DER Mittelstand. 01/20

Page 1

1/2020 | Februar / März 2020 | 4,90 Euro

Schwerpunkt: Mittelstand und Finanzierung

ERFOLG

INVESTITION FINANZIERUNG

ABER WIE? Mehrjähriges Investitions­ programm ist nötig S. 16

Unternehmensfinanzierung: Hausbank forever? S. 40


300. 000 x

Vertrauen Mit uns können Sie rechnen: Denn 300.000 Geschäfts- und Firmenkunden finden bei uns individuelle Lösungen für ihren Betrieb. Und eine Beratung, die Partnerschaft nicht an der Unternehmensgröße festmacht.

Die Postbank – die Bank für den Mittelstand. Mit folgenden Angeboten für Sie: · Zahlungsverkehr · Finanzierung · Factoring/Leasing und mehr Infos unter 0228 5500 4455 und auf postbank.de/mittelstand

Postbank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG

Premiumpartner des BVMW


3

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mit Power für den Mittelstand! Mario Ohoven Präsident Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und Europäischer Mittelstandsdachverband European Entrepreneurs (CEA-PME), Herausgeber „DER Mittelstand.“

G

laubt man der Bundesregierung, dann nimmt unsere Wirtschaft 2020 „wieder Fahrt auf“. Doch da ist wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens: Das Wachstum erlahmt und ist zudem zu einem erheblichen Teil auf die vergleichsweise hohe Zahl an Arbeitstagen in diesem Jahr zurückzuführen. Große Teile der Industrie sind von der Rezession erfasst, viele Unternehmen mussten bereits Kurzarbeit anmelden.

ritätszuschlags zum 1. Januar 2020 und für alle gewesen – also für weite Teile des Mittelstands, viele Selbstständige, aber auch die Kapitalgesellschaften.

Foto: © Thomas Imo

Dass die GroKo diese Entlastung bis heute verweigert, kommt in meinen Augen einem moralischen Steuerbetrug an Mittelstand und Mittelschicht gleich. Wir reden hier von zehn Milliarden Euro – bei einem Einnahmenplus des Bundes von 17,1 Milliarden EuVor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung endlich aus ro allein für 2019. Die Soli-Abschaffung ist aber nicht nur ökonoihrem wirtschaftspolitischen Dämmerschlaf aufwachen. Die Un- misch und moralisch geboten, dafür sprechen auch starke verternehmen brauchen eine spürbare Minderung der Abgabenlast, fassungsrechtliche Gründe. damit sie international wettbewerbsfähig bleiben. Momentan ergeht es ihnen wie einem Spitzenathleten, dem man Bleigewich- Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts II zum te umhängt – und von dem man trotzdem verlangt, dass er Welt- 31. Dezember 2019 ist schlicht verfassungswidrig. Zudem verrekord läuft. stößt die Benachteiligung ganzer Steuerzahler-Gruppen klar gegen das Grundgesetz. Aus diesem Grund hat der BVMW am Andere wichtige Industriestaaten wissen, was die Stunde ge- 27. Januar beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine schlagen hat, und haben ihre Unternehmen steuerlich entlastet. Verfassungsbeschwerde gegen das Soli-Gesetz eingereicht. Beispiele sind Großbritannien mit 19 Prozent, die USA mit rund 26 Prozent oder Österreich mit 25 Prozent, während unsere Be- Wenn die Politik dem Mittelstand nicht die Rahmenbedinguntriebe rund 30 Prozent schultern müssen. Deshalb müssen die gen gibt, die er braucht und auch verdient, dann müssen wir daUnternehmenssteuern auf 25 Prozent, besser noch 20 Prozent für kämpfen. „Auf die Dauer hilft nur Power“, lautet ein bekannter gesenkt werden. Denn mit der Wettbewerbsfähigkeit stehen Sponti-Spruch. Wir als BVMW haben diese Power, und wir werWachstum und Wohlstand auf dem Spiel. den diese Power einsetzen. Damit 2020 am Ende kein verlorenes, sondern ein erfolgreiches Jahr für den deutschen MittelDoch es sind nicht die mittelständischen Unternehmer allein, die stand wird. als angebliche Spitzenverdiener dem Würgegriff des Fiskus ausgesetzt sind. Der Steuerhammer trifft längst die Mitte der Gesellschaft. Inzwischen zahlen vier Millionen Deutsche den Spitzensteuersatz. Noch 1965 wurde der Spitzensteuersatz erst beim 15-fachen des Durchschnittslohns fällig, heute reicht es, wenn ein Arbeitnehmer den 1,5-fachen Durchschnittslohn verdient, um Mario Ohoven unter den Spitzensteuersatz zu fallen. Union und SPD haben im Vorjahr eine Riesenchance vertan, den unternehmerischen Mittelstand schnell und nachhaltig zu entlasten und ihm so Luft für zusätzliche Investitionen zu verschaffen. Diese Chance wäre die vollständige Abschaffung des Solida-


4

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

IN DIESER AUSGABE 10

DEUTSCHLAND 6 News: 2020: Das ändert sich für Ihr Unternehmen 8 Wirtschaft: Wie wird 2020? 10 Glanzvoller Jahresempfang mit Top Referenten 15 Mietendeckel – ein Gesetz, das nur Verlierer schafft 16 „Mehrjähriges Investitionsprogramm ist nötig“ 18 Wirtschaft, viel zahlen bitte! 20 Grundsteuerreform: Sorgen und Hoffnungen des Mittelstands 22 Mittelstandspräsident im Dialog 23 Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit gehören zusammen

EUROPA 24 News 26 Start mit Tusch – und was kommt danach?

BVMW Jahresempfang

26

INTERNATIONAL 28 Zukunftsmarkt Afrika

SCHWERPUNKT

Start mit Tusch – und was kommt danach?

52

32 Finanzierungsklima trotzt Konjunkturflaute 34 Liquiditätsspritze mit Nebenwirkungen 36 Ein Kapital-Fehler 38 Venture Capital für junge Unternehmen 40 Unternehmensfinanzierung: Hausbank forever? 42 Digital finanziert – mehr Liquidität für Ihr Unternehmen 44 Neue Wachstumsimpulse durch Factoring 46 Working Capital für KMU 48 Erfolgreich durch die Rezession 50 Finanzierungsmix auf den Prüfstand 52 BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für den Mittelstand 54 Bares Geld für Innovation 55 Finanztipp: Schwindende Sicherheiten 56 Bargeldlos in die Zukunft? 58 Kryptowährungen: Der Markt wächst weiter 60 So meistern Sie Krisen 62 Steuern auf den Punkt: Private Darlehen im Steuerrecht 63 Klartext: Finanzierung: Wie Erfolg nicht zu verhindern ist 64 Finanzierung in Zahlen

BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT

BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für den Mittelstand

67 „Das Steuerrecht müsste vereinfacht werden“ 71 „Informatik müsste viel stärker in die Lehrpläne Einzug halten“ 74 Bundeswirtschaftssenat in Berlin: Diplomatie, Kultur und Medien auf höchstem Niveau


5

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

SERVICE

90

78 News 80 Outplacement statt Kündigung 81 Impressum 82 Deepfakes – die neue Form der Manipulation im Netz 83 Nachhaltiges Wirtschaften im Mittelstand 84 Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem Unternehmen einsetzen 85 Stiftungen – ein internationales Modell auch für Mittelständler 86 KMU digitalisieren und konkurrenzfähig bleiben 87 Wie Soft Skills Ihre Zukunft retten 88 Rechtshotline: Achtung bei Arbeit auf Abruf! 90 Strengere Compliance-Regeln auch für KMU

BVMW Strengere Compliance-Regeln auch für KMU

92 News 96 Nachhaltig haften bleiben 98 Visionen für den Mittelstand 100 Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt 102 Elektromobilität als Chance 103 Und ewig blühen die Rosen … 104 IT-Aufbauarbeit für den Mittelstand 105 Die Denkfabriken des BVMW 105 Wissenschaftlicher Beirat des BVMW

103

KULTUR 106 Filmtipp: Das perfekte Geheimnis 108 Exklusive Fotoausstellung – Architektur der Weißen Stadt Tel Aviv 109 Meinung: Eine nachhaltige(re) Generation 111 „Ich bin eine Rampensau“ 112 BuchTipps 113 AppTipps 114 Geistesblitze

Und ewig blühen die Rosen ... 01| 2020

FEBRUAR | MÄRZ 2020

Veranstaltungstermine des BVMW

n MITTELSTANDSALLIANZ AFRIKA S. 17

n TWENTY2X S. 18

Dieser Ausgabe liegt die Broschüre „Netzwerk. Veranstaltungen des BVMW“ bei. Scannen Sie diesen QR-Code mit Ihrem Smartphone und lesen Sie diese Ausgabe als PDF. In der digitalen Fassung sind sämtliche Hyperlinks aktiv.

Tagesaktuelle Neuigkeiten aus dem Mittelstand finden Sie auf unserer Verbandswebseite www.bvmw.de


DEUTSCHLAND

Deutschland

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

News

2020: Das ändert sich für Ihr Unternehmen Ein höherer Mindestlohn, Entlastungen bei der Arbeitslosenversicherung und die Rückkehr zur Meisterpflicht – 2020 bringt zahlreiche Änderungen für mittelständische Betriebe mit sich.

Höherer Mindestlohn 2020 steigt der gesetzliche Mindestlohn. Seit dem 01. Januar müssen Arbeitgeber mindestens 9,35 Euro brutto pro Stunde bezahlen – statt wie bisher 9,19 Euro. Auch viele Branchenmindestlöhne steigen, zum Beispiel im Elektrohandwerk, im Dachdeckerhandwerk oder in der Pflegebranche. Die Änderung betrifft auch studentisch Beschäftigte. Der Mindestlohn für Zeitarbeiter war bereits im Oktober 2019 gestiegen – auf 9,96 Euro (West) und 9,66 Euro (Ost).

Neue Kleinunternehmergrenze Bislang galt als Kleinunternehmer, wer im Vorjahr nicht mehr als 17.500 Umsatz gemacht hat. Diese Grenze wurde laut dem Bürokratieentlastungsgesetz III zum 01. Januar 2020 auf 22.000 Euro erhöht.

Geringerer Beitrag zur Arbeitslosenversicherung Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sank zum 01. Januar um 0,1 Punkte auf 2,4 Prozent. Arbeitgeber und Arbeitnehmer leisten diese Abgabe zu gleichen Teilen. Die Beitragssenkung ist bis 31. Dezember 2022 befristet.

Kurzfristig Beschäftigte: Höhere Grenze für Pauschalbesteuerung Bislang durften Arbeitgeber bei kurzfristig Beschäftigten immer dann eine pauschale Lohnsteuer von 25 Prozent ansetzen, wenn der durchschnittliche Arbeitslohn pro Arbeitstag 72 Euro nicht überstieg. Dieser Grenzbetrag erhöht sich auf 120 Euro.

Job-Ticket: Pauschalbesteuerung immer möglich Arbeitgeber dürfen ab diesem Jahr die Kosten für ein Jobticket ihrer Angestellten immer pauschal mit 25 Prozent versteuern. Diese Regelung gilt für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.

Verschärfte Meldepflichten im Transparenzregister Seit 01. Januar 2020 müssen Unternehmen nicht mehr nur die wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister benennen sowie die Art und den Umfang des wirtschaftlichen Interesses – sondern beispielsweise auch die Staatsangehörigkeit. Zudem erhält nicht mehr nur ein kleiner Kreis interessierter Dritter Einsicht in das Register – es ist seit Jahresbeginn öffentlich einsehbar.

Mindestgehalt für Azubis Höherer Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung Der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den alle gesetzlichen Krankenkassen zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent erheben, stieg zum 01. Januar 2020 von 0,9 auf 1,1 Prozent. Die Kosten dieses Zusatzbeitrages teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Auszubildende erhalten seit 01. Januar 2020 eine Mindestvergütung. Arbeitgeber müssen ihnen im ersten Ausbildungsjahr mindestens 515 Euro pro Monat zahlen, 2021 steigt dieser Betrag auf 550 Euro, 2022 auf 585 Euro und 2023 auf 620 Euro. Zudem erhöht sich die Mindestvergütung im zweiten Ausbildungsjahr um 18 Prozent, im dritten um 35 Prozent und im vierten um 40 Prozent. Eine Ausnahme gilt, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen.

Foto: © Lothar Drechsel von www.istockphoto.com

6


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Rückkehr zur Meisterpflicht Seit dem 01. Januar 2020 gilt für insgesamt zwölf Gewerke wieder die Meisterpflicht. Durch eine Änderung der Handwerksordnung dürfen beispielsweise Fliesenleger oder Raumausstatter nur mit einem Meistertitel ihr Handwerk selbstständig ausüben. Bestehende Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen auch weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und sollen einen Bestandsschutz erhalten.

Vereinheitlichte Titel für berufliche Fortbildung Aktuell gibt es in der beruflichen Fortbildung unzählige Abschlüsse mit Bezeichnungen wie „Servicetechniker/in“, „Fachwirt/in“ oder „Fachkauffrau/-mann“. Um die internationale Vergleichbarkeit zu verbessern, werden diese nun vereinfacht. Künftig gibt es die Stufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ bzw. „Geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“. Alle anderen Bezeichnungen entfallen. Ein Meister im Handwerk kann sich künftig auch „Bachelor Professional“ nennen.

Anstieg der EEG-Umlage

Fotos: © fotografixx von www.istockphoto.com; © Moyo Studio von www.istockphoto.com

Stromkunden in Deutschland müssen sich auf höhere Energiekosten einstellen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll 2020 um 5,5 Prozent auf 6,756 Cent je Kilowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit vier Personen und 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch dürften die Stromkosten damit um knapp 13 Euro im Jahr steigen.

Mehr Fachkräfte dürfen einwandern Bislang durften Fachkräfte ohne Hochschulabschluss, die aus Drittstaaten stammen, nur in Deutschland arbeiten, wenn sie in einem sogenannten Engpassberuf tätig werden – etwa in der Altenpflege. Ab März 2020 dürfen das alle Fachkräfte – egal, welchen Beruf sie ausüben. Vorausgesetzt, sie haben eine Jobzusage, einen dafür anerkannten Berufsabschluss und Sprachkenntnisse. Weitere Änderung laut Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Nicht mehr nur Akademiker dürfen ohne Jobzusage nach Deutschland einreisen, sondern auch Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung.

Neue Rechengrößen der Sozialversicherung Seit 01. Januar 2020 gilt für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung eine neue Einkommensgrenze. Der Beitrag bemisst sich dann bis zu einem Höchstbetrag von 6.900 Euro im Monat in den alten und 6.450 Euro in den neuen Bundesländern. In der gesetzlichen Krankenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze ab 2020 auf jährlich 56.250 Euro (4.687,50 Euro im Monat). Die Versicherungspflichtgrenze steigt auf jährlich 62.550 Euro (5.212,50 Euro im Monat).

Neue Kassenpflichten Unternehmer, die eine technisch nachrüstbare Registrierkasse besitzen, sind verpflichtet, diese bis 30. September 2020 nachzurüsten. Nicht nachrüstbare Kassen müssen bis Ende 2022 ersetzt werden. Registrierkassen müssen dann fälschungssichere Speicher und Sicherheitsmodule aufweisen, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert sind. Offene Ladenkassen, die ohne technische Unterstützung auskommen, dürfen Unternehmer auch über das Jahr 2022 hinaus benutzen.

Freibetrag bei Betriebsrenten Seit 01. Januar 2020 soll ein Freibetrag von 159,25 Euro für die Krankenkassenbeiträge gelten. Erst ab dieser Höhe werden dann überhaupt Beiträge auf die Betriebsrente fällig, wie es in Regierungskreisen hieß. Da bei 60 Prozent der Betriebsrentner die Bezüge unter 318 Euro liegen, sollen diese künftig faktisch nur noch maximal den halben Beitragssatz zahlen müssen. Die weiteren 40 Prozent sollen durch den Freibetrag spürbar entlastet werden.

7


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wirtschaft: Wie wird 2020? „Deutschland bewegt sich konjunkturell auf dünnem Eis“

Der Mittelstand geht trotz der Industrierezession optimistisch in das Jahr 2020. Deutschland bewegt sich aber nach den Worten von Mario Ohoven konjunkturell auf dünnem Eis. Die Ergebnisse einer topaktuellen Unternehmerumfrage des BVMW präsentierte Mario Ohoven auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Mittelstandspräsident Mario Ohoven (Mitte) stellte die Ergebnisse der Unternehmerumfrage auf der Pressekonferenz in Berlin vor.

„E

ntscheidend ist, dass die Bundesregierung endlich ihre wirtschaftspolitische Passivität aufgibt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu sichern“, erklärte Mittelstandspräsident Mario Ohoven bei der Vorstellung der Ergebnisse der Unternehmerumfrage des BVMW zum Jahreswechsel. Der aktuellen Umfrage zufolge sind die Unternehmer zuversichtlich, wenn es um das eigene Unternehmen geht. So schätzt ein Drittel die gegenwärtige Geschäftslage als befriedigend ein, 47 Prozent als gut, 12 Prozent sogar als sehr gut. Fast 80 Prozent erwarten, dass sich ihre Geschäftslage in den nächsten 12 Monaten vorteilhaft oder zumindest stabil entwickelt. Dagegen sind die Mittelständler überaus pessimistisch hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in 2020. Über 70 Prozent befürchten ein Abgleiten unserer Volkswirtschaft in einen Abschwung. Schlecht fällt das Zeugnis für die GroKo aus: Nur 9 Prozent bewerten die bisherige Arbeit mit gut oder sehr gut. Zu den vorrangigen Aufgaben der Politik gehört aus Sicht der Unternehmer neben dem Bürokratieabbau vor allem eine Senkung der Steuerbelastung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Als erster Schritt muss der Solidaritätszuschlag vollständig und für alle abgeschafft werden“, betonte Ohoven. Einen beschleunigten Breitbandausbau fordern 67 Prozent.

Der Mittelstand leidet besonders unter dem akuten Fachkräftemangel: Mehr als 90 Prozent der Unternehmer haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Zugleich beklagen drei Viertel das abnehmende Bildungsniveau der Bewerber. Über 90 Prozent der Mittelständler fordern deshalb eine Stärkung des Real- und des Hauptschulabschlusses. Es gehe jetzt darum, Deutschland fit für die Zukunft zu machen, betonte Ohoven. „Die GroKo muss in der Haushaltspolitik umsteuern, Zukunftsinvestitionen müssen Vorrang vor Sozialkonsum bekommen.“ Dazu müsse der Anstieg der Sozialausgaben, die heute schon über 57 Prozent des Bundeshaushalts ausmachen, begrenzt werden. Umso erfreulicher ist es, dass drei Viertel der Unternehmer in 2020 ebenso viel wie 2019 oder sogar mehr investieren wollen. Zudem erwägt trotz der wachsenden weltwirtschaftlichen Risiken nur eine kleine Minderheit eine Verlagerung ins Ausland. Bei der Sonntagsfrage kommen Union mit gut 31 Prozent und FDP mit 29 Prozent zusammen auf eine satte Mehrheit. Es folgen die Grünen mit 15 Prozent und die AfD mit 10 Prozent. Klare Verlierer sind die SPD mit 3 Prozent und die Linke mit 2,5 Prozent. „Die Unternehmer weisen offenbar der SPD die Verantwortung für die mittelstandsfeindliche Politik der GroKo zu“, resümiert Mittelstandspräsident Mario Ohoven.

Fotos: © Christian Kruppa

8


UNTERNEHMERUMFRAGE Die Ergebnisse 2019/20

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

ch Ihr Umsatz 2019 zum Vorjahr?

Wie wird sich Ihre Geschäftslage in den kommenden 12 Monaten entwickeln?

UMFRAGE 48,74% 31,72% 19,54%

he ommen­ nsvolumen planen nd? 12 Monate im nden Vorperiode?

günstiger  gleich  ungünstiger

DEUTSCHLAND

Welche gesamtwirtschaftliche Entwicklung erwarten Sie in den kommen­ den 12 Monaten in Deutschland?

31,63% 46,84% 21,53%

Aufschwung (Expansion)  Hochkonjunktur (Boom)  Abschwung (Rezession)  Tiefphase (Depression)

Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit der Großen Wie beurteilen Sie dieKoalition? aktuelle Finanzie­ rungssituation Ihres Unternehmens?

17,66% 10,95% 68,62% 2,78%

9

Wie bewert

sehr sch   schlech   befriedig   gut   sehr gut

Welche wirtschaftspolitischen Aufgaben sollte die Bundesregierung Legislaturperiode vorrangig anpacken? (Mehrfachnennung möglich) Bürokratieabbau 84,76% Unternehmenssteuern senken 54,68% Die GroKo muss in der Sozialabgaben senken 42,77% Fachkräftemangel bekämpfen 45,86% Haushaltspolitik umsteuern, Massive EU-Schuldenkrise bekämpfen 21,35% Zukunftsinvestitionen müssen Verkehrsinfrastruktur verbessern 56,54% Vorrang vor Sozialkonsum Breitbandausbau beschleunigen 66,98% bekommen. Cybersicherheit verbessern 31,79% Mario Ohoven

17,66% 10,95% 31,73% 68,62% 41,71% 2,78% 26,56%

sehr sehr schlecht gut   schlecht  gut   befriedigend  befriedigend   gut  schlecht   sehr sehr gut schlecht

17,40% 17,31% 40,96% 35,25% 32,71% 38,28% 7,73% 8,70% 1,20% 0,47%

Sollte der BVMW gegen die Weiter­ erhebung des Solidaritätszuschlags, der laut Gesetz zum 31.12.2019 ausläuft, beim Bundesverfassungsgericht klagen?

Soll auch Sch

Anzeige

fgaben sollte die Bundesregierung in der zweiten Hälfte der ken? (Mehrfachnennung möglich)

abbau 84,76% enken 54,68% enken 42,77% mpfen 45,86% mpfen 21,35% ssern 56,54% nigen 66,98% ssern 31,79%

Mehr als 50.000 Seminare, Lehrgänge und E-Learnings

Der perfekte Rahmen für Ihre Veranstaltung 2

Seminarmarkt.de

eiter­ Sollte die Bundesregierung ags, derDie Weiterbildungsdatenbank auch in einer Rezession an der uft, beim Schwarzen Null festhalten? gen? Tagungslocations

Über 400 spezialisierte Locations,  ja 72,16% Destinationen und27,84% Agenturen.  nein

a  e  e  a

Seminarmarkt.de

© Der Mittelstand. BVMW. Alle Rechte vorbehalten.

Die Weiterbildungsdatenbank

Seminare

Weiterbildungsexperten


10

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mehr als 3.000 Gäste kamen zum Jahresempfang des BVMW.

Glanzvoller Jahresempfang mit Top Referenten Verfassungsklage gegen Soli-Gesetz eingereicht

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hatte zum traditionellen Jahresempfang in der Bundeshauptstadt geladen. Mehr als 3.000 Unternehmer, Spitzenpolitiker, Parlamentarier, darunter 80 Abgeordnete, 80 Botschafter sowie weitere hochrangige Gäste, wie der Außenminister der Republik Usbekistan, Abdulaziz Komilov, und der Alt-Präsident Kroatiens, Stjepan Mesić, folgten der Einladung von Deutschlands größtem, freiwillig organisierten Mittelstandsverband.

A

ngesichts der herrschenden Industrierezession forderte Mittelstandspräsident Mario Ohoven Entlastungen für die Wirtschaft durch eine Unternehmenssteuerreform: „Die Unternehmenssteuern müssen runter auf 25 Prozent, besser noch 20 Prozent.“ Die deutsche Wirtschaft brauche optimale Wettbewerbsbedingungen, wenn unser Land seinen ökonomischen Spitzenplatz halten wolle. Unter großem Beifall präsentierte Ohoven die vom BVMW beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen das Soli-Gesetz. „Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts II zum 31. Dezember 2019 ist verfassungswidrig. Wird der Soli nicht sofort für alle abgeschafft, kommt das einem moralischen Steuerbetrug an Mittelstand und Mittelschicht gleich.“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte in seiner Keynote Verständnis für die Verfassungsbeschwerde des BVMW gegen das Soli-Gesetz der Großen Koalition: „Ich selbst habe im letzten Jahr

meine Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Problematik dargelegt.“ Der CDU-Spitzenpolitiker sprach sich zugleich für einen Steuerdeckel für alle aus, die ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Wohl dieses Landes leisten.

Noch nie gab es so eine prominente Riege an Rednern. Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie

Der Staatspräsident des Senegal, S. E. Macky Sall, unterstrich in seiner Festrede das starke Wachstumspotenzial Afrikas. Jede Investition im Chancenkontinent Afrika bringe mehr Wohlstand, Arbeitsplätze, weniger Jugendarbeitslosigkeit und weniger Gründe zur illegalen Migration. Dem stimmte auch Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

S. E. Macky Sall, Präsident der Republik Senegal.

Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und CSUParteivorsitzender.

Müller zu. Er bezeichnete Afrika als einen Markt der Zukunft mit gewaltigen Entfaltungsmöglichkeiten gerade für deutsche Mittelständler. Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder forderte vergleichbare Steuersätze wie in anderen Ländern. Deutschland dürfe nicht die höchsten Steuern erheben, die die Wirtschaft behindern und Investitionen erschweren. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey kritisierte den massiven Fachkräftemangel hierzulande, der ein Wachstumshemmnis unserer Wirtschaft sei. Sie lud die Mittelständler zur Teilnahme am Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ ein. Lobende Worte für den deutschen Mittelstand fand der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, Joe Kaeser, in seinem Redebeitrag. Er sagte, der Mittelstand sei eine Kultur und eine Geisteshaltung. Genau dies mache das weltweit anerkannte Siegel „Made in Germany“ aus. Dem Empfang voraus ging erstmals ein Internationales Wirtschafts-

Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Ich möchte Ihnen ein Kompliment machen. Diese Veranstaltung ist eine der wichtigsten Veranstaltungen, die es in Deutschland gibt und auch in Berlin. Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und CSU-Parteivorsitzender

forum des BVMW. Mehr als 700 Unternehmer erhielten aus erster Hand von den Botschaftern und anderen hochrangigen Vertretern aus 60 Ländern exklusive Informationen zu Geschäftsmöglichkeiten in den Zielländern.

Familienministerin Dr. Franziska Giffey.

11


12

DEUTSCHLAND

Zum Jahresempfang begrüßte der BVMW hochrangige Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur.

BVMW hat Verfassungs-

Mittelstand, das ist eine Kultur, das ist eine Geisteshaltung. Das ist es, was Made in Germany ausmacht. Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender Siemens AG

M. Ilker Ayci, Chairman of de Board & the Executive Committee of Turkish Airlines.

Afrika ist der Markt der Zukunft. Gewaltige Märkte entfalten sich dort. Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG.

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Großer Andrang beim Wirtschaftsforum, auf dem sich 60 Botschaften mit ihren Ländern präsentieren.

Leon Löwentraut (Künstler), Claudia Jerger und Dr. h.c. Ute-Henriette Ohoven (You-Stiftung).

Mittelstandspräsident Mario Ohoven.


DEUTSCHLAND

13

Wird der Soli nicht sofort für alle abgeschafft, kommt das einem moralischen Steuerbetrug an Mittelstand und Mittelschicht gleich. Mario Ohoven, BVMW Präsident

beschwerde gegen Soli-Gesetz eingereicht

Kontakte, Kontakte, Kontakte ...

Der japanische Botschafter S. E. Takeshi Yagi und Bundesgeschäftsführer Markus Jerger.

Fotos: © Christian Kruppa, BILDSCHÖN/Tom Malesa, BVMW/Annemarie Thiede

Nach den Reden nutzten die Gäste den Abend zum Netzwerken.

V. li.: Patrick Meinhardt (BVMW Generalsekretär Bildungsallianz), Prof. Martin Neumann, MdB, und Physiker Prof. Eicke Weber.

V. li.: BVMW Vorstand Arthur Zimmermann, Ramona Lehmann (BVMW) und Dr. Andreas Wierse (Geschäftsführer Sicos BW GmbH).


14

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020


DEUTSCHLAND 15

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mietendeckel – ein Gesetz, das nur Verlierer schafft Mit dem Mietendeckel setzt Rot-Rot-Grün in Berlin die Instrumente der Sozialen Marktwirtschaft außer Kraft und lässt einen Testballon für die gesamte Republik steigen. Was auf den ersten Blick für Mieter verheißungsvoll klingt, schadet in Wirklichkeit allen.

Foto: © Terroa von www.istockphoto.com

K

erninhalt des Gesetzes ist ein vollständiger Mietenstopp für die kommenden fünf Jahre. In vielen Fällen sollen Bestandsmieten sogar abgesenkt werden. Klingt gut – ist es aber nicht. Denn die eigentliche Misere beginnt damit, dass der Mietendeckel die Instrumente des Bundes zum Mieterschutz, darunter auch die 2015 eingeführte Mietpreisbremse, abräumt. Hinzu kommt, dass Modernisierungen künftig nur noch bis zur Höhe von einem Euro pro Quadratmeter umgelegt werden dürfen. Das hat einen absehbaren Verfall des Berliner Wohnbestandes zur Folge, denn Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten werden sich für Eigentümer nicht mehr rechnen.

Altbekanntes Problem

Frisch sanierter Altbau adé

Verfassungswidrigkeit

Wenn sich solche Arbeiten nicht mehr lohnen, steht auch der klima- und altersgerechte Umbau des Berliner Wohnungsbestandes in den Sternen. Laut Branchenumfrage erwägen 90 Prozent der Unternehmen der Wohnungswirtschaft, im nächsten Jahr die Ausgaben für Sanierung und Modernisierung zu stoppen. Macht nur die Hälfte der Unternehmen dies wahr, ergäbe sich im Modernisierungsbereich ein Auftragseinbruch von rund 40 Prozent. Die Folgen: massive Arbeitsplatzverluste und Steuerausfälle, dazu höhere Sozialkosten für den Staat.

Was bei all den Diskussionen abermals außer Acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass der Mietendeckel ein verfassungswidriges Konzept ist. Das Land Berlin darf aufgrund der grundgesetzlichen Kompetenzordnung keine Gesetze zur Mietenbegrenzung erlassen. Selbst wenn der Mietendeckel in absehbarer Zeit vor Gericht gekippt wird, kann es Jahre dauern, bis Berlin wieder einen rechtssicheren Mietspiegel erhält. Vermieter, die es darauf anlegen, könnten dann über Vergleichswohnungen Mieten drastisch erhöhen.

Auswirkungen sind ab sofort spürbar

Bezahlbares Wohnen ist und bleibt eine zentrale soziale Herausforderung. Diese Herausforderung ist nur gemeinsam mit allen Akteuren am Wohnungsmarkt zu meistern, idealerweise in einem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen in Berlin. Auf die Agenda gehören mehr Bauland und Dachgeschossausbau, schnellere Genehmigungsprozesse und weniger Bürokratie. Es gilt, die 2015 eingeführte Mietpreisbremse des Bundes in Berlin wirksam durchzusetzen und zu kontrollieren. Stattdessen beschreitet Rot-Rot-Grün mit dem Mietendeckel einen Irrweg und schadet dem Wohn-, Wirtschafts- und Arbeitsstandort Berlin gleich in mehrfacher Hinsicht. Egal ob Bestandsmieter, Wohnungssuchender, Wohnungsgesellschaft, privater Wohnungseigentümer, Handwerker, Bauunternehmer oder gar Mieter: Der Mietendeckel kennt am Ende nur Verlierer.

Erste Folgen des Mietendeckels sind schon jetzt greifbar. Allein aufgrund der Diskussion über das Gesetz hat die Berliner Volksbank – ihr gehören 2.000 Wohnungen in Berlin – Modernisierungs- und Sanierungsinvestitionen in Millionenhöhe zurückgestellt. Auch die Bauwirtschaft und das mittelständische Handwerk leiden schon jetzt darunter, dass Aufträge storniert werden. Zudem wird ein „Grauer Markt“ für Mietwohnungen entstehen. Denn wenn ein staatliches Preisdiktat die Miethöhe künstlich begrenzt, sich aber viele zahlungswillige Bewerber um wenige Wohnungen bemühen, werden die Preise an anderer Stelle gezahlt. Alternativ geht die Wohnung per Vetternwirtschaft an den Mieter, der über die besten Verbindungen zum Wohnungsunternehmen verfügt. Der Mietendeckel bedroht zudem massiv die Altersvorsorge privater Wohnungseigentümer. Und wenn Immobilienbesitzer ihre Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln, um sich den massiven Eingriffen in ihr Eigentum zu entziehen, wird das die Lage für Wohnungssuchende nur weiter verschärfen.

Dabei ist die Berliner Wohnungsnot bereits in aller Munde. In der Hauptstadt fehlen derzeit mehr als 100.000 Wohnungen. Mit dem Mietendeckel wird besonders dem Neubau ein vernichtender Schlag versetzt. Dass Bauherren und Investoren massiv verunsichert sind, zeigt sich an der Zahl der in Berlin genehmigten Wohnungen im September dieses Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sich die Anzahl der genehmigten Wohnungen halbiert. Auch die Genossenschaften sind betroffen. Sie wollen in den nächsten fünf Jahren statt 6.000 lediglich 2.000 neue Wohnungen errichten.

Wohnen als soziales Gut

Kai Wegner, MdB Baupolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion und Landesvorsitzender der CDU Berlin www.kai-wegner.de


16

DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

„Mehrjähriges Investitionsprogramm ist nötig“ Das Jahr 2020 ist zugleich der Beginn eines neuen Jahrzehnts. Und so geht der Blick nicht nur auf das neue Jahr, sondern auch auf die Entwicklungen und Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts.

D

ie 20er Jahre sind zurück. Die Welt wird im Jahr 2030 vermutlich sehr anders sein als heute. Wie genau sie aussehen wird, wissen wir heute nicht. Wir wissen aber, dass wir mehr denn je die Weichen stellen und unsere Verantwortung für die Zukunft erkennen müssen, denn die Zeiten sind kritisch. Die Vergangenheit hat einiges unbestellt zurückgelassen, und die Zukunft stellt gewaltige Anforderungen. Im Jahr 2020 wird sich einiges entscheiden: Wie wird der Brexit aussehen, wird Donald Trump wiedergewählt, und schafft es die Große Koalition in Deutschland ins Jahr 2021?

Abschwächende Weltkonjunktur Die konjunkturellen Aussichten verheißen nichts Gutes. Nach zehn Jahren Daueraufschwung nimmt die wirtschaftliche Dynamik spürbar ab. Dringend nötige öffentliche Investitionen müssen getätigt werden. Denn der alte industrielle und fossile Kapitalstock muss durch eine digitale und klimaneutrale Produktion erneuert werden. Je eher die Transformation gelingt, desto größer wird der Wettbewerbsvorteil daraus. Eine alternde Gesellschaft macht es indes nicht leichter, den Strukturwandel einzuleiten, Innovationen zu erzeugen und durchzusetzen. Überall wird der Status quo verteidigt, von dem wir wissen, dass er keinen Bestand haben wird. Die Gefahr einer säkularen Stagnation, einer langen Phase niedrigen Wachstums, ist sehr real. Das japanische Szenario aus geringem Produktivitätsfortschritt und deflationären Tendenzen, das einhergeht mit niedrigen Zinsen und steigender Staatsverschuldung, droht. Die sich abschwächende Weltkonjunktur interagiert zunehmend mit den geopolitischen Risiken. Lange war die Konjunktur robust gegenüber diesen Risiken. Nun aber dämpft die Mischung aus Abschwung und Unsicherheit die Investitionsgüternachfrage spürbar, was gerade in Deutschland deutliche Bremsspuren in der Konjunktur hinterlässt. Der um sich greifende ökonomische Nationalismus mit protektionistischen Maßnahmen verschärft die Lage. Ein gleichzeitiger Abschwung fast aller wichtigen Volkswirtschaften und Währungsräume ist aber besonders für die Geld- und Fiskalpolitik gefährlich. Denn es gibt kaum noch Spielraum, einer erneuten Rezession entgegenzuwirken. Die Kombination aus Schuldenüberhang – die Staatsschuldenquoten sind mit Ausnahme Deutschlands in den letzten zehn Jahren stark gestiegen – und Negativzinspolitik hat eine Falle geschaffen, aus der es ohne Wachstum kaum ein Entrinnen gibt. Auch wenn die medial immer lauter werdenden Crash-Prophezeiungen überzeichnet sind, so gibt es doch Verzerrungen auf dem Markt,


DEUTSCHLAND 17

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

die eine zunehmend unwirksame Geldpolitik als Kollateralschaden erzeugen. Wachstum scheint in weiter Ferne.

Foto: © Leontura von www.istockphoto.com

Rendite durch ökologischen Umbau Dabei liegt ein neues Zeitalter des Fortschritts vor uns. Die Zukunft hat sehr wohl eine Rendite und die Welt eine Zukunft. Es ist keine höhere Rendite vorstellbar, als Verfahren und Produkte zu entwickeln, die die Welt vor ihrem ökologischen Untergang retten. Digitale Innovationen können ebenso die Produktivität unseEin Abschwung fast aller wichtigen rer Ressourcen enorm erhöhen und sie dadurch Volkswirtschaften und Währungs- schonen: Ernteerträge und medizinische Versorgung können durch den Einsatz von Daten räume ist aber besonders für die und Künstlicher Intelligenz deutlich erhöht und Geld- und Fiskalpolitik gefährlich. verbessert werden. Die deutsche Wirtschaft steht vor einem dreifachen Strukturwandel: Erstens steht die globale Weltordnung vor tiefgreifenden Verschiebungen, zweitens disruptiert die digitale Transformation ganze Branchen und Wertschöpfungsketten, darunter die für Deutschland so wichtige Automobilindustrie, und drittens entwertet die Dekarbonisierung den fossilen Kapitalstock. Öffentliche Investitionen sind notwendig, nicht aus konjunkturellen, aber aus strukturellen Gründen, um Infrastruktur, Bildung und Forschung voranzubringen. Ein mehrjähriges Investitionsprogramm ist möglich und nötig. Die schwarze Null ist nicht sakrosankt, sondern eine wichtige konjunkturpolitische Größe. Die Schuldenbremse ist gut, sollte aber modifiziert werden, denn sie ist ein strukturpolitisch wichtiger Hebel. Momentan sind die Grenzen zu eng gesetzt. Denn es geht darum, das langfristige Potenzialwachstum zu stärken. Nur eine starke Wirtschaft kann die Folgen von Strukturwandel und Demographie bewältigen, ohne sie zu einem gesellschaftlichen Verteilungskonflikt werden zu lassen. Generationengerechtigkeit bedeutet insbesondere in Zeiten des Wandels, der Umbrüche und Umwertungen, der nächsten Generation einen modernen, nachhaltigen und produktiven Kapitalstock zu überlassen.

Kreative Unternehmer sind die Wachstumstreiber Doch statt neues Wachstum durch klare und verlässliche Regulierung sowie Investitions- und Innovationsanreize zum Gegenstand unternehmerischer Aktivität zu machen, wird der Status quo politisch verteidigt. Es ist keinesfalls allein die Geldpolitik, die mit niedrigen Zinsen die Wirtschaft und die Gesellschaft in den Erhalt des Alten zwingt. Es ist der Mut der Politik und der Aufbruch der Gesellschaft, die neue Rendite schaffen. Der Ökonom Joseph A. Schumpeter wusste, wer Träger von Fortschritt ist: der kreative Unternehmer. Wachstum ist die Folge von Fortschritt. Wer kein Wachstum will, verhindert Fortschritt. Wer heute Wachstum und Marktwirtschaft für unvereinbar mit Klimaschutz und Gerechtigkeit hält, hat beide Konzepte nicht verstanden. Insbesondere die Politik kann im Jahr 2020 die Weichen für ein Jahrzehnt des FortProf. Dr. Henning schritts stellen. Es gibt keinen besseren ZeitVöpel punkt dafür, als jetzt damit zu beginnen. Geschäftsführer Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (HWWI) www.hwwi.org


DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wirtschaft, viel zahlen bitte! Der Strompreis in Deutschland jagt von einem Rekord zum nächsten. Während Verbraucher hierzulande im Schnitt rund 50 Prozent mehr als noch 2007 zahlen, ächzt insbesondere der deutsche Mittelstand unter der Kostenlast. Für den Standort Deutschland ist das fatal.

A

lle Jahre wieder: Der Jahreswechsel ist stets auch die Zeit der Preiserhöhungen. Während die Fahrgäste der Deutschen Bahn diesmal nach Jahren erstmalig ungeschoren davonkommen, erwischt es einmal mehr die Stromkunden: Knapp 180 Stromversorger haben bereits höhere Preise angekündigt. Damit wird sich auch im nächsten Jahr ein Trend fortsetzen, der längst Anlass zur Sorge gibt: Deutschland ist und bleibt Europameister der Stromrechnungen. Nicht nur private Verbraucher ächzen, auch viele Unternehmen trifft die anscheinend nicht enden wollende Aufwärts-Preisspirale hart.

Erneuerbare Energieträger sind wirtschaftlich Gravierende Fehler der Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende, insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), sorgt für eben jene steigenden Umlagen und Netzgebühren, die die Stromversorger nun auch als Grund für ihre Preiserhöhungen nennen. Die EEG-Umlage war ursprünglich eingeführt worden, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu finanzieren. Doch inzwischen sind erneuerbare Energieträger längst auch ohne Subventionen wirtschaftlich. Soll die Energiewende erfolgreich sein, müssen wir weg von Planwirtschaft und Dauersubvention, die sich aus den staatlichen Aufschlägen wie etwa der EEG-Umlage speisen – und zugleich die Strompreise Jahr für Jahr weiter steigen lassen. Neben der EEG-Umlage werden zudem die Gebühren für die Stromnetze im kommenden Jahr weiter steigen – um mehrheitlich rund sechs Prozent. Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland im internationalen Vergleich mit 19 Cent pro Kilowattstunde ohnehin schon auf den vorderen Plätzen.

Belastung für Unternehmen Entsprechend schlecht ist inzwischen die Stimmung in vielen Betrieben. Dort macht sich vielerorts Alarm-Stimmung breit. Laut einer

aktuellen Studie schätzen nur noch 22 Prozent der befragten Mittelständler ihre Situation als „gut“ oder „besser“ ein. Das ist ein drastischer Rückgang innerhalb von nur sechs Monaten: Im Frühjahr 2019 waren es noch 71 Prozent. Im Gegensatz zu vielen energieintensiven Betrieben, die über die EEG-Ausnahmetatbestände befreit sind, treffen die hohen Strompreise die meisten Mittelständler mit voller Wucht. Nicht nur für sie ist der kontinuierliche Anstieg der Energiekosten der letzten Jahre fatal – sondern auch und besonders für den Standort Deutschland. Der Mittelstand ist und bleibt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Geht es ihm schlecht, hat dies auch Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Immerhin stellen die kleinen und mittleren Unternehmen 99,4 Prozent aller deutschen Unternehmen und stehen gleichzeitig für 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland. Die meisten dieser Betriebe können im Gegensatz zu großen Konzernen nicht kurzerhand ihren Sitz ins Ausland verlegen.

Politik muss handeln Und was tut die Bundesregierung? Die längst überfällige EEG-Novelle schiebt sie immer wieder aufs Neue hinaus, und auch weitere wesentliche Kostentreiber nimmt sie nicht ins Visier. Sorgenkind bleibt etwa auch das knappe Stromnetz. Wenn etwa im Jahr 2022 das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht und zusätzlich sukzessive Deutschlands Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, steigt bei sinkendem Anteil grundlastfähiger Energieträger somit auch die Notwendigkeit für Redispatch-Maßnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes. Aktuell schlagen diese mit jährlich 1,5 Milliarden Euro zu Buche. Das sind Kosten, die wiederum auf die Netzentgelte umgelegt werden und die Strompreise zusätzlich zur EEG-Umlage weiter verteuern.

Foto: © Mike_Kiev von www.istockphoto.com

18


DEUTSCHLAND 19

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Bedrohung für kleine und mittlere Unternehmen Als energieintensives Unternehmen der Druckindustrie stellt die Entwicklung der Energiekosten eine sehr besorgniserregende Situation für uns dar. Unsere Stromkosten stiegen von 2015 bis heute um 25 Prozent. Mit einem Anteil von 10 Prozent unserer Gesamtkosten gehören sie nach den Personalkosten zu einem unserer größten Kostenblöcke. Bei der Marktlage in der Branche werden diese rasanten Energiekostensteigerungen für viele mittelständische Unternehmen zu einer ernsten Bedrohung. Aufgrund der weiter sinkenden Nachfrage an Druckprodukten ist eine Umlage der Kosten auf die Verkaufspreise kaum noch möglich, was mittelfristig zu Stellenabbau und Schließungen im Mittelstand führen wird. In den vergangenen beiden Jahren war diese Entwicklung schon erkennbar. Steffen Seifert Geschäftsführer Möller Druck und Verlag GmbH BVMW-Mitglied Zugleich kommt Deutschland beim Netzausbau noch immer nicht voran. Von den erforderlichen 7.700 Kilometern im deutschen Übertragungsnetz sind aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut.

www.moeller-mediengruppe.de

Statt die Diskussion um Erneuerbare Energien lediglich auf Wind und Sonne zu verengen, fordere ich einen Wettbewerb emissionsarmer Energieträger. Denn Energiewende funktioniert nur nach ganzheitlichem Ansatz, der eben auch beinhaltet, Strom nicht nur umzuwandeln, sondern ihn auch von A nach B zu transportieren. Bleibt die gesellschaftliche Debatte jedoch dermaßen emotional und aufgeheizt, ohne dass genau diese Fakten endlich eine größere Rolle Stromspeicher, die in dieser Engpass-Situation für eine wichtige Ent- spielen, wird Deutschland nicht nur weiter seine Klimaziele verfehlen, lastung des Netzes sorgen könnten, unterliegen immer noch einer sondern zugleich auch mit dem Mittelstand den Standort Deutschsteuerlichen Doppelbelastung. Zwar gibt es die EU-Strommarkt- land abwürgen. richtlinie, die eine Beendigung dieser steuerlichen Doppelbelastung Doch soweit muss es nicht kommen. Dafür kämpfe ich! vorsieht, aber die Bundesregierung scheint eine zügige Umsetzung in nationales Recht nicht für nötig zu halten. Auch dies ist eine weitere verpasste Chance, um durch Speicher die knappen Stromnetze zu entlasten und somit den Strompreis zu senken. Gut zu wissen

Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland im internationalen Vergleich mit 19 Cent pro Kilowattstunde auf den vorderen Plätzen.

Neben dem politischen Willen, nun endlich das Richtige zu tun, um insbesondere Deutschlands Mittelstand von explodierenden Stromkosten zu entlasten, brauchen wir vor allem den Mut zu Innovationen.

Foto: © Achim Melde

Wettbewerb emissionsarmer Energieträger Neben verstärkten Anstrengungen für Forschung und Entwicklung moderner Technologien muss der Fokus künftig noch viel stärker auf intelligenten Netzen und dezentralen Lösungen liegen. Zudem muss endlich Schluss sein mit unsinnigen Forderungen, weiter ungebremst Wind und Solar zuzubauen. Stattdessen muss das Prinzip der Technologieoffenheit gelten. Nur so können sich auf marktwirtschaftlicher Basis die besten Ideen und Innovationen durchsetzen.

n 180 Stromversorger haben höhere Preise angekündigt n Neben der EEG-Umlage werden die Gebühren für Stromnetze um mehrheitlich sechs Prozent steigen n Von den erforderlichen 7.700 Kilometern im deutschen Übertragungsnetz sind aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut n Fokus muss künftig noch stärker auf intelligenten Netzen und dezentralen Lösungen liegen

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann, MdB Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion www.bundestag.de


20 DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Grundsteuerreform: Sorgen und Hoffnungen des Mittelstands Nach monatelangen Verhandlungen hat der Bundesrat im November 2019 die umstrittene Reform der Grundsteuer angenommen. Damit tritt das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung und Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts wie geplant in Kraft: Ab 2025 berechnen die Bundesländer die Grundsteuer nach neuem System.

E

s war eine lange Hängepartie – doch nun kommt die Reform der Grundsteuer. Entgegen allen Bedenken aus Wirtschaft und Wissenschaft hat der Bundesrat den Plänen von Bundesfinanzminister Olav Scholz zugestimmt. Mit Einnahmen von rund 14 Milliarden Euro jährlich gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten kommunalen Steuereinnahmequellen. Hintergrund der Änderungen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018, das die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Diese orientierte sich bisher an veralteten Einheitswerten von 1935 für Ostdeutschland und von 1964 für Westdeutschland. Die Verfassungsrichter verlangten vom Gesetzgeber deshalb, bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen. Bis die Länder das neue System anwenden müssen, besteht jedoch bis zum 31. Dezember 2024 eine Übergangsfrist.

Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen im Bundesmodell ihre Immobilien aufwendig neu bewerten. zum Teil bereits angekündigt, ein wertunabhängiges Modell vorzuziehen. So hat Bayern von Anfang an betont, die Grundstücksfläche als entscheidenden Faktor zur Berechnung der Grundsteuer heranzuziehen. Nun liegt es an den Ländern, für Bürger und Unternehmen ein bürokratiearmes System zu schaffen, das zu keinen höheren Belastungen führt.

Wertabhängiges Scholz-Modell: Chance auf Bürokratieabbau vertan

Öffnungsklausel für Bundesländer Mit einer zusätzlichen Änderung des Grundgesetzes hat die große Koalition eine Grundlage geschaffen, die es den Bundesländern ermöglicht, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Diese haben

Gut zu wissen Übergangsfrist: Die neuen Regelungen gelten ab dem 1. Januar 2025 Wertabhängiges Modell: Die Berechnungsmethode von Wert x Steuermesszahl x Hebesatz bleibt. Neben dem Bodenrichtwert zählen künftig u. a. aber auch Nettokaltmiete, Baujahr und Fläche „Grundsteuer C“ wieder eingeführt: Gemeinden können einen erhöhten Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke festlegen. Ziel: weniger Spekulation, mehr Wohnraum Öffnungsklausel: Die Bundesländer können abweichende Regelungen einführen Aufkommensneutralität: Das Volumen der Grundsteuer soll nicht steigen

Kenan Häberle Stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands der Bilanzbuchhalter und Controller www.bvbc.de

Foto: © ephyr18 von www.istockphoto.com

Die Grundsteuer wird sich weiterhin am Wert eines Grundstücks orientieren. Das von Scholz eingebrachte Modell sieht jedoch nicht nur vor, künftig aktuellere Daten heranzuziehen. Darüber hinaus sollen Werte wie die Nettokaltmiete, das Baujahr, die Wohnfläche, der Bodenrichtwert und die Grundstücksfläche als Berechnungsgrundlage dienen. Heißt: Etwa 36 Millionen Grundstücke und Häuser müssen neu bewertet werden. Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC), der sich als Gründungsmitglied gemeinsam mit 34 Partnerverbänden in der Mittelstandsallianz für eine mittelstandsfreundliche Gesetzgebung engagiert, sieht in der Reform eine vertane Chance, Bürokratie abzubauen. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen im Bundesmodell ihre Immobilien aufwendig neu bewerten. Aber nicht nur für diese bedeutet die Reform ein Plus an Kosten und Aufwand. Der administrative Aufwand wird ebenso in den Finanzämtern zu einem deutlich gesteigerten Personalaufwand führen.


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

DEUTSCHLAND 21


22 DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mittelstandspräsident im Dialog

Als gefragter Keynote-Speaker, mit der Teilnahme an zahlreichen öffnet Mario Ohoven im In- und Ausland Türen für den unternehVeranstaltungen und in Gesprächen mit hochkarätigen Persön- merischen Mittelstand. Hier eine kleine Auswahl hochrangiger Treffen: lichkeiten aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft

Antrittsbesuch der Botschafterin Serbiens

Mit Partnern der Mittelstandsallianz im Gespräch mit Dr. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU.

Politik trifft Praxis In der Bundeszentrale des BVMW sprachen Mario Ohoven und Partner der Mittelstandsallianz mit Dr. Carsten Linnemann, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/ CSU. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen aktuelle Herausforderungen des Mittelstands sowie die Forderungen der Allianz an die Politik.

Ein Arbeitstag von Mario Ohoven:

Mario Ohoven begrüßte die neue Botschafterin Serbiens, I.E. Dr. Snežana Janković, in Berlin. Die 49-Jährige vertritt seit Ende 2019 den mitteleuropäischen Staat in der Bundesrepublik. Janković leitete zuvor die Botschaft Serbiens in der Schweiz und war unter anderem in Japan im Einsatz. Seit Jahren zählt Deutschland zu den wichtigsten Handelspartnern Serbiens. So betrug das Handelsvolumen 2018 rund 4,7 Milliarden Euro – ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast zehn Prozent.

Mario Ohoven begrüßte die Botschafterin Serbiens in Deutschland, I. E. Dr. Snežana Janković ...

Handel mit der Türkei Deutschland ist mit seinem starken Mittelstand der wichtigste Handelspartner der Türkei. Zudem investieren deutsche Unternehmen rund 12,9 Milliarden Euro in der Türkei; die Investitionen türkischer Unternehmen in Deutschland belaufen sich auf rund 1,8 Milliarden Euro. Vor dem Hintergrund dieser wichtigen Wirtschaftsbeziehungen sprach Mario Ohoven mit dem türkischen Botschafter, S. E. Ali Kemal Aydın. … und den Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın.

Einsatz für die Bildung Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, empfing die Bildungsallianz des Mittel­stands zu einem Austausch über frühkindliche Bildung, Stärkung der beruflichen Bildung und Ganztagsbetreuung. Mario Ohoven machte dabei deutlich: „Drei Millionen junge Menschen studieren, aber nur rund 1,1 Millionen befinden sich in einer Ausbildung.“ Eine Stärkung der mittleren Schulabschlüsse sei deshalb essenziell, um dem Fachkräfteman­gel im Mittelstand zu begegnen.

Die Bildungsallianz des Mittelstands mit Bundesministerin Dr. Franziska Giffey (5. v. re.).


Anzeige

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

DEUTSCHLAND 23

Das Unternehmermagazin des BVMW.

GE STAL TER Marktwirtschaft,

3/2019 | Jun i / Juli 201 9 | 4,90 Eur o

3/2019 | Juni Themensc hwerpun kt: Mittelsta nd und Steu

ECB EZB EKT

Mittelstand sfin Ganz einfach anzierung neu gest alte digital. Mit – das ist es, allen Gestaltu n. Alternative Lösunge was uns von n anbieten. ngsmöglichke artig macht. creditshelf iten neueste täglich neu Und unsere r Technik motiviert. Kunden beg Was uns einz eistert. ig-

Der gierig e Steuerst aat

Start! It‘s you

r credit. →

cred itsh elf.c om l Mai nze +49 69 348 r Lan dstr aße 7724-0 7 33a l l kred it@c redi tshe lf.co D – 603 29 Fran kfur t m

D

Berufliche wieder stä Bildung rken S. 14

/ Mär

z 2018

| 4,90

Euro

10 Punkte geg den Abschw en ung S. 32

unk werp ensch Them

d elstan t: Mitt

onen novati und In

euen Mit n n die i Ideen nft Zuku

5/2018 | Okt ober / Nov emb

er 2018 | 4,90

aft tionskr Innova

n zum Themensc stärke hwerpunke: Nachhtsalpltigatz S. 38 ei frag t: MA ittrbels tand und erum Pe ernehm isch S. 34 rso nt U nal ist W

/ Novemb

optim BVM stand Mittel S. 8

er 2018

Stellen.

Erfolgreic h.

Besetzen.

Themensc hwerpun kt: Mittelsta nd und Pers onal

Der Unsinn hat mehr Methode als man zunächst denkt. Die steilen Ideen und spektakulären Forderungen zum Jahreswechsel lenken vortrefflich davon ab, dass sich in der Realität so gut wie nichts mehr bewegt (von der Klimapolitik einmal abgesehen). Der politische Betrieb rast, doch in der politischen Wirklichkeit herrscht weitgehend Stillstand. Nur ein Beispiel: Von einer Unternehmenssteuerreform wird seit langem geredet, aber es liegt nicht einmal in Ansätzen ein Konzept auf dem Tisch. Der Mittelstand und die Wirtschaft generell haben in der Politik schon seit langem nur einen geringen Stellenwert. Sie haben in den Augen der Mehrheit der Politiker lediglich die Funktion, ausreichend Steuern abzuliefern, die dann an das jeweilige Klientel verteilt werden können. Denn je mehr Geld verteilt wird, um so mächtiger fühlt sich die Politik. Dass Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit untrennbar miteinander verbunden sind, wollen viele nicht wahrhaben. Die Kosten dieses politischen Versagens sind hoch und werden jeden Tag höher.

uar | Febr 1/2018

5/2018 | Okt ober

ie Parteien – vor allem die der GroKo – haben den Jahresbeginn für ein wahres Feuerwerk an Forderungen genutzt. So kam aus der neuen SPD-Führung die Forderung nach einer Bodenwertzusatzsteuer, nach Erhöhung der Rentenbeiträge für Gutverdienende und nach einer kräftigen Erhöhung des Mindestlohns. Die CSU wiederum brachte einen Altersvorsorgefonds ins Spiel, in den für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr jeden Monat 100 Euro eingezahlt werden. Vor allem aber erregte Markus Söder Aufsehen mit seiner Forderung nach einer Kabinettsumbildung – die die Kanzlerin prompt ablehnte, für die er jedoch vorsichtige Unterstützung von der CDU-Chefin bekam. Annegret KrampKarrenbauer wiederum setzte sich für die Einrichtung eines Digitalministeriums und der CDU-Wirtschaftsrat für die weitere Senkung des Arbeitslosenbeitrags ein. Man gewinnt den Eindruck, in der GroKo fordert fast jeder, was ihm gerade in den Sinn kommt, zum Beispiel die Absage des Dschungel-Camps wegen der Brände in Australien. Den Bürgern aber wird ganz schwindelig angesichts des sich immer schneller drehenden Forderungs-Karussells. Wer was und wann genau gefordert hat – selbst professionelle Beobachter des Politikbetriebs verlieren den Überblick. Das macht aber nichts, denn mehrheitsfähig ist ohnehin so gut wie nichts in der GroKo, da Union und SPD sich gegenseitig keine Erfolge gönnen – je näher der Wahltermin rückt, um so weniger.

EKP

ECB EZB EKT EKP

ern

Unternehmertum und Freiheit gehören zusammen

/ Juli 2019

DER ANDERE GEDANKE

20

Was Unte rnehmen gegen den Fachkräft emangel tun können Jahre

BVMW-Präsident Mario Ohoven S. 10

Michael Backhaus Journalist BVMW Berater Medien

Chancenko ntinent Afrika S. 8

Fachkräfte im Fokus sicherung S. 28

Wie pflegen gehalten we de Mitarbeiter rden S. 50

mittelstand@bvmw.de

Jetzt Mediadaten für 2020 anfordern unter mittelstand@bvmw.de

Euro


24 EUROPA

Europa

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

News

Klimaschutz: Chance für Bauwirtschaft

www.sven-giegold.de

Bankkunden werden belastet Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich in einem Gastbeitrag für die „Financial Times“ für eine europäische Einlagen-Rückversicherung ausgesprochen, sie „würde die Widerstandsfähigkeit nationaler Einlagensicherungen bedeutend stärken“. Sparkassen und Volksbanken wehren sich seit Jahren gegen einen solchen Mechanismus. Einmal, weil nach ihrer Meinung die nationalen Sicherungssysteme völlig ausreichen, und vor allem, weil sie nicht wollen, dass sie und ihre Kunden im Zweifel für europäische Krisenbanken haften. Es wird daran erinnert, dass die Finanzkrise, die der Anlass für die Bankenunion war, nicht von Sparkassen und Volksbanken ausgelöst worden sei. Kritik zum Vorschlag kommt auch von der FPD. Der Scholz-Plan zur Einlagensicherung sei ein neuer Umverteilungstopf. „Egal, wie man ihn nennt und ausgestaltet, er mündet in zusätzliche Belastungen für die Bankkunden“, sagt MdB Florian Toncar, Finanzexperte der Liberalen. www.bvr.de oder www.dsgv.de

Riegel gegen Steuerbetrug Eine umfassende Reform des Mehrwertsteuersystems soll EU-weiten Betrügereien ein Ende bereiten. Künftig fordert das Umsatzsteuergesetz unmissverständlich eine dem Lieferanten vom Abnehmer mitgeteilte und im Zeitpunkt der Lieferung gültige Identifikationsnummer des anderen Mitgliedstaates. Organisierte Verbrecher prellen europäische Steuerbehörden jährlich um rund 50 Milliarden Euro, wobei die Täter Umsatz- oder Mehrwertsteuerkarusselle nutzen, bei denen sie die Besteuerung umgehen oder unrechtmäßig Vorsteuer geltend machen. Um das europäische Mehrwertsteuersystem weniger betrugsanfällig zu machen, verlagert sich ab Mitte 2022 der für die Besteuerung maßgebliche Ort einer innergemeinschaftlichen Lieferung in das Bestimmungsland. www.roedl.de

Auslandspraktika haben Sinn Immer mehr ausbildende Unternehmen erkennen die vielfältigen Vorteile eines Auslandspraktikums. Der Europäische Bildungsverbund vermittelt Praktikumsbetriebe im EU-Ausland und ist auch bei der Suche nach Unterkünften in Gastfamilien behilflich. Interessenten müssen 18 Jahre alt sein, sich in einer dualen Berufsausbildung befinden und als EU-Staatsbürger gemeldet sein. Erfahrungsgemäß wählen die meisten Teilnehmer einen Praktikumszeitraum von zwei bis sechs Wochen. Danach haben sie ihre Fremdsprachenkenntnisse verbessert, neue Arbeitserfahrungen gesammelt und eventuell eine ausländische Niederlassung oder eine Partnerfirma kennengelernt. Eine Eigenbeteiligung in Höhe von 300 bis 650 Euro (abhängig vom gewählten Zielland) ist von jedem Teilnehmer zu erbringen. www.auslandspraktikum-europa.de  Unternehmen

Fotos: © archideaphoto von www.istockphoto.com; © Andrey Popov von www.stock.adobe.com; © Eva-Katalin von www.istockphoto.com

Schon im Frühjahr will die EU ein Gesetzespaket zum Klimaschutz vorlegen. Für die Wirtschaft in Europa und Deutschland sei das eine Chance, neue Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz zu entwickeln und sich weltweit eine Führungsposition zu sichern, meint der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold. Eine Schärfung der Klimaschutzziele bedeute, dass völlig neue Herausforderungen auf die Bauwirtschaft und den Wohnungsbau zukämen. Giegold prognostiziert: „Wir werden mit Sicherheit eine große Diskussion bekommen, um so etwas wie eine Bauwende einzuleiten.“ Immerhin gehe es um den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes, bei dem der Aufwand der Herstellung, die Entsorgung, die Recyclingfähigkeit und der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen eine Rolle spielten. Es sei Zeit für ein Investitionsprogramm, weil die Zinsen niedrig seien und sich die Konjunktur abkühle, so der Europaabgeordnete.


EUROPA 25

Fotos: © weyo von www.stock.adobe.com; © Rallef von www.istockphoto.com; © BillionPhotos.com von www.stock.adobe.com

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Onlinekredite für Mittelstand

Etikettenschwindel

Der Europäische Investitionsfonds (EIF) investiert in Deutschland 30 Millionen Euro in kleine und mittlere Unternehmen und beteiligt sich damit als Ankerinvestor an einem neuen Kreditfonds, der creditshelf Aktiengesellschaft, einem Vorreiter der Onlinefinanzierung mittelständischer Unternehmen hierzulande. „Kleine und mittlere Unternehmen sind die wichtigsten Motoren für die Wirtschaft der EU. Dank der Investition des EIF im Rahmen des Juncker-Plans können 150 deutsche KMU Wachstumsfinanzierungen beantragen“, sagte der zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Insgesamt sollen bis zu 150 Millionen Euro zusammenkommen. Die Investition des EIF ist durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) besichert.

Nach fast zehnjähriger Diskussion einer Finanztransaktionssteuer wird der konkrete Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz heftig kritisiert. Optionsscheinhandel, Hebelgeschäfte oder Derivate, alle riskanten Finanzgeschäfte bleiben außen vor. Von Linkspartei bis FDP ist die Kritik einhellig: Etikettenschwindel. Zehn EU-Länder wollen sich nun auf diese neue Steuer verständigen, das sind neben Deutschland auch Belgien, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Portugal, Slowakei und Slowenien. Bei jedem Aktienkauf soll ab 2021 eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen, wenn es sich um Aktien von Unternehmen mit Sitz im jeweiligen Land handelt und sie einen Marktwert von über einer Milliarde Euro haben. Mit den Einnahmen will Scholz die beschlossene Grundrente finanzieren.

www.creditshelf.de oder www.eif.org

www.finanztransaktionssteuer.de

PKM Europe: Führung bestätigt

Warnung vor Plagiatoren

Der Parlamentskreis Mittelstand Europe der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament (PKM Europe) hat sich für die neue Legislaturperiode konstituiert. Die Europaabgeordneten Markus Pieper (Münsterland) und Markus Ferber (Augsburg) wurden als Sprecher wiedergewählt. Die PKM-Sprecher sagten: „Ein zentrales Anliegen des PKM Europe ist es, den Mittelstand von Bürokratie und Berichtspflichten zu entlasten. Das angekündigte Bürokratieabbau-Werkzeug, „One in, one out“, und der KMU-Filter sind vielversprechende Kommissionsvorschläge, die wir mit konkreten Entlastungen für Mittelständler füllen müssen“. Siehe Seite 27.

Jedes zehnte Unternehmen ist in den letzten fünf Jahren mindestens einmal Opfer von Produkt- und Markenpiraterie geworden. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert das Institut der deutschen Wirtschaft in einem aktuellen Gutachten auf 54,5 Milliarden Euro. Ursache für diese Entwicklung ist nicht zuletzt die Digitalisierung: Für Plagiatoren ist es einfacher denn je, ihre Ware auch in Deutschland zu vertreiben. Umso wichtiger ist es, dass Hersteller ihre Produkte gegen Raubkopierer schützen und dazu die Instrumente des gewerblichen Rechtsschutzes – u. a. Marken-, Design-, und Patentrechte – nutzen. Eine Patentanmeldung kann mitunter teuer werden, aber ein Markenschutz ist schon für kleines Geld zu haben. „Ab 850 Euro lässt sich eine Marke zehn Jahre lang europaweit schützen“, sagt Alexander Dröge, Geschäftsführer des Markenverbandes. Diese Summe könnten auch kleinere Unternehmen investieren. Präventiv ist ein Grenzbeschlagnahmeantrag beim Zoll wichtig. Nur so kann verdächtigte Ware aus dem Verkehr gezogen und gegebenenfalls vernichtet werden.

www.markus-pieper.eu

www.markenverband.de


26 EUROPA

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Start mit Tusch – und was kommt danach?


EUROPA 27

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Die neue EU-Kommissionschefin hat eine Reihe vollmundiger Versprechen abgegeben. Vielleicht auch zu viele. Einige ihrer Versprechen irritieren.

V

on den Startproblemen der neuen EU-Kommission war plötzlich keine Rede mehr. Eine Ursula von der Leyen ist Meisterin darin, jedes Malheur (wie die Ablehnung von drei Kommissar-Anwärtern) wegzulächeln. Anfang Dezember 2019 trat sie vor die Kameras, flankiert von Parlamentspräsident David Mario Sassoli, dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der EZB-Präsidentin Christine Lagarde, um ein mediales Zeichen zu setzen: Das sind Europas neue Schwergewichte! Es war ein Auftritt, mit dem die deutsche Langzeitministerin (14 Amtsjahre in drei Ressorts) ihre Unerfahrenheit auf EU-Ebene trefflich überspielte und zugleich unterstrich, dass es ihr an Selbstvertrauen nicht mangelt, wie Zitate aus ihrer ersten präsidialen Rede belegen: „Die Welt braucht unsere Führung mehr denn je. Meine Kommission wird sich nicht scheuen, selbstbewusst und bestimmt aufzutreten. Doch werden wir es auf unsere, die europäische Art tun. Dies ist eine geopolitische Kommission, die ich im Sinn habe und die Europa dringend braucht.“

Hoffnungsträger Breton

Vorbeugend setzen mittelstandsorientierte Europaabgeordnete der EVP auf die Unterstützung eines liberalen Kommissars, um Schlimmeres zu verhindern. Es ist der Franzose Thierry Breton, der jetzt für das Herzstück der EU, den Binnenmarkt, zuständig ist und zugleich als KMU-Beauftragter agiert. Der 64-jährige Politiker, der als durchsetzungsstark gilt, hat bereits Gespräche mit dem Parlamentskreis Mittelstand (PKM Europe) geführt. Dabei war man sich einig, dass zentralistische Maßnahmen wie etwa ein EU-Mindestlohn die Wettbewerbsfähigkeit der EU schwächen würden. Breton will den Bürokratieabbau und die Ausrichtung der Binnenmarktregeln auf kleine und mittlere Unternehmen vorantreiben. Die Arbeit des neuen KMU-Beauftragten soll von einer TaskForce, bestehend aus den Teams von drei GeneraldirektioKonflikte programmiert nen, unterstützt werNiemand bezweifelt, dass die auf dem Tisch liegenden Probleme wie den. MdEP Dr. MarKlimawandel, Zollstreit, Migrationspakt, Afrikapolitik oder Digitales kus Pieper, Sprecher eine erhebliche geopolitische Dimension haben. Aber bei all diesen des ParlamentskreiThemen muss erst bewiesen werden, ob die EU so handlungsfähig ses, lobt den Querist, wie sie sein sollte. Und die neuen Brüsseler Machtverhältnis- schnittsansatz: „Wir se machen die Suche nach tragfähigen Kompromissen nicht gera- setzen große Hoff- EU-Kommissar Thierry Breton kümmert sich auch de leichter. Eine wichtige Scharnierfunktion kommt dabei den drei nungen in die Strate- um KMU und soll sozialpolitischen Dirigismus verhindern. exekutiven Vizepräsidenten zu, die in ihren verschiedenen Partei- gie des neuen Komfamilien das Machbare ausloten sollen. Der Sozialdemokrat Frans missars, denn die Anliegen des Mittelstandes ziehen sich durch Timmermans, die Liberale Margrethe Vestager und Valdis Dom- die gesamte EU-Gesetzgebung.“ Außerdem ist Breton für eines der brovskis aus der Europäischen Volkspartei sind nicht nur als Fach- wichtigsten Gesetzesvorhaben der neuen Kommission verantwortpolitiker (Green Deal, Digitales und Wirtschaft) gefordert, sondern vor lich: das Gesetz für die Digitalwirtschaft. Dabei geht es darum, Euroallem als Mediatoren und Vermittler zwischen parteipolitischen Fron- pa in diesen Branchen voranzubringen und den Traum von der „euten. Auf deren Kreativität und Können ist die neue Kommissionsprä- ropäischen Wolke“ Realität werden zu lassen. Ganz oben steht der sidentin angewiesen. Zusätzlich wächst die Phalanx unberechenba- Wunsch nach mehr Unabhängigkeit. Die vorhandenen Cloudnetze rer Staatschefs wie aus Ungarn und Polen. Und auch Macron hat bei gehören fast alle zu US-amerikanischen Konzernen, Google & Co doder Mazedonien-Abstimmung bewiesen, wie sehr er sich an nationa- minieren 75 Prozent des Marktes. Auch hier muss Europa wettbelen Interessen orientiert. Die Konflikte sind hier programmiert. werbsfähiger werden – eine Leitlinie, von der die gesamte Kommissionspolitik dominiert werden sollte.

Foto: © European Union, 2019 von EC - Audiovisual Service; Etienne Ansotte

Werden rote Linien überschritten?

Es liegt auf der Hand, dass die neue Kommission sich mit voller Kraft dem Klimaschutz zuwendet. Abgesehen von der Dringlichkeit erkennen viele darin eine Chance zur medienwirksamen Profilierung. Das Ziel, Europa im Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, liegt ja in weiter Ferne. Aber Achtung, schon im Frühjahr wird dazu ein Gesetzespaket aus Brüssel erwartet. Kritische Stimmen aus der Wirtschaft sind noch überraschend leise. Erheblich lauter ist der Protest, wenn es um sozial- oder finanzpolitische Themen geht, bei denen von der Leyen gewillt scheint, rote Linien – wie sie besonders von deutscher Seite gezogen werden – zu überschreiten. Mit ihren Forderungen nach Flexibilität in der Finanzpolitik und bei der Verschuldung, für eine Bankenunion mit Einlagensicherung, für eine europäische Arbeitslosenversicherung und für europäische Mindestlöhne hat sie sich weit von den marktwirtschaftlichen Positionen ihrer eigenen Partei entfernt.

Gut zu wissen Die politische Ämterverteilung: Zehn der 27 EU-Kommissare kommen aus der Europäischen Volkspartei, neun aus der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und sechs aus der ALDE, Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa. Der Kommissar aus Litauen gehört zu den Europäischen Grünen und der aus Polen zu den Europäischen Konservativen und Reformern (EKR). Es gibt drei exekutive Vizepräsidenten (s. o.) und fünf weitere Vizepräsidenten.

Rotger Kindermann Journalist mittelstand@ bvmw.de


28 INTERNATIONAL

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Zukunftsmarkt Afrika Zwölf Staats- und Regierungschefs der afrikanischen Partnerländer der G20-Initiative „Compact with Africa“ (CwA) trafen sich zum zweiten Mal im Ende 2019 in Berlin. Die Mittelstandsallianz Afrika (MAA) des BVMW nutzte dieses Zusammentreffen und organisierte exklusive Treffen.

Gemeinsam für Afrika Im Rahmen des G20-CwA-Gipfels konnte die MAA exklusiv sieben Staats- und Regierungschefs unter anderem der Länder Burkina Faso, Elfenbeinküste, Senegal und Togo treffen, um die weitere Zusammenarbeit zu intensivieren. Auch organisierte die MAA eine exklusive Abendveranstaltung, die gemeinsam mit wichtigen Vertretern der togolesischen Regierung und der Wirtschaft Geschäftsmöglichkeiten für Mittelständler in Togo präsentierte. Die Treffen boten MAA-Mitgliedern die Chance, mit den richtigen Ansprechpartnern persönlich in Kontakt zu treten. Dieser Austausch soll dazu dienen, die

Mittelstandspräsident Mario Ohoven hat im Rahmen des G20-CwA-Gipfels exklusiv sieben afrikanische Staats- und Regierungschefs getroffen. Den ausführlichen Bericht zu den Treffen finden Sie (in Deutsch und Englisch) unter: https://bvmw.info/maa-bericht

Geschäfte der Mitglieder in den jeweiligen Zielländern zu erleichtern und zu beschleunigen und einen schnelleren Markteintritt zu ermöglichen. Seit Januar 2020 unterstützt Dr. Katharina Spethmann im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die MAA als EZ-Scout in Machbarkeitsstudien, Markterschließungen und Förderprogrammen und berät bei der Entwicklung der im November 2019 gegründeten „Task Force Senegal“ zwischen der GIZ, dem BVMW und der nationalen Agentur für die Förderung von Investitionen und Großprojekten Senegals (APIX).

Gut zu wissen n A ktuelle 12 CwA-Länder: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien n Jedes afrikanische Land, das an einer nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen durch grundlegende Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen, unternehmerischen und finanzmarktpolitischen Rahmenbedingungen interessiert ist, kann Teil der Initiative werden n Durch eine kritische Selbstselektion, die durch Dialoge mit der Weltbank, IWF und der Afrikanischen Entwicklungsbank und durch die Verpflichtung zum Aufbau einer Compact-bezogenen Infrastruktur unterstützt wird, können afrikanische Länder über eine Investitionsvereinbarung „Compact“ der Initiative beitreten

Auch Sie wollen sich in Afrika engagieren? Nehmen Sie Kontakt mit der MAA auf: Bienvenue Angui, Geschäftsführerin der MAA, bienvenue.angui@bvmw.de, www.maa-bvmw.de

Elif Mandal BVMW Junior Projektmanagerin Außenwirtschaft elif.mandal@bvmw.de

Foto: © di matti

D

ie Staats- und Regierungschefs der weltweit bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer der G20 haben sich im September 2009 in Pittsburgh über den „Framework for Strong, Sustainable and Balanced Growth“ dazu verpflichtet, sich durch internationale wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenarbeit für ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum der Weltwirtschaft einzusetzen. Der Einsatz der Bundesregierung trug dazu bei, die Entwicklungspolitik in die Tätigkeitsschwerpunkte der G20 zu verankern. Im Jahr 2017 war unter der deutschen G20-Präsidentschaft die Initiative „Compact with Africa“ ins Leben gerufen worden. Ziel der Initiative ist, die Bedingungen für private Investitionen und Beschäftigungsmöglichkeiten der teilnehmenden afrikanischen Länder zu verbessern. Dem „Compact Monitoring Report“ zufolge, der die Fortschritte der CwA-Länder bewertet und im April 2019 veröffentlicht wurde, sind bereits zwei Muster zu erkennen. Zum einen übertreffen die CwA-Länder die globalen und regionalen Wachstumsprognosen deutlich, zum anderen zeigen die Ergebnisse des „Doing Business“, dass diese Länder sich weiter sehr stark auf die Fortsetzung der relevanten unternehmensbezogenen Reformen konzentrieren. In den letzten Jahren waren fast alle CwA-Länder in der Gruppe der Top-Ten-Reformer vertreten.


INTERNATIONAL 29

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Praxisevent für Russland und GUS 27. März 2020 / Airport Club Frankfurt/ M. DIE Veranstaltung für Hersteller- und Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland, die ihr Geschäft in Russland, Osteuropa und Zentralasien entwickeln wollen. Informieren Sie sich umfassend über Herausforderungen und Lösungen von Firmen, die in diesen Märkten eine große Expertise haben und nutzen Sie die Möglichkeit für ein exzellentes Networking!

Ralf Bendisch Managing Director Manufacturing CLK, Claas

Eintrittspreise:

Dr. Daniel Thorniley President, DT-Global Business Consulting GmbH

Sergei Ivanov Geschäftsführer, Palfinger, St. Petersburg

Georgiy Turbanov General Director WABCO Vostok LLC

Aleksey Antipin Director DMG MORI

Stephan Schulte Managing Director Symrise Rogovo

Exclusives Angebot für Mitglieder des BVMW

Jetzt anmelden und 30% Rabatt auf Teilnahmegebühr erhalten. Gutschein Code:

Für produzierende Unternehmen und Handelsunternehmen: 150 € (zzgl. MwSt.) Für Besucher: 450 € (zzgl. MwSt.) Jetzt mit Code BVMW anmelden und 30% Rabatt sichern.

Melden Sie sich jetzt an

BVMW

owc.de/mf5

Partner

RusslandInsider ist die moderne Art der Informationsvermittlung. Mit „Die Woche im Kreml“, allen relevanten Regierungsentscheidungen, aktuellen Wirtschaftsnews und Meldungen zu Recht & Steuern verpassen Sie nichts Wichtiges. RusslandInsider: DER unverzichtbare Begleiter für Ihren wirtschaftlichen Erfolg in Russland und GUS. Das eMagazin für Außenwirtschaft Zur Einführung kostenfrei. owc.de/ri

KW 46 / 14. November 2019


30 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020


SCHWERPUNKT 31

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Schwerpunkt

Finanzierung im Mittelstand In Zeiten schwächelnder Konjunktur und Null- und Negativzinsen ist das Thema Finanzierung immer komplexer geworden. In unserem Themenschwerpunkt geben wir Antwort auf die Frage nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten für Mittelständler, und wie die Firmen die Bedingungen und den Zugang zu Bankkrediten beurteilen. Wir erläutern, warum jeder vierte deutsche Gründer den Umzug ins Ausland erwägt, welche Fördermittel es für den Mittelstand gibt, und was für oder gegen die Abschaffung

Illustration: © alexsl von www.istockphoto.com

des Bargeldes spricht.


32 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Finanzierungsklima trotzt Konjunkturflaute Die Bedingungen und der Zugang zu Bankkrediten sind maßgeblich für das Finanzierungsklima der Unternehmen. Wie die Firmen ihren Zugang zu Krediten beurteilen, hat die KfW nun in Zusammenarbeit mit 17 Wirtschaftsverbänden, darunter der BVMW, untersucht.

Andere aktuelle Erhebungen bestätigen dieses Ergebnis. So melden die im EZB „Bank Lending Survey“ befragten Kreditinstitute für die zurückliegenden zwölf Monate überwiegend Lockerungen der Kreditstandards für Deutschland. Auch das KfW-Mittelstandspanel ermittelt einen Rückgang des Scheiterns von Kreditverhandlungen gegenüber dem Vorjahr, wobei sich dieser Wert noch auf das Jahr 2017 bezieht.

Die aktuell gedämpften konjunkturellen Aus­sichten schlagen sich bislang somit noch nicht negativ auf das Finanzierungsklima nieder.

lediglich 6,4 Prozent. Bei den Unternehmen mit zehn bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz liegt dieser Anteil mit 4,5 Prozent sogar noch etwas niedriger. Dies bedeutet, dass kleine Unternehmen drei- bis viermal häufiger von Schwierigkeiten beim Kreditzugang berichten als große Unternehmen. Der Grund hierfür ist, dass kleine Unternehmen – ähnlich wie junge Unternehmen – per se ein höheres Risiko für externe Geldgeber darstellen. Hinzu kommt, dass sie aus Sicht der Geldgeber häufig eher geringe Finanzierungsvolumina nachfragen, sodass für einen potenziellen Geldgeber ein eher ungünstiges Verhältnis aus Transaktionskosten zum Ertrag entsteht. Darüber hinaus verfügen kleine Unternehmen lediglich über begrenzte materielle Vermögenswerte, die sie zur Besicherung von Krediten einsetzen können. Als Konsequenz fällt ihnen der Kreditzugang schwerer als anderen Unternehmen.

Deutliche Verbesserung des Kreditzugangs gegenüber 2012

Die langfristige Auswertung der Befragungsergebnisse bestätigt die dargelegte aktuelle Situation. Seit 2012 sind vor allem die Meldungen von Schwierigkeiten beim Kreditzugang nahezu kontinuierlich gesunken. Sie nahmen im genannten Zeitraum um rund ein Drittel ab. Im Gegenzug sind die Meldungen über einen leichten Kreditzugang um Kleine Unternehmen mit größeren Schwierigkeiten 17 Prozent gestiegen. Insbesondere hinsichtlich der „schwierig“-Melbeim Kreditzugang dungen stellt sich das Kreditklima somit aktuell mit am günstigsten im Zwischen kleinen und großen Unternehmen bestehen starke Unter- untersuchten Jahreszeitraum dar. schiede beim Kreditzugang: Zwar liegen die Salden („leicht“- abzüglich „schwierig“-Meldungen) in allen Unternehmensgrößenklassen Positives Kreditklima hält an deutlich im positiven Bereich. Dennoch beurteilen kleine Unterneh- Aktuell hält das Allzeithoch bei der Finanzierungssituation der Untermen das Finanzierungsklima negativer als große. Von den Unter- nehmen in Deutschland an. In der diesjährigen Erhebung stufen ähnnehmen mit bis zu einer Million Euro Jahresumsatz schätzt knapp lich wenige Unternehmen wie im letzten Jahr den Kreditzugang als ein Fünftel den Kreditzugang als „schwierig“ ein. Dieser Anteil liegt „schwierig“ ein. Auch der Anteil der Unternehmen, die den Kreditzubei den Unternehmen mit über 50 Millionen Euro Jahresumsatz bei gang als „leicht“ beurteilen, hat sich gegenüber dem Vorjahr nahezu

Foto: © Thomas Faull von www.istockphoto.com

D

as Finanzierungsklima ist aus Sicht der Unternehmen nach wie vor ausgesprochen positiv. Mit 60,6 Prozent gibt der Großteil der Unternehmen an, dass der Kreditzugang aktuell leicht sei. Demgegenüber beurteilen nur 8,9 Prozent der Unternehmen den Kreditzugang als schwierig. Knapp ein Drittel der Befragten schätzt den Kreditzugang als weder leicht noch schwierig ein. Gegenüber der Vorjahresbefragung bedeutet dies im Saldo eine nahezu unveränderte Beurteilung des Kreditklimas.


SCHWERPUNKT 33

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

nicht verändert. Im Vergleich zur Befragung im Jahr 2012 stellt sich die Situation deutlich günstiger dar. Zum guten Finanzierungsklima haben die hohe Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, niedrige Zinsen und die gelockerten Kreditrichtlinien der deutschen Banken und Sparkassen beigetragen. Allerdings sind nach wie vor kleine Unternehmen deutlich häufiger von Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme betroffen als große Unternehmen. Strukturell bedingt konzentrieren sich niedrigere Bonitäten und Probleme, ausreichend Sicherheiten zu stellen, nach wie vor auf diese Unternehmen. Daraus resultieren Kreditablehnungen und unvorteilhafte Konditionen für die betroffenen Unternehmen.

Die aktuell gedämpften konjunkturellen Aussichten schlagen sich bislang somit noch nicht negativ auf das Finanzierungsklima nieder. Sollte sich die Konjunktur aufgrund der geopolitischen Risiken stärker eintrüben, ist jedoch zu befürchten, dass sich dies negativ auf die Entwicklung der Ratingnoten und in der Folge auch auf den Kreditzugang auswirkt.

Dr. Volker Zimmermann Volkswirtschaftliche Abteilung der KfW Bankengruppe www.kfw.de

Gut zu wissen n Bankkredite sind nach wie vor die wichtigste externe Finanzierungsquelle von Unternehmen: 53,9 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen Jahr Kreditverhandlungen geführt n Langfristige Kredite werden am häufigsten nachgefragt: 54,9 Prozent der kreditnachfragenden Unternehmen führen hierüber Kreditverhandlungen. Mittel- und kurzfristige Kredite rangieren mit 51,6 bzw. 51,1 Prozent jedoch nur knapp dahinter n Die Bonitätseinstufungen der Unternehmen haben sich erneut auf breiter Front verbessert: 34,5 Prozent der Unternehmen melden Verbesserungen der Ratingnote. Dem stehen 8,1 Prozent mit Verschlechterungsmeldungen gegenüber n https://bvmw.info/kfw-unternehmensbefragung


34 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Liquiditätsspritze mit Nebenwirkungen Die Konjunktur schwächelt, die Politik will helfen – durch radikale Niedrig- und Nullzinspolitik. Das hält Unternehmen am Leben, die eigentlich schon tot sind: Zombiefirmen.

Die Schuldeneuphorie breitet sich vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft aus, Zombieunternehmen halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile, was zu einer Überlastung des jeweiligen Branchensektors führt. Zinssenkungen sind keine Lösung Doch die angestrebte Lösung des Problems kann selbst zu einem Problem werden. Schon seit der großen Krise 2008 pflegt die EZB eine Politik der Null- und Negativzinsen. Was unter Draghi begann, wird sich wohl unter Christine Lagarde fortsetzen. Auch in der Phase wirtschaftlicher Erholung nach 2008 klammerte man sich an Niedrigzinsen, und nun, angesichts neuer Krisen, sieht man sich in seinem Kurs bestätigt.

rie breitet sich vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft aus, die Krisenanfälligkeit der deutschen (und europäischen) Volkswirtschaft steigt, die EZB muss weiter intervenieren – wieder mit Zinssenkungen, um Gläubiger und Schuldner zu schützen. Doch dieser Schutz ist keiner. Dass einige Unternehmen am Markt verbleiben, verdanken sie eben nicht ihrer Konkurrenzfähigkeit, sondern billigen Schulden, die ihre faktische Insolvenz vertuschen. Es sind klassische Zombieunternehmen, die lediglich das Geld für die (niedrigen) Zinszahlungen erwirtschaften, jedoch nur geringen Umsatz und keinen Profit. Das birgt Gefahren für die gesamte Wirtschaft, denn der Kreditfluss zu eigentlich zahlungsunfähigen Kreditnehmern unterdrückt den marktwirtschaftlichen Selektionsprozess: Insolvenz wird verhindert, Zombieunternehmen halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile, was zu einer Überlastung des jeweiligen Branchensektors führt. Die dort heimischen gesunden Unternehmen leiden unter der Dominanz der unproduktiven Konkurrenz; ihre Gewinne, Arbeitsplätze und ihr Marktzugang sind bedroht. Der Markt wird verzerrt, sinkende Produktivität und ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum sind die Folgen.

Nullzinspolitik verunsichert Unternehmen

Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), betonte anlässlich der Vorstellung des S-Mittelstands-Fitnessindex‘ im September 2019, dass deutsche Mittelständler aufgrund ihres Eigenkapitals investierten – nicht wegen, sondern trotz der lockeren Geldpolitik: „Die Nullzinspolitik der EZB führt zu keinen zusätzlichen Investitionen. Diese Geldpolitik führt zu mehr Unsicherheit in den Unternehmen, und Unsicherheit ist und Unternehmen, Investoren und Banken verzichten auf Eigenkapital bleibt für den Mittelstand das größte Investitionshemmnis.“ Zugleich und machen stattdessen mit Freuden Schulden – es kostet ja kaum macht er Hoffnung: „Im deutschen Mittelstand gibt es keine bedeuetwas. Eine gefährliche negative Rückkopplung: Die Schuldeneupho- tende Zahl von Zombieunternehmen.”

Foto: © Gina Sanders von www.stock.adobe.com

G

efahr für die deutsche Wirtschaft droht aus vielen Richtungen: Zollstreitigkeiten verunsichern den Welthandel, der Brexit bedroht die Binnenwirtschaft der EU, Mobilitätswende und Dieseldrama sorgen für Entlassungen und Kurzarbeit bei Autobauern und den mittelständisch geprägten Zulieferern. Die Europäische Zentralbank reagiert wie alle Notenbanken zu allen Krisenzeiten mit einem eigentlich probaten Mittel: Liquiditätsspritzen, Fiat-Geld und radikale Zinssenkungen. Alles in der Hoffnung, Investitionen und Konjunktur anzukurbeln.


SCHWERPUNKT 35

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Man kann nur hoffen, dass Schleweis Recht hat. Eine Erhebung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank of International Settlement, BIS) verzeichnet in Europa neun Prozent größerer Unternehmen, die Zombiekriterien erfüllen. Das erscheint wenig, doch die BIS erfasst nur börsennotierte Unternehmen. Im gesamten OECDRaum jedoch wird die Wirtschaft, ähnlich wie in Deutschland, von 90 Prozent KMU getragen. Die EZB schätzt, dass im Euroraum 30 Prozent der KMU defizitär wirtschaften. Eine Zinserhöhung würde den Markt natürlich bereinigen, doch auch Staaten profitieren ja von Nullzinsen. Schon ein stabiles Zinsniveau wird zum Problem für die Staatsverschuldung, ganz zu schweigen von regulären Zinsen. Auf lange Sicht werden Notenbanken die Zinsen auf Null halten, weil sie sie schlicht nicht erhöhen können. So

wird der Anschein von Solvenz aufrechterhalten, auf wirtschaftlicher wie auf nationalstaatlicher Ebene. Platzt diese Blase, dürften die Folgen dramatisch sein.

Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@bvmw.de

Anzeige

Professionelle Fachübersetzungen und Übersetzungstechnologien

• • • • •

Individuelle Beratung Online-Preiskalkulator mit Sofortpreisauskunft Verschlüsselte Datenübertragung ISO 17100-Zertifizierung Übersetzungstechnologien

Jetzt kostenlose Probeübersetzung sichern! www.leginda.de

Tel: +49 (0) 681 940 300 5 | Bleichstraße 27 | 66111 Saarbrücken | info@leginda.de


36 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Von der FDP kritisiert: Peter Altmaier und sein Modell eines Zukunftsfonds‘.

Ein Kapital-Fehler Jeder vierte deutsche Gründer erwägt den Umzug ins Ausland, weil in wichtigen Wachstumsphasen Kapital fehlt. Dies bremst Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wohlstand. Der Mittelstand wartet noch immer auf ein Wagniskapitalgesetz.

Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen

D

eutschland mangelt es an Venture Capital (VC). Milliarden Euro ziehen an Deutschland vorbei und stärken die globale Konkurrenz. Seit langem fordern Stakeholder international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Dringend nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung – etwa bei den Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung von Investoren, die sich von ihrer Beteiligung trennen, ein Ende der (steuerlichen) Diskriminierung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital, die steuerliche Anrechenbarkeit von Investitionen in Unternehmen, eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Rahmenbedingungen mindestens in der EU, keine Einschränkungen bei Verlustvorträgen,


SCHWERPUNKT 37

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Vorbild Vækstfonden Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher Dachfonds hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private Equity (PE) investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem Investitionsfokus auf Deutschland. So diversifiziert sich das Anlageportfolio und zöge zusätzliches Know-how nach Deutschland. Unser Modell richtet sich in erster Linie an institutionelle Investoren, stünde aber auch privaten Großanlegern offen. Es erlaubt Direktinvestitionen in den Dachfonds. Durch Risikostreuung kann VC an junge, innovative Unternehmen fließen, die für einzelne Assetmanager oder Versicherungen zu riskant wären. Wieso übertrifft das von Vækstfonden gemanagte Modell den verzagten Wasserfall? Es ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt und für Primärinvestoren attraktiver, da die Mischung aus PE und VC für stabilere Renditen sorgt als die Altmaier-Lösung, die PE aus Furcht vor Sozialneid feige ausklammert. Und das ist Altmaiers Fehler. Denn PE lockt große Versicherungen und Pensionseinrichtungen an, die viel Erfahrung mit PE-Investments haben und sich zieren, in reine VC-Instrumente zu investieren. Und PE finanziert Innovations- und Digitalisierungsstrategien im deutschen Mittelstand. Eine verpasste Chance für Deutschland.

Gut zu wissen die Bilanzierbarkeit von Investitionen in eigene Intellectual Property und die Liberalisierung bei Kapitalsammelstellen, damit privates Anlagekapital stärker genutzt werden kann.

Zukunftsfonds ohne das nötige Potenzial

Foto: © picture alliance/Wolfgang Kumm/dpa

Aber die GroKo verweigert den großen Wurf und setzt auf Stückwerk. Peter Altmaiers neueste Idee: ein sogenannter Wasserfall-Dachfonds, feilgeboten als „Zukunftsfonds“. Das klingt verlockend – und verschleiert die Tatsache, dass die Koalition viele Jahre die Hände in den Schoß gelegt hat und nun nicht weit genug springt.

Die GroKo verweigert den großen Wurf und setzt auf Stückwerk. Es steckt zu wenig Zukunft in Altmaiers Wasserfall, dessen ungleiche Verteilung von Risiken und Chancen ist sogar ein Rückschritt. Die Bundestags-FDP hat 2019 eine bessere Lösung vorgeschlagen: einen Dachfonds nach dem Vorbild des dänischen Vækstfonden.

n Nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung bei den Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung von Investoren n Vorschlag der Bundestags-FDP: ein Dachfonds nach dem Vorbild des dänischen Vækstfonden n Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher Dachfonds hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private Equity investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem Investitionsfokus auf Deutschland n Vækstfonden ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt und für Primärinvestoren attraktiver als die Lösung von Minister Altmaier

Dr. h.c. Thomas Sattelberger, MdB Sprecher für Innovation, Bildung und Forschung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag www.thomas-sattelberger.de


38 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Venture Capital für junge Unternehmen


SCHWERPUNKT 39

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wer mit seinem Unternehmen noch am Anfang steht, kämpft an vielen Fronten gleichzeitig. Aber vor allem muss erst die Frage nach einer soliden Finanzierung geklärt werden.

J

unge Mittelständler bauen häufig noch auf langfristige Kredite oder Eigenkapital, um die ersten Schritte zu finanzieren. Viele Unternehmer bevorzugen diesen Weg, um unternehmerisch unabhängig zu bleiben. Doch ein solcher Finanzierungsmix passt nach Angaben der Wirtschaftsberatung Deloitte nicht immer zu den strategischen Unternehmenszielen. Auch Fördermittel und Anleihen können geeignete Instrumente für eine solide Finanzierungspolitik sein. Den Zugang zu Fördermitteln so unbürokratisch und einfach wie möglich zu machen, das gehört zu den Hauptforderungen des Jungen Mittelstands. Selbstständigkeit und Eigenverantwortung müssen gefördert werden, nur so kann Deutschland im globalen Wettbewerb mithalten.

Fotos: © Dmytro Lastovych von www.istockphoto.com; © Oliver Rösler

Wagniskapitalgesetz

gegründeten Firmen in Deutschland eine Finanzierungslücke von 600 Millionen Euro. Es lohnt sich, auch andere Geldgeber neben der Hausbank in Erwägung zu ziehen. Ein Ende des Hausbankprinzips – wie der Junge Mittelstand es fordert – bedeutet, dass junge Unternehmer sich breiter aufstellen und die Kosten senken können. Der schnell wachsende Markt der Fintechs kann hier interessante Alternativen zur klassischen Hausbankfinanzierung bieten. Die richtige Finanzierung ist auch in den Junger Mittelstand Clubs im ganzen Land ein heiß diskutiertes Thema. Gerade weil viele interessante Förderprogramme auch regional angeboten werden, ist die Vernetzung auf lokaler Ebene für junge Unternehmer wichtig.

Gut zu wissen

Der Junge Mittelstand schlägt dabei die steuerliche Bevorzugung von Risikokapital vor. Hier hinkt Deutschland im internationalen Vergleich noch hinterher. Das Start-up-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zeigt: Berlin hat als Gründermetropole nachgelassen und liegt in Europa nur noch auf Platz drei hinter London und Paris. „Ein umfassendes Wagniskapitalgesetz würde der Gründerkultur in Deutschland einen Schub verleihen“, sagt Jan Schurkus, Geschäftsführer der Freiraum GmbH und im Vorstand des Jungen Mittelstands. Das Ziel: besserer Zugang zu Kapital für junge Unternehmer und Steuererleichterungen für Geldgeber, die investieren möchten. „Ein guter Investor kann nicht nur mit einer Finanzspritze helfen, sondern den jungen Unternehmern auch mit seinen Kontakten und Erfahrungen unterstützend zur Seite stehen“, so Schurkus.

Lencke Wischhusen Generalbevollmächtigte/Generalsekretärin des Jungen Mittelstands

Fintechs als Alternative

mittelstand@bvmw.de

n Der Junge Mittelstand (JM) fordert einfachen, unbürokratischen und direkten Zugang zu Fördermitteln für junge und innovative Unternehmen n Es muss ein Ministerium für Digitalisierung geschaffen werden mit einem „Digital Native“ als Ministerin oder Minister n Mehr Informationen zu den JM-Clubs unter: www.junger-mittelstand.de und auf den Social Media Kanälen des Jungen Mittelstands

Gerade in der Anfangsphase fehlt jungen Unternehmen oft wichtiges Kapital. Laut der staatlichen Förderbank KfW gibt es bei frisch Anzeige

Besuchen Sie unseren Messestand 10. bis 12. März 2020 Halle 1, Stand G66

Das Raum-imRaum-System Systemraum TRENDLINE – flexible Hallenbüros und Trennwände Ob 1-, 2- oder 3-geschossig: Die Räume, die innerhalb Ihrer Halle entstehen, können ganz individuell genutzt und an Ihre Bedürfnisse angepasst werden. Dank der Fertigelemente in kürzester Zeit. Mehr Informationen unter

kleusberg.de/trendline

MAN Bus & Truck AG, München | Hallenbüros


40 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Unternehmensfinanzierung: Hausbank forever? Nichts gegen das gewachsene Vertrauensverhältnis zur Bank. Aber gerade heute sollten Mittelständler sich auch nach digitalen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Und die gibt es, wie zwei Beispiele aus dem BVMW zeigen.

Investoren und Kreditnehmer zusammenbringen 2019 kam es zum Kauf des digitalen Vermögensverwalters Wevest. Damit erweiterte Kapilendo sein Portfolio um den lizensierten Kauf digitaler Wertpapiere: „Dies ermöglicht uns eine breitere Aufstellung durch die ganzheitliche Vermögensverwaltung und den effizienten Kapitalmarktzugang zur Finanzierung unserer Kunden“, sagt

Digitale Finanzmarktplätze müssen die vertraute Hausbank nicht ersetzen – sie können wertvolle und zeitsparende Ergänzungen im Finanzierungsmix sein. CEO Grätz. Damit bespielt das Unternehmen zwar den klassischen Bankensektor, „aber besser“: Unabhängig von Öffnungszeiten und der Verfügbarkeit von Sachbearbeitern nutzt Kapilendo digitale Infrastrukturen, um Kreditanträge innerhalb von 48 Stunden zu bearbeiten und zu entscheiden. Investoren – institutionelle wie private –

werden auf der Plattform regelmäßig über neue Kreditnehmer und damit Investmentmöglichkeiten informiert, Risikokalkulation und daraus folgende Verzinsung inklusive.

Strenges Rating Ein Filmteam erstellt einen informativen Beitrag über das Unternehmen im Rahmen einer werbewirksamen Marketingkampagne. Natürlich werden auch Anträge abgelehnt: „Unsere Ratingprozesse agieren auf Bankenniveau und haben die gleichen professionellen Mechanismen und Ausschlusskriterien“, betont Marco Rautenberg, Head of Credit & Risk. Bislang hat Kapilendo 190 Projekte finanziert und dafür über 70 Millionen Euro Euro eingesammelt. Dabei geht es nicht darum, die Hausbank der Unternehmen komplett abzulösen, vielmehr sieht sich Kapilendo als ein komplementäres Produkt im Finanzierungsmix. Auch der Finanzdienstleister Creditshelf (ebenfalls BVMW-Mitglied) versteht sich nicht als Konkurrenz zur Bank, sondern als ergänzender Mittelstandsfinanzierer. Die Frankfurter bieten Kredite von 100.000 bis fünf Millionen Euro über eine Laufzeit von bis zu acht Jahren an. Creditshelf will sich durch zügige Bearbeitung und eine digitale Plattform, auf der Investoren zeitnah über neue Kreditnehmer informiert werden, vom klassischen Bankengeschäft abheben.

Moderne Kreditkonditionen Dabei liegt der Fokus auf größere Mittelständler, häufig aus dem produzierenden Gewerbe, etwa dem Maschinenbau. Creditshelf finanziert vorrangig Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 2,5 Millionen Euro und drei Jahren Marktpräsenz. Auch hier sind die Ratingprozesse streng, doch Vorstand und Gründungsmitglied Dr. Daniel Bartsch verweist auf die rasanten Veränderungen in

Foto: Foto: ©© NNtostphoto von www.stock.adobe.com

B

ei der Kreditvergabe an KMU verhalten sich Banken zunehmend defensiv. Das trifft finanzierungsbedürftige Mittelständler besonders – zumal der deutsche Kleinunternehmer ein traditionell inniges Verhältnis zu seiner Hausbank pflegt. Doch es gibt Alternativen zum klassischen Bankkredit: Die Digitalisierung hat die Finanzbranche erreicht; viele neue Player tummeln sich auf dem hart umkämpften Markt. Hier hat das Berliner Fintech Kapilendo (Mitglied im BVMW) seinen Ursprung. 2015 haben ehemalige Banker um Christopher Grätz als Plattform für Crowdlending begonnen.


SCHWERPUNKT 41

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Gut zu wissen Internet-Plattformen wie Kapilendo oder Creditshelf bieten individuelle Kreditlösungen für KMU. Mehr darüber, welche innovativen Produkte und Services für die Unternehmensfinanzierung im Mittelstand aktuell relevant werden, erfahren Sie im Rahmen der Fintech Roadshow von _Gemeinsam digital. Alle Termine unter https://gemeinsam-digital.de/veranstaltungen Siehe auch Bericht auf Seite 42

der Industrie 4.0: „KMU profitieren von vernetzten Produktionsanlagen, die in Echtzeit Daten zur Auslastung und Rentabilität liefern. Daher machen wir unsere Kreditkonditionen nicht nur von historischen Finanzkennzahlen und dinglichen Sicherheiten abhängig, sondern von Daten, die die Performance der Investition belegen und jederzeit überprüfbar machen.“

Nachfolge zügig finanzieren Creditshelf spezialisiert sich auch auf Nachfolgefinanzierung: „Viele Finanzentscheider glauben, dass fast 50 Prozent der geplanten Nachfolgeregelungen nicht erfolgreich umgesetzt werden“, resümiert Bartsch. Ereignisse wie Krankheit oder Unfall erzwingen bei fehlender Vorsorge zügige Liquidität. Dem kommen Banken ungern nach. Bartsch will alternative Finanzierungsmodelle anbieten, „die in der Lage sind, Nachfolgeregelungen sehr kurzfristig mit Krediten zu unterfüttern.“

Markus Jerger BVMW Bundesgeschäftsführer mittelstand@bvmw.de

Anzeige

ITLS 2020 2. April | Erfurt Messe-Kongress im Stei

gerwaldstadion

IT-Lösungen für Mittelstand und V e rw a lt u n g

www.it-leistungsschau.de

TO : RE

KEYNOTE: SASCHA LOBO

FOT O

Mittelständler müssen zügig in die Digitalisierung investieren, während die Digitalisierung die gesamte Finanzbranche umkrempelt. Das bietet Chancen. Digitale Finanzmarktplätze müssen die vertraute Hausbank nicht ersetzen – sie können wertvolle und zeitsparende Ergänzungen im Finanzierungsmix sein.

KLA R

Der Mix macht´s


42 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Digital finanziert – mehr Liquidität für Ihr Unternehmen Schnelle Kapitalspritzen, verkürzte Bilanzen und langfristige Kredite über die Crowd – alternative Wege zur Finanzierung werden für den Mittelstand immer attraktiver. Einige der besten Produkte beruhen auf digitalen Geschäftsmodellen.

Vom klassischen Kredit zum zeitgemäßen Modell Im Gegensatz zu Großunternehmen sind im Mittelstand hohe Kapitaleinlagen eher selten verfügbar. Seit der letzten Finanzkrise erschweren zudem verschärfte Vorschriften den unkomplizierten Zugang zu Bankkrediten. Der wachsende globale Wettbewerb fordert jedoch schnelle Reaktionen und Flexibilität bei Investitionen. Diese Marktlücke begünstigt alternative Finanzierungsmodelle, die seit einigen Jahren auf dem Vormarsch sind. Auch hier ist die Digitalisierung die treibende Kraft. So sind es in der Regel Onlineplattformen, die etablierten Kreditinstituten Konkurrenz machen.

wächst das Finanzierungsvolumen kleiner und mittlerer Unternehmen weiter – und beweist das Interesse der Crowd am Mittelstand. Je nachdem, ob es sich um Crowdfunding oder -investing handelt, erhalten die Kapitalgeber für ihre Beiträge verschiedene Gegenleistungen. Wer sich ausreichend am projektgebundenen Funding beteiligt, bekommt beispielsweise das geförderte Produkt ins Haus geliefert. Bei einem kollektiven Investment hingegen werden, ganz klassisch, Unternehmensanteile und somit Gewinnansprüche vergeben. Das Verlustrisiko tragen alle Beteiligten gemeinsam. Wichtig: Mitspracherecht in der unternehmerischen Entscheidungsfindung haben Investoren nicht.

Lenden, leasen oder einfach nur nutzen?

Auch klassische Kredite vergibt der Schwarm mittlerweile. Beim Crowdlending gibt es für Kreditoren keine Anteile am Unternehmen. Auch müssen Schuldner keine dinglichen Sicherheiten aufweisen – einige betriebswirtschaftlich aussagekräftige Dokumente und eine Die Crowd und der Mittelstand Bürgschaft reichen in der Regel aus. Für das Unternehmen wird eine Anstatt an Privatinvestoren und Kreditinstitute wenden sich heu- Risikoprüfung fällig, die über den Zugang zum Crowdlending-Verfahte schon viele Mittelständler mit ihrem Anliegen an die Crowd. Der ren und die Höhe des Zinssatzes bestimmt. „Schwarm“, also eine Gruppe aus investierenden Einzelpersonen, finanziert neben erfolgsversprechenden Gründungsideen und nützli- Anstatt Geld für die Anschaffung von Software, Geräten oder Machen Produkten zunehmend auch Wachstumsprojekte in etablierten schinen zu leihen, ist es oft sinnvoller, diese testweise oder längerUnternehmen. Dafür legen alle, die sich beteiligen wollen, an digita- fristig zu mieten. Die meisten Mittelständler sind mit verschiedenen len Marktplätzen Geld an. Auch kleine Beträge können in der Summe Leasingverfahren, beispielsweise Sale-and-lease-back, wohlvergroße Projekte stemmen. Mit bisher rund 40 Millionen Euro pro Jahr traut. Eine weniger bekannte Variante ist das „As-a-Service“-Modell.

Foto: © NicoElNino von www.istockphoto.com

D

ie Digitalisierung bestimmt als Triebfeder für mittelständische Unternehmen in Deutschland zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit. Bevor neue Lösungen eingesetzt werden können, stehen viele kleine und mittlere Betriebe jedoch vor einer großen Hürde: Digitalisierung kostet Geld – manchmal sogar viel Geld.


SCHWERPUNKT 43

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mit Hilfe externer digitaler Dienstleistungen können von der Vernetzung über die Wartung bis hin zur Motorisierung innovative Technologien bedarfsweise integriert werden. So bietet Software-as-a-Service eine ideale Lösung für mittelständische Fertigungsbetriebe, die smarte Sensorik nutzen und die dabei entstehenden Daten effizient verwalten müssen. Ein großer Vorteil des Modells: Was sich nicht lohnt, wird wieder abbestellt.

Bessere Bilanzen durch digitales Factoring Besteht öfter kurzfristiger Bedarf an Liquidität, um beispielsweise Leasingkosten zu bezahlen, bietet Factoring eine effektive Lösung. Durch den Verkauf von Forderungen – also Rechnungen, die an Kunden gestellt werden – können eigene Verbindlichkeiten beglichen werden. So spart man sich nicht nur Mahnungen, sondern erhöht außerdem die bilanzielle Eigenkapitalquote und somit die Chance auf längerfristige Kredite. Während klassische Factoring-Deals aufgrund

hoher administrativer Auflagen bisher für mittelständische Unternehmen kaum nutzbar waren, bietet die digitale Variante wesentlich zugänglichere, schnellere und kostengünstigere Finanzprodukte. Auch der Anleihenmarkt und die Investitionskultur sind durch digitale Transformation dynamischer geworden und haben ein stetig wachsendes Angebot flexibler Produkte hervorgebracht. Als Fintechs bezeichnet man die Technologien und Anbieter für die modernen Finanzdienstleistungen, von denen hier eine kleine Auswahl vorgestellt wurde. Wie aber orientieren sich Unternehmerinnen und Unternehmer auf dem Markt? Wo findet man die richtigen Ansprechpartner? Mittlerweile gibt es zahlreiche Onlineplattformen, die nicht nur genau informieren, sondern einen Vorabcheck anbieten oder sogar den Kontakt zu Investoren herstellen.

Gut zu wissen Mit der Fintech-Roadshow gibt _Gemeinsam digital von März bis November 2020 einen praxisnahen Überblick zu modernen, mittelstandsrelevanten Finanzprodukten. Alle Termine finden Sie unter: www.gemeinsam-digital.de/veranstaltungen

Julian Koller BVMW Referent Förderprojekte julian.koller@bvmw.de


44 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Neue Wachstumsimpulse durch Factoring Wachsende Unternehmen im Mittelstand brauchen einen schnellen und unbürokratischen Zugang zu Finanzmitteln – eine Anforderung, der das Instrument Factoring in hohem Maße entspricht.

1

Eine Finanzierung, die automatisch mit dem Umsatz wächst, 8 Prozent der Entscheider in kleiwäre interessant für mein / unser Unternehmen. nen und mittleren Unternehmen erwägen, ihre Liquidität in Zukunft durch Factoring zu erhöhen. Zwei Jahre zuvor waren es 14 Prozent, wie eiBranchen Zustimmungen* in Prozent ne repräsentative Studie des BundesAlle/gesamt: 55 verbands Factoring für den Mittelstand Bis 2,5 Mio: (BFM) ergab. 53 2,5-50 Mio: Weil mit steigendem Umsatz auch das 71 Volumen der Finanzierung wächst, lässt sich Factoring besonders effizient 69 Verarb. Gewerbe: in Wachstumsphasen einsetzen. Das 53 Baugewerbe: umsatzkongruente Prinzip ist für 55 58 Handel: Prozent der Entscheider im Mittelstand interessant, so der BFM, vor allem in 55 Dienstleistungen: den Branchen In- und Export (78 Pro45 Freiberufler: zent), im verarbeitenden Gewerbe (69 Prozent) und im Handel (58 Prozent). 78 Im-/Export: Unternehmen, die einen hohen Liquiüber 10% Geschäftsanteil ditätsbedarf haben, nutzen oftmals in Kombination mit Kreditlinien die FlexiQuelle: BFM Bundesverband Factoring für den Mittelstand / Kantar TNS. Repräsentative Befragung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland mit einem Jahresumsatz von unter 50 Mio. Euro. Die Untersuchung auf Basis von 1.653 Interviews wurde im Oktober 2018 durchgeführt. bilität von Factoring. Als zentralen Vor*Zustimmungen auf der Skala 1-3: stimme voll und ganz zu / stimme zu / stimme zum Teil zu teil bewerten Finanzentscheider auch den regresslosen Schutz vor Zahlungsausfall, der mit der Abtretung beim Forderungsverkauf verbunden ist Die Mitglieder des BFM bieten bankenunabhängige Finanzierungen an, (56 Prozent). die klassische Kreditlinien ergänzen oder ersetzen können. Sie sind qualitätsorientierte, oft inhabergeführte Factoring-Gesellschaften, die Geringe Factoring-Quote in Deutschland sich auf die Umsatzfinanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn ist Factoring hierzulanspezialisiert haben. Zum Thema Factoring lässt der Verband regelmäßig de noch wenig verbreitet. Zwar stieg seit 2009 die Factoring-Quoeine repräsentative Studie erheben. te in Deutschland von 4 Prozent auf 7,3 Prozent an. Sie liegt aber immer noch deutlich unter dem Durchschnittswert in der EU, der 10,9 Prozent beträgt. Die Factoring-Quote stellt die Relation von FacGut zu wissen toring-Umsatz und Bruttoinlandsprodukt dar. In Europa liegt Großbritannien mit einer Quote von 13,9 Prozent vor Italien (13,1 Prozent), n Interesse an Liquidität, die mit dem Umsatz wächst (55 Prozent) Spanien (12,4 Prozent) und Frankreich (12,3 Prozent). Kennzeichnend n Forderungsverkauf in KMU zunehmend geplant (plus 4 Prozent) für den deutschen Markt ist der hohe Zuwachs im Segment Mittelstand. Der Vorstand des BFM erwartet, dass sich die AufwärtsbeweMichael Ritter gung der letzten Jahre fortsetzt. Das gilt trotz der abgeschwächten Vorstandsvorsitzender Bundesverband Wirtschaftsleistung in Deutschland. Zuletzt gingen 75 Prozent der Factoring für den Mittelstand (BFM) BFM-Verbandsmitglieder von einer guten Entwicklung beim Neuwww.bundesverband-factoring.de kundengeschäft aus. Foto: © NN

Bundesverband Factoring für den Mittelstand


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

ADVERTORIAL 45

Wirtschaftenmit mitWeitblick Weitblick Wirtschaften

Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können. Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können.

FF

amilienunternehmen gelten als das Rückgrat der deutschen Finanzierung streuen amilienunternehmen geltenwelcher als dasStudie Rückgrat der deutschen streuen Ebenfalls ratsam ist es, die Finanzierung über mehrere FinanzieWirtschaft. Je nachdem, man Glauben schenkt, Finanzierung Ebenfalls ratsam ist-produkte es, die Finanzierung über der mehrere FinanzieWirtschaft. Je nachdem, welcher Studie man Glauben schenkt, zu streuen. Neben klassischen Banrepräsentieren sie 87 % bis 94 % aller deutschen Unternehmen rungspartner und rungspartner und -produkte zu streuen. Neben der klassischen Banrepräsentieren sie 87 % bis 94 % aller deutschen Unternehmen Leaund stellen ca. 57 % aller Arbeitsplätze. Sie erwirtschaften über die kenfinanzierung sollten daher auch alternative Instrumente wie sollten auch alternativeDebt Instrumente wie Leaund stellen 57 % aller Arbeitsplätze. Sie erwirtschaften über die kenfinanzierung sing, Factoring, Assetdaher Backed Securities, Crowdfunding oder Hälfte desca. deutschen Bruttoinlandproduktes und sind somit absolut Factoring, Asset Backed Securities, Debt wertvolle Crowdfunding oder Hälfte des deutschen Bruttoinlandproduktes Schuldscheine genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit: systemrelevant für die deutsche Wirtschaft.und sind somit absolut sing, Schuldscheine werden. weitere wertvolle Möglichkeit: systemrelevant für die deutsche Wirtschaft. Anzahlungen genutzt des Kunden für Eine zu erbringende Leistungen oder zu des und Kunden fürSolche zu erbringende Leistungen oder Besonders wichtig für Familienunternehmen ist ihre Strategie in Sa- Anzahlungen liefernde Waren Güter. Anzahlungen können in derzu ReBesonders wichtig für Familienunternehmen ihre ein Strategie in Sa- liefernde Waren und Güter.und Solche Anzahlungen können in derabgesiRechen Finanzierung. Mangelnde Liquidität ist kann Unternehmen gel durch Bürgschaften Garantien (sogenannte Avale) chen Finanzierung. Mangelnde Liquidität kann Unternehmen durch Bürgschaften Garantien schnell in die Insolvenz stürzen. Zwar sind sichein viele Unternehmen gelchert werden und sind und daher genau so(sogenannte viel wert wieAvale) bares abgesiGeld. Neschnell in die Insolvenz stürzen. Zwar sind sich viele Unternehmen chert werden und sind daher genau so viel wert wie bares Geld. Ne-für darüber bewusst, dass sie ihr Risiko in punkto Investitionen, Kunden ben Banken stellen auch B2B-Versicherer wie Euler Hermes Avale darüber bewusst, dass sie ihr Risiko in punkto Investitionen, Kunden ben Banken stellen auch B2B-Versicherer wie Euler Hermes Avale und Lieferanten streuen sollten. In Bezug auf Finanzierungspartner Unternehmen bereit. Das entlastet gleichzeitig die Kreditlinie beifürder und Lieferanten streuen sollten. In Bezug auf Finanzierungspartner vernachlässigen sie eine Risikodiversifizierung jedoch häufig. Dabei Unternehmen Hausbank. bereit. Das entlastet gleichzeitig die Kreditlinie bei der vernachlässigen sie eine Risikodiversifizierung jedoch häufig. Dabei Hausbank. ist gerade hier Wirtschaften mit Weitblick gefragt! ist gerade hier Wirtschaften mit Weitblick gefragt! Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich so auch in unsicheren Zeiden richtigen Maßnahmen lässt sich auch in unsicheren ZeiEine gemeinsame Studie von Euler Hermes und Roland Berger zeigt, Mitten viel erreichen: Mehr Flexibilität inso den Entscheidungen, mehr Eine gemeinsame Studie von Euler Hermes und Roland Berger zeigt, ten viel erreichen: Mehr Flexibilität in den Entscheidungen, mehr dass der Investitionsbedarf von Familienunternehmen hinsichtlich Spielräume in Sachen Liquidität und vor allem eine stabile Finanziedass der Investitionsbedarf von Familienunternehmen hinsichtlich in Sachen Liquidität und vor allem eine stabile FinanzieInnovationen und Digitalisierung in den nächsten Jahren rasant stei- Spielräume rung des eigenen Unternehmens. Innovationen und Digitalisierung in den nächsten Jahren rasant steirung des eigenen Unternehmens. gen wird. Wie sollten Familienunternehmen darauf und auf die sich gen wird. Wie sollten Familienunternehmen darauf und auf die sich verändernden Refinanzierungsbedingungen reagieren? verändernden Refinanzierungsbedingungen reagieren?

Foto: © NN

Investitionen gehören in jede Finanzierungsplanung Investitionen in jede Finanzierungsplanung Generell gilt: gehören Investitionen gehören in jede Finanzierungsplanung Generell gilt: Investitionen gehören in jede Finanzierungsplanung und sollten nicht zu Gunsten konservativer Finanzierungspräferenund sollten nicht zu Gunsten konservativer Finanzierungspräferenzen oder aus einem Stabilitätsdenken heraus ausgesetzt werden – zen oderleidet aus einem Stabilitätsdenken heraus ausgesetzt werdenist–eisonst die Wettbewerbsfähigkeit unweigerlich. Außerdem sonst leidet die Wettbewerbsfähigkeit unweigerlich. Außerdem ist ei-zu ne proaktive und vor allem transparente Finanzkommunikation neallen proaktive und vor allem transparente Finanzkommunikation Stakeholdern ratsam. Auch wenn sich niemand gerne inzudie allen Stakeholdern ratsam. Auch wenn sichVertrauen, niemand gerne Karten schauen lässt: Transparenz schafft geradeinin die wirtKarten schauen lässt: Transparenz schafft Vertrauen, gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten! schaftlich herausfordernden Zeiten!

Zur Studie von Euler Hermes: www.eulerhermes.de/fu-studie ZurBeratung Studie von Hermes: undEuler Lösungen vonwww.eulerhermes.de/fu-studie Euler Hermes: www.eulerhermes.de Beratung und Lösungen von Euler Hermes: www.eulerhermes.de


46 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Working Capital für KMU Unternehmen auf Wachstumskurs haben ein Luxusproblem: Sie haben so viele Aufträge, dass ihnen teilweise die finanziellen Kapazitäten zur Erfüllung fehlen. Clevere Alternativen in der Finanzierung des Working Capital schaffen hier Abhilfe.

D

er Bedarf finanzieller Mittel ist insbesondere in Wachstumsphasen vielfältig – eine neue Maschine, Ausweitung des Lagers oder die Beschaffung von Produktionsmaterial. Schwierig ist dabei häufig die Frage, woher die benötigten Mittel zur Vorfinanzierung dieses Wachstums kommen sollen. Sofern Banklinien nicht schon frühzeitig ausgeweitet werden können, liegt der Fokus zur Finanzierung des Wachstuns notwendigerweise im Bereich des Working Capitals. Gerade hier lohnt ein Blick über den Tellerrand, um mit neuen Alternativen sein Unternehmen auf Wachstumskurs zu schicken. Zwei von ihnen werden im Folgenden näher beleuchtet.

Was vordergründig als einfache Warenfinanzierung daherkommt, bietet auch auf den zweiten Blick erhebliche Vorteile für Unternehmen. Eine immer wieder aufkommende Diskussion über Zahlungsziele gegenüber dem Lieferanten entfällt komplett, da der Einkaufsfinanzierer diesen umgehend bei Warenlieferung bezahlt. Kenner nutzen diese Finanzierungsalternative somit auch zur Verbesserung ihrer Lieferantenbeziehungen. Zudem entfällt in der Regel auch das Stellen von unternehmerischen oder privaten Sicherheiten, denn hierzu dient die gehandelte Ware selbst, die beim Einkaufsfinanzierer bis zur Bezahlung unter Eigentumsvorbehalt steht.

Einkaufsfinanzierung

dürfte vielen Unternehmen bereits bekannt sein – wie bei der Einkaufsfinanzierung handelt es sich um eine alternative Finanzierungsform des Working Capitals, die jedoch in Deutschland schon deutlich länger vertreten ist. Grundsätzlich werden beim Factoring die Ausgangsrechnungen eines Unternehmens an seine Kunden durch den Factor angekauft und durch Auszahlung des Rechnungsbetrages – abzüglich eines Sicherheitseinbehaltes in der Größenordnung von üblicherweise zehn Prozent – finanziert. Letzterer Betrag fließt dem Unternehmen dann zu, wenn auch sein Kunde gezahlt hat.

ist eine der neuesten Alternativen im Bereich der Working Capital Finanzierung. Hierbei werden Waren und Vorleistungen vom Einkaufsfinanzierer erworben und an das wachsende Unternehmen weiterveräußert. Der Trick dabei: Der Weiterverkauf geschieht mit einem deutlich verlängerten Zahlungsziel von zumeist vier Monaten. Somit bleibt in der Regel genug Zeit, mit den finanzierten Einkäufen zuerst seine eigene Wertschöpfung zu betreiben, um mit den hieraus generierten Erlösen nach vier Monaten den Einkaufsfinanzierer zu bezahlen.

Factoring


SCHWERPUNKT 47

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Neben dem sofortigen Zufluss des (fast kompletten) Gegenwertes der finanzierten Ausgangsrechnungen übernimmt der Factor häufig auch das Delkredererisiko und schützt das Unternehmen somit vor Forderungsausfall. Darüber hinaus werden teilweise auch buchhalterische Aufgaben sowie das Mahn- und Inkassowesen übernommen. Da Factoring eindeutig auf die Verkaufsseite abstellt, bietet es nur dem verkaufenden Unternehmen Vorteile zur Optimierung des Working Capitals. Zwar gibt es mit dem sog. „Reverse Factoring“ auch

Foto: © AndreyPopov von www.istockphoto.com

Gut zu wissen n Während Factoring nur dem verkaufenden Unternehmen Vorteile bietet, ist die Einkaufsfinanzierung für beide Unternehmen attraktiv. Das einkaufende Unternehmen hat vier Monate Zeit, seine Produkte zu fertigen und zu verkaufen; das verkaufende Unternehmen bekommt sein Geld sofort n Die Einkaufsfinanzierung wirkt für das verkaufende Unternehmen daher genauso wie ein eigenes Factoring und bietet zusätzlich die beschriebenen Vorteile für den Abnehmer, die das verkaufende Unternehmen absatzfördernd einsetzen kann

eine Spielart, bei dem die Wareneinkäufe durch die umgehende Bezahlung der Lieferantenrechnungen finanziert werden; dieses Konzept – im Ergebnis ähnlich zur Einkaufsfinanzierung – hat sich bis dato aber aufgrund des komplexen vertraglichen Zusammenspiels zwischen dem Factor und den einzelnen Lieferanten nicht richtig durchsetzen können.

Fazit Beide vorgestellten Alternativen zur Optimierung des Working Capitals bieten eindeutige Vorteile für Unternehmen in Wachstumsphasen. Clever eingesetzt schaffen sie – einzeln oder aber sogar in Kombination – erhöhte Liquiditätsspielräume, um Wachstumsphasen zu finanzieren. Dr. Stefan Fenner Geschäftsführer entrafin GmbH BVMW-Mitglied www.entrafin.de

Anzeige

W I R Ö F F N E N W E LT E N D I E I N N O VAT I V E N FA C H M E S S E N I N E S S E N AC QUA ALTA | ALL AB OUT AUTOMATION | CAR AT | C OM P OU N DI NG WORLD EX P O | CUT TI NG WORLD | D C ON EX | DIG ITAL F UTU RE C ONG RE S S DI KOM M | E -WORLD E N E RGY & WATE R | E U ROP EAN B RI DAL WE E K | GASTROTAG EWE ST | I N F R ATE CH | I NTE R AE RIAL S OLUTION S | I NTE RG E O I P M E S S E N | M ETPACK | MÖLO | P LASTICS EXTRU S ION WORLD EX P O | P LASTICS RE CYCLI NG WORLD EX P O | P OLYM E R TE STI NG WORLD EX P O S CHWE I S S E N & S CH N E I DE N | S E CU RIT Y E S S E N | S H K E S S E N | S MART CIT Y S OLUTION S | TAN K STE LLE & M IT TE LSTAN D | TH E R AP RO E S S E N 17. DEUTSCH ER KI N DER- UN D J UGEN DH I LFETAG | 28. JAH RESTAGUNG DEUTSCH E GES ELLSCHAFT FÜR SCH LAFFORSCH UNG UN D SCH LAFM EDI ZI N E.V. 53. E S S E N E R TAG U NG F Ü R WAS S E RWI RTS CHAFT

| | | | |

www.messe-essen.de


48 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Erfolgreich durch die Rezession Deutschland steht vor einem Konjunkturrückgang. Um die Krise unbeschadet zu überstehen, müssen mittelständische Unternehmen ihre Abhängigkeit von der Hausbank reduzieren.

E

skalierende Handelskonflikte, Brexit, zunehmende Spannungen im Nahen Osten: Es sind turbulente Zeiten, die wir gerade erleben. Die komplizierte Weltlage bleibt nicht ohne Auswirkungen: Im zweiten Quartal 2019 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent. Deutschland befindet sich seit 15 Monaten in einer Industrierezession.

Finanzierungsmix erweitern

Gut zu wissen Wenn Sie neue Kredite abschließen, achten Sie darauf, dass die Bank nicht zu hohe Sicherheiten verlangt. Über die als Sicherheit hinterlegten Vermögenswerte kann Ihr Unternehmen nicht mehr frei verfügen. In Krisenzeiten ist aber maximale Flexibilität gefragt.

Liquiditätsengpässe vermeiden Die größte Herausforderung während wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das Liquiditätsmanagement: Der Umsatz bricht ein, Kunden lassen sich mehr Zeit mit ihren Zahlungen, und die Bank kürzt bestehende Kreditlinien. Sinnvoll sind deshalb vor allem Asset-basierte Finanzierungsvarianten wie Factoring, Warenfinanzierung und Saleand-lease-back, die den Liquiditätsverlauf glätten. Werden die erwähnten Finanzierungsmethoden dazu verwendet, Verbindlichkeiten abzubauen, verbessern sie zudem die Eigenkapitalquote und damit die Bonität.

Joachim Haedke Geschäftsführender Gesellschafter Finanzierung.com GmbH BVMW-Mitglied https://finanzierung.com

Foto: © sorbetto von www.istockphoto.com Foto: © NN

Während eines Abschwungs steigt die Zahl der Insolvenzen, und Kredite können nicht mehr gezahlt werden. Für die Banken bedeutet dies Verluste. Sie werden darum ihre Kreditvergabe straffen. Kleine und mittlere Unternehmen geraten schnell in eine Abwärtsspirale und stellen wichtige Investitionen zurück. In der Folge verlieren sie an Wettbewerbsfähigkeit, der Gewinn sinkt. Entsprechend nimmt auch die Bonität ab, was die Kreditaufnahme wiederum zusätzlich erschwert. Um einer solchen Abwärtsspirale zu entgehen, müssen KMU ihre Finanzierungsstruktur rechtzeitig analysieren und, falls nötig, anpassen. Derzeit sind die Zinsen so tief wie nie zuvor, und die Banken vergeben noch bereitwillig Kredite. Es lohnt sich also, Darlehen mit langfristiger Zinsbindung aufzunehmen und sich damit gegen steigende Zinsen abzusichern. Um sich vor den Folgen einer künftigen Kreditklemme zu schützen, ist es jedoch entscheidend, nicht ausschließlich auf die Hausbank zu vertrauen, sondern den Finanzierungsmix zu erweitern.


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

ADVERTORIAL 49

„Ich liebe es, Metall und meiner Firma eine besondere Form zu geben.“ Fördern, was NRW bewegt.

Foto: © NN

Melanie Baum, Geschäftsführerin Baum Zerspanungstechnik, fertigt anspruchsvolle Dreh- und Frästeile nach Kundenwunsch – mit zufriedenen Mitarbeitern und modernen Maschinen. Die nötige Finanzierung ermöglichte ihr die NRW.BANK. Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/baum


50 SCHWERPUNKT

Finanzierungsmix auf den Prüfstand Handelskonflikte, politische Unsicherheiten, die Transformation der Automobilindustrie, der Brexit: Der Druck auf die deutsche Wirtschaft hat zuletzt deutlich zugenommen. Auch die Aussichten für 2020 sind nicht ungetrübt. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen ihren Finanzierungsmix wetterfest machen.

D

ie Wachstumslokomotive Deutschland ist 2019 spürbar ins Stocken gekommen. Im dritten Quartal schrammte die deutsche Wirtschaft nur knapp an einer technischen Rezession vorbei. Von einer technischen Rezession sprechen Volkswirte, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge schrumpft. Zwar hat sich die Lage seitdem wieder etwas entspannt, doch von einer Trendwende kann nicht die Rede sein. Für 2020 wird zwar eine leichte Wachstumsbeschleunigung erwartet. Diese dürfte aber vor allem den vier zusätzlichen Arbeitstagen des Jahres geschuldet sein.

Angesichts der unsicheren Aussichten tun Unternehmen gut daran, sich jetzt in Sachen Finanzierung für die Zukunft sicher aufzustellen. Unternehmen aller Größenordnungen steht dafür eine Vielzahl von Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Neben klassischen Mittelstandskrediten können das zum Beispiel bilanzschonende Finanzierungsalternativen Leasing und Factoring sein. Gedrückte Stimmung in vielen Führungsetagen Mit Factoring lassen sich Forderungen diEntsprechend mau ist die Stimmung in vielen Führungsetagen deut- rekt in Liquidität umwandeln. Zudem bietet scher Unternehmen. In seiner Konjunkturumfrage unter 28.000 Un- der Forderungsverkauf Sicherheit, denn die ternehmen hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag seit Factoringgesellschaft übernimmt in der Regel das volle Ausfallrisiko. der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr so pessimistische Antworten Leasing verbessert durch seine Bilanzneutralität die Eigenkapitalzur Geschäftsentwicklung erhalten wie im Herbst 2019. quote und damit das Rating. Dies erleichtert in wirtschaftlich unsicheren Zeiten die Kreditaufnahme für wichtige Investitionen. Weiteres Ungemach droht Unternehmen über das Jahr 2020 hinaus zudem durch die neuen Baseler Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute, kurz Basel IV genannt. Sie sollen in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Nach aktuellen Berechnungen des Beratungsunternehmens Copenhagen Economics dürften durch die höheren Eigenkapitalkosten der Banken die Kreditkosten für ein typisches mittelständisches Unternehmen um bis zu 12.500 Euro jährlich steigen, für größere Unternehmen könnte die jährliche Mehrbelastung sogar in Millionenhöhe liegen.

Wie Unternehmen jetzt für Finanzierungssicherheit sorgen Zwar waren die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen in Deutschland zuletzt noch vergleichsweise gut. Aber laut der Bundesbank haben die Banken die Kreditbedingungen im dritten Quartal 2019 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft. Die Anpassung war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich nach Einschätzung der Banken die branchen- oder firmenspezifische Lage und die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmer verschlechterten.

Sicherheit durch syndizierte Finanzierungen Mehr Finanzierungssicherheit erzielen Unternehmen nicht zuletzt durch eine Neustrukturierung ihrer Passivseite. Vor allem wachstumsstarke Unternehmen haben, historisch gewachsen, häufig eine Vielzahl von Kreditgebern mit unterschiedlichen Konditionen und Besicherungen. Durch die Neustrukturierung ihrer Verbindlichkeiten im Rahmen eines Konsortialkredits können sie sich transparentere und langfristige sichere Finanzierungsstrukturen aufbauen. Bei einem Konsortialkredit wird vom Unternehmen eine Bank als Lead Arranger für die Bildung des Konsortiums mandatiert und fungiert nach dem Kreditabschluss als Verwaltungsstelle. Der Kreditnehmer bekommt also eine umfassende Finanzierung mit nur einem Ansprechpartner.

Das Gespräch mit der Bank suchen Gerade bei komplexeren Fragen zur Finanzierung sollten sich Unternehmen deshalb nicht scheuen, ihre Bank anzusprechen – und das besser früher als später. Manche Kunden kommen erst zu uns, wenn sie kaum noch Luft bei der Liquidität haben. Besser und viel stress-

Foto: © Worawee Meepian von www.istockphoto.com

Basel IV erhöht Kreditkosten


SCHWERPUNKT 51

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

freier ist es, wenn die Finanzen des Unternehmens dann neu strukturiert werden, wenn die Bonität noch gut ist. Ein Beispiel dafür, wie das Gespräch mit der Bank zu neuen Perspektiven für die eigene Finanzierungssituation verhelfen kann: Einer unserer Kunden, die Berliner Biosupermarktkette LPG, finanzierte ihr Wachstum ausschließlich aus Eigenmitteln. Als eine besonders attraktive Filialfläche statt zur Miete zum Kauf angeboten wurde, empfahlen wir den Kauf. Um dabei dem Wunsch des Kunden nach hoher Flexibilität nachzukommen, wurde eine variable Finanzierung auf Basis des 3-Monats-Euribors mit Zinssicherung vorgeschlagen. Damit sicherten sich die Gründer der Biosupermarktkette ein attraktives Zinsniveau und gleichzeitig die Möglichkeit, nach jeder Zinsperiode

Neben klassischen Mittelstandskrediten können zum Beispiel bilanzschonende Finanzierungsalternativen Leasing und Factoring sein. die Finanzierung ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen zu können. Durch den Erwerb der Immobilie hat sich das Unternehmen nicht nur vom Vermieter und möglicherweise steigenden Mietkosten unabhängig gemacht, es hat auch seine Sicherheiten für weiteres Wachstum ausgebaut.

Gut zu wissen n Basel IV soll in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden n Laut Bundesbank haben die Banken die Kreditbedingungen im dritten Quartal 2019 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft n Finanzen eines Unternehmens neu strukturieren, wenn die Bonität noch gut ist

Katharina Brunke Bereichsleiterin Region Ost, Geschäfts- und Firmenkundenbetreuung Postbank www.postbank.de


52 SCHWERPUNKT

BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für den Mittelstand

DER MITTELSTAND. 1 | 2020


SCHWERPUNKT 53

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Deutschland gehörte bisher zu den fünf Ländern innerhalb der OECD, die Forschung und Entwicklung nicht steuerlich förderten. Nachdem das Thema über mehrere Legislaturperioden getragen, pausiert und verschoben wurde, trat die Forschungszulage zum Jahresanfang 2020 nun endlich in Kraft. Auch mittelständische Auftraggeber werden gefördert – ein doppelter Erfolg des beharrlichen Einsatzes unseres Verbandes.

V

iele andere große Industriestaaten, darunter die USA, China, Japan, Frankreich und Großbritannien, unterstützen Unternehmen bereits seit Jahren mit steuerlichen Anreizen für Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE). Mit diesen Ländern möchte die Bundesregierung jetzt gleichziehen. Die Förderungslandschaft, die zuvor ausschließlich aus der direkten Projektförderung bestand, wird mit dem Forschungszulagengesetz sinnvollerweise ergänzt. Die steuerliche Forschungsförderung rechnet sich laut ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung auch für den Staat: Für jeden Förder-Euro wird bei den Betrieben zusätzlicher FuE-Aufwand von 1,33 Euro mobilisiert.

Wie wird gefördert?

Foto: © sanjeri von www.istockphoto.com

In einem Unternehmen werden über die Personalkosten, also die dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Löhne und Gehälter der forschenden Beschäftigten, bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr gefördert. Bei einer Förderquote von 25 Prozent entspricht dies einem Steuererlass von 500.000 Euro. Pro Unternehmen und Forschungsprojekt dürfen insgesamt 15 Millionen Euro inklusive aller über die gesamte Laufzeit gewährten staatlichen Beihilfe einschließlich der Forschungszulagen nicht überschritten werden. Die Förderung ist bewusst als Zulage gewährt, sodass auch eine Auszahlung im Verlustfall garantiert ist. Lediglich die drei Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Forschung müssen erfüllt sein. Begünstigt werden außerdem Wer wird gefördert? Die Forschungszulage unterstützt großflächig alle Branchen und Un- Kooperationen mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen ternehmensgrößen und sieht neben der Steuerpflicht in Deutschland oder Hochschulen. Sogar forschende Einzelunternehmerinnen und keine weiteren Einschränkungen vor. Statt die Förderung für kleine -unternehmer oder Gesellschafter können pro Stunde 40 Euro bei und mittlere Unternehmen zu beschränken, setzt das Bundesminis- maximal 40 Wochenstunden als förderfähige Aufwendungen ansetterium der Finanzen durch die Deckelung des Fördersatzes und der zen. Bund, Länder und Gemeinden rechnen mit Kosten von 1,4 MilliBemessungsgrundlage den Fokus auf den Mittelstand und junge arden Euro jährlich für die Forschungszulage. Unternehmen sowie Start-ups. Nach langer Diskussion ist nun auch die Auftragsförderung Teil des Deutsche Unternehmen können zuForschungszulagengesetzes. Bundesfinanzminister Scholz wollte künftig auch einen Forschungsaufursprünglich nur die Auftragnehmer steuerlich fördern. Dies lehnten trag EU-weit an eine ausländische nicht nur der BVMW, sondern auch die EU-Kommission und selbst große staatliche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-GeEinrichtung vergeben. sellschaft ab. Viele Auftragnehmer seien oft nicht steuerpflichtig, und daher würde eine steuerliche Förderung verpuffen. Zudem Der Antrag auf Förderung kann beim zuständigen Finanzamt nach kommt das Geld bei einer Förderung des Auftraggebers auch den Ablauf des Wirtschaftsjahres elektronisch gestellt werden. Das Forkleinen und mittleren Unternehmen zugute. Diese verfügen häufig schungsvorhaben muss zuvor jedoch separat bei einer noch zu beüber keine eigene Forschungsabteilung im Unternehmen und müs- stimmenden Zertifizierungsstelle geprüft werden. Hierdurch erhält das Unternehmen eine rechtsverbindliche Bescheinigung, die sen daher Forschungsaufträge an externe Einrichtungen vergeben. Beim Auftraggeber werden nun 60 Prozent des an den Auftragneh- die Planbarkeit erhöht und das Verfahren in der Finanzverwaltung mer gezahlten Entgeltes gefördert. Deutsche Unternehmen können beschleunigt. Inwieweit diese zweistufige Lösung zu einer unnötizukünftig auch einen Forschungsauftrag EU-weit an eine ausländi- gen Bürokratiehürde oder mehr Rechtssicherheit führen wird, wird sich zeigen. sche Einrichtung vergeben. Der BVMW begrüßt die Einführung der Forschungszulage sowie die Einbeziehung der Auftraggeber. Nur so haben die vielen kleinen und mittleren Unternehmen auch etwas von der Förderung. Positiv ist Gut zu wissen außerdem, dass das Gesetz evaluiert werden soll. So kann der Gesetzgeber feststellen, ob es nicht nur für den Mittelstand gedacht, n Ergänzung zur bestehender Projektförderung – sondern auch gemacht ist. Doppelförderung ausgeschlossen n Antragsberechtigt sind branchen- und größenunabhängig alle Unternehmen n Beantragung beim Finanzamt, welches das Forschungsvorhaben bei einer externen Zertifizierungsstelle prüft n Steuergutschrift wird auch im Verlustfall ausbezahlt n Maximale Fördersumme 500.000 Euro pro Unternehmen und Jahr n 25 Prozent auf FuE-Personalkosten n Auftragsforschung berücksichtigt

Liz Becker BVMW Referentin Steuern und Finanzen politik@bvmw.de


54 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Bares Geld für Innovation Die Welt schaut anerkennend auf den deutschen Mittelstand. Ein Grund für seinen Erfolg sind die wirkungsvollen direkten Fördermöglichkeiten für Forschung und Entwicklung. Eines dieser Förderprogramme ist das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM).

nen Förderperiode sind Kooperationsprojekte, auch das zeigt den großen Mehrwert von gemeinsamer Forschung und Entwicklung.

Wer profitiert von ZIM?

Z

IM ist ein branchen- und technologieoffenes Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) für kleine und mittlere Unternehmen. Ab diesem Jahr wird die Förderung in der dritten Förderperiode bis 2025 fortgeführt. Der Fokus liegt vor allem auf kleinen Unternehmen. Es werden sowohl Einzelprojekte als auch Kooperationsprojekte mit anderen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen berücksichtigt. Außerdem fördert ZIM Kooperationsnetzwerke, in denen ein bestimmtes Themengebiet im Konsortium bearbeitet wird, woraus neue Kooperationsprojekte entstehen. Ein großer Vorteil dieser Kooperationen ist der Wissenstransfer zwischen den Partnern. Ein kleines Unternehmen hat vielleicht eine brillante Idee, aber es fehlt an entsprechenden Forschungsressourcen. Diese kann eine Forschungseinrichtung zur Verfügung stellen. 78 Prozent der rund 17.000 bewilligten ZIM-Projekte der vergange-

In der letzten Förderperiode wurden bundesweit rund 2,6 Milliarden Euro an Fördergeldern ausgeschüttet. Vor allem für KMU ist das Programm somit eine sehr profitable Möglichkeit, Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu finanzieren. Oftmals sind es eben die kleinen Unternehmen, die echte „GameChanger“-Ideen hervorbringen, denen es aber an entsprechenden Mitteln fehlt, um die Entwicklung zu finanzieren. Förderprogramme wie ZIM reduzieren die technologischen und wirtschaftlichen Risiken, die Innovationen mit sich bringen. Sie fördern zudem den Wissenstransfer und die Synergieeffekte zwischen Forschung und Wirtschaft. Das bewährte System der direkten Förderprogramme wie ZIM bietet dem Wirtschaftsstandort Deutschland ein echtes Alleinstellungsmerkmal und einen Standortvorteil im Vergleich zu anderen Wirtschaftsnationen.

Indirekte Gefährdung Die Wirksamkeit der direkten Förderung wurde durch eine ausführliche unabhängige Studie belegt. Die ZIM-Richtlinie wird bis 2025 verlängert. Zugleich zieht Deutschland als eines der letzten Länder nun mit der indirekten Förderung in Form der steuerlichen Forschungszulage nach. Falls sich diese mittelfristig nachteilig auf die direkten Förderprogramme wie ZIM auswirken würde, käme es dadurch nicht nur zu einer Abwertung des Wirtschaftsstandorts, sondern auch zur Schwächung innovativer KMU.

n Die Zuschüsse, die mit dem ZIM-Programm bewilligt wurden, müssen nicht zurückgezahlt werden n Bezüglich der eingesetzten Technologie eines ZIM-Projekts gibt es keine Vorgaben. Wichtig ist nur, dass das Vorhaben technologisch innovativ und riskant ist n DORUCON – Dr. Rupp Consulting GmbH betreut bundesweit Mandanten aus verschiedenen Industriebereichen, unterstützt sowohl bei direkten Zuschüssen wie ZIM als auch bei der steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung www.dorucon.de Weitere infos unter: https://bvmw.info/zim-info

Dr. Jörg Rupp Geschäftsführer DORUCON – Dr. Rupp Consulting GmbH BVMW-Mitglied www.dorucon.de

Foto: Foto: ©© NNdorian2013 von www.istockphoto.com

Gut zu wissen


SCHWERPUNKT 55

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

FINANZTIPP

Schwindende Sicherheiten

D

ass Geld, das Sie auf Ihr Bankkonto einzahlen, nicht mehr Ihnen gehört, sondern der Bank, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Und dass die Bank mit „Ihrem“ Geld letztlich machen kann, was sie will, ebenso. Jedes Mal, wenn dieses Thema publikumswirksam behandelt wird, sind in der Nacht die Bankautomaten leer.

Dann gab es doch noch eine „Sicherungsgrenze“ von 20 Prozent der „maßgeblichen Eigenmittel“… Per 1.1.2020 ist diese ohne großes Aufsehen auf 15 Prozent gesenkt worden. So einfach und schnell geht das für die Bankenlobby.

Foto: © NN

Die Älteren, die noch in eine Bankfiliale gehen, sterben aus. Und immer mehr erledigen ihre Bankgeschäfte online – und das noch zu Ist denn die Angst der Sparer so groß, dass sie ihr Geld nicht mehr viel günstigeren Gebühren. Über kurz oder lang braucht kein Mensch zurückbekommen könnten? Ja, denn bei einem Bankrun könnten die mehr die klassischen Banken. Eine Idee zum Nachdenken: Die FiEinleger nicht sofort ausbezahlt werden. Ein Sturm auf die Banken nanzämter besorgen sich eine Banklizenz und führen die Konten für ist bei uns jedoch unwahrscheinlich. Wie schon gehabt: Ein Wort aus alle Einwohner per Internet, Steuern werden dann gleich ab- und umder Regierung wie „Ihr Geld in der Bank ist sicher“ genügt wohl auch gebucht. Und bei der „Finanzamtsbank“ braucht man kein Insolvenzin der nächsten Krise – obwohl wir doch genau wissen, dass „Ihr“ risiko zu befürchten … Geld schon längst das Geld der jeweiligen Bank ist. Aber nicht nur Banken haben es schwer zu überleben, auch klassiSicher bei der Bank ist nur das Geld, das Sie dort in einem Safe auf- sche Lebens- und Rentenversicherungen. Diese sind ja gesetzlich bewahrt haben – jedenfalls weitgehend. Doch das ist ein anderes gezwungen, das Geld festverzinslich anzulegen. Doch statt Zinsen Thema. „Sicher“ sind nicht die (Rück-)Zahlungsversprechen, son- gibt es Negativzinsen. Hier rächt sich, dass der Gesetzgeber angebdern nur die Wertpapiere, die Sie in den (ausgesonderten) Depots bei liche Sicherheit überbewertet hat – wohl mit dem Hintergedanken, den Banken halten, aber über die Sie im Falle eines Falles nicht im- dass die Versicherer die (eigenen) Staatsanleihen kaufen müssen. mer sofort verfügen können. Außerdem gibt es ja noch Frankfurt: Die Und was heißt das für uns Anleger? Wir müssen uns selbst um unNotenbanken werden in einer Notsituation den Banken frisches Geld ser Geld kümmern. Klassische Lebensversicherungen sind in fondszur Verfügung stellen, damit jeder sehen kann, dass genügend Geld gebundene Versicherungen zu tauschen, und für die Fondsauswahl vorhanden ist. Nur böse Zungen behaupten da, unsere Geldscheine bedarf es eines externen Beraters. seien Scheingeld. Mein alter Freund Herbert Pohl, ein Banker der alten Schule, meinte, die Deutsche Bank werde nicht untergehen. Die Politik werde nicht zulassen, dass der Name „Deutsche“ zerstört würde. Aber das war zu den Tagen von Hermann Josef Abs. Aber was, wenn doch? Die Einlagensicherung beträgt nur 100.000 Euro im Falle eines Bankenkonkurses. Das deckt die meisten Bankkunden ab. Aber ist diese Grenze sicher? Zudem wird die Höhe der Einlagensicherung wahrscheinlich gesenkt. Das kann mit einem Federstrich geschehen, vielleicht auf 30.000 Euro. Motto: Der Kleinanleger soll geschützt werden.

Hans-Peter Holbach Herausgeber des Informationsdienstes Geld (erscheint im 47. Jahrgang) www.geldbrief.com Chefredakteur beim Vertraulichen Schweizer Brief www.vertraulicher.com


56 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Bargeldlos in die Zukunft? Die Politik möchte den Abschied vom Bargeld. Doch die Deutschen tun sich schwer, von Münze, Schein und Portemonnaie zu lassen. In anderen Ländern hat man weniger Bedenken. Deutschland ist ein Paradies für Bargeldzahler. Nirgendwo wird die Brieftasche öfter gezückt als im einstigen Land der harten D-Mark: 58.000 Geldautomaten stehen zur Verfügung, die Banken halten mittlerweile 37,4 Milliarden Euro Bargeld vor. 2019 ist das im Umlauf befindliche Bargeld auf einen Rekordbetrag von 247 Milliarden Euro angewachsen. Die Diskussion um das Bargeld Doch seit April 2019 wird der 500-Euro-Schein nicht mehr gedruckt. Die Politik fürchtet das Bargeld, schließlich können Transaktionen in cash der Schattenwirtschaft, der Geldwäsche oder dem Drogen- und Waffenhandel dienen. Dagegen hoffen die Anbieter von Kreditkarten, Bezahl-Apps und Internet-Bezahldienstleistungen auf Gewinne und Kundendaten, während die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds ihre Null- und Negativzinspolitik fortsetzen möchten. Doch kostet das Geld auf der Bank Geld, werden Kunden ihre Konten leerräumen. Deshalb misstrauen die Währungshüter der klingenden Münze. Schlussendlich sind zahlreiche Verbraucher vom bargeldlosen Zahlen schlicht überzeugt: Es ist schnell, bequem und übersichtlich. Aber es formiert sich Widerstand: Bargeld sei geprägte Freiheit, hört man von den Gegnern, und „Was passiert mit meinen Daten?“ Ein Blick auf die anderen In anderen Ländern sind die Verbraucher entspannter. Vor allem die nördlichen Nachbarn sind neuen Technologien zugeneigt. Die Norweger bezahlen ihre Lachsschnitte in der Regel mit Karte oder per App. Bei nur elf Prozent aller Zahlungen geht Bargeld über den Tisch.

In dünn besiedelten Regionen wie Lappland gibt es kaum Geldautomaten, die Netzabdeckung indes ist flächendeckend gut. Die Bezahl-App „Vipps“ erlaubt mobiles Bezahlen auch dort, wo keine Kartenlesegeräte vorhanden sind. 3,2 von 5,3 Millionen Bürgern haben sich die App geladen, über hundert Banken akzeptieren das System. Ähnlich Schweden: Von den 1.500 Bankfilialen halten 900 kein Bargeld vor, in vielen sucht man einen Automaten vergebens. Stockholms Metro und Busse akzeptieren gar kein Bargeld mehr. Dort und in den meisten Geschäften zahlt man mit der App „Swish“, die schon 2012 von sechs schwedischen Banken entwickelt wurde.

Norwegen: Keine Geldautomaten, dafür perfekte Netzabdeckung auch im hintersten Lappland. Unter komplett anderen Vorzeichen entwickelt sich der Zahlungsverkehr in Kenia: Wie viele strukturschwache Länder in Afrika hat Kenia einen Technologieschritt übersprungen: Bankhäuser gibt es kaum, da die Infrastruktur nie entwickelt genug war. Stattdessen greift die Bevölkerung gleich zum Handy und nutzt M-Pesa, eine Art Agentur, die Bezahlvorgänge und Geldsendungen organisiert. Pro Jahr verwaltet M-Pesa knappe zwei Milliarden Transaktionen. 49 Prozent des Bruttoinlandproduktes werden über das Handy umgesetzt, 93 Prozent der knapp 50 Millionen Einwohner nutzen den mobilen Zahlungsverkehr. Anzahl der Geldautomaten in Kenia: 2.000, Tendenz sinkend.


SCHWERPUNKT 57

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Geld stinkt nicht, ist aber dreckig Davon ist Deutschland noch weit entfernt, genauso wie von der kompletten Abschaffung des Bargeldes. Und das ist gut so, denn nur die Barzahlung hinterlässt keine Spuren. Doch wer deshalb konsequent auf Kreditkarte und mobiles Bezahlen verzichtet, sollte genau so konsequent die Hände waschen: Auf 80 untersuchten Banknoten fanden Forscher pro Schein 3.000 verschiedene Bakterientypen.

Bernd Ratmeyer Journalist

mittelstand@bvmw.de Gefahren für Volkswirtschaft und Privatsphäre Doch Bargeldrestriktionen, vor allem staatlich durchgesetzte, können auf Widerstand treffen. Indiens Präsident Narendra Modi erklärte 2016 alle 500- und 1000-Rupien-Scheine für ungültig. Lange Schlangen bildeten sich vor den Geldautomaten, denn Indiens Binnenwirtschaft beruht wesentlich auf Bargeld. Aus diesen beiden Banknoten bestehen 86 Prozent des Bargeldumlaufes. Chaos war die Folge, denn Kartenzahlung oder Bezahl-Apps sind in Indien unüblich; in den abgelegenen ländlichen Regionen gibt es keine Lesegeräte. Da helfen auch die 300 Millionen kostenlose Konten, die Modi eigens für seine Bürger einrichten ließ, nichts: Nur die Hälfte wird genutzt. Indien ist ein Bargeldland.

500

400

300

200 100

Spanien

Deutschland

Schweiz

Luxemburg

Frankreich

Estland

Niederlande

Großbritannien

Irland

Finnland

Dänemark

Schweden

Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel

600

Norwegen

Die Kritiker der Bargeldabschaffung beobachten auch die Entwicklung in China sehr genau. Bezahldienstleister wie Alipay oder Wechat Pay treiben mobiles Zahlen aggressiv voran. Mit Erfolg: Auch in der entferntesten Provinz wird auf dem Dorfmarkt mobil bezahlt, Bettler bitten nicht per Pappschild um eine Gabe, sondern halten ihr Handy mit dem QR-Code hoch. Mobile Transaktionen erreichten 2018 ein Volumen von 41,3 Milliarden Dollar. 525,1 Millionen Chinesen nutzen dafür ihr Handy. Immer populärer wird „Smile to pay“, hier erfasst eine 3-D-Kamera die biometrischen Daten des Kunden, das Geld wird abgebucht. Das Gesicht ersetzt immer öfter auch die Bordkarte für das Flugzeug, den Zimmerschlüssel im Hotel, das U-Bahn Ticket und natürlich die Kreditkarte. Ein Albtraum für Datenschützer und Menschenrechtler, in China kommen auf 1.000 Einwohner mehr als 100 Überwachungskameras.

Anzahl Bargeldloser Transaktionen pro Kopf in 2018

Quelle: BCG-Ranking (Studie der Boston Consulting Group)


58 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Kryptowährungen: Der Markt wächst weiter Mit ihrer Blockchain-Strategie erteilt die Bundesregierung Facebooks Kryptowährung Libra eine deutliche Absage. Welches Potenzial hat die Währung, und wie sollen Unternehmer reagieren?

S

eit 2017 hat sich weltweit ein regelrechter Hype um Kryptowährungen entwickelt. Allen voran steht Bitcoin, der auf einen Wert von über 20.000 Euro anstieg, ehe dann kurz vor Weihnachten 2017 die Blase platzte. Seitdem schwankt die mit Abstand bekannteste Kryptowährung zwischen einer Bewertung von 2.500 und 10.000 Euro. Die goldenen Zeiten von 2017 sind also in weiter Ferne. Der gesamte Kryptomarkt hingegen wächst seit 2017 kontinuierlich weiter, zwar nicht mehr in Form großer öffentlicher Aufmerksamkeit, sondern mit Investitionen und Engagement der ganz großen Player. Den größten Wurf plante die Libra Association, ein ursprünglich 28-köpfiges Konsortium, das von Facebook angeführt wird. Libra ist ein sogenannter Stablecoin, der 2020 auf den Markt kommen soll. Stablecoins haben zu anderen Währungen feste Wechselkurse und werden durch werthaltige Anlagen der Anbieter gedeckt. Neben Facebook waren bei Libra zahlreiche andere große Player wie Vodafone, Uber, eBay und Mastercard mit an Bord.

Absage an Stablecoins

Wie geht es nun weiter? Mittlerweile haben einige bekannte Namen wie VISA, Mastercard und Paypal das Konsortium wieder verlassen. Facebook hingegen gibt sich weiterhin optimistisch, dass Libra 2020 auf den Markt kommt. Aufgrund der Erfolgsgeschichte und der Marktdominanz von Facebook, Apple und Co. müssen Vorstöße, wie bei Libra, genauestens beobachtet werden. Für den Mittelstand hingegen gilt: Statt mit Kryptowährungen zu spekulieren, sollte lieber überprüft werden, ob die Anwendung von Blockchain im Geschäftsmodell sinnvoll ist. Denn

Blockchain ist mehr als nur Kryptowährung. Ein Blick in die Blockchain-Strategie der Bundesregierung wird sich lohnen.

Gut zu wissen Unterschied zwischen Bitcoin und Libra: n Bitcoin ist dezentral, öffentlich und kann im Grunde genommen von keiner Person kontrolliert werden n Der Wert von Bitcoin setzt sich alleine aus Angebot und Nachfrage zusammen, weshalb hohe Schwankungen eher die Regel als die Ausnahme sind n Libra hingegen wird der Kontrolle der Konsortiummitglieder unterliegen, die mit ihren eigenen Anlagen dafür sorgen, dass die Kryptowährung wesentlich stabiler bleibt

Luke Voutta BVMW Referent für Digitales luke.voutta@bvmw.de

Foto: © Khunatorn von www.stock.adobe.com

Mitte September 2019 ging dann ein Ruck durch die deutsche Blockchain-Community. Das Bundeskabinett veröffentlichte seine Blockchain-Strategie und erteilte Stablecoins eine deutliche Absage. Obwohl Libra nicht namentlich genannt wird, ist klar, wer gemeint ist. „Die Bundesregierung wird sich auf europäischer und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass Stablecoins keine Alternative zu staatlichen Währungen werden“, so das Bundeskabinett. In Anbetracht der bereits bestehenden Marktmacht der großen Tech-Konzerne befürchtet die Politik, dass private Stablecoins es schaffen könnten, Staaten und insbesondere Notenbanken den Rang abzulaufen. Nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in den USA ist Libra den Notenbanken ein Dorn im Auge. Und die Befürchtungen sind nicht unberechtigt: Wenn alleine bei Facebook weit über zwei Milliarden Menschen registriert sind, und all diese Menschen mit der Währung in Kontakt kommen werden, kann diese das bestehende System revolutionieren.


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

SCHWERPUNKT 59


60 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

So meistern Sie Krisen

N

Gründe für Insolvenzen Zu den Hauptursachen von Insolvenzen zählen ein unzureichendes Controlling und Liquiditätsmanagement, ein falscher Führungsstil und Fehler bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Darüber hinaus entstehen viele Unternehmenskrisen und Insolvenzen durch unerwartete Ereignisse, plötzliche Marktveränderungen, Zahlungsschwierigkeiten von Kunden oder Versorgungsprobleme bei Lieferanten. Natürlich kann man sich nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten oder sich gegen diese versichern. Es gibt aber noch eine weitere Ursache, mit der Unternehmer unbewusst zur Verschärfung von Krisen beitragen: Sie wollen die Zeichen nicht erkennen, sie glauben, alles alleine besser zu können, sie haben nicht den Mut, unangenehme Wahrheiten anzuerkennen und sich professionelle Unterstützung zu holen. Viele glauben, dass sich mit Willen, Durchhalteparolen und Hoffnung schwierige Zeiten durchstehen lassen. Das mag manchmal richtig sein. Aber der Hauptgrund für Unternehmensinsolvenzen ist diese abwartende Haltung. Rechtzeitig erkannt und angepackt, lassen sich viele Probleme proaktiv lösen. Oft kommen Unternehmen aber erst dann zur Beratung, wenn es schon zu spät ist.

ach Zeiten des erfolgreichen Wachstums und guter Gewinne zeigen sich für viele Unternehmen dunkle Wolken am Horizont. War es 2007/8 die Subprime- und Bankenkrise in den USA, können es heute Handelskriege und die Umwälzungen in der Automobilindustrie sein, die den Ausschlag geben. Manche Unternehmen sind schon mittendrin im Sturm, je nach Branche stellt sich das Bild zurzeit sehr unterschiedlich dar. Im Prinzip nichts Neues. Auf Wachstums- und Boomphasen folgen stets Phasen des wirtschaftlichen Rückgangs, auf die dann wieder Wachstumsphasen folgen. Immer wieder das Gleiche, und doch immer wieder neu. Wie sonst kann man sich die steigenden Insolvenzen in einer Rezession erklären. Eigentlich müsste es den Unternehmen doch leichtfallen, Krisenanzeichen zu erkennen und rechtzeitig Woran kann man Krisen erkennen? zu reagieren. Rückläufige Umsätze und Absätze, sinkende Erträge oder Verluste

Foto: Foto: ©© NNnehopelon von www.stock.adobe.com

Nach Jahren starker Konjunktur verdichten sich die Anzeichen eines wirtschaftlichen Abschwungs. Wie soll man mit Krisen umgehen? Und wie geht es weiter, wenn sich eine Insolvenz nicht vermeiden lässt?


SCHWERPUNKT 61

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Gut zu wissen Das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat ein Pilotprojekt gestartet, das ein Konzept der zweiten Chance zur Unterstützung von Unternehmern entwickelt. In Kooperation mit TEAM U-Restart gGmbH werden im Rahmen von zehn Pilotworkshops von März bis Mai 2020 erstmals Re-Starter-Trainings stattfinden. Dabei wird erarbeitet, welche Unterstützung für Re-Starter wichtig ist, und wie sich diese in die Gründerförderung in Baden-Württemberg integrieren lässt. Ziel ist es, das Potenzial zu nutzen, das in der zweiten Chance steckt.

und Liquiditätsengpässe sind objektive Hinweise darauf, dass Handlungsbedarf besteht. Neben diesen objektiven gibt es auch subjektive Kriterien. Hierzu zählen die Meinungen anderer Marktteilnehmer, eventuelle Sorgen und Bedenken der Mitarbeiter und natürlich das eigene Bauchgefühl. Es lohnt sich, bei allen Kriterien genau hinzuschauen und darauf zu achten, sich selbst nichts vorzumachen. Ungeachtet möglicher Ursachen ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit den Indikatoren und Handlungsspielräumen zu beschäftigen und sich mit einer möglichen Krise auseinanderzusetzen. Es empfiehlt sich, schon in guten Zeiten einen Notfallplan zu erarbeiten.

Im Fall einer Insolvenz

Wenn das eigene Unternehmen in seiner Existenz bedroht wird, dann ist das für fast alle Unternehmer und ihre Familien eine sehr belastende emotionale Situation. Der Verlust eines Unternehmens ist oft ein traumatisches Erlebnis und muss verarbeitet werden. Das braucht Zeit und eine professionelle Begleitung. Alle Unternehmer und Unternehmerinnen hatten irgendwann in ihrem Leben eine Krise. Mit kompetenter Begleitung, Mut und oft auch etwas Glück konnten sie eine Insolvenz vermeiden. In einer erfolgsorientierten Gesellschaft besteht die Tendenz, sich nur an erfolgreichen Menschen zu orientieren. Dabei wird die andere SeiDie Herausforderung in der Krise ist, dass neben dem erforderlichen te der Medaille des Erfolgs ignoriert. Es täte gut, die Erfahrungen und Mehreinsatz auf der Marktseite auch das Thema Krisenbewältigung, wertvollen Erkenntnisse dieser Seite in Lernprozesse einzubeziehen. Kosteneinsparung, Restrukturierung hinzukommt und zusätzlich Stress verursacht und Zeit und Energie bindet. Und das in einer Phase, in der man schnell reagieren und möglichst kreativ und lösungsGut zu wissen orientiert denken können sollte.

FUCKUP Das Scheitern von heute sind die Erfolge von morgen Bert Overlack Verlag Wiley 255 Seiten

19,99 €

Es gibt umfangreiche Möglichkeiten der Unterstützung vor, während und nach einer Krise oder Insolvenz: n Infos zu den Start-up BW Re-Starter Trainings gibt es unter https:// www.startupbw.de/themen/re-starter/ n Infos zu TEAM U Restart gGmbH und seinem Unterstützungsangebot unter www.team-u.de n Info zum DanubeChance 2.0 Projekt unter https://bvmw.info/danube-chance n Das BAFA fördert die Beratung von Unternehmen in Schwierigkeiten https://bvmw.info/bafa-foerderung

Bert Overlack Geschäftsführer bert.overlack GmbH Mitglied im Bundeswirtschaftssenat www.bertoverlack.de


62 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

STEUERN AUF DEN PUNKT

Private Darlehen im Steuerrecht

V

iele Unternehmen können sich nicht allein aus dem laufenden Cashflow finanzieren. Regelmäßig springen die Gesellschafter in die Bresche. Schließlich verspricht ein Gesellschafterdarlehen eine höhere Rendite als die Geldanlage am Markt. Was tun, wenn die Forderung uneinbringlich wird? In der jüngeren Vergangenheit wurde über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen private Darlehensausfälle steuerlich zu berücksichtigen sind, trefflich gestritten. Der Bundesfinanzhof fuhr mit zwei Urteilen aus dem Jahr 2017 sowohl der Finanzverwaltung als auch dem Gesetzgeber in die Parade und urteilte, dass Verluste aus dem Untergang von Gesellschafterdarlehen, die einer Kapitalgesellschaft gewährt wurden, sowie sonstige privaten Darlehen bei den Verlusten aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden können. Die neue Rechtsprechung war insbesondere für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften von Vorteil, weil nunmehr der Darlehensverlust in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt werden konnte. War der Gesellschafter zu mindestens zehn Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt, war der Verlust mit dem tariflichen Einkommensteuersatz zu berücksichtigen und konnte mit Einnahmen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden.

Gut zu wissen n Die neue Rechtslage für Gesellschafterdarlehen gilt für Verluste, die nach dem 31. Juli 2019 realisiert werden. Die steuerliche Behandlung von Darlehensverlusten vor diesem Zeitpunkt sollte aufgrund der kontroversen Rechtslage mit einem Steuerberater erörtert werden. n Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht klar ersichtlich, ob der Höchstbetrag von 10.000 Euro pro Jahr bei Ausfall mehrerer privater Darlehen auch mehrfach genutzt werden kann. Bis zur Klärung dieser Rechtsfrage ist zu erwägen, anstelle eines großen mehrere kleinere Darlehen zu vergeben.

Gesellschafterdarlehen Mit dem Jahressteuergesetz 2019 reagiert der Gesetzgeber nun auf die unliebsame Rechtsprechung. Für Gesellschafter, die zu mehr als einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind, wird der ausbleibende Rückzahlungsanspruch nicht mehr als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Stattdessen erhöht die Darlehensvaluta die Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine Beteiligung. Ein Verlust realisiert sich somit erst beim Verkauf oder insolvenzbedingten Untergang der Anteile. Aufgrund der steuerlichen Sonderregelung für Erlöse aus Beteiligungsveräußerungen – dem Teileinkünfteverfahren – schlägt der Darlehensausfall nur zu 60 Prozent durch. Eine klare Schlechterstellung im Vergleich zu der vom Bundesfinanzhof vertretenen Gesetzesauslegung.

Private Darlehen Auch die Möglichkeit, Verluste aus einem privaten Darlehen steuerlich geltend zu machen, wird eingeschränkt. Nämliche Verluste, die ab dem 1. Januar 2020 realisiert werden, können im Steuerjahr der Entstehung nicht mehr unbeschränkt, sondern nur noch bis zum Höchstbetrag von 10.000 Euro mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Ein Verlustüberhang ist in das nächste Jahr vorzutragen. Hiervon erfasst werden ebenfalls Darlehen eines Gesellschafters, der zu weniger als einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Der Verlust wird im Regime der Abgeltungsteuer zu 25 Prozent steuerwirksam.

Dr. Sebastian Krauß Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, SteuerbüroKrauß BVMW-Mitglied www.steuerbuero-krauss.de


SCHWERPUNKT 63

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

KLARTEXT: FINANZIERUNG

Wie Erfolg nicht zu verhindern ist

E

iner meiner Lieblingssätze stammt von Professor Hardy Wagner, Gründer des Gabal-Verlages. Er beschäftigt sich viel mit Persönlichkeitsmodellen und predigt, dass Verhaltensmuster und Persönlichkeitsstile zueinander passen müssen. Denn – und jetzt kommt mein Lieblingssatz – „dann lässt sich der Erfolg nicht mehr verhindern“.

All das sind aber auch Themen, die nicht umsonst zu haben sind, die Ressourcen fordern: eigene Zeit, jene der Mitarbeiter und auch Geld.

Das Schöne am Unternehmertum ist ja, gestalten zu können. Freiheitsgrade, die auch Bürokratie, Kammern und die EU nicht kaputt bekommen, wenn wir zu uns selbst im Guten ehrlich sind. Deswegen ist es unsere höchste Aufgabe, die Voraussetzungen zu schafWenn die Voraussetzungen stimmen, kann gar nichts mehr schiefge- fen, dass es läuft: sich zu positionieren, sich persönlich zu entwickeln hen, auch wenn ich mich dann noch so blöd anstelle. Eigentlich sehr und dann in die Belegschaft und das Umfeld zu wirken. einfach. Doch dieses „eigentlich“ ist für viele eine schier unüberwindliche Steilwand, an die sie sich gar nicht erst wagen, weil sie so furcht- Warum sage ich das alles? Nun, in dieser Ausgabe von „DER Mittelerregend hoch, gefährlich und vor allem fremd erscheint. Es mag ein stand.“ geht es um Finanzierung. Deswegen nehme ich mir an diewenig mühsam erscheinen, sich mit solchen weichen Faktoren aus- ser prominenten Stelle die Freiheit, darauf hinzuweisen, dass Bankeinanderzusetzen, Persönlichkeiten als solche zu sehen und zu er- mitarbeiter, Berater und Förderer wichtig sind. Doch viel wichtiger bin kennen – sowohl im Unternehmen als auch beim Kunden. Beides ist ich als Unternehmer: Meine Kraft, meine Begeisterung, mein unbänwichtig und erleichtert danach so vieles – den Erfolg zum Beispiel. diger Wille schlägt in der Wirkung jede Finanzierungsrunde um Längen. Oder, um es mit Professor Hardy Wagner zu sagen, dann lässt Stattdessen setzen viele auf die Karte Geld und Finanzierung. Nun sich der Erfolg nicht mehr verhindern. leben wir in einem kapitalistischen System, in dem der Faktor Geld eine große Rolle spielt. Es ist also eine gute Idee, Geld zu haben oder Guido Augustin zu bekommen. Doch wer glaubt, mit Geld für Geld durch Geld alles erreichen zu können, irrt gewaltig. BVMW Pressesprecher Rheinhessen Unternehmenskultur kann ich nicht kaufen. Gesunde und motivierKommunikationsberater te Mitarbeiter kann ich nicht kaufen. Emotional an mich gebunde-

Foto: © Heike Rost

ne Kunden kann ich nicht kaufen. Wertvolle Empfehlungen aus einem stabilen Netzwerk kann ich nicht kaufen. All das sind Themen, die wesentlich über Wohl und Weh eines Unternehmens entscheiden.

ga@guidoaugustin.com


64 SCHWERPUNKT

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

FINANZIERUNG IN ZAHLEN

DREIUNDFÜNFZIGKOMMANEUN PROZENT der Unternehmen haben im vergangenen Jahr Kreditverhandlungen geführt. Somit bleiben Bankkredite eine wichtige Finanzierungsquelle für Unternehmer. Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung 2019“

19,4

45

Prozent der kleinen Unternehmen (bis eine Million Euro Umsatz) melden Schwierigkeiten beim Kreditzugang. Für sie ist der Zugang zu Krediten dreimal so schwierig wie für Unternehmen mit über 50 Millionen Euro Umsatz.

Prozent Eigenmittel steckten mittelständische Unternehmer 2018 bei Investitionen in ihr Unternehmen. Die Eigenmittel stellen damit seit 2006 die größte Finanzierungsquelle für den deutschen Mittelstand bei Investitionen dar.

Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung 2019“

Quelle: KfW

48,6

Prozent betrug der Anteil durch Kartenzahlung im vergangenen Jahr im deutschen Einzelhandel. Damit verzeichnete der Einzelhandel erstmals einen höheren Umsatz durch Kartenzahlungen als durch Zahlungen mit Bargeld (48,3 Prozent). Quelle: Bitkom Studie

Prozent der mittelständischen Unternehmen sind bereit, mit Fintechs zusammenzuarbeiten. Fintechs bieten mittlerweile eine solide Alternative für die Finanzierung der Unternehmen. Der Vorteil der neuen Finanzierungsformen liegt meist in den geringeren bürokratischen Anforderungen an die Unternehmen.

85

31,2

44

Prozent der Unternehmer bewerteten ihre Finanzierungssituation im Jahr 2018 mit gut, 20 Prozent sogar mit sehr gut. Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage

Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage

Prozent Eigenkapital waren 2017 im Mittelstand vorhanden. Damit ist die Quote in den vergangenen zehn Jahren um 6,6 Prozentpunkte gewachsen. Der Anstieg der Eigenkapitalquote ist vor allem durch die positive wirtschaftliche Entwicklung zu erklären. Quelle: Statista

80

Prozent des Kreditvolumens im Mittelstand entfällt auf Hausbanken. Vor allem kleine Unternehmen sind eng mit ihrer Hausbank verknüpft. Größere Mittelständler diversifizieren ihre Geschäftsbeziehungen zu Kreditinstituten und sind häufig breiter aufgestellt. Quelle: BVMW


BWS 65

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Bundeswirtschaftssenat Bundeswirtschaftssenat

Bundeswirtschaftssenat das Spitzengremium DDer er Bundeswirtschaftssenat ist das ist Spitzengremium des BVMW.

des BVMW. Ihm gehören 230 herausragende an, Ihm gehören 230 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten

Unternehmerpersönlichkeiten an, darunter vier deutsche darunter vier deutsche Nobelpreisträger und zahlreiche Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer. Marktführer. Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen Die inhabergeführten Unternehmen einen Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro stehen und rundfür 1 Million Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro und rund Arbeitsplätze. eine Million Arbeitsplätze. In dieser Ausgabe von „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“

InVorstandvorsitzender dieser Ausgabe von erzählt Martin Billhardt, der Pfisterer Holding AG, Bundeswirtschaftssenat imWandel Dialog“: wie „Der die traditionsreiche Firma mit dem steten in der Energiebranche umgeht.

Jörg Burmistrak, Geschäftsführer der Burmistrak & Partner mbB, fordert StephanSteuerberatungsgesellschaft Frigge, Geschäftsführer von Phoenix Contact, erläutert,eine des Steuerrechts und steuerliche vorVereinfachung welchen Herausforderungen der Weltmarktführer im Bereich der Entlastung für Unternehmen. Elektrotechnik steht und stellt die Arbeitskultur in seinem Unternehmen vor.

Bernhard Oberschmidt, Vorstandsvorsitzender der USU Software AG, erzählt die Geschichte des Fortschritts und der Digitalisierung anhand des eigenen Unternehmens.


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

JÖRG BURMISTRAK Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB

Foto: © NN

66 BWS


BWS 67

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

„Das Steuerrecht müsste vereinfacht werden“ Burmistrak und Partner haben sich seit ihrer Gründung 1992 von einer klassischen Steuerberatungsgesellschaft zu einer Kanzlei entwickelt, die ihren Mandanten durch einen ganzheitlichen Beratungsansatz zur Seite steht.

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Burmistrak, Sie bieten nicht nur Hilfe bei den großen Herausforderungen, sondern auch bei den notwendigen Routineservices, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, der Digitalisierung und ähnlichem.

wenn man Steuergeschenke bis hin zu unsinnigen Zuwendungen einbezieht. Eines von vielen ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent für Übernachtungen. Für mich ein Klassiker eines politischen Geschenkes. Vieles davon ist einfach absurd.

Jörg Burmistrak: Als Partner des Mittelstands definieren wir uns auch immer als diejenigen, die von Anfang an dabei sind und beratend begleiten. Zu unseren Schwerpunktbranchen gehören Unternehmen des Maschinenbaus, der Automobilindustrie sowie größere Handwerksbetriebe. Nicht zuletzt durch unsere eher ländliche Lage im Südwesten gehören auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zu unserem Mandantenkreis. Mehr denn je sind wir auch strategische Berater. Ein weiteres Expertisenfeld unserer Kanzlei sind Neugründungen und Umstrukturierungen. Das breite Feld der betriebswirtschaftlichen Beratung, wenn es beispielweise um Finanzierungsfragen, Wirtschaftsfördermaßnahmen oder der Erstellung von Betriebsentwicklungsprognosen geht, rundet unser Dienstleistungsangebot ab.

Stichwort Pendlerpauschale im Rahmen der Debatte über den Klimawandel … Natürlich benötigen wir ein Adressieren des Klimaproblems. Die Pendlerpauschale ist allerdings schon ohne die geplante Erhöhung ein fragwürdiges Instrument. Sie belohnt diejenigen, die weit vom Arbeitsplatz entfernt wohnen und viel mit dem Auto fahren. Die zugrundeliegende Frage dabei ist, ob das Steuerrecht eine Lenkungsfunktion ausüben soll oder nicht. Falls ja, schafft die Pendlerpauschale einen Anreiz, der dem Klimaschutz entgegenwirkt. Es sollte ein anderes Instrument gewählt werden, um einen Ausgleich für Arbeitnehmer zu schaffen.

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB

Erzählen Sie etwas zum Hintergrund Ihrer Kanzlei. Ich habe in Pforzheim BWL studiert und wollte schon immer eigenverantwortlicher Unternehmer sein. Nach meinem Examen 1992 wurde sofort die Kanzlei auf der „grünen Wiese“ gegründet, buchstäblich aus dem Nichts. Von da an kamen kontinuierlich neue Mitarbeiter hinzu. Mittlerweile arbeiten bei uns, verteilt über verschiedene Standorte, 24 Mitarbeiter. Und ich kann mich über die Entwicklung nicht beklagen: Unsere Umsatzrendite liegt derzeit bei circa 40 Prozent. Was ist am heutigen deutschen Steuersystem schlecht für den Mittelstand? Oder anders formuliert: Was würden Sie als Finanzminister anders machen? Da stellen Sie mir gleich die richtigen Fragen. Also, vor allem müsste das Steuerrecht wesentlich vereinfacht werden. Man versucht bislang, alle möglichen vielschichtigen Lebensverhältnisse genauestens abzubilden, um nur ja immer den Anschein der Steuergerechtigkeit zu wahren. All das aber um den Preis einer riesigen Bürokratie und immer größerer Verkomplizierung. Als Finanzminister würde ich die Bürokratie grundlegend vereinfachen. Die vermeintliche Gerechtigkeit schafft ein völliges Missverhältnis zwischen Aufwand und Resultat. Man kann gar nicht sämtliche Winkel und alle denkbaren Optionen auch nur annähernd korrekt erfassen. Allerdings ist die Möglichkeit der Steuererklärung auf einem Bierdeckel auch eine Mär. Selbst zu einer weniger extremen, notwendigen Vereinfachung fehlt aber schon die politische Kraft. Bei den vielfachen Subventionen reden wir durchaus über ein Einsparpotenzial im zweistelligen Milliardenbereich,

Sie sind international tätig. Was ist im Vergleich zu anderen Ländern besonders gut am deutschen Steuersystem? Oder gibt es nichts Gutes? Nicht gut ist eine Steuerlast von bis zu fünfzig Prozent und mehr, wie sie auch wieder ganz aktuell von frisch gekürten Parteichefs ins Feld gebracht wird. Wir sind sehr wohl im Steuerwettbewerb mit anderen Ländern. Da dürfen wir den Anschluss nicht verlieren. Unsere Aufgabe ist es hierbei, für unsere Klienten unter den gegebenen Umständen das Optimale im Steuerdschungel zu erreichen. Allerdings haben unsere Unternehmen bei der Standortwahl nicht nur das Besteuerungsund Abgabenniveau zu berücksichtigen. Entscheidende Größen sind daneben die Infrastruktur, die Qualifikation der Fachkräfte und eine unbürokratische, effiziente Verwaltung. Unter all diesen Prämissen unterstützen wir unsere Mandanten auf ihrem Weg der Internationalisierung. Aus rein steuerlichen Gründen muss aber niemand in ein anderes Land auswandern. Apropos Steuergerechtigkeit: Ist das ein Punkt beim deutschen Mittelstand im Vergleich zu internationalen Großkonzernen zum Beispiel der Digitalbranche? Dies ist eine echte Herausforderung. Der klassische Mittelstand hat schlicht nicht die Möglichkeit wie Großkonzerne mit ihren international agierenden Beraterstäben, die jeweils optimale globale Positionierung zur Steuerminimierung vorzunehmen. Es kann und darf nicht sein, dass nur der deutsche Mittelstand seinen gerechten Beitrag für die Gesellschaft leistet. Der BVMW kann sich hier gegenüber der Politik deutlich positionieren und die Steuergerechtigkeit einfordern,


68 BWS

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Nur noch höchstens 50 Prozent der Mittelständler übergeben ihr Unternehmen an die nächste Generation. Gibt es Ihrer Meinung nach Prinzipien, wie dennoch die Kontinuität der Firma gewährleisIn dem Zusammenhang: Was zählen Sie zu weiteren zentralen Auf- tet bleiben kann? gaben für den BVMW? Sie sind ja selbst ein wichtiger Repräsentant Ein gutes Modell ist beispielsweise die Familienstiftung. Um die opdes Senats. timale Lösung zu finden, führen wir – zum Teil mit weiteren FachbeIn der Tat engagiere ich mich seit sehr vielen Jahren beim BVMW. Es ratern – bereits Gespräche im Vorfeld über Ziele und Vorstellungen. geschieht eine ganze Menge, und die vielfältigen Leistungen des Ver- Dann können wir ein steuerlich und betriebswirtschaftlich richtiges bandes für den Mittelstand sind nicht hoch genug zu bewerten. Da- Paket schnüren. mit der Verband seine einflussreiche Position insbesondere gegenüber der Politik weiter aufrecht erhalten kann, wäre es wichtig, dass Wie ist Ihr Standpunkt hinsichtlich Erbschaftsteuer und Vermögenssich noch mehr Mitglieder noch aktiver einbringen. An Möglichkeiten steuer? und Kompetenzen hapert es nicht. Hier gibt es auch eine gewisse Von der Politik erhoffe ich mir bestenfalls, dass nichts eingeführt wird, Bringschuld, um die Schlagkraft noch weiter zu erhöhen. Wenn einige was Arbeitsplätze und Unternehmen gefährdet. Aber ich bin recht opschon mal kritisch sind, kann ich nur sagen, dass sie selbst mehr ma- timistisch, dass wir in jedem Fall mit unserer eigenen Expertise unsechen sollen. Bei aller Selbstkritik versuche ich, meine Kenntnisse im ren Mandanten erfolgreich durch alle aktuellen und künftigen Klippen Expertenkreis Unternehmensnachfolge in den BVMW einzubringen. helfen können. Umgekehrt profitiere ich dann wieder von den Fähigkeiten anderer. VITA Dazu gibt es die zahlreichen Expertenkreise, von denen dann wieder unsere eigenen Mandanten und Kunden profitieren. Zu Ihren Schwerpunkten zählt der Bereich Nachfolgeregelung. Was heißt das in Bezug auf Steuern für Ihre Mandanten? Stichwort Erbschaftsteuer … Eine Nachfolgeregelung ist zunächst eigentlich keine Frage des Alters. Wir sprechen allerdings jeden Mandanten spätestens ab 50 aktiv an, damit er sich rechtzeitig um diese Fragen zu kümmert. Nachfolge muss geregelt werden, um auch steuerlich optimal gestaltet werden zu können. Eine mittel- und langfristige strategische Planung ist hilfreich für eine optimale Ausgestaltung. Und natürlich ist das Thema sehr sensibel, und es kommt viel Psychologie ins Spiel. Wer denkt schon gerne über das „Was kommt nach mir“ nach. Das Thema behandeln wir in persönlichen Gesprächen, und dabei kommt uns zu Gute, dass wir mit den meisten unserer Mandaten ein freundschaftlich-partnerschaftliches Verhältnis pflegen. Die Umsetzung erfolgt dann in Kooperation mit Anwälten aus unserem Netzwerk.

Jörg Burmistrak, Jahrgang 1963, studierte nach seiner Ausbildung Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Steuerrecht und Revision an der Fachhochschule für Wirtschaft in Pforzheim. Nach erfolgreichem Examen erfolgte 1992 die Bestellung zum Steuerberater und die Gründung der eigenen Kanzlei. Aus der Einzelpraxis entwickelte er im Laufe der Jahre eine mittelständische Steuerberatungsgesellschaft. Seit 2000 ist Burmistrak geschäftsführender Gesellschafter der Burmistrak und Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB. Neben seiner Tätigkeit als Steuerberater ist Burmistrak im Vorstand und im Beirat verschiedener gemeinnütziger Stiftungen aktiv. Soziales Engagement erfolgt über die Mitgliedschaft im Lions-Club, politisch bringt er sich durch seine Tätigkeit als Stadtrat seiner Heimatgemeinde ein. Die Freizeit nutzt Burmistrak für vielfältige sportliche Aktivitäten. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB; © Zerbor von www.stock.adobe.com

was er auch tut. So wie die Dinge derzeit liegen, bleibt das wohl weiterhin eine große Aufgabe für den Verband.


BWS 69

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Was ist Ihre Meinung zur schwarzen Null? Die löst bei mir sofort Reflexe aus. In der Vergangenheit hat sie durchaus Sinn gehabt. Jetzt müsste so massiv in Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung investiert werden, dass sie obsolet ist. Vor allem auch in Zeiten einer etwas schwächelnden Konjunktur. Es geht darum, in unsere Zukunft zu investieren und den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Viele Bürger fühlen sich ungerecht behandelt, wenn zweistellige Milliardenbeträge durch die Steuertricks großer Multinationaler fehlen. Ist diese Ungerechtigkeit ein Thema bei Ihren Mandanten? Ein großes Thema! Hier fühlen sich sehr viele zum Beispiel in Steuerprüfungen buchstäblich auch bei Kleinigkeiten ausgequetscht wie eine Zitrone. Gleichzeitig müssen sie miterleben, wie die Großen mit Hilfe ganzer Heerscharen von Beratern ihre Steuerlast minimieren oder auf Null setzen können. Von Tricks wie Cum-Ex etc. ganz zu schweigen. Das führt häufig zu ausgeprägter Verbitterung und dem Gefühl einer nicht vorhandenen Steuergerechtigkeit. Führt das manchmal zum Ansinnen Ihrer Mandanten, weit in gesetzliche Grauzonen hineinzugehen? Zunächst gilt es, alle Möglichkeiten zur Optimierung der Steuerlast auszureizen. Illegalität kommt für uns nicht in Frage. Aber natürlich begleiten wir unsere Mandanten unter Hinweis auf das Risiko von Erfolglosigkeit auch durch schwierige Fälle, die unterschiedlich ausgelegt werden können. Dabei nehmen wir unsere Mandanten an die Hand und sprechen mit ihnen jeweils die unterschiedlichen Optionen durch. Welche Rolle spielt das Finanzamt in der Region? Insofern besteht für uns eine sachliche Arbeitsatmosphäre. Hier und da ist es natürlich von Vorteil, dass man sich kennt. Gerade auch bei Burmistrak & Partner-Standort im baden-württembergischen Bretten. Betriebsprüfungen streben wir eine sachliche Auseinandersetzung an und versuchen, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Das schließt den punktuellen Konflikt nicht aus, und wir gehen, falls notwendig, keinem Streit aus dem Weg.

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB

Wie gestalten Sie Ihre Ausbildung in der Kanzlei? Zunächst ist der Fachkräftemangel auch in unserem Berufsstand ein großes Problem. Wir versuchen, über die hiesigen Schulen und die Zurverfügungstellung von Praktikumsplätzen sowie durch Kooperation mit Hochschulen in der Region junge Menschen für einen krisensicheren Job in der Steuerberatung zu begeistern. Als Praxispartner regionaler Hochschulen sind wir Ausbildungsbetrieb für junge Menschen im Rahmen ihres dualen Studiums. Die beschauliche Stadt Knittlingen liegt am Rande eines Naherholungsgebietes. Ein guter Ort für Freizeitaktivitäten jeder Art … Unbedingt. Die Fauststadt Knittlingen am Rande des Kraichgaus gehört zur Region Nordschwarzwald und bietet eine Fülle von Freizeitmöglichkeiten und ist bekannt für ihre ausgezeichnete Gastronomie. Zusammen mit meiner Frau genieße ich die Spaziergänge durch unsere Weinberge, bleibe sportlich aktiv. Sofern zeitlich möglich, spiele ich noch Fußball, Tennis, und auch das Golfspiel gehört zu meinen Präferenzen. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte der Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel

Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB Rechtsform: Partnerschaftsgesellschaft mbB Gründung: 1992 Sitz: Knittlingen (Baden-Württemberg) Geschäftsführer: Dipl.-Betriebswirt (FH) Jörg Burmistrak, Steuerberater Mitarbeiter: 4 Berufsträger, 25 Mitarbeiter Umsatz: k. A. Branche: Steuerberatung Webseite: www.burmistrak-partner.de


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

BERNHARD OBERSCHMIDT USU Software AG

Foto: © NN

70 BWS


BWS 71

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

„Informatik müsste viel stärker in die Lehrpläne Einzug halten“

Foto: © USU Software AG

Die Arbeitswelt befindet sich im steten Wandel und verlangt den Unternehmen immer wieder neue Lösungsansätze ab. Als Vorstandsvorsitzender der USU Software AG knüpft Bernhard Oberschmidt genau hier an. Und das mit Erfolg: Heute ist das Unternehmen Europas größter Anbieter für IT- & Knowledge-Management-Software.

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Oberschmidt, Sie leiten als Vorstandsvorsitzender der USU Software AG Europas führenden Anbieter für IT- und Knowledge Software. Wie würden Sie Ihr Leistungsspektrum beschreiben?

Bei aller Bandbreite: Wie definieren Sie die KI? Für uns heißt das unter anderem, extrem große Datenmengen mithilfe intelligenter Algorithmen analysieren zu können und daraus neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu gewinnen.

Bernhard Oberschmidt: Ich würde es unter dem Sammelbegriff Servicemanagement zusammenfassen. Immer mehr Produkte rücken in der Herstellungsqualität zusammen. Da macht ein möglichst perfekter Service gegenüber dem Endkunden den entscheidenden Unterschied. Das heißt, wir unterstützen unsere Businesspartner dabei, eine möglichst effiziente, reibungslose und hochwertige Dienstleistung aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Das kann ein IT-Service sein, zum Beispiel, wenn in der Unternehmensorganisation jemand ein Ablaufproblem hat und nach der besten IT-Lösung dafür sucht. Oder ein HR-Service, zum Beispiel zur Unterstützung des Prozesses „Neuer Mitarbeiter kommt“. All dies bezieht sich nicht nur auf den direkten informationstechnologischen Bereich, sondern schließt auch all die Prozessfelder eines Unternehmens ein, in denen überhaupt Software zum Tragen kommt. Auch Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine immer größere Rolle.

Bedeutet das, dass Sie komplexe Datenbestände zu Fakten, aber auch Betriebsabläufen nutzbar machen, die bislang noch nicht maximal verarbeitet werden konnten? Das ist nicht nur eine Frage der Prozessverbesserung, es kann auch zur Generierung neuer service-basierter Geschäftsfelder beitragen. Hier unterstützen wir Industrie-Unternehmen, beispielsweise Maschinendaten auszulesen und Wartungszustände vorherzusagen, um entsprechend frühzeitig planen zu können.

Für Notwendigkeit und Erfolg Ihrer Services spricht auch, dass Sie rund die Hälfte der deutschen DAX-Unternehmen zu Ihren Kunden zählen. Können Sie stellvertretend für viele einige der von Ihnen betreuten Branchen nennen? Die Grundprozesse unserer Lösungsangebote sind natürlich zunächst nicht branchenspezifisch. Dennoch gibt es gewisse Affinitäten, so im IT-Umfeld und in der Versicherungsbranche. Aktuell wird Das heißt, auf der Basis einer schon vorhandenen digitalen Infra- durch die zunehmende Digitalisierung auch der Automotive-Sektor struktur wird für die Entscheidungs- und Arbeitsabläufe noch mal immer wichtiger. eine übergreifende Optimierungsmöglichkeit geboten. So könnte man das sagen. Wir nutzen mit unserer Software die ver- Wer genau sind in den Unternehmen Ihre direkten Ansprechpartner? schiedenen digitalen Plattformen und führen sie, verkürzt formuliert, Früher waren die IT-Fachkräfte eine eigene, eingeschworene Gemeinzu einem neuen Wissens- und Prozessbestand zusammen. schaft. Das hat sich geändert. Ein Vertriebler zum Beispiel kommt nicht ohne eigene IT-Kompetenz aus. Das Cloud-Zeitalter hat zur VerSetzt das voraus, dass Sie auch immer die neuesten digitalen Ent- breiterung des entsprechenden Wissens sehr beigetragen. Technik wicklungen beherrschen und einsetzen müssen, seien es Cloud- und Anwendung gehen viel integrierter ineinander über. Daher reden oder Social-Media-Komponenten? wir nicht nur mit der IT, sondern häufig auch mit den Service-VerantWir sind mit Fortschritten vertraut. In der Tat hat die Cloud-Technolo- wortlichen aus den Fachbereichen. gie dazu beigetragen, flexibler auch extern auf Lösungen zurückgreifen zu können. Entsprechend entwickeln wir nicht mehr nur firmen- Ist der Mittelstand dabei auf der Höhe der Zeit? spezifische Software, sondern bieten anpassungsfähige und flexible Grosso modo auf jeden Fall. Durch kurze Entscheidungswege kommt Cloud-Services. Ein Teil unserer Unternehmensphilosophie ist es, mit es zum Beispiel mit Hilfe von Cloud-Lösungen gerade bei Mitteljungen, besonders innovationsfreudigen Mitarbeitern hier interna- ständlern inzwischen zu sehr guten Strategien und Strukturen. tionale Trends aufzugreifen und auch selbst zu setzen. Dazu gehört auch die schon erwähnte KI, für uns nicht nur ein Buzzword, sondern Inwiefern bietet Social Media auch nutzbare Informationen? relevant in der praktischen Anwendung. Zunächst handelt es sich dabei selbstverständlich primär um Kommunikationsplattformen. Sobald diese aber dem Erfahrungs- und Informationsaustausch mit Partnern und Kunden oder zwischen


72 BWS

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Software-Entwickler bei der USU.

Im Grunde adressieren wir in vielen Punkten schon die Industrie 4.0. Ganz recht. Dabei ändern sich nicht nur Fertigungs- und Serviceprozesse, wie wir sie beschrieben haben, sondern nicht zuletzt auch die Arbeit selbst, Stichwort Arbeit 4.0. Sie wird flexibler und zunehmend ortsunabhängiger. Trotzdem wird ein menschenunabhängiger, automatisierter Arbeitsplatz in sämtlichen Funktionen nicht realistisch sein. Teamprozesse vor Ort bleiben unabdingbar. Hilfreich sind allerdings die Möglichkeiten, hohe Expertise auch von außerhalb des eigenen Standorts jederzeit per temporärer Telearbeit schnell einholen zu können.

die Leitung für die Bereiche Rechnungswesen und Controlling. Im Jahr 2000 begleitete er in dieser Verantwortung den Börsengang der USU AG. Im Rahmen des Zusammenschlusses der Openshop Holding AG und der USU AG zur heutigen USU-Gruppe wurde Bernhard Oberschmidt im Jahr 2002 zum Chief Financial Officer ernannt. Heute agiert er als Vorstandsvorsitzender und verantwortet die Konzernstrategie sowie die Ressorts Finanzen, Investor Relations und zentrale Administration. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Foto: © USU Software AG

diesen dienen, werden sie für ein Unternehmen und eben auch für uns Als Ausgangspunkt ist Ihnen die Region aber immer noch wichtig. interessant. Sie sind daher, wenn professionell eingesetzt, zu einem Absolut. Beim Fachkräftemangel müssen wir allerdings gerade bei durchaus wichtigen Bestandteil unserer Servicestrategie geworden. IT-Spezialisten flexibel agieren und können nicht vor Ort sofort jede neue Stelle nach Wunsch besetzen. Hier kommt die Option des Home Wieviel Prozent Ihres Umsatzes geht in Entwicklung und Innovation? Office zum Tragen. Von unseren 700 Mitarbeitern wirken rund 160 am Da investieren wir rund 16 Prozent. Strukturell haben wir innerhalb des Stammsitz in Möglingen, der Rest verteilt sich über viele Regionen, Unternehmens Entwicklungs- und Innovationsinseln, die bei schnellen teils in Home Offices, hinweg. Produktzyklen immer wieder neue und aktuelle Angebote hervorbringen. Den meisten Umsatz machen wir entsprechend mit so entstan- Wie schätzen Sie die Situation des Fachkräftemangels in Deutschdenen Produkten. land ein? Besonders im IT-Bereich ist die Not an Fachleuten wirklich enorm. Dazu passt, dass unter Ihrem AG-Dach sehr unterschiedliche Unter- Früher suchten nur unmittelbare IT-Unternehmen diese Kräfte. Inzwinehmen aktiv sind. schen gilt das für fast alle Branchen. Die Kluft zwischen Angebot und Ja, aber vermutlich ist es statt der Benennung der einzelnen Modu- Nachfrage nimmt also noch zu. Es bedarf immer größerer Attraktivile wichtiger, dass wir jeweils einzelne Kompetenzen bündeln, letztlich tätsangebote, um Fachleute zu gewinnen und zu halten. Eine Antwort aber mit dem ganzheitlich funktionierenden Gesamtangebot an Intel- heißt für uns, eigene Leute auszubilden und heranzuziehen. Ebenso ligenz und Service im Markt sind. hilft frühzeitiger Kontakt zu Hochschulen, um potenzielle Mitarbeiter ansprechen und binden zu können. Kommen wir zu Ihrer Einschätzung des Fortschritts bei der digitalen Transformation innerhalb des Mittelstands. Mir scheint er inzwischen doch recht hoch zu sein. Verstanden als zunehmende Digitalisierung und Automatisierung über die bisherigen manuellen Aktivitäten und Themen hinweg sind technisch die Möglichkeiten weitgehend gegeben. In der Umsetzung VITA liegt immer noch eine recht große Bandbreite vor, aber hier bieten wir eben passende Lösungen. Selbst das Kostenargument kleinerer Bernhard Oberschmidt, Jahrgang 1970, kam 1996 nach dem Firmen trifft nur noch begrenzt zu. Besonders der BVMW unterstützt Studium der Wirtschaftswissenschaften zur USU AG, der heutimit exzellenter Beratung gerade auch die, die zunächst zurückhaltend gen Konzerntochter der USU Software AG. Nach Tätigkeiten im sind oder die Investitionen scheuen. Bereich Finanzen und Qualitätsmanagement übernahm er 1998


BWS 73

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Welche Aufgaben hat die Politik, um die Lage strukturell in Deutschland zu verbessern? Gerade Informatik müsste endlich viel stärker in die Lehrpläne Einzug halten. Ich verstehe schon, dass das nicht zuletzt für die Lehrer und deren eigene Ausbildung eine große Herausforderung darstellt. IT im Unterricht fällt heutzutage viel zu gering aus, wir müssen sogar bei neuen Mitarbeitern meist noch ordentlich in der Weiterbildung nachlegen.

Inwieweit betrachten Sie das Unternehmen als Familienbetrieb? Die Familie Strehl und auch der Gründer Udo Strehl sind immer noch in unterschiedlichen Verantwortungsfunktionen aktiv, wir können zu Recht als Familienunternehmen bezeichnet werden. Die Familie ist der zentrale Anker. Ich selbst bin von außen gekommen, stehe aber selbstverständlich für die Werte der Familie. Ein Sohn des Gründers ist mein Vorstandskollege, die Zukunft ist auf sehr hohem Niveau auch durch die Familie abgesichert. Im Bereich digitaler B2C-Unternehmen spielt Deutschland so gut wie keine Rolle. Anders bei B2B, zum Beispiel mit dem Flaggschiff SAP. Wie beurteilen Sie hier unser Land? Wir haben den genannten Branchenriesen, dann kommt aber lange nichts. Auf der Skala rangieren wir selbst immerhin ganz oben. Als Spezial- und Nischenanbieter können wir und ähnliche deutsche Firmen sehr wohl große Erfolge vorzeigen. B2B ist nicht zuletzt durch den starken Mittelstand auch bei IT-Unternehmen besser machbar. Es hapert übrigens nicht zuletzt daran, die für B2C notwendigen Milliardeninvestitionen in Deutschland zu akquirieren. In den USA ist dies nicht selbstverständlich, aber wesentlich einfacher. Das hängt auch mit unterschiedlichen Mentalitäten zusammen. Risiko wird in unserem Land weniger geschätzt. Dafür ist aber unsere Stärke die Betonung von Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit.

USU-Mitarbeiter am Stammsitz in Möglingen (Baden-Württemberg).

Wie verbringen Sie Ihre Zeit außerhalb der Arbeit? Hier gilt meine Energie der Familie mit einer Tochter. Leider kommt sie oft zu kurz. Außerdem liebe ich klassische Automobile und unternehme ab und zu mal eine Ausfahrt damit, es darf dabei mein klassischer 911er, der 928er oder ein Unimog sein. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte der Medienexperte Nachhaltigkeit gilt inzwischen natürlich auch als unverzichtbar. Inwieweit spielt sie bei Ihnen, einem Softwareanbieter, überhaupt eine Rolle? Jeder denkt an Umweltschutz und Energieeinsparung, darauf achten wir selbstverständlich auch. Für uns liegt aber der Akzent bei der Nachhaltigkeit vor allem in unserer Unternehmenskultur und bei der mittel- und langfristigen Produktgestaltung bzw. Geschäftsstrategie. Quartalsdenken bringt uns dabei nicht weiter. Wir denken traditionell in langen Zeiträumen. Unser Businessmodell ist so ausgelegt, dass wir auch Krisen gut überstehen. So konnten wir 2009 trotz der Wirtschaftskrise sogar eine Umsatzsteigerung verzeichnen. Auch wir kennen natürlich schwierige Zeiten, in der Summe aber hat sich unser Ansatz bewährt.

Foto: © USU Software AG

Was erwarten Sie für den Mittelstand von der Politik? Vor allem eine massive Beschleunigung des Breitbandausbaus. Unverzichtbar für eine tragfähige Infrastruktur. Dann aber auch eine viel höhere Anerkennung des Mittelstands innerhalb der Wirtschaftspolitik. Man hat den Eindruck, dass sie deutlicher von Großunternehmen geprägt wird als vom Mittelstand, der aber in Deutschland in Umsatz, Arbeitskraft und Anerkennung viel höher wiegt. Der BVMW ist ja hier sehr aktiv. Absolut. Ich bin von dessen Einsatz wirklich begeistert. Also weiter so! Zugleich wünsche ich mir von den Mitgliedern noch mehr Engagement, mich selbst eingeschlossen. Gemeinsamkeit macht auch hier stärker.

Prof. Dr. Jo Groebel

USU Software AG Rechtsform: Aktiengesellschaft Gründung: 1977 Sitz: 71696 Möglingen (Baden-Württemberg) Geschäftsführer: Bernhard Oberschmidt (Vorsitzender), Dr. Benjamin Strehl Mitarbeiter: rund 700 Umsatz: über 90 Millionen Euro Branche: ITK Produkte: Softwarelösungen zur Digitalisierung von Service-Prozessen Webseite: www.usu.com


74

BWS

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Bundeswirtschaftssenat in Berlin: Diplomatie, Kultur und Medien auf höchstem Niveau Wie schon in den Vorjahren traf sich der Bundeswirtschaftssenat zum Jahresausklang in Berlin. Im Herzen der Hauptstadt bekamen die Spitzenunternehmerinnen und Spitzenunternehmer ein exklusives Programm geboten, das keine Wünsche offenließ. Einer der Höhepunkte: DIE VERLEIHUNG DES BEGEHRTEN DEUTSCHEN MITTELSTAND MEDIA AWARD 2019.

Mario Ohoven eröffnete mit einer inspirierenden Rede die Adventsgala im Ballsaal des Hotels Titanic.

A

nlässlich der traditionellen Adventsgala des Bundeswirtschaftssenates trafen sich die Senatorinnen und Senatoren in der Bundeshauptstadt. Hier erlebten sie ein Programm der Extraklasse. Noch vor dem offiziellen Auftakt des Tages konnte der Senat den Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın, zu einem interessanten Austausch über die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen in der Bundeszentrale des BVMW begrüßen. Hier besuchten die Spitzenunternehmer anschließend auch die Vernissage einer Fotoausstellung von Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer, die einen persönlichen Blick auf die Bauhaus-Architektur der „Weißen Stadt“ Tel Aviv gewährten (siehe Bericht Seite 108). Eröffnet wurde die Ausstellung vom Botschafter Israels, S. E. Jeremy Issacharoff, der sich für eine Vertiefung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen aussprach. Anschließend kam der Bundeswirtschaftssenat in den Genuss einer exklusiven Tour durch das Berliner Stadtschloss. Wilhelm von Boddien, Initiator des Wiederaufbaus, sprach zu den Senatorinnen und Senatoren, übernahm die Führung und gewährte Einblicke in Bereiche, die der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben. In einer Aktuellen Stunde hatten die Unternehmerinnen und Unternehmer danach die Möglichkeit, mit dem chinesischen Botschafter, S. E. Wu Ken, und dem Leiter der Stabsstelle Mittelstandsstrategie im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Philipp Birkenmaier, ins Gespräch zu kommen. Im Ballsaal des Hotels Titanic am Gendarmenmarkt fand der Tag mit der traditionellen Adventsgala seinen krönenden Abschluss. Die musikalische Begleitung boten die international bekannte Sopranistin Julia Novikova mit ihrem Pianisten Matthias Samuil sowie die Starpianistin Anastassiya Dranchuk.

Wilhelm von Boddien (li.) führte den Bundeswirtschaftssenat exklusiv durch das Berliner Stadtschloss.

Höhepunkt des Abends war die feierliche Verleihung des Deutschen Mittelstand Media Award 2019 an Beat Balzli, Chefredakteur der WirtschaftsWoche. Mario Ohoven würdigte die exzellente journalistische Arbeit des Preisträgers. „Mit Beat Balzli ehren wir einen der profiliertesten Journalisten unseres Landes, der insbesondere Mittelstandsthemen in den Mittelpunkt seiner crossmedialen Berichterstattung stellt.“ In seiner Laudatio hob Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, die ordnungspolitisch klare Haltung des Preisträgers hervor. Ausgewählt wurde der Preisträger durch eine prominent besetzte Jury um Kulturstaatsminister a. D. Prof. Dr. h.c. Bernd Neumann. Zur Jury zählten Klaus Bresser (Chefredakteur a. D. ZDF), Hans Demmel (Vorstandsvorsitzender Privatrundfunkverband VAUNET), Prof. Dr. Jo Groebel (Medienexperte), Helmut Markwort (Gründer FOCUS), Tatjana Ohm (Chefmoderatorin WELT), Mario Ohoven, Jörg Quoos und Robert Schneider (Chefredakteur FOCUS).


BWS 75

Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Beat Balzli, Chefredakteur der WirtschaftsWoche, wurde mit dem Deutschen

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, hielt die Laudatio auf

Mittelstand Media Award 2019 ausgezeichnet.

Beat Balzli.

S. E. Jeremy Issacharoff, Botschafter Israels, sprach

Der Botschafter der Volksrepublik China, S. E. Wu Ken,

Der Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın,

zu den Senatoren.

diskutierte mit den Senatoren.

stand zu den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen Rede und Antwort.


Sparen Sie wie ein Die BVMW UnternehmerCard:

Hier sind die Vorteile: ■ bis 8 % Rabatt auf Apple Produkte ■ bis 10 % Rabatt auf Gas und Strom ■ 10 % Dauerrabatt auf Büroartikel ■ bis 41,5 % Rabatt auf Firmenfahrzeuge ■ bis 3,5 Cent/Liter an der Tankstelle Und viele weitere Vorteile!

Sichern Sie sich exklusive Rabatte: mit der BVMW UnternehmerCard. Der BVMW bündelt den Einkaufsbedarf von mehr als 900.000 Mitgliederstimmen aus der Mittelsstandsallianz – und gibt die Vorteile an Sie und die anderen Inhaber der BVMW UnternehmerCard weiter. Jetzt die BVMW UnternehmerCard bestellen*: Mail: unternehmercard@bvmw.de Mehr Informationen: www.vorteile.bvmw.de

Oder rufen Sie uns an: 0228/684 770

* EUR 22,00 jährliche Schutzgebühr zzgl. MwSt.


GroĂ&#x;abnehmer!

e i d t z t d e r J a C r e m h e n r e t Un le i e t r o V d n u n e l l beste ! n r e h c i s www.bvmw.de


78 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Service UNTERNEHMERPREISE Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung, Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.

Start me Up! 2020 Der Gründerpreis des Wirtschaftsmagazins BILANZ richtet sich an Start-ups und Jungunternehmen mit innovativen Geschäftsideen aus allen Bereichen der Wirtschaft. Teilnehmen können bundesweit Einzelpersonen sowie Gruppen oder Gesellschaften, die kurz vor der Gründung stehen oder deren Unternehmen nicht älter als drei Jahre alt ist. Die Bewerbungsfrist endet am 31. März 2020 https://bvmw.info/start-me-up-2020

Fintech Germany Award Der Fintech Germany Award zeichnet herausragende Fintech-Unternehmen in verschiedenen Wachstumsphasen aus. Die Jury bewertet und vergleicht die Teilnehmer in ihren individuellen Unternehmensphasen unabhängig vom jeweiligen FinTech-Subsektor. Mitmachen können erfolgversprechende FinTechs aus Deutschland. Die Bewerbungsfrist endet am 31. März 2020

Neuer Kreditfonds für KMU-Finanzierungen Die creditshelf Aktiengesellschaft legt einen diversifizierten Kreditfonds auf, über den institutionelle Anleger kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland fördern können. Der Europäische Investitionsfonds (EIF) bringt sich mit einer Ankerinvestition von 30 Millionen Euro am creditshelf-Kreditfonds ein, die durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) – das Kernstück der Investitionsoffensive für Europa („Juncker-Plan“) – besichert sind. Bei dem Fonds handelt es sich um einen geschlossenen Private-Debt-Fonds für qualifizierte Investoren, die sich für diese Anlageklasse interessieren. Sein Zielvolumen beträgt bis zu 150 Millionen Euro, die in über 150 Kredite an deutsche KMU investiert werden sollen. www.creditshelf.com

Teams richtig zusammenstellen Bei individuellen Kundenanfragen sollten Projektteams so zusammengestellt werden, dass die Anforderungen mit den Expertisen übereinstimmen. Dafür braucht es einen effizienten Planungsprozess, um aus dem Mitarbeiterpool passende Experten für die einzelnen Projektrollen zu identifizieren. Die Softwarelösung iCombine ermöglicht es Unternehmen und Organisationen, die Fähigkeiten, Erfahrungen, Interessen und Verfügbarkeiten aller Mitarbeiter strukturiert sichtbar zu machen. Die Anforderungen an jede Projektrolle können mit wenigen Klicks definiert und sofort passende Experten gefunden werden. Unternehmen behalten damit einen Überblick über den Besetzungsstatus ihrer Projekte und erkennen, wo es Planungsbedarf gibt. www.icombine.net/de

www.fintechgermanyaward.de

WECONOMY 2020 Der WECONOMY Award ist auf der Suche nach Machern, Denkern und Lenkern von morgen. Angesprochen fühlen sollten sich technologieorientierte Start-ups mit herausragenden Businessideen. Während des Wettbewerbes steht vor allem der Austausch zwischen etablierten Unternehmen und jungen Start-ups im Mittelpunkt. Deutschlandweit teilnehmen können Start-ups aus allen Wirtschaftsbereichen. Die Bewerbungsfrist endet am 01. Juli 2020 www.weconomy.de

iCombine ist die Softwarelösung zur effizienten Zusammenstellung von Projektteams.


SERVICE 79

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Familienfreundlichkeit jetzt messbar Der Fortschrittsindex Vereinbarkeit wurde vom Bundesfamilienministerium entwickelt und ist ein Online-Tool, mit dem Unternehmen anhand weniger Kennzahlen die Familienfreundlichkeit ihrer Unternehmenskultur messen können. Der Index ist kostenlos und unterstützt Unternehmen bei der Erfassung von Fortschritten sowie der transparenten Kommunikation nach innen und außen. Unternehmen, die an der Datenerhebung teilnehmen, erhalten jedes Jahr eine passgenaue Auswertung sowie das aktuelle Teilnahmesiegel „Fortschrittsindex Vereinbarkeit”. www.fortschrittsindex.erfolgsfaktor-familie.de

Rabatt für BVMW-Mitglieder Die Superfly Air Sports Holding GmbH ist ein deutsches Unternehmen mit Wurzeln in den USA. Als Tochtergesellschaft der amerikanischen Circus Trix bringt die Firma das Original des Indoor-Trampolin-Sports nach Deutschland und Europa. Mit über 320 Anlagen ist Circus Trix der größte Betreiber von Indoor-Trampolin-Parks weltweit und seit 2015 in Deutschland tätig. BVMW-Mitglieder erhalten eine Ermäßigung von 20 Prozent auf die Sprungzeiten im Open Flight von 90 und 120 Minuten. www.superfly.de

Veränderungen sichtbar machen Xeller Training praktiziert den Ansatz der Kairologie, der vom BVMW-Mitglied Dr. Karl Hofmann entwickelt wurde. Der Ansatz orientiert sich am Verlauf des Menschenlebens, seiner Entwicklung und deren Zusammenhänge und beschreibt, in welcher Weise sich Bedeutung und Sinnhaftigkeit für einen Menschen, ein Team und ein Unternehmen verändern. Dahinter stehen Fragen, wie es gelingen kann, Teams langfristig erfolgreich zu entwickeln, oder was die Lebensphasenstruktur eines Menschen sagt. Diese und andere Fragen können durch Xeller Training beantwortet werden. https://xeller.info/

Einbruchschutz durch Fernüberwachung Einbrüche und Überfälle im Unternehmen verursachen nicht nur materielle Schäden – sie ziehen auch einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich. Damit es erst gar nicht so weit kommt, bietet Protection One Einbruchschutz als Komplettservice an: Die 24/7-Fernüberwachung mit Live-Täteransprache erzielt eine unabhängig auditierte Schadenverhinderungsquote von 96,7 Prozent. Ob Einbruch, Diebstahl, Vandalismus oder Überfall: Täter verlassen bei dieser kosteneffizienten Methode das Gebäude fluchtartig, ohne nennenswerte Schäden anzurichten.

Foto: © Superfly Air Spots Parks; © stone010 von www.stock.adobe.com

www.protectionone.de

Lernplattform für Führungskräfte Das BVMW-Mitglied sanosense AG hat eine Lernplattform für Führungskräfte entwickelt. In der Plattform sind 75 Anwendungsfälle aus dem beruflichen Alltag enthalten, die von Demotivation über Angst vor Veränderungen bis zu schlechten Ergebnissen alle Aspekte der Führungsarbeit enthalten. Aus über 400.000 Datensätzen von Analysen hat die sanosense AG die 75 häufigsten Praxisfälle per Videoszenen nachgestellt, die sich anfühlen, als würden sie im eigenen Unternehmen passieren. Führungskräfte können sich ihre Trainingsfälle aussuchen und bekommen dann konkrete Aufgaben gestellt, um die Situationen nachhaltig zu lösen. Die Superfly Air Sports Holding GmbH bringt Indoor-Trampolin-Sport nach Deutschland.

https://bvmw.info/sanosense-coaching


80 SERVICE

Outplacement statt Kündigung

DER MITTELSTAND. 1 | 2020


SERVICE 81

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Angesichts einer sich eintrübenden Konjunktur und sich deutlich verschlechternden Geschäftserwartungen gerät eine Dienstleistung immer mehr in den Fokus, die bisher nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit des deutschen Mittelstands stand: Die Rede ist vom Outplacement.

B

eim Outplacement geht es – vereinfacht gesagt – darum, in einem Prozess der Restrukturierung und des damit einhergehenden Personalabbaus den betroffenen Mitarbeitern neue Perspektiven aufzuzeigen. Entweder durch Vermittlung in ein neues Arbeitsverhältnis oder durch Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Während die Vorzüge eines gelungenen Outplacements in Großkonzernen durchaus bekannt sind, gibt es im Mittelstand vielfach nur eine sehr verschwommene Vorstellung über das Outplacement. Zum Nachteil des Unternehmens. Denn ein gelungenes Outplacement kann gerade für ein mittelständisches Unternehmen in Zeiten des Umbruchs eine große Hilfe sein.

Foto: © ShutterWorx von www.istockphoto.com

Auseinandersetzungen vermeiden Grundsätzlich liegen die Vorteile eines Outplacements klar auf der Hand: Jedes Unternehmen, das Bereiche schließen und sich infolgedessen von Mitarbeitern trennen wird, muss ein Interesse daran haben, dass solche Prozesse möglichst schnell und ohne langwierige Auseinandersetzungen gestaltet werden. Outplacement sichert langfristig die berufliche Existenz durch die Vermittlung in ein neues Arbeitsverhältnis. Dies ist vielen betroffenen Mitarbeitern wichtiger als die Zahlung einer Abfindung. Dabei ist für knapp die Hälfte der Kandidaten in einem Outplacement-Prozess hier die Möglichkeit gegeben, durch professionelle Hilfe in eine höhere Position zu gelangen und damit der beruflichen Laufbahn einen neuen Schub zu geben. Schon diese beiden Faktoren allein sind dazu geeignet, den Trennungsprozess deutlich friktionsärmer und damit auch erheblich kürzer zu gestalten, was in einem erheblichen Maße Kosten sparen kann.

Outplacement im Mittelstand In vielen mittelständischen Unternehmen, oft genug inhabergeführten, besteht ein vertrauensvolles, partnerschaftliches Verhältnis zwischen der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern. Wird dieses

Verhältnis im Zuge einer Restrukturierung beschädigt, besteht die Gefahr, dass schlechte Mundpropaganda dem Unternehmen bei der neuen Personalsuche Probleme bescheren wird. Zumal dann, wenn dieses Unternehmen auf dem Land angesiedelt ist, da dort die Auswahl geeigneter Mitarbeiter begrenzt ist, und die vorangegangenen Auseinandersetzungen in der Region wohl bekannt sind. Zudem müssen sich Unternehmer und Geschäftsführer eines solchen Unternehmens bewusst sein, dass sie in ländlichen Regionen mit ihren Mitarbeitern viel enger verbunden sind als vergleichbare Manager in den Metropolen: Die eigene Familie und die der Mitarbeiter sind in den gleichen Sportvereinen und dem Kirchenchor aktiv und teilen die Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr. Das heißt: Ein Vertrauensverlust betrifft alle Ebenen des sozialen Miteinanders. Vor dem Hintergrund einer unsicheren konjunkturellen Zukunft ist es für jeden Inhaber oder Geschäftsführer eines Unternehmens in hohem Maße ratsam, sich mit den Möglichkeiten und den Vorzügen eines professionellen Outplacement zu beschäftigen.

Benjamin Scholz und Erich Wulff Geschäftsführer und Partner EL-NET GROUP BVMW-Mitglied www.elnet.group

Impressum DER Mittelstand. Unternehmermagazin des BVMW Herausgeber BVMW – Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e. V. Mario Ohoven Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz 10785 Berlin www.bvmw.de Titelbild: © Deminos von www.stock.adobe.com Redaktion Tel.: 030 / 53 32 06-16 Fax: 030 / 53 32 06-50 mittelstand@bvmw.de

Eberhard Vogt (Chefredakteur) Melanie Müller (Head of Content) Chiara Ohoven (Art Director) Felicia Fullbrecht Anna Lorenz Friederike Pfann Tim Schöllmann Rotger H. Kindermann (Korrespondent) Verlag mattheis. werbeagentur gmbh Kastanienallee 4 10435 Berlin Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 info@mattheis-berlin.de www.mattheis-berlin.de

Layout und Gestaltung, Mediadaten, Vermarktung v. Anzeigen & Beilagen mattheis. werbeagentur gmbh Tel.: 030 / 34 80 633-0 Fax: 030 / 34 80 633-33 bvmw-anzeigen@mattheis-berlin.de Rechnungsstelle BVMW Servicegesellschaft mbH Potsdamer Straße 7 10785 Berlin Tel.: 030 / 53 32 06-27 Fax: 030 / 53 32 06-50 servicegesellschaft@bvmw.de Druckerei Möller Druck und Verlag GmbH Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde

Das Magazin „DER Mittelstand.“ ist das offizielle Organ des BVMW. Mitglieder des Verbandes erhalten das Magazin im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen von Unternehmen müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. ISSN: 2510-425X Druckauflage: 33.000 4/2019


82 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Deepfakes – die neue Form der Manipulation im Netz Im digitalen Zeitalter gehören alternative Fakten im Netz, die die Realität verbiegen, zur Tagesordnung. Doch was, wenn Fake-News vor Ihrem Unternehmen keinen Halt mehr machen? Deepfakes verlangen von Unternehmen eine neue Strategie von Reputationsmanagement im Internet.

I

worteingabe in einer beliebigen Online-Suchmaschine reicht schon, um sich ein Bild über das Unternehmen zu machen und zu erkennen, was gemacht werden muss. Wer sich vor rufschädigenden Angriffen im Internet schützen will, sollte selbst Einfluss auf das digitale Image nehmen und es im eigenen Sinne verändern. Ein umfassendes, zeitgemäßes und individuelles Reputationsmanagement kann helfen, den Ruf zu schützen. Stellen Sie sich vor, ein Shitstorm aus negativen Reaktionen prasselt im Fall eines Deepfake-Angriffs auf Ihr Unternehmen ein. Der öffentli- Langfristig wird die Außenwirkung eines Unternehmens durch ein che Druck verlangt, Stellung zu beziehen und im Idealfall natürlich zu strategisches Reputationsmanagement bestimmt. Dabei werden dementieren. Wie will man beweisen, dass es sich bei dem rufschädi- Online-Pfade beschritten, die zum Schutz der Unternehmensrepugenden Material um Deepfakes handelt? Wie geht man mit dem Shit- tation angelegt wurden. Immer in individueller Ausrichtung. So rückt storm um? Was kann man tun, um den Ruf wiederherzustellen? die generelle Bedeutung der Reputation – vor allem im World Wide Web – in unmittelbare Sichtweite. Entdecken Sie digitales Neuland. Je nach Größe oder Reichweite eines Unternehmens stehen Sie bis Schützen Sie Ihre Reputation. zu einem gewissen Grad in der Öffentlichkeit. Nachrichten im Internet verbreiten sich in Sekundenschnelle. Oft bleibt keine Zeit, um Gut zu wissen noch rechtzeitig einzugreifen. Doch so weit muss es gar nicht erst kommen. Ein Deepfake ist ein mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erstelltes Bild oder

Prävention statt Schadensbegrenzung Die klassische PR scheint heutzutage nicht das geeignete Gegenmittel zu sein, zumindest dann, wenn kaum digitale Wege in Public Relations einfließen. Was wirklich hilft, scheint recht einfach: Vor allem auf die Online-Präsenz des Unternehmens kommt es an. Diese sollte ansprechend und darüber hinaus positiv sein. Eine Schlag-

Video, das authentisch wirkt, es aber nicht ist. Auch die Methoden und Techniken in diesem Zusammenhang werden mit dem Begriff bezeichnet. jaco/edo media group BVMW-Mitglied www.jacoedo.de

Foto: © Photoboyko von www.stock.adobe.com

n der Politik sind sie bereits häufiges Mittel zur Diffamierung: real wirkende Bilder, Videos oder Tonaufnahmen, die bei erstem Betrachten oft nicht als Fälschung identifiziert werden können. Solche Deepfakes werden mithilfe von Künstlicher Intelligenz kreiert und häufig gezielt rufschädigend eingesetzt. Das Fatale: Auch Unternehmen sind zunehmend betroffen.


SERVICE 83

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Nachhaltiges Wirtschaften im Mittelstand Die Auseinandersetzung mit sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit steht immer häufiger auf der Agenda mittelständischer Unternehmen. Doch können Unternehmen davon auch profitieren?

D

ie Verschärfungen der politischen Rahmenbedingungen im Bereich Nachhaltigkeit sind branchenübergreifend und größenunabhängig ein Treiber. Insbesondere KMU sind meist fest in ihrem regionalen und sozialen Umfeld verwurzelt und spüren eine besondere Verantwortung gegenüber ihrer Region.

Nachhaltigkeit als Chance Unternehmen können aber auch wirtschaftlich profitieren: Mit einem optimierten Materialeinsatz und Energieeffizienzmaßnahmen lassen sich langfristig Kosten reduzieren. Zudem verbessert nachhaltiges Wirtschaften die Arbeitgeberattraktivität im Fachkräftewettbewerb und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten.

Foto: © Pekic von www.istockphoto.com

Die Event- und Strategie-Agentur Planworx aus München befasste sich zunächst vor allem intern mit Nachhaltigkeit. „Mit dem Umzug unserer Büroräume sind wir Ende 2016 auf Arbeit 4.0 und papierloses Büro umgestiegen. Dank komplett neuer IT und Tools wie Microsoft Teams liegen wir heute bei einer HomeOffice-Quote von um die 30 Prozent. Damit reduzierten sich ganz automatisch die Treibhausgasemissionen durch den Pendelverkehr“, so Barbara Negele, Copy + Concept bei der Planworx AG. Zudem hat das Unternehmen seit Anfang 2020 die firmeneigenen Parkplätze gekündigt, um den Fokus auf ÖPNV oder Fahrradfahren zu setzen. Nachhaltigkeit wird nicht nur nach innen, sondern auch nach außen gelebt, und so werden den Kunden ressourcenschonende Lösungen für ihre Projekte vorgeschlagen. Demnächst strebt Planworx die ISO Zertifizierung Nachhaltiges Eventmanagement an.

Nachhaltigkeit als strategische Aufgabe Auch andere Unternehmen fordern häufiger Nachhaltigkeitsberichte, die in der Auswahl ihrer Zulieferer eine zunehmende Rolle spielen. „Aufgrund der gestiegenen Anforderungen unserer großen Kunden an die Berichterstattung und unseres eigenen Qualitätsanspruchs haben wir nicht mehr nur auf unsere bestehende ISO 14001 Zertifizierung gesetzt, sondern uns zusätzlich für eine Berichterstattung

über die Plattformen Ecovadis und CPD entschieden“, berichtet Elke Haverich vom IT-Dienstleister SPIRIT/21 (BVMW-Mitglied). „Für uns ist es erfolgsentscheidend, Kundenanforderungen im Blick zu behalten. Aufgrund der Vielfalt der am Markt existierenden Standards sind Unterstützungsangebote interessant, die beim Monitoring diese Anforderungen unterstützen.“

Unterstützung für mittelständische Unternehmen Der BVMW und das Fraunhofer IPK bieten mit dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt „Mittelstand.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen“ kleinen und mittleren Unternehmen einen Einstieg in ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement. Unternehmen analysieren mit Hilfe eines im Projekt ausgearbeiteten Kriterienkatalogs ihre Stärken und Schwächen, vergleichen ihre Nachhaltigkeitsleistung und erkennen dadurch individuelle Potenziale. Gut zu wissen Mittelstand.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen: Unternehmen haben während des bis Ende 2020 laufenden Projekts die Möglichkeit, die Kennzahlen im eigenen Betrieb zu erheben und kostenfrei einen Benchmarkingbericht zu erhalten. Anmeldung unter: www.mittelstand-nachhaltig.de

Julia Martius BVMW Referentin Förderprojekte julia.martius@bvmw.de


84 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem Unternehmen einsetzen Künstlicher Intelligenz (KI) wird enorme wirtschaftliche und wissenschaftliche Relevanz zugeschrieben. Wenn man KI im Unternehmen erfolgreich einsetzen will, ergeben sich jedoch einige Herausforderungen.

A

ls Unternehmen investiert man nicht in reine KI. Man investiert immer in die Lösung von Problemen oder das Ausschöpfen von Geschäftspotenzialen, wofür KI lediglich ein Werkzeug darstellt.

Technische Herausforderungen Technisch gesehen basiert KI auf statistischer Modellierung. Unter der Annahme mathematischer Prämissen wird versucht, ein generalisierendes Modell zu erstellen. Um diese Modelle zu definieren und zu implementieren, benötigt man fachliche Experten, die die besagten Systeme, ihre Anforderungen und Limitationen im Detail kennen.

Strategische Herausforderungen Daneben muss man sich auch den strategischen Herausforderungen stellen. Wie sehr darf man der Aussage einer KI vertrauen und daraus Entscheidungen ableiten? Gerade im Bereich des Deep Learning können die Modelle so komplex sein, dass man die Entscheidungsfindung des Systems kaum nachvollziehen kann. Dies birgt einige Risiken. Beispielsweise würde eine Recruiting-KI weniger Frauen einstellen, wenn sie auf einem Datensatz trainiert wurde, in dem Männer systematisch bevorzugt wurden. Selbst wenn solche Fehler entdeckt werden, sind sie meist nur schwer zu korrigieren. Daher sollte man den zugrunde liegenden Datensatz sowie die Limitationen des verwendeten Algorithmus‘ kennen und bei der strategischen Entscheidungsfindung berücksichtigen. Unternehmen müssen in jedem Fall ein intuitives Verständnis von KI entwickeln und die Unternehmenskultur im Kontext der KI hinterfragen. Falls sie das nicht tun, besteht die Gefahr, dass sich der KI-affine Wettbewerber dadurch abhebt.

Unternehmen ohne interne KI-Expertise haben oftmals Schwierigkeiten, geeignete Anwendungsfälle für KI zu identifizieren. Hierfür fehlen im Alltagsgeschäft häufig die notwendigen Kapazitäten. Unternehmen mit mittlerer KI-Adoption stehen Gut zu wissen stattdessen eher vor der Herausforderung, zwischen verschiedenen AnwendungsfälDrei Bereiche, in denen KI eingesetzt werden len die vielversprechendsten herauszufinden kann: und zu implementieren. In diesem Fall könn Automatisierung von Geschäftsprozessen nen fundierte Business Cases dabei helfen, n Unterstützung bei der Entscheidungsfindie Investitionsmöglichkeiten zu priorisieren. dung durch Erkenntnisgewinn aus Daten n Entwicklung neuer Produkte, DienstleisFür Unternehmen mit hoher KI-Adoptitungen und Geschäftsmodelle on stellt der KI-Fachkräftemangel die größte Herausforderung dar. Gerade erfahrene KI-Entwickler und Datenwissenschaftler sind rar, begehrt und dadurch sehr teuer.

Frederik Mattwich und Keesiu Wong Geschäftsführer Design AI BVMW-Mitglied www.design-ai.de

Foto: © vegefox.com von www.stock.adobe.com

Organisatorische Herausforderungen


SERVICE 85

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Stiftungen– ein internationales Modell auch für Mittelständler Stiftungen sind in der Gesellschaft mit positiven Eigenschaften besetzt. Meist überwiegen altruistische Motive bei einer Stiftungsgründung: Eine Legaldefinition gibt es nicht. nicht in das Unternehmen einsteigen wollen, so kann ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden entstehen. Gelöst werden kann dieses Dilemma, indem eine Stiftung gegründet wird und dadurch das Betriebsvermögen nicht zerfällt. Hierzu gibt es unterschiedliche Stiftungsmodelle, die je nach Vorgaben der Unternehmensinhaber umgesetzt werden können.

Die Welt ein wenig gerechter machen

Foto: © Riccardo Lennart Niels Mayer von www.istockphoto.com

D

as Bürgerliche Gesetzbuch definiert eine Stiftung wie folgt: „Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete mitgliederlose juristische Person.“ Die breite Bevölkerung ist der Ansicht, dass Stiftungen nur von superreichen Mäzenen gegründet werden können. Allerdings werden die meisten Stiftungen im Durchschnitt mit der Höhe von 250.000 Euro gegründet. Viele Stiftungen übernehmen Verantwortung in Erziehung, Bildung, Forschung und Integration. Und der Gesetzgeber fördert seit 2007 die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen mit einem Sonderausgabenabzug bis zu einer Million Euro für Ledige und zwei Millionen Euro für Verheiratete.

Demografische Entwicklung fördert Stiftungsgründungen Fast 50 Prozent der Stiftungsgründer haben keine Kinder und stellen sich die Frage, was mit dem Vermögen geschehen soll. Hierzu zählt nicht nur das liquide Vermögen, sondern auch das Betriebsvermögen. Die Unternehmensnachfolge gehört in den nächsten Jahren zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. 3,5 Millionen mittelständische Unternehmen sind aktiv. Hiervon werden jährlich 60.000 Unternehmen auf die nächste Generation übertragen. Wenn es nicht genügend Nachfolger gibt, oder auch die Kinder

Wie gemeinnützige Zwecke effektiv und sinnvoll umgesetzt werden können, zeigt die Neven Subotic Stiftung. Der Stifter Neven Subotic, ein erfolgreicher Profifußballer, wollte mit seinem Tun die Welt ein wenig gerechter machen. Aus einer kleinen Idee wurde eine Stiftung, die seit der Gründung 2012 durch die Unterstützung von 9.763 Spendern circa sieben Millionen Euro an Spenden erhalten hat. Mit dem Geld konnten 132 Brunnen und 80 sanitäre Anlagen an Schulen in Äthiopien gebaut werden. 151 weitere Projekte sind in Planung und sollen bis 2021 fertiggestellt werden. Insgesamt haben 127.669 Menschen Zugang zu sauberem Wasser erhalten, und Kinder können Schulen mit sanitären Anlagen besuchen, um durch Bildung eine bessere Perspektive zu erhalten. Dadurch wird die Welt ein wenig gerechter, und Menschen übernehmen in der Mitte unserer Gesellschaft Verantwortung. Sinnstiftende Maßnahmen bereichern uns alle und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Gut zu wissen n Die meisten Stiftungen in Deutschland werden im Durchschnitt mit 250.000 Euro gegründet n Die Gründung einer Stiftung bietet sich an, wenn es keinen Nachfolger für das Unternehmen gibt n Es gibt unterschiedliche Stiftungsmodelle, die je nach Vorgaben der Unternehmensinhaber umgesetzt werden können

Dr. Alexander Milicevic Geschäftsführer Estate Planning GmbH BVMW-Mitglied und Mitglied Expertenkreis Nachfolge www.estate-planning-gmbh.com


86 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

KMU digitalisieren und konkurrenzfähig bleiben Der Mittelstand ist noch immer zu wenig digitalisiert. Allerdings hat die Bereitschaft zu modernen Produktionsprozessen zugenommen, und das Verständnis für das Thema ist gewachsen.

Hemmschwellen in Richtung Industrie 4.0 überwinden Einen weiteren kritischen Faktor bilden die anfallenden Kosten. Viele kleine und mittelständische Betriebe sehen sich bislang gehemmt, da moderne Software für die Produktion gewöhnlich hohe Kosten mit sich bringt. Jedoch gibt es Softwarehäuser, die spezielle Lösungen für KMU entwickelt haben. Diese punkten mit den geringen Investitionskosten und der schnellen Implementierung in den laufenden Betrieb, da sie als eine Art Plug-and-Play-Lösung eingesetzt werden können.

Innovationswille macht zukunftsfähig Das einfache Setup der Produktionssteuerung für den Mittelstand liegt mitunter auch an den überschaubaren Produktionssystemen

und -zyklen. Die Einführung solcher Systeme gestaltet sich somit deutlich einfacher als bei größeren Unternehmen. Dadurch lassen sich auch im Mittelstand die Vorteile und Potenziale der Digitalisierung und Vernetzung der Produktion nutzen, indem man eine sichere Datengrundlage zur Aufstellung von Optimierungsmöglichkeiten erhält.

Gut zu wissen n Die Digitalisierung in den Bereichen Datenschutz und Human Resources gewinnt zunehmend an Bedeutung n Softwarehäuser haben spezielle Lösungen für KMU entwickelt

Mischa Wittek Mitglied der Geschäftsleitung und Vertriebsleiter GFOS mbH BVMW-Mitglied www.gfos.com

Foto: © GFOS/Catrin Moritz; © mediaphotos von www.istockphoto.com

T

reiber in Richtung vernetzte Produktion sind in erster Linie die technologischen Veränderungen sowie die Bedürfnisse des Marktes und der Kunden. Trotzdem sind bislang 29 Prozent der in Deutschland ansässigen Produktionsbetriebe noch gar nicht vernetzt. Gründe dafür sind das fehlende Know-how im IT- beziehungsweise Datenschutzbereich sowie die fehlende Netzwerkfähigkeit der bestehenden Maschinenparks. Für Mittelständler scheint das Thema Datenschutz und -sicherheit eine zentrale Rolle zu spielen, da ohne Expertise und Manpower in diesem Bereich die Vernetzung nur langsam vorangetrieben werden kann.


SERVICE 87

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wie Soft Skills Ihre Zukunft retten Online Marketing ist für den Mittelstand eine gute Chance, um lokal, national und international neue Kunden zu gewinnen. Dafür müssen besonders digitale Marketingkompetenzen gefördert werden. Doch auf welche Fähigkeiten kommt es in Zukunft an?

N

icht immer schaffen es kleine und mittlere Unternehmen, im Wettbewerb um engagierte und gut ausgebildete Online-Marketing-Fachkräfte mitzuhalten. Dazu kommt der fortschreitende Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung, der die Unternehmen vor weitere Herausforderungen stellt. Bei Mitarbei­ tern des Online-Marketings sollte daher, neben den fachlichen Skills, besonders auf drei persönliche Fähigkei­ten geachtet werden.

Empathie Unsere Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, unterscheidet uns von Maschinen. Übersetzt ins Online Marketing ist damit die Fähigkeit gemeint, Kollegen, Chefs oder Kunden besser zu verstehen und ihre emotionale Reaktion zu antizipieren. In Zeiten der Reizüberflutung wollen Kunden von einer Marke oder einem Produkt berührt und emotional begeistert werden. Im Online Marketing hilft Empathie, diese Kundenwünsche auf Marketing-Maßnahmen zu übertragen.

Funktionsübergreifende Kompetenz In Zukunft wird die funktionsübergreifende Kompetenz eine der Schlüsselkompetenzen sein. Vereinfacht versteht man darunter die Fähigkeit, über den eigenen beruflichen Tellerrand hinauszublicken. Zusammenhänge zu erkennen und sie in Handeln umzusetzen. Neben den Kunden profitieren auch Mitarbeiter davon, denn nachweislich steigt die innere Zufriedenheit, wenn berufliche Freiräume den Platz für persönliche Entfaltung eröffnen.

Foto: © Mykyta Dolmatov von www.istockphoto.com

Neugier und Lebenslanges Lernen Beides stellt sicher, dass Menschen stets über das aktuellste Wissen verfügen, um in ihrem Job die notwendigen Schlüsse ziehen und passende Strategien entwickeln zu können. Neugierige und sich weiterbildende Mitarbeiter sind der Motor innovativer Marketingstrategien. Weitere positive Effekte sind eine höhere Zufriedenheit am Arbeitsplatz durch das gute Gefühl, immer mehr zu wissen und zu können. Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig auszubauen, sollte nicht nur auf hohe Online-Marketing-Kompetenzen gesetzt werden, sondern auch den Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen in diesen Bereich angeboten werden. Gerade mittelständische Arbeitgeber können nämlich im Bereich Lebenslanges Lernen punkten. Sie sind erfahrungsgemäß flexibel, innovativ und entscheidungsstark und können so ein passendes Lern-Ökosystem zügig im Unterneh-

men etablieren. Es gilt: Lernen am Arbeitsplatz muss sich wandeln, um mit den Erfordernissen einer radikal veränderten Umwelt mithalten zu können. Mitarbeiter und Chefs müssen Lebenslanges Lernen als wichtigste Investition, in die Zukunft zu blicken, begreifen. Nur so können sie leistungsstark in die digitale Zukunft starten. Denn eines ist klar: Ausruhen auf dem Wissensstand von heute geht nicht mehr. Gut zu wissen Mehr zu den gefragten Online-Marketing-Skills von morgen im Buch: „Erfolgreich als Online-Marketing-Manager. Auf diese Soft Skills kommt es an – heute und in Zukunft“ Markus Bockhorni, Claudia Beauchamp Verlag Springer Gabler, 29,99 €

Markus Bockhorni Gründer und Geschäftsführer eMBIS Akademie für Online Marketing BVMW-Mitglied www.embis.de


88 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

RECHTSHOTLINE

Achtung bei Arbeit auf Abruf!

B

ei der sogenannten Arbeit auf Abruf hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem betrieblichen Bedarf zu erbringen. Die Idee dahinter ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer immer nur dann zur Arbeit heranzieht, wenn es einen betrieblichen Bedarf gibt.

Festlegung von Mindeststunden Dieser Möglichkeit, die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern und damit auch die Lohnkosten an den tatsächlichen Arbeitsbedarf anzupassen, waren jedoch schon immer Grenzen gesetzt. Eine dieser Grenzen bestand von vornherein darin, dass im Arbeitsvertrag eine Mindestmenge an Arbeitsstunden pro Woche festgelegt sein musste. Gab es diese Festlegung nicht, so gilt eine gesetzliche Fiktion von derzeit 20 Arbeitsstunden pro Woche. Hieraus resultiert häufig das folgende Problem: Wenn die Anzahl an Stunden im Arbeitsvertrag nicht festgelegt wurde, und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer somit eine Mindestbeschäftigung von 20 Stunden pro Woche schuldet, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch dann für die vollen 20 Stunden pro Woche vergüten, wenn er deutlich weniger oder sogar gar keine Arbeitsleistung abgerufen hat. Auch wenn Arbeitnehmer häufig aus Unkenntnis ihre Ansprüche nicht geltend machen, hat die fehlende Festlegung von Mindeststunden gravierende Folgen, die daraus resultieren, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht nur für die Stunden geschuldet werden, die ihm tatsächlich vergütet wurden, sondern für alle Stunden, die hätten vergütet werden müssen.

450-Euro-Grenze Durch die Neuregelung der Mindeststundenanzahl durch die Heraufsetzung auf 20 Stunden pro Woche wird nun in Kombination mit dem geltenden Mindestlohn regelmäßig die 450-Euro-Grenze für eine geringfügige Beschäftigung überschritten. Das kann wiederum zur Folge haben, dass Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen Umfang nachgezahlt werden müssen, und zwar in voller Höhe durch

den Arbeitgeber. Hinzu kommt noch, dass das Nichtentrichten von Beiträgen zur Sozialversicherung als Vorenthalten von Arbeitsentgelt strafbar ist. Die Vereinbarung einer möglichst niedrigen Stundenzahl kann dies zwar verhindern, jedoch nur unter deutlicher Beschränkung der Flexibilität, denn der Arbeitgeber darf maximal 25 Prozent über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus abrufen. Das heißt nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt, den Anfall von Arbeitsleistung und damit die Lohnkosten zu flexibilisieren. So können Regelungen zu Arbeitszeitkonten weiterhelfen, um zum Beispiel im Saisonbetrieb die notwendige Flexibilität zu schaffen. Hierbei sollte aber aus den oben genannten Gründen genau geprüft werden, dass die Regelungen rechtssicher sind.

Gut zu wissen n Festlegung der Mindeststunden bei Arbeit auf Abruf vertraglich festhalten, um eine Mehrvergütung zu vermeiden n Ggf. müssen Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen Umfang nachgezahlt werden n Es gibt keine Möglichkeiten, den Anfall von Arbeitsleistung und damit die Lohnkosten zu flexibilisieren

Dr. Jens Kaspers Fachanwalt für Arbeitsrecht ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB BVMW-Mitglied www.zl-legal.de BVMW Rechtshotline

Prof. Dr. Benjamin Weiler Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie: Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50

rechtshotline@bvmw.de

Rechtsanwalt ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB BVMW-Mitglied www.zl-legal.de BVMW Rechtshotline


DER MITTELSTAND. 1 | 2020

SERVICE 89

Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken ist mein tägliches Geschäft.

Daniela Bessen Mittelstandsnetzwerkerin des BVMW

ICH BIN DER BVMW. GEMEINSAM FÜR EINEN STARKEN MITTELSTAND.

www.mittelstandsjob.de


90 SERVICE

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Strengere Compliance-Regeln auch für KMU In jüngster Zeit mehren sich die gesetzgeberischen Initiativen, die Unternehmen jeder Größenordnung strengere Vorgaben in Bezug auf die Einhaltung von Compliance-Regelungen machen.

A

m 16. Dezember 2019 ist die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten der EU sind dazu verpflichtet, deren Vorgaben bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen. Die Whistleblower-Richtlinie verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Erstens sollen Hinweisgeber (Whistleblower), die auf Verletzungen des EU-Rechts aufmerksam machen, besser geschützt werden. Zweitens soll durch vermehrte Hinweise auf Rechtsverletzungen für eine bessere Durchsetzung des EU-Rechts gesorgt werden. Die Whistleblower-Richtlinie gilt sowohl für Hinweisgeber in privaten als auch öffentlichen Organisationen. Sie bezieht sich auf Missstände im Zusammenhang mit EU-Recht. Das EU-Recht ist vor allem für die Bereiche öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen, Produkt- und Verkehrssicherheit und Verbraucher- und Datenschutz relevant. Die Mitgliedsstaaten können allerdings darüber hinausgehen und den Anwendungsbereich auf nationales Recht erweitern. Voraussetzung für den Schutz von Hinweisgebern ist allerdings, dass für den Hinweisgeber ein hinreichender Grund zu der Annahme bestand, dass die gemeldeten Informationen zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprachen. Damit soll die Gefahr von Denunziation ausgeschlossen werden.

Interne Meldekanäle und -verfahren

Sanktionen Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die das Melden von Missständen behindern. Die Mitgliedstaaten sollen ferner auch Sanktionen für den Fall vorsehen, dass Hinweise von Hinweisgebern von Unternehmen

nicht vertraulich behandelt werden. Die genaue Ausgestaltung der Sanktionen ist jedoch den Mitgliedsstaaten überlassen.

Interesse der Unternehmen Neben der Erfüllung einer Rechtspflicht gibt es für Unternehmen weitere Gründe, Mitarbeitern zu ermöglichen, Missstände im Unternehmen ungehindert zu melden. Dadurch kann eben auch verhindert werden, dass der Missstand externen Stellen bekannt wird. Wird ein Missstand öffentlich, kann eine negative Berichterstattung über das Unternehmen zu einem Imageschaden und sich daran anschließenden wirtschaftlichen Schäden führen. Außerdem können durch das Aufdecken von Missständen Haftungsfälle oder Sanktionen durch Behörden vermieden werden. Die internen Meldekanäle von Unter-

Foto: © wildpixel von www.istockphoto.com

Die Mitgliedstaaten der EU werden verpflichtet sicherzustellen, dass Unternehmen und andere juristische Personen interne Kanäle und Verfahren für Meldungen von Hinweisgebern einrichten. Unternehmen müssen dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen, dass die Meldung eingegangen ist. Innerhalb von drei Monaten muss der Hinweisgeber über getroffene Maßnahmen und den Stand der Ermittlungen informiert werden. Die Meldekanäle sind so zu konzipieren, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers gewahrt bleibt.


SERVICE 91

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

nehmen sollten deshalb am besten im Rahmen eines umfassenden Compliance-Systems eingerichtet werden.

Das Verbandssanktionengesetz – „Strafrecht“ für Unternehmen und Verbände Eine weitere kleine Revolution bahnt sich derzeit durch die geplante Einführung des Verbandssanktionengesetzes an. Diese im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbarte Initiative bedeutet im Grundsatz nichts anderes als die Einführung einer Art „Unternehmensstrafrecht“. Die Sanktionierung von Unternehmen soll damit eine eigene gesetzliche Grundlage erhalten. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang die Einführung des sogenannten Legalitätsprinzips für Verstöße auf Unternehmensebene. Das Gesetz soll allerdings auch nicht nur für Unternehmen, sondern auch für sämtliche private und öffentlichrecht­liche Verbände gelten. Betroffen sind damit nicht nur Konzerne, sondern auch Mittelständler und Kleinstbetriebe.

Legalitätsprinzip Anders als bisher können Staatsanwaltschaften nun nicht mehr nach dem Opportunitätsprinzip entscheiden, ob sie ein Verfahren gegen den betroffenen Verband einleiten, sie sind durch das Legalitätsprinzip dazu verpflichtet.

Hohe Strafen Als Sanktion ist bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens vorgesehen. Dies trifft Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über 100 Millionen Euro, eine Dimension, die auch der eine oder andere Mittelständler erreicht. Kleineren Unternehmen droht immerhin eine Geldbuße von bis zu zehn Millionen Euro.

Für Unternehmen jeder Größenordnung, gerade auch für Mittelständler, kommen damit in den kommenden Jahren deutlich erhöhte regulatorische Anforderungen zu. Strafminderung Positiv hervorzuheben ist, dass der Gesetzesentwurf Anreize für die Einführung von Compliance-Maßnahmen und die Durchführung von eigenen internen Untersuchungen setzt. Unternehmen, die Compliance-Systeme zur Vermeidung von Rechtsverstößen einführen und an diesen beziehungsweise deren Aufklärung selbst mitarbeiten, sollen durch verminderte Strafen oder gar Absehen der Verfolgung honoriert werden. Für die Durchführung solcher internen Untersuchungen liefert der Entwurf zudem klare Kriterien.

Schnell handeln Für Unternehmen jeder Größenordnung, gerade auch für Mittelständler, kommen damit in den kommenden Jahren deutlich erhöhte regulatorische Anforderungen zu. Es kann in diesem Zusammenhang nur dringend geraten werden, frühzeitig in die Einführung eines Compliance-Managementsystems zu investieren. Alles andere verspricht, vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzgeberischen Bestrebungen, bestenfalls unabsehbare Folgen.

Gut zu wissen n Das Problem für Hinweisgeber besteht in der Regel darin, dass sie große Hemmungen haben, ihnen bekannt gewordene Missstände in einem Unternehmen anzusprechen oder aufzudecken, weil sie berufliche Nachteile befürchten. Die Whistleblower-Richtlinie soll dem entgegenwirken n Es sind Sanktionen bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens vorgesehen n Unternehmen, die Compliance-Systeme einführen und an deren Aufklärung selbst mitarbeiten, sollen durch verminderte Strafen oder Absehen der Verfolgung honoriert werden n Unternehmen sollten frühzeitig in die Einführung eines Compliance-Managementsystems investieren

Prof. Dr. Benjamin Weiler

Rechtsanwalt Dr. S. Dennis Engbrink

Rechtsanwalt ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB BVMW-Mitglied www.zl-legal.de


92 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

BVMW

Bester Werbefilm in Baden-Württemberg Bereits zum zweiten Mal ist im Metropolkino in Stuttgart der Werbefilmpreis Baden-Württemberg, der vom BVMW BadenWürttemberg gesponsort wird, vergeben worden. Den Preis erhielt „Bist du bereit für Großes?“ von der Schwarz-IT, produziert von Silbersalz Film GmbH. Die 2.000 Euro Preisgeld stammen von den BVMW-Mitgliedern Medienfabrik Storz und Conducta/Endress und Hauser. Verliehen wird er vom Filmbüro (BVMW-Mitglied). Lobende Erwähnungen erhielten „Playmobil – Finya und Florin bei den Meerjungfrauen“, (Produktion Woodblock) und das Diakonische Werk (Produktion AV Medien).

V. li.: Benjamin Langer, Geschäftsführer SWF; Werner Jüngst, Schulleitung Gesamtschule Eiserfeld; Uschi Zingler, Didaktische Leitung; Thomas Dilling, Vorstandsvorsitzender Förderverein Gesamtschule Eiserfeld, und Svend Schleidgen, Geschäftsführer SWF.

Siegener Unternehmen feiert 100-jähriges Bestehen Die Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH (SWF) kann auf ihr 100-jähriges Bestehen zurückblicken. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Jubiläum wurde unter dem Motto „Wir feilen an der Zukunft“ dazu aufgerufen, das Projekt „Digitalisierung und Technik“ einer ansässigen Gesamtschule mit einer Spende zu unterstützen. Ein Spendencheck in Höhe von 10.000 Euro wurde an Schulleiter Werner Jüngst überreicht.

V. li.: Jörg Bonkowski Geschäftsführer MEBO Sicherheit GmbH, Janique Jornitz, Personalreferentin & BGM Koordinatorin, Cornelia Gärtner, Leiterin BVMW in der Wirtschaftsregion Frankfurt Rhein Main.

Verleihung des Corporate Health Award Beim diesjährigen Corporate Health Award in Frankfurt wurden drei mittelständische Unternehmen geehrt: MEBO Sicherheit GmbH in der Kategorie Handel, Volksbank Ulm-Biberach eG und Werner Gießler GmbH. Die jährliche Preisverleihung prämiert öffentlichkeitswirksam die besten Unternehmen Deutschlands in 15 Branchen-Kategorien. Neben den Klassen „Großunternehmen“ und „Mittelstand“ werden weitere Sonderpreise für herausragende Unternehmen vergeben. Der BVMW ist hier langjähriger Sonderpreispartner.

V. li.: Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Sylvia Dommer-Kroneberg.

Wirtschaftsmedaille für Sylvia Dommer-Kroneberg Für herausragende Leistungen um die baden-württembergische Wirtschaft hat Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut im Neuen Schloss in Stuttgart die Wirtschaftsmedaille des Landes an zwölf Persönlichkeiten und drei Unternehmen verliehen. Zu ihnen zählt auch Sylvia Dommer-Kroneberg von der Fahnenfabrik Dommer (BVMW-Mitglied), die seit 1852 existiert. Die Medaille erhalten seit 1987 Persönlichkeiten und Unternehmen, die sich in herausragender Weise um die Wirtschaft des Landes verdient gemacht haben.

Foto: © Ulrich Köppen; EuPD/Handelsblatt/ Corporate Health Award; © Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH; © Ulrich Köppen

V. li.: Professor Dr. Franco Rota (Jurymitglied) und Holger Oehrlich (Schwarz IT).


BVMW 93

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

20 Jahre infinitum Die infinitum multimedia aus Herne hat ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert. Vor 20 Jahren begann die Firma mit der Erstellung individueller Internetpräsenzen und entwickelt seitdem auch komplexere Web-Anwendungen. Gegründet wurde infinitum multimedia im Jahre 1999 von Werner Koch, der nach mehr als einem Jahrzehnt Beratungstätigkeit im Finanzsektor seine Passion für die neuen Medien zum Beruf machte. infinitum betreut heute mittelständische Kunden und steuert auch komplexere Projekte gemeinsam mit externen Partnern zum erfolgreichen Corporate-Design und zeitgemäßem Brand-Building.

infinitum-Mitarbeiter Florian Grimm (li.) und Inhaber Werner Koch.

Leipziger Marketingpreis für BVMW-Mitglied Die Agentur 2 Lions Media Consult GmbH hat den Leipziger Marketingpreis 2019 in der Kategorie „Bester Marketing Newcomer“ gewonnen. Geehrt wurde das junge Unternehmen für eine Kampagne, die eine Reichweite von mehr als 30 Millionen Kontakten sowie eine Absatzsteigerung von 270 Prozent im Business-Ticketing erreichte. Hintergrund war eine Meldung von Charlie Sheens Unterstützung für einen Basketballclub aus Weißenfels. Die Berichterstattung darüber reichte von der BILD bis zum Stern, die Formate variierten über Tageszeitungen, Magazine, Basketball-Fachmedien bis hin zu Radio-, TV- und Podcast-Beiträgen. Besonders überzeugte die Jury die Idee, mit Filmstar Charlie Sheen ein Stück Hollywood in die Region zu holen. www.2-lions.de

www.infinitum.de

Malaysia Informationsabend in Regensburg Der BVMW Regensburg veranstaltete im Kolpinghaus ein Treffen zum Thema „Malaysia als Tor zu ASEAN“. Michael Fisahn-Reinhard, Managing Director des globalen Netzwerks von Expandeers in Hamburg, informierte über das Potenzial und die Perspektiven Malaysias und der südostasiatischen Gemeinschaft für europäische Unternehmen. ASEAN hat inzwischen mehrere Freihandelsabkommen mit China und Indien. Außerdem verhandelt die EU derzeit bilaterale Abkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten.

Foto: © infinitum; 2-Lions; © WORDUP Public Relations

Bei Interesse und weiteren Fragen wenden Sie sich an: hartwig.brodtmann@bvmw

Wachstumsstark: 089 Immobilienmanagement In Kooperation mit Statista hat das Magazin FOCUS in einer branchenübergreifenden Erhebung die am stärksten wachsenden Unternehmen in Deutschland ermittelt. Das BVMW-Mitglied 089 Immobilienmanagement um den geschäftsführenden Gesellschafter Georg Angermeier gehört dazu. www.089immobilienmanagement.de

Die Preisträger von 2 Lions Media Consult: Jonathan Hexel (li.) und Steffen Schedler.

Mittelstandsempfang im Münchner Rathaus Der bereits sechste Rathausempfang des BVMW in München bot erneut eine gute Gelegenheit, um gemeinsam auf die Ereignisse des Geschäftsjahres Achim von Michel (BVMW München) und zurückzublicken. Der Katrin Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen). Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München – vertreten durch Stadträtin Katrin Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen) – hatte den BVMW zum jährlichen Empfang ins Münchner Rathaus eingeladen. Auf dem Empfang hob Habenschaden die große Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen für die regionale Beschäftigung und das Steueraufkommen hervor. Rund 100 Gäste konnten mit Vertretern des Münchner Stadtrates persönlich ins Gespräch kommen, ausführliches Networking mit ihren Unternehmerkollegen im BVMW betreiben und ein Flying Buffet in der Ratstrinkstube genießen. Der BVMW war mit mehreren regionalen Beauftragten auf dem Empfang präsent.


94 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Vom Nordpol zum Südpol Der Abenteurer Robby Clemens war zu Gast beim BVMW Wirtschaftsregion Leipzig. Dort präsentierte er seinen Vortrag „Zu Fuß vom Nordpol Richtung Südpol“. Neben zahlreichen Bildern und einem Video konnten die BVMW-Mitglieder eine Vielzahl eindrucksvoller und berührender Geschichten über die Höhen und Tiefen seiner Reise erleben. Nach einer persönlichen Lebenskrise erfüllte sich Robby Clemens diesen Traum und startete im April 2017 in der Arktis sein Abenteuer, das er nach 22 Monaten glücklich in der Antarktis beenden konnte. Hans-Josef Helf vom BVMW-Wirtschaftsregion Dresden (re.) mit Kempinski-Manager Stephan Becker.

BVMW Dresden eröffnet Eisbahn im Taschenbergpalais Zur Eröffnung der Wintersaison hat die BVMW Wirtschaftsregion Dresden erneut als exklusiver Partner von Kempinski-Hotel Taschenbergpalais die romantische Eisbahn im Innenhof des Hotels eröffnet. Bis März können hier täglich die Besucher ihre Runden auf Kunsteis drehen. Dazu gibt es Glühwein oder Bratwurst, und es können Schlittschuhe ausgeliehen werden. Zur Eröffnung kamen zahlreiche BVMW-Mitglieder, die sich den Spaß nicht nehmen ließen und selbst einige Runden auf dem Eis drehten.

Abenteurer Robby Clemens.

Journalist Uwe Knüpfer (li.) und Sebastian Hartmann (SPD) in Diskurs.

NRW-SPD sucht neue Wege Im Dialog mit dem Journalisten Uwe Knüpfer hat der Vorsitzende der NRW-SPD Sebastian Hartmann vor den Mitgliedern des Landeswirtschaftssenats NRW seine Ansätze zur Erneuerung der kriselnden Sozialdemokraten dargelegt. In den Räumen des Mitglieds PubliCare GmbH in Köln zeigte sich, welchen Einfluss der größte Landesverband der Partei auf die Bundespolitik hat, und welche Rolle dabei die politische Entwicklung in NRW spielen kann. Der ehemalige Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Uwe Knüpfer, führte durch das Symposium. Der Abend machte eines deutlich: Der spürbare Linksruck der Partei dürfte nicht nur in den Reihen des Mittelstands für erheblichen Gesprächsbedarf sorgen.

Lehrer haben zu wenig Informationen, welche Qualifikationen sich Unternehmen von zukünftigen Azubis wünschen Dieses Wissensdefizit führte zur Idee des BVMW Bayerischer Beatrice Brenner (BVMW Bayerischer Untermain) Untermain, zum Fopräsentiert die Workshop-Ergebnisse. rum (AUS)BILDUNG „Chancen für Ausbildungsbetriebe: Schule trifft Unternehmen“ in das Gymnasium in Elsenfeld einzuladen. BVMW-Vorstandsmitglied Arthur Zimmermann von der BVMW Bildungsallianz beleuchtete vor über 50 Schulvertretern verschiedener Schulen und Ausbildungsverantwortlichen aus der Region die Bildungssituation in Deutschland, dann folgte ein Best Practice Beispiel. Anschließend konnten die Teilnehmer in einem Workshop Wünsche und Ideen zur Berufsorientierung zusammentragen.

Foto: © BVMW Bayerischer Untermain (Beatrice Brenner)

Schule trifft Unternehmen


BVMW 95

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Neuer Expertenkreis Unternehmensnachfolge Im BVMW FrankfurtRheinMain hat sich der Expertenkreis Nachfolge gebildet. Die Mitglieder sind mittelständische Unternehmer, die Lösungsangebote für alle mit der Unternehmensnachfolge verbundenen Herausforderungen anbieten. Ob Unternehmensbewertung, juristische Begleitung, Veränderungskommunikation und -Management, Unterstützung bei der Käufer- und Investorensuche, Übergabevorbereitung oder Verkaufsberatung – die Nachfolgeexperten helfen mit Rat und Tat dem Unternehmer, damit die Weitergabe an eine neue Generation, ein MBO oder der Verkauf gelingt. www.dienachfolgeexperten.de

Sprenger mal ganz anders Sich Zeit zu nehmen, besondere Momente zu erleben und zu genießen – dafür steht die Reihe „Augenblicke“. Rund 200 Gäste haben Deutschlands Management-Guru Dr. Reinhard K. Sprenger einmal ganz anders erlebt und waren begeistert. Er ist Gitarrist, Songschreiber und Texter, stand mit Tina Turner auf der Bühne, mit Mink DeVille und vielen anderen. Das Konzert in Münster war eine reizvolle Kombination aus Vortrag und Musik: chansonhafte Songs, gehaltvolle Liedtexte, Zwischenvorträge und Gedichte, angereichert Autor und Speaker Dr. Reinhard K. Sprenger mal ganz anders. mit Humor. Einen wunderschönen Rahmen für dieses exklusive Event lieferte der Gastgeber Sparkasse Münsterland Ost. In dem außergewöhnlichen Foyer der Zentrale in Münster sorgte ein stimmungsvolles Ambiente und tolles Catering für weitere Begeisterung bei den Gästen. Ein außergewöhnlicher Abend, der erst gegen Mitternacht sein Ende fand.

2nd BVMW „Winery Slam“ V. li.: Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht und Peter Martini (BVMW).

Foto: © Dietrich Skrock

Treffen mit Sachsen-Anhalts Innenminister In einer Gesprächsrunde mit Mitgliedern des BVMW in Magdeburg hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eine Verschiebung des Wertegerüsts in der deutschen Gesellschaft beklagt. Die Spannungen gerade zwischen den rechten und linken Flügeln hätten erheblich zugenommen. Der Politiker sprach sich dagegen aus, Menschen, die lediglich ihre Sorgen und Nöte über Migration oder soziale Probleme äußerten, „als Nazis zu beschimpfen“. Eine stabile Wirtschaft mit einem starken Mittelstand sei unverzichtbar für das Land. Daran solle sich die Politik bei ihren Entscheidungen orientieren.

Der Kreisverband FrankfurtRheinMain des BVMW hat 2019 einen literarischen Wettbewerb zum Thema Wein im Dolce by Wyndham Bad Nauheim veranstaltet. Nach dieser gelungenen Premiere folgt Ende Februar 2020 die zweite Auflage dieses außergewöhnlichen Events – erneut im historischen Jugendstil-Theater des Vier-Sterne-Hotels. Acht passionierte Weinbaubetriebe und -händler präsentieren auf der Bühne ihre ausgewählten Weine aus verschiedenen Anbaugebieten – direkt, hautnah und zeitgemäß, nach dem Vorbild eines Poetry Slam.

Der „Winery Slam“ im Dolce-Theater Bad Nauheim.


96 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Nachhaltig haften bleiben In jeder Ausgabe stellt DER Mittelstand. BVMW Mitgliedsunternehmen und deren Produkte vor. Diesmal Nopar International, die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von hochwertigen Medien für die Druckindustrie, die Werbetechnik, den Moderations- und Präsentationsmarkt spezialisiert haben.

B

ei Schulungen, Tagungen, Präsentationen, Workshops, Brainstorming oder im Privatleben werden sie eingesetzt: Elektrostatische Folien, die mit entsprechenden Whiteboard Markern oder auch Permanent-Markern beschreibbar sind und auf allen Oberflächen elektrostatisch haften. Die Folien haften, egal ob auf Holz, Beton Glas, Metall oder Tapete.

Folien im Druckprozess.

Auch Papier und Metaplan-Karten haften auf Folio Contact ohne jegliche Hilfsmittel. Folio Contact bietet die Vorteile von Flipchart und Whiteboard, Metaplan und Pinnwand und gleichzeitig Mobilität. Aber auch einsetzbar als Schaufenster-Dekoration oder für Promotion-Aktionen. Die Folie gibt es in der Spenderbox, ist schnell zu verwenden und kann überall eingesetzt werden. Die Whiteboard-Folie ist gleich mehrfach wiederverwendbar. Sie ist trocken abwischbar, so kann jedes Blatt bis zu zehn Mal wiederverwendet werden. Für Kinder und Künstler gibt es das Produkt als Hybrid Medium mit einer Farbempfangsschicht, die es erlaubt, mit Finger- oder Wasserfarben darauf zu malen.


BVMW 97

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Fotos: © NOPAR International GmbH

Beispiel für den Einsatz von Etiketten in der Getränkeindustrie.

Darüber hinaus befasst sich das Unternehmen mit der Herstellung von Spezialetiketten für die Getränkeindustrie und die Werbetechnik. Gefertigt werden ablösbare Etiketten für Getränkekisten für Brauereien, Softdrink- und Mineralwasserhersteller. Nopar fertigt zu 100 Prozent in Deutschland. Die Produkte werden nachhaltig produziert mit dem Fokus auf umweltverträglichen Einsatz und Recyclingfähigkeit.

NOPAR International GmbH Gründung: 2003 Firmensitz: Freie Hansestadt Bremen Geschäftsführer: Stefan Schmitt Mitarbeiter: 8 BVMW-Mitglied www.nopar-international.com


98 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Visionen für den Mittelstand Die erste Bundestagung 2020 stand in Königswinter unter dem Motto „Gutes bewahren, Neues wagen“. In Zeiten von schwächelnder Konjunktur und Nullzinspolitik diskutierten rund 300 Verbandsrepräsentanten des BVMW aus dem In- und Ausland aktuelle Probleme und bekamen konkrete Lösungsvorschläge für die von ihnen betreuten Unternehmen geboten.

Hingucker: Im Hotel Maritim in Königswinter begrüßte der BVMW rund 300 Verbandsrepräsentanten zur ersten Bundestagung 2020.

Z

um Auftakt gab Mittelstandspräsident Mario Ohoven in seiner motivierenden, substanzvollen Keynote einen Ausblick auf das Jahr 2020. Unternehmen würden mit Sorge auf die US-Wahl, die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und die globalen Handelskonflikte blicken. In vielen Branchen sei die Konjunktur bereits eingebrochen. Die deutsche Autoindustrie hadere mit der Elektromobilität, und die Banken litten unter der Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Deutliche Worte fand Ohoven zur Politik der Großen Koalition: „Es geht der deutschen Wirtschaft nicht wegen, sondern trotz der GroKo noch vergleichsweise gut.“

Patrick Meinhardt, Generalsekretär der Bildungsallianz des Mittelstands, zog eine positive Bilanz: Im Jahr 2019 seien 300.000 neue Mitglieder der Bildungsallianz beigetreten. Beim Bildungs-Talk mit Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender Verband deutscher Realschullehrer und Vizevorsitzender Deutscher Beamtenbund, Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Träger beruflicher Bildung, und Gerard Wolny, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands höherer Berufe der Technik, Wirtschaft und Gestaltung, war man sich einig, dass die Qualität der Bildungsabschlüsse wieder steigen müsse. Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen Meeresstiftung, referierte eindrucksvoll über die Bedeutung der Meere: Nicht etwa Wälder, sondern Algen würden einen Großteil des Atmosphärensauerstoffs produzieren. Zusätzlich nehmen die Meere riesige Mengen an CO2-Emissionen und auch Wärme auf. Bereits heute seien aber die Hälfte aller Warmwasserkorallenriffe zerstört. Ein weiteres Problem mit unbekannten Folgen seien neben dem Klimawandel auch die Belastungen durch Kunststoffe.

Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS Deutschland GmbH, zeigte in einem spannenden und humorvollen Vortrag verschiedene Strategien der Rhetorik und Kommunikation auf. Gerade bei Präsentationen bestehe großer Nachholbedarf, so könnten sich Menschen nur an 2,2 Prozent aller Präsentationen erinnern. Best Practice Beispiele rundeten das Angebot aus der Praxis für die Praxis ab. Der rege Austausch und die Experten-Workshops der ersten Bundestagung werden den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr 2020 für den BVMW legen.

Mittelstandspräsident Mario Ohoven hielt die substanzvolle Eröffnungsrede, gab Prognosen und einen Ausblick auf die Herausforderungen des Jahres 2020.


BVMW 99

Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS Deutschland GmbH, referierte über Storytelling.

Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen Meeresstiftung, beeindruckte mit seinem Vortrag über die Bedeutung der Meere.

Bundesgeschäftsführer Markus Jerger bei seiner Eröffnungsrede.

Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede

Sehr erfolgreiche Repräsentanten des BVMW …

… wurden geehrt und ausgezeichnet.

Kooperationspartner des BVMW: Mert Dorman, Senior Vice President, Corporate Marketing&Distribution Channels, Turkish Airlines.

Bildungs-Talk mit BVMW-Vorstand Arthur Zimmermann, Gerard Wolny, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der höheren Berufe der Technik, Wirtschaft und Gestaltung; Jürgen Böhm, Präsident des Verbandes deutscher Realschullehrer und Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Bunds (v. li.).


100 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt Ob in Schönefeld oder in Sibirien – wo immer schwere Lasten transportiert oder gehoben werden müssen, ist die CTM Fahrzeugbau GmbH gefragt. Das Unternehmen rüstet Nutzfahrzeuge mit Aufbauten aus und hat unter anderem ein eigenes Fahrzeug entwickelt, das weltweit einzigartig ist.

S

eit mehr als 20 Jahren ist Dietmar Massino in der Automobilbranche zu Hause. Der 55-jährige Diplom-Ingenieur kennt sämtliche Entwicklungen des Geschäftszweigs, weiß um die Herausforderungen, aber auch die Potenziale der Branche. So auch, als er 1996 beschloss, einen Standort im brandenburgischen Bestensee aufzukaufen und sich mit der CTM Fahrzeugbau GmbH selbstständig zu machen. Das inhabergeführte Unternehmen hat sich auf die Herstellung von Fahrzeugaufbauten spezialisiert und versieht ab Werk gefertigte Fahrzeuge mit einem individuellen Nutzen, je nachdem, für welche Zwecke der Kunde die CTM Fahrzeugbau GmbH hat sich auf Aufbauten für Nutzfahrzeuge spezialisiert. Aufbauten benötigt. Seien es Ladekräne, Kipper, Koffer oder Pritschen – der Betrieb um Geschäftsführer und Gründer Massino macht es möglich. Technikern, Verwaltungsmitarbeitern und Vertriebsprofis. „Unsere Mitarbeiter sind das Wichtigste überhaupt“, sagt Massino. Dennoch In Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern wie MAN oder Mer- bekommt auch sein Unternehmen den Fachkräftemangel zu spüren, cedes-Benz werden Lkw-Chassis in der Größe von 3,5 bis 32 Tonnen unter dem viele Mittelständler zu leiden haben. „Wir sprechen mittauf das rund 35.000 Quadratmeter große Areal des Unternehmens lerweile nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von eiin Brandenburg geliefert. Ab hier übernimmt das Team von CTM und nem Arbeitskräftemangel“, beschreibt er die Situation. Doch durch eine Kultur der Transparenz und der kurzen Wege schafft es der Gestattet die Kraftwagen mit den jeweiligen Aufbauten aus. schäftsführer, den Großteil seiner Mitarbeiter im Betrieb zu halten.

Es ist eine Herausforderung, die Aufbauten immer wieder an die unterschiedlichen Varianten anzupassen.

Bei mehreren Tausend Fahrzeugvarianten, die die großen Lkw-Hersteller im Portfolio haben, erfordert dies ein ständiges Umdenken. „Wir stehen unter einem Modellfeuerwerk. Es ist eine Herausforderung, die Aufbauten immer wieder an die unterschiedlichen Varianten anzupassen. Aber die Herausforderung begreifen wir als Chance“, sagt Massino.

Erfolgreiches Geschäftsmodell Den Kern des Geschäfts auf die spezialisierte Sparte der Fahrzeugaufbauten zu legen, entpuppte sich in den Folgejahren nach der Gründung als die goldrichtige Entscheidung. Das Unternehmen konnte ein gesundes Wachstum verzeichnen und hat bis heute über 6.500 Fahrzeuge für 750 Kunden in zwölf Ländern ausgerüstet. 2014 expandierte CTM und eröffnete einen weiteren Standort in Berlin, an dem insbesondere Serviceleistungen angeboten werden, während der Fahrzeugbau nach wie vor in erster Linie am brandenburgischen Standort stattfindet. Hinter dem Erfolg des mittelständischen Betriebes steht ein inzwischen über 60-köpfiges Team aus Ingenieuren,

Außergewöhnliche Kundenstruktur Neben dem Wachstum des Unternehmens ist auch seine Kundenstruktur, wie sie deutschlandweit nur die wenigsten Unternehmen in der Branche aufweisen können, bemerkenswert. Denn CTM zählt nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen zu seinen Kunden, sondern erhält seine Aufträge zur Hälfte von der öffentlichen Hand. Bund, Länder und Kommunen und die dazugehörigen Behörden unterhalten mitunter beachtliche Fuhrparks. Stadtreinigungen, die Polizei oder das Technische Hilfswerk (THW) sind nur einige wenige Beispiele. Alleine das THW besitzt einen Fuhrpark von über 10.000 Fahrzeugen und benötigt für die Einsätze im Rahmen des Katastrophenschutzes regelmäßig maßgefertigte Aufbauten. Den Katastrophenschutz, insbesondere im Hinblick auf Wassergefahren, sieht Dietmar Massino als eine der dringlichsten Aufgaben. „Wir sitzen nicht auf einer Insel der Seligen und sollten deshalb beim Schutz vor Naturkatastrophen nicht untätig bleiben“, sagt er.

Eigenes Amphibienfahrzeug Vor diesem Hintergrund hat CTM ein eigenes Fahrzeug entwickelt, dass sich von Überschwemmungen oder anderen Unwegsamkeiten nicht aufhalten lässt: den CTM Pionier. Dabei handelt es sich um


BVMW 101

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Mit dem CTM Pionier hat das Unternehmen ein eigenes Amphibienfahrzeug entwickelt, das in dieser Form einmalig ist.

ein mit diesen technischen Spezifikationen einmaliges Amphibienfahrzeug mit bis zu 30 Tonnen Nutzlast. Nach einer vierjährigen Entwicklungsphase im eigenen Betrieb, wurde der CTM Pionier 2019 auf dem Katastrophenschutzkongress, einer internationalen Fachmesse in Berlin, der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Ein Volltreffer. „Das Interesse war überaus positiv. Keiner der Messebesucher hatte so etwas je zuvor gesehen“, berichtet Geschäftsführer Massino. In kürzester Zeit konnten Interessenten in über zwölf Ländern für den CTM Pionier gewonnen werden. Das Fahrzeug eignet sich sowohl im Bereich des Katastrophenschutzes als auch im kommerziellen Bereich. So ist einer der zwei bereits ausgelieferten Pioniere in Sibirien beim Pipelinebau im Einsatz und überwindet dort jedes Hindernis. Doch der Pionier ist bei weitem nicht das einzige Beispiel für Fahrzeuge der Superlative, für die CTM verantwortlich ist. So hat das Un-

ternehmen für die Feuerwehr an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld einen überdimensionalen Kran gebaut, der das bis zu fünf Tonnen schwere Feuerwehrequipment handhaben kann. Auch zukünftig will man an die bereits erreichten Erfolge anknüpfen und im nächsten Schritt die Internationalisierung der Geschäfte angehen. Diesen Weg beschreitet Dietmar Massino keineswegs alleine. Denn seit einigen Jahren arbeitet auch sein Sohn Marius im Familienbetrieb und ist inzwischen einer der beiden Geschäftsführer. Während sich der Sohn vor allem um die kaufmännischen Abläufe kümmert, ist Dietmar Massino vorrangig im technischen Bereich des Unternehmens tätig. Das Ziel der beiden sowie ihrer Mitarbeiter ist jedoch gleich: Es sollen echte Problemlöser für die Kunden geschaffen werden.

Fotos: © CTM Fahrzeugbau GmbH

CTM Fahrzeugbau GmbH Gründung: 1996 Firmensitz: Bestensee, Berlin Geschäftsführer: Dietmar Massino, Marius Massino Mitarbeiter: 63 BVMW-Mitglied www.ctm-fahrzeugbau.de

Tim Schöllmann BVMW Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tim.schoellmann@bvmw.de


102 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Elektromobilität als Chance Neueste Technologien sichern dem Zulieferer Wiegand die Position eines gefragten Lieferanten der europäischen Automobilindustrie. Das Unternehmen hat sich von einem kleinen Maschinenund Werkzeugproduzenten zu einem innovativen Technologieunternehmen entwickelt und feiert in diesem Jahr sein 30. Firmenjubiläum.

D

ie mittelständische Familiengeschichte begann bereits 1850 mit der Herstellung von Netz- und Seilerwaren und Sportartikeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg verließ die Familie im Zuge der Enteignung den Heimatort im thüringischen Schlotheim. Gleich nach der Wiedervereinigung kehrte sie aus Baden-Württemberg zurück und gründete im Oktober 1990 die Wiegand GmbH. In den zurückübertragenen Fabrikhallen begann nach erheblichen Umgestaltungen die Serienproduktion von gestanzten Metallteilen und -Leisten. Dabei nutzte der inzwischen verstorbene Inhaber Karl-Franz Wiegand seine technologischen Erfahrungen und persönlichen Kontakte zur Automobilindustrie.

Auf Veränderungen reagieren In den Folgejahren gelang es, die Produkti- Betriebliche Ausbildung junger Werkzeugmechaniker bei der Wiegand GmbH. on aufgrund der gewaltigen Nachfrage rasant zu steigern. Heute produziert das Unternehmen an vier Stand- Digitalisierung erfasst Fahrzeugbau orten in der Stadt Schlotheim auf über 35.000 m². Im Jahr 2000 Der aktuelle tiefgreifende Wandel in der Automobilbranche erfordert trat der Sohn des Firmengründers, Andreas Wiegand, mit neu- eine ständige Änderung und Anpassung der betrieblichen Produken Ideen vor allem auf dem Gebiet der Automatisierung und Kunst- tionsstruktur und schnelles Reagieren auf sich ständig wandelnde stofftechnik in das Familienunternehmen ein. Entscheidend für Kundenanforderungen. In enger Zusammenarbeit mit dem Thürinden geschäftlichen Erfolg bleibt die ständige Anpassung und Wei- ger Innovationszentrum für Mobilität an der Technischen Universiterentwicklung der Technik und der Produkte nach den Vorgaben tät Ilmenau wird gegenwärtig ein integriertes Funksystem für den und Anforderungen der Automobilbauer. Zur Gewährleistung des Mobilfunkstandard 5G entwickelt. Gemeinsam mit einem UnterManagements und Qualitätssicherung stellt sich die Wiegand GmbH nehmen für Antennentechnik entsteht eine funktionelle Lösung der regelmäßiger Zertifizierung und Auditierung. elektronischen Verbindung von Mobilität und Logistik. Ein weiteres Das Kerngeschäft besteht in der Metallumformung und Kunststoff- Forschungs- und Entwicklungsprojekt befasst sich mit nachhaltechnik zur Herstellung von karosseriegebundenen Strukturteilen tiger intelligenter Mobilität. Die Digitalisierung erfasst zunehmend und dekorativen Außenanbauteilen für verschiedene Hersteller und den modernen Fahrzeugbau und hält dadurch auch verstärkt Einzug Fahrzeuge. in die Steuerung der betrieblichen Abläufe. Diese neue Technologie führt zwar zu elementaren Herausforderungen; aber auch zu neuen Chancen. Wiegand GmbH

www.wiegand-tec.de

Günther Richter BVMW Thüringen guenther.richter@bvmw.de

Foto: © Wiegand GmbH

Gründung: 1990 Firmensitz: Schlotheim (Thüringen) Geschäftsführer: Andres Wiegand Mitarbeiter: 570 Mitglied im BVMW-Landeswirtschaftssenat


BVMW 103

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Und ewig blühen die Rosen … Rosenzauber für eine kleine Ewigkeit: Dieses Angebot macht die Rosenlieb GmbH ihren Kunden in Form von Flowerboxen mit haltbaren Infinity Rosen.

Die Königin der Blumen gibt es bei Rosenlieb in vielen Variationen.

D

ie Leidenschaft für Rosen ist die Basis des in der Grafschaft Bentheim an der niederländischen Grenze ansässigen Unternehmens Rosenlieb mit Lager, Produktionsstätten für Werbeboxen und einer eigenen Lieferflotte. Seine Gründer blicken auf eine 40-jährige Rosentradition zurück. Fast täglich werden frische Blumen an der Blumenbörse im niederländischen Aalsmeer gekauft und millionenfach an Handel und Privatkunden verkauft. Diese bunte Pracht verblüht nur leider allzu schnell.

Statt in herkömmlichen Sträußen liefert Rosenlieb die Rosen in allen erdenklichen Farben dekorativ verpackt in runden Boxen, die von ihren Businesskunden, mit eigenem Logo versehen, als außergewöhnliches Werbegeschenk geordert werden können. „Für uns ist die Rose die Königin der Blumen“, so Geschäftsführer Hermann Hölscher. „Darum werden alle Rosenboxen mit viel Liebe handgefertigt und individuell zusammengestellt. Geschäfts- und Privatkunden können über unseren Onlineshop direkt bestellen.“

Jahrelange Freude

Ein Konzept, das aufgeht

Daher hat Rosenlieb inzwischen auch haltbar gemachte, langlebige Rosen direkt aus Ecuador im Angebot. Dank eines speziellen Konservierungsverfahrens und sorgfältiger Auswahl können diese bis zu drei Jahren halten. Nach intensiver Vorbereitung ging Rosenlieb 2018 mit dieser Idee und einer speziell entwickelten Internetplattform an den Markt.

Ziel des Unternehmens ist es, das Angebot im Businessbereich auszuweiten und neue Märkte zu erschließen. „Mit unseren Rosenboxen kann jede Firma etwas wirklich Dauerhaftes mit Wert verschenken, das sowohl Emotionen als auch Qualität transportiert. Einzigartige Werbung und das Pflegen von Beziehungen ist gerade in dieser hektischen Zeit ein wertvolles Gut.“

Foto: © Kai Steinkühler

Rosenlieb GmbH Gründung: 2018 Firmensitz: Nordhorn (Niedersachsen) Geschäftsführer: Hermann Hölscher Mitarbeiter: circa 20 BVMW-Mitglied www.rosenlieb.de

Wie gut das Konzept ankommt, zeigt die rasante Entwicklung des Unternehmens. Inzwischen verkauft Rosenlieb etwa 25 Millionen Rosen in Boxen an etwa 250.000 neue Kunden, die es im Internet und über die sozialen Medien gewonnen hat. Ingrid Hausemann BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein ingrid.hausemann@bvmw.de


104 BVMW

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

IT-Aufbauarbeit für den Mittelstand IT steckt heute in allen Prozessen. Diese so produktiv wie möglich zu gestalten, ist das Kerngeschäft der datom GmbH in Dresden. Mit 30 Mitarbeitern ist das Unternehmen Dienstleister für den Mittelstand, wenn es darauf ankommt, IT-Infrastruktur zu etablieren und zu optimieren.

B

ei der datom GmbH im Dresdner Westen arbeiten nur wenige Frauen, eine davon ist Jana Brochlitz, die seit 2016 als geschäftsführende Gesellschafterin neben zwei weiteren Gesellschaftern das Unternehmen leitet. Dass sie sich dabei tagtäglich in einer Männerdomäne behaupten muss, ist für sie kein Problem, im Gegenteil: „Ich arbeite grundsätzlich lieber mit Männern zusammen,“ sagt die zweifache Mutter, die jetzt im Februar 40 Jahre alt wird. Als Betriebswirtin sorgt Jana Brochlitz dafür, dass die Bilanzen stimmen und nicht am Markt vorbei agiert wird. Diesen Markt jeden Tag aufs Neue im Auge zu behalten, gehört zur Grundlagenarbeit.

Mit richtiger IT-Infrastruktur zum Erfolg Die datom-Experten installieren nicht einfach nur die IT-Infrastruktur und gehen dann wieder nach Hause. Danach beginnt die Arbeit erst richtig, denn die Prozesse müssen ständig überprüft, weiterentwickelt und effizient gemacht werden. Zu den Kunden gehö- Wird von ihrem Führungsteam auf Händen getragen: Geschäftsführerin Jana Brochlitz. ren inhabergeführte Mittelständler mit 50 bis 150 Mitarbeitern: Logistiker, Produktionsbetriebe, über Krankenhäu- nen oder gar in Künstlicher Intelligenz.“ Nur langsam seien die Unterser bis hin zu Rechtsanwaltskanzleien. „Wir haben uns bewusst nicht nehmen zur Veränderung bereit: „Wir Deutschen sind zwar mit Ideen auf Branchen festgelegt, weil wir keine Branchenlösungen anbieten, sehr gut, aber an der Umsetzung der Ideen scheitert es, weil oft zu sondern der globale IT-Partner sind,“ sagt Brochlitz. Grundlage sei, kompliziert gedacht wird. Außerdem haben wir viele alt eingesessedass die Unternehmen das Bewusstsein haben, dass effektive IT-In- ne Geschäftsführer, die den schnellen Wandel der IT nicht ohne weifrastruktur essentieller Bestandteil für den Geschäftserfolg ist. tere nachvollziehen und umsetzen können.“

Digitaler Wandel ist nicht immer nachvollziehbar In den letzten zwölf Monaten habe sich zwar im digitalen Bewusstsein der Unternehmen viel getan, dennoch seien viele mit der Umsetzung überfordert. „Leider finden wir in vielen Unternehmen noch eine Zettelwirtschaft, wo die Zettel von A nach B getragen werden. Da ist viel Pionierarbeit nötig, bevor wir in Automatismen denken kön-

Neben dem anspruchsvollen Tagesgeschäft bei der datom ist Jana Brochlitz seit 2017 Vorstandsvorsitzende im „Jungen Mittelstand“ Sachsen sowie in dessen Bundesvorstand. „Der BVMW ist für uns alle eine große Quelle für Informationen und Unterstützung.“

datom GmbH

www.datom.de

Uta Georgi BVMW Pressesprecherin Sachsen uta.georgi@bvmw.de

Foto: © datom GmbH

Gründung: 1997 Firmensitz: Dresden Geschäftsführer: Jana Brochlitz Mitarbeiter: 30 BVMW-Mitglied


BVMW 105

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Die Denkfabriken des BVMW Kommissionen des BVMW arbeiten zu allen relevanten mittelständischen Themen. Zwei dieser Kommissionen möchten wir Ihnen nachfolgend vorstellen. Kommission für Energie und nachhaltige Wirtschaft

A

ls einer der ältesten Kommissionen des BVMW beschäftigt sich diese bereits seit 2011 mit den Möglichkeiten einer dezentralen Energiewende und der Schaffung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Die Themen sind dabei zahlreich und komplex. Deshalb ist die Mischung der Kommissionsmitglieder aus unterschiedlichen Fachbereichen, von der Eisenhütte über produzierendes Gewerbe, den klassischen Unternehmen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche bis hin zum Verteilnetzbetreiber, für die Arbeit der Kommission essentiell und im politischen Berlin in dieser Form einzigartig. Dadurch agiert die Kommission interdisziplinär und verzahnt seit der Gründung die drei großen Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr.

Kommission für Logistik und Mobilität Erst 2018 gegründet, setzt die Kommission mit zahlreichen Unternehmen aus dem Logistik- und Mobilitätsbereich bereits Maßstä-

be. So wurde beispielsweise in der dritten Sitzung im Oktober 2019 ein Positionspapier mit zehn verkehrspolitischen Forderungen des Mittelstands zum Klimaschutz erstellt und veröffentlicht. Denn der Handlungsdruck in diesem Bereich nimmt aufgrund der Digitalisierung (autonomes Fahren), Klimaschutz (alternative Antriebe) sowie innovativer Mobilitätslösungen immer weiter zu. Gleichzeitig spielen Themen wie Fachkräftemangel und Fahrverbote eine große Rolle.

Gut zu wissen Unsere Mitglieder sind eingeladen, teilzunehmen und ihre Expertise einzubringen. Kontakt: Chefvolkswirt Dr. Hans-Jürgen Völz, hans-juergen.voelz@bvmw.de Weitere Infos unter: www.bvmw.de/ueber-uns/gremien/kommissionen/

Wissenschaftlicher Beirat des BVMW

V. li.: Patrick Meinhardt, Direktor Politik Europa; Prof. Dr. Kilian Bizer, Universität Göttingen; Diana Scholl, Leiterin politische Netzwerke und Strategie; Dr. Hans-Jürgen Völz, Leiter Volkswirtschaft; Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer; Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock, Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung Berlin; Prof. Dr. Margit Enke, TU Freiberg; Mario Ohoven, Präsident BVMW; Willi Grothe, BVMW-Vorstand; Prof. Dr. Justus Haucap Universität Düsseldorf, und Andreas Jahn, Mitglied der Bundesgeschäftsleitung.

U

m die politische Arbeit des BVMW in Zukunft noch stärker als bisher durch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu flankieren, hat der Verband im November 2019 mit dem Wissenschaftlichen Beirat ein neues, hochkarätig besetztes Gremium innerhalb der Verbandsstruktur eingesetzt. Gemeinsam mit den Beiratsmitgliedern werden die zukünftigen nationalen und internationalen wirtschafts- sowie gesellschaftspolitischen Aufgaben identifiziert, denen sich kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu stellen haben. Das Spektrum der zu diskutierenden Themen in den Beiratssitzungen reicht von den Auswirkungen der Einwanderung auf den deutschen Arbeitsmarkt, der Digitalisierung des Mittelstands, der Zukunft des Innovationsstandorts Deutschland bis hin zur zukünftigen Ausgestaltung des Sozialstaats. Die politische Positionierung unseres Verbandes wird so durch namhafte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft aktiv mitbegleitet.

Gut zu wissen Der BVMW konnte die folgenden renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Mitglieder gewinnen: n Prof. Dr. rer. nat. Marcus Baumann (FH Aachen) n Prof. Dr. Kilian Bizer (Universität Göttingen) n Prof. Dr. Margit Enke (TU Freiberg) n Prof. Dr. Justus Haucap (Universität Düsseldorf) n Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) n Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock (Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung Berlin) n Prof. Dr. Henning Vöpel (Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftslnstituts) n Prof. Dr. Eicke R. Weber (Institutsleiter Fraunhofer ISE a. D.) n Prof. Dr. Enzo Weber (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung)


106 KULTUR

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Kultur

Alte Freunde in bester Laune.

Filmtipp: Das perfekte Geheimnis „Wahrheit oder Pflicht“

D

ie Männer kennen sich seit ihrer Kindheit, die Frauen sind in die Clique hineingewachsen, man mag sich (irgendwie); es ist jene Mischung aus echter Verbundenheit und langjähriger biographischer Bindung, die man zu lösen schlicht zu faul und ängstlich ist. In diesen leicht angestaubten Wohlfühlkosmos bricht die Therapeutin Eva mit dem Vorschlag, alle Handys auf den Tisch zu legen. Die Regeln dieses Spiels: Jeder Anruf wird angenommen und von allen mitgehört, jede Nachricht vorgelesen, jedes Foto herumgereicht. Denn, so Eva,

das Handy sei ja der „Fahrtenschreiber“ un- Idee, unter Freunden alles auf den Tisch zu seres Lebens. Es kennt die Kontakte, die Orte legen, scheint einen globalisierten Nerv ge– und die Geheimnisse eines jeden. troffen zu haben. Es ist in der Tat das Upgrade des alten Spiels „Wahrheit oder Pflicht“, und nicht nur das: Der Film selber ist ein Remake der italienischen Komödie „Perfetti Sconosciuti“ von Paolo Genovese, der schon 2016 mit der Idee dieser modernen Selbstentblößung veritable Erfolge einfuhr. Seither ist daraus eine Art Beziehungskomödien-Franchise geworden. Inzwischen sind 18 Adaptionen entstanden, unter anderem in Mexiko und Südkorea. Die

Das deutsche Team von „Perfetti Sconosciuti“ hält sich wacker, schließlich hat Dagtekin den zurzeit attraktivsten Cast des deutschen Films versammelt, davon einen Teil, der bereits in seinen erfolgreichen „Fack ju Göhte“-Filmen zu sehen war. Mit erstaunlichem Tempo und offensichtlicher Spielfreude arbeiten sich die sieben durch eine Tour de Force der Vertuschung und doppelten Spiele, der Peinlichkeiten, Gesichtsver-

Fotos: © 2019 Constantin Film Verleih GmbH / Lucia Faraig

Bora Dagtekin exerziert am Beispiel moderner Kommunikation die Idee absoluter Offenheit bei Tisch durch. Diese Operation am offenen Herzen ohne Narkose samt guter Weinbegleitung ist manchmal schmerzhaft – aber immer komisch.


KULTUR 107

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Hoffentlich wird es nicht peinlich: Leo (Elyas M‘Barek) und Carlotta (Karoline Herfurth) checken Nachrichten.

luste und bösen Blicke. Wer will schon zugeben, dass nach acht Jahren der eheliche Sex kaum mehr existiert, oder bestimmte erotische Praktiken suboptimal durchgeführt werden? Gar die eigene Affäre preisgeben? Oder erfahren, dass die pubertierende Tochter ihre Mutter für ein eiskaltes Miststück hält, und en passant, dass Papa ihr Kondome schenkt?

ten pfiffigen Drehbuch, denn selbst in einer solchen sozialen Ausnahmesituation ist ein schwuler Lehrer im Jahr 2019 wahrlich kein sozialer Sprengstoff mehr. Alle anderen Entblößungen sind indes so schmerzhaft wie lustig. Im Juni erscheint „Das perfekte Geheimnis“ auf DVD und Blu-Ray. Wer immer das in trauter Zwei- oder Mehrsamkeit schauen will, sollte aber damit rechnen, dass danach die Idee des Films prompt umgesetzt wird. Man sollte dann keine Geheimnisse haben. Oder gut vorbereitet sein.

Zwischen Schadenfreude und Fremdschämen Regisseur Dagtekin lässt kaum etwas aus und exerziert das alles so erbarmungslos durch, dass den Voyeur in uns Zuschauern neben Amüsement und Schadenfreude auch jenes Fremdschämen befällt, das uns dezent an die eigenen, schambelasteten Geheimnisse erinnert. So sehen wir fasziniert zu, wie die Helden von veritablen Beziehungskrisen zu tatsächlichen Trennungen Simon (Frederick Lau) leidet sichtbar unter dem Spiel.

taumeln, von verzweifelten Lügen zu tränenreichen Geständnissen bis hin zum großen Coming-out: Lehrer Pepe ist schwul. Das allerdings ist ein kleiner Tiefpunkt im ansons-

„DAS PERFEKTE GEHEIMNIS“ Komödie (D 2019), FSK 12 Buch und Regie Bora Dagtekin Mit Elyas M‘ Barek, Karoline Herfurth, Florian David Fitz, Jella Hase, Frederick Lau, Jessica Schwarz, Wotan Wilke Möhring Ab 30.6.2020 erhältlich auf Blu-Ray, DVD und VoD

Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@ bvmw.de


108 KULTUR

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Exklusive Fotoausstellung – Architektur der Weißen Stadt Tel Aviv Viele Menschen jüdischen Glaubens, die in den 1930er Jahren Deutschland aufgrund von Terror und Verfolgung verlassen mussten, fanden in Tel Aviv ein neues Zuhause. Unter ihnen auch Architekten, die ihre Ausbildung am Bauhaus Dessau erhalten hatten. Sie errichteten mehr als 4000 Gebäude im Bauhaus-Stil und trugen dazu bei, das Bild von Tel Aviv zu prägen. Heute zählt die Weiße Stadt zum UNESCO-Welterbe.

I

m Jahr des 100. Geburtstages der Design-Schule Bauhaus in Dessau zeigte die Deutsch-Israelische Gesellschaft exklusiv in der Bundeszentrale des BVMW in Berlin das Fotoprojekt „Between the Private and Public Domains in Bauhaus and International Style Buildings“. Die Fotografien der Künstler Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer zeugen von einem sehr persönlichen Blick auf die Bauhaus-Architektur der Weißen Stadt Tel Aviv. In der 1909 gegründeten Stadt verdichten sich nicht nur die formalen Einflüsse des Bauhauses in besonderer Weise, hier wurde der Baustil der Moderne weiterentwickelt und dem Mittelmeerklima angepasst.

Wirtschaftsstandort Israel gewinnt an Bedeutung

Impression aus dem Treppenhaus in der Gordonstreet 67 in Tel Aviv.

Finissage (v. li.): Markus Jerger (Bundesgeschäftsführer), Mario Ohoven (BVMW Präsident), Michaela Engelmeier (Vizepräsidentin Deutsch-Israelische Gesellschaft), Alexander Graf Lambsdorff (MdB) und Patrick Meinhardt (Vorsitzender BVMW Stiftung).

Die Ausstellung, die auf Anregung der BVMW-Stiftung in der Bundeszentrale am Potsdamer Platz stattfand, wurde vom Botschafter Israels, S. E. Jeremy Issacharoff, eröffnet. In seiner bewegenden Rede bekräftigte er die vielfältigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Israel und Deutschland in allen Wirtschaftsbereichen. Deutschland und Israel stünden nicht in Konkurrenz zueinander, sondern würden sich in vielen ökonomischen Zweigen an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette ergänzen. Mario Ohoven betonte die Relevanz der starken Beziehungen zwischen Deutschland und Israel, so könne auch in Zukunft das Band der Freundschaft weiter geknüpft und Unternehmen aus beiden Ländern zusammengebracht werden. Der Standort Israel gewinne nicht nur für große Konzerne massiv an Bedeutung, sondern auch für den bislang eher zögerlichen Mittelstand. „Eigent-


KULTUR 109

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Gut zu wissen Die Fotokünstler: n Michael Craig Palmer ist Architekturfotograf und Autor aus Tel Aviv n Ingrid Botschen ist Diplom-Ingenieurin für Innenarchitektur aus Konstanz Israels Botschafter S. E. Jeremy Issacharoff bei der Eröffnung der Ausstellung.

lich kann sich niemand mehr leisten, nicht in Israel zu sein. Das Who is Who der deutschen Wirtschaft sucht in Israel nach neuen Technologien für die digitale Revolution, die Deutschland sträflich verschlafen hat“, so Bundesgeschäftsführer Markus Jerger in seinem Grußwort.

Zeichen setzen in politisch unruhigen Zeiten Zur Finissage konnte der BVMW den Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe und Mitglied im Politischen

Beirat des BVMW, Alexander Graf Lambsdorff, MdB, sowie die Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Michaela Engelmeier, begrüßen. Beide betonten in ihren Grußworten, wie wichtig es gerade in diesen politisch unruhigen Zeiten sei, ein Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus zu setzen und gemeinsam für die deutsch-israelische Partnerschaft zu kämpfen. „Der BVMW möchte eine deutsch-israelische Plattform bieten, um langfristige Kooperationen und Projekte anzustoßen“, so der Vorstandsvorsitzende der BVMW-

Stiftung Patrick Meinhardt. „Wir danken der DIG für diese wunderbare Möglichkeit des Austausches und freuen uns auf weiterhin gute Zusammenarbeit für die deutsch-israelische Freundschaft.“ Anika Stürcken BVMW Büroleitung Direktor Politik und Europa anika.stuercken@ bvmw.de

Meinung

Fotos: © BVMW; Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer; © Staatsbibliothek zu Berlin/Carola Seifert

Eine nachhaltige(re) Generation

I

ch bin Jahrgang 65 und muss mir heute anhören, wir ruinieren der Jugend das Leben. Ich muss Euch enttäuschen, denn in meiner Jugend wurde nachhaltig gelebt. Strümpfe und Strumpfhosen wurden gestopft. An Pullover wurden längere Bündchen gestrickt. Hosen wurden mit bunten Borten verlängert. Zum Einkaufen und zur Schule musste ich mehrere Kilometer zu Fuß laufen, transportiert wurden die Einkäufe in einem Netz. Wenn Kleidung nicht mehr brauchbar war, wurden alle noch verwertbaren Dinge wie Knöpfe oder Reißverschlüsse abgetrennt und der Rest für Flicken oder als Putzlappen genutzt. Geschenkpapier wurde vorsichtig

geöffnet, um es wieder zu verwenden. Wir Diese dämlichen Gören wollen mir etwas sammelten Altpapier und Flaschen mit der über Umweltschutz erzählen, werfen ihre Schule und halfen bei der Kartoffelernte. Kleidung nach zweimal Tragen weg, produzieren Müll ohne Ende, verbrauchen seltene Ich könnte noch mehr dieser Art der Nach- Erden und müssen immer die neuesten Gehaltigkeit aufzählen. Stattdessen muss man räte besitzen. sich von Rotzlöffeln, die sich mit dem SUV zur Schule kutschieren lassen, alleine wahr- Auf Euren Demos lasst Ihr EUREN Müll von scheinlich einen 20 Mal höheren Stromver- Euren erwachsenen Sklaven wegräumen, brauch haben als wir in unserer gesamten und am Wochenende geht es zum nächsten Jugend, sagen lassen, wir ruinieren ihr Le- Open-Air-Konzert zum Koma-Saufen, auch ben. Wir hatten keine elektronischen Spiele, Euer Koma-Saufen gab es früher nicht. So, unser WhatsApp waren Zettel unter der Bank und wenn Ihr dann einmal so nachhaltig lebt, in der Schule verteilt, wir verabredeten uns wie meine Generation gelebt hat, dann dürft mündlich, Telefon gab es keins – das war für IHR gerne streiken. Notfälle gedacht. Georg Körner


110 KULTUR

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

D

er Titel Ihres neuen Buches impliziert, dass das Schreiben ein Grundbedürfnis ist. Könnten Sie leben, ohne etwas zu Papier zu bringen? Nein. Das ist tatsächlich ein existenzielles Grundbedürfnis, so wie das Lesen. Denn schreibend und lesend halte ich mich am Leben und überlebe. Jeden Tag wieder aufs Neue. Ich schreibe, um diese unglaubliche Gelegenheit, am Leben zu sein, ganz genau wahrzunehmen und zu feiern.

In Ihrem Buch erzählen Sie, dass das Lesen und Geschichtenerzählen in Ihrem Elternhaus allgegenwärtig waren. Ich erinnere mich daran, dass meine Eltern ständig gelesen haben und dass wir alle sogar harmlos lügen durften, um eine bessere Geschichte zu erzählen. Das nannten wir „Tünen“. Mir und meinen Schwestern wurde sehr stark vermittelt, dass man ein großes Reich der Fantasie betritt, wenn man lesen kann und dass man nie auf diese Möglichkeit verzichten sollte. Auch meine Großeltern liebten Geschichten. „To tell a good story“ war immer die Prämisse bei uns am Esstisch. Wann und wo schreiben Sie am liebsten? Im Bett, gleich nach dem Aufwachen. Die Zähne habe ich dann schon geputzt, und einen Becher Kaffee neben mir. Der noch

Foto: © Constantin Film Verleih GmbH / Dieter Mayr

Was genau passiert bei Ihnen in diesem Prozess? Das ist ein großes Abenteuer. Zu schreiben bedeutet, sich aus dem kleinen ordentlichen Garten mit gemähtem Rasen und Blumenrabatten herauszuwagen in den Dschungel. Ich gehe raus, beobachte, staune und erlebe, und notiere das. Indem ich meine Erlebnisse in Sprache fasse, verankere ich mich selbst mehr im Leben. Ich kann das nur jedem empfehlen: Wer schreibt, bekommt eine Ahnung von sich selbst. Und das ist wunderbar.


KULTUR 111

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

„Ich bin eine Rampensau“ Doris Dörrie über ihre Kindheit, ihre Berufung in die Oscar-Jury, ihren Bezug zu Japan und den USA sowie ihr Buch „Leben, schreiben, atmen“

leicht somnambule Zustand hilft, Blödsinn zu schreiben, überhaupt zu schreiben. Wenn ich aufstehe, mich wasche und anziehe, ist es vorbei.

Vielleicht ist dafür eher meine Neigung zu buddhistischen Sichtweisen verantwortlich. Aber die USA waren natürlich sehr entscheidend für mich; ich habe dort eine unglaubliche Freiheit empfunden. Vieles, was jetzt Wann wird aus Ihren privaten Beobachtun- wieder ein großes gesellschaftliches Thegen ein Film oder ein Buch? ma ist, wurde damals schon heiß diskutiert: Die Übergänge sind fließend. Ich bin eine Fla- Konsumkritik, ökologische Aspekte, das Hinneuse, die Lust am Aufsaugen der Welt und terfragen von Machtstrukturen. Im Gegenam Wiedergeben des Erlebten hat. Manche satz zu Deutschland habe ich mich in den Figuren, die ich aufschreibe, wollen zum Film, USA dauernd ermuntert gefühlt, auch beim manche nicht. Manchmal starte ich mit einer Schreiben. „Just do it!“ war das Motto. Das Prämisse, wie bei „Grüße aus Fukushima“ – war eine große Befreiung für mich. Diese den Ort wollte ich filmisch beschreiben, und prinzipielle Ermunterung versuche ich weidie Figur der jungen Deutschen gab es schon terzugeben. in anderen Geschichten von mir als Vorstufe. Aber erst einmal lasse ich mich beim Schrei- Später entdeckten Sie Japan für sich und ben von allem inspirieren, selbst von fremden waren inzwischen mehr als 30 Mal dort. InEinkaufszetteln, die ich sammle. wiefern hat dieses Land Sie geprägt? Für mich war der erste Besuch der wichEs scheint, als seien Sie ein Mensch, der tigste. Dieser Schock, mich nicht mehr über spontan auf Dinge stößt und sich auf neue Sprache verständigen zu können, nichts Begegnungen einlässt. mehr lesen zu können, auf einen Schlag völDa ist etwas dran. Ich versuche, immer wie- lig auf mich zurückgeworfen zu sein – das der möglichst offen zu sein und Dinge an hatte eine euphorisierende Wirkung. Ich war mich herankommen zu lassen. Wir haben dazu verdonnert, genau zu beobachten und viel zu oft den Impuls, uns zu verschließen, zu registrieren, was vor sich geht. Diese Notund das ist fatal, das verhindert Kommunika- wendigkeit hat mir viel gebracht und letztlich tion und macht einsam. zu Filmen wie „Kirschblüten – Hanami“ geführt. Haben Sie sich diese Grundeinstellung schon während Ihres Studiums in den USA Ab nächstem Jahr dürfen Sie über die Verangeeignet? gabe der Oscars mitbestimmen. Wie haben

Sie von dieser Ehre erfahren – gab es einen Anruf der Academy of Motion Picture Arts and Sciences? Ganz im Gegenteil. Mein Mann hatte im SPIEGEL von meiner Berufung gelesen und es mir erzählt. Ich dachte, das wäre eine Falschmeldung oder ein Witz. Denn ich wusste von nichts. Wochen vergingen, auch andere Medien berichteten darüber, und so fragte ich nach. Dabei stellte sich heraus, dass die Academy meine Mailadresse falsch geschrieben hatte. Wie stehen Sie grundsätzlich zum Oscar? Ihre Filme scheiterten mehrmals in der Vorauswahl zum Auslandsoscar. Da ich kaum Nazis in meinen Filmen habe, ist das auch nicht verwunderlich. Aber im Ernst: Die Frage ist, ob man demokratisch über die Qualität eines Kunstwerks entscheiden kann. Meistens gibt es einen kommerziellen Kompromiss, und das bedeutet, dass so begeisternde Filme wie „Moonlight“ die Ausnahme bleiben. Man darf auch nicht vergessen, dass Hollywood eine Industrie ist. Dort werden Produkte hergestellt, reproduzierbare Waren. Für Kunst ist da nicht viel Platz. Das Interview führte Günter Keil.

Gut zu wissen

„Leben, schreiben, atmen“

Wer einen Oscar bekommt, entscheidet in Zukunft auch Doris Dörrie mit. Die Filmemacherin und Autorin wurde von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als Mitglied aufgenommen. Dörrie, geboren in Hannover, studierte Theater und Schauspiel in Kalifornien und in New York sowie später Regie an der Filmhochschule München. Dort unterrichtet sie seit 20 Jahren creative writing und gibt immer wieder Schreibworkshops. Mit Filmen wie „Männer“ und „Kirschblüten – Hanami“ erreichte Doris Dörrie ein großes Publikum. Parallel zu ihrer Regiearbeit veröffentlicht sie Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Vor Kurzem ist ihr neues Buch „Leben, schreiben, atmen“ (Diogenes) erschienen.

Doris Dörrie Diogenes

18,00 €


112 KULTUR

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

BuchTipps Die Wohlstandsvernichter Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung und Staatspleiten Ihr Vermögen erhalten

I

hr Vermögen und Ihre Altersvorsorge sind in höchster Gefahr. Doch damit nicht genug, denn auch Demokratie und Freiheit stehen auf dem Spiel. In den vergangenen Jahren hat eine heimliche Machtübernahme durch die Zentralbanken stattgefunden: weg von demokratisch legitimierten Parlamenten, hin zu Zentralbankern, die zunehmend über dem Gesetz zu stehen scheinen. Tatsächlich haben die Zentralbankbürokraten eine Interventionsspirale angestoßen, deren innere Logik ihnen scheinbar keine andere Wahl lässt, als immer radikalere Markteingriffe vorzunehmen, um gegen die unerwünschten Nebenwirkungen ihrer eigenen Geldpolitik anzukämpfen. Dabei entstehen Kollateralschäden, die umso größer werden, je länger sich die Spirale dreht. So haben die Zentralbanken riesige Spekulationsblasen hervorgerufen, die verheerende Auswirkun-

gen auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft haben. Darüber hinaus haben sie einen Umverteilungsprozess in Gang gesetzt, der Europa spaltet und politischen Extremismus fördert. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer, während die Altersvorsorge der Bürger vernichtet wird. Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden. Denn am Ende dieser verantwortungslosen Politik steht entweder ein totalitärer Staat, der von einem Zentral(bank)komitee beherrscht wird, oder der Zusammenbruch des bestehenden Währungs- und Finanzsystems – mit all seinen Folgen. Claus Vogt und Roland Leuschel analysieren, welche Gefahren durch die heimliche Machtübernahme der Zentralbanken entstanden sind, und zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Vermögen trotz allem erhalten, schützen und vermehren können.

Persönliche Empfehlung von Mario Ohoven!

Die Wohlstandsvernichter Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung und Staatspleiten Ihr Vermögen erhalten Roland Leuschel, Claus Vogt 272 Seiten

19,99 €

Plattform Europa:

Vertrauen entscheidet

Future Fit Company

Warum wir schlecht über die EU reden und wie wir den Nationalismus mit einem neuen digitalen Netzwerk überwinden können

Die vergessene Basis der Führung

Zukunftsfitness für Manager, Mitarbeiter und Unternehmen

Johannes Hillje

Antje Heimsoeth Haufe 248 Seiten

Florian Rustler, Nadine Krauss, Jens Springmann, Daniel Barth, Isabella Plambeck Murmann/HAUFE 311 Seiten

Dietz 176 Seiten

18,00 €

24,95 €

29,95 €

Praxisbuch Reisesicherheit

Vom Kundenwunsch zum Wunschkunden

Blockchain 2.0

Schutz und Sicherheit bei Auslandsund Geschäftsreisen

Für Geschäftsbeziehungen mit Hirn, Herz und Know-how

Martin Schmitt Erich Schmidt 251 Seiten

Einfach erklärt – weitaus mehr als nur ein Bitcoin Dr. Julian Hosp

Matthias Kauf, Dr. Franz J. Sperlich

FBV 252 Seiten

SC Verlag 192 Seiten

29,90 €

29,80 €

14,99 €

Bitte richten Sie Ihre Bestellungen an: BVMW-Servicegesellschaft mbH, Berlin; servicegesellschaft@bvmw.de; Tel. 030 / 53 32 06-572 Alle Preise ohne Gewähr. Sie erhalten alle Bücher versandkostenfrei.


KULTUR 113

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

AppTipps

Schüttflix:

advocado:

Nia:

Die Schüttflix GmbH verbindet Baustoffproduzenten und Spediteure auf einer digitalen Plattform mit Kunden aus dem Tief- sowie dem Garten- und Landschaftsbau. Mit der Schüttflix-App lassen sich alle gängigen Schüttgüter bestellen, binnen Stunden werden Sand, Schotter und Split auf den Punkt geliefert. Erzeuger und Spediteure profitieren ebenfalls: höhere Erlöse pro Lieferung und zusätzliches Kunden- bzw. Reichweitenpotenzial. Im Mittelpunkt des Geschäftsmodells steht die Schüttflix-App, die in Apple App Store und dem Google Play Store kostenlos verfügbar ist.

Minutenschnell einen Schufa-Eintrag anfordern, noch am Bahnsteig die Verspätung reklamieren, einen Busausfall beanstanden oder die Creditreform anschreiben: Mit der neuen advocado-App kümmern sich Verbraucher künftig selbst und kostenfrei um ihre alltäglichen Rechtssorgen. Per Smartphone erstellen sie umgehend anwaltlich geprüfte Dokumente und versenden ihre Anfragen und Ansprüche auf direktem Weg. Kostenerstattungen fließen vollständig an den Verbraucher, ohne Abzug von Gebühren oder Provisionen. Werden die Ansprüche abgewiesen, nicht fristgerecht beantwortet oder ignoriert, können Verbraucher per App einen spezialisierten advocado-Partneranwalt konsultieren, der bei der juristischen Problemlösung hilft. Um Fristen im Blick zu behalten, erinnert und benachrichtigt die App ihre Nutzer automatisch. Die App ist kostenlos im Google Play Store und im Apple App Store verfügbar.

Nia bietet Neurodermitis-Betroffenen die erste vollumfängliche digitale Unterstützung. Die digitale Begleiterin entstand aus einem EXIST-Gründerstipendiumsprojekt an der Charité Berlin. Sie bietet Patienten und Angehörigen tägliche Unterstützung und verhilft mit personalisierten Inhalten und Funktionen zu einer erhöhten Lebensqualität. Patienten erhalten von Nia basierend auf ihren individuellen Gesundheitsdaten personalisierte, direkt umsetzbare und medizinisch validierte Empfehlungen. Ergänzend führt Nias ganzheitlicher Ansatz zu einer direkten Integration von Ärzten in teledermatologische Leistungen. Das Angebot setzt sich aus einer Dienstleistungs- und Produktinnovation zusammen. Unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz wurden bestehende Offline-Services in die digitale Domäne überführt. Die App ist in der Basisversion kostenlos im Google Play Store und im Apple App Store verfügbar.

www.advocado.de

www.nia-health.de

Die erste App für die Schüttgutbranche

Die Funktionen der App n Angebote und Bestellungen unabhängig von einzelnen Lieferanten n Produktherkunft und -qualität wählbar n Preise und Marken vollständig transparent n digitaler Dokumentenfluss ohne lästigen Papierkram n Anlieferung in präzisem Lieferfenster n GPS-Koordinaten und Fotofunktion n Live-Tracking der Lieferung.

www.schuettflix.de

Eine App löst alltägliche Rechtsprobleme

App hilft bei Neurodermitis


114 KULTUR

DER MITTELSTAND. 1 | 2020

Geistesblitze

„Dass uns eine Sache fehlt, sollte uns nicht davon abhalten, alles andere zu genießen.“ Jane Austen

„Es gibt keinen bequemen Weg, der von der Erde zu den Sternen führt.“ Seneca

„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“ Hermann Hesse

„Der Mann mit einer neuen Idee ist ein Spinner, bis diese sich als erfolgreich erweist.“ Mark Twain

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Aristoteles

„Aufhören können, das ist nicht eine Schwäche, das ist eine Stärke.“ Ingeborg Bachmann

„Um unersetzbar zu sein, muss man stets anders sein.“ Coco Chanel

Rosa Luxemburg

„Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.“ Matthias Claudius

Fotos: © www. wikipedia.org; Bundesarchiv; PD-old

„Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden.“


ab

19,90 €*

* Preise inkl. Druck, Weiterverarbeitung, Versand und gesetzlicher MwSt. Anbieter: CEWE Stiftung & Co. KGaA, Meerweg 30 – 32, 26133 Oldenburg

1.000 Flyer

Broschüren mit Klammerheftung DIN A4 hoch 1.000 Stück ab 577,20 €


WILLKOMMEN IN DER ZUKUNFT BUSINESS MOBIL TARIFE MIT 10 PROZENT VERBANDSVORTEIL  10 %1 auf den monatlichen Grundpreis sparen  Einmaliger Bereitstellungspreis von 25,17 € entfällt  Mit blitzschnellem 5G2  Mehr Datenvolumen in den Tarifen Business Mobil L bis S

5GSIVE

INKLU

2

Weitere Infos erhalten Sie bei Ihrer Verbandshotline unter 0800 33 06009 oder per E-Mail an verbaende-vorteil@telekom.de

Alle Preise netto und zzgl. gesetzlicher USt. Angebot gilt für Berechtigte im Rahmenvertrag TM 195. 1) 10 % Verbandsvorteil gilt in Verbindung mit dem Neuabschluss eines 24-Monats-Vertrags in den Tarifen Business Mobil S bis L ohne und mit Smartphone sowie mit Top-Smartphone. Z. B. Business Mobil M: monatlicher Grundpreis (inkl. 10 % Verbandsvorteil) 40,06 € (ohne Smartphone), 47,61 € (mit Smartphone), 55,17 € (mit Top-Smartphone). Einmaliger Kaufpreis für das Endgerät – je nach gewähltem Endgerät und Tarif – fällt zzgl. an. Im monatlichen Grundpreis sind eine Telefon- und eine SMS-Flatrate in alle dt. Netze enthalten. Ab einem Datenvolumen von 12 GB wird die Bandbreite im jeweiligen Monat auf max. 64 KBit/s (Download) und 16 KBit/s (Upload) beschränkt. 2) Maximal verfügbare LTE-Geschwindigkeit von bis zu 300 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload ist u. a. abhängig vom Endgerätetyp und Netzausbaugebiet. 5G ist bereits an folgenden Standorten verfügbar: Berlin, Bonn, Darmstadt, Köln, München, Frankfurt a. M., Hamburg, Leipzig. Informationen zum Netzausbau und zur jeweiligen örtlich verfügbaren MobilfunkTechnologie erhalten Sie unter telekom.de/netzausbau.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.