grund bringt der BVMW auch seit mittlerweile 20 Jahren Unternehmer in die Schulklassen, um dort für die Selbstständigkeit zu werben. Zudem haben der BVMW und die renommierte Staatliche Universität für Wirtschaft Sankt Petersburg (UNECON) ein internationales Studienprogramm zur Förderung des mittelständischen Unternehmertums in Russland vereinbart.

Seit Jahren werden mehr Unternehmen geschlossen als gegründet. Entscheiden sich junge Menschen, ein Unternehmen zu gründen oder ein bestehendes zu übernehmen, lässt der BVMW sie nicht allein. Mit der Initiative „Junger Mittelstand“, der mittlerweile über 3.200 Unternehmerinnen und Unternehmer angehören, wird dem Nachwuchs nicht nur eine hörbare Stimme verliehen, sondern die Gründerinnen und Gründer profitieren ganz konkret von einem starken Netzwerk. Doch hier ist in besonderer Weise die Politik gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Nachfolgeregelungen erleichtern und jungen Menschen Anreize zur Selbstständigkeit bieten, Gründungsvorhaben fördern und beschleunigen sowie finanziell und bürokratisch entlasten. Nur so wird es langfristig gelingen, mehr Existenzgründungen als Liquidationen zu erzielen und somit die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland nachhaltig zu stärken. Es gilt: Das Land der Dichter und Denker muss auch (wieder) zum Land der Gründer werden.

Markus Jerger BVMW Bundesgeschäftsführer mittelstand@ bvmw.de

Gut zu wissen n D eutschland weist seit Jahren einen negativen Gründungssaldo auf n Die Situation dürfte sich angesichts bevorstehender Nachfolgeregelungen weiter verschärfen n Nachwuchsunternehmer erhalten Unterstützung im Jungen Mittelstand des BVMW (https://www.bvmw.de/jungermittelstand/)

11


12

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Das Klimapaket: Neue Kosten, wenig Entlastung

Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung wird Klimaschutz erstmals gesetzlich festgeschrieben. Statt eines ganzheitlichen Ansatzes ist die Klimapolitik jedoch ein Sammelsurium an Einzelmaßnahmen, zudem drohen den Unternehmen neue Belastungen.

E

ine CO2-Bepreisung ist der marktwirtschaftliche und richtige Weg, um die Klimaziele zu erreichen. Die Bundesregierung plant ein nationales CO2-Zertifikatesystem für den Verkehrs- und Wärmesektor. Dieses hat gegenüber einer CO2-Steuer den Vorteil, dass die geplante CO2-Einsparung exakt erreicht wird. Allerdings sollte diese so schnell wie möglich auf europäischer Ebene eingeführt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des deutschen Mittelstands zu verhindern. Zudem sollte die Politik dieses Instrument nicht ausnutzen, um Mehreinnahmen für den Staat zu generieren. Alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten durch Entlastungen an anderer Stelle wieder an die Unternehmen und Bürger zurückgegeben werden. Genau dies tut die Bundesregierung jedoch kaum: Den Belastungen der Unternehmen durch eine CO2-Bepreisung steht eine sehr geringe Entlastung durch die Senkung der EEG-Umlage gegenüber.

Gebäudespezifische Maßnahmen Gerade im Gebäudebestand besteht ein großes Potenzial zur Energie- und CO2-Einsparung. Die Einführung einer steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungen und eine Ausweitung der Fördermöglichkeiten sind deshalb längst überfällig.

Verkehrsspezifische Maßnahmen Nachdem die CO2-Emissionen in den letzten Jahren im Verkehrssektor, auch wegen steigender Verkehrsleistungen, nicht gesunken sind, soll dies jetzt durch eine Reihe von Maßnahmen erreicht werden. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Weiterführung und Ausweitung der Dienstwagensteuer sind dabei begrüßenswert. Allerdings fehlt es im Transportsektor bis jetzt an Alternativen zu den herkömmlichen Antrieben. Es ist fraglich, ob das Ziel, dass im Güterverkehr bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe zurückgelegt wird, erreicht werden kann. Zudem wird das Transportgewerbe durch die CO2-Bepreisung nur

Foto: © querbeet von www.istockphoto.com

CO2-Bepreisung


DEUTSCHLAND 13

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Kommentar

Der Mittelstand ist Motor der Energiewende Erfolgreiche Klimapolitik beschreibt immer die Schnittstellen zwischen Staat, Wirtschaft und Vertretern der berechtigen Umweltinteressen. Was kann der Mittelstand dazu beitragen, diese Schnittstellen so zu gestalten, dass notwendige Verbesserungen im Umweltbereich von einer Vielzahl von Stakeholdern nicht nur toleriert, sondern aktiv unterstützt werden? 1. Der Mittelstand hat Haltung Der Mittelstand hat per se ein Interesse daran, sich längerfristigen Zielen zu verpflichten. Das heißt, es geht um die Weiterentwicklung eines nicht nur wirtschaftlich überlebensfähigen Unternehmens zu einer Organisation, die idealerweise von der nächsten Generation mit Stolz übernommen wird. Sich eine ganzheitliche Haltung zu leisten und damit Kundenvertrauen über Jahrzehnte aufzubauen, gelingt vielen Großunternehmen immer weniger, da sie sich zu oft den kurzfristigen Erwartungshaltungen der Finanzmärkte fügen müssen. 2. Der Mittelstand kann dezentral und damit bürgernah Um möglichst viele Bereiche der Gesellschaft in den ökologischen Wandel mit einzubeziehen, hilft eine dezentrale Ausrichtung der Reformen. Die flächendeckende Vielzahl und die lokale Selbstorganisation des Mittelstands tragen dazu bei, dass neue Technologien verbrauchernah umgesetzt werden können. Teure zentralistische Infrastrukturen wie überdimensionierte Stromübertragungstrassen können dadurch spürbar vermieden werden.

belastet – aber praktisch nicht entlastet. Hier braucht es insbesondere eine stärkere Unterstützung in Innovationen und Investitionen.

Foto: © PIELmedia

Ausbau Erneuerbarer Energien Die Bundesregierung will erreichen, dass bis 2030 65 Prozent des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien gedeckt wird. Dafür werden zwar Ausbauziele für 2030 benannt, ein Regionalisierungsbonus für Windkraft eingeführt und der Förderdeckel von Photovoltaik aufgehoben. Dem steht jedoch eine fehlende Anhebung der jährlichen Ausbauziele und die pauschale Einführung eines Mindestabstands von 1.000 Metern für Windkraftanlagen gegenüber.

Christian Menke Referent für Nachhaltigkeit, Energie, Mobilität und Umwelt christian.menke@ bvmw.de

3. Der Mittelstand ist kreativer und schneller Dies gilt insbesondere in der Reaktion auf neue gesellschaftliche Ansprüche und sich daraus ergebende Märkte. Lokale, netzdienliche Eigendynamik zu fördern und mit intelligenten Anreizsystemen z. B. in der Sektorenkopplung so zu steuern, dass die Puzzlesteine der Energiewende besser ineinander greifen, führt dazu, dass wichtige ökologische Veränderungen schneller und näher am Markt erfolgen. Für Deutschland könnte es sich letztlich als Glücksfall erweisen, dass der hierzulande noch vorhandene Mittelstand der eigentliche Motor der Energiewende ist. Senator h.c. Reinhard Schneider Geschäftsführender Gesellschafter der Werner & Mertz GmbH, Vorsitzender der BVMW Kommission für Energie und nachhaltiges Wirtschaften Siehe auch Bericht „Auszeichnung Deutscher Umweltpreis für Reinhard Schneider“ Seite 72


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Mehr Power für die Provinz Der ländliche Raum und der deutsche Mittelstand sind untrennbar miteinander verbunden. Zunehmend bedroht jedoch die bröckelnde Struktur diese Erfolgsgeschichte. Die von der Bundesregierung einberufene Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse will gegensteuern, scheut jedoch vor den notwendigen finanziellen Zusagen zurück.

T

rotz stetig rückläufiger Bevölkerungszahlen steht der ländliche Raum nach wie vor für rund 50 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Kleine und große Industrieanlagen, Gewerbe-, Forschungs- und Logistikzentren wechseln sich hier in beständiger Regelmäßigkeit ab und bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die Produktivität ist hoch. Von den weltweit 2.700 Hidden Champions haben mehr als 1.300 ihren Hauptunternehmenssitz in Deutschland. Die überwältigende Mehrheit davon befindet sich in der Peripherie.

begrüßen, dass die Bundesregierung die Herausforderungen erkannt und im Juli dieses Jahres die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse ins Leben gerufen hat. Zusammen mit den drei kommunalen Spitzenverbänden, den 16 Bundesländern und Vertretern aus verschiedenen Ministerien wurden sechs Arbeitsgruppen mit dem Ziel, effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln, ins Leben gerufen.

Gut gestartet – schwach geendet?

Bedauerlicherweise konnte die Kommission den hochgesteckten Zielen nur bedingt gerecht werden. Zwar waren die Vorschläge Ignorierte Abwärtsspirale durchaus ambitioniert, dennoch gab es deutliche Unstimmigkeiten Allerdings zeichnen sich vermehrt schwerwiegende strukturelle bezüglich der genauen Umsetzung. Vonseiten der Bundesländer und Probleme ab. Glasfaserinternet oder 4G-Mobilfunk sind vielerorts der kommunalen Spitzenverbände wurde bemängelt, dass die ernoch ein Fremdwort. Hauptverkehrsstraßen, Brücken oder Tunnel dachten Werkzeuge die Probleme zwar angemessen adressieren, jesind zum Teil stark renovierungsbedürftig. Kulturelle Angebote ver- doch konkrete Zeithorizonte und vor allem finanzielle Rahmenbedinschwinden aus unseren Dörfern, und ein Blick in den Deutschland- gungen komplett außen vor lassen. Folgerichtig kam es auch nicht atlas fördert einen erschreckenden Rückgang der Grundversorgung zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Lediglich eine 164-seizu Tage. Eine wahrhaft gefährliche Tendenz, die zunehmend in der tige Schlussfolgerung konnte am Ende der Öffentlichkeit präsentiert Stärkung der politischen Ränder kumuliert. werden, welche zunächst ausschließlich die Meinung der BundesreAll diese Probleme sind das Resultat einer über viele Jahre hinweg ig- gierung widerspiegelte. norierten Abwärtsspirale. Vor diesem Hintergrund ist es zunächst zu

Foto: © cinoby von www.istockphoto.com

14


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Was den weiteren zeitlichen Verlauf angeht, so hat die Jahreskonferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder den Prozessrahmen vorgegeben. Bis Anfang Dezember wollen sich die Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin über konkrete Umsetzungsschritte der dargelegten Maßnahmen verständigen. Ob dies allerdings realistisch ist, bleibt abzuwarten. Als größte freiwillige Vereinigung mittelständischer Unternehmen in Deutschland befindet sich der BVMW derzeit im ständigen Austausch mit Entscheidern auf Länder-, Bundes- und europäischer Ebene um sicherzustellen, dass die Umsetzung adäquat die Interessen sämtlicher kleiner und mittelständischer Unternehmen reflektiert.

Es ist eine nationale Kraft­ anstrengung vonnöten, um strukturschwache Regionen nachhaltig aufzuwerten und ländliche Räume insgesamt wieder attraktiver für die Bevölkerung zu machen. Ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen Über welche Vorschläge besteht also Diskussionsbedarf? Für den deutschen Mittelstand ist vor allem ein Themenfeld von immenser Bedeutung: das geplante gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwache Regionen. Derzeit bestehende Förderprogramme für die neuen Bundesländer sollen auf sämtliche strukturschwachen Regionen in Deutschland ausgeweitet und unter dem Dach der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstrukturen gebündelt werden. Eine grundsätzlich begrüßenswerte Idee, welche natürlich mit entsprechender finanzieller Schlagkraft ausgestattet werden muss. Genau dies scheint aber derzeit nicht der Fall zu sein. Verschiedene Quellen aus Bundesministerien haben uns gegenüber erkennen lassen, dass eine Erhöhung der momentanen Mittel derzeit als ausgeschlossen gilt.

Mehr finanziellen Spielraum wagen Aus unserer Sicht begeht die Bundesregierung hier einen großen Fehler. Steigt die Anzahl der zu erwartenden Esser an, so muss auch der Kuchen im selben Maße wachsen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich im Zuge des Brexits die europäischen Strukturfördertöpfe deutlich verkleinern werden. Als Nettobeitragszahler hinterlässt Großbritannien eine große Lücke. Auch wenn der mehrjährige Finanzrahmen 2021 bis 2027 noch verhandelt wird, so ist bereits abzusehen, dass Deutschland mit einem finanziellen Rückgang um mindestens 20 Prozent rechnen muss. Gerade vor diesem Hintergrund sollte die Bundesregierung ihre derzeitigen Aversionen gegen eine Mittelerhöhung noch einmal überdenken. Es ist eine nationale Kraftanstrengung vonnöten, um strukturschwache Regionen nachhaltig aufzuwerten und ländliche Räume insgesamt wieder attraktiver für die Bevölkerung zu machen. Als regional verwurzelter Verband hat das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse eine besondere Bedeutung für uns, und wir setzen uns mit all unserer politischen Kraft dafür ein, diesem Ziel Rechnung zu tragen.

Gut zu wissen n A nfang Dezember wollen sich die beteiligten Stakeholder über konkrete Maßnahmen verständigen n Im Zuge des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 – 2027 ist mit einem Fördermittelrückgang um mindestens 20 Prozent zu rechnen n Ein nationaler Ausgleich gilt derzeit noch als ausgeschlossen

Matthias Schenk BVMW Referent Public Affairs matthias.schenk@ bvmw.de

15


16

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

DER ANDERE GEDANKE

Deutschlands Parteien im Mahlstrom der Geschichte

D

rei Jahrzehnte ist es her, dass die Deutschen in der DDR den Fall der Mauer erzwangen. 30 Jahre entsprechen rund 260.000 Stunden oder rund 11.000 Tagen. Für den einzelnen Mensch liegt der 9. November 1989 also objektiv betrachtet ungeheuer weit zurück. Und doch ist er für alle, die diesen Tag bewusst miterlebt haben, an dem die Weltgeschichte eine neue Richtung einschlug, höchst präsent. Fast jeder, der diesen sehr deutschen Tag bewusst miterlebt hat, kann heute noch auf Anhieb sagen, was er am 9. November 1989 gemacht hat. Danach wurde mit einer beispiellosen Atemlosigkeit Geschichte geschrieben: Deutschland vereinte sich mit Zustimmung der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die Sowjetunion und der Warschauer Pakt zerfielen zu Staub, der Sozialismus in seiner staatlichen Ausprägung kapitulierte weltweit, manche sprachen sogar vom „Ende der Geschichte“. Nur im vereinten Deutschland herrschte politisch eine fast biedermeierliche Ruhe: Helmut Kohl, der mit seiner Allianz für Deutschland die erste und letzte freie Wahl in der DDR gewann, blieb noch neun Jahre Kanzler und Bonn zehn Jahre Hauptstadt. Die Union regierte Sachsen und Thüringen wie im Westen Bayern und Baden-Württemberg. In Brandenburg übernahm die NRW-SPD für lange Zeit unangefochten das Zepter. Mit einem Wort: Das parteipolitische System der alten Bundesrepublik verleibte sich die neuen Bundesländer weitgehend geräuschlos ein. CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne regierten das vereinte Deutschland wie einst die Bonner Republik. Das hat sich seit geraumer Zeit geändert, spätestens mit dem Auftritt der AfD auf der gesamtdeutschen Polit-Bühne. Gegründet gegen den Euro, ist sie zur parlamentarischen Stimme von national-konservativ bis hin zu rechtsnational empfindenden Teilen der Bevölkerung geworden. Die AfD ist – so muss man es leider sagen – die bislang einzige erfolgreiche Parteineugründung im vereinten Deutschland (die Linke wurzelt Ende Oktober ja in der SED, ist also keine wirkliche Neugründung). Zufall oder nicht: Drei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer votierten in Thüringen Ende Oktober 2019 mehr als 50 Prozent

der Wähler für Linke und AfD, machten erstmals seit 1949 in der Bundesrepublik eine Regierungsbildung aus der bürgerlichen Mitte unmöglich. Hinzu kamen historisch desaströse Ergebnisse für SPD und CDU. Linke, AfD und CDU erreichten jeweils mehr als 20 Prozent, alle anderen lagen unter zehn Prozent. Dafür gibt es viele Erklärungen, regionale wie personelle. Und dennoch bin ich davon überzeugt, dass sich hier ein neues, ein gesamtdeutsches Parteiensystem herausschält und dass es keine Rückkehr zur Bonner Republik gibt. Denn so wie die SPD erst an die Grünen und später an die Linkspartei Wähler verlor, geschieht es gerade der Union mit AfD und Grünen. Deutschland scheint den Weg seiner europäischen Nachbarn zu gehen: Volksparteien verschwinden, an ihre Stelle treten Klientelparteien und Bewegungen. Das ist nicht der Untergang Deutschlands. Der Vergleich zwischen Weimarer und Bonner Republik zeigt, dass für die Stabilität eines Landes weniger Parteien als wirtschaftlicher Erfolg von Bedeutung ist. Gerade deshalb ist jedoch das aktuelle ökonomische Formtief des einstigen Exportweltmeisters beunruhigend: Wirklich gefährlich wird es, wenn ökonomische und politische Krise zusammenkommen. Der AfD muss hingegen etwas ganz anderes Sorgen machen, sie beschwört ein rückwärtsgewandtes und zudem unerreichbares Ideal: die geordneten Verhältnisse der Bonner Republik. Zur Ironie der Geschichte gehört, dass die AfD in der alten West-Bundesrepublik nicht den Hauch einer Chance gehabt hätte. Dieses Land hat sich vor 30 Jahren auf den Weg zu neuen Ufern gemacht. Diese Ufer sind bis heute nicht in Sicht, geschweige denn erreicht. Das bietet Anlass zur Zuversicht – angesichts der deutschen Geschichte aber nicht zur Gelassenheit. Michael Backhaus Journalist BVMW Berater Medien mittelstand@bvmw.de

S S N K T E I S

S


WEITREICHENDENETZWERKEWEITREICHENDENETZWER STÄRKENMITTELSTANDSTÄRKENMITTELSTANDSTÄRKE SEWIRKUNGSVOLLEIMPULSEWIRKUNGSVOLLEIMPULSEW 27. Januar 2020 NDENETZWERKEWEITREICHENDENETZWERKEWEITREIC MITTELSTANDSTÄRKENMITTELSTANDSTÄRKENMIT KENMITTELSTAND TELSTAND MITTELSTANDSTÄRKENMITTELSTA TELSTANDSTÄRKEN ENMITTELSTAND STÄRKENMITTELSTANDSTÄRKENMITT IMPULSE WIRKUNGSVOLLEIMPULSEWIRKUNGSVOLLEIM Jahresempfang des BVMW STANDSTÄRKENMITTELSTANDSTÄRKENMITTELSTANDL WIRKUNGSVOLLEIMPULSEWIRKUNGSVOLLEIMPULSEWI STANDSTÄRKENMITTELSTANDSTÄRKENMITTELSTANDM WERKEWEITREICHENDENETZWERKEWEITREICHENDENE DEUTSCHLAND 17

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

MITTELSTAND

Gemeinsam für einen starken Mittelstand. Unsere Redner beim Jahresempfang S. E. Macky Sall, Präsident der Republik Senegal Peter Altmaier, MdB, Bundesminister für Wirtschaft und Energie Joe Kaeser, Vorstandvorsitzender der Siemens AG Gerhard Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Mario Ohoven, Mittelstandspräsident BVMW und Präsident des europäischen Mittelstandsverbandes (CEA-PME / European Entrepreneurs) Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und CSU-Parteivorsitzender

S. E. MACKY SALL

PETER ALTMAIER, MDB

JOE KAESER

und weitere hochrangige Gäste

Hotel Maritim Berlin, Stauffenbergstraße 26, 10785 Berlin ab 17:00 Uhr ab 18:00 Uhr

Einlass – Akkreditierung Eröffnung

Ausklang der Veranstaltung mit Berliner Buffet

Wir danken unseren Partnern

GERHARD MÜLLER

MARIO OHOVEN

MARKUS SÖDER


18

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Vertrauensbeweis für den Vorstand Mittelstandspräsident Mario Ohoven einstimmig im Amt bestätigt – Erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeiten in den Vorstand gewählt

Der neue Vorstand des BVMW: Thiemo Fojkar, Willi Grothe, Arthur Zimmermann, Dr. Helmut Baur, Katja Pampus, Dr. Hans-Michael Pott, Mario Ohoven und Dr. Jochen Leonhardt (v. li.).


Anzeige

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

DEUTSCHLAND 19

Das Unternehmermagazin des BVMW.

3/2019 | Juni

hwerpun kt: Mittelsta nd und Steu

ECB EZB EKT

Mittelstand sfin Ganz einfach anzierung neu gest alte digital. Mit – das ist es, allen Gestaltu n. Alternative Lösunge was uns von n anbieten. ngsmöglichke artig macht. creditshelf iten neueste täglich neu Und unsere r Technik motiviert. Kunden beg Was uns einz eistert. ig-

Der gierig e Steuerst aat

cred itsh elf.c om l Mai nze +49 69 348 r Lan dstr aße 7724-0 7 33a l l kred it@c redi tshe lf.co D – 603 29 Fran kfur t m

Der BVMW vertritt heute im Rahmen seiner Mittelstandsallianz rund 900.000 Mitglieder. Ohoven ist seit 2002 zugleich Präsident des Mittelstandsdachverbands European Entrepreneurs (CEA-PME) in Brüssel.

EKP

ECB EZB EKT EKP

ern

Der Düsseldorfer Vorzeigeunternehmer wurde erstmals 1998 an die Spitze des größten, freiwillig organisierten Mittelstandsverbands geStart! It‘s wählt und 2002, 2007 und 2013 mit übergroßer Mehrheit im Ehrenyour credit .→ amt bestätigt. In seiner Amtszeit nahm die Mitgliederzahl des BVMW um 300 Prozent zu. Die Zahl der Geschäftsstellen hat sich auf bundesweit 300 mehr als verdreifacht.

Themensc

larer Kurs: Mario Ohoven ist von der Bundesversammlung des Verbands in Dresden einstimmig in seinem Ehrenamt als Präsident des BVMW bestätigt worden.

/ Juli 2019

K

GE STAL TER

3/2019 | Jun i / Juli 201 9 | 4,90 Eur o

uar | Febr 1/2018

Berufliche wieder stä Bildung rken S. 14

/ Mär

z 2018

unk werp ensch Them

d elstan t: Mitt

onen novati und In

euen Mit n n die i Ideen nft Zuku

Zu Vizepräsidenten des BVMW wurden der Dresdner Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Jochen Leonhardt und der Düsseldorfer Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Hans-Michael Pott einstimmig gewählt.

5/2018 | Okt ober / Nov emb

5/2018 | Okt ober

Erfolgreic h.

Besetzen.

kt: Mittelsta nd und Pers

Arthur Zimmermann Klett Gruppe, Stuttgart

Stellen.

hwerpun

Katja Pampus WDI, Hamm

optim BVM stand Mittel S. 8

Themensc

Willi Grothe Dipl.-Ing., Salzwedel

aft tionskr Innova

er 2018

Thiemo Fojkar Internationaler Bund, Frankfurt am Main

er 2018 | 4,90

n zum Themensc stärke hwerpunke: Nachhtsalpltigatz S. 38 ei frag t: MA ittrbels tand und erum Pe ernehm isch S. 34 rso nt U nal ist W

/ Novemb

Als weitere Vorstandsmitglieder wurden folgende Unternehmerpersönlichkeiten einstimmig gewählt: Dr. Ute Bergner VACOM GmbH, Jena

Euro

10 Punkte geg den Abschw en ung S. 32

Von dem Votum sichtlich bewegt, bedankte sich Mario Ohoven für den überragenden Vertrauensbeweis und versprach, „weiterhin mit vollem Einsatz“ für den Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft in Deutschland zu kämpfen.

Dr. Helmut Baur Binder-Optik GmbH, Böblingen

| 4,90

onal

20

Was Unte rnehmen gegen den Fachkräft emangel tun können Jahre

BVMW-Präsident Mario Ohoven S. 10

Ohoven betonte, dieses hochkarätige Vorstandsteam stehe für „absolute Zuverlässigkeit, Kompetenz und den festen Willen und die Fähigkeit, die Zukunft des BVMW aktiv mitzugestalten“. Die Bundesversammlung in Dresden honorierte die Dankesrede des im Amt bestätigten Mittelstandspräsidenten mit Standing Ovations.

Chancenko ntinent Afrika S. 8

Fachkräfte im Fokus sicherung S. 28

Wie pflegen gehalten we de Mitarbeiter rden S. 50

Jetzt Mediadaten für 2020 anfordern unter mittelstand@bvmw.de

Euro


20 DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Mittelstandspräsident im Dialog

Als gefragter Keynote-Speaker, mit der Teilnahme an zahlreichen öffnet Mario Ohoven im In- und Ausland Türen für den unternehVeranstaltungen und in Gesprächen mit hochkarätigen Persön- merischen Mittelstand. Hier eine kleine Auswahl hochrangiger Treffen: lichkeiten aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft

Unbürokratische Gesundheitspolitik

Mittelstandspreis der Medien 2019 für Mario Ohoven Die Verlagsgruppe Weimer Media Group (u. a. WirtschaftsKurier, Börse am Sonntag, The European) hat Mario Ohoven mit dem Mittelstandspreis der Medien 2019 in der Kategorie „Lebenswerk“ ausgezeichnet. In seiner Laudatio betonte Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ehrenpräsident des Club of Rome, Mario Ohoven habe den BVMW zu einem Erfolgsmodell gemacht. „Sie waren und sind die Stimme des Mittelstands“, sagte von Weizsäcker wörtlich. „Ich nehme den Preis stellvertretend für den deutschen Mittelstand an, der den Preis viel mehr verdient hat als ich“, so Ohoven in seiner Dankesrede.

Ein Arbeitstag von Mario Ohoven:

Mario Ohoven mit Vertretern der Mittelstandsallianz im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn …

Was die Wirtschaft braucht Mit den Partnerverbänden der Mittelstandsallianz hat sich Mario Ohoven mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über wichtige, wirtschaftspolitische Themen ausgetauscht. Alle Anwesenden waren sich einig darin, die Zusammenarbeit in Zukunft weiter zu vertiefen. Besonders die neu eingerichtete Stabsstelle Mittelstandsstrategie mit dem Leiter Dr. Philipp Birkenmaier wird dabei eine aktive Rolle spielen.

… und mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Bangladesch beim BVMW Der Außenminister von Bangladesch, S. E. Abul Kalam Abdul Momen, tauschte sich mit Mario Ohoven in der BVMW-Bundeszentrale in Berlin über die Stärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen aus. An dem Gespräch mit dem BVMW nahmen auch Botschafter S. E. Imtiaz Ahmed und Rubana Huq, Präsidentin der Vereinigung der Textilhersteller in Bangladesch, teil. Die Bundesrepublik ist der wichtigste Exportpartner des Landes, somit bieten sich deutschen Mittelständlern gute Chancen. In der Bundeszentrale des BVMW empfing Mario Ohoven S. E. Abul Kalam Abdul Momen, Außenminister von Bangladesch.

Foto: © BGM

Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ehrenpräsident des Club of Rome, hielt die Laudatio auf Mario Ohoven (v. li.).

Gemeinsam mit Vertretern der Mittelstandsallianz sprach Mario Ohoven mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über die Gesundheitspolitik im Mittelstand. Ohoven sagte: „Wir begrüßen, dass man sich im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes darauf verständigt hat, dass Krankmeldungen ab 2021 elektronisch übermittelt werden können. Das ist ein erster Schritt in Richtung Bürokratieabbau.“ Bundesminister Spahn betonte, wie wichtig es ihm sei, solche Prozesse zu digitalisieren und zu vereinfachen. Er sei kein Fan von „Zettelwirtschaft“.


ADVERTORIAL 21

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

.


22 EUROPA

News

Empfang im Auswärtigen Amt in Lissabon (1. Reihe, v. li.): Mario Ohoven, Präsident des BVMW und der European Entrepreneurs CEA-PME; Eurico Brilhante, Staatssekretär für Außenhandel Portugals; Prof. Dr. Maurizio Casasco, Präsident des Italienischen Verbands der kleinen und mittleren Industrieunternehmen (CONFAPI).

Europäischer Mittelstandsgipfel in Lissabon Anlässlich der Hauptversammlung 2019 der European Entrepreneurs CEA-PME trafen Mario Ohoven, Präsident des BVMW und der European Entrepreneurs CEA-PME, und weitere Repräsentanten des europäischen Mittelstandsverbandes mit hochrangigen politischen Vertretern Portugals zusammen. Zu Beginn empfing der Bürgermeister von Oeiras und ehemalige Minister für Städte, Raumplanung und Umwelt Portugals, Isaltino Morais, die Gäste im Palast Marquês de Pombal, einem nationalen Denkmal Portugals. Anschließend wurde ins Wirtschaftsministerium und Auswärtige Amt in Lissabon geladen. Dort sprachen Mario Ohoven und Vertreter der European Entrepreneurs CEA-PME mit dem stellvertretenden Wirtschaftsminister Joao Neves sowie dem Staatssekretär für Außenhandel Eurico Brilhante über die Vertiefung der deutsch-portugiesischen Wirtschaftsbeziehungen. European Entrepreneurs ist 2019 weiter kräftig gewachsen: Neu dazu kamen die Länder Polen, Lettland, Türkei, Portugal und Georgien.

Viele Banken anfällig bei Finanzkrise Die Europäische Zentralbank (EZB) hat 103 Bankhäuser im Euroraum einem speziellen Stresstest unterzogen, und das Ergebnis gibt keinen Anlass zum Jubel. Falls Kunden im Krisenfall größere Mengen Geld abziehen, würde nur die Hälfte der Institute mehr als sechs Monate durchhalten, ohne auf fremdes Kapital angewiesen zu sein. Den meisten größeren Banken in der Eurozone bescheinigen die EZB-Aufseher jedoch eine „insgesamt komfortable“ Liquiditätsausstattung. Mehr als zehn Jahre nach der großen Finanzkrise kämpfen viele Banken immer noch mit faulen Krediten, falschen Geschäftsmodellen und fallenden Erträgen. Und dafür ist zum Teil die EZB selber verantwortlich.

Bundestag teilt Macrons Vorbehalte Neue EU-Beitrittskandidaten werden jetzt in Brüssel kritischer unter die Lupe genommen. Das ist ein Ergebnis des letzten EU-Gipfels, bei dem Frankreich – im Verbund mit den Niederlanden und Dänemark – den Beginn von Aufnahmeverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien gestoppt hat. Anders als die EU-Kommissionsspitze und das Europaparlament sah Macron die politischen Anforderungen für einen Startschuss nicht erfüllt. Diese Bedenken hatte zuvor auch der Deutsche Bundestag geäußert und das Vorhaben nur prinzipiell unterstützt. Vor allem die Zustimmung für Albanien wurde an einige Vorbedingungen geknüpft. So soll die erste Beitrittskonferenz erst stattfinden, wenn Tirana eine Wahlrechtsreform beschlossen hat und der Oberste Gerichtshof funktionsfähig ist. Für eine zweite Konferenz wurden Fortschritte beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität vorausgesetzt. www.bundestag.de/drucksachen > Nordmazedonien > Albanien

Grünes Licht für Eurozonenbudget Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann einen Erfolg verbuchen. Das lange umstrittene Eurozonenbudget zum Schutz vor künftigen Finanzkrisen kommt. Das Budget dient vor allem der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Es wird auch für Länder verfügbar sein, die der Eurowährung in absehbarer Zeit beitreten wollen. Wie viel Geld verfügbar sein wird, soll erst bei den Verhandlungen zum EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 entschieden werden. Die Rede ist von 17 Milliarden Euro, verteilt auf sieben Jahre. Es ist geplant, einen Großteil der Gelder nach der Bevölkerungszahl und dem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt zuzuweisen. Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz soll das Geld in Deutschland für Investitionen in Digitalisierung, Klimaschutz und Forschung eingesetzt werden. Vorgesehen ist eine nationale Kofinanzierungsrate von 25 Prozent. www.deutschlandfunk.de > Eurozonenbudget

Foto: © Tobias Arhelger von www.stock.adobe.com

Europa

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


EUROPA 23

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Bundesgeschäftsführer Markus Jerger (li.) und Moussa Faki Mahamat, Präsident der Afrikanischen Union.

Afrikagipfel in Sotschi: Chancen für deutsche Mittelständler Bundesgeschäftsführer Markus Jerger und Bundesgeschäftsleiter Politik Andreas Jahn nahmen am Afrikagipfel in Sotschi teil, der von der russischen Regierung organisiert wurde. In persönlichen Gesprächen mit 18 afrikanischen Staats- und Regierungschefs unterstrich Markus Jerger die Bedeutung des deutschen Mittelstandes für die Entwicklung Afrikas. Höhepunkt des Wirtschaftsgipfels in Sotschi war ein Zusammentreffen mit dem Präsidenten der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, der den BVMW einlud, sich an der Schaffung von nachhaltigen Wertschöpfungsketten zu beteiligen.

Foto: © rustamank von www.stock.adobe.com

Auslandseinsätze online melden Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) will eine Bundesratsinitiative starten, um das „Bürokratiemonster A1-Bescheinigung“ abzuschaffen. Stattdessen soll eine europäische Online-Meldeplattform eingeführt werden. Das bisher für Arbeiten im europäischen Ausland und für Geschäftsreisen benötigte Dokument (Entsendebescheinigung) wurde allein im Jahr 2017 über 300.000 mal ausgestellt. Dabei ist es besonders ärgerlich, wenn die Bearbeitung durch Krankenkassen, Rentenversicherung etc. manchmal mehrere Wochen dauert. Mittelständler beklagen, dass die Bescheinigung für jeden kurzen Einsatz z. B. in einem benachbarten EULand neu beantragt werden muss (siehe auch DER Mittelstand 5/2019, Seite 19). Dadurch werden kurzfristige Arbeitseinsätze enorm erschwert. Althusmann schlägt vor, dass berufliche Aufenthalte von maximal 14 Tagen auch ohne Meldung möglich sein sollen. „Wenn es für deutsche Unternehmen einfacher ist, eine Maschine in Singapur statt in Belgien zu warten, dann stimmt was nicht“, meint der Minister. www.mw.niedersachsen.de > Weniger Bürokratie

Gegenwind für Lagarde Der Start von Christine Lagarde als neue EZB-Präsidentin fällt in unruhige Zeiten. Kurz vor seinem Ausscheiden hatte ihr Vorgänger Mario Draghi die ohnehin großzügige Geldpolitik noch stärker gelockert. Der Einlagezins für Banken wurde auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Zugleich wurde ab dem 1. November das Programm zum Kauf von Staatsanleihen der Euroländer für unbestimmte Zeit wieder aufgenommen. Doch schon bei diesem Schritt hat sich gezeigt, dass die Zeit der Harmonie im EZB-Rat vorüber ist. Ein klares Signal dafür war der Rückzug von Sabine Lautenschläger aus dem EZB-Direktorium. Sie galt als Kritikerin von Draghis Anleihekäufen und ist bereits die dritte deutsche Notenbankerin, die aus Protest vorzeitig ausscheidet. Bundesbankpräsident Jens Weidmann ist längst nicht mehr alleine mit seiner Skepsis. Die Notenbankchefs der Niederlande, Österreichs und andere gehen ebenfalls auf Distanz. Will Lagarde für Geschlossenheit sorgen, kann sie den Draghi-Kurs nicht unverändert fortsetzen. Der politische Gegenwind wird zunehmen, wenn auch Kleinsparer wegen drohender Strafzinsen aufbegehren. www.exporo.de/wiki/staatsanleihen

Umfrage: KMU besorgt über EU Um den Zusammenhalt und die Stabilität der EU machen sich die deutschen Mittelständler große Sorgen. Laut dem „Mittelstandsradar“ der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sehen 73 Prozent der Befragten hier die größte Herausforderung für Europa. Angesichts des Dauerproblems Brexit und nationalistischer Rückfälle überrascht das Ergebnis nicht. Konkret zu den Auswirkungen des Brexit befragt, bleiben die Unternehmen des Mittelstandsradars relativ gelassen. Knapp ein Drittel erwartet Veränderungen in überschaubarem Ausmaß. Davon befürchten die meisten einen Rückgang der Exporte, der sich allerdings schon seit 2015 abzeichnet. Damit geht eine negative Bewertung des Vereinigten Königreichs als Absatzmarkt und Produktionsstandort einher.

www.lbbw.de > Mittelstandsradar Europäische Union


24 EUROPA

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Gelbwesten, Macron und der Mittelstand Die Bilder der Gelbwestenbewegung, welche zwischen November 2018 und Frühjahr 2019 zu landesweiten Protesten in Frankreich führte, gingen um die Welt. Diese veranlassten Präsident Emmanuel Macron zu mittelstandsfreundlichen Zugeständnissen.

42 Forderungen Eine Liste von 42 Forderungen der Gelbwesten deckt viele Bereiche ab, die für KMU relevant sind. Der Kleinhandel in den Dörfern und Stadtzentren soll gefördert werden, indem der Bau von großen Handelszentren um große Städte herum gestoppt wird, da diese sich negativ auf die kleinen Geschäfte auswirken. Ebenfalls sollen hierfür kostenlose Parkplätze in den Stadtzentren zur Verfügung stehen. Eine weitere Forderung ist, dass große Unternehmen mehr Steuern zahlen sollen, KMU hingegen weniger. Auch soll die französische Industrie geschützt werden, indem Verlagerungen ins Ausland verboten werden. Durch diese Maßnahme sollen wertvolles Know-how und Arbeitsplätze geschützt werden. Des Weiteren wird gefordert, die Steuergutschrift für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung abzuschaffen, um mit den eingesparten Geldern eine französische Industrie von Brennstoffzellenautos zu fördern.

Warum Mittelständler? Das französische Parlament verabschiedete endgültig im April 2019 den Aktionsplan für Unternehmenswachstum und -transformation.

Dieser beruht auf der Beobachtung, dass Frankreich bei der Anzahl der mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, hinterherhinkt. Die französische Regierung begründet die Förderung von KMU damit, dass gerade diese Unternehmen die meisten Arbeitsplätze schaffen und über die notwendigen Ressourcen verfügen, um Innovationen umzuset­zen, zu digitalisieren und neue Märkte zu erobern. Die Belange des Mittelstands müssen nachdrücklich vertreten werden, und Verbände können hier eine entscheidende Rolle einnehmen. Das deutsch-frankophone Unternehmernetzwerk des BVMW, Le Mittelstand BVMW, vertritt nicht nur in Deutschland, sondern auch über seine lokalen Partner in den frankophonen Ländern die politischen Interessen des Mittelstands.

Gut zu wissen Nehmen Sie Kontakt mit Le Mittelstand BVMW auf: Bienvenue Angui Tel.: 030 / 53 32 06-551 E-Mail: bienvenue.angui@bvmw.de www.le-mittelstand.bvmw.de

Elif Mandal BVMW Junior Projektmanagerin Außenwirtschaft elif.mandal@ bvmw.de

Foto: © VlatkoRadovic von www.istockphoto.com

D

as französische Innenministerium gab bekannt, dass für die erste Protestkundgebung der Gelbwesten (gilets jaunes) im November letzten Jahres in ganz Frankreich fast 300.000 Menschen auf die Straße gingen. Auslöser der Proteste war die von Präsident Emmanuel Macron geplante höhere Besteuerung von fossilen Brennstoffen. Als direkte Reaktion auf die Proteste führte die Regierung im Januar 2019 die große nationale Debatte ein („le grand débat national“), die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen soll, für das französische Volk wesentliche Themen zu diskutieren. Macron sprach unter anderem von einer Senkung der Einkommenssteuer und einem höheren Mindestlohn.


INTERNATIONAL 25

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Staatsempfang im Senegal Rund 30 Mittelständler aus Deutschland reisten unlängst in den Senegal. Die Delegation unter Leitung von Mittelstandspräsident Mario Ohoven und BVMW Bundesgeschäftsführer Markus Jerger wurden von Staatspräsident Macky Sall und hochrangigen Regierungsvertretern empfangen. Das westafrikanische Land bietet deutschen mittelständischen Unternehmen gute Beschäftigungsmöglichkeiten.

Gruppenbild vor dem Präsidentenpalast: In der Mitte Mario Ohoven, Präsident der Republik Senegal Macky Sall und Markus Jerger.

Babacar Diagne, Präsident des CDES (li.), zusammen mit Mario Ohoven bei der Unterzeichnung des Memorandums of Cooperation.

D

eutschland ist seit der Unabhängigkeit Senegals im Jahr 1960 ein wichtiger Wirtschaftspartner des afrikanischen Staates. Die Handelsbeziehungen zwischen den Ländern basieren hauptsächlich auf deutschen Exportgütern wie Maschinen, Kraftwagen, Kraftwagenteilen und elektrischen Ausrüstungen für den Senegal. Deutschen mittelständischen Unternehmen bietet der Senegal vor allem bei Technologien im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz große Geschäftsmöglichkeiten.

Zusammenarbeit besiegelt – Gespräche mit sechs Ministern Die BVMW-Delegationsreise ermöglichte den Teilnehmern Gespräche mit den höchsten politischen und wirtschaftlichen Vertretern des Landes und damit einzigartige Einblicke in Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten im Senegal. Der Präsident der Republik Senegal, Macky Sall, empfing die Delegation im Präsidentenpalast. Er betonte die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Senegal und Deutschland und würdigte das Engagement Mario Ohovens für den Mittelstand – in Deutschland und weltweit. Den Teilnehmern wurde während des Treffens der Senegal Emergent Plan (PSE) vorgestellt, der derzeit als die wichtigste wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklungsstrategie des Landes gilt. Außerdem wurde ein Memorandum of Cooperation zwischen dem BVMW und dem Wirtschaftsrat Senegals (CDES) unterzeichnet. CDES unterstützt kleine und mittlere Unternehmen aus dem Senegal zum Beispiel beim Eintritt in den europäischen Markt. Weitere Gespräche fanden mit sechs Ministern, darunter Finanz- und Haushaltsminister Abdoulaye Daouda Diallo, dem ehemaligen Premierminister und derzeitigen Präsidenten der Nationalversammlung, Moustapha Niasse, dem deutschen Botschafter Stephan Röken sowie Vertretern von GIZ und KfW im Senegal statt. Konkrete Projekte mit der Regierung des Senegal sind in Planung.

V. li.: Mario Ohoven, Stephan Röken, deutscher Botschafter im Senegal, und Markus Jerger.

Gut zu wissen Fläche: 196.722 km² Wachstum des BIP (2019): 6,2 Prozent Bevölkerung (2018): 16.3 Millionen Geschäftssprache: Französisch BIP (2019): 25,3 Milliarden USD​​ Währung: FCFA (CFA-Franc) BIP je Einwohner (2019): 1.510 USD​​ Wechselkurs (März 2019): 1 Euro = 655,957 FCFA

Mor Diop BVMW Referent Außenwirtschaft mor.diop@ bvmw.de


26 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


SCHWERPUNKT 27

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Schwerpunkt

Mittelstand und Arbeitsmarkt In Zeiten der globalisierten Märkte und der voranschreitenden Digitalisierung befindet sich der Arbeitsmarkt in Deutschland in einem rasanten Wandel. Er erfordert von Unternehmen eine ständige Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Wir bieten Ihnen mit unserem Themenschwerpunkt Antworten auf die Herausforderungen einer sich verändernden Arbeitswelt. Erfahren Sie, welche Rolle die eigenen Mitarbeiter für die Außenwerbung Ihres Unternehmens spielen, und warum die Generation 50+ am Arbeitsmarkt gefragter ist denn je. Zudem zeigen wir Ihnen die neuesten Trends der Personalgewinnung und führen die Debatte, ob Arbeitszeiterfassung in der modernen flexiblen

Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel

Arbeitswelt noch ihre Berechtigung hat.


28 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Arbeitgeberattraktivität: das unterschätzte Instrument Nicht allein die Produkte und Services machen den Erfolg eines Unternehmens aus, sondern zum großem Teil dessen Mitarbeiter. Sind sie es doch, die den Kontakt zum Kunden pflegen, das Ohr am Markt haben, Produkte erfinden, konstruieren und realisieren und so die Leistungen schaffen, die im Zusammenspiel wieder zum Unternehmenserfolg und Wettbewerbsvorsprung führen. Erfolgsfaktor Mensch

Der Erfolgsfaktor Mensch macht auf lange Sicht den Unternehmenserfolg aus. Clevere, hochwertige sowie wettbewerbsfähige Produkte entstehen nicht ohne ein fachlich gutes, kreatives und motiviertes Team. Hinter allen Produkten und Leistungen des Unternehmens stehen Menschen. Ist dieses Wissen und Bewusstsein tagtäglich im betrieblichen Leben präsent, nimmt der Faktor Mensch einen besonDer Mitarbeiter ist Botschafter deren Stellenwert ein. Werte werden gelebt, und ein kollegiales Beund Multiplikator nach außen und triebsklima, vertrauensvolles Miteinander und Teamspirit wachsen. spiegelt die Attraktivität seines Damit entsteht schon mit einer reinen Wertekultur und Umsetzung derselben das wertvollste Gut im Employer Branding: der zufriedeArbeitgebers. ne Mitarbeiter. Der Mitarbeiter ist Botschafter und Multiplikator nach „Wer Freude bei der Arbeit hat, ist imstande viel zu leisten.“ Dieses außen und spiegelt die Attraktivität seines Arbeitgebers. Und zwar so Zitat von Marion Gräfin Dönhoff begleitet beispielsweise uns bei der authentisch, wie es keine andere Marketingmaßnahme könnte. Bei Günzburger Steigtechnik seit vielen Jahren. Als Motto, als Leitidee beruflichen Anlässen, in seiner Familie und im sozialem Umfeld. Alund auch als Führungsansatz. Arbeit und Leistung müssen Freu- so überall dort, wo auch die qualifizierte Fachkraft von morgen sich de machen, so unsere feste Überzeugung. Wer sich wohlfühlt, seine tummelt. Umso mehr sollte mit dem Wissen, dass die eigenen MitarLeistung und Ideen einbringen kann und Wertschätzung erfährt, ar- beiter der bedeutendste imagebildende Faktor sind, in den Unternehbeitet mit Freude. Er ist dann, und nur dann imstande viel zu leisten. men das interne Arbeitgebermarketing in den Fokus rücken. Ein bunDauerhaft und nachhaltig. tes Potpourri an Instrumenten steht zur Verfügung.

Foto: © Warchi von www.istockphoto.com

E

infach gesprochen lässt sich sagen: Ein Unternehmen ist nur so gut wie seine Mitarbeiter – und seine Mitarbeiter nur so gut wie das Unternehmen. Und hier verstecken sich die Potenziale, hier lässt sich schon mit einfachen, aber wirksamen Maßnahmen viel erreichen.


SCHWERPUNKT 29

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Transparente und offene Kommunikation macht attraktiv Die sozialen Medien wie Facebook und Instagram sind die perfekten Kanäle für einen Blick ins Unternehmen, der Außenstehenden sonst nicht möglich ist. Hier lassen sich die smarten Angebote und Firmenevents mit der Öffentlichkeit teilen und Follower am Innenleben der Firmenkultur teilhaben. Die transparente, offene Kommunikation und eine lebendige Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens tragen wesentlich zu einer positiven Imagebildung bei und sollten als Werkzeug des externen Arbeitgebermarketings nicht unterschätzt werden. Nur wer sich zeigt und seine Türen öffnet – auch im ganz klassischen Sinne bei Tagen der offenen Tür, Messeteilnahmen, Betriebsführungen – wird qualifizierte Mitarbeiter finden, die schon bald als solche durch die Eingangstür an ihren Arbeitsplatz kommen.

Foto: © Werbefotografie Weiss GmbH

Gut zu wissen

Damit die Maßnahmen und Angebote ihr Ziel erreichen, wurden bei der Günzburger Steigtechnik die Wünsche und Bedarfe über eine Mitarbeiterbefragung ermittelt. In welchen Zeiten ist die Betreuung der Kinder für die Kollegen am kniffligsten, welche zeitlichen Arbeitsmodelle erleichtern die Work-Life-Balance, welche Sport- und Gesundheitsangebote sind gefragt, welche Themen interessieren Mitarbeiter und ihre Familien? Daraus entstehen eine bedarfsgerechte Ferienbetreuung bei den Steigtechnik-Kids, individuelle Arbeitszeiten, Nordic-Walking- und Fußballteams sowie Lauftreffs der „Munk-Runners“, die sich auch an Wettkämpfen beteiligen. Schulungs- und Informationsangebote im internen Campus zu Themen wie Erste Hilfe am Kind, sicheres Surfen im Internet oder der Erstellung von Fotobüchern sind regelmäßig auf der Tagesordnung.

n W ettbewerbsfähige Produkte entstehen mit einem kreativen und motivierten Team n Wertvollstes Gut im Employer Branding ist der zufriedene Mitarbeiter n Transparente, offene Kommunikation und lebendige Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens tragen wesentlich zu einer positiven Imagebildung bei Ferdinand Munk Geschäftsführer Günzburger Steigtechnik GmbH Vorsitzender der BVMW Kommission Arbeit und Soziales Mitglied im Bundeswirtschaftssenat www.steigtechnik.de

Anzeige

Gebaut für Ihre Zukunft. Bürogebäude, so individuell wie Ihre Anforderungen. Modulares Bauen von KLEUSBERG bietet ganz neue Möglichkeiten und Antworten auf die Fragen unserer Zeit. So schaffen wir für Ihr Bauvorhaben innovative Freiräume mit Kostensicherheit und Termingarantie. Alles unter kleusberg.de/modulbau Agentur für Arbeit Dresden Verwaltungsgebäude | Richter Architekten


30 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Best practice Wie gelingt es, Migranten im Unternehmen zu integrieren? Kann die Wirtschaft von Inklusion profitieren? Was tun, wenn’s knirscht oder knallt? Wie finde und binde ich Fachkräfte? Ist Zeitarbeit eine Lösung? Diese und andere Fragen beantworten in dieser Ausgabe Mitglieder des BVMW.

Geschäftsführerin Tanja Küpper-Schlotmann mit Milos Dunic, Dusko Zavisic, Anatolij Pasimisin und Michaela Peiffer (v. li.).

Ortho-Ped Geschäftsführer Volker Cicha mit einem der Absolventen des Berufsbildungswerkes im Oberlinhaus.

W

W

Als ich vor zwei Jahren gemeinsam mit meinem Kompagnon Jens Flatho die Leitung der Fritz Manke GmbH übernahm, trat ich ein großes Erbe an. Schließlich wurde das Düsseldorfer Traditionshaus, Fachbetrieb für Brandschutz und Sicherheitstechnik, bereits 1902 gegründet. Heute wird es in der fünften Generation geführt. Ein Team von 33 Mitarbeitern kümmert sich vor Ort um den sensiblen Bereich von Brandmeldeanlagen, Abzugsoder Kleinlöschanlagen und führt vor Ort beim Kunden Brandschutzund Evakuierungsschulungen durch. Während der Zeit der Flüchtlingskrise waren wir aktiv auf Personalsuche. Die Lösung stand 2015 quasi eines Tages vor der Tür, als sechs Migranten bei uns anheuerten. Drei kamen mit dem großen Flüchtlingstrack zu uns nach Deutschland und fragten bei uns nach Arbeit. Sie büffelten deutsch, brachten sich aktiv ein. Alle sechs kamen aus eigenem Antrieb und betreuen heute, nach intensiver Schulung in der betriebseigenen Bildungsakademie, Kunden im Außendienst. Sprache und Engagement waren der Schlüssel zum Erfolg, den wir nach Kräften fördern. Wir unterstützen die Neuen bei der Vermittlung von Sprachtraining und im Behördendschungel. Für uns war es eine lohnende Investition in die Zukunft von Menschen und Betrieb.

Tanja Küpper-Schlotmann Geschäftsführerin Fritz Manke GmbH, Düsseldorf www.fritzmanke.de

irtschaft kann von Inklusion profitieren

In Deutschland zeigt sich der Fachkräftemangel immer eklatanter. Es fehlt in vielen Bereichen an geeignetem Personal. Die Beschäftigung von Menschen mit einer Behinderung bietet gute Chancen, den Fachkräftebedarf auch in Zukunft zu sichern. Davon konnten sich zahlreiche Vertreter der Wirtschaft und des BVMW im Oberlin Berufsbildungswerk in Potsdam überzeugen. In entspannter Atmosphäre lernten potenzielle Arbeitgeber gleich vor Ort gut ausgebildete Fachkräfte kennen. So auch Volker Cicha, Geschäftsführer der Firma Ortho-Ped Dittmer GmbH & Co. KG in Berlin. Das Sanitätshaus beschäftigt zwei Menschen mit einem Handicap aus dem Oberlin Berufsbildungswerk: einen Fachpraktiker für Bürokommunikation und einen Orthopädietechniker in einer verzahnten Ausbildung. Die Firma Ortho-Ped zieht bei der Beschäftigung der neuen Mitarbeiter eine positive Bilanz und ist überzeugt, dass von der Inklusion alle Beteiligten profitieren. Inklusion funktioniert, wenn Wille, Mut, Haltung, Wissen und unterstützende Strukturen zusammenkommen. Die Berufsbildungswerke sind hierbei wichtige und zuverlässige Partner der Wirtschaft für die Vorbereitung sowie für den Übergang von Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt und können so dem Trend des Fachkräftemangels entgegenwirken. Positiver Nebeneffekt: Es gibt verschiedene finanzielle Fördermöglichkeiten für Arbeitgeber.

Karin Deutscher Koordinatorin für betriebliche Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit Berufsbildungswerk im Oberlinhaus gGmbH, Potsdam www.oberlin-berufsbildung.de

Foto: © Fritz Manke GmbH

o sich täglich neue Türen öffnen


SCHWERPUNKT 31

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Foto: © fotografixx von www.istockphoto.com; © fizkes von www.istockphoto.com

W

ie Digitalisierung das Recruting von Mitarbeitern verändern kann

Viele Unternehmer sehen sich im Zangengriff zwischen zwei großen Herausforderungen: der Digitalisierung und dem Fachkräftemangel. Dabei kann das eine helfen, das andere zu beheben. Unbesetzte Stellen führen zu enormen Einbußen bei den Umsätzen von Unternehmen. Als Unternehmer gilt es nun, aktiv die Zukunft zu gestalten. Es geht darum, die Digitalisierung als Chance wahrzunehmen und entsprechend zu versuchen, die bestehenden Prozesse komplett digital umzusetzen und dabei das vorhandene Wissen aus den Köpfen der Mitarbeiter in den digitalen Prozess aufzunehmen. Im Rahmen dieser nicht einfachen Transformation werden mit Sicherheit Optimierungspotenziale gefunden, die dann abhängig vom Aufwand entweder direkt umgesetzt oder im Rahmen der stetigen Weiterentwicklung nach und nach berücksichtigt werden. Der Transformationsprozess bietet die Chance, das Unternehmen transparenter zu gestalten. Dabei werden fehlende Prozessdefinitionen wie auch falsche Prozessabläufe sichtbar. Deren Behebung erlaubt es, das gesamte Unternehmen in eine klare Struktur zu überführen. So lässt sich Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten eine andere Sicht auf das Unternehmen bieten und damit die Bindung erhöhen. Junge Menschen wollen zunehmend digital angesprochen werden. Warum nicht durch moderne, digitale Arbeitsplätze, die unabhängig von Zeit, Ort und Gerät funktionieren? Im Kontext der beschriebenen Wege in die Zukunft ermöglicht dieser Ansatz die Einbindung neuer Mitarbeiter, die bislang aus jeder Bewerbersichtung herausgefallen sind. Rinaldo Heck Geschäftsführer HE-S Heck Software GmbH, Johannesberg (Bayern) www.HE-S.com

W

as tun, wenn’s knirscht oder knallt?

Die Führungskraft hat bei Spannungen und Konflikten oft die Aufgabe zu vermitteln, was aber gar nicht so einfach ist. Schnell gerät sie zwischen die Fronten. Denn egal welche Lösung sie vorschlägt, sie hat verloren. Und genau hier liegt der Denkfehler. Für die Vermittlung empfehle ich vor allem: Die Verantwortung für die Lösung liegt bei den Konfliktparteien! Weiterhin entscheidet die Vorgehensweise über Erfolg oder Misserfolg. Wichtig ist, durch die Art der Gesprächsführung die Balance zwischen notwendiger Emotionalität und Lösungsorientierung zu halten, indem man: n d ie eigene und die Rolle der Konfliktparteien klärt n R egeln für das Gespräch festlegt und kontrolliert n W ünsche, Interessen und Gefühle sichtbar macht n o ffene Fragen stellt n a ktiv zuhört n T hemen konkretisiert n d ie Konfliktparteien bei der Lösung in die Pflicht nimmt Wenn erst einmal Eiszeit herrscht, mutet es oft so an, als ob die Konfliktparteien wie Eisberge unaufhaltsam aufeinander zusteuern. Dabei liegen die wirklichen Motive des Konflikts unsichtbar unter der Oberfläche: Interessen, Werte, Befürchtungen, Bedürfnisse und Gefühle. Schnell dehnt sich ein Konflikt durch die Bildung von Koalitionen, das Öffentlichmachen des Streits oder Forderungen an den Vorgesetzten auf Dritte aus. Insgesamt sind Konflikte schon kritisch und kooperative Lösungen auf der Sachebene nicht mehr möglich, wenn die Konfliktparteien sich bei Kollegen oder Vorgesetzten abfällig äußern oder beschweren. Heike Andreschak Unternehmensberaterin, Dellbrück (NRW) www.andreschak.biz


32 SCHWERPUNKT

Momentan sind die Zahlen der Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche durch die konjunkturelle Schwächephase rückläufig. Nur rund zwei Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland sind in der Zeitarbeit beschäftigt. Außerdem wird die Zeitarbeitsbranche im geplanten Fachkräfteeinwanderungs-Gesetz ausgenommen, und das, obwohl sie bewiesen hat, dass sie Integration leisten kann und die ideale Schnittstelle ist. Migration hat für die Zeitarbeitsbranche immense Bedeutung, da der Arbeitskräftebedarf sonst nicht weiter gedeckt werden kann. Zeitarbeit konnte bisher rund 30 Prozent der Geflüchteten einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Worauf es uns ankommt: n E s gibt einen firmeninternen Ethik-Kodex n O ffene Kommunikation, Zeit nehmen für Probleme der Mitarbeiter n B erater und Hilfesteller sein, respektvolle Kommunikation, familiärer Charakter n 2 4-Stunden-Service für Kunden und Mitarbeiter n Mitarbeiter erhalten bequeme und kostenfreie Arbeitskleidung, finanzielle Hilfen durch Vorschüsse n H ilfe bei Beantragung von Arbeitserlaubnis, Behördenfragen, Fahrdienste n P rogramm: Mitarbeiter werben Mitarbeiter n L angfristige Betreuung von Auszubildenden und Kandidaten in Weiterbildung n N utzung aller Kanäle zur Arbeits- und Fachkräftegewinnung (Print, Online, Social Media) n K ostenlose Weiterbildungsmaßnahmen für alle Mitarbeiter, Personalgewinnung ist Vertrauenssache.

Phoenix Personaldienstleistungen GmbH Geschäftsführer Ulrike Engel und Michael Fischer, Falkensee (bei Berlin) www.project-pdl.de

M

egatrends in der Personalgewinnung

Unternehmen, die als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden möchten, müssen sich mit innovativen Bewerbungstechnologien auseinandersetzen. Viele Bewerber fühlen sich allerdings durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz beim Einstellungsverfahren verunsichert. Infolgedessen ist es wichtig, den menschlichen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren. Seit einigen Jahren steigt die Nutzung eines neuen Interviewformats: Aufzeichnung von Bewerbungsgesprächen per Video. Hierbei werden Fragen an den Bewerber weitergeleitet, die er per Video beantworten soll. Bislang nutzen nur sechs Prozent der Unternehmen diese Möglichkeit. Dabei bietet sie große Flexibilität sowohl für den Personalverantwortlichen als auch für den Bewerber, der seine Antworten bei Bedarf neu aufzeichnen kann. Neben dem klassischen Bewerbungsgespräch setzen Unternehmen heute prädiktive (vorhersagbare) Eignungs- und Persönlichkeitstests ein. So wurden bereits mehr als die Hälfte aller Kandidaten mit Online-Persönlichkeitstests konfrontiert. Gamification spiegelt die Entwicklung von Einstellungsverfahren wider, welche nicht mehr ausschließlich auf reiner Kandidatenevaluation beruhen. Einige Unternehmen haben realistische Arbeitssimulationen in ihren Recruitingprozess integriert. Bewerber können dadurch die genauen Anforderungen und Tätigkeitsbereiche nachvollziehen. Unternehmen wiederum identifizieren mit diesem Virtual-Reality-Verfahren Bewerber, die am ehesten zur Position passen und glänzen gleichzeitig als attraktive und innovative Arbeitgeber.

Faye Walshe Global Head of Innovation – Robert Walters, Düsseldorf www.robertwalters.de

Foto: © GoodLifeStudio von www.istockphoto.com; © dusanpetkovic von www.istockphoto.com

K

eine Scheu vor Personalberatung und -vermittlung

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


ADVERTORIAL 33

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Fotos:©Postcon

Unternehmen profitieren vom Wettbewerb im Briefmarkt Die Unternehmer in Deutschland haben von der Liberalisierung im Briefmarkt spürbar profitiert: Höhere Wettbewerbsintensität drückt auf die Preise – zum Vorteil der Kunden. Sie haben größere Wahlfreiheit und nutzen diese immer öfter, wenn es um den Versand ihrer Geschäftspost geht. Dass immer mehr Unternehmen die Chance erkennen, die in einem Wechsel des Dienstleisters liegt, zeigt auch die Marktentwicklung: Der alternative Briefmarkt wächst laut Bundesnetzagentur gegen den Branchentrend, die Wettbewerber der Deutschen-Post-Gruppe konnten ihre Sendungsmenge in 2018 von 2,6 auf 2,8 Milliarden steigern, während der frühere Staatskonzern ein Minus hinnehmen musste. So wird der ehemalige Monopolist nicht müde zu klagen: über schrumpfende Briefvolumen, hohe Kosten und zu niedriges Porto, das in diesem Jahr zum vierten Mal in Folge stieg.

des Verwaltungsgerichts Köln, demzufolge die reine Inhaltsgleichheit von Briefen nicht ausreicht, um die vergünstigten Dialogpost-Tarife der Deutschen Post AG in Anspruch zu nehmen.

Wenn nun eine international erfolgreiche Beteiligungsgesellschaft wie Quantum Capital Partners in den Briefmarkt einsteigt und Postcon übernimmt, ist das ein deutliches Signal. Die Marktentwicklung kommt dem führenden alternativen Briefdienstleister entgegen, er gewinnt mit günstigem Porto und guten Leistungen, und davon wollen die Post-Profis noch mehr wechselwillige Kunden überzeugen.

Ab dem 01.01.2020 dürfen Kunden Dialogpost-Produkte also nur noch für den Versand von Werbung nutzen. Sendungen mit allgemeinen oder persönlichen Informationen, die keine Werbung sind, dürfen künftig nicht mehr mit Dialogpost, sondern nur noch als Brief, beziehungsweise als Postkarte versandt werden. Was beispielsweise dazu führt, dass beispielsweise AGB-Änderungen und Preisanpassungsschreiben zukünftig als vollbezahlte Briefe versendet werden müssen.

Mit dem Jahreswechsel düfte viel Bewegung in den Markt kommen: Die Deutsche Post wird die AGB ihrer Dialogpost-Produkte anpassen müssen. Hintergrund ist ein rechtskräftiges Urteil

Alternative Briefdienstleister wie Postcon werden auch in diesem Segment preisgünstige Alternativen anbieten können

und den Marktanteil weiter ausbauen. In die Hände spielen Postcon auch die Pläne des Bundeswirtschaftsminsteriums: die Reform des 20 Jahre alten Postgesetzes. Denn die Entwicklung eines „chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs“ sei „nicht zufriedenstellend“, heißt es im Eckpunktepapier. Für alternative Briefdienstleister wie Postcon brächte die Reform deutliche Vorteile in ihrer Weiterentwicklung. Bei einem Marktanteil von zehn Prozent ist noch viel Luft nach oben, um zu wachsen, damit weiter zu investieren und noch mehr kundenfreundliche Angebote zu etablieren. Schon heute bewegen die Post-Profis von Postcon mehr als eine Milliarde Sendungen pro Jahr. Zugestellt wird bundesweit alles, was in den Briefkasten passt – über eigene Zusteller oder Dritte, zum Beispiel die mehr als 120 Verbundpartner der Mail Alliance. Rund 2.500 Mitarbeiter zählt die Poston-Gruppe. Erklärtes Ziel des neuen Eigentümers Quantum Capital Partners ist es, den „Wachstumspfad“ des Geschäftspost-Spezialisten fortzusetzen – auch zum Vorteil der Kunden, Brief für Brief.


34 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Wie wertvolles Know-how im Unternehmen bleibt Neue Herausforderungen statt Vorruhestand: Immer mehr Unternehmen erkennen, welche Vorteile ältere Beschäftigte für sie haben – und binden deshalb ihre Silver Workers enger ein, statt sie aufs Abstellgleis zu schieben. Welche Instrumentarien dafür sorgen, dass die Seniors sich wieder geschätzt fühlen und zu Leistungsträgern werden.

Denn auch und gerade bei den Silver Workers ist angekommen, dass lebenslanges Lernen für das berufliche Fortkommen unabdingbar ist.

wissen Personaler, dass Mitarbeiter aus der Generation 50plus in der Regel loyaler sind als junge Kollegen, dass sie aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung eher bereit sind, Verantwortung zu übernehmen als Jüngere, dass sie mehr Erfahrung im Umgang mit anderen Menschen haben und deshalb über eine hohe soziale Kompetenz verfügen. Und weil Beschäftigte höheren Alters ihre Familienplanung bereits abgeschlossen haben, können sie auf Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf verzichten und sind damit flexibler einsetzbar – zumal statistisch längst widerlegt ist, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten mit zunehmendem Alter steigen.

Instrument Weiterbildung

Vor diesem Hintergrund empfehlen Arbeitsmarkt-Forscher, vor allem in Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren, damit die Greyheads im Unternehmen fit bleiben, insbesondere für die digitale Transformation. Ihre Lernbereitschaft sei nämlich ausgeprägter als angenommen, weil sie es laut wissenschaftlichen Befragungen schätzen, durch gezielte und individuelle Weiterqualifikation ihre bereits erworbenen Branchen-, Fach- und Spezialkenntnisse ausbauen zu könDie Älteren werden auf dem Arbeitsmarkt zunehmend umworben, nen. Denn auch und gerade bei den Silver Workers ist angekommen, weil nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung die Gruppe der 50- dass lebenslanges Lernen für das berufliche Fortkommen unabdingbis 64-Jährigen nicht nur die am besten ausgebildete ist. Zudem bar ist.

Foto: © MangoStar_Studio von www.istockphoto.com

N

ach jüngsten Erhebungen beträgt das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen in Deutschland 44 Jahre – vier Jahre mehr als 20 Jahre zuvor. Dass Arbeitnehmer im Schnitt immer älter werden, ist der demographischen Entwicklung geschuldet. Jede zweite Person ist heute älter als 45 und jede fünfte älter als 66. Gleichzeitig ist die Altersgrenze für verschiedene Rentenarten erhöht worden, was bedeutet, dass immer mehr Ältere beschäftigt werden. Und auf diese Silver Workers stellt sich mittlerweile eine wachsende Zahl von Unternehmen ein. Gerade Mittelständler versuchen, sie so lange wie möglich im Geschäft zu halten, um von deren Erfahrung und Expertise profitieren zu können.


SCHWERPUNKT 35

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Instrument Positionswechsel Fortbildungsmaßnahmen können ebenso dazu beitragen, ältere Mitarbeiter noch einmal mit anderen betrieblichen Herausforderungen zu betrauen. War jemand bislang in Produktion oder Innendienst tätig, wird er jetzt für Vertrieb oder Außendienst motiviert und qualifiziert. Denn die meisten Kunden legen Wert darauf, von souveränen Ansprechpartnern mit Fachwissen beraten und betreut zu werden. Solche Positionswechsel sorgen sowohl für berufliche Abwechslung als auch für gute Kundenbindung, bestenfalls sogar für eine Steigerung des Umsatzes.

dende oder Berufseinsteiger begleiten, sie als Coaches oder Mentoren unterstützen. Langjährig Beschäftigte sind in der Lage, jüngeren oder gerade eingestellten neuen Kollegen die Prozesse und Abläufe im Unternehmen zu erklären, sie überhaupt mit dem Unternehmen vertraut zu machen. Und sie können Führungskräfte und Personalverantwortliche auf die Talente und Fertigkeiten ihrer Schützlinge aufmerksam machen, damit sie mit gezielten Fortbildungsmaßnahmen weiter gefördert und effektiv eingesetzt werden können – immer zum Wohl des Unternehmens.

Instrument Diversity Das Diversity Management eines Unternehmens zielt darauf ab, die betriebliche Vielfalt zum Schlüssel des Erfolgs zu machen. Betriebliche Teams sind dann erfolgreich, wenn sie aus unterschiedlichen Persönlichkeiten, Kulturen und Altersklassen zusammengesetzt werden – nach innen wie nach außen. Erfahrene Best Ager können einem Team Rückhalt geben, und von Jüngeren lernen die Seniors, wie Projekte durch neuen Spirit und andere Denkweisen befeuert werden. Mit solchen gemischten Teams festigt sich zugleich der Zusammenhalt einer Belegschaft, was ein Unternehmen für potenzielle Mitarbeiter und Kunden noch attraktiver macht.

Gut zu wissen n D ie Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen ist die am besten ausgebildete n Mitarbeiter aus der Generation 50plus sind loyaler als Jüngere und eher bereit, Verantwortung zu übernehmen n Ältere brauchen keine Maßnahmen mehr zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sind deshalb flexibler einsetzbar

Instrument Coaching & Mentoring Eine weitere Einsatzmöglichkeit für Ältere sind Betreuungsaufgaben. Mit ihrer beruflichen Erfahrung können Silver Workers etwa Auszubil-

Anzeige

Unsere leistungsstarke Datenbank definiert die Art, wie Sie mit Ihren Daten im heutigen digitalen Zeitalter arbeiten, völlig neu. Wir unterstützen viele kleine und mittelständische Unternehmen, Entscheidung auf Grundlage sauberer und relevanter Daten zu treffen. Agieren Sie datengetrieben und ziehen Mehrwert aus Ihren Daten – schneller, einfach und kostengünstiger als je zuvor.

www.exasol.com

Almut Friederike Kaspar Journalistin mittelstand@ bvmw.de


36 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Vorsprung durch altersgemischte Teams In nahezu jedem Unternehmen treffen Menschen verschiedenen Alters und mit unterschiedlichsten Wertevorstellungen aufeinander. Durchschnittlich sind rund vier verschiedene Generationen parallel berufstätig – eine Situation, die Chancen durch Unterschiedlichkeiten birgt aber auch entsprechendes Konfliktpotenzial hervorrufen kann. Teamleiter stellt es folglich eine zunehmend große Herausforderung dar, die jüngeren und älteren Generationen zusammenzuführen und deren unterschiedliche Potenziale zu nutzen“, weiß Petra Guthunz, Führungskräfteberaterin im Fürstenberg Institut.

Zusammenarbeit in altersgemischten Teams aktiv fördern Ein großer Vorteil altersgemischter Teams liegt darin, Wissens- und Handlungssynergien zu schaffen und die unterschiedlichen Kompetenzen sinnvoll zu verknüpfen: die Neugier, das aktuelle Fachwissen, die neuen Methoden und die oft höhere Geschwindigkeit der Jungen mit der Erfahrung, dem Qualitätsbewusstsein, dem Prozesswissen und der sozialen Integrität der Älteren. „Auch in der Vielfalt der Perspektiven auf ein zu lösendes Problem, in der Erweiterung der persönlichen Netzwerke, im wechselseitigen Lernen voneinander, im Wissens- und Erfahrungstransfer sowie in den gesundheitsfördernden Wirkungen, die sich in der Unterstützung untereinander und im Wohlfühlfaktor ausdrücken, können verschiedene Generationen voneinander profitieren“, so Petra Guthunz. Damit diese Verschiedenheit ein Gewinn werden kann, ist eine vorurteilsfreie und gute Führung notwendig, der gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen und die Wertschätzung aller Mitarbeiter am Herzen liegt.

Die Vorteile altersgemischter Teams auf einen Blick n Differenziertes, erweitertes Leistungsspektrum n Vielfalt der Perspektiven n Breiteres personelles Netzwerk n Gegenseitige Kompetenzerweiterung n Know-how-Transfer an konkreten Arbeitsaufgaben n Gesundheitsfördernde Wirkung n Employer Branding n Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung n Niedrigere Fluktuation n Reduzierte Fehlzeiten.

Berit Sbirinda-Wenk Marketing/Unternehmenskommunikation Fürstenberg-Institut BVMW-Mitglied www.fuerstenberg-institut.de

Foto: © SeventyFour von www.istockphoto.com

A

ufgrund der vielfältigen Gegebenheiten, unter denen Menschen aufgewachsen sind, unterscheiden sich oftmals ihre Arbeitseinstellungen deutlich voneinander. So treffen in altersgemischten Teams Mitarbeiter, die mit Computern, Internet, Mobiltelefonen und Social Media groß geworden sind, auf Mitarbeiter, die erst im Laufe ihres Erwachsenenlebens mit diesen Technologien konfrontiert wurden und diese je nach Aufgabengebiet und persönlicher Affinität adaptieren mussten. Hinzu kommen unterschiedliche Werte, Ziele und Motivationen der verschiedenen Altersgruppen. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Generationen Y (Geburtenjahrgänge 1981 bis 1990) und Z (Geburtenjahrgänge 1991 bis 2010). Während die Generation Y, die derzeit auf den Arbeitsmarkt strömt, vor allem Sinn und Abwechslung im Job sucht, viel Wert auf Selbstverwirklichung legt, offline wie online exzellent vernetzt ist und Arbeits- und Privatleben ergänzend sieht, ist die Generation Z bereits mit digitalen Medien aufgewachsen und differenziert mehr zwischen Job und Freizeit. Selbstverwirklichung wird wieder verstärkt im Privatleben und in sozialen Kontakten gesucht und weniger im Rahmen der Karriere. „Für Unternehmen, Abteilungs- und

Gut zu wissen


SCHWERPUNKT 37

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Herausforderung Pflege und Beruf Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind heute Standard für Personaler im Wettbewerb um qualifizierte Bewerber. Das Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf betrifft mittlerweile jeden fünften Mitarbeiter, dennoch ist es für 80 Prozent der Arbeitgeber Neuland.

D

em Irrglauben, sich um gesunde Kinder zu kümmern sei vergleichbar mit der privaten Betreuung Pflegebedürftiger, unterliegen viele Personal-Verantwortliche. Doch die Unterschiede sind markant. Eltern kümmern sich um einen hilfsbedürftigen kleinen Menschen, der aber nicht per se pflegebedürftig ist. Auch sind Senioren unterschiedlich pflegebedürftig, oft benötigen sie nur Unterstützung, diese kann aber mitunter sehr aufwendig sein.

Maßnahmen nicht 1:1 übertragbar Nachfolgend Wissenswertes für Arbeitgeber, die Unterstützung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter planen: n R echtlich Ein schreiendes Kind, das nicht in die Kita will, kann trotzdem in die Aufsichtspflicht der Betreuerinnen übergeben werden. Einen an Demenz erkrankten Menschen gegen seinen Willen in die Demenztagesstätte abzugeben, ist Freiheitsberaubung.

Foto: © FredFroese von www.istockphoto.com

n Finanziell Leistungen wie das Kindergeld werden auch für gesunde Kinder und

direkt an die Eltern als Pflegende bezahlt. In der Pflege erhalten die Antragsteller die Leistungen und müssen pflegebedürftig sein. n Sozial Pflege ist ein Tabuthema und wird mit Krankheit, Tod und negativen Einflüssen auf die eigene Berufstätigkeit verknüpft. Nachwuchs wird in der Belegschaft dagegen mit Prosecco gefeiert. Aus Angst vor beruflichen Nachteilen sprechen weniger als 20 Prozent aller Mitarbeiter mit ihren Arbeitgebern über dieses Thema. Pflege verändert das gesamte Leben, die Folge ist daher oft soziale Isolation. n Organisatorisch Wer ein Elternteil ist, erfährt man zum Beispiel im Unternehmen über den eingetragenen Kinderfreibetrag, Mitarbeiter können also gezielt angesprochen werden. Pflegende Angehörige hingegen sind nirgends als solche erfasst und damit nicht adressierbar. n Zeitlich Familie ist weitgehend planbar. Pflege tritt meist plötzlich bis kurzfristig aufgrund von Unfall, Schlaganfall oder Demenz ein. Letztere wird meist so lange hingenommen, bis etwas passiert. Der weitere Verlauf ist schwer planbar und wird zunehmend anspruchsvoller.

Gut zu wissen

Ein Pluspunkt im Kampf um gute Arbeitskräfte

n M it der gesetzlich vorgeschriebenen psychischen Gefährdungsbeurteilung lässt sich zum Beispiel der Unterstützungsbedarf zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf konkret ermitteln n Die Palette an Maßnahmen reicht von der lohnsteuerrechtlichen Gestaltung über Sensibilisierungstrainings, betriebliches Gesundheitsmanagement, 24/7-Hilfe-Services bis zum lokalen Dienstleister-Netzwerk, kommuniziert über Benefit-Portal, Intranet oder Mitarbeiter-App n V iele Kassen bieten im Rahmen der Prävention eine Co-Finanzierung an 1. Ein Tool für Personaler, um Key-Performance-Indicator und Return on Investment für Unterstützungsmaßnahmen von belasteten Mitarbeitern zu berechnen, ist abrufbar unter https://care-and-work.com/kalkulator 2. Weitere Informationen unter https://bvmw.info/pflege-und-beruf sowie unter https://bvmw.info/angehoerigenpflege

Mit der Babyboomer-Generation wird die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf immer drängender. Angehörige sind die wichtigste Säule in der Versorgung, 75 Prozent der rund 13 Millionen Menschen, die zu Hause hilfs- oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, sind erwerbstätig, also im Schnitt jeder fünfte Mitarbeiter. Mit der Unterstützung ihrer Mitarbeiter können sich Arbeitgeber im War for talents positiv positionieren.

Mona Griesbeck Geschäftsführerin der c+w careandwork GmbH BVMW Mitglied www.care-and-work.com


38 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Personalpolitik in der digitalen Welt Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in nahezu allen Branchen und Tätigkeitsfeldern radikal und fordert damit uns als Gesellschaft heraus: Einerseits versprechen Automatisierung und Vernetzung eine spürbare Unterstützung, andererseits stellen sie unsere Rolle in der Arbeitswelt grundsätzlich in Frage: Braucht es uns noch und wenn ja: wozu?

Kompetenzen und Arbeitskultur wandeln sich fundamental Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken gelten als „Kompetenzen des 21. Jahrhunderts“. Die emanzipierte Zusammenarbeit mit sogenannter Künstlicher Intelligenz setzt ein grundlegendes Verständnis ihrer Konzeption und Arbeitsweise voraus. Nur dies ermöglicht es uns, die Qualität der Datenanalyse zu bewerten und die Souveränität aufzubringen, das eigene Erfahrungswissen, die menschliche Intuition und Empathie gegebenenfalls über die Entscheidung des digitalen Systems zu stellen. Agilität und kooperative, coachende und motivierende Führungskompetenzen sind gefordert und lösen den von Vorgaben und Kontrolle geprägten hierarchischen Führungsstil ab. Dieser Wandel muss institutionell gestützt werden: Es braucht Erfahrungsräume und eine kooperative Organisationskultur, Bereitschaft und Offenheit für Veränderung und vor allem eine neue Fehlerkultur. Hier sollte zeitgemäße Personalpolitik ansetzen. Sie muss der gestiegenen Bedeutung von Innovation Rechnung tragen, dafür sorgen, Talente eines jeden einzelnen zu erkennen und einen Rahmen schaffen, in dem Kreativität zugelassen und gefördert wird.

Arbeitsmethoden ist zu einem überlebenswichtigen Faktor für Unternehmen geworden und sollte daher in der Personalpolitik eine prominente Rolle spielen. Werden Innovationen schnell genug auf die Straße gebracht? Sind Entscheidungsprozesse adäquat, sind Risiken transparent? Arbeiten Teams effektiv zusammen? Wie flexibel müssen Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle sein? Seitens des BMAS versuchen wir insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung durch Best-Practice-Austausch, die Förderung von betrieblichen Experimentierräumen und Handlungsempfehlungen zu nachhaltiger Personalpolitik zu bieten.

Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg

Führung und Personal

Ein zentraler Schlüssel für die Arbeitswelt der Zukunft sind Qualifizierung und Weiterbildung. Auf betrieblicher Ebene braucht es hierzu eine an der Unternehmensstrategie orientierte Personalbedarfsplanung und Personalentwicklungsplanung. Einen wichtigen Beitrag hierzu liefert das Qualifizierungschancengesetz, mit dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich Zugang zur Weiterbildungsförderung, unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße haben, wenn sie als Folge des (digitalen) Strukturwandels Weiterbildungsbedarf haben. Dabei fördern wir bei KMU jeweils 50 Prozent der Weiterbildungskosten und Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Die Arbeitsagenturen vor Ort beraten dazu.

Auch aus diesem Grund sollten Führung und Unternehmenskultur noch stärker als bisher in den Fokus der Personalarbeit rücken: denn Führungsverhalten kann sowohl als negativer Stressor als auch als unterstützende und gesundheitsfördernde Ressource auf die Mitarbeitenden und ihre Motivation und Performance wirken. Die Frage nach der richtigen Organisationsform und den passenden

Auf struktureller Ebene sind für KMU und ihre Beschäftigten oft begrenzte Ressourcen und mangelnde regionale Verfügbarkeit von passenden Angeboten Hemmnisse, um Weiterbildungsbedarfe zu decken und die Qualifikationen an die veränderten Gegebenheiten anzupassen.

Foto: © miriam-doerr von www.istockphoto.com

D

er Fachkräftemonitor des BMAS geht davon aus, dass durch die Digitalisierung bis 2025 etwa 1,3 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen, aber auch 2,1 Millionen Jobs neu entstehen, und zwar sowohl in neuen, IT-bezogenen Berufsfeldern, aber auch in Bereichen, die heute schon einen Fachkräfteengpass aufweisen wie die sozialen Berufe.


SCHWERPUNKT 39

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Foto: © BMAS

Die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS), die wir zusammen mit Sozialpartnern, Ländern, Bundesagentur für Arbeit sowie ZDH und DIHK im Juni beschlossen haben, zielt auf die Reformierung, Systematisierung und Stärkung einer Weiterbildungspolitik, die lebensbegleitendes (Weiter-)Lernen, Qualifizierung und Kompetenzentwicklung unterstützt und nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit sichert. Im Rahmen der NWS wollen wir auch Modellprojekte zu dezentralen Weiterbildungsverbünden und regionalen Kooperationen zwischen Unternehmen, insbesondere zwischen KMU, fördern. Zudem haben wir gerade das Programm unternehmensWert:Mensch verlängert, mit dem wir KMU bei der Fachkräftesicherung und der Gestaltung einer mitarbeiterorientierten und zukunftsfähigen Unternehmenskultur unterstützen. KMU haben hier die Möglichkeit, eine professionelle Beratung zu den personalpolitischen Handlungsfeldern Personalführung, Chancengleichheit und Vielfalt, Gesundheit sowie Wissen und Kompetenz in Anspruch zu nehmen. In einer immer dynamischeren, komplexeren und vielfältigeren Welt brauchen wir das kollektive Wissen und gemeinschaftlich getrage-

ne Lösungen – nur dann werden wir nachhaltig erfolgreich sein. Lassen Sie uns daher den Wandel gemeinsam gestalten. Ich freue mich darauf.

Gut zu wissen n F örderung von betrieblichen Experimentierräumen, weitere Infos unter: www.experimentierraeume.de n Handlungsempfehlungen zu nachhaltiger Personalpolitik, weitere Infos unter: www.inqa.de n Programm unternehmensWert:Mensch: abrufbar unter: www.unternehmens-wert-mensch.de/ uwm-plus/uebersicht/

Dr. Julia Borggräfe Abteilungsleiterin für Digitalisierung und Arbeitswelt im Bundesministerium für Arbeit und Soziales www.bmas.de


40 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Künstliche Intelligenz für den Arbeitsmarkt von morgen Die Digitalisierung hat Jobprofile und Arbeitsalltag rasant verändert. Die Künstliche Intelligenz (KI) sorgt nun für weitere Umbrüche in Unternehmen und Branchen.

Terminator bleibt Fiktion Doch Künstliche Intelligenz kommt nicht als Science-Fiction-Roboter in unsere Welt gestapft und übernimmt alles. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass der arbeitende Mensch nicht überflüssig wird. Vielmehr entstehen neue Jobprofile. In den nächsten sechs Jahren sollen 1,6 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland verschwinden, aber 2,3 Millionen neue Jobs entstehen. Es sind vor allem einfache und Routinearbeiten, die zunehmend Maschinen erledigen. Tätigkeiten, die Flexibilität, emotionale Intelligenz, Kreativität, Führungskompetenz und Urteilsvermögen benötigen, werden nach heutigem Forschungsstand in der Hand des Menschen bleiben. Bisher macht vor allem die „schwache KI“ immense Fortschritte. Sie kann so trainiert werden, dass sie eine spezielle Aufgabe tatsächlich besser erledigt als der Mensch. Doch eine „starke KI“, die mit den intellektuellen Fähigkeiten des Menschen insgesamt vergleichbar ist, ist noch nicht in Sicht.

Mensch und KI kooperieren Unternehmen setzen lernende Algorithmen bereits indirekt ein, wenn beispielsweise ihr IT-Dienstleister das Rechnungswesen mit Deep-Learning-Algorithmen effizienter macht. Auch in der Fertigung wird KI schon seit längerem für körperlich schwere oder sich wiederholende Arbeit eingesetzt. Inzwischen übernehmen Algorithmen aber vermehrt auch essentielle Aufgaben klassischer Bürojobs. Versicherungen setzen KI ein, damit diese Dokumente des Kunden liest und Auszahlungssummen berechnet. Auch für Juristen und Steuerberater gibt es Software, die

aus großen Mengen Klauseln die passenden ausliest. KI kann Routinearbeit von persönlichen Assistenten, Buchhaltern, Übersetzern, Ärzten und Pflegern erledigen. Trotzdem braucht die Technologie den Menschen. Ein neues Jobprofil könnte deshalb der KI-Trainer sein, der KI anlernt, mit den richtigen Daten füttert und optimiert. Ob sich KI positiv auf den Einzelnen und die ganze Gesellschaft auswirkt, hängt davon ab, wie Wirtschaft und Politik jetzt gezielt in Ausund Weiterbildung investieren. Deshalb bietet _Gemeinsam digital, das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Berlin, finanziert vom Bundeswirtschaftsministerium, kostenlose Unterstützung an.

Gut zu wissen n N EU: Unsere KI-Trainer unterstützen Sie kostenlos und konkret bei Ihren unternehmerischen Fragen und Anliegen zu KI. Nutzen Sie die persönliche Sprechstunde, einführende und weiterführende Workshops oder besuchen Sie KI-Vorreiterunternehmen n Im _Gemeinsam digital Blog veröffentlichen KI-Experten regelmäßig hilfreiche Beiträge zum Thema n Unsere Materialien geben Ihnen kompakte Infos, Rezepte und Checklisten zu KI an die Hand – per PDF oder per Post verfügbar n Unser Expertennetzwerk ermöglicht Ihnen die Suche nach KI-Dienstleistern in Ihrer Region Sie wollen mehr über KI erfahren? Infomieren Sie sich jetzt unter www.gemeinsam-digital.de Marie Landsberg BVMW Projektreferentin _Gemeinsam digital marie.landsberg@bvmw.de

Foto: © freedom_naruk von www.istockphoto.com

S

eit der Industriellen Revolution übernehmen Maschinen immer mehr Jobs von Menschen. Tätigkeiten fallen technischen Entwicklungen zum Opfer, aus denen wieder neue Aufgaben entstehen. In Zukunft könnte durch den Einsatz von benutzeroptimierten Informationen, intelligenten Assistenten und lernenden Robotern die Arbeit ganzer Branchen wegfallen. Schon 2025 sollen laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums Maschinen mehr Arbeitsstunden leisten als Menschen.


SCHWERPUNKT 41

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Praxisevent für Russland und GUS 27. März 2020 / Airport Club Frankfurt/ M. Treffen Sie Unternehmen der nationalen und internationalen Hersteller- und Dienstleistungsindustrie. Informieren Sie sich über aktuelle Herausforderungen und Lösungen von Firmen, die in Russland, Osteuropa und Zentralasien aktiv sind. Und nutzen Sie die Möglichkeit für ein exzellentes Networking.

-

THEMEN Übersicht der wirtschaftlichen Entwicklung Trends und Prognosen Praxisbeiträge Tech Trends Lokalisierung

-

BRANCHEN Agrar- und Lebensmitteltechnik Bau Logistik IT & Outsourcing Pharma & Medizin Banking & Finanzierung Umwelttechnik

-

FORMATE Workshops Präsentationen B2B Talks und Networking

-

Early BirdPreis sichern! Jetzt anmelden und 25% Rabatt auf Teilnahmegebühr erhalten. Gutschein Code:

MF25

owc.de/mf5

EINTRITTSPREISE Für produzierende Unternehmen und Handelsunternehmen: 150 € (zzgl. MwSt.) Für Besucher: 450 € (zzgl. MwSt.) Jetzt mit Code MF25 anmelden und 25% Frühbucher-Rabatt sichern.

Mit Praxisbeiträgen von:

Ralf Bendisch Managing Director Manufacturing CLK, Claas

Partner

Melden Sie sich jetzt an

Dr. Daniel Thorniley President DT-Global Business Consulting GmbH

Sergei Ivanov Geschäftsführer, Palfinger, St. Petersburg


42 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

New Work – neue Chancen für KMU Freelancer, flexible Arbeitszeitmodelle, Jobsharing, Tischtennisplatte oder Kicker: Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Doch wie und wo kann der Mittelstand von all den Trends profitieren? DER Mittelstand. sprach darüber mit Roland von Kiedrowski, Geschäftsführer und Gesellschafter bei ACT – Advanced Coaching and Training.

DER Mittelstand.: Der Begriff New Work wird häufig verwendet, aber oft falsch verstanden. Was verstehen Sie darunter?

R

oland von Kiedrowski: Der Begriff wird häufig einfach mit modernen Formen von Arbeitsorganisation assoziiert im Sinne von flexiblen Arbeitszeiten oder Homeoffice. Das alleine ist es natürlich nicht. New Work umfasst alle Bereiche, die im Prinzip die Gestaltung von Arbeit und neuen Arbeitswelten betreffen. Dazu gehören die Themen: Arbeitsorganisation, Organisationsentwicklung, Kultur, Führung, Weiterentwicklung, und zwar sowohl die persönliche wie auch die fachliche sowie die Karriereentwicklung. Natürlich fließt auch das Image des Arbeitgebers ein, Stichwort Employer Branding. Das alles und noch viel mehr umfasst der Begriff. Bislang fast ausschließlich von Großunternehmen bespielt, ist New Work auch für mittelständische Unternehmen relevant?

Gut zu wissen Der Begriff New Work wurde von dem österreichisch-US-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann entwickelt und bedeutet in der deutschen Übersetzung Neue Arbeit und bezeichnet die neue Arbeitsweise der heutigen Gesellschaft im globalen und digitalen Zeitalter. 1984 gründete Bergmann das erste Zentrum für Neue Arbeit in der Automobilstadt Flint in Michigan. Seitdem sind einige solcher Zentren in verschiedenen Ländern entstanden, und New Work wurde zur Lebensaufgabe Frithjof Bergmanns. Weitere Infos: www.newworkblog.de/new-work

Wie sind diese Maßnahmen im Mittelstand umsetzbar? Man sollte auf jeden Fall pragmatisch vorgehen. Es kann sein, dass Mitarbeiter zufrieden sind, aber nicht engagiert arbeiten und auch nicht loyal sind. Das kann aber auch umgekehrt der Fall sein. Und das zu unterscheiden, halte ich für sehr wichtig. Ganz einfach gesagt: Nur weil ich eine Tischplatte hinstelle, wird nicht automatisch die Kündigungsrate runtergehen. Wenn man Großunternehmen und

Es geht darum, die eigenen positiven Merkmale im Unternehmen herauszufinden. Start-ups anschaut, so wird deutlich, dass sie viel aus ihren Stärken gemacht haben. Die Einen haben Ressourcen und finanzielle Mittel, die Anderen haben mit Arbeitsumfeld und flexiblen Jobs gepunktet. Der Mittelstand muss ebenfalls einen Weg finden, wie er sich gut positionieren kann. In kleinen und mittleren Betrieben haben wir häufig ein familiäres Miteinander, eine gewachsene Unternehmenskultur, die Unternehmen werden in der Regel nachhaltig gemanagt, und die

Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel

Unbedingt. Aber ich würde vor hektischem Aktionismus warnen. Ich habe den Eindruck, dass der Mittelstand mit seinem Anspruch zwischen zwei Strömungen zerrieben wurde: Großunternehmen und Start-ups. Großunternehmen in puncto Gehälter, Boni oder anderen Benefits, Start-ups in puncto Flexibilität, flachen Hierarchien, Tischtennisplatte und Kicker, also bei einer Kultur des Machens und Ausprobierens. Und zwischen den beiden Extremen ist dann die große Frage: Wo positioniert sich der Mittelstand? Immer mehr mittelständische Unternehmen stellen sich diese Frage und überlegen, wie man sich in diesem Spannungsfeld bewegen kann. Und da gibt es natürlich Möglichkeiten, die verschiedenen Maßnahmen sollten aber zum Unternehmen passen.


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Loyalität gegenüber den eigenen Mitarbeitern ist sehr ausgeprägt. Das sind gute Beispiele, wie man am Markt punkten könnte. Nun geht es darum, die eigenen positiven Merkmale herauszufinden. Im nächsten Schritt sollte man die Mitarbeiter befragen, vor allem jene, die das Unternehmen schon lange begleiten. Was hat den Mitarbeiter bewogen, sich für dieses Unternehmen zu entscheiden? Was gefällt ihm noch heute daran? Natürlich sollte in dieser Befragung auch Kritik geäußert werden dürfen. Wenn man im Anschluss die Antworten zusammenträgt, hat man bereits die Grundlage für ein eigenes Employer Branding und ist somit schon ein großes Stück weiter in Richtung New Work.

SCHWERPUNKT 43

lenten hat er an Bedeutung gewonnen. Jobattraktivität hat heute einen viel höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Natürlich, es ging schon immer um die Optimierung von Arbeitsplätzen, und es ging immer um Produktivität. Das wird auch nie anders sein, da Sinn und Zweck einer Unternehmung am Ende natürlich die Erwirtschaftung von Gewinn ist. Aber mittlerweile geht es auch um die Attraktivität eines Unternehmens. So hat der Fachkräftemangel letzten Endes auch viel Positives in Bewegung gesetzt, von dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren. Das Interview führte Amelie Heindl, BVMW Referentin für Arbeit, Soziales und Gesundheit.

Jobattraktivität hat heute einen viel höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren.

Roland von Kiedrowski Wäre es mit der Babyboomer-Generation (Mitte der 1950er Jahre Geschäftsführer Firmenbereich, ACT – Advanced Coaching and bis Ende 1960er) unter gleichen Umständen zu ähnlichen Verän- Training, Trainer, Berater und Coach in den Bereichen Leadership, derungen gekommen? Sales und Organisationsentwicklung BVMW-Mitglied Absolut nein. Es ist ja gerade für gestandene Mittelständler schwer, neue Ansätze zu denken. An der Spitze des Unternehmens stehen oft große Ikonen, die die Geschicke über viele Jahre erfolgreich bestimmt haben. Ich gehöre beispielsweise zur letzten großen Welle der Generation, die froh war, wenn sie ein unbezahltes Praktikum bekommen haben und sechs Monate arbeiten durften, um überhaupt eine Unternehmensreferenz zu haben und um dann den nächsten Schritt zu gehen. Das wäre heute überhaupt nicht mehr denkbar. Welchen Nutzen kann New Work im Kampf um Fachkräfte haben? Den Begriff gibt es bereits seit den 1970er Jahren, aber erst durch den Fachkräftemangel und die Suche nach hochqualifizierten Ta-


44 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Wie neue Mitarbeiter gut bei Ihnen ankommen Die Leistungsfähigkeit neuer Talente wird entscheidend durch richtige Einführung und Einarbeitung geprägt. Bereits in den ersten Tagen und Wochen werden die Weichen dafür gestellt, wie wohl sie sich an ihrem neuen Arbeitsplatz fühlen und wie schnell und effizient sie im neuen Arbeitsumfeld tätig werden.

W I L L KO M M E N

Der eigentliche Onboarding-Prozess gliedert sich in drei Phasen: die Vorbereitung, die Orientierung und die Integration. Nimmt man es ganz genau, beginnt das Onboarding schon vor Arbeitsantritt. Im Bestfall wurden bereits zu diesem Zeitpunkt seitens der Organisation wesentliche Informationen wie Werte, Leitbild, Mitarbeiterprogramme, wichtige Ansprechpartner etc. vermittelt. Darüber hinaus sollten auch jetzt schon alle personalrelevanten Unterlagen und Daten wie Arbeitsvertrag, Kontoverbindung, Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasm Idealfall wird die Einarbeitungsphase so geplant, dass zum En- se usw. geregelt sein, damit der erste Arbeitstag entspannt beginnen de der Probezeit ausreichend Erkenntnisse vorliegen, um eine fun- kann. Von Arbeitgeberseite gehört zur Vorbereitungsphase zudem die dierte Übernahmeentscheidung zu treffen. Je besser Einarbei- Erstellung eines Einarbeitungsplans mit Festlegung der jeweiligen Vertungs- und Integrationsphase geplant und durchgeführt werden, antwortlichen (Vorgesetzte, Fachabteilung, Buddy), die vollumfänglidesto wahrscheinlicher ist die optimale Integration leistungsstar- che Einrichtung des Arbeitsplatzes sowie die Visitenkartenbestellung. ker und motivierter Talente in einem Unternehmen. Denn fühlt man sich schnell gut aufgehoben und angenommen, ist man motivierter, Nichts ist unprofessioneller als am schneller produktiv und länger an Bord. Grundsätzlich gliedert sich das Onboarding in fachliche, soziale und werteorientierte Integration. Das Ziel dieses Prozesses ist erreicht, wenn es innerhalb der Probezeit – im Idealfall innerhalb der ersten beiden Jahre – zu keiner Kündigung kommt, wenn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich fachlich schnell sicher fühlen, ihre Ziele ohne Über- oder Unterforderung gut erfüllen und sie nach kurzer Zeit gut ins Team integriert sind, sich wertgeschätzt fühlen und eine gute Beziehung zu Vorgesetzten und auch anderen Abteilungen aufbauen.

ersten Tag zusammen nach einem Stiftehalter oder dem Erstpasswort zu su­chen.

Nichts ist unprofessioneller, als am ersten Tag zusammen mit dem neuen Talent nach einem Stiftehalter oder dem Erstpasswort zu suchen. Aus meiner persönlichen Erfahrung hat sich ein kurzer Anruf von Vorgesetzten oder der Personalabteilung vor Arbeitsantritt bewährt, um zu besprechen, wann der oder die Neue am ersten Arbeitstag star-

Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel

I


SCHWERPUNKT 45

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Du selbst gern empfangen werden würdest.“ Das hat bislang immer gut funktioniert. Für den ersten Tag stehen zunächst die Begrüßung des Chefs, eine Unternehmensführung, das Kennenlernen des Buddys und vielleicht ein gemeinsames Mittagessen mit dem Team auf dem Programm; im Idealfall die Übergabe einer Onboarding-Mappe mit Leitfäden und Beschreibungen. Dann geht es für die kommende Zeit darum, sukzessive alle Abläufe, Prozesse und Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen – der Einarbeitungsprozess kommt in Gang. Dazu gehören unter anderem ein Gespräch mit den Vorgesetzten, um beispielsweise die Erwartungshaltungen zu klären, die Einführung in die hauseigene IT und die Einführung in Arbeitsabläufe und Prozesse. tet, um ggf. noch einmal auf den Dresscode oder Besonderheiten in der ersten Arbeitswoche hinzuweisen und zu sagen, dass man sich auf die Zusammenarbeit freut. Kleine Geste, große Wirkung. Am ersten Arbeitstag sind Team und Empfang gebrieft und begrüßen den Neuzugang herzlich. Mit ein paar Blumen, etwas Nervennahrung oder einem netten Willkommensgruß auf dem Schreibtisch fällt die erste Nervosität und steigt das Gefühl, ernsthaft willkommen zu sein. Mein Leitspruch hier: „Empfange neue Teammitglieder immer so, wie Gut zu wissen n Informationen wie Werte, Leitbild, Mitarbeiterprogramme, Dress code, wichtige Ansprechpartner etc. schon vor dem Arbeitsantritt übermitteln n In der ersten Woche: Gespräch mit den Vorgesetzten, Einführung in die hauseigenen IT und Einführung in Arbeitsabläufe und Prozes­se n Soziale Integration durch Teambuilding-Maßnahmen n Einbindung in abteilungsübergreifende Projekte unter­stützt zusätzlich die bessere Vernetzung n Regelmäßige Feedbackgespräche mit dem Vorgesetzten n Durch richtiges Onboarding fühlen sich Neuankömmlinge von Anfang an wohl und geschätzt, und sie werden schneller produktiv

Wenn sich nach einigen Tagen und Wochen die Fragezeichen im Kopf des neuen Talents gelichtet haben, ist ein guter Zeitpunkt, das neue Teammitglied sozial noch stärker zu integrieren und somit emotional an den neuen Arbeitgeber zu binden. Einen wertvollen Beitrag leisten Teambuilding-Maßnahmen – vom gemeinsamen Team-Lunch oder sportlichen Event bis hin zur abendlichen Geburtstagsfeier ist alles möglich. Die Einbindung in abteilungsübergreifende Projekte unterstützt zusätzlich die bessere Vernetzung. Last but not least benötigt es regelmäßige Feedbackgespräche mit den Vorgesetzen zur Gewährleistung, dass das neue Talent sich wohlfühlt, oder zur Lösung eventueller Herausforderungen. Es ist unabdingbar, in dieser dritten Onboarding-Phase am Ball zu bleiben, weil dies der wichtigste Zeitpunkt ist, im Fall eines positiven Trends das Talent durch wertschätzendes Feedback nachhaltig an die Organisation zu binden und bei Korrekturbedarf entsprechende Änderungen zu unterstützen. Cathleen Roeder BVMW Leiterin Personal cathleen.roeder@bvmw.de


46 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Arbeitszeiterfassung: Wieviel Kontrolle muss sein? Viele Mitarbeiter erfüllen ihr Pensum in flexiblen Zeiträumen. Aber wird ihre Arbeitszeit gerecht erfasst? Eine aktuelle Überlegung über Vertrauen in der modernen Arbeitswelt.

I

m Mai hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden: Alle Unternehmen sollen verpflichtet werden, die tägliche gesamte Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Denn schon lange sind die Zeiten des quasi-verbeamteten Mitarbeiters, der seine Zeit von 7 bis 16 Uhr abzusitzen hatte, vorbei. Heute, im globalen Wettbewerb, gilt der Mitarbeiter, der pünktlich Feierabend macht, oft als unmotiviert. Denn neben der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit gelten Zielvorgaben. Erfüllt der Mitarbeiter diese Vorgaben nicht, ist das sein Problem. Arbeitsrechtler und Gewerkschaften begrüßen das Urteil. Kommt nun die Stechuhr wieder?

tenz und klare Kommunikation – alles Fähigkeiten, die dem Betriebsklima nur zuträglich sein können.

Unnötige Bürokratie

Mit der Umsetzung des Luxemburger Urteils hingegen würde ein weiteres Bürokratiemonster vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen losgelassen. Denn das deutsche Arbeitszeitgesetz ist ohnehin arbeitnehmerfreundlich, die wesentlichen Vorgaben aus Luxemburg sind erfüllt. Natürlich wird aus bestimmten Branchen von Missbrauch berichtet. Somit ist die Idee, moderne flexible Arbeitszeiten auch zu erfassen, grundsätzlich eine gute. Aber die rigiden, Vertrauen oder Kontrolle? minutengenauen Vorgaben aus Luxemburg samt den drakonischen Fraglich ist: Schaden flexible, gleitende Arbeitszeiten, Kernzeiten und Strafandrohungen bei Nichterfüllung sind arbeitgeberunfreundlich. gelegentliches Home Office Angestellten und Betriebsklima? Viele Auch die technischen Möglichkeiten der Zeiterfassung sind vielfälUnternehmen und ihre Mitarbeiter sind mit der Vertrauensarbeitszeit tig – vom klassischen Automaten bis zur App, mit der sich alle Beteibislang gut gefahren. Beschäftigte können aktuelle Zielvorgaben mit ligten umständlich vertraut machen müssen. Und wer kontrolliert die anderen Projekten koordinieren und die Arbeit flexibel ihren jeweili- Kontrolle? Behörden, Arbeitsinspektoren und Personalvertreter solgen Lebensumständen anpassen. Wenn familiäre und andere außer- len Stichproben durchführen können – in Österreich, Italien und der berufliche Ereignisse es verlangen, können sie später kommen, frü- Schweiz bereits Realität. Das sind bürokratische Hemmschuhe, die her gehen und eben zu Hause und am Wochenende nacharbeiten. mit der Arbeitswelt 4.0 nichts zu tun haben. Schließlich wird allenthalben die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben eingefordert. Wer diese Fähigkeiten zum SelbstmanageGut zu wissen ment mitbringt, fühlt sich vom Chef ernst genommen und wertgeschätzt und kann selbstbestimmt sein Pensum erfüllen. Umgekehrt n Europäischer Gerichtshof will alle Unternehmen verpflichten, erfordert das vom Vorgesetzten Führungsqualität, soziale Kompedie Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen n H äufig gelten neben vertraglich vereinbarter Arbeitszeit Zielvorgaben n Vertrauensarbeitszeit erfordert vom Vorgesetzten Führungsqualität n Luxemburger Urteil wäre ein neues Bürokratiemonster Bernd Ratmeyer Journalist

Foto: © eakgaraj von www.istockphoto.com

mittelstand@ bvmw.de


SCHWERPUNKT 47

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Zeitarbeit – attraktiv für NN Seiten beide Die Leih- oder Zeitarbeit hatte lange ein schlechtes Image. Es ist an der Zeit, die sogenannte Arbeitnehmerüberlassung neu zu überdenken. Denn der deutsche Mittelstand kann profitieren – NN gerade in konjunkturell stürmischen Zeiten.

A

NÜ boomt. Das Kürzel steht für Arbeitnehmerüberlassung, also Leih- oder Zeitarbeit. Noch 1985 waren lediglich 42.000 Arbeitnehmer in solchen befristeten, durch eine Zeitarbeitsfirma vermittelten Verhältnissen tätig. Heute sind es 1,04 Millionen. Zwei Prozent der Beschäftigten arbeiten in der IT-Branche, elf Prozent im kaufmännischen Bereich, 30 Prozent im Dienstleistungssektor und der überwiegende Teil (42 Prozent) ist in der Produktion tätig.

Zeitarbeit als Ausbeutung? Der Ruf der ANÜ indes ist schlecht: Dumpinglöhne, kein Krankengeld, weniger Arbeitnehmerrechte, keine Aufstiegschancen und dubiose Leiharbeitsfirmen, die bevorzugt Ausländer vermitteln, die ihre Rechte nicht kennen NN oder nicht einfordern. Vieles davon ist richtig, doch mit dem Fachkräftemangel und dem rasanten Anstieg der Leiharbeitsverhältnisse ab 2002 haben sich die Bedingungen spürbar gebessert. Seit 2017 gilt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das gleichen Lohn („equal pay“) nach neun Monaten vorschreibt; nach 18 Monaten muss die Festanstellung im Betrieb erfolgen.

N

Auch für kleine und mittlere Unternehmen bieten sich Chancen: In Zeiten des Fachkräftemangels und schwankender Auftragslage können Unternehmen Auftragsspitzen abfangen und ausgefallene Mitarbeiter ersetzen. Die hauseigene Belegschaft kann flexibel durch externe Zeitarbeitnehmer aufgestockt werden. So werden Leistungsspitzen oder Saisongeschäfte realisiert. Bei Abschwung werden die Mitarbeiter wieder abgezogen; sie können in anderen Unternehmen weiterarbeiten.

Foto: © axllll von www.istockphoto.com

Win-win-Situation Richtig ist, dass immer noch in großer Zahl Geringqualifizierte vermittelt werden. Doch in Mangelberufen entsteht derzeit eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Denn der Fachkräftemangel sorgt auch deshalb für einen Boom der Leiharbeit, weil sich gut qualifizierte Spezialisten ganz von selbst für die Arbeit auf Zeit entscheiden: Sie finden oft weitaus bessere Arbeits- und Lohnbedingungen vor und haben eine gute Verhandlungsbasis, um flexible Arbeitszeiten und Urlaube durchzusetzen. Manche flüchten geradezu aus dem Festangestelltenverhältnis. Zudem ermöglicht die Zeitarbeit, dass Unternehmen ziemlich elegant den passenden Mitarbeiter finden. Fühlt sich auch der Leiharbeiter dort gut aufgehoben, mündet das Verhältnis nicht selten in einer Festanstellung. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass vor allem in kleinen Unternehmen dieser Übernahmeeffekt deutlich ausgeprägter ist als in Konzernen. Beide – Unternehmen und vor allem gut qualifizierte Gut zu wissen Arbeitnehmer – profitieren. Zeit also, mit dem Schmuddelimage der NN aufzuräumen. Zeitarbeit NN

Gut zu wissen n D ie Bedingungen für Zeitarbeiter haben sich stetig verbessert n Unternehmen können Auftragsspitzen abfangen und ausgefallene Mitarbeiter ersetzen n Eine befristete Anstellung mündet oft in ein festes Beschäftigungsverhältnis

Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@bvmw.de

NN NN NN


48 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Zuwanderer, die neuen Gründer

U

nternehmer mit Migrationshintergrund stellen rund 18 Prozent aller Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen – das sind in Zahlen aktuell 2,2 bis 2,7 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Nicht von ungefähr betitelte die Bertelsmann Stiftung bereits 2016 Migrantenunternehmen als „Jobmotor für Deutschland“ und machte damit Schlagzeilen. Migranten sind überdurchschnittlich gründungsaktiv. Jeder fünfte Neugründer in Deutschland ist Ausländer oder eingebürgert. Migranten investieren in ihre Gründungsprojekte viel Zeit und zeigen ausgeprägte Wachstumsambitionen: Dem KfW Gründungsmonitor zufolge möchten 22 Prozent der migrantischen Gründer wachsen, während der nationale Durchschnitt der wachstumsorientierten Gründungen gerade bei 15 Prozent lag. Angesichts der seit mehr

als zehn Jahren sinkenden Gründungszahlen in Deutschland ist der migrantische Gründungsgeist von besonderer Bedeutung. Auch die jüngste Fluchtmigration brachte ein beachtliches unternehmerisches Potenzial: 27 Prozent der Personen, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland einwanderten, darunter 32 Prozent der Syrer, haben vor der Flucht ein Unternehmen geführt. Sie haben anspruchsvolle Geschäftsideen und treiben neue Technologien voran. Im Jahr 2017 erfolgten 29 Prozent der Gründungen durch Migranten digital und lagen damit leicht über dem nationalen Durchschnittswert von 26 Prozent.

Viele Hürden Ausländische Gründungsinteressierte müssen zu Beginn zu viele Hürden meistern. Ein Beispiel sind die ersten Behördengänge der Mi-

Foto: © LaraBelova von www.istockphoto.com

Erfolgsbiografien und Potenziale der Einwanderung werden aus der öffentlichen Diskussion oft verdrängt. Dabei profitiert die deutsche Wirtschaft längst von Unternehmern mit ausländischen Wurzeln. Migranten gründen nämlich überdurchschnittlich oft eigene Unternehmen.


SCHWERPUNKT 49

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

granten. Da in den Jobcentern in der Regel keine Daten zu Selbstständigkeitserfahrungen der Eingewanderten im Ausland erhoben werden, werden die vorhandenen unternehmerischen Kompetenzen nicht gezählt. Ein weiteres Hindernis sind die strengen berufsständischen Qualifikationsanforderungen. Sie sind mit ihren ausländischen Abschlüssen kaum kompatibel. Von daher sollte es Priorität der Politik sein, die Arbeitsmarktintegration neu zu gestalten. Dazu gehört eine engere Zusammenarbeit von Verwaltung und Wirtschaft genauso wie neue Konzepte für die Förderung der Selbstständigkeit der Eingewanderten. Ein zentrales Problemfeld der multikulturellen Mittelstandspolitik sind Hürden beim Zugang zu Kapital. Die Gründe dafür sind vielfältig. Oft liegt es am beschränkten Niederlassungsrecht von Migranten aus Drittstaaten. Auch gibt es noch immer das Vorurteil, dass Unternehmen, die von Migranten geführt werden, wirtschaftlich nur in geringem Maße tragfähig sind. Die Überzeugungsarbeit, die migrantische Unternehmer zu leisten haben, ist immens. Sie sollte politisch unterstützt werden.

Nachholbedarf in Sachen Netzwerk Ein in Deutschland geborener Unternehmer beginnt schon während der Ausbildung, seine beruflichen Netzwerke zu knüpfen. Dem Neueingewanderten hingegen fehlen sowohl das notwendige Netzwerk als auch das Wissen über die Unterstützungsmöglichkeiten von Verbänden, von den Industrie- und Handelskammern oder von den Investitionsbanken.

In der Folge sind migrantische Unternehmer bei Kammern und Verbänden unterrepräsentiert. Gute Vorsätze zur Vernetzung und zum Wissenstransfer werden im Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen bereits umgesetzt. Als Gastgeber veranstaltet das Ressort regelmäßige Treffen zwischen Migrantenorganisationen, Unternehmerverbänden und Beratungsinstitutionen. Der Austauschgedanke ersetzt das klassische Integrationskonzept, wonach sich der Einwanderer bloß an die bestehenden Strukturen anzupassen habe.

Gut zu wissen n U nternehmerisch engagierte Einwanderer knüpfen transnationale Netzwerke, mobilisieren Ressourcen und schaffen neue Marktsegmente n Sie vermitteln zwischen Deutschland und den Herkunftsländern n So entsteht eine offene Wirtschafts- und Handelskultur, die durch eine gezielte Einwanderungspolitik für Selbstständige zusätzlich gefördert werden kann und soll

Stephan Thomae, MdB Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten www.fdpbt.de


50 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Führungsfeedback zur Mitarbeiterbindung Häufig hört man: Mitarbeiter kommen wegen der Aufgabe, bleiben wegen der Kollegen und gehen wegen des Vorgesetzten. Tatsächlich sind Führungskräfte mitverantwortlich für eine engagierte und langfristig gebundene Belegschaft und damit für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Gerade in Zeiten, in denen qualifiziertes Personal schwer zu finden und zu halten ist, wird Führungskompetenz zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor.

geben frische Impulse zur eigenen Weiterentwicklung: individuell, handlungsorientiert und effizient.

Was versteht man unter einem Führungskräfte-Feedback?

Zeitlicher Ablauf des Prozesses

Das Grundprinzip eines 360-Grad-Feedbacks ist simpel: Eine Führungskraft erhält mit Hilfe eines Fragebogens Rückmeldung aus dem eigenen Arbeitsumfeld, von ihren Mitarbeitern, Kollegen, dem eigenen Vorgesetzten und weiteren Bezugsgruppen. Die Führungskraft füllt gleichzeitig eine Selbsteinschätzung aus. Der handlungsorientierte Fragebogen kann dabei auf internen Führungsleitlinien oder einem für die Position definierten Anforderungsprofil basieren. In der Auswertung werden Selbst- und Fremdeinschätzung abgeglichen, um Stärkefelder, Lernfelder oder auch blinde Flecken zu identifizieren. Diese wertvollen Einblicke in die eigene Führungsarbeit er-

Der gesamte Feedbackprozess dauert sechs bis acht Wochen und durchläuft in diesem Zeitraum eine Nominierungs-, eine Befragungs- und eine Aufarbeitungsphase, die jeweils digital abgebildet werden. In der Nominierungsphase wird festgelegt, welche Personen Rückmeldung geben. Die Befragungsphase dient dem Ausfüllen der Fragebögen aller Beteiligten. Im Anschluss daran beginnt mit der Berichtsausgabe die Aufarbeitungsphase, dem eigentlichen Wertschöpfungsmoment im Feedbackprozess und dem Herzstück des Prozesses.

Foto: © irin717 von www.istockphoto.com

D

ie gute Nachricht ist: Führung kann man lernen. Und Feedback ist ein wesentlicher Katalysator dafür.


SCHWERPUNKT 51

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Erkenntnisse in die Praxis umsetzen Ein erster Erfolg ist, wenn die Mehrheit der Führungskräfte das Feedbackinstrument offen annimmt und dann ihre individuell abgeleiteten Maßnahmen zur eigenen Kompetenzentwicklung auch umsetzt. Meistens geht das aber nicht von alleine. Der amerikanische Autor David Levithan schreibt: „Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt zwischen dem Wissen, was man zu tun hat, und dem Handeln, das darauf folgt. Und manchmal kann sich dazwischen eine unendliche Ebene ausbreiten.“ Und genau diese Ebene gilt es auch hier zu überwinden. Die Begleitung der Führungskräfte auf diesem Weg kann unterschiedlich gestaltet werden. Der Klassiker ist das 1:1-Coaching-Gespräch.

Coaching und Co. Ein professionelles Ergebnis-Coaching dient der strukturierten Reflexion der Feedbackergebnisse und der Ableitung individueller Maßnahmen zusammen mit externen Coaches. Deren Neutralität stellt sich als hilfreich dar, weil die Bereitschaft, mit ihnen über die echten Führungsherausforderungen zu diskutieren größer ist, als gegenüber eigenen Kolleginnen und Kollegen. Rückmeldegespräche mit Vorgesetzten sind jedoch als interne Rückkoppelung in den eigenen Arbeitskontext in jedem Fall zu empfehlen und dienen nicht zuletzt auch als Zeichen der Wertschätzung der Führungskraft gegenüber. Schriftliche (Online-) Handlungsleitfäden können die Führungskräfte mit Coachingfragen und Beispielübungen durch den Prozess führen. Am Ende steht im besten Fall ein individuell und eigenständig erstellter schriftlicher Entwicklungsplan.

Auch Gruppen-Workshops, in denen Führungskräfte gemeinsam an übergreifenden Ergebnissen ihrer 360-Grad-Feedbackbefragungen arbeiten, können bei der Aufarbeitung der eigenen Ergebnisse hilfreich sein und fördern Austausch, Kommunikation und den Netzwerk-Ausbau innerhalb des Unternehmens.

Am Ball bleiben Um Führungskräfte in ihrer Entwicklung nachhaltig zu unterstützen, empfiehlt es sich, Führungsfeedbacks regelmäßig durchzuführen. Erst so ergeben sich Zeitvergleiche, die die eigene Entwicklungsdynamik für jede Führungskraft sichtbar machen. Langfristig kann sich im gesamten Unternehmen eine konstruktive Feedback- und Führungskultur etablieren, die den Unternehmenserfolg nachhaltig stärkt. Und vielleicht bleiben die Mitarbeiter zukünftig dann ja vor allem wegen der Vorgesetzten.

Gut zu wissen n F ührungskompetenz lässt sich mittels Feedback-System stärken n Die Auswertung der Feedback-Ergebnisse erfolgt bestenfalls mit externen Coaches n Regelmäßige Führungsfeedbacks geben wertvolle Impulse für die Entwicklung eines Unternehmens

Victoria Grothe Projektmanagerin und Arbeitspsychologin der vieconsult GmbH www.vieconsult.de

Anzeige

Mehr als 50.000 Seminare, Lehrgänge und E-Learnings

Seminarmarkt.de

Von Agilität bis Zielvereinbarung Mehr als 50.000 Seminare, Lehrgänge und E-Learnings.

Seminarmarkt.de Die Weiterbildungsdatenbank

Die Weiterbildungsdatenbank

Seminare

Weiterbildungsexperten

Tagungslocations


52 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Der müde Manager – keine Lust auf Führung In den Führungsetagen herrscht Führungsfrust. Manager zweifeln an ihrem Jobprofil, immer weniger Arbeitnehmer wollen in Führungsetagen aufsteigen. Droht hier Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland?

Junge Arbeitnehmer wollen Karriere machen, aber oft ist der einzige Weg das mittlere Management – und das wird zunehmend unattraktiver. Oben war die Luft schon immer dünn Das Unbehagen im Management hat Auswirkungen auf die künftige Generation. International streben nur noch neun Prozent der jungen Arbeitnehmer eine Führungsposition an. Was macht die Aussicht auf Status und hohe Gehälter plötzlich so unattraktiv? Droht ein Führungskräftemangel? Und warum gerade jetzt? Schließlich waren „unangenehme Entscheidungen“, viel Koordination „fern vom Inhalt“ und administrative Pflichten schon immer die Wermutstropfen, die das Management vom Ponyhof unterscheiden. Erik Lenhard, früher selber Manager und heute Partner und Associate Director bei Boston Consulting, sieht die Gefahren, aber auch die Chancen, um müdes Management wieder fit zu machen. Dass gerade jetzt Führungskräfte an ihrer Rolle zweifeln, hat für ihn zwei Gründe: „In den letzten zehn Jahren haben sowohl Veränderungsgrad als auch Veränderungsgeschwindigkeit zugenommen. Die Kundenanforderungen ändern sich rapide, zugleich stehen neue technische Möglichkeiten zur Verfügung, auf dieses Marktgeschehen zu reagieren.“

Wenn das Unternehmen den Manager ausbremst In der Tat beklagen Manager in ihrer Arbeit eine zunehmende Kundenferne und sind durch neue Technologien eher verunsichert. Sie sehen Fortbildungsbedarf, aber nur wenige unternehmen die nötigen

Schritte. Lenhard sieht hier das Problem auch auf Unternehmensseite: „Wie reagiert das Unternehmen auf komplexe Veränderungen? Viele Unternehmen verkomplizieren ihre Arbeitsprozesse. Das schränkt den Spielraum des Managers ein; er kann nur reagieren und seinen beschränkten Handlungsspielraum nicht verlassen.“ Diese Verkomplizierung von Unternehmensstrukturen erschwert nun alles, was eigentlich das Management erleichtern könnte: flache Hierarchien, direkt betreute Abteilungen und Arbeitsgruppen, selbstständige Mitarbeiter. „Diese Idee ist alt, die Realität aber ist eine andere.“

Expertise statt Status, Fachkraft statt Manager All das, die Studie zeigt es, senkt die Motivation des potenziellen Führungsnachwuchses. Der sieht heute eher das Korsett, das einzwängt, anstatt die Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Doch das ist es, was Studienabgänger und gut Ausgebildete wollen, sagt Lenhard. „Die möchten Karriere machen, aber oft ist der einzige Weg das mittlere Management. Wenn das nun unattraktiv erscheint, sollten Unternehmen ihnen einen zweiten Weg bieten und Anreize schaffen: bessere Vergütung, mehr Anerkennung. Denn bislang, so zeigen Studien, beginnt eine finanziell attraktive Karriere zwar als Fachkraft, muss aber am Ende in einer Managerposition münden.“ Also eher Skills statt Status, Kompetenz statt Posten? Motivieren Unternehmen den Nachwuchs zur Karriere als exzellente, hochproduktive Fachkraft, dünnen sie das Potenzial junger Führungskräfte ja noch mehr aus. Ein Widerspruch könnte man meinen.

Vom Manager zum Leader Hier fordert Lenhard ein Umdenken. Die traditionelle Rolle des Managers hat zwei Dimensionen: „Er sagt seinen Leuten, was sie zu tun haben – inhaltliche Ziele – und wie, also fachliche Ziele wie etwa Qualitätsstandards. Wenn nun die fachliche Dimension vermehrt über die Expertise guter Fachkräfte abgedeckt wird, muss der Manager in Zukunft noch stärker ein Leader werden: Prioritäten setzen, die neuen Kundenanforderungen erkennen und die Rahmenbedingungen schaffen. Aus der konkreten Lösungsfindung zieht er sich zurück, das übernimmt das Team. Aber er schafft das Umfeld für die optimale Entfaltung des Teams. Die Managerrolle wird sich ändern.“ Kleine und mittlere Unternehmen können das, da ist Lenhard sicher, schneller umsetzen. Sie sind näher am Kunden, Änderungen der Arbeitsbedingungen hin zur Autonomie der Fachkraft müssen keinen Umweg über einen Aufsichtsrat nehmen; KMU sind insgesamt flexibler als Konzerne.

Foto: © BrianAJackson von www.istockphoto.com

A

utoren der Boston Consulting Group befragten unlängst 5.000 Führungskräfte und Mitarbeiter aus fünf Ländern zu ihrer Jobzufriedenheit und ihrer Karriere: 74 Prozent der Führungskräfte sind deutlich mehr gestresst als früher, allein in Deutschland finden 82 Prozent ihren Job schwerer als in den letzten Jahren. In Frankreich und Großbritannien sind die Zahlen sogar höher. Das mündet in ein Gefühl der Überforderung. Über die Hälfte der Befragten in Frankreich und dem Vereingten Königreich denken so; lediglich Deutschland schneidet hier besser ab: 34 Prozent der heimischen Führungselite spricht von Überforderung im Job. Doch besorgniserregende 37 Prozent der Manager hierzulande würden am liebsten ganz hinschmeißen – gar nicht mehr arbeiten ist für sie attraktiver als eine Führungsposition. Lediglich 40 Prozent möchten auch in Zukunft Führungsrollen übernehmen.


SCHWERPUNKT 53

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Doch nehmen deutsche Unternehmen diese Chancen wahr? Im Unterschied zu Frankreich, Großbritannien und den USA herrscht hierzulande noch ein traditionelles Managerbild, so die Studie. Genauso wie übrigens in China. Doch im Reich der Mitte sind 74 Prozent der Führungskräfte vom Wandel ihres Jobprofils überzeugt, 81 Prozent

wollen sich fortbilden, und 73 Prozent tun es tatsächlich. Deutsche Manager halten sich mit 45 Prozent zurück. Angesichts der expansiven Wirtschaftspolitik Chinas sollte das zu denken geben. Neben dem Fachkräftemangel kann sich der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht auch noch einen Führungskräftemangel erlauben.

Gut zu wissen n 3 7 Prozent der Manager in Deutschland würden ihren Job am liebsten aufgeben n Nur neun Prozent der jungen Arbeitnehmer streben eine Führungsposition an n Deutschland kann sich keinen Führungskräftemangel erlauben

Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@bvmw.de


54 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Damoklesschwert Scheinselbstständigkeit Viele Einzelunternehmer in Deutschland stellen sich die Frage, ob die eigene Tätigkeit als freiberufliche oder als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen ist. Dabei sehen sich mehr und mehr Selbstständige regelmäßig mit dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit konfrontiert. Altersvorsorge in der Selbstständigkeit Ähnlich problematisch ist der politische Umgang mit der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant für Ende des Jahres einen Gesetzesentwurf zur Einbeziehung der Selbstständigen in das System der Alterssicherung. Unmittelbar damit verbunden ist der Vorwurf, dass die selbstständig Tätigen in Deutschland nicht eigenständig für ihre Rente vorsorgen können. Angedacht ist deshalb, dass Selbstständige fortan verpflichtet werden, Beiträge für die Gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten. Als Opt-Out-Möglichkeit soll anscheinend nur die Rürup-Rente zur Verfügung stehen. Diese Pläne können so nicht akzeptiert werden. Einerseits zeigen einschlägige Studien, dass Selbstständige sehr wohl privat für das Alter vorsorgen können und somit selten dem Risiko der Altersarmut unterliegen. Andererseits muss die maximale Wahlfreiheit bei der Vorsorgeform gewährleistet sein. Lediglich die Rürup-Rente als Opt-Out-Option anzubieten, ist nicht ausreichend. Ein Kompromiss könnte unter Umständen darin liegen, dass zukünftige Selbstständige zur Grundsicherung in die Gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, Bestandsselbstständige jedoch nicht verpflichtend einzahlen müssen, und die zusätzliche Vorsorge frei gewählt werden kann.

Gut zu wissen n I m Jahr 2017 gab es in Deutschland ca. 3,9 Millionen Selbstständige n Dies entsprach 9,5 Prozent der Erwerbstätigen n Im Vergleich zu 2007 hat die Selbstständigenquote damit um rund einen Prozentpunkt abgenommen n Spitzenreiter ist Berlin mit einer überdurchschnittlichen Quote von 14,8 Prozent

Amelie Heindl Referentin für Arbeit, Soziales und Gesundheit amelie.heindl@ bvmw.de

Foto: © Tinpixels von www.istockphoto.com

Ü

ber den Selbstständigen schwebt regelrecht das Damoklesschwert der Scheinselbstständigkeit. Schuld dafür ist die bestehende Gesetzeslage. Sie lässt in vielen Fällen keine klare Einordnung zu, ob eine selbstständige Tätigkeit – in Abgrenzung zu angestellten Beschäftigten – vorliegt. Dadurch geraten viele Selbstständige fälschlicherweise bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in den Verdacht der Scheinselbstständigkeit. Ein positives Prüfergebnis hat massive Konsequenzen und kann aufgrund hoher Nachzahlungen sogar bis zur Existenzgefährdung reichen. Der BVMW setzt sich, gemeinsam mit Partnern der Mittelstandsallianz, für die Herstellung von mehr Rechtssicherheit bei Selbstständigkeit ein. Die Kernforderungen sind die Festlegung eindeutiger Kriterien, die Selbstständigkeit kennzeichnen. So fordert der Mittelstand eine Korrektur des Statusfeststellungsverfahrens, die verhältnismäßige Ausgestaltung der Sanktionen, die Herauslösung der Clearingstelle aus der DRV sowie die Förderung der Kultur der Selbstständigkeit. Zudem müssen Wirtschaftsvertreter und Selbstständige in den Prozess einbezogen werden.


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

ADVERTORIAL 55

Auf der sicheren Seite Liquide bleiben auch in Krisenzeiten: Das richtige Cashflow-Management kann schützen. Doch was muss ich dafür tun?

O

b die nächste Krise kommt, ist keine Frage – sondern nur, wann. Schwächelnder Export, Handelskonflikte, Länderrisiken, die Autobranche und andere arg gebeutelt, Firmeninsolvenzen auf dem Vormarsch – die aktuellen Vorhersagen einer drohenden Rezession treiben viele Unternehmer um. Wenn die eigene Branche oder sogar die gesamte Wirtschaft in einer Rezession steckt, schauen viele zunächst verstärkt auf sich selbst. Das ist richtig und gut. Wie bin ich mit meinen Produkten und Prozessen aufgestellt? Welche Chancen bietet mir die Krise? Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Schließlich sind Unternehmen immer ein Teil des Gesamtsystems Wirtschaft – und das ist in Zeiten der Krise besonders in Bewegung. Eine Veränderung an einer Stelle löst Veränderungen an vielen anderen Stellen aus, denn alles ist miteinander verbunden. Deshalb ist der Blick über den Tellerrand nicht nur hilfreich, sondern überlebenswichtig. Das gilt besonders für den Blick auf die eigenen Kunden und Zulieferer. Denn was, wenn diese von der Krise zuerst oder härter getroffen werden als ich selbst? Dann nämlich kann deren wirtschaftliche Schieflage schnell auf das eigene Unternehmen abfärben – wenn Rechnungen nicht mehr oder nur verspätet bezahlt werden können und die eigene Liquidität leidet. Dann kann ein professionelles Forderungsmanagement im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sein. Wir leben nicht vom Umsatz, sondern vom bezahlten Umsatz. Diese zunächst banale Erkenntnis wird für Unternehmen gerade in Krisenzeiten zum Überlebensmotto. Denn wenn Zahlungen zu lange oder

ganz ausbleiben, ist umgehendes Handeln gefragt. Rund 400 Milliarden Euro schulden Kunden ihren Lieferanten in Deutschland, das ist mehr, als alle Banken hierzulande an kurzfristigen Krediten ausgeliehen haben. Und ungefähr jede vierte Firmenpleite in Deutschland ist das Resultat eines schlechten Zahlungsverhaltens der Kunden. Die Gefahr einer plötzlichen Insolvenz besteht also auch für florierende Betriebe, wenn nämlich deren Rechnungen nicht mehr bezahlt werden. Das gilt in der Krise umso mehr. Und wie schütze ich mein Unternehmen vor den Folgen eines Forderungsausfalls? Drei Punkte sind hier besonders wichtig: Klare Verträge, ein konsequentes Debitorenmanagement mit laufender Bonitätsüberwachung sowie der Abschluss einer Warenkreditversicherung mit integriertem Inkasso für den Fall der Fälle. Sich auf Erfolgen ausruhen, dem Schicksal vertrauen, Trends ignorieren und sich der Augen-zu-das-wird-schon-Mentalität hingeben ist für die Krise jedenfalls keine gute Strategie. Die Devise muss lauten: Wachbleiben, aufmerksam sein, Innovationen anschieben, Geschäfte und Partner gut prüfen, sich absichern, Vorsorge treffen und immer schön flüssig bleiben!

Wie Sie das eigene Unternehmen krisensicher aufstellen und auch in stürmischen Zeiten Kurs halten, dabei sind wir gerne behilflich. Jetzt informieren unter www.eulerhermes.de/krisensicher


56 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Nachhaltige Mitarbeitersuche Soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit wird für den langfristigen Unternehmenserfolg immer bedeutsamer. Weniger Ressourceneinsatz, eine höhere Innovationskraft, aber auch eine stärkere Mitarbeiterund Kundenbindung sind wettbewerbsentscheidend.

Umwelttechnik als Herausforderung und Chance Auch das Bau- und Immobilienunternehmen MBN Bau AG spürt die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsdebatte. David Meyer, Leiter Marketing, betont einerseits die Herausforderung für die Baubranche durch neue Regularien bei der Abfallentsorgung, beobachtet aber auch eine veränderte Schwerpunktsetzung bei seinen Bewerbern: „Durch verschärfte Vorschriften entstehen Mehrkosten, die bisher nicht kalkuliert wurden und denen wir mit strukturierten Prozessen

entgegenwirken. Gleichzeitig werden an den Hochschulen vermehrt Module im Bereich Umwelttechnik und nachhaltiges Bauen belegt. Absolventen ziehen nachhaltiges Handeln als Kriterium bei der Arbeitgeberwahl heran. Dies erfordert eine nachhaltige interne und externe Kommunikationsstruktur.“

Einstieg in die Nachhaltigkeit Der BVMW und das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) bieten mit dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt „Mittelstand.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen“ auch kleinen und mittleren Unternehmen einen Einstieg in ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement. Unternehmen analysieren mit Hilfe eines im Projekt ausgearbeiteten Kriterienkatalogs ihre Stärken und Schwächen, vergleichen ihre Nachhaltigkeitsleistung und erkennen dadurch individuelle Potenziale. Für den Kriterienkatalog wurden über 1.700 existierende Kennzahlen aus marktüblichen Nachhaltigkeitsanalysen gesichtet und speziell auf die Bedürfnisse des Mittelstands zugeschnitten. Übrig geblieben ist ein Fragenkatalog mit 43 Kennzahlen, der im Rahmen des Projekts branchenübergreifend erprobt und finalisiert wird.

Gut zu wissen Mittelstand.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen: Unternehmen haben während des bis Ende 2020 laufenden Projekts die Möglichkeit, die Kennzahlen im eigenen Betrieb zu erheben und kostenfrei einen Benchmarkingbericht zu erhalten. Anmeldung unter www.mittelstand-nachhaltig.de

Julia Martius BVMW Projektreferentin Gemeinsam Digital, Projektreferentin Mittelstand.Ressource julia.martius@bvmw.de

Foto: © TommL von www.istockphoto.com

„I

nsbesondere jüngere Bewerber sprechen das Thema Nachhaltigkeit direkt im Bewerbungsprozess an, hinterfragen die Unternehmensleitlinien und die Umsetzung“, so Olaf Marsson, Geschäftsführer von Berlin Event und Vorstandsvorsitzender des Jungen Mittelstands im BVMW. Berlin Event bietet seinen Mitarbeitern bereits Schulungen im Themenfeld Nachhaltigkeit an und hat in seinem Eventportfolio einen Schwerpunkt auf nachhaltigen Veranstaltungen. Laut Marsson hat sich etwa ein Drittel seiner Mitarbeiter aufgrund der Unternehmensvision für Berlin Event als Arbeitgeber entschieden. In Zukunft plant er, die nachhaltige Ausrichtung noch stärker bei der Ansprache potenzieller Mitarbeiter einzusetzen.


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

SCHWERPUNKT 57

Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken ist mein tägliches Geschäft.

Daniela Bessen Mittelstandsnetzwerkerin des BVMW

ICH BIN DER BVMW. GEMEINSAM FÜR EINEN STARKEN MITTELSTAND.

www.mittelstandsjob.de


58 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

ARBEITSMARKT IN ZAHLEN

VIERKOMMANEUN PROZENT betrug die Arbeitslosigkeit in Deutschland im September 2019. Damit ist der Wert um 1,6 Prozent höher als im Vorjahr. Innerhalb der Europäischen Union scheint Deutschland allerdings gut ab: Bei einer durchschnittlichen EU-Quote von 6,2 Prozent belegt Deutschland den zweiten Platz mit dem zweitniedrigsten Arbeitslosenanteil. Quelle: Agentur für Arbeit, Eurostat

6,2 Prozent der Jugendlichen hatten 2018 keine Arbeit. Damit ist die Jugendarbeitslosigkeit laut Angaben der ARD-Tagesschau in Deutschland auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Zum Vergleich: Bei unserem europäischen Nachbarn Spanien haben mehr als 34 Prozent der Menschen zwischen 15 und 24 Jahren keinen Job. Damit gehört Spanien in Europa zu den Schlusslichtern.

352 von 801 Berufsgattungen sehen sich aktuell mit Fachkräfteengpässen konfrontiert. Nachwuchskräfte fehlen vor allem in den MINT- und Gesundheitsbereichen. Besonders der Süden Deutschlands und die neuen Bundesländer sind betroffen. Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

2,8

7,2 Millionen Frauen waren im Jahr 2018 teilzeitbeschäftigt. Die Zahl der in Teilzeit arbeitenden Männer lag hingegen bei nur 1,9 Millionen. Dabei ist der wachsende Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt in den vergangenen zehn Jahren fast allein auf den Zuwachs von 2,8 Millionen Teilzeitbeschäftigten zurückzuführen.

51

Quelle: Agentur für Arbeit

Rentner wurden im Jahr 2018 von 100 Beitragszahlern finanziert. Durch die demografische Entwicklung werden künftig jedoch weniger Beitragszahler für mehr Rentner aufkommen müssen. So werden 2031 bei mittlerer Lohn- und Beschäftigungsentwicklung 100 Beitragszahler für voraussichtlich 68 Rentner aufkommen. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland waren 2019 Zeitarbeitsverträge. Im Jahr 2017 kamen von rund 920.000 Zeitarbeitskräften 68 Prozent aus der Arbeitslosigkeit oder hatten vorher noch kein Beschäftigungsverhältnis. Quelle: Agentur für Arbeit

1,43

Milliarden Euro betrugen im vergangenen Jahr die generierten Bruttolöhne und -gehälter in Deutschland. Das entspricht einem Anstieg von 4,8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017. Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung


BWS 59

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Bundeswirtschaftssenat Bundeswirtschaftssenat

Bundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium DDererBundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium des BVMW.

des BVMW. Ihm gehören 230 herausragende an, Ihm gehören 230 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten

Unternehmerpersönlichkeiten an, darunter vier deutsche darunter vier deutsche Nobelpreisträger und zahlreiche Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer. Marktführer. Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen Die inhabergeführten Unternehmen einen Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro stehen und rundfür 1 Million Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro und rund Arbeitsplätze. eine Million Arbeitsplätze. In dieser Ausgabe von „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“

InVorstandvorsitzender dieser Ausgabe von erzählt Martin Billhardt, der Pfisterer Holding AG, Bundeswirtschaftssenat imWandel Dialog“: wie „Der die traditionsreiche Firma mit dem steten in der Energiebranche umgeht.

Christian Oetker-Kast, Geschäftsführer von Casimir Kast Verpackung und Display GmbH, erläutert, warum ProStephan Frigge, Geschäftsführer von Phoenix Contact, erläutert, duktverpackungen unerlässliche Marketing-Instrumente vor welchen Herausforderungen der Weltmarktführer im Bereich der sind. Elektrotechnik steht und stellt die Arbeitskultur in seinem Unternehmen vor.

Foto: © artbaggage von www.fotolia.com

Dr. Michael Rosenthal, Geschäftsführer der Baerlocher GmbH, erzählt die Geschichte des Chemiekonzerns, und warum er den Wirtschaftsstandort Deutschland als nicht mehr wettbewerbsfähig erachtet.


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

CHRISTIAN OETKER-KAST Casimir Kast Verpackung und Display GmbH

Foto: © NN

60 BWS


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BWS 61

Das Notwendige mit dem Nachhaltigen verknüpfen Als Geschäftsführer der traditionsreichen Casimir Kast Verpackung und Display GmbH weiß Christian Oetker-Kast, dass Verpackungen heute nicht mehr einfach nur noch Verpackungen sind. Vielmehr sind sie zu Instrumenten geworden, die aus dem modernen Marketing nicht mehr wegzudenken sind.

Foto: © Casimir Kast/Andreas Oetker-Kast

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Oetker-Kast, wenn man sich mit Ihrem Unternehmen befasst, beeindruckt einen als erstes, dass Sie mit Ihren Wurzeln zu den ältesten Familienunternehmen Deutschlands überhaupt zählen dürften. 1550 besitzt Jakob Kast Wald und Ländereien und macht bereits Geschäfte als Flößer für Baumstämme.

All dies führte auch dazu, dass Sie recht intensiv in jeweils neue Technologien und Maschinen investierten. Da sprechen wir über Millionenbeträge. Investitionen sind der Treibstoff, der uns als Unternehmen am Laufen hält; um voranzugehen und dem Markt nicht nur zu folgen, müssen wir immer auf dem neuesten Stand bleiben. Das schließt dann auch Christian Oetker-Kast: Ich bin heilfroh, dass und wie wir uns danach mal Kooperationen ein, wie in unserem Beispiel mit unserem Disweiter entwickelt haben. Diese Lebensform, mit der Familie über Wo- play-Partner Rack & Schuck. chen auf einem Floß zu leben, wäre sicher nicht meins. Aber gleichzeitig ist es natürlich großartig, auf so eine lange Tradition als Unter- Welches sind die Hauptbranchen, aus denen Ihre B2B-Kunden stamnehmen und Familie zu blicken und daraus die Verantwortung für die men? Zukunft zu übernehmen. Allgemein gesprochen sind das Marktführer im Bereich der sogenannten Fast Moving Consumer Goods (FMCG) sowie renommierte Ihr Unternehmen spezialisierte sich dann auf Kartonagen und Ver- Markenartikler und deren Agenturen aus Deutschland und den anpackungen. Zu nennen ist dabei zum Beispiel die 1910 auf den grenzenden Nachbarländern. Dabei konzentrieren wir uns auf größere Markt gekommene Kast-Kiste, damals unter anderem genutzt von Volumina und stellen als einen weiteren Schritt in der Wertschöpfung Bahn und Post. nun auch unsere eigene Wellpappe her. Ja, unser Produkt bekam durch die Reichsbahn fast so etwas wie einen Ritterschlag, wie ein königliches Siegel. Es hat auch unsere Welche Rolle spielen Ihre Produkte für das Marketing? hohe Reputation bis heute mit begründet. Die Kast-Kiste erhielt im Sie werden erstaunt sein, denn unsere Präsentationsverpackungen Folgenden zahlreiche Auszeichnungen und Prämierungen. Wir blie- weisen bei den Endverbrauchern die höchste Kontaktquote unter alben aber nicht dabei stehen, sondern entwickelten immer weiter. So len Medien überhaupt aus. Dabei nutzen viele die attraktiv gestalteten entstanden immer leichtere und gleichzeitig stabile Verpackungen, Packungen über den eigentlichen Zweck hinaus, für Aufbewahrung, unter anderem durch die Verwendung der zwischenzeitlich entstan- Transport oder Ähnliches. Wichtig ist natürlich das Signal im Regal: denen Wellpappe. „Nimm mich und nicht das Konkurrenzprodukt“. Diese Entscheidung läuft innerhalb weniger Bruchteile von Sekunden und natürlich emoWeitere Highlights aus der Firmengeschichte waren dann zum Bei- tional und intuitiv ab. Die Verpackungsgestaltung ist extrem wichtig. spiel die Einführung von Werbeaufdrucken auf die Verpackung um Wir sind also maßgeblich daran beteiligt, den Erfolg unserer Kunden das Jahr 1965 herum. am Point of Sale zu unterstützen. Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Was uns heute selbstverständlich erscheint, die Verbindung aus Um- Emotion werden durch die Verpackungen deutlich beeinflusst. verpackung und Werbung, war damals noch gar nicht üblich gewesen. Diese Neuerung wurde auch erst durch den Offsetdruck mög- Sehen Sie einen starken Wandel in der letzten Zeit, was den Einzellich, eben mit Beginn der 1960er Jahre. Es war preiswerter geworden, handel betrifft, zum Beispiel bei wertigen Verpackungen, bei Nachauch hochwertig bedruckte Verpackungen herzustellen. Wir stellten haltigkeit und natürlich beim Online-Verkauf? entsprechende Druckmaschinen auf. Der frühere Buch- und Sieb- Zunächst hat sich die Wertigkeit der Präsentation im Laden stark verdruck war nur zu einfachen Bildlösungen fähig gewesen, das waren bessert, man sieht es bei Aldi oder Lidl im Vergleich zu 20 Jahren eher Kennzeichnungen, keine verkaufsfördernden Varianten. Plötzlich früher. Allerdings spielt die Verpackung selbst beim Online-Vertrieb erlaubten auch die Großverpackungen Markenführung. Wir stiegen eine Rolle. Das kann sogar Kultstatus erreichen, beliebt sind die „Unsehr früh in diesen Trend ein, waren sicherlich ein maßgeblicher Ak- boxing“-Videos auf YouTube, die nur das Auspacken zeigen. Und für teur der Entwicklung. Heute sind zum Beispiel auch Thekenaufsteller den Versand selbst sind die Pakete und deren Gestaltung ein ganz oder Warenpräsentationen aus Pappe nicht mehr wegzudenken, da- wichtiges Element für den Eindruck beim Kunden. Der Händler selbst mals ging diese Art der Verkaufsförderung los. erhöht mit seinem Logo nämlich seinen Bekanntheitsgrad. Bei der Nachhaltigkeit gibt es zum Teil noch Ressourcenverschwendung


62 BWS

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Die Firmenzentrale der Casimir Kast Verpackung und Display GmbH im baden-württembergischen Gernsbach.

Neben Automotive ist vor allem der Food-Sektor Ihre wichtigste Kundenbranche? Früher waren wir noch breiter aufgestellt, jetzt sind Lebensmittelverpackungen aber unser Schwerpunkt. Andere Branchen sind nach Fernost abgewandert, bei Food geht das kaum, deshalb sind wir da auch recht konjunkturunabhängig.

tritt er im Jahr 2002 die Nachfolge seines Vaters Dieter Oetker-Kast in der Leitung des Unternehmens Casimir Kast an. Der passionierte Reiter und bekennende VW-Käfer-Cabrio-Fan liebt die Herausforderung, die Zusammenarbeit mit den Mitstreitern im Unternehmen und den Partnern im Markt. Entscheidungen sind da um gefällt zu werden, auch wenn sie manchmal schwer fallen. Christian Oetker-Kast ist verheiratet und hat vier Kinder.

Foto: © Casimir Kast/Henrik Morlock

beim Versand, überdimensionierte Pakete für kleine Inhaltsvolumina. Und der regionale Schwerpunkt? Da bieten wir ebenfalls bessere Lösungen. Der liegt zunächst natürlich in Deutschland, dann das angrenzende Ausland. Für unsere Kunden liefern wir aber auch weltweit, vor allem Die Nachhaltigkeit pflegen Sie auch in Ihrer Herstellung. Ihr Unter- dann, wenn diese exportorientiert sind. nehmen gilt als 100 Prozent klimaneutral. Wir haben nur eine Erde. Da versteht sich eigentlich ein behutsamer Apropos Deutschland, Ihre nicht nur deutschen Werte sind TeamUmgang mit den Ressourcen von selbst. Wir als Unternehmer sind bezug, Vertrauen, Verantwortung. dabei mindestens so sehr in der Pflicht wie zum Beispiel die Politik. Der Einsatz für unsere Mitarbeiter ist uns ganz wichtig. Generell spielt Energie brauchen wir, aber zertifiziert schaffen wir einen Ausgleich der Mensch, auch beim Kunden, eine große Rolle in unserer Unterund sind so eben letztlich klimaneutral. Auch unseren Kunden bieten nehmensphilosophie und für unseren Erfolg. Das umfasst freundwir Produkte aus einer klimaneutralen Fertigung an. Insgesamt wird lichen Umgang miteinander, gute Arbeitsbedingungen und soziale zwar in unserer Gesellschaft viel über Nachhaltigkeit geredet. Vieles Verpflichtungen. In der Region sind wir stark sozial engagiert, bei Verbleibt aber eher pures Marketing, an echter Umsetzung hapert es im- einen oder bei Hilfsprojekten. mer noch zu sehr, das heißt, da haben wir noch Nachholbedarf. Trotzdem ist die Verpackung nicht zu ersetzen, beispielsweise, wenn es Wir sprechen dabei über 150 Mitarbeiter, die vor allem aus der Reum das Erfüllen von Hygieneanforderungen geht. Da funktioniert die gion kommen. Ist dies förderlich für Firmentreue und Rekrutierung? Privatabfüllung ganz schnell nicht mehr. Es gilt also, das Notwendige Unser guter Ruf unterstützt dies natürlich. Loyalität, sichere Arbeitsmit dem Nachhaltigen zu verknüpfen. plätze, angenehme Bedingungen unterscheiden sich von den Großunternehmen mit ihren Rationalisierungsmaßnahmen, dem harten Begeistert hat mich auch Ihre „Bag-in-Box“, die Möglichkeit, zum internen Wettbewerb und Massenentlassungen. Da sind die MittelBeispiel Wein luftdicht und vor allem lange haltbar in größeren Men- ständler anders orientiert. Im Vergleich zu börsennotierten Unternehgen in Kombination einer Box mit einem Schlauch zu transportieren. In anderen traditionellen Weinerzeugerländern ist das bereits üblich geworden, denn auch höherwertiger Wein bewahrt seine Qualität, VITA aber wir Deutschen sind da noch zögerlich. Zugleich sind die Bag-inBox-Produkte ressourcenschonender. Und das gilt ebenso für empChristian Oetker-Kast, Jahrgang 1965, geschäftsführender findliche Säfte. Hier könnte man auch die hohen Vernichtungsraten Gesellschafter von Casimir Kast, ist das Unternehmerleben von von Lebensmitteln und Getränken anführen, ein weiteres zentrales Kindheit an vertraut. Nach einer Ausbildung zum WerkzeugmaArgument für die lange Haltbarkeit in Bag-in-Box Verpackungen. Hincher, einem BWL-Studium in Siegen und anderweitigen berufzu kommt der viel geringere Platzbedarf. lichen Stationen in Deutschland und dem europäischen Ausland,


BWS 63

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

men mit Quartalsdenken zum Beispiel herrscht beim Mittelständler langfristiges Handeln und nachhaltiges Denken. All dies rund um eine starke Betonung der Unabhängigkeit ... Auf die legen wir großen Wert. Natürlich sind auch wir marktabhängig, agieren aber vor allem mittel- und langfristig. Nicht zuletzt, da wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir großenteils persönlich kennen, immens verpflichtet sind. Welches sind für den Mittelstand aktuelle Herausforderungen? Ganz wichtig ist es, Herr der Veränderungen zu sein, man ist nur durch die permanente Bereitschaft zum Wandel erfolgreich. Der heutige Gewinn heißt überhaupt nicht, dass er langfristig garantiert ist. Wir müssen aufmerksam sein gegenüber gesellschaftlichen, ökonomischen, bildungsbezogenen Entwicklungen, das ist ein zentraler Faktor. So erleben wir derzeit einen Fachkräftemangel, selbst einen Gabelstaplerfahrer finden wir nicht mehr so einfach. Das bedeutet, die Ressource Mensch erfordert ständige Beachtung, Prozesse, Arbeitsabläufe sind ständig an die Gegebenheiten anzupassen. Wie schätzen Sie die Bedeutung des BVMW und des Senats ein? Vor allem die Politik müsste dem Verband und seiner Spitze noch mehr zuhören. So, wie ich dauernde Veränderungsbereitschaft von Unternehmen fordere, sehe ich es auch als Notwendigkeit für die politische Landschaft. Leider ist man nicht zuletzt bei der Industriepolitik viel zu unbeweglich, eher an alten Strukturen und Besitzstandswahrung interessiert als zum Beispiel daran, den Mittelstand konstruktiv Einblick in die Produktion bei Casimir Kast. bei Innovationen zu begleiten. Nehmen wir nur die weit zurückliegende digitale Infrastruktur in unserem Lande. Sie ist aber gerade in der Region für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen unverzichtbar. Politik, Parteien und deren Vertreter müssen sich wirklich wandeln. Es ist gut, dass der BVMW immer wieder an in all die offenen Wunden rührt. Was sind Ihre Prinzipien einer Führungsphilosophie? Da zitiere ich Peter Ustinov: „Wer auf der Stelle tritt, kann nur Sauerkraut fabrizieren.“ Immer in Bewegung bleiben ist substanziell für Erfolg, das gilt für einen selbst, und das gilt für die Mitarbeitermotivation. Das System als Ganzes muss dynamisch und flexibel bleiben. Es erfordert zu wissen, was sich in allen Lebens- und Technologiebereichen tut, seien es QR-Codes, sei es Virtual Reality. All dies kann und muss man auch dem Team vermitteln. Und dies schaffen Sie mit großem Enthusiasmus, das merkt man Ihnen durchgängig an. Vielleicht zum Abschluss noch ein paar weitere Informationen zu Ihnen selbst. Ich habe ganz „anständig“ den Beruf des Werkzeugmachers gelernt. Das war toll als Basis, dann folgte das BWL-Studium. Nach dem Studium kamen Stationen in Osnabrück und ein paar Jahre in England. Anfang 2002 bin ich auf Bitte meines Vaters ins Unternehmen eingestiegen.

Das Gespräch führte der Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel

Casimir Kast Verpackung und Display GmbH Rechtsform: GmbH Gründung: 1550 Sitz: Gernsbach (Baden-Württemberg) Geschäftsführer: Christian Oetker-Kast, Thomas Schuh

Foto: © Casimir Kast/Andreas Oetker-Kast

Mitarbeiter/innen: 150 Wie verbringen Sie Ihre Freizeit? Unter anderem mit meinem klassischen VW-Käfer in blaumetallic, Baujahr 1973. Viel Zeit widme ich aber auch meinen Pferden. Am liebsten verbringe ich meine Zeit mit der Familie. Meine Frau und ich haben vier Kinder, da ist unser Standort von Vorteil, in wenigen Minuten bin ich vom Unternehmen zu Hause und kann so glücklicherweise am Familienleben teilnehmen. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

Umsatz: k. A. Branche: Verpackungen Produkte: Offsetkaschierte Verpackungen aus Karton und Wellpappe Webseite: www.casimir-kast.de


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

DR. MICHAEL ROSENTHAL Baerlocher GmbH

Foto: © NN

64 BWS


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BWS 65

„Der Standort Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig“ Die Baerlocher Firmengruppe baut als einer der global führenden Anbieter von Additiven auf die Erfahrung aus über 190 Jahren Firmengeschichte. Das Know-how über Herstellung und Verwendung von Kunststoff-Additiven reicht zurück bis zum Beginn des weltweiten Siegeszugs der Kunststoffe. Dr. Michael Rosenthal, Geschäftsführer und Hauptgesellschafter, zog sich 2004 aus dem operativen Tagesgeschäft zurück und ist seitdem Vorsitzender des Beirates.

Foto: © Thomas Lünen

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Rosenthal, Ihr Unternehmen besteht seit rund 190 Jahren und ist führender Hersteller von Additiven. Zu Ihren wichtigsten Produkten gehören Metallseifen – sie dienen bestimmt nicht dem Händewaschen. Was versteht man unter den Begriffen Additiv und Metallseife?

wertig ersetzt werden kann, etwa im Medizin- und Hygienebereich. Umso wichtiger eben deren umweltschonende Herstellung und Wiederverwendung. Vielleicht gibt es eines Tages tatsächlich noch bessere Alternativen. Heute sind viele Kunststoffe wie zum Beispiel auch PVC in der Regel nicht ersetzbar. Vor allem sollte man auch immer nach der Gesamtnachhaltigkeit angeblich besserer Alternativen fragen, häufig ist deren Herstellung sehr energieintensiv. Pauschale Lösungen gibt es nicht. Nehmen wir Fensterrahmen aus PVC, sie sind sehr viel langlebiger, schaffen keinen regelmäßigen Ersatzbedarf, um nur ein Beispiel zu nennen.

Dr. Michael Rosenthal: Unter Metallseife versteht man in der Regel ein Alkali- oder Erdalkalimetall mit einer langkettigen Fettsäure, die ein breites Anwendungsspektrum hat, aufgrund der Eigenschaften, die sie den beigemischten Produkten verleiht – Eigenschaften wie wasserabweisend, gelierend, dispergierend, schäumungshemmend oder die Gleiteigenschaft verbessernd. Eingesetzt werden Metallseifen in so unterschiedlichen Branchen wie Kosmetik, Pharma, Auto- Damit haben Sie neben der Kosmetik- und Pharmabranche das mobil oder Bauwesen. Additive sind komplexe Mischungen aus Me- Baugewerbe aufgeführt, dann zählen Wasserverteilungssysteme, tallseifen und weiteren Funktionschemikalien. Transportwesen und der Gesundheitssektor zu Ihren Geschäftspartnern … Gibt es eine übergreifende Definition der Metallseifen? Richtig, wir agieren global und in der Tat in ganz unterschiedlichen Eine Familie von definierten chemischen Verbindungen mit Eigen- Industrien. Dabei ist unsere Stärke die Erfahrung und die Kundennäschaften, die sie als Zuschlagsstoffe in kleiner und kleinster Dosie- he, die es uns ermöglicht, den Kunden bei gewünschten Eigenschafrung in vielen Anwendungen unerlässlich machen. ten wie der Langlebigkeit beratend zur Seite zu stehen. Dies ist dann in gewisser Weise für uns ein Verkaufsnachteil. Die Fensterrahmen Sie fertigen für ein breites Branchenspektrum. Neben der eben ge- halten 50 und mehr Jahre, das heißt, in dem Zeitraum können wir nannten Kosmetikbranche auch für Fußboden- oder Kabelhersteller, auch nur einmal verkaufen. Durch neues Design und andere Trends kurz: für alle Produkte, bei denen Kunststoffe, Polymere, PVC usw. mag es allerdings auch häufigeren Ersatz geben. Das gilt natürlich unterschiedliche Eigenschaften und Funktionen aufweisen müssen. erst recht für Fußbodenbeläge bis hin zu den Luxus-Fliesen. ZweifelGerade im Bereich der Polymere gibt es ja die Debatte über Nach- los der weltweit größte Anwendungsbereich für PVC sind Rohre für haltigkeit und Umweltverträglichkeit. Abwässer. Nicht zuletzt auch Schläuche in der Medizin, im Bausektor Richtig, sie gilt für die ganze Wertschöpfungskette. In Europa haben sind es Planen, Stadiondächer. wir die VinylPlus-Struktur, da sind bei der Konzeption neben der Industrie unter anderem auch NGOs beteiligt, um für Wertschöpfungs- Früher hatte man Rohre aus Metall oder einer Art Steingut … ketten möglichst nachhaltige und umweltverträgliche Lösungen zu Steingut oder ähnliches würde man heute nicht mehr verwenden, entwickeln und zu gewährleisten. Dies entspricht den Prinzipien, die denn Kunststoffe sind in der Regel viel flexibler. Denken Sie an Erdbevon EU-Kommission und Europaparlament um das Jahr 2000 formu- benregionen, Zement und Steingut würden schnell durchlässig werliert wurden. Es gehört dazu ein bestimmter Prozentsatz von Produk- den. Zugleich ist PVC besonders widerstandsfähig gegen aggressive ten, die wir einsammeln und recyclieren. Ebenso haben wir uns die Stoffe, die bei Abwässern anfallen, und hygienisch bei der TrinkwasSelbstverpflichtung auferlegt, die Herstellungsprozesse möglichst serverteilung. Auch im Alltag kommen wir mit PVC direkt in Berühenergieeffizient zu gestalten. Und selbstverständlich sollten die Pro- rung, zum Beispiel mit der Kreditkarte. Sie sehen, ein vielseitiger und dukte frei von toxischen Eigenschaften sein. Kurzum: Bei VinylPlus vielfacher Materialeinsatz. handelt es sich um eine umfassende Struktur entlang der Wertschöpfungskette mit Überprüfung durch unabhängige NGOs. Gibt es internationale Unterschiede bei den Produktschwerpunkten? Für Rohre gelten internationale Standards. Bei Fensterrahmenprofilen Nicht zu vergessen, dass wir über Anwendungsbereiche sprechen, gibt es ein gewisses Nord-Süd-Gefälle, der Norden braucht stabilere, bei denen zum Beispiel PVC nicht durch andere Materialien gleich- mehr wetter- und windabweisende Konstruktionen als der Süden.


66 BWS

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

1946 dann der Einstieg der Familie Rosenthal, mit Christian Rosenthal ... Kurz nach den Wirren des Krieges war das Unternehmen im Umbruch, zuvor hatte es Produkte wie Kohlenanzünder und Düngemittel hergestellt. Die namensgebende Familie hatte ihre Anteile an eine jüdische Familie verkauft, die nur teilweise weiter tätig werden wollte und meinen Vater als Geschäftsführer in die Firma aufnahm. Wie kam es zum Umzug in den Norden? Das war Anfang der siebziger Jahre. Wir zogen ins niedersächsische Lingen (Ems). Ein weiterer Grund war, dass für ein mittelständisches Chemieunternehmen die Bedingungen zwischen all den vielen Olympiabauten an der Münchner Peripherie schwieriger geworden waren.

Die Firmenzentrale im bayerischen Unterschleißheim.

Man kann nur staunen über Verbreitung und Nutzen, aber eben auch die Nachhaltigkeit von PVC ... Um Missverständnissen vorzubeugen, ich bin überhaupt kein Gegner von Naturprodukten wie zum Beispiel Holz. Da, wo es sinnvoll und besser ist, plädiere ich immer für den Einsatz dieses Materials. Nehmen wir ein historisches, denkmalgeschütztes Haus, da passt natürlich meist kein Kunststoff. Aber auch Holz muss wetterbeständig behandelt werden, und schon kommen wieder chemische Verbindungen zum Einsatz.

Hinzu kam damals eine plötzlich aufkeimende Angst in der Bevölkerung vor chemischer Produktion. Übrigens ohne konkreten Anlass, aber geschürt durch eine nicht immer objektive Berichterstattung. Das hatte auch mit fehlender Information und diffusen Ängsten zu tun. Wie sind Sie damals damit umgegangen? Wir führten den Dialog mit der Bevölkerung und bürgernahen Gruppierungen. So konnten wir den Menschen demonstrieren, dass unseren Schornsteinen kein giftiger Qualm, sondern nur Wasserdampf bei der Energieerzeugung entwich. Generell sehen wir alle – auch die Bürger – als Stakeholder, die wir heute in unsere Entscheidungen und unsere Kommunikation miteinbeziehen. Übrigens nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern, in denen wir aktiv sind.

Ihr Unternehmen wurde vor fast zweihundert Jahren, im Jahr 1823, von Dr. Johann Gottfried Dingler in Augsburg mit dem königlich-bayerischen Privileg zur Herstellung von Schwefelsäure gegründet. Ja, es ging zunächst um Textilhilfsmittel wie Gerbstoffe und anorganische Säuren für die Textilindustrie. 1864 kam es dann zur Übernahme durch die bis heute namensgebende Familie Bärlocher aus Basel. Anfang des 20. Jahrhunderts kam es zur Fusion mit den Chemischen Werken München. Diese waren vorübergehend namensgebend, bis das Unternehmen irgendwann wieder zu Baerlocher wurde. Man widmete sich unter anderem der Wiederverwendung von Abfallstoffen, die bei Gaswerken anfielen … Sie sehen, wir waren auch in diesem Bereich schon sehr früh führend tätig.

Schon in seiner Jugend konnte der promovierte Chemiker Dr. Michael Rosenthal, Jahrgang 1964, die Entwicklung von Baerlocher verfolgen – bis 1980 leitete sein Vater Dr. Christian Rosenthal die Geschicke des Unternehmens. Nach der Übernahme der Unternehmensleitung richtete Dr. Michael Rosenthal die Firma noch stärker auf die Bedürfnisse von Kunststoffverarbeitern aus. Außerdem trieb er die weitere Internationalisierung über die Grenzen der EU hinaus voran. Im Jahre 2004 zog sich Rosenthal aus dem operativen Tagesgeschäft zurück und übernahm den Vorsitz des Beirats. Dr. Rosenthal beschäftigt sich gern mit Literatur, fährt Rad und Ski – seine große Passion aber ist das Hochseesegeln. Darüber hinaus entwickelt er Coachings für junge Leute und besucht Schulen, um sich dort Diskussionen zu stellen.

Foto: © Thorsten Jochim Photography

1980, mit der Übernahme des Unternehmens durch Sie an der Spitze, kam auch die Phase einer stärkeren Expansion mit globaler Perspektive … Spielt Recycling bei Ihnen eine Rolle? Durchaus. Beim Recyclen von Fensterprofilen zum Beispiel wird nicht Mein Vater hatte diese Entwicklung mit einem Standort in Lateinamemehr die gleiche Menge an Stabilisatoren wie bei der Erstproduktion rika eingeleitet, wir konsolidierten das dann weiter in den achtziger benötigt. Das ist einer der Gründe dafür, dass unser Wachstum in Jahren und expandierten deutlich in den neunziger Jahren. Mit AusEuropa verlangsamt ist. Dass wir hier nur noch eine Rate von rund nahme von Afrika sind wir heute weltweit aktiv. einem Prozent pro Jahr haben, hängt eher mit einem Sättigungseffekt plus der genannten Langlebigkeit zusammen. Entsprechend sind für VITA uns andere Regionen als Wachstumsmärkte wichtig.


BWS 67

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Bei einem so großen Unternehmen, bei so großer globaler Verbreitung ist ein gemeinsamer Wertekanon wichtig. Wie gehen Sie damit um? Toleranz, Weltoffenheit, Anstand, Wertschätzung, aber auch der Wille zur Spitzenleistung, all das gilt für uns grenzüberschreitend. Getragen wird es von der Auffassung, dass Eigenständigkeit und Verantwortung wesentlich zum Erfolg beitragen, nicht zuletzt zu einem besseren Image des Unternehmens und der gesamten Branche. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass jedes Geschehen an einem Ort sofort weltweit kommuniziert wird. Wir müssen und wollen Vorbild sein und Wertestandards definieren und einhalten. Das spielt auch bei unseren Begegnungen mit Politikern, Entscheidungsträgern und Vertriebspartnern nicht zuletzt in Asien eine immer größere Rolle. Auch dort sind zum Beispiel Umweltschutz und Transparenz sehr ausgeprägt. Der ehrliche Kaufmann ist ein global gültiges Prinzip. Ein deutlicher Pluspunkt für den Mittelstand? Genau, wir denken und handeln generationenübergreifend, nicht primär von Quartal zu Quartal oder von Jahr zu Jahr, auch wenn wir natürlich Umsatzziele nicht vergessen dürfen. Für meinen Sohn gelten diese Prinzipien genauso wie für mich. Wie beurteilen Sie die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland? Durch die hohen Energiekosten ist der Standort Deutschland bei den Herstellkosten nicht mehr wettbewerbsfähig. Immer weniger transparente und stabile Regulierungsbedingungen und bürokratische Vorgaben sorgen für große Unsicherheit. Die Folge sind Planungsprobleme, sodass wir im Vergleich zum Ausland Kostennachteile und Verzögerungen haben. Oder nehmen Sie beispielsweise die Fiskalrechtsprechung, die bei Betriebsprüfungen noch fünf Jahre rückwir- Baerlocher gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Kunststoff-Additiven. kend zum Tragen kommen kann und Verunsicherung schafft. Es gibt keine Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen. Zudem sind immer mehr Mitarbeiter mit dem Einhalten von Compliance-Regeln befasst. All das sind Themen, für die sich auch der BVMW stark macht … Absolut. Der Verband macht eine hervorragende Arbeit, und ohne den BVMW wäre es in manchen Bereichen wahrscheinlich noch viel kritischer. Ich kann nur immer wieder betonen, wie stark das ausgeprägte System dauernder Betriebsprüfungen in Deutschland selbst bei transparentester Buchführung zum massiven Binden von eigentlich anderweitig notwendiger Mitarbeiterenergie führt. Leider nimmt hier unser Land eine Spitzenposition ein. Hier sehe ich großen Verbesserungsbedarf. Unabhängig vom Unternehmen, gibt es Beschäftigungen, die Ihnen am Herzen liegen? Unbedingt. Ich widme mich beispielsweise der Förderung von Startups, zudem organisieren wir Charities für Kinder. Ich gehe persönlich in Schulen, um benachteiligte Kinder bei der Bildung zu unterstützen. Privat segle ich gerne, und Golf zum Ausgleich empfinde ich als sehr entspannend.

Foto: © Thomas L. Fischer

Sehr herzlichen Dank für das anregende Gespräch.

Das Gespräch führte der Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel

Rechtsform: GmbH Gründung: 1823 Sitz: Unterschleißheim (Bayern) Geschäftsführer: Arne Schulle, CEO der Baerlocher-Firmengruppe Mitarbeiter: 1.150 Umsatz: k. A. Branche: Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Additiven für die Kunststoffindustrie und weitere Branchen Produkte: Stabilisatorsysteme für die PVC-Branche Webseite: www.baerlocher.com


68 BWS

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Otto Hott, Geschäftsführer und Mehrheitseigner der SAUTER Pianofortemanufaktur GmbH & Co KG.

„Jedes Piano ist ein Unikat“ Die Pianofortemanufaktur Sauter feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen. Damit ist sie der älteste Hersteller für Flügel und Klaviere der Welt – und mit ihren Innovationen auf der Höhe der Zeit. Zum Jubiläum bietet Sauter eine Weltneuheit an: ein Klavier mit synthetischem Elfenbein als Tastenbelag.

Neue Technik Ständige Innovationen und Weiterentwicklungen haben die Pianomanufaktur auf Weltniveau gebracht. Das Herstellungsverfahren des Resonanzbodens wurde in jahrelanger eigener Forschungsarbeit verfeinert. Die patentierte Sauter‘sche Wölbung des Resonanzbodens sorgt für dynamische Klangentfaltung. Der gusseiserne Rahmen und die Saiten stammen aus hauseigener Entwicklung, das patentierte Tonhaltepedal – Sostenuto-Pedal – verfeinert seine Funktion, und die justierbaren Auflageböckchen aus besonders schallleitfähigen Titan verleihen den Flügeln eine betonte Klangdy-

namik. Neu ist unter anderem das Silent-System, eine Stummschaltung, die auch über Kopfhörer ein realistisches Klangbild erzeugt.

Musikgenuss zum Beethovenjahr Sauter produziert 500 bis 600 Pianos und Flügel pro Jahr. Der Exportanteil von 70 Prozent trägt maßgeblich dazu bei, dass das Unternehmen seine Position unter den Premium-Herstellern festigen und seine Marktposition weiter ausbauen konnte. Pianos von Sauter erfreuen sich in China, USA und in Australien wachsender Beliebtheit. Aber auch in Europa ist Sauter erfolgreich. So hat die Musikhochschule Luzern kürzlich vier Flügel bestellt. In der Staatsoper und der Musikhochschule Stuttgart stehen mehrere Sauterflügel, die Oper in Oslo erwarb 13 Sauter-Instrumente. Zum Beethovenjahr erscheint eine Gesamtaufnahme aller 32 Beethoven-Klaviersonaten, die auf dem Sauter Concert-Flügel mit acht Pianisten und Pianistinnen live eingespielt wurde. Das ist in dieser Konstellation weltweit einzigartig.

Künstliches Elfenbein statt Kunststoff Jetzt macht die Manufaktur aus dem Schwarzwald wieder mit einer Innovation von sich reden: mit dem Einsatz von synthetischem Elfenbein für die Klaviertasten. Da Elfenbein verboten ist, wird heute in der Regel Kunststoff für die Klaviertasten verwendet. Nun hat Sauter in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut in Stuttgart künstliches Elfenbein entwickelt, das chemisch mit dem natürli-

Foto: © artphotographs Dieter Marx

K

ontinuierlich baut die traditionsreiche Manufaktur in Spaichingen ihre Marktanteile international weiter aus. Sie behauptet sich mit ausschließlich deutscher Handarbeit erfolgreich im Premiumsegment gegen weltweite Konkurrenz. In Zeiten, da andere Klavierbauer aus Kostengründen zumindest Teile in Fernost produzieren lassen, ist Sauter eine Rarität: Die Manufaktur ist ihrem Firmensitz in Spaichingen, unweit der Schweizer Grenze, ebenso treu geblieben wie ihren deutschen Lieferanten, die die hochwertigen zertifizierten Hölzer liefern. „Wir bauen in vielen Fällen individuell nach Kundenwunsch. Jedes Piano ist ein Unikat“, sagt Otto Hott, Mehrheitseigner und CEO. Ein Premium-Auto wie beispielsweise ein Mercedes der S-Klasse wird aus 5.000 Einzelteilen zusammengesetzt. Ein exklusives Sauter-Instrument besteht sogar aus über 6.000 Teilen.


BWS 69

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Designed von Peter Maly: Flügel Vivace und Klavier Rhapsody.

chen Elfenbein übereinstimmt und sich als Tastenbelag ebenso verhält. Alle Eigenschaften dieses inzwischen patentierten Elfenbeins – beispielsweise Reibungskoeffizient, Wasserabsorption, mechanische Härte und Wärmeleitfähigkeit – stimmen mit dem natürlichen Elfenbein überein.

Besonderes Design von Peter Maly

Fotos: © Sauter Pianofortemanufaktur

Für eine innovative Optik steht der renommierte Möbel- und Raumdesigner Peter Maly, der einer der erfolgreichsten deutschen Designer ist und für Marken wie Ligne roset, COR, Thonet, Interlübke und Behr arbeitet. Maly entwarf zwei Flügel-Designs, die die tradierte Form des Flügels mit ihren Varianten des s-förmigen Schwungs auf der Seite neu interpretieren. Der Flügel Vivace spielt zudem mit optischen Akzenten und gibt dem Instrument eine avantgardistische Note. Der Flügel Ambiente nimmt Elemente des Art déco auf und besticht mit seiner klaren, eleganten Linienführung. Hinzu kommen sechs Klavier-Designs, das jüngste mit Namen Rhapsody.

Ruhmvolle Geschichte Es war Johann Grimm, der 1819 den Grundstein für die Pianomanufaktur Sauter legte. Er hatte das Klavierbauhandwerk in Wien bei dem renommierten Klavierbauer Johann Andreas Streicher gelernt, der Beethoven, Hummel und Goethe ihre Instrumente lieferte. Nach sechsjähriger Lehrzeit kehrte Grimm nach Spaichingen zurück, eröffnete seine Klavierbauwerkstätte und begründete damit eine Pia-

nodynastie, die über sechs Generationen Wissen und Erfahrung weitergab: handwerkliche Perfektion und beständige Innovation. Seit 1846 führte sein Neffe Carl Sauter die Manufaktur, gefolgt von dessen Sohn Johann und Enkel Carl Sauter II, dem Urenkel Hans und schließlich dessen Bruder Carl Sauter III. Der Wirtschaftsingenieur Otto Hott erwarb 1993 die Mehrheit der Anteile, und unter seiner Ägide gelang die erfolgreiche Neuausrichtung auf den Weltmarkt und der Anschluss an die Premiumklasse. Mit Ulrich Sauter als Gesellschafter verbleibt ein Familienmitglied bis heute im Unternehmen.

SAUTER Pianofortemanufaktur GmbH & Co KG Gründung: 1819 Firmensitz: Spaichingen (Baden-Württemberg) Geschäftsführer: Otto Hott Mitarbeiter: 50 Mitglied im Bundeswirtschaftssenat

www.sauter-pianos.de

Dr. Ulrich Köppen BVMW Pressesprecher Baden-Württemberg ulrich.koeppen@ bvmw.de


70 BWS

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Mittelstand trifft Spitzendiplomatie Um in Zeiten zunehmenden Protektionismus‘ und nationaler Alleingänge ein klares Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit zu setzen, lud Mittelstandspräsident Mario Ohoven die Mitglieder des Bundeswirtschaftssenats zum Diplomatischen Tag nach Berlin ein.

Spitzentreffen in der französischen Botschaft in Berlin: Die Delegation des Bundeswirtschaftssenats mit I. E. Anne-Marie Descôtes, Botschafterin Frankreichs.

D

ie französische Botschafterin I. E. Anne-Marie Descôtes, der britische Botschafter S. E. Sir Sebastian Wood und der türkische Botschafter S. E. Ali Kemal Aydin, empfingen das „Who is Who“ des deutschen Mittelstands in ihren Botschaften. Sie zeigten Herausforderungen und Chancen für den deutschen Mittelstand in ihren Ländern auf.

S. E. Sir Sebastian Wood, britischer Botschafter.

S. E. Ali Kemal Aydin, Botschafter der Türkei.

Die Senatorinnen und Senatoren erwartete zum Abschluss im legendären Bundessaal im Hotel Adlon mit Blick auf das Brandenburger Tor ein exklusives Dinner, bei dem ein besonderer Gast die Keynote hielt: Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, einer der profiliertesten Naturwissenschaftler Deutschlands und langjähriger Co-Präsident des Club of Rome. Er riss die Mitglieder des Bundeswirtschaftssenats in einem ebenso aufwühlenden wie zukunftsweisenden Vortrag zum Thema Nachhaltigkeit mit. Im Rahmen des Galaabends wurde von Weizsäcker wegen seiner Verdienste um den Mittelstand und in Würdigung seiner herausragenden politischen Leistung zum Senator h.c. ernannt. Diese Ehre wurde auch den langjährigen Mitgliedern Alexander Schaeff und Theo Wigger an diesem Abend zuteil. Mario Ohoven mit Senator h.c. Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (re.).

Fotos: © BVMW/ Annemarie Thiede

Sei es über den Ausgang des Brexit, die zukünftige Rolle der Türkei, die deutsch-französische Zusammenarbeit in Europa oder den Handelsstreit zwischen den USA und China: Der stete Dialog zwischen Diplomatie, Politik und Wirtschaft muss gefördert werden. So können die Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Firmen dafür wappnen. Die Mitglieder des Bundeswirtschaftssenats zeigten sich hocherfreut darüber, dass gerade auf dem diplomatischen Parkett Klartext gesprochen und kritische Themen nicht ausgeblendet wurden.


Anzeige

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BWS 71

Siemens, Sixt, Spitzenmedizin und Sicherheit Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern, Einblicke in Weltkonzerne und Feiern auf dem Oktoberfest – das diesjährige Treffen des Bundeswirtschaftssenates in München bot hochkarätige Information und Motivation gleichermaßen.

F

ür viele Spitzenunternehmer ist das Treffen des Bundeswirtschaftssenats in der bayerischen Landeshauptstadt anlässlich des Oktoberfestes längst zu einem festen Termin im Jahreskalender geworden. Kein Wunder, denn auch in diesem Jahr erwartete die Senatorinnen und Senatoren ein Tagesprogramm der Extraklasse.

Fotos: © Andreas Schebesta

Zunächst wurden die Senatsmitglieder exklusiv im Sitzungssaal des Aufsichtsrates der Siemens AG empfangen. Mit einem JahDr. Matthias Goldstein, Vice President bei Siemens resumsatz von rund 83 Milliarden Euro und Digital Industries, bei seinem Vortrag. 380.000 Mitarbeitern auf der ganzen Welt gehört Siemens zu den größten Konzernen Deutschlands und ist zudem mit seinen Innovationen in vielen Segmenten globaler Marktführer. Dr. Matthias Goldstein, Vice President bei Siemens Digital Industries, sprach über die enormen Potenziale der Digitalisierung für den Mittelstand. Anschließend wurden die Unternehmerinnen und Unternehmer im Bayerischen Innenministerium von Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, empfangen. Im Mittelpunkt der Diskussion: Datensicherheit im Zeichen der Internationalisierung. Mario Ohoven wies dabei daraufhin, dass die Stärkung des Schutzes der Unternehmen vor Wirtschaftsspionage dringend notwendig sei. Mit der Keynote von Prof. Dr. Bruno Meiser, Präsident der Stiftung Eurotransplant und Leiter des Transplantationszentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München, erhielten die Senatorinnen und Senatoren einzigartige Eindrücke aus der Welt der medizinischen Spitzenund Transplantationsforschung. Exklusive Einblicke vermittelte im Anschluss die Sixt SE, Europas größter Mietwagenanbieter. Das Unternehmen konnte allein im vergangenen Jahr seinen Konzernumsatz um beachtliche 12,6 Prozent steigern und ist als traditionsreicher mittelständischer Betrieb seit jeher in Familienhand. Regine Sixt lud die Mitglieder des Bundeswirtschaftssenats zum zünftigen Ausklang des Tages in Kufflers Weinzelt auf dem Münchner Oktoberfest ein.

Bringen Sie Ihre Zahlen zum Wachsen. Mit Software von Agenda rechnen Sie immer mit Erfolg. Sie haben Ihre Geschäftszahlen jederzeit im Blick und treffen auf solider agenda-rechnungswesen.de Basis zielgerichtet Entscheidungen für Ihr Unternehmenswachstum.

Empfang im Bayerischen Innenministerium mit Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration (Mitte).

agenda-rechnungswesen.de


72 BWS

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Deutscher Umweltpreis für BVMW-Vorzeigeunternehmer

Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, Preisträger Reinhard Schneider, DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB, und Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller.

W

ir gratulieren! Der Deutsche Umweltpreis geht dieses Jahr an unser langjähriges Mitglied Reinhard Schneider, Inhaber von Werner & Mertz, („Erdal“, „Frosch“). „Reinhard Schneider hat mit seiner unternehmerischen Rundum-Nachhaltigkeitsstrategie und hohem persönlichen Engagement den Weg dafür geebnet, dass in einer kompletten Wirtschaftsbranche Umweltinnovationen auf immer höherem Standard etabliert werden konnten. Er hat konsequent ökologische Produkte in einem Massenmarkt mehrheitsfähig gemacht, lebt Nachhaltigkeit in allen unternehmerischen Entscheidungen und sichert sich so das Vertrauen der Verbraucher.“ Mit diesen Worten würdigte Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 2019 an den Inhaber der Firma Werner & Mertz (Mainz), Reinhard Schneider. Bonde betonte, dass Schneider Nachhaltigkeitsmanagement zur Chefsache gemacht und fest in der Geschäftsstrategie verankert habe. Mit zahlreichen Initiativen zum

Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung habe er als Unternehmenspionier Neuland betreten – der gelebte Nachhaltigkeitsgedanke sei national wie international sichtbar, so Bonde. Schneider, Mitglied des Bundeswirtschaftssenates und Vorsitzender der Energie- und Umweltkommission des BVMW, war vom BVMW für den Preis vorgeschlagen worden. Die Jury lobte ihn für sein modellhaftes nachhaltiges Wirtschaften als mittelständischer Unternehmer. Mit weltweit 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 400 Millionen Euro habe die von Schneider ins Leben gerufene Initiative „Recyclat“ die Kreislaufwirtschaft maßgeblich geprägt und somit globale Standards für Nachhaltigkeit gesetzt. Der Deutsche Umweltpreis ist die höchstdotierte Öko-Auszeichnung Europas. Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier überreichte den mit 250.000 Euro dotierten Umweltpreis im Rahmen eines Festaktes in Mannheim an Reinhard Schneider.

Malaysia ehrt Dr. Helmut Baur

Die malaysische Botschafterin H. E. Sarah Bakri Devadason und Dr. Helmut Baur.

Foto: © DBU/Peter Himsel

D

r. Helmut Baur, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Binder Optik (Böblingen), ist seit 2008 Vorstandsmitglied des BVMW. Zu seinen weiteren wichtigen Ehrenämtern zählt seit 1992 auch die Tätigkeit als Honorarkonsul von Malaysia. Jetzt wurde er in der Malaysischen Botschaft in Berlin von Botschafterin H.E. Sarah Bakri Devadason für seine mehr als 25-jährige Tätigkeit und sein hohes Engagement für den ostasiatischen Staat ausgezeichnet. Seit 1996 ist Dr. Baur in Personalunion auch Honorargeneralkonsul für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Aufgrund seiner Verdienste für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Malaysia wurde ihm vom malaysischen König der Adelstitel Datuk verliehen, den nur wenige Ausländer erhalten haben. Ab 1998 war er für neun Jahre Vizepräsident der Union der Honorarkonsuln Deutschlands.


BWS 73

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Schließen Sie Sicherheitslücken. Wir unterstützen Sie und Ihr Team bei der IT-Sicherheit.

T. I e r e Sich Erfolg. rer Siche

www.it-sicherheit-in-der-wirtschaft.de


Sparen Sie wie ein Groß Die BVMW UnternehmerCard:

Hier sind die Vorteile: ■ bis 8 % Rabatt auf Apple Produkte ■ bis 10 % Rabatt auf Gas und Strom ■ 10 % Dauerrabatt auf Büroartikel ■ bis 41,5 % Rabatt auf Firmenfahrzeuge ■ bis 3,5 Cent/Liter an der Tankstelle Und viele weitere Vorteile!

Sichern Sie sich exklusive Rabatte: mit der BVMW UnternehmerCard. Der BVMW bündelt den Einkaufsbedarf von mehr als 900.000 Mitgliederstimmen aus der Mittelsstandsallianz – und gibt die Vorteile an Sie und die anderen Inhaber der BVMW UnternehmerCard weiter. Jetzt die BVMW UnternehmerCard bestellen*: Mail: unternehmercard@bvmw.de Mehr Informationen: www.vorteile.bvmw.de

Oder rufen Sie uns an: 0228/684 770

* EUR 22,00 jährliche Schutzgebühr zzgl. MwSt.


abnehmer!

e i d t z t d e r J a C r e m h e n r e t Un e l i e t r o V d n u n bestelle n! sicher www.bvmw.de


76 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Service UNTERNEHMERPREISE Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung, Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.

BVMW-MV Gesundheitspreis 2020 Mit dem Gesundheitspreis Mecklenburg-Vorpommern würdigt der BVMW Unternehmen, die Betriebliches Gesundheitsmanagement erfolgreich installiert und in die tägliche Praxis umgesetzt haben. Kleine und mittlere Unternehmen sowie Angehörige freier Berufe, die ihren Sitz in Mecklenburg-Vorpommern haben, können vorgeschlagen werden. Das Vorschlagsrecht liegt ausschließlich bei BVMW-Mitgliedern. Die Vorschlagsfrist endet am 15. Januar 2020. Weitere Infos: rainer.junold@bvmw.de

Deutscher Nachhaltigkeitspreis Unternehmer, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen besonders erfolgreich ökologische und soziale Herausforderungen annehmen und Nachhaltigkeit als wirtschaftliche Chance nutzen, können sich für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis bewerben. Teilnahmeberechtigt sind alle Unternehmen, die in Deutschland Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Der Bewerbungsfrist beginnt im Februar 2020.

Betriebsrente zum Nulltarif Hans Siewert, Vermögensberater und BVMW-Mitglied, hat sich über Jahre mit der Frage auseinandergesetzt, ob es nicht eine Betriebsrente zum Nulltarif geben kann. Hinter seiner Idee steckt eine Kette verschiedener Steuer- und Sozialabgabenvorteile, die ohne Mehraufwand für Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander verrechnet werden. In der Tat kann so eine Altersvorsorge für Arbeitnehmer ohne Kosten aufgebaut werden. Sie ist steuerrechtlich gewürdigt und digital abbildbar.

www.rentenrevolution.de

Neue Kooperation: Naturnahe Firmengelände Die naturnahe Gestaltung von Firmengeländen ermöglicht es Unternehmen, sich vor Ort für den Erhalt der biologischen Vielfalt zu engagieren. Der BVMW kooperiert deshalb mit der Bodensee-Stiftung, um seinen Mitgliedern exklusiv Erstberatungen zur naturnahen Gestaltung ihres Unternehmensstandorts anzubieten. Naturnahe Firmengelände sind nicht nur etwas für große Unternehmen – tatsächlich fühlen sich gerade mittelständische Unternehmen oft stark verbunden mit ihrer Region und den Menschen vor Ort. Da liegt es nahe, sich mit einem sicht- und greifbaren Beitrag am Standort zu engagieren und ein attraktives Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter und Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Weitere Infos unter: volkswirtschaft@bvmw.de

www.nachhaltigkeitspreis.de

Auch 2020 vergibt die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis den Next Economy Award. Mit der Spitzenauszeichnung für Start-ups sollen Sozialunternehmen und grüne Gründer prämiert werden. Belohnt werden demnach einfallsreiche Geschäftsmodelle, die soziale oder ökologische Verbesserungen anstreben. Die Nominierten werden in verschiedenen Themenfeldern ermittelt. Die Bewerbungsfrist beginnt im März 2020. www.nexteconomyaward.de Blühwiese als naturnahe Gestaltung eines Firmengeländes.

Foto: © Sven Schulz von der Bodenseestiftung

Next Economy Award


SERVICE 77

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Zielgruppen erreichen mit Audio-Werbung Mit der Welle der Social Media wird der Markt von Videos und Selfies überflutet. Etwas ins Hintertreffen geraten sind, speziell bei der Werbung, Audioprodukte. Nach Ansicht des BVMW-Mitglieds Dewe-Medien lassen sich etwaige Kunden mit neuartiger Audio-Werbung jedoch zielgruppenspezifisch und nachhaltig erreichen, da die Streuverluste geringer sind. Auf Smartphones, Tablets etc. lassen sich die neuen Formate in relativ hoher Qualität abspielen. Dazu zählen Podcasts, Spotify, Instore-Radio, Web-Only-Produkte. Durch den Wegfall optischer Reize ist die Konzentration auf die Aussage des Inhaltes sogar leichter zu erreichen. www.dewemedien.de

Eintauchen in das Schaufenster der virtuellen Welt Das virtuelle Darstellen von Modellen und Prozessen wird zunehmend wichtiger. Neben Virtual Reality ist auch die Augmented Reality ein zukunftsweisendes Tool. Bei dieser Technologie befindet sich der Nutzer in der realen Welt, nimmt aber gleichzeitig Bilder und Geräusche aus einer parallelen digitalen Welt wahr. Diese Überschneidung zweier Realitäten kann signifikanten Mehrwert für diverse Wirtschaftsbereiche liefern. Das BVMW-Mitgliedsunternehmen 3DQR legt dieses Potenzial frei, indem es innovative 3D-Modelle schafft, die nur anhand von simplen QR-Codes abgerufen werden können. Einsatz finden die Modelle in den verschiedensten Industrien. www.3dqr.de

Ambition und Realität: Studie zum Digitalisierungsgrad Der BVMW hat in Zusammenarbeit mit der Hochschule Rhein-Main und der Frankfurter Unternehmensberatung GHK Management Consulting im Rahmen einer Praktiker-Studie den Status quo zum Digitalisierungsgrad des deutschen Mittelstandes erfasst. Auffällig ist, dass Unternehmen die Wichtigkeit digitalisierter Prozesse erkannt haben, die Umsetzung von Digitalisierung jedoch kaum oder nur sehr zögerlich stattfindet. Gemäß der Selbsteinschätzung des eigenen Digitalisierungsgrades sehen sich 62 Prozent des deutschen Mittelstandes voll im Trend. Schaut man sich den tatsächlichen Digitalisierungsgrad an, stellt man fest, dass die Unternehmen von dem hohen Anspruch, Prozesse zu digitalisieren, noch weit entfernt sind. Studie zum digitaliSierungSgrad deS deutSchen mittelStandeS (2019)

eine analyse zum Status quo und der Bedeutung der operativen digitalisierung in kaufmännischen geschäftsprozessen und ihrer umsetzung

eine Studie der ghK management consulting gmbh in Kooperation mit dem BVmW (Bundesverband mittelständische Wirtschaft, unternehmerverband deutschlands e.V.) und wissenschaftlicher Begleitung von Prof. dr. W. Jäger (hochschule rheinmain) Verfasser: dr. andreas dahmen Kerem Sargut

Frankfurt am main im Sommer 2019

Die Studie ist bestellbar: ruediger.muth@bvmw.de

Mitnahmestapler macht Berufskraftfahrern das Leben leichter Eine erhebliche Arbeitserleichterung für Berufskraftfahrer und neue Möglichkeiten für Spediteure und Transportdienstleister verspricht der neue, sich selbstverladene Mitnahmestapler der ELVIS AG, einem BVMW-Mitgliedsunternehmen. Das Besondere an dem 300 Kilogramm leichten Gerät namens Lancelot ist die Möglichkeit, es wie einen Hubwagen ohne zusätzliche Vorrichtungen auf der Ladefläche transportieren zu können. Bis zu 650 Kilogramm schwere und 6,5 Meter lange Güter können mit dem elektrisch betriebenen Lancelot bewegt werden. Ein Staplerschein ist dafür nicht erforderlich. www.elvis-ag.com

Einbrechern das Handwerk legen

Foto: © ELVIS AG

Statistisch wird in Deutschland alle drei Minuten eingebrochen. Die Firma WE Elektronik-Sicherheitstechnik GmbH (BVMW-Mitglied) befasst sich seit über 30 Jahren mit der Entwicklung und Produktion von verdrahtungsfreien Alarmanlagen. Die neueste Generation Mowitec Pro in Hybridtechnik ist eine verdrahtungsfreie Alarmanlage, basierend auf dem patentierten Triometik-Sensor. Neben der ausgereiften Alarmtechnik revolutioniert Mowitec Pro die Alarmsystembranche. Mit der patentierten Darstellungsmöglichkeit der Funktion der Triometik-Sensoren stellt es einen Quantensprung in den Einstellungsmöglichkeiten dar. Hierdurch kann jederzeit der Versuch eines Eindringens simuliert und optisch am PC dargestellt werden. www.we-elektronik.de


78 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Starke Frauen, starker Mittelstand Der BVMW hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmerinnen und die Arbeit von weiblichen Führungskräften sichtbarer zu machen, sie zu vernetzen und neue Angebote für Frauen in der Wirtschaft zu schaffen.

B

egriffe, die man mit dem Mittelstand assoziiert, sind leicht zu finden. Man denkt schnell an Tradition, Ausbildung, Hidden Champions und das Rückgrat unserer Wirtschaft. Und oft wird mit dem Mittelstand auch das Attribut „männlich“ verbunden. Das wollen und können wir so natürlich nicht stehen lassen. Fakt ist, dass zwar tatsächlich noch viele mittelständische Betriebe von Männern geleitet werden. Nicht einmal zwanzig Prozent werden von einer Unternehmerin geführt. Nichtsdestotrotz gibt es sie, die erfolgreichen mittelständischen Unternehmerinnen. Keine Frage, da besteht viel Luft nach oben, aber die Tendenz ist bereits steigend. Diese Unternehmerinnenpersönlichkeiten sind aber oftmals weniger präsent als ihre männlichen Kollegen. Deshalb hat es sich der BVMW zur Aufgabe gemacht, genau diese Unternehmerinnen und Frauen im Mittelstand stärker in den Fokus zu rücken: Sie zu zeigen, zu vernetzen und als Vorbilder für andere Frauen besser sichtbar zu machen. Der BVMW hat sich dafür erfahrene und tatkräftige Unterstützung ins Haus geholt. Neben der Leiterin für politische Netzwerke und Strategie, Diana Scholl, die bereits seit 2014 für den BVWM tätig ist, werden die Aktivitäten von Brigitte Zypries, der ehemaligen Bundeswirtschaftsministerin, und Lencke Wischhusen, der Fraktionsvorsitzenden der FDP Bremen, begleitet und unterstützt. Gemeinsam wird man herausragende Unternehmerinnen in verschiedenen Regionen auszeichnen sowie ihre Arbeit und ihr Wirken in diversen Publikationen u. a. im BVMW-Magazin DER Mittelstand. vorstellen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des BVMW möchten wir Aktivitäten von und für Frauen im Mittelstand sichtbar machen und mehr Angebote für sie schaffen.

Brigitte Zypries setzt sich seit Beginn ihrer politischen Karriere aktiv für den Mittelstand ein: Anfangs als Abgeordnete aus Darmstadt, später als Bundesministerin der Justiz und zuletzt bis 2018 als Bundesministerin für Wirtschaft und Energie. Zur 19. Wahlperiode hat sie nicht mehr für den Bundestag kandidiert, sondern sich auf diverse Aktivitäten in der Privatwirtschaft fokussiert. Zypries ist Herausgeberin des DUB-Unternehmer-Magazins. Ihr Engagement für Unternehmerinnen begann sie bereits während ihrer politischen Laufbahn: In ihrer Zeit als Bundesministerin für Wirtschaft und Energie rief sie beispielsweise die Initiative „Starke Frauen, starke Wirtschaft“ ins Leben. Den BVMW begleitet sie ebenfalls schon seit längerer Zeit: Sie war Gründungsmitglied des Politischen Beirats des BVMW, dem sie nach längerer Pause jetzt wieder beigetreten ist. 2018 wurde sie vom BVMW mit dem Ehrenpreis des Deutschen Mittelstands ausgezeichnet.

Es gibt sie, die starken Frauen in der Wirtschaft. Schön, dass der BVMW sie jetzt sichtbar macht und damit Role Models für viele weitere Frauen schafft, die sich hoffentlich ermutigt fühlen, ebenfalls eine Führungsposition zu übernehmen. Brigitte Zypries, Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerin a. D.

Lencke Wischhusen ist gebürtige Bremerin und im eigenen Familienbetrieb mit mittelständischen Werten aufgewachsen. Sie wirkte im Unternehmen der Familie bis hin zur Geschäftsführung mit und war auch als Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer aktiv. Ihr großer Einsatz für junge Gründer und Unternehmensnachfolger führte sie zu der Gründershow bei VOX „Die Höhle der Löwen“ als Jurymitglied. Dort hat sie zwei Jahre lang fantastische Gründerinnen und Gründer kennengelernt und ihnen geholfen, ihre Idee umzusetzen. 2014 wechselte sie als Spitzenkandidatin für die FDP Bremen in die Politik und zog prompt in die Bürgerschaft ein. Seit Mai 2015 ist sie Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft und Mitglied des FDP-Bundesvorstands.

Frauenpower im und für den BVMW: Diana Scholl, Brigitte Zypries und Lencke Wischhusen.


SERVICE 79

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Diana Scholl ist seit 2014 beim Bundesverband mittelständische Wirtschaft und vornehmlich im Bereich Politik und Volkswirtschaft aktiv. Seit diesem Jahr hat sich ihr Aufgabenbereich um die Leitung der Mittelstandsallianz erweitert. Als weibliche Führungskraft im Verband möchte sie Kolleginnen und Kollegen bei dem Thema un-

Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, Frauen für den Mittelstand zu begeistern. Wir wollen sie ermutigen, sich untereinander zu vernetzen und voneinander zu lernen. Lencke Wischhusen

terstützen sowie auch die weibliche Stimme des Mittelstands verstärkt in den politischen Diskurs mit einbringen. Beim BVMW ist sie Hauptansprechpartnerin zum Thema und übernimmt die Koordination der Aktivitäten.

Ich erlebe viele großartige Unternehmerinnen und Frauen, die im Mittelstand aktiv sind. Ich möchte diese zeigen und sie für andere als Vorbilder möglich machen. Diana Scholl

BVMW mit hoher Frauenquote Wirtschaft gilt ja oft als Domäne der Männer. Beim BVMW jedoch haben die Frauen erheblich aufgeholt: Der Anteil der weiblichen Beschäftigten beträgt im Verband 59 Prozent (Stand Juni 2019). Und 47 Prozent der Führungspositionen sind mit Frauen besetzt (Stand Juni 2019). Cathleen Roeder, Personalleiterin im Mittelstandsverband BVMW, ist überzeugt: „Flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle wie Teilzeit- oder Home-Office-Lösungen spielen in Hinblick auf Mitarbeiterzufriedenheit eine große Rolle.“

Katja Pampus, WDI – Westfälische Drahtindustrie GmbH Die gelernte Industriekauffrau führt den größten, konzernfreien Qualitätsdrahtproduzenten Europas in zweiter Generation erfolgreich fort. Sie stammt aus einer westfälischen Unternehmerfamilie. Seit 2009 ist sie geschäftsführende Gesellschafterin und leitet die WDI mit 15 Standorten und fast 1.300 Mitarbeitern. Zum Thema „Industriestandort Deutschland – Chancen und Herausforderungen für KMU“ referiert sie am Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.

Bienvenue Angui ist Leiterin von Le Mittelstand-BVMW und Geschäftsführerin der Mittelstand Alliance Africa. In dieser Funktion setzt sich sie sich erfolgreich für die Stärkung der deutsch-frankophonen und deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen ein.

Fotos: © BVMW/ Annemarie Thiede; Arlene Knipper; Matti Hillig

Auch der Vorstand des BVMW ist seit der Bundesversammlung am 27. November durch zwei Unternehmerinnen bereichert worden. Dr. Ute Bergner, VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH Die promovierte Physikerin hat 1992 in Jena mit zwei Mitarbeitern VACOM gegründet. Mittlerweile zählt das Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern zu einem der führenden europäischen Unternehmen für Vakuumtechnik. Zudem engagiert sich Dr. Ute Bergner in gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Gremien wie IHK, DPG und DVG. Seit 2014 setzt sie sich auch im Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums aktiv für die Interessen des Mittelstands ein. Nach der Landtagswahl im Oktober 2019 zog sie für die FDP in den Thüringer Landtag ein.

Gut zu wissen n D er Anteil der Unternehmerinnen/Geschäftsführerinnen im Mittelstand beträgt derzeit 17,1 Prozent n Je kleiner das mittelständische Unternehmen ist, desto höher ist der Frauenanteil n Weniger als ein Drittel der Führungspositionen in deutschen Unternehmen werden von Frauen besetzt. Wichtig für SIE: Sie wollen mit gutem Beispiel vorangehen und Ihre Geschichte erzählen? Sie kennen tolle Netzwerke, mit denen man sich austauschen sollte? Sie sind selbst aktiv und/oder interessiert und möchten Ihre Ideen einbringen oder Formate vorstellen? Dann melden Sie sich bei uns: diana.scholl@bvmw.de


80 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Der Mittelstand im Zangengriff Von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt erhöhen Bundesregierung und Bundesrat erneut die Beitragsbemessungsgrenzen (BMG) zur Sozialversicherung. Die kalte Progression bleibt indes unangetastet.

D

as Phänomen der kalten Progression ist nichts anderes als eine schleichende Steuererhöhung. Selbst mittlere Einkommen wachsen allein durch die Inflation in den Spitzensteuersatz hinein. In den 1950er Jahren bedurfte es noch des Fünfzigfachen des Durchschnittseinkommens, um mit dem Spitzensteuersatz besteuert zu werden. Heute reicht das 1,3-Fache. Während die Politik bis heute einen Steuertarif „auf Rädern“ ablehnt, der an die Inflation angepasst wird, bedient sie sich eines solchen automatischen Mechanismus‘ bei der Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge. So erhöht die Bundesregierung regelmäßig – und für 2019 erneut in diesen Tagen – gemeinsam mit dem Bundesrat die Beitragsbemessungsgrenzen zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung.

Laut einem dem BVMW vorliegenden Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales steigt die Bemessungsgrenze (BMG) 2019 für die Kranken- und Pflegeversicherung von 4.425 auf 4.537 Euro monatlich und für die Renten- und Arbeitslosenversicherung sogar von 6.500 auf 6.700 Euro in den alten und von 5.800 auf 6.150 Euro in den neuen Ländern an. Die Begründung der Politik für diese regelmäßige Anhebung ist die automatische Kopplung an die durchschnittliche Steigerung von Löhnen und Gehältern. Diese Steigerung stellt zumindest in Teilen

Foto: © malerapaso von www.istockphoto.com

Steigende Kosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer


SERVICE 81

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

immer auch einen Inflationsausgleich dar. Auch wenn die Inflation tigtem in den alten und sogar bis zu 47 Euro in den neuen Ländern. aktuell vergleichsweise niedrig ist, kann sich das schnell ändern, wie Zum Vergleich: In ihrem Klimapaket rühmt sich die Bundesregierung die steigenden Ölpreise zeigen. der Entlastung der Bürger durch die Senkung der EEG-Umlage um gerade einmal sieben Euro pro Haushalt.

Es ist die Mitte der Gesellschaft, die maximal belastet wird. Mit anderen Worten: Während sich die Sozialversicherungsträger mithilfe der Politik mit einer BMG „auf Rädern“ stetig steigende Einnahmen auf Kosten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sichern, wird genau dies bei der Lohn- und Einkommensteuer zugunsten derselben verweigert. Das Ergebnis ist ein Zangengriff aus Steuern und Beiträgen, der vor allem die mittleren Einkommen betrifft. So verfügt laut Statistischem Bundesamt die große Breite der Arbeitnehmer über Jahresgehälter zwischen 40.000 und 60.000 Euro. Zum Vergleich: Der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer (42 Prozent zuzüglich Soli und Kirchensteuer) greift heute bei Ledigen bereits bei 55.961 Euro und die BMG für die Kranken- und Pflegeversicherung bei 54.450 Euro sowie der Renten- und der Arbeitslosenversicherung bei 80.400 Euro. Kurzum: Es ist die Mitte der Gesellschaft, die maximal belastet wird.

BVMW wird eigene Vorschläge erarbeiten Es ist unerhört, dass Bundesregierung und Bundesrat solch weitreichende Belastungen in diesen Tagen erneut auf Kosten von Millionen von Beschäftigten erhöhen und hierzu der Deutsche Bundestag noch nicht einmal beteiligt oder gehört wird. Dabei führt die Anhebung der BMG 2019 de facto zu Mehrbelastungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer von jeweils bis zu 31 Euro pro Monat und Beschäf-

Der BVMW fordert deshalb: Die Mitte muss endlich in den Mittelpunkt der Politik! Es bedarf eines integrierten Steuer- und Abgabenkonzepts, das die Belastungen von Steuern und Beiträgen für mittelständische Unternehmer und Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen in den Blick nimmt. Der BVMW wird hierfür in Kürze eigene Vorschläge vorlegen.

Gut zu wissen n D ie Beitragsbemessungsgrenze (BMG) legt die Höhe des Gehalts fest, bis zu der der monatliche Sozialversicherungsbeitrag ansteigt n Im Unterschied zur kalten Progression wird die BMG laufend an die Inflation angepasst n Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 14,6 % des Bruttoeinkommens, zur Pflegeversicherung 2,55 % (für Kinderlose über 23 2,8 %), der Beitrag zur Rentenversicherung 18,7 und zur Arbeitslosenversicherung 3,0 % Matthias Lefarth Öffentliche Finanzen und Verwaltung, Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Mitglied in der BVMW Kommission Steuern und Finanzen www.giz.de

Impressum DER Mittelstand. Unternehmermagazin des BVMW Herausgeber BVMW – Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e. V. Mario Ohoven Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz 10785 Berlin www.bvmw.de Titelbild: © Altayb - www.istockphoto.com; © MakaronProduktion - www.istockphoto.com Redaktion Tel.: 030 / 53 32 06-16 Fax: 030 / 53 32 06-50 mittelstand@bvmw.de

Eberhard Vogt (Chefredakteur) Melanie Müller (Head of Content) Chiara Ohoven (Art Director) Felicia Fullbrecht Anna Lorenz Friederike Pfann Tim Schöllmann Rotger H. Kindermann (Korrespondent) Verlag mattheis. werbeagentur gmbh Kastanienallee 4 10435 Berlin Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 info@mattheis-berlin.de www.mattheis-berlin.de

Layout und Gestaltung, Mediadaten, Vermarktung v. Anzeigen & Beilagen mattheis. werbeagentur gmbh Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 bvmw-anzeigen@mattheis-berlin.de Rechnungsstelle BVMW Servicegesellschaft mbH Potsdamer Straße 7 10785 Berlin Tel.: 030 / 53 32 06-27 Fax: 030 / 53 32 06-50 servicegesellschaft@bvmw.de Druckerei Möller Druck und Verlag GmbH Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde

Das Magazin „DER Mittelstand.“ ist das offizielle Organ des BVMW. Mitglieder des Verbandes erhalten das Magazin im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen von Unternehmen müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Nachdruck und Verbreitung mit Angabe der Quelle gestattet. ISSN: 2510-425X Druckauflage: 33.000 3/2019


82 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Guter Journalismus kostet Geld – egal auf welchem Kanal Der Aufschrei traf uns unvorbereitet und war groß: In Thüringen könnte es schon bald keine gedruckten Tageszeitungen mehr geben. Das meldete zumindest der MDR im Frühjahr. Die Funke Mediengruppe, zu der auch die Mediengruppe Thüringen gehört, plane im Freistaat einen Umstieg auf rein digitale Nachrichtenangebote. E-Paper statt Altpapier also?

Tatsache ist aber auch, dass immer weniger Menschen dazu bereit sind, für die Leistungen, die Medienhäuser erbringen, Geld zu bezahlen. Dabei geht es nicht nur um die rein journalistische Leistung. Seit einigen Jahren haben sich die Kosten für die Zustellung der Zeitung durch höhere Mindestlöhne und Nachtzuschläge mindestens verdreifacht. In Thüringen kommt erschwerend hinzu, dass wir mit zahl-

reichen anderen großen Logistikunternehmen wie DHL oder Amazon um einen immer kleiner werdenden Pool an potenziellen Mitarbeitern konkurrieren. Es wird also nicht nur teurer, sondern auch immer schwieriger, geeignete und zuverlässige Zusteller zu finden. In besonders ländlichen Regionen, in denen die Haushalte, die von unseren Zustellern angefahren werden müssen, teils mehrere Kilometer voneinander entfernt sind, zahlen wir längst drauf. Dort ist unser Geschäft unprofitabel geworden. Deshalb testen wir in ausgewählten Orten verschiedene Alternativen wie die zentrale Zustellung in Zeitungsboxen oder eine Umstellung auf rein digitale Angebote. In diesem Zuge wäre es für uns eine große Erleichterung, wenn die Mobilfunknetze endlich flächendeckend ausgebaut würden.

Wir müssen profitable neue Geschäftsmodelle entwickeln So oder so müssen wir uns aber grundsätzliche Gedanken darüber machen, wie wir unser Geschäftsmodell transformieren und zukunftssicher aufstellen können, um auch in Zukunft eine flächen-

Foto: © bernie_photo von www.istockphoto.com

U

m es gleich klarzustellen: Dem ist nicht so. Unser Medienhaus wird noch lange Tageszeitungen und Anzeigenblätter wie die „Thüringer Allgemeine“, „Ostthüringer Zeitung“, „Thüringische Landeszeitung“ und den „Allgemeinen Anzeiger“ drucken. Ein Ende ist nicht abzusehen und schon gar nicht unser Ziel. Denn Tatsache ist: Für viele – und nicht nur für ältere – Menschen gehören der Gang zum Briefkasten und die Zeitungslektüre noch immer zum morgendlichen Pflichtprogramm. Eine Zeitung hat einen Anfang und ein Ende, man liest konzentrierter, und es ist einfach ein anderes Gefühl, eine Zeitung in der Hand zu halten und das Rascheln beim Umblättern zu hören, als auf einem Glasdisplay mit dem Finger zu wischen.


SERVICE 83

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

deckende Versorgung mit hochwertigen journalistischen Inhalten Leser bekommen dieses Taschenbuch rund 300-mal im Jahr morsicherstellen zu können. gens früh in den Briefkasten geliefert, was sie umgerechnet etwa 1,50 Euro kostet. Dafür bekommen Sie vielerorts nicht einmal eine Eine Lösung liegt natürlich in der immer stärker voranschreitenden Tasse Kaffee. Digitalisierung: Ein E-Paper muss nicht aufwendig gedruckt und händisch verteilt werden, Nachrichten-Apps und Websites sprechen Die Menschen vertrauen unseren etablierten Marken, und sie verlasneue, auch jüngere Zielgruppen an. Der Informationsfluss wird dank sen sich darauf, dass unsere Nachrichten auf Fakten basieren und der Digitalisierung deutlich schneller, die Kommunikation mit unse- der Wahrheit entsprechen. Das setzt aber eine intensive Recherche ren Leserinnen und Lesern viel direkter. Genau darin liegt aber eine durch hochqualifizierte Journalisten voraus, die verschiedene Quelriesige Chance, die die klassischen Printmedien viel zu lange igno- len prüfen, Informationen sorgfältig abwägen und dann das schreiriert haben. Daher prüfen wir, über welche Kanäle wir welche Inhal- ben, was der Wahrheit entspricht. te verbreiten können, und wie sich daraus profitable neue GeschäftsDann ist es auch vollkommen egal, ob Nachrichten über Papier modelle entwickeln lassen. oder digital verbreitet werden. Guter Journalismus ist unabhängig Denn eines darf man nicht vergessen: Die Mediengruppe Thüringen vom Kanal, über den er transportiert wird. Und es gibt ihn nicht zum ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das nicht über Gebühren Nulltarif. finanziert wird und daher den Gesetzen des freien Marktes unterliegt. Um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Die Zukunft liegt selbstverständlich im Digitalen. Aber Print ist noch lange nicht Vergangenheit Politik muss eine moderne Infrastruktur aufbauen Trotzdem sind wir uns selbstverständlich unserer Verantwortung und wird auch nie ganz verschwinden. und unseres gesellschaftspolitischen Auftrags als vierte Gewalt im Staate bewusst. Daher kommt es letztlich auch auf die Unterstützung der Politik an: Sie muss eine Infrastruktur aufbauen, durch die der Informationsbedarf im ganzen Land gedeckt werden kann. Zum Beispiel durch den Ausbau von Glasfaserleitungen und modernen, zuverlässigen Mobilfunknetzen – auch bis zu der einen oder anderen Milchkanne in ländlichen Regionen. Nur dann können wir unser Geschäftsmodell auch konsequent an moderne Nutzungsgewohnheiten anpassen. Aber Qualität kostet Geld. Diese Erkenntnis wächst übrigens spürbar und stimmt mich optimistisch. Unsere Journalisten schreiben Tag für Tag Artikel, die ein mitteldickes Taschenbuch füllen würden. Unsere Leserinnen und

Michael Tallai Geschäftsführer Mediengruppe Thüringen BVMW-Mitglied www.mediengruppe-thueringen.de


84 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


SERVICE 85

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Anforderungsmanagement – die unterschätzte Disziplin Vom Berliner Flughafen über Bundeswehrbeschaffungen bis hin zum Mautsystem: Viele Großprojekte haben durch Mängel, Kosten- und Zeitüberschreitungen für Schlagzeilen gesorgt. Leider sind diese Vorkommnisse auch im privaten Sektor keine Ausnahme. Die Fehler werden immer zu Beginn gemacht.

S

tatistiken belegen, dass auch in der Wirtschaft rund 70 Prozent aller Beschaffungs- oder Entwicklungsprojekte ihren Zeit- und Kostenrahmen überziehen oder gar vollständig scheitern. In 60 Prozent der Fälle liegen die Gründe hierfür in Fehlern, die direkt zu Projektbeginn gemacht wurden. Aspekte, die bei der Planung unzureichend berücksichtigt werden, führen unweigerlich zu kosten- und zeitintensiver Nachbesserung.

Kein Erfolg ohne klare Anforderungen Den Anforderungen, also den gewünschten Eigenschaften und Fähigkeiten eines Produktes – ob es sich dabei um Maschinen, Gebäude, Software, oder etwas anderes handelt –, kommt daher bei Beschaffungs- oder Entwicklungsvorhaben eine zentrale Rolle zu. Spricht man Verantwortliche auf das Thema an, hört man dennoch oftmals die Fehlannahme, dass man ja wisse, was der Kunde wolle, und sich nicht mit einer systematischen Anforderungsanalyse zu beschäftigen brauche. Es ist seit langem belegt, dass der schwierigste Teil in einem Projekt ist, festzulegen, was genau entwickelt werden soll. Oftmals stehen nicht artikulierte Annahmen, unrealistische Erwartungen oder unpräzise und lückenhaft formulierte Wünsche im Raum.

Foto: © acilo von www.istockphoto.com

Verschwendung von Zeit und Geld In den letzten 15 Jahren hat sich aus diesem Grund die Disziplin des Anforderungsmanagements (auch „Requirements Engineering“) herausgebildet, die mit speziellen Vorgehensweisen versucht, typische Probleme zu Beginn von Projekten zu vermeiden. Auch wenn sich diese Disziplin einer zunehmenden Beachtung in unterschiedlichsten Branchen erfreut, tun sich viele Unternehmen schwer, entsprechende Verfahren mit der gebotenen Sorgfalt in ihren Projekten anzuwenden. Dies beginnt mit organisatorischen Gründen wie mangelnden Ressourcen oder Erfahrungen bis hin zu einer Verweigerung der Beteiligten, gewohnte Vorgehensweisen zu ändern. Durch ein entsprechend ineffizientes Arbeiten verschwenden Unternehmen Unmengen an Zeit, Geld und Nerven.

Anforderungsmanagement lohnt sich Anforderungsmanagement ist ein breites Feld, und es ist nicht notwendig, jeden Aspekt im Projektalltag zu beherzigen. Dennoch sollte man zumindest die grundlegenden Prinzipien in den Teilbereichen Ermittlung, Dokumentation, Überprüfung und Verwaltung berücksichtigen. n M it einer richtigen Ermittlung kann man sicherstellen, dass nichts Wichtiges übersehen oder Unnötiges umgesetzt wird. n M it guter Dokumentation schafft man ein gleiches Verständnis bei allen Beteiligten und vermeidet problematische Missverständnisse. n D ie Überprüfung hilft sicherzustellen, dass das gelieferte Produkt wirklich leistet, was man erwartet. n D ie Verwaltung beschäftigt sich schließlich mit der zielgerichteten Verwendung von Anforderungen für die eigentliche Produktentwicklung und -abnahme. Signifikante Effizienzsteigerungen sind jedoch nur durch den Einsatz assistierender Softwarewerkzeuge möglich, die Projektbeteiligte gezielt in den genannten Teilbereichen unterstützen.

Gut zu wissen OSSENO hat sich auf das Anforderungsmanagement spezialisiert und bietet neben Beratungsdienstleistungen hierfür intelligente Softwareunterstützung an. Damit können nicht nur kostspielige Projektnacharbeiten um bis zu 40 Prozent reduziert, sondern auch eine leichte Durchführbarkeit des Anforderungsmanagements selbst ermöglicht werden. Dr. Sebastian Adam Geschäftsführer OSSENO Software GmbH BVMW-Mitglied www.osseno.com


86 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Was Unternehmer von der Spieltheorie lernen können Traditionelle Management-Tools bringen ihre Anwender oft in eine reaktive Position, indem sie die Welt zu vereinfacht darstellen. Die Spieltheorie zeigt komplexe Interaktionen auf und macht Entscheider zu aktiven Gestaltern von Unternehmensprozessen.

Spieltheorie muss dort ansetzen, wo das Management noch Alternativen und Optionen hat, das Spiel zu beeinflussen.

Interaktionen in Theorie und Praxis Vorweg: „Spieltheorie“ ist ein denkbar undankbarer Name – gerade für den Mittelstand. Ein Name, der Assoziationen mit dem Begriff „spielen“ hervorruft, führt oftmals zu Abwehrreflexen bei Unternehmenslenkern, geht es doch im Geschäftsalltag um hochstrategische Entscheidungen und echtes Geld, und nicht etwa Spielgeld. Zudem klingt „Theorie“ nicht besonders anwendungsorientiert und direkt nutzbar für Unternehmen, die im Gegensatz zu Großkonzernen keine riesigen Strategie- oder Methodenabteilungen haben.

Ein passenderer Name wäre die „Wissenschaft der strategischen Interaktion“. Das heißt, die Spieltheorie setzt überall dort an, wo unAber auch in vielen Großunternehmen haben die Strategiestäbe und terschiedliche Personen oder Organisationen miteinander agieren. Fachabteilungen Spieltheorie als Managementtool für sich entdeckt, Sie ist die Modellierung und Analyse von Interaktionen (Spielen) zwiwie eine aktuelle Studie von TWS Partners zeigt. Danach setzt rund schen verschiedenen Parteien (Spielern), die jeweils ihre ganz eigeein Drittel der großen Unternehmen und Konzerne spieltheoretische nen Interessen verfolgen. Konzepte im Arbeitsalltag ein. Allerdings begegnet auch kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Methodik immer häufiger. Denn im Wie kann nun Spieltheorie helfen, wenn es um konkrete und so oft B2B-Bereich sind ihre eigenen Kunden ja oftmals genau jene Groß- dringend benötigte Handlungsempfehlungen geht? konzerne, welche mehr und mehr auf spieltheoretische Verhandlungskonzepte setzen.

Foto: © Kameleon007 von www.istockphoto.com

S

pieltheorie ist einer der großen Trends der vergangenen Jahre. Kaum ein Tag vergeht in Zeiten des Handelskonflikts China – USA und der Brexit-Verhandlungen, an dem nicht eine der großen Tages- oder Wochenzeitungen die Strategien und Erfolgsaussichten der jeweiligen Akteure spieltheoretisch beleuchtet.


SERVICE 87

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Das Spiel aktiv gestalten und für sich entscheiden Zum einen hilft die Spieltheorie dabei, die Regeln einer Interaktion, zum Beispiel Ausschreibungsregeln oder Verhandlungsprozesse der Gegenseite besser zu verstehen und sich innerhalb dieses gesetzten Rahmens bestmöglich zu verhalten. So kann man individuelle Strategien entwickeln, um das „Spiel“ zum eigenen Vorteil für sich zu entscheiden. Dazu gehören ganz einfache Fragen wie „Wann mache ich welches Angebot und welche Konzessionen?“, aber auch Fragen, ob und in welchen Märkten ein Unternehmen überhaupt anbieten soll. Ein zweiter Teilbereich der Spieltheorie ist noch mächtiger: Er kommt dann zum Tragen, wenn Parteien die Möglichkeit haben, Interaktionen mit anderen Partien aktiv zu gestalten und so zu strukturieren, dass das Verhalten und die Aktionen der Gegenspieler zum eigenen Vorteil beeinflusst werden. So liegt es in aller Regel völlig im Ermessen eines Unternehmens, wie Verhandlungsprozesse zum Beispiel mit Zulieferern strukturiert werden, oder mit wem ein Unternehmen wann, in welcher Reihenfolge und nach welchem Prozess über den Verkauf von Unternehmensanteilen oder die Nutzung von Patenten verhandelt. Und hier liegt der große Hebel der Spieltheorie: Er heißt „Mechanismusdesign“ – also die Gestaltung der Regeln der Interaktion beziehungsweise des „Spiels“.

Kleine Stellschrauben, große Wirkung Dass schon kleine Stellschrauben großen Einfluss auf den Ausgang einer Interaktion haben können, zeigt zum Beispiel die Analyse der Brexit-Verhandlung, in der die EU aus spiel- und verhandlungstheoretischer Sicht fast alles richtig gemacht hat. Es war ein brillanter Schachzug der EU, die Scheidungsvereinbarung nicht auf Ebene von Angela Merkel und Emmanuel Macron zu verhandeln, sondern ein „Delegationsspiel“ mit Michel Barnier aufzusetzen. Dieser hatte von Anfang an ein ganz eng definiertes Mandat, an dem sich die Briten bis heute die Zähne ausbeißen. Der Zwischenstand ist allgemein bekannt.

Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass die Spieltheorie genau dort ansetzen muss, wo das Management noch Alternativen und Optionen hat, das Spiel zu beeinflussen. Wenn Standort- oder Technologie-Entscheidungen bereits getroffen sind oder der Name des zu wählenden Joint Venture Partners oder Lieferanten bereits vom Vorstand festgelegt ist, dann sind die strategischen Optionen und das Ergebnis einer Verhandlung ganz automatisch limitiert. Unternehmen spielen dann selbstverschuldet ein Spiel, in dem sie gar nicht gut sein können.

Die Komplexität der Welt begreifen Wenn die Stellschrauben erst einmal identifiziert wurden, dann ist die Umsetzung im Mittelstand oft sogar einfacher als in Großunternehmen. Das Management in mittelständischen Unternehmen ist näher am Tagesgeschäft und ohne langwierige Prozesse in der Lage, unternehmerische Entscheidungen in der Implementierung zu treffen. Auch deswegen ist es in Konstellationen, die nach David gegen Goliath aussehen, oftmals nicht eine Frage der Größe, sondern eine Frage danach, wer strategisch klüger und vorausschauender agiert. Gut zu wissen n S pieltheorie setzt überall dort an, wo unterschiedliche Personen oder Organisationen miteinander agieren n Spieltheorie hilft, die Regeln einer Interaktion zum eigenen Vorteil zu nutzen oder zum eigenen Vorteil zu gestalten n Rund ein Drittel der großen Unternehmen und Konzerne setzt spieltheoretische Konzepte ein n Insbesondere Ausschreibungsregeln oder Verhandlungsprozesse können mit der Spieltheorie optimiert verstanden werden

Sebastian Moritz Vorstand TWS Partners AG BVMW-Mitglied www.tws-partners. com/de

Anzeige

Mitglieder werben Mitglieder. Unsere Leistungen:

Persönlicher Ansprechpartner Aktiver Erfahrungsaustausch Wertvolle Informationen Arbeitskreise & Veranstaltungen Dialog mit Spitzenpolitikern Vergünstigungen bei BVMW-Partnern DER Mittelstand. Das Unternehmermagazin Einkaufsvorteile mit der BVMW-Unternehmer-Card

Ihre Empfehlung Unternehmen Vorname

Name

Anschrift PLZ

Hausnr. Ort

Telefon

E-Mail

Unsere Aktionsfelder Bildung (Bildungsallianz) Innovation (Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0)

Ihre eigenen Daten Unternehmen

Bürokratieabbau Fachkräftesicherung (mittelstandsjob.de) Internationales (Außenwirtschaft) Recht & Datenschutz (Rechtshotline, DSGVO)

Vorname Mitgliedsnummer

Name

Bitte an: BVMW-Servicegesellschaft mbH, Potsdamer Straße 7, 10785 Berlin oder per E-Mail: servicegesellschaft@ bvmw.de Ein Tankgutschein über 100 Euro geht Ihnen automatisch nach Zustandekommen einer Mitgliedschaft zu. Aktion endet am 31. Dezember 2019.


88 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Gefragter Top-Speaker Karsten Brocke.

Kaufen als innere Belohnung Weshalb kauft ein Mensch? Im Marketing geht es nicht mehr darum, Menschen zu überzeugen. Heute ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass sich der Mensch selbst überzeugt. Der klassische Verkauf ist tot

E

rst wenn ein Mensch selbst erkennt, „es ist mein Ziel, dies oder jenes erreichen zu wollen“, wird er aktiv und er wird ernsthaft etwas unternehmen, sein Ziel auch wirklich zu erreichen. Menschen müssen heute aktiviert werden. Zeitgemäße Vermarktung funktioniert wie ein Navigationssystem. Dort gibt auch niemand Wünsche ein, sondern Ziele. Wenn nun der Kunde seinen Weg anhand seines eigenen Ziels geht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sein Ziel auch erreicht, sehr hoch. Diese rationale Erkenntnis im Bewusstsein, trägt, verbunden mit der emotionalen Ebene, dazu bei, dass ein Mensch versteht: „Ich muss etwas tun – es geht um mich, und es geht um mein Leben oder um mein Unternehmen.“

Es lebe das Neuromarketing Dabei wird im präfrontalen Cortex des Gehirns, dem Sitz des Arbeitsgedächtnisses, eine Erwartungshaltung erzeugt, die es nun zu erfüllen gilt. Jetzt schüttet der Nucleus Accumbens im limbischen System Serotonin sowie Dopamin aus, und ein Gefühl des Habenwollens wird erzeugt. Die Amygdala, die mit ihren Katecholaminen Stress erzeugt, wird unterdrückt. Denn nur, wenn diese gedachte Erwartungshaltung im Arbeitsgedächtnis erfüllt wird, entsteht eine Art der inneren Belohnung für die

richtige Entscheidung, eben ein positives Gefühl. Dies führt zur inneren Balance. Demnach ist eine Kaufanregung im modernen Verkauf alternativlos geworden. Gelingt es dem modernen Vermarkter, einen Menschen zu aktivieren und dafür zu sorgen, dass der Kommunikationspartner selbst versteht, dass seine Ziele erfüllbar sind, dann wird er auch Entscheidungen fällen, die ihn betreffen. Und genau darauf zielt die moderne Kaufanregung ab. Hört auf zu verkaufen, werdet Kaufanreger. Gut zu wissen n D ie meisten Kaufentscheidungen beruhen auf unbewussten Prozessen n N euromarketing wendet Erkenntnisse der Neuroökonomie an, um die unbewussten Kaufentscheidungen besser zu verstehen und zu steuern n K arsten Brocke ist Spezialist zum Thema Neuromarketing; er ist Experte für Wahl- und Kaufentscheidungen, Innovationspreisträger und Dozent beim Steinbeis-Transfer-Institut Business Management and Innovation Karsten Brocke Speaker und Bestsellerautor Brocke Group BVMW-Mitglied www.der-kaufanreger.de


SERVICE 89

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Fehlende Fairness im Verkehrssektor Ein wichtiger Baustein im Klimapaket der Bundesregierung ist die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr. Die mittelständischen Busunternehmen im Reise- und Fernverkehr werden dabei aber übergangen. Und das, obwohl Busse umweltfreundlicher unterwegs sind als Züge.

A

uch aus Sicht des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) ist es an der Zeit, einen Wandel im Verkehrssektor auf den Weg zu bringen. Weniger Emissionen und Staus sind das Ziel, für das Tag für Tag die gut 4.000 privaten Busunternehmen in Deutschland stehen, die der bdo vertritt.

Busse besser als die Bahn

Foto: © DarthArt von www.istockphoto.com

Bei der Ausgestaltung der anstehenden Veränderungen muss es aber gerecht zugehen. Denn nur mit fair ausgestalteten Maßnahmen kann der notwendige Rückhalt dafür gewonnen werden. Vorteile sind nur für die Schiene geplant. Mit der Klimabilanz lässt sich eine solche Bevorzugung der Deutschen Bahn (DB) nicht begründen. Denn das Umweltbundesamt hält fest, dass die Eisenbahn im Fernverkehr 36 Gramm Treibhausgase pro Personenkilometer abgibt. Reise- und Fernlinienbusse bleiben mit 32 Gramm noch darunter. „Ich habe durchaus Sympathien dafür, dass die Politik derzeit die Bahn mit einer großen Kraftanstrengung stärken will“, so bdo-Präsident Karl Hülsmann zu den Plänen. „Neben den Vorschlägen für den großen Staatskonzern sollten kleine private Busbetriebe aber nicht vergessen werden. Der Mittelstand braucht einen festen Platz in solchen politischen Vorstößen – und nicht nur in den Sonntagsreden. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit im Wettbewerb der Verkehrsträger.“ Und eine Frage der Gerechtigkeit unter den verschiedenen Fahrgästen. Sollen denn wirklich Geschäftsreisende in der 1. Klasse auf der Schiene mehr profitieren als Fahrgäste im Bus? Und das, obwohl Bus und Bahn im Nahverkehr natürlich steuerlich gleichberech-

tigt sind? Es muss also auch im Fernverkehr ganz selbstverständlich der gleiche steuerliche Rahmen gelten.

Sieben Prozent Mehrwertsteuer auch für Busse Beim Schutz des Klimas besteht dringender Handlungsbedarf. Wenn ein reduzierter Mehrwertsteuersatz eine ökologische Lenkungswirkung entfalten kann, dann sollte dies im Busverkehr mit seinen vielen leistungsfähigen Mittelständlern auch möglich gemacht werden. Dass eine einseitige Bevorzugung des DB-Konzerns problematisch ist, wurde auch in der Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage deutlich. Spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof ist damit zu rechnen, dass die Mehrwertsteuer-Senkung in dieser Form durchfällt. Schließlich gilt: Gleiche Produkte und Dienstleistungen sind grundsätzlich gleich zu besteuern. Gut zu wissen n D er bdo vertritt rund 4.000 private Busunternehmen n Im Fernverkehr schlagen Busse die Bahn mit 32 gegen 36 Gramm pro Personenkilometer Treibhausgasemission n Der bdo fordert gleiche Mehrwertsteuer wie für die Bahn auch im Fernverkehr

Christiane Leonard Hauptgeschäftsführerin Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer www.bdo.org


90 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Nachhaltig auf Gewinnkurs Als die Unternehmensberaterin Manuela Teinert vor Jahren nach einem ihr wichtigen Adjektiv mit „m“ gefragt wurde, sagte sie: „Menschlich“. Das Wort ist das professionelle Credo der 50-jährigen Wirtschaftswissenschaftlerin für ihre Unternehmenskonzepte, die Gewinn, Umwelt und die Menschen im Arbeitsprozess gleichermaßen im Fokus haben.

D

ER Mittelstand.: Frau Teinert, was müssen wir uns unter „nachhaltig unternehmen“ vorstellen? Manuela Teinert: Die meisten denken ja dabei vor allem an die Einsparung von Energie, Plastik und an all die Dinge, die wir jetzt angesichts des Klimawandels viel diskutieren. Das ist auch richtig so. Aber nachhaltig unternehmen meint mehr. Klimaveränderung, Technologie-Trends, digitale Mobilität und nicht zuletzt der Fachkräftemangel erfordern einen Kulturwandel in unseren Unternehmen. Das heißt vor allem: Unternehmensführung und Mitarbeiter müssen ein gemeinsames Verständnis dafür entwickeln, wohin der Betrieb will. Viele mittelständische Unternehmen haben Sorge, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit nicht gewachsen sein könnten … Genau das ist es. Ziel des Kulturwandels muss es sein, dass das Unternehmen auch in zehn Jahren noch am Markt ist und qualifizierte Mitarbeiter hat. Das braucht vor allem eines: eine nachhaltige Finanzstrategie. Ohne die muss man über weitere Schritte in Richtung Zukunft nicht nachdenken. Ich erlebe ganz oft, dass Unternehmen selbst kleinere Durststrecken finanziell nicht durchstehen können. Sie für solche Situationen fit zu machen, ist mein wichtigster Ansatz. Der Finanzchef ist künftig mindestens genauso strategischer Denker wie der Zahlenkontrolleur.

Das Interview führte Mariana Thümmler.

Manuela Teinert, Expertin für nachhaltige Unternehmensführung.

Gut zu wissen Nachhaltig auf Gewinnkurs: Manuela Teinert analysiert Unternehmen und liefert nachhaltige Lösungen mit Blick auf Gewinn, Menschen und Umwelt. BVMW-Mitglied www.nachhaltigunternehmen.com Foto: © Stefan Schubert; © HS3RUS von www.istockphoto.com

Wie gehen Sie vor, wenn Sie in einen Betrieb kommen? Ich stelle Fragen und höre zu, der Unternehmensführung und den Mitarbeitern. Dann prüfe ich die Betriebsunterlagen. Anschließend analysieren wir gemeinsam: Wo sind die Probleme? Sind Mitarbeiter und Chefs entsprechend ihrer Stärken eingesetzt? Wie sieht es mit der Motivation aus, über den eigenen Arbeitsbereich hinauszudenken? Das sind die eher kulturellen Aspekte. Danach sind die hard facts dran: Finanzen, Lieferketten, Rohstoffe, Abfallentsorgung, Energieverbrauch, umweltfreundliche Entwicklung von Produkten. Ich habe für meine Beratermandate einen Nachhaltigkeitscheck entwickelt. Dieses Analysetool garantiert, dass alle Aspekte einer zukunftsfähigen Unternehmensentwicklung berücksichtigt werden und meine Arbeit für die Kunden jederzeit transparent ist.


SERVICE 91

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

FINANZTIPP

Attraktives Andorra

D

er französische Staatspräsident hat kraft seines Amtes als einer der beiden Kofürsten einen andorranischen Pass. Und dennoch kommen die französischen Staatspräsidenten nur selten in das Fürstentum Andorra: Charles de Gaulle (als erster überhaupt: 1967), Valéry Giscard d’Estaing (1978), François Mitterand (1986 und 1993), Jacques Chirac (1997), Nicolas Sarkozy (2010), François Hollande (2014) und schließlich Emmanuel Macron (2019). Schon seit Mitterands Zeiten wird Andorra aufgefordert, mit der Europäischen Union Verträge abzuschließen. Damit wird es jetzt ernst: Die Regierung Andorras erklärt auf öffentlichen Veranstaltungen den jeweiligen Verhandlungsstand mit Brüssel. Noch offen ist, ob das Ziel eine umstrittene Vollmitgliedschaft in der EU sein soll oder nur handfeste bilaterale Handelsverträge. Eine gemeinsame Strategie mit den übrigen Mikrostaaten Monaco und San Marino ist nicht gefunden worden.

Und bleibt es beim Fürstentum, oder wird eine Republik ausgerufen? Was spricht für Andorra? Die Sicherheit! Sowohl Kofürst Joan Enric Vives, Erzbischof in La Seu d’Urgell, als auch Ministerpräsident Xavier Espot benötigen keinen Begleitschutz. Gut für junge Familien: Die Kinder lernen in den kostenfreien Schulen katalanisch, spanisch, französisch und englisch – akzentfrei. Für junge Unternehmer: Start-ups werden gefördert. Die Firmengründung ist einfach, inklusive Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung. Für Rentner: Die Lebenshaltungskosten sind niedrig – nicht nur die Preise für Alkohol, Parfümerie, Juwelen und Tabak. Für Kapitalanleger: Mit den richtigen Kapitalanlagen zahlt man keine Einkommensteuern. Alle anderen, inklusive Firmen, zahlen pauschal zehn Prozent der Gewinne, mit vielen Ausnahmeregelungen. Andorra ist für viele zum Paradies geworden: überall Natur und viele Freizeitangebote in allen vier Jahreszeiten, und zu den Stränden des Mittelmeers sind es gerade drei Stunden Fahrtzeit.

Aber schon jetzt heißt es: Andorra wird den niedrigsten Einkommensteuersatz in Europa haben und die niedrigste Mehrwertsteuer der EU einführen. In den nächsten fünf Jahren dürfte es jedoch noch keine wesentliche Änderung geben.

Hans-Peter Holbach

Doch es gilt, andere hausgemachte Probleme in Andorra zu lösen: Wann kann von wem in Andorra ein Kasino eröffnet werden? Ab wann werden Ausländer bei den Kommunalwahlen zur Urne gehen können? Wann wird es einen funktionierenden internationalen Flughafen nahe der südlichen Grenze geben? Wer garantiert letztlich die Bankeinlagen, da es keine Zentralbank als Lender of Last Resort gibt?

Chefredakteur beim Vertraulichen Schweizer Brief www.vertraulicher.com

Herausgeber des Informationsdienstes Geld (erscheint im 47. Jahrgang) www.geldbrief.com


92 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

STEUERN AUF DEN PUNKT

Handlungsbedarf für GmbH-Geschäftsführer

D

ie deutsche Rentenversicherung prüft im Regelfall in einem vierjährigen Turn u s , ob Arbeitgeber ihren Meldepflichten und den sonstigen Pflichten rund um die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß nachkommen. Eine Kehrtwende des Bundessozialgerichts macht eine Überprüfung beitragsfreier Anstellungsverhältnisse notwendig.

Versicherungspflicht Abhängig Beschäftigte, also Personen, die gegenüber einem Arbeitgeber weisungsgebunden und in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert sind, unterliegen der Sozialversicherungspflicht. Selbstständige, die ihre Tätigkeit und Arbeitskraft im Wesentlichen frei gestalten können, sind hingegen von der Beitragspflicht befreit. In mittelständischen Familiengesellschaften ist insbesondere der sozialversicherungsrechtliche Status des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers regelmäßig nicht eindeutig zu bestimmen. Einerseits ist er formal betrachtet Angestellter, andererseits kann er häufig aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen oder aber aufgrund faktischer Umstände, wie z. B. dem familiären Näheverhältnis zu den anderen Gesellschaftern, weisungsfrei entscheiden.

Rechtsprechungsänderung

Bundessozialgericht hat in mehreren aktuellen Urteilen hiervon Abstand genommen. Zukünftig ist für die Befreiung des Geschäftsführers von der Sozialversicherung allein ausschlaggebend, ob er aufgrund der ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Rechte nicht genehme Weisungen jederzeit verhindern kann. Darüber hinaus stellt das Gericht klar, dass in Zukunft auch die Feststellungen von beanstandungslosen Betriebsprüfungen in einem bindenden Verwaltungsakt verschriftlicht werden. Arbeitgeber können sich hierauf bei abweichenden Ergebnissen zukünftiger Betriebsprüfungen berufen.

Praxishinweis Kleine und mittlere Unternehmen, die für Gesellschafter-Geschäftsführer oder andere leitende Angestellte in der Vergangenheit keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben, müssen unbedingt ihre Gestaltungen überprüfen. Notwendige Änderungen können aber nur mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen werden, sodass bis zum 31.12.2019 noch Nachzahlungen für Beitragsansprüche, die ab 2015 fällig geworden sind, entstehen können. Nur wer einen bestandskräftigen Statusfeststellungsbescheid herbeigeführt hat, sollte trotz der Rechtsprechungsänderung auf einen anderslautenden Inhalt des Bescheids vertrauen dürfen.

In der Vergangenheit wurden auch die faktischen Umstände des Einzelfalls bei der sozialversicherungsrechtlichen Prüfung beachtet. Das

Gut zu wissen Dr. Sebastian Krauß n F ür eine Beitragsbefreiung sind die Regelungen des Gesellschaftsvertrags maßgeblich n Zweifelsfälle können im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens überprüft werden n Ergebnisse einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung entfalten zukünftig Bindungswirkung

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, SteuerbüroKrauß BVMW-Mitglied www.steuerbuero-krauss.de


DER MITTELSTAND. 6 | 2019

SERVICE 93


94 SERVICE

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

RECHTSHOTLINE

Vorsicht, Doppelverdiener: Compliance für Aufsichtsräte

B

ei der Stellung als Organ und Auftragnehmer zugleich kann es zu Interessenkonflikten kommen. Dazu gibt es jetzt eine wichtige Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft zugleich eine Beteiligung an einem weiteren Unternehmen, welches auf Basis eines Dienstvertrages bestimmte Leistungen für die Aktiengesellschaft erbrachte. Dazu zählte unter anderem auch die Beratung der Aktiengesellschaft bei Unternehmenstransaktionen. Das OLG Köln entschied nun, dass der zugrunde liegende Dienstvertrag für das Aufsichtsratsmitglied gem. §§ 113 AktG i.V.m. 134 BGB nichtig war. Die Vorschriften der §§ 113, 114 AktG bestimmen, dass Dienstverträge, die über die originäre durch das Aufsichtsratsmitglied geschuldete Beratungstätigkeit hinausgehen, in ihrer Wirksamkeit von der Genehmigung des Aufsichtsrates abhängen. Damit soll vermieden werden, dass Aufsichtsräte, die durch das Gesetz ohnehin zur Beratung der von ihnen überwachten Gesellschaft verpflichtet sind, sich gleichsam ein „doppeltes Einkommen“ auf der Basis eines separaten Beratervertrages erwirtschaften und damit womög-

Gut zu wissen n A ufsichtsräte, auch in GmbHs, können in Interessenskonflikt geraten, wenn sie Beteiligungen an auftragnehmenden Unternehmen haben n D ienstverträge können nichtig werden, es entstehen Haftungsrisiken n B eraterverträge sollten einer Compliance-Prüfung unterzogen werden

lich den Interessen der Gesellschaft zuwider handeln. Grundgedanke ist, dass eine etwaige Vergütung für die Tätigkeit als Aufsichtsrat bereits alle damit typischerweise verbundenen Leistungen mit abdeckt.

Nichtigkeit des Vertrages droht Dies wurde durch die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur schon seit längerem auch auf Unternehmen ausgeweitet, an denen das Aufsichtsratsmitglied zum Beispiel Beteiligungen hält. Es genügt also für die Genehmigungspflichtigkeit (bzw. ohne Genehmigung die Nichtigkeit) zum Beispiel, wenn die durch das Aufsichtsratsmitglied zu überwachende Gesellschaft ein anderes Unternehmen beauftragt, an dem das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist. Erbringt das Aufsichtsratsmitglied oder das beauftragte Unternehmen dann Leistungen, die an sich in den organschaftlichen Pflichtenkreis des Aufsichtratsmitgliedes gehören, will das Gesetz diesem „Doppelverdienen“ einen Riegel vorschieben. Dieser Rechtsgedanke gilt übrigens nicht nur für die „große“ Aktiengesellschaft, sondern über § 52 GmbHG auch für jede mittelständische GmbH mit Aufsichtsrat. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sollte daher bei Beraterverträgen stets eine Compliance-Prüfung durchgeführt werden, ob diese nicht – zumindest mittelbar – mit einem Mitglied eines Organs geschlossen würden. Ansonsten droht die Nichtigkeit des Vertrages, wobei das betroffene Aufsichtsratsmitglied Teile der Vergütung wohl über die Grundsätze des Bereicherungsrechts einfordern könnte und die Geschäftsführung, die derartige Verträge genehmigt, mit Haftungsrisiken wegen Compliance-Pflichtverletzungen konfrontiert werden könnte.

Prof. Dr. Benjamin Weiler Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie: Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50

rechtshotline@bvmw.de

Rechtsanwalt ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB BVMW-Mitglied www.zl-legal.de BVMW Rechtshotline


SPENDEN SIE LICHT IN DER DUNKELHEIT MIT DER FIRMEN-WEIHNACHTSAKTION VON ÄRZTE OHNE GRENZEN. Verschenken Sie sinnvolle Kundenpräsente und zeigen Sie damit gleichzeitig Ihr soziales Engagement. Mehr Informationen und Aktionsmaterialien erhalten Sie unter: www.aerzte-ohne-grenzen.de/weihnachtsaktion

Ihre Ansprechpartnerin Isabel Kasprowiak Telefon: 030 700 130-134 weihnachtsaktion@berlin.msf.org Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE72 3702 0500 0009 7097 00 BIC: BFSWDE33XXX Stichwort: Unternehmen Weihnachtsspende

SERVICE 95

JEMEN © Agnes Varraine-Leca/msf

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


96 BVMW

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BVMW

V. li.: Philippe Lingott und Sébastien Lienhard, Geschäftsführer von PROJEKTER Industrial Design.

Auszeichnung für Top-Industriedesign Unser Mitglied PROJEKTER Industrial Design hat den „Plus X Award“ erhalten, ein Industriegütesiegel, das unter der jährlichen Teilnahme von über 600 Fachmarken bekannter Hersteller verliehen wird. Die eingereichte Werkzeugserie aus dem strategischen Industriedesign wurde in drei von sieben Kategorien prämiert: Design, Bedienkomfort und Funktionalität. Zudem wurde die Designarbeit mit der Sonderauszeichnung für „Das beste Produkt des Jahres“ honoriert. Das Duisburger Büro stützt seine Erfahrung auf über 15 Jahre Produktgestaltung, Innovationsentwicklung und Projektmanagement.

Sebastian Schülke mit Jurymitglied Dr. Birte Gall.

SICON mit Deutschem Exzellenzpreis ausgezeichnet Großer Erfolg für unser Mitglied SICON GmbH aus Hilchenbach: Anlässlich der Verleihung des Deutschen Exzellenzpreises für herausragende Leistungen in der Wirtschaft erhielt SICON unter zahlreichen starken Gründer- und Wachstumsprojekten den Exzellenzpreis 2019. Die Jury zeichnete in Frankfurt am Main das Unternehmen in der Kategorie „Produkte B2B“ für den hocheffizienten Fahrzeugshredder EcoShred Compact aus. Die Anlagenbauer aus Hilchenbach (NRW) haben sich auf umwelteffiziente und profitable Recyclinganlagen für die Schrott- und Stahlindustrie spezialisiert.

Tradition und Wandel auf dem Underberg Underberg wurde vor 170 Jahren gegründet und hat über Generationen hinweg seine starke Marktposition behauptet. Reginald Hohmeister, Leiter des Kreisverbandes Recklinghausen, hatte einen informativen Unternehmerabend auf die Beine gestellt. Dabei berichtete die gegenwärtige Firmenchefin Christiane Underberg aus ihrem bewegten Leben, die als spätere Firmenchefin mit großem Einsatz und Optimismus den Kurs des Unternehmens änderte. V. li.: Olaf Weber, Herausgeber markt intern, Merle Joachim und Robin Meven, Chefredakteur markt intern.

„markt intern“ kürt „Problemlöserin 2020“ Kreativ, mutig und erfolgreich – Merle Joachim, Prokuristin des Gelsenkirchener Gartenfachmarkts Düsing, zeigt, was im Mittelstand möglich ist. Das Magazin „markt intern“ kürte die Managerin in Düsseldorf zur „Problemlöserin 2020“. Joachim präsentierte konkrete Lösungen zur Erst- und Wiedereingliederung von Frauen in die Arbeitswelt, die nach einer Elternzeit oder als Alleinerziehende mit Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben. Mit dem Netzwerk „Starke Unternehmerinnen für starke Frauen“ setzt sie sich für diese gesellschaftliche Gruppe ein.

Großer Preis des Mittelstands für Wolfgang Oehm Große Bühne für einen verdienten Unternehmer und sozial engagierten BVMW-Wirtschaftssenator aus NRW: Vor 500 Gästen erhielt Wolfgang Oehm im Stuttgart die Auszeichnung für sein unternehmerisches Lebenswerk. Der außergewöhnliche Erfolg seiner Firma ONI-Wärmetrafo GmbH machte Oehm, dessen soziales Engagement in der Bergischen Region und darüber hinaus beispielgebend ist, zu einem international renommierten Gründer und Firmenchef. Wolfgang Oehm (li.) dankte für die Auszeichnung.


BVMW 97

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BVMW Thüringen trifft Angela Merkel Auf Einladung der CDU-Fraktion fand im Thüringer Landtag die Festveranstaltung zum Tag der Deutschen Einheit statt. In ihrer Rede erinnerte Bundeskanzlerin Angela Merkel an die friedliche Revolution vor 30 Jahren. Im Anschluss hatten die Vertreter des BVMW Gelegenheit, mit der Bundeskanzlerin zu sprechen.

V. li.: Ina Richter, suprima GmbH; Kerstin Rank; bag to life / ehrensache D/V GmbH & Co. KG; Birgit Rodler, AFW Creativ-Stickerei GmbH; Bettina Angerer, Verbandsbeauftragte des BVMW Bayreuth.

Unternehmerinnen Award hat in Oberfranken Premiere Der BVMW hat in Bayreuth erstmals den Unternehmerinnen Award für Oberfranken vergeben. Mit der Auszeichnung soll das Unternehmerinnenbild in der Öffentlichkeit positiv beeinflusst werden. Gleichzeitig sollen durch die öffentliche Anerkennung mehr Menschen in der Region zur Selbstständigkeit ermutigt werden. Wir gratulieren den diesjährigen Preisträgerinnen Ina Richter, suprima GmbH, Kerstin Rank, ehrensache D/V GmbH & Co. KG, und Brigit Rodler, AFW Creativ-Stickerei GmbH.

100 Jahre Licht aus Berlin Das BVMW-Mitglied Berliner Leuchtenhersteller HAHN-LICHT feiert seine hundertjährige Firmengeschichte. Das Jubiläum mit Mitarbeitern und Kunden wurde in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) gefeiert. Das Unternehmen fertigt Leuchten in historischen Formen und im modernen Industriedesign. Karin Rosenmeyer führt das Unternehmen in der vierten Generation gemeinsam mit Sohn Marc und Ehemann Stefan Krinowsky.

Roter Teppich für Rheinhessen Bei der Gala der rheinhessischen Wirtschaft waren der BVMW und rund 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vertreten. Oliver Kahn als Keynote-Speaker und ZDF-WISO-Moderator Markus Niehaves führten durch die Veranstaltung.

V. li.: Marion Walsmann, MdEP; Günther Richter, BVMW; Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel; Gerald Bitterberg, BVMW, und Mike Mohring, CDU-Fraktionsvorsitzender.

30 Jahre Mitglied im BVMW Wir freuen uns über ein besonderes Jubiläum. Die InterGest France SAS im lothringischen Sarreguemines (Saargemünd) ist in diesem Jahre bereits 30 Jahre BVMW-Mitglied. Als weltweit operierende Treuhandgesellschaft unterstützt die Firma exportorientierte Unternehmen in derzeit 51 Ländern in der Markterschließung. 750 Mitarbeiter verwalten treuhänderisch in über 1.700 Niederlassungen internationaler Unternehmen.

Neue Wege – Familie und Mittelstand Führungskräfte und Experten für Personalpolitik trafen sich in Bonn, um über neue Wege der Vereinbarung von Familie und Beruf zu beraten. Die Teilnehmenden waren der Einladung des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Bonn/Rhein-Sieg des BVMW und weiterer Partner gefolgt. Anlässlich des zweiten Aktionstags „Familienbewusste Personalpolitik“ erfuhren sie, wie man am besten den betriebsinternen Wandel managt. Was geschieht, wenn Nachwuchs kommt, welche staatlichen Fördermöglichkeiten bestehen, oder welche Chancen bietet die Digitalisierung?

Beim Aktionstag stand familienbewusste Personalpolitik im Mittelpunkt.


98 BVMW

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Bildungsallianz Mittelstand bei Bayerns Kultusminister

Wir trauern um unsere Kollegen

Achim von Michel, Landesbeauftragter Politik im BVMW Bayern, traf den bayerischen Kultusminister Prof. Dr. Michael Piazo­lo in seinem Ministerium. Auf der Agenda standen dabei auch die Aktivitäten der Bildungsallianz Mittelstand, die bereits in mehreren Bundesländern erfolgreich mit Podiumsveranstaltungen für eine Qualitätswende in der deutschen Bildungspolitik geworben hat. Der Kultusminister begrüßte nachdrücklich die Initiative unter Federfüh­rung des BVMW und sagte die Teilnahme an einer solchen Veranstal­tung in der bayerischen Landeshauptstadt für das Frühjahr 2020 zu.

Am 26. November 2019 verstarb unser langjähriger Kollege Alexander Treizel im Alter von 50 Jahren. Er war ein warmherziger, bei allen Kolleginnen, Kollegen und Mitgliedern sehr beliebter und hochgeachteter Kollege und Freund. Seit dem 01. November 2012 war er im BVMW überaus erfolgreich aktiv, bereits am 01.01.2017 wurde er zum Leiter der Wirtschaftsregion Sachsen-Anhalt berufen – knapp zwei Jahre später zum Leiter der Wirtschaftsregion Leipzig. Mit Alexander Treizel verliert der BVMW einen großartigen Kollegen, der durch seinen Humor und seine Herzlichkeit das Leben derjenigen bereichert hat, die ihn gekannt haben. Wir werden ihn und seinen großen Erfolg sehr vermissen.

Veranstaltungsort der „Dresdner Weitsicht“: Ostra-Dome in Dresden.

Der BVMW Wirtschaftsregion Dresden war einer der wichtigsten Partner bei der Netzwerkmesse „Dresdner Weitsicht“. Die Messe bringt einmal im Jahr Unternehmernetzwerke zum Austausch zusammen. In diesem Jahr waren über 50 Aussteller dabei. Zu den Top-Speakern gehörten Verkaufstrainer Roger Rankel, Business-Coach Saskia Sievers sowie Digitalisierungsexperte Sanjay Sauldie.

Datendienstleister dab feiert 15-jähriges Bestehen In diesem Jahr feiert die dab: Daten – Analysen & Beratung GmbH ihr 15-jähriges Bestehen. Das Unternehmen mit Hauptsitz im bayerischen Deggendorf ist in den letzten Jahren zu einem international agierenden Dienstleister und Software-Hersteller aufgestiegen. Mit ihrer Mission, Datenanalyse selbstverständlich zu machen, steht die Beratungsgesellschaft ihren Kunden vom Großkonzern bis hin zum klassischen Mittelständler zur Seite. Ihre Kernkompetenz ist die Umwandlung von strukturierten Daten in fundiertes Wissen. Außerdem gehören Big Data Analysen, Process Mining, Audit- und Risikomanagement sowie die Unterstützung des internen Kontrollsystems zu den Fachgebieten des Unternehmens.

Das Team der dab GmbH.

Der BVMW trauert um Diana Diephaus. Unsere Kollegin verstarb am 22. November 2019 im Alter von 38 Jahren. Sie war seit dem 01. Februar 2015 als Beauftragte des Verbandes tätig. In dieser Zeit bereicherte Diana Diephaus den Landkreis Vechta mit hervorragenden Veranstaltungen und setzte sich für die Belange der BVMW-Mitglieder engagiert ein. Mit ihr verliert unser Verband eine herzliche Kollegin, die stets im höchsten Maße geschätzt wurde. Sie wird uns fehlen.

Mittelstand für Pressefreiheit Auf der VDZ Publishers‘ Night in Berlin haben die wichtigsten Zeitschriftenver­leger Deutschlands zusammen mit rund 900 Gästen Bundestagsprä­sident Dr. Wolfgang Schäuble mit der „Ehren-Victoria“ ausgezeichnet. Der Mittelstand BVMW war einer der Partner des Abends, da dem Verband Presse- und Meinungsfreiheit sehr wichtig ist und alle deut­schen Verlage zum Mittelstand gehören.

Der BVMW-Stand auf der VDZ Publishers‘ Night.

Foto: © FIRST CLASS CONCEPT GmbH

BVMW bei der Netzwerkmesse


BVMW 99

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

V. li.: Peter Martini, BVMW Leiter Kreisverband Magdeburg; Markus Rinka, 3kubik GmbH Magdeburg; Marc Heyen, 3kubik GmbH Magdeburg; Wille Grothe, Vizepräsident BVMW.

Mittelstandsforum in Magdeburg Das 9. Mittelstandsforum in Magdeburg stand dieses Jahr unter dem Motto „Digitalisieren – effektiv und nachhaltig“. Wirtschaftsstaatsekretär Thomas Wünsch (SPD) und Willi Grothe, Vizepräsident des BVMW, haben Fortschritte beim Ausbau der Breitbandverbindungen in Sachsen-Anhalt gefordert. Thomas Wünsch kündigte an, Sachsen-Anhalt werde in den nächsten Jahren 350 Millionen Euro in den Breitbandausbau investieren. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung, VDI Landesverband Sachsen-Anhalt, Otto-von-Guericke-Universität, dem FASA e. V. und der Landeshauptstadt Magdeburg statt. Auf dem Forum wurde zudem der Mittelstandspreis des BVMW der 3kubik GmbH aus Magdeburg verliehen. Die Beratungsagentur unterstützt Firmen bundesweit bei der Einführung von Digitalisierungsprozessen.

Podiumsdiskussion im ERFURT Bildungszentrum.

Starker Mittelstand braucht starke Bildung Auf der Podiumsdiskussion im ERFURT Bildungszentrum im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen haben der BVMW und die Allianz Bildung und Fachkräfte für Thüringen (ABFT) über die berufliche Aus- und Weiterbildung diskutiert. An der von Kristin Gräfin von Faber-Castell moderierten Veranstaltung nahmen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), Mike Mohring (CDU), Stefan Möller (AfD), Franziska Baum (FDP), Dirk Adams (B90/Grüne) und Oleg Shevchenko (SPD) teil.

ADAC-Sicherheits­training für Leipziger Unternehmer Edda Schmidt (BVMW Leiterin Kreisverband Leipzig) hatte ihre Mitglieder gemeinsam mit dem ADAC Leipzig zu einem Fahrsicherheitstraining eingeladen. Mehr als 20 Mitglieder testeten mit ihren eigenen Fahrzeugen auf dem Asphalt unter fachmännischer Anleitung, wie sie ihr Fahrzeug in kritischen Situationen steuern können. Gerade für Unternehmer, von denen die meisten im Jahr Zehntausende Kilometer auf Geschäftsreisen zurücklegen, ist so ein Training für mehr Fahrsicherheit wichtig. V. li.: Helmut Reitemann, Bürgermeister von Balingen; Thomas Ströbele, Geschäftsführer yourIT und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.

Tübingens OB beim Unternehmerabend Auf einem BVMW-Unternehmerabend bei der Balinger Firma YourIT zeig­te Geschäftsführer Thomas Ströbele in einem Kurzvortrag auf, wie man bei der Implementierung digitalisierter Prozesse auf Fördermittel zurückgreifen kann. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer berichtete über eigene Erfahrungen, aber auch über gesetzliche Hürden bei der Einführung moderner Digitali­sierung. Anschaulich schilderte der grüne Oberbürgermeister, wie er es in den letzten Jahren geschafft hat, 10.000 neue Arbeitsplätze in die Universitätsstadt am Neckar zu holen.


100 BVMW

Stollen aus dem „Weihnachtsland“ In jeder Ausgabe stellt DER Mittelstand. BVMW Mitgliedsunternehmen und deren Produkte vor. Diesmal die Mühlenbäckerei Clauß: Sie ist in fünfter Generation seit 125 Jahren ein familiengeführtes Traditionsunternehmen im Herzen von Sachsen.

I

m „Weihnachtsland Erzgebirge“ gehört der Stollen genauso zum Fest wie Schwibbögen und Räuchermänner. Mit seinem Anteil an reichhaltigen Zutaten ist er besonders in der kalten Jahreszeit eine Energiequelle für Leib und Seele.

Einst war der Stollen ein reines Fastengebäck, das von der katholischen Kirche während der Fastenzeit erlaubt war und nur aus Mehl und Rübensirup bestand. Adlige aber wollten ein schmackhafteres Fastengebäck und stellten 1492 beim Papst einen Antrag. Dem wurde im zweiten Anlauf stattgegeben, schließlich durfte der Stollen mit Butter und anderen Zutaten angereichert werden. Im Erzgebirge verbinden sich mit dem Stollen zwei Mythen: Zum einen erinnert die dick mit Puderzucker bedeckte Form an das in Windeln gewickelte Jesuskind, zum anderen gleicht der Anschnitt eines Stollens dem Eingang in ein Bergwerk. Und der Bergbau hat bekanntermaßen im Erzgebirge eine lange Tradition. In der Mühlenbäckerei Clauß kommt ein spezielles helles Weizen-Auszugsmehl zum Einsatz, das mindestens zwölf Monate abgelagert wurde, denn je länger das Mehl ruht, desto mehr reift das Eiweiß im Mehl aus, und umso stabiler ist der Teig. Weitere Zutaten: Hefe, Butter, Butterreinfett, Butterschmalz, Schmelzmarga­ rine, Schweineschmalz, Rosinen, Zitronat, Orangeat, süße Mandeln, kleiner Anteil Bittermandeln, Zucker, etwas Himalaya-Salz sowie Gewürze, die ein Betriebsge­ heimnis sind. Außer Stollen gehört auch klassisches Backwerk zum Sortiment. Neue Wege geht die Bäckerei mit einem Onlineshop, wo u. a. Spezialbrote angeboten werden, die der Kunde zu Hause fertigbacken kann. In Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort ist es Geschäftsführer Roman Clauß gelungen, dass der Weizen direkt im Ort angebaut wird. Clauß ist es wichtig, dass die Kunden wissen, was sie essen. Schließlich lautet der Slogan: „Wissen, was drin ist“. Hier weiß man es.

Mühlenbäckerei Clauß GmbH Gründung: 1894 Firmensitz: Mülsen (Landkreis Zwickau/Sachsen) Geschäftsführer: Roman Clauß Mitarbeiter: 80 Anzahl Filialen im Landkreis Zwickau: 17 BVMW-Mitglied www.muehlenbaeckerei-clauss.de

DER MITTELSTAND. 6 | 2019


BVMW 101

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Geschäftsführer Roman Clauß


102 BVMW

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

„99 Prozent lieben Schokolade“ Kakao ist nicht gleich Kakao, das weiß man in der Schell Schokoladenmanufaktur nur zu gut. DER Mittelstand. sprach mit Inhaber Eberhard Schell darüber, wie es gelingen kann, hochwertige Produkte nachhaltig herzustellen und dabei Kakaobauern zu unterstützen.

D

ER Mittelstand.: Herr Schell, die Weihnachtszeit – bestimmt das beste Geschäft für Schokolade, oder ist das ein Gerücht? Eberhard Schell: Nein, Schokolade macht glücklich, und das ist doch der Reiz des Schenkens, die Beschenkten glücklich zu machen. Und ganz klar, in der kühleren Jahreszeit schmeckt Schokolade am besten. 99 Prozent der Menschen lieben Schokolade, der Rest lügt, aber das ist kein Gerücht. Ihr Betrieb sitzt in Gundelsheim. Würden Sie Ihren Standort eher als Nachteil oder als Vorteil sehen? Bei uns als klaren Nachteil. Gundelsheim ist zwar schön, aber leider keine Boomtown. Wir haben einen beschaulichen mittelalterlichen Stadtkern, aber durch viele Fehler der kommunalen Verwaltung kaum lebensfähige Geschäfte. Wenn du da nicht bankrottgehen willst, musst Du innovativ sein sowie kompromisslos Qualität und das Besondere anbieten. Von Gundelsheim in die ganze Welt: Sie produzieren und verkaufen weltweit … Unsere Schokoladen und Pralinen verkaufen wir auch international, Eberhard Schell, Inhaber Schell Schokoladenmanufaktur. aber eher im kleineren Bereich. Schwerpunkte sind Deutschland und unsere Nachbarländer, insbesondere der gehobene Schokoladen- de ist mit zu den asozialsten Produkten verkommen. Durch fairen fachhandel, Weinhandel und Weingüter sowie der Feinkostbereich. Kakaoanbau bekommt ein Kakaobauer den 5- bis 6-fachen Preis des Industriekakaos, und wir haben den Vorteil, einen wundervoll Für Sie bedeutet Unternehmertum auch weltweite Verantwor- aromatischen Kakao zu erhalten. Und ein Teil des Gewinnes kommt tung? dem Borneo Orang Utan Survival-Projekt zugute. Hier werden Orang Ja, wir sind deshalb dabei, mit der NGO Fairventures aus Stuttgart Utans wieder ausgewildert und ihrem natürlichen Leben in den ein Kakaoprojekt in Kalimantan (Borneo) zu starten. Kalimantan ist Schutzgebieten zugeführt. Das Projekt möchten wir mit Patenschafdie weltweit größte Insel nach Grönland und hatte vor 30 Jahren ten für diese Tiere weiter ausbauen. Geldgeber und Stifter erhalten noch rund 75 Prozent Primärwald. Heute sind es nicht einmal mehr dann auch köstliche Schokoladen aus dieser Produktion. 38 Prozent, und die Urwälder werden weiter abgeholzt und abgebrannt für noch mehr und noch billigeres Palmöl. Ich besuchte dort Das Interview führte Diana Scholl, BVMW Leiterin politische Netzwereine Palmölplantage mit einem Ausmaß von 15.000 Hektar, das ent- ke und Strategie, stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft. spricht der 1,5-fachen Fläche von Paris. Nach 30 Jahren intensiver Bewirtschaftung ist diese Fläche tot. Fairventures renaturiert diese Gut zu wissen erodierten Flächen mit einem einheimischen Pionierbaum, dem Segonbaum. Sein elementarer Vorteil ist, dass er Stickstoff in die BöIn der dritten Generation steht Schell Schokoladen in Gunden bringt und dadurch die Möglichkeit gibt, diese erodierten Flächen delsheim (Baden-Württemberg) für erstklassiges Konditorenüberhaupt wieder zu bepflanzen. handwerk. Seit 30 Jahren führen Annette und Eberhard Schell Wie nehmen Sie konkret Ihre unternehmerische Verantwortung wahr? Wir haben bisher dort zusammen 15.000 Kakaobäume gepflanzt, um den Menschen vor Ort zusätzlich eine Einnahmequelle zu erschließen. Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Kakaobauern entspricht rund 1.000 US Dollar. Kakao beziehungsweise Schokola-

die Manufaktur, inzwischen sind auch die beiden Töchter im Betrieb: Agnes Schell–Reichert, Betriebswirtin des Handwerks, und Michaela als frisch gekürte Konditormeisterin. BVMW-Mitglied www.schell-schokoladen.de


BVMW 103

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Speicherstadt Hamburg: Drehscheibe des Kaffees – damals und heute Im Herzen der historischen Speicherstadt Hamburgs – dem Ort, der seit Jahrhunderten das Zentrum des europäischen Kaffeehandels ist – gründeten Thimo Drews und Andreas Wessel-Ellermann, die Söhne zweier Kaffeehändlerfamilien, 2006 die Speicherstadt Kaffeerösterei. Unter dem Dach eines alten Speichergebäudes von 1888 vereint das besonders nachhaltige Unternehmen neben der Rösterei auch ein Café und einen Fabrikladen.

M

it über 800 verschiedenen natürlich vorkommenden Aromen ist Kaffee eines der komplexesten Genussmittel. Erst durch die schonende Trommelröstung, bei der jeder Kaffee sein individuelles Röstprofil erhält, entfalten die Kaffees ihren einzigartigen Charakter und Geschmack. Deshalb steht im Mittelpunkt des Cafés der Speicherstadt Kaffeerösterei die Röstanlage mit einer Tageskapazität von rund 1.000 Kilogramm. „Gäste können uns beim Rösten über die Schulter schauen“, erzählt Thimo Drews. „So machen wir Kaffee – vom Rohkaffee im Jutesack bis zur fertigen Tasse – transparent und erlebbar.“

Einblick in die Welt des Kaffeegenusses Kunden, die diesen Genuss auch zu Hause erleben wollen, haben im Fabrikladen je nach Erntezeit die Wahl zwischen rund dreißig frisch gerösteten Kaffee- und Espresso-Spezialitäten sowie weltbekannten Kaffeeraritäten. Aber auch Gastronomen und Hoteliers wird hier ein Einblick in die Welt des Spezialitätenkaffees geboten. Neben einem Geschmackstest zählen dazu die Beratung für die Präsentation in der eigenen Location sowie Barista-Schulungen. SKR-0P3A6179.jpg

Foto: © Speicherstadt Kaffeerösterei

Die Geschäftsführer der Speicherstadt Kaffeerösterei: Andreas Wessel-Ellermann

Aber nicht nur der Geschmack und die Qualität sind für das Unter- (li.) und Thimo Drews. nehmen von Bedeutung. Die beiden Geschäftsführer legen Wert darauf, mit den Erzeugern im Ursprungsland in direktem Kontakt zu ste- Erhalt des Lebensraums der letzten freilebenden Orang-Utans verhen. „Der direkte Handel ermöglicht uns, unsere Vorstellungen von schrieben. Mit jedem verkauften Kilo Orang-Utan-Rohkaffee unterhochwertigem Kaffee mit den Bedingungen vor Ort in Einklang zu stützt das Projekt die Kaffeebauern sowie eine Orang-Utan-Auffangbringen. In unseren ausgewählten Projekten stehen faire und lang- station. fristige Handelsbeziehungen, Transparenz, Nachhaltigkeit und Verantwortung für Mensch und Natur im Mittelpunkt“, so Andreas Wes- Mit ebenso viel Engagement wie bisher soll es bei den Kaffeeröstern Drews und Wessel-Ellermann auch künftig weitergehen. Für sel-Ellermann. die beiden steht die Zukunft ganz im Zeichen der nachhaltigen Handelsbeziehungen. Deshalb möchten sie ihr Engagement in den UrLeidenschaft mit Verantwortung Eines dieser zahlreichen Projekte ist das Orang-Utan-Kaffeeprojekt sprungsländern weiter ausbauen und die Beziehungen zu den Farin Medan auf Sumatra, Indonesien. Der Zusammenschluss aus Kaf- mern und Farmerinnen vertiefen. Nur so ist es zu schaffen, das feeröstern, Tierschützern und lokalen Kaffeebauern hat sich dem Sortiment nachhaltig zu entwickeln und dabei positive Effekte in den Ursprungsländern zu erzielen. Kaffee ist für Drews und Wessel-EllerSpeicherstadt Kaffeerösterei Hacienda San Nicolás GmbH mann nicht nur Genuss, sondern eine große Leidenschaft mit Verantwortung. Gründung: 2006 Firmensitz: Hamburg Ingrid Hausemann Geschäftsführer: Thimo Drews, Andreas Wessel-Ellermann BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein Mitarbeiter: 69 BVMW-Mitglied ingrid.hausemann@bvmw.de

www.speicherstadt-kaffee.de


104 BVMW

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

The Drivery – Marktplatz für Mobilitätsinnovation in Berlin Beim Start-up im historischen Ullsteinhaus in Berlin dreht sich alles um das Thema Mobilität der Zukunft. Der Gründer und Geschäftsführer Timon Rupp hat eine offene Community ins Leben gerufen, die eine Mischung aus Ideenwerkstatt, Coworking-Space und Marktplatz für Mobilitätsinnovationen darstellt.

T

he Drivery GmbH im Ullsteinhaus wurde erst im März 2019 er­ öffnet, aber dennoch hat sich die Geschäftsidee schon heute bewährt. Hier geht es ausschließlich um Mobilität: Auf 10.000 Quadratmetern arbeiten verschiedene Unternehmen und Freelancer an allen Produkten, Problemen, Angeboten und Visionen der Mobili­ tät. Was sofort auffällt: Alles wirkt sehr hell, offen und großflächig – so großflächig, dass die Mitarbeiter mit kleinen E-Rollern von A nach B fahren. Hippe Menschen sitzen in Arbeitsgruppen zusammen oder tüfteln alleine vor sich hin. So ist hier beispielsweise eines der be­ kanntesten Start-ups im Bereich Mobilität vertreten: die Firma Enway, die autonom fahrende Kehrmaschinen baut. The Drivery selbst stellt keine Produkte her, sondern bietet dafür die Plattform, Events, den Raum und die Infrastruktur für Start-ups und Unternehmen.

Wie wird in Zukunft die Mobilität aussehen? Keiner geringeren Frage geht der Gründer und CEO Timon Rupp nach. Nachdem Rupp schon mehrere Start-ups erfolgreich geführt hatte, wollte er einen Ort zum Austausch schaffen, an dem verschiedene Start-ups, KMU, aber auch größe­re Unternehmen zur Mobilität der Zukunft tüfteln. Zwar gebe es zahl­reiche Innovationszentren, Labore und Forschungseinrichtungen, die sich mit einzelnen Problemen der Mobilität auseinanderset­zen. „Bis jetzt hat es jedoch an einem multimodalen Ort der Begeg­nung gefehlt, an dem sich alle Player untereinander austauschen und gemeinsam nach Lösungen suchen können“, so Timon Rupp. Zum Ausprobieren und Werkeln gibt es im Erdgeschoss des Ullsteinhau­ses sogar die Drivery MakerGarage, in der neben einem 3D Drucker, einem WIG/MIG/MAG Schweißgerät, einer 3-Achs-Fräsmaschine und Mehrkanal-Oszilloskop ein echter De- Der Empfangsraum von The Drivery. Lorean steht, ein Oldtimer, der nun in ein autonom fahrendes E-Auto umfunktioniert wird. Die Technologiefelder der Mobilität seien immer komplexer geworden, erzählt Natalia Bahancova, Head of Marke- Und die Idee ist aufgegangen: Heute zählt The Drivery über 450 Mit­ ting Com­munications. Die Bedürfnisse aller Beteiligten, von Kunden, glieder, während beim Start-up selbst nur sieben Mitarbeiter arbei­ Investo­ren und Wissenschaftlern würden steigen. So ergeben sich ten. Zu Mitgliedern und Partnern gehören neben akademischen Ins­ gewisse Schnittpunkte, an denen KMU zusammen Lösungen finden titutionen nicht nur erfolgreiche Start-ups wie Enway, AiPark und können. Die Bandbreite der Mobilität reicht dabei von Elektromobilität LiangDao, sondern auch Autobauer wie Hyundai und Honda. Und es und autonomen Fahren über Technologiefelder wie urbaner Mobilität, haben jede Menge spannende Veranstaltungen zum Thema Mobilität Mi­kromobilität oder Künstlicher Intelligenz. stattgefunden. Eines ist daher klar: The Drivery wird wei­terwachsen.

Gründung: 2019 Firmensitz: Berlin Geschäftsführer: Timon Rupp Mitarbeiter: 7 BVMW-Mitglied www.thedrivery.com

Anna Lorenz BVMW Content Managerin anna.lorenz@bvmw.de

Foto: © The Drivery GmbH

The Drivery GmbH


BVMW 105

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Chemikalienvertrieb – eine Synthese aus Verantwortung und Innovation Die internationale Jobachem GmbH ist Expertin für besondere Chemikalien und Logistik. Als Dienstleister der Chemie-Industrie vertreibt das Unternehmen Weichmacher, UVFilter und Aromen. Das Unternehmen, das 1992 gegründet wurde, hat seinen Hauptsitz im niedersächsischen Dassel.

D

ie Hauptaufgaben liegen in dem Vertrieb chemischer Substanzen, der Auf- und Vorbereitung für Produktion und Handel sowie der logistischen Koordination des Warentransports. Über die Jahre hat sich das einstige Ein-Mann-Unternehmen zu einem internationalen Konzern mit Niederlassungen in Hongkong, Suzhou (China) und Atlanta (USA) entwickelt. In Dassel werden auf fast 5.000 Quadratmetern Lagerfläche Chemikalien verschiedener Gefahrstoffklassen kurz- und langfristig gelagert, die das Familienunternehmen über seinen eigenen Fuhrpark mit Logistik- und Zollabteilung, Umfüll- und Abfüllvorrichtungen, Heizungen, Mischern in alle Welt liefert.

Schutz von Umwelt und Gesundheit

Lagerhalle der Jobachem GmbH in Dassel: Hier werden Chemikalien sicher gelagert.

„Chemische Rohstoffe und Zwischenprodukte bedürfen aufgrund ihrer oft als gefährlich eingestuften Eigenschaften einer besonderen Handhabung und stellen eine technische und logistische Herausforderung dar“, erklärt Geschäftsführer Julian Kahl. „Wir nehmen diese Herausforderung gerne an und können durch kompetente und intelligente Dienstleistungen einen sicheren, qualitativ hochwertigen und verlässlichen Chemikalienvertrieb garantieren.“ Dank der Kreativität des ambitionierten JobachemTeams lassen sich in Kooperation mit Kunden auch neue Schemen erarbeiten und ungewohnte Wege beschreiten. Durch die internationale Aufstellung des Unternehmens und seine enge Bindung an produzierende Partner in Asien werden individualisierte Lösungen in vielen Teilen der Welt angeboten. Der Handel mit und die Verarbeitung von Chemikalien ist natürlich nur vertretbar, wenn der Schutz von Umwelt und Gesundheit gewährleistet ist. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, findet

Foto: © 2- Studio Mirko Peha

Jobachem GmbH Gründung: 1992 Firmensitz: Dassel (Niedersachsen) Geschäftsführer: Julian Kahl Mitarbeiter: Deutschland 37, international 11 BVMW-Mitglied www.jobachem.com

Disposition, Lagerung und Verarbeitung auf Basis gesicherter Gesetzesgrundlagen mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge statt. Darüber hinaus nimmt das Unternehmen freiwillig an Responsible Care und EcoVadis* teil.

Produkte mit Zukunftspotenzial fördern Ebenso verantwortungsvoll wie im Tagesgeschäft verhält sich das mittelständische Unternehmen auch bei der Zukunftsplanung. „Als Familienunternehmen planen wir unsere Investitionen mit Bedacht und Weitsicht“, so Julian Kahl. „Durch kreative, innovative Ideen möchten wir die Veränderungen durch wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt, neue gesetzliche Bestimmungen und die Globalisierung mittragen und gezielt vorantreiben. Bei uns werden vorwiegend Produkte mit Zukunftspotenzial gefördert und Verfahren unterstützt, die sich als unbedenklich für Gesundheit und Umwelt erweisen.“ *Anmerkung der Redaktion: Responsible Care und EcoVadis sind Brancheninitiativen für Nachhaltigkeit und Sicherheit.

Ingrid Hausemann BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein ingrid.hausemann@bvmw.de


106 BVMW

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Weltmeister für saubere Schuhe und Reifen Vor 115 Jahren gründete August Heute das Solinger Unternehmen gleichen Namens. Seine außergewöhnliche Innovation: Schuhputzmaschinen. Sie sind heute die stillen Servicestationen in den Hotels dieser Welt.

L

andauf landab dieselbe Warnung: Deutschland hinke wie ein Fußkranker hinter der Digitalisierung her. Dass mehr getan werden muss, bestreitet niemand. Doch sollten die Alarmisten nicht übersehen, dass Deutschland der international führende Standort von Hidden Champions ist. Sie sind das Fundament unserer Wirtschaft und erfolgreich in den globalen Handel integriert. Die Digitalisierung folgt im Windschatten dieser kreativen Motoren des technologischen Fortschritts.

Innovatives Reinigungssystem spart Kosten in der Fertigung Einer dieser Hidden Champions im Schatten der Big Player ist BVMW-Mitgliedsunternehmen, die Heute Maschinenfabrik GmbH & Co. KG. 1905 gegründet, fertigte sie über viele Jahre Schuhmachermaschinen. 1950 folgte dann der große Einschnitt in der Firmenhistorie: Die damalige Geschäftsleitung erweiterte das Portfolio um Schuhputzmaschinen und industrielle Sohlenreinigungsgeräte. Im Jahr 2008 erfolgte mit ProfilGate®, einem patentierten Reifen- und Sohlenreinigungssystem, eine weitere technische Ausweitung der Produktpalette für Industriekunden. Dieses Reinigungssystem kommt in den Sauberlaufzonen vielfältiger Industrien zum Einsatz und wird kostensparend in die jeweiligen Arbeitsabläufe integriert: Arbeitsschuhe, Gabelstapler und Hubwagen werden vor dem Eintritt in den Innenbereich von im Boden eingelassenen Bürstenfeldern gereinigt.

Schuhputzmaschinen für die ganze Welt

Gründung: 1905 Firmensitz: Solingen (NRW) Geschäftsführer: Christian Löwe Mitarbeiter: 40 BVMW-Mitglied www.heute-gmbh.de

Thomas Kolbe BVMW Pressesprecher Nordrhein-Westfalen thomas.kolbe@bvmw.de

Foto: © HEUTE Maschinenfabrik

Mit der Umstellung der Produktion auf Reinigungslösungen expan-dierte die Firma in den dynamischen Jahren des Wirtschaftswun-ders – eine idealtypische Wachstumsstory dieser bewegten Der Klassiker, den alle kennen: Schuhputzmaschine von der HEUTE Maschinenfabrik. Jahre. Hotels in aller Welt setzen seither auf die mobilen Schuhputzmaschinen, und ganze Generationen von Hotelgästen wissen, wo sie Vorstellung von der Zukunft des Unternehmens und setzt auf Zuden automatischen Schuhputzer auf dem Weg zum Dinner, in die Ci- kunftsmärkte in China und Brasilien. Seine Vision ist es, dass ein Reity oder zur Konferenz finden werden: neben dem Aufzug. fenreinigungssystem zum Standard in der Hightech-Industrie wird, so wie die klassische Fußmatte an Eingangstüren soll ProfilGate® Zukunftsmärkte erschließen den Schmutz schon an den Einfahrten der Industrie sammeln. Der Seit 1995 verantwortet Christian Löwe die Geschäfte des Traditi- gebürtige Solinger Christian Löwe steuert die internationalen Aktionsunternehmens. Der 55 Jahre alte Geschäftsführer hat eine klare vitäten des Unternehmens von den Standorten in Solingen, Charlotte (USA) und in Shanghai. Elf Millionen Euro erwirtschafteten das 40-köpfige Team im vergangenen Jahr. HEUTE Maschinenfabrik GmbH & Co KG


BVMW 107

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Voll im Trend – Der Mittelstand auf der Digital X Auf der Digital X ging es um digitale Trends für den Mittelstand, die Zukunft der Arbeit und jede Menge Networking. Der BVMW war prominent vertreten – denn die Digitalisierung betrifft vor allem den unternehmerischen Mittelstand.

A

ls offizieller Kooperationspartner der Telekom hat der BVMW nach dem überwältigenden Erfolg im Vorjahr auch 2019 die Digital X, Europas führende Digitalisierungsinitiative, mitorganisiert. 160 internationale und nationale Top-Speaker gingen auf den digitalen Wandel ein und wiesen dem Publikum den Weg in die Zukunft. Zu den prominenten Rednern gehörten Mittelstandspräsident Mario Ohoven, Sir Richard Branson, Gründer der Virgin Group, Tim Berners-Lee, Begründer des World Wide Web und Jimmy Wales, Co-Founder und Vorstandsmitglied von Wikipedia. Die digitale Wende ist in vollem Gange und verändert unsere Arbeitswelt wie keine zweite Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Deshalb geht die Digitalisierung uns alle an. Und sie beeinflusst vor allem den Mittelstand. Denn gerade für die Digitalisierung gilt „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, wie Mittelstandspräsident Mario Ohoven in seiner Keynote auf der Digital X betonte. Der BVMW setzt sich daher seit langer Zeit für die Digitalisierung von kleinen und mittleren Betrieben ein. Die Digitalisierung ist längst bei den Unternehmerinnen und Unternehmern angekommen. Jeder zweite Mittelständler hat bereits ganz konkrete Digitalisierungsprojekte in seinem Betrieb umgesetzt, ein weiteres Drittel will ein solches Projekt in den nächsten zwei Jahren angehen. Denn der Mittelstand ist bereit, sofort die nächste Stufe der Digitalisierung zu erreichen. Doch dafür braucht es die entsprechende digitale Infrastruktur im Bereich der Breitbandverfügbarkeit, der Gigabit-Gesellschaft oder Künstlicher Intelligenz. Die Digital X bildet das Finale einer Digitalisierung-Tour durch Deutschland, die ebenfalls vom BVMW mitorganisiert wurde. Ob Nord, Süd, Ost oder West – bundesweit konnten Tausende Mittel-

Der BVMW war bestens platziert mit einem Messestand auf der Digital X 2019 präsent.

ständler aller Branchen für die Digitalisierung und ihre Potenziale begeistert werden. Gut zu wissen Sie möchten mehr Informationen zum Thema Digitalisierung? Sachkundige Experten zur Digitalisierung finden Sie unter: https://www.bvmw.de/themen/digitalisierung/ kommission-internet-und-digitales/

Foto: © BVMW/Annemarie Thiede; BEULCO GmbH & Co. KG

BEULCO gewinnt den Digital Champions Award 2019

I

m Rahmen der Digital X 2019 wurde der Digital Champions Award an BVMW-Mitglied BEULCO GmbH & Co. KG vergeben. Der Preis, den die Telekom Deutschland zusammen mit der WirtschaftsWoche auslobt, hat in den letzten Jahren auch wirtschaftspolitisch an Bedeutung gewonnen. So übermittelte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier als Schirmherr eine persönliche Botschaft an das Unternehmen. Er betonte die Bedeutung des Mittelstands und dankte den nominierten Unternehmen für ihre Leistung. BEULO hat den Preis in der Kategorie „Transformation Mittelstand“ erhalten. Die Jury hat sich für das Attendorner Unternehmen entschieden, da es die gesamte Unternehmensstrategie unter das Thema Digitalisierung gestellt hat – durch die gesamte Organisation hindurch. Beeindruckt hat auch, dass BEULCO in der „old economy“, nämlich in einem so alten, analogen Wirtschaftszweig wie der Was-

V. li.: Ralf Weidner (COO BEULCO), Prof. Dr. Karin Schnitker (Coaching Gesellschaft mbH), Martin Lange (CSO BEULCO), Ina Scheppe (Leitung Marketing BEULCO), Dr.-Ing. Matthias Parlings (Fraunhofer Institut IML), Jürgen Christian Schütz (CEO BEULCO) und Axel Beul (Gesellschafter BEULCO).

serversorgung, gewagt hat, neue Schritte zu gehen. Mit diesem Anspruch geht das Unternehmen nun weiter in Richtung Zukunft.


108 KULTUR

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Kultur

Dick Cheney (Christian Bale) und die starke Frau an seiner Seite (Amy Adams).

Die Macht des Hinterbänklers Der Film „Vice – Der zweite Mann“ seziert das Macht- und Ränkespiel im Weißen Haus – und ist dabei so böse und abstoßend, wie er es seinem Antihelden unterstellt. Und unglaublich lustig.

R

ichard Bruce „Dick“ Cheney war keine politische Lichtgestalt. Sein Intellekt brillierte im Verborgenen, sein Charisma war nie medientauglich. Oft sind es jene Strippenzieher und Königsmörder, die narrative Stoffe shakespearescher Dimension liefern. Nun erzählt Regisseur Adam McKay in „Vice – Der zweite Mann“ den aufhaltsamen Aufstieg dieses Opportunisten der Macht. McKay kommt aus der leichten Muse. Lange Zeit war er Autor für „Saturday Night Life“, drehte zahlreiche erfolgreiche Komödien, um schließlich 2015 mit „The Big Short“, einer so verstörenden wie komischen Analyse der Finanzkrise von 2008, im politischen Kino zu reüssieren. Nun also nimmt sich McKay das Herz der Finsternis im Weißen Haus vor: Dick Cheney und sein Machtapparat hinter dem scheinbar mächtigsten Mann der Welt.

Dick Cheney – ein Zivilversager Die biographische Tour de Force beginnt mit dem jungen Cheney (Christian Bale), der 1963 eher vor einer Trinkerkarriere steht. Es ist seine Frau Lynne (Amy Adams), die ihm, gesegnet mit allen Eigenschaften der „starken Frau hinter dem erfolgreichen Mann“, eisern den Weg zu Erfolg und Macht weist. Ein Praktikum im Kongress bringt ihn 1968 zu den Republikanern, der junge Donald Rumsfeld (Steve Carell) wird sein Mentor. Cheney begreift schnell: Schweigen, Zuhören und die richtigen Loyalitäten sind die Eintrittskarten in das Politkarussell. Wie für viele Zivilversager wird die Politik – die Postengenerierungsmaschine für Anwärter ohne jegliche Qualifikation – das Sprungbrett zur Macht. Denn Cheney ist, so erzählt uns McKay, ein Mann ohne Eigenschaften, ein tumber Tor, gleichwohl gerissen genug, die Mechanismen und Nomenklaturen des Politappara-

Puppenspieler Cheney und seine Marionette: Sam Rockwell als George W. Bush.


KULTUR 109

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Foto: © 2019 Annapurna Pictures, LLC. All Rights Reserved

Cheney im Wahlkampf.

tes intuitiv zu durchschauen. Letztlich sind es die charakterliche Inhaltsleere, die moralische Gesichtslosigkeit, der fehlende Standpunkt, die solche politischen Karrieren ermöglichen. Aus diesem Forrest Gump der Politik wird ein Hinterzimmer-Mephisto, der verlässlich das Böse will und schafft. Cheney wechselt ins Kabinett von Nixon, wird Gerald Fords jüngster Stabschef und schließlich Verteidigungsminister unter George Bush. Das sorgt für willkommene Verflechtungen mit der Rüstungs- und Ölindustrie, Cheney wird CEO des Energie-Multis Halliburton und wechselt in die Privatwirtschaft. 2001 schließlich ruft ihn George W. Bush als Vize ins Weiße Haus zurück.

„VICE – DER ZWEITE MANN“ Biopic (USA 2018), FSK 12 Buch und Regie Adam McKay Mit Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell, Sam Rockwell u. a. Erhältlich auf Blu-Ray, DVD und VoD

Amüsant irritierend McKay behauptet im Vorspann, gut recherchiert zu haben (Cheneys Verschlossen-

heit, Interviewscheu und die mangelnde Dokumentation seiner Karriere sind legendär), schweigt sich indes über die Details dieser Karriere aus. Dafür amüsiert er mit zahlreichen formalen Überraschungen: In der Mitte des Films beginnt plötzlich der Abspann unter süßlicher Musik, Schrifttafeln erzählen, dass Cheney sich ins Privatleben zurückzog und seither Retriever züchtet. Eine grandiose Irritation, wissen wir doch alle, dass die eigentlichen Katastrophen erst noch kommen. Mitunter legt McKay dem Ehepaar Cheney Shakespeare Zitate in den Mund, eine komplette Szene wird im altenglischen Versmaß gesprochen. In einer Restaurantszene erscheint Alfred Molina als Kellner, der Cheney und seinen Mitarbeitern das Menü des Abends präsentiert: „Erweiterte Verhörmethoden“, also Waterboarding, „außerordentliche Auslieferung“, das Recht, feindliche Kämpfer zu entführen und in Guantanamo zu inhaftieren, die ganze Speisekarte undemokratischer Spezialitäten. Cheney: „Wir nehmen alles.“

Klare Botschaft Am Ende bleibt die These der geradlinigen Bösartigkeit, die unweigerlich zum Irakkrieg, zum IS und schließlich zu Donald Trump führt. Denn Cheney, trainiert unter Bush Senior, wird zum Mastermind, zum Puppenspieler hinter dem Rücken des schwächlichen Bush Junior. All dies wurde hinreichend oft erzählt und genauso oft angezweifelt. McKay ist das egal, dem Zuschauer irgendwann auch. Eines aber ist sicher: In zwei oder fünf Jahren wird er ein weiteres Biopic drehen, das „Donald“ oder „POTUS“ oder sonstwie heißt, aber auf alle Fälle lustig werden wird.

Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@ bvmw.de


110 KULTUR

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Karl Ort – o.T.


KULTUR 111

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

ARTMUC München: Kunstfestival & Verkaufsmesse in einem Seit 2014 findet die ARTMUC zweimal im Jahr in München statt, jeweils im Frühjahr und Herbst. Dieses Jahr konnte der BVMW in München eine Exklusiv-Führung für seine Mitglieder über die Entdecker- und Verkaufsmesse organisieren.

D

ie Münchner Kunstmesse will im jungen und dynamischen Kunstmarkt neue, außergewöhnliche Trends aufzeigen und jungen Künstlern den Zugang zu einem breiteren Publikum ermöglichen. Die letzte ARTMUC präsentierte mehr als 130 nationale und internationale Künstler und 20 Galerien und Kunstprojekte. Mit dabei waren Künstler und Projekte unter anderem aus Luxemburg, der Ukraine, Österreich, Schweiz, Frankreich, Spanien, Deutschland, Portugal, Italien, Bulgarien und erstmalig auch aus Japan.

Foto: © Yolanda Ng – ARTMUC

Entdeckermesse und Verkaufsplattform für zeitgenössische Kunst Die ARTMUC positioniert sich als Entdeckermesse und Verkaufsplattform für zeitgenössische Kunst, die noch günstig zu erwerben ist. „Die Dynamik am Kunstmarkt hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen und bietet ständig so viel Neues. Die ARTMUC ist ein idealer Rahmen, dies einem breiten Publikum näher zu bringen“, betont ihr Veranstalter, Raiko Schwalbe. Die Messe zeigt ihre Werke und Projekte an zwei Standorten, im Isarforum am Deutschen Museum und auf der Praterinsel im Herzen von München. Eines der diesjährigen Highlights war die Sonderschau des international bekannten Künstlers Mel Ramos. Im Rahmen einer Kooperation zwischen der ARTMUC und dem art42 Kunsthandel aus Wörth am Rhein wurde erstmalig in einer Sonderausstellung neben

bekannten Kunstwerken des 2018 verstorbenen Künstlers auch die „Emaille-Edition Mel Ramos“ präsentiert. In einer zweiten Sonderschau „Textilkunst“ zeigten Beate von Harten, Heide Proksch und Florian Nörl Positionen moderner abstrakter Tapisserien aus reinem Leinen. Die Darstellungen in Bildteppichen reichten von phantastischem Realismus bis zu technisch neuen Strukturen aus textiler Substanz. Die diesjährige ARTMUC legte erstmals einen Schwerpunkt auf ein umfangreiches Rahmenprogramm. Zu den regulären Messeführungen bot darin Anabel Roque Rodríguez, zuständig für Führungen unter anderem für Art Karlsruhe und Art Basel, verschiedene Panels mit Künstlergesprächen an, die zeigten, dass Event-Messen einen wichtigen Platz im Ökosystem der Kunst haben und zeitgenössischen Debatten einen Ort bieten.

BVMW empfängt Mittelständler auf der ARTMUC Zum Rahmenprogramm zählte dieses Jahr auch eine Exklusiv-Führung des BVMW über die Messe. Der BVMW kooperiert schon seit einigen Jahren mit der ARTMUC. Auf Anregung des Verbandes sowie von Dr. Hannspeter Schubert, Vorstand der Blue Cap AG und Mitglied im Landeswirtschaftssenat Bayern, wurden in diesem Herbst mehr als 100 kunstbegeisterte Unternehmerinnen und Unternehmer zu einem Empfang mit anschließendem Get-together eingeladen. Unter

den Teilnehmern befand sich neben ARTMUC-Gründer Raiko Schwalbe auch die Schirmherrin Prinzessin Hermine zu SalmSalm. In drei von fachkundigen Expertinnen geführten Rundgängen über die Messe konnten sie die ausgestellte Kunst näher kennenlernen – und ihre Lieblingswerke im Anschluss erwerben. Die nächste Ausgabe der ARTMUC findet im Mai 2020 statt.

Gut zu wissen Die ARTMUC, Münchens größtes Kunstfestival für zeitgenössische Kunst, ist die wichtigste Entdecker- und Verkaufsplattform in Bayern ARTMUC – 30. April bis 3.Mai 2020 Isarforum am Deutschen Museum & Praterinsel Tagesticket 14 Euro www.artmuc.info

Achim von Michel BVMW Pressesprecher Bayern achim.von.michel@ bvmw.de


112 KULTUR

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

BuchTipps „Weltsystemcrash“ Krisen, Unruhen und die Geburt einer neuen Weltordnung

M

it „Der Crash kommt“ gelang Max Otte eines der erfolgreichsten deutschen Wirtschaftsbücher überhaupt. Fast eine halbe Million verkaufter Exemplare machten Otte zum „erfolgreichsten deutschen Crash-Guru aller Zeiten“ (Daniel Stelter). Mehr als 13 Jahre später erscheint nun der Nachfolger des Bestsellers: „Weltsystemcrash“. Otte hatte damals als einer der wenigen die Finanzkrise präzise vorhergesagt. Auch in seinem neuen Buch scheut er sich nicht, die mittlerweile noch größeren Risiken und Probleme beim Namen zu nennen: Der Schuldenstand der Welt ist durch diverse Banken- und Eurorettungsaktionen auf den höchsten Stand aller Zeiten gestiegen. Der Niedergang der USA verbunden mit einem Aufstieg Chinas und der Ohnmacht Europas bedeuten womöglich fatale Konsequenzen für uns alle. Zunehmende Überwachung, eine neue Ära des Populismus, Fake News und eine verfahrene Migrationspolitik spalten die westlichen Gesellschaften. Otte zeigt, wie all diese Puzzlestücke zusammenhängen, und wie jeder Einzelne mit dieser

Bitte richten Sie Ihre Bestellungen an: BVMW-Servicegesellschaft mbH, Berlin servicegesellschaft@bvmw.de Tel. 030 / 53 32 06-27

vollkommen neuen Weltordnung umgehen kann. Und wie schon vor 13 Jahren schließt er mit einer eindringlichen Warnung: Es ist wichtiger denn je, Vorsorge zu treffen – ehe es zu spät ist.

Persönliche Empfehlung von Mario Ohoven! Weltsystemcrash Dr. Max Otte

Hardcover 640 Seiten

24,99 €

Alle Preise ohne Gewähr. Sie erhalten alle Bücher versandkostenfrei.

Die Rettung der Arbeit

Der größte Crash aller Zeiten

Was Frauen unternehmen

Die Zukunft der Arbeit ist kein Schicksal, sondern eine Frage der politischen Gestaltung

Wirtschaft, Politik, Gesellschaft – Wie Sie jetzt noch Ihr Geld schützen können

20 Unternehmerinnen erzählen ihre Geschichte

Marc Friedrich, Matthias Weik

Sabine Reins

Lisa Herzog Hanser 221 Seiten

Eichborn 400 Seiten

Kommunikationsbüro Sabine Reins 87 Seiten Bestellung: beate.boettger-goewecke@bvmw.de

22,00 €

20,00 €

18,00 €


KULTUR 113

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

AppTipps

Aivy –

Signal Messenger –

Nepos –

Das Start-up Aivy macht professionelle Berufsberatung digital, und die Nutzer profitieren von einer kostenlosen, wissenschaftlichfundierten Hilfestellung bei der Berufswahl. Durch den Einsatz intelligenter Algorithmen verkürzt Aivy den Berufswahlprozess und zeigt strukturiert berufliche Möglichkeiten auf.

Die kostenlose App wurde von der gemeinnützigen Signal-Stiftung entwickelt mit dem Ziel, für alle Menschen den freien Meinungsaustausch in geschützter Privatsphäre sicherzustellen – ohne Werbung und ohne Tracking. Zur Umsetzung der Datensparsamkeit dient das „Zero-Knowledge-Prinzip“: Betreiber haben keinerlei Informationen darüber, wer wann mit wem worüber redet. Konkret bedeutet dies: n Der Nachrichteninhalt kann aufgrund der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung weder von den Betreibern noch von Dritten eingesehen werden. n Das Telefonbuch der Nutzer wird nicht im Klartext auf die Server der Betreiber geladen. n Da Signal vor dem Abschicken einer Nachricht die Absenderadresse verschlüsselt, kann selbst beim Abgreifen der ausgetauschten Nachrichten nicht rekonstruiert werden, wer mit wem kommuniziert. n Die Nutzerprofile sind verschlüsselt und daher nicht für die Betreiber einsehbar, sondern nur von den Gesprächspartnern selbst. www.signal.org

Nepos (lat. Enkel, Neffe) ist ein Start-up aus Berlin und macht quasi aus der Enkelperspektive heraus den Senioren den täglichen Umgang mit der digitalen Technik einfacher, z. B. mit Suchmaschinen, Mails, Bildern und Filmen. Die universelle Bedienoberfläche „Ui+“ wurde für die Generation 65+ optimiert und ist die weltweit erste Vereinheitlichung aller Oberflächen im Internet. Mit über 300 Seniorinnen und Senioren hat Nepos in vier Langzeitstudien die Grundprinzipien der Bedienoberfläche entwickelt. Auch in Zukunft wird das Start-up die jeweils aktuellen Technologien für die jeweils aktuelle Generation 65+ optimieren, transformieren und kuratieren. Wie einfach der Einstieg ins Internet sein kann, zeigt die Nepos Plattform. Die ersten Funktionen können ab sofort kostenlos unter www.nepos.app auf allen Endgeräten (ab 10 Zoll) ausprobiert werden.

die intelligente Berufsberatung

Die mobile App nutzt psychologische Testverfahren, mit deren Hilfe den Nutzern auf ansprechende Weise aufgezeigt wird, welcher Beruf passt. Im Anschluss schlägt Aivy dann passende Stellenangebote vor. Die App ist für die privaten Nutzer kostenlos. Für Unternehmen gibt es kostenpflichtige Tools, über die sie vorqualifizierte Bewerber durch innovatives Mobile-Sourcing erhalten. Dieses Vorgehen minimiert das Risiko einer Fehleinstellung.

www.aivy.app

die datensichere Alternative zu WhatsApp

die App für die Generation 65+

www.nepos.de


114 KULTUR

DER MITTELSTAND. 6 | 2019

Geistesblitze

„Sicherheit erzeugt Angst vor dem Unsicheren.“ Elfriede Jelinek

„Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das Universum darauf hinwirken, dass du es erreichen kannst.“ Paulo Coelho

„Ist unsere Motivation stark und heilsam, können wir alles vollbringen.“ Dalai Lama

Joanne K. Rowling

„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“ Hermann Hesse

„Sammle deinen Reichtum, ohne seine Quellen zu zerstören, dann wird er beständig zunehmen.“

„Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“

Buddha

Antoine de Saint-Exupéry

„Der Philosoph, der in der Öffentlichkeit eingreifen will, ist kein Philosoph mehr, sondern Politiker; er will nicht mehr nur Wahrheit, sondern Macht.“ Hannah Arendt

Fotos: © www. wikipedia.org

„Glücklich zu sein bedeutet, zu verstehen, dass das Leben nicht eine Checkliste an Anschaffungen und Erfolgen ist.“


GE STAL TER Mittelstandsfinanzierung neu gestalten. Alternative Lösungen anbieten. Ganz einfach digital. Mit allen Gestaltungsmöglichkeiten neuester Technik – das ist es, was uns von creditshelf täglich neu motiviert. Was uns einzigartig macht. Und unsere Kunden begeistert.

Start! It‘s your credit. → creditshelf.com l Mainzer Landstraße 33a l D – 60329 Frankfurt +49 69 3487724-07 l kredit@creditshelf.com


300. 000 x

Vertrauen Mit uns können Sie rechnen: Denn 300.000 Geschäfts- und Firmenkunden finden bei uns individuelle Lösungen für ihren Betrieb. Und eine Beratung, die Partnerschaft nicht an der Unternehmensgröße festmacht.

Die Postbank – die Bank für den Mittelstand. Mit folgenden Angeboten für Sie: · Zahlungsverkehr · Finanzierung · Factoring/Leasing und mehr Infos unter 0228 5500 4455 und auf postbank.de/mittelstand

Postbank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG

Premiumpartner des BVMW


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.