marlowski Dezember 2016

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KIELER KERL dann gar nicht von der Stelle kommen. Und wo sind wir uns ähnlich? Ich denke, vor allem dass wir solche Familienmenschen sind. Uns ist es auch ganz wichtig, dass wir miteinander reden und nicht im Streit auseinandergehen. Man soll ja nie böse aufeinander einschlafen, habe ich mal gelernt. (lacht) Was sind denn Eure Hobbys und Leidenschaften, die Ihr so für Euch alleine habt? Timo: Seitdem ich 16 bin, fahre und sammle ich Vespa-Roller. Wie viele Roller hast Du? Timo: Sieben sind es zurzeit. Vespa und auch Lambretta – das sind Klassiker, Kultgegenstände. Die Vespa ist eines der wenigen Kfz, bei dem den Designern in den 50er Jahren Erotik aus Blech gelungen ist. Genial! Und natürlich auch diese subkulturelle Komponente: In meiner Jugend kam der 60er Jahre-Kult wieder auf – so in den 80er, 90er Jahren. Damit verbinde ich für mich persönlich unheimlich viel. Ich versuche, ein-, zweimal im Jahr RollerTreffen zu besuchen. Dort sind alle Leute so späte 60er, frühe bis Mitte 70er Jahrgänge und egal auf welchem Treffen, alle feiern gemeinsam ihren 16. Geburtstag. Marco: Jedes Jahr wieder. (lacht) Eine niemals endende Party. Timo: Was es auch ausmacht: Es spielen viele Dinge überhaupt keine Rolle, die inzwischen unnötigerweise wichtig sind, jetzt wo man älter ist. In der Rollerszene kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen und es spielt überhaupt keine Rolle, wer was macht und woher er kommt, es geht um Sympathie und das Lebensgefühl. Egal welches Hobby man sonst hätte, ob Golf spielen, Tennis oder sonst irgendwas, es ist tatsächlich doch immer so, dass man da auf eine gewisse homogene Masse trifft und mit der muss man halt irgendwie mitlaufen. Das ist bei der dieser Geschichte einfach nicht, da ist man Mensch. Und bei Dir, Marco? Timo: Da wird es außerirdisch. (lacht) Marco: Ich mag es gar nicht so sagen, aber ich bin ja eigentlich ein Nerd. (lacht) Meine Theorie ist, dass jeder in seiner Kindheit oder Jugend auf irgendetwas hängenbleibt, was ihn den Rest des Lebens begleitet. Bei meinem Bruder sind es die Vespa-Roller und bei mir ist es Star Wars. Als Kind habe ich die Filme geliebt und in meiner Jugend angefangen, Bücher zu lesen. Darin kann ich mich ganz

einfach verlieren. Abends abschalten, Buch in die Hand nehmen und in die weit, weit entfernte Galaxie abtauchen. Das geht schon so weit, dass ich diesen Sommer mit meiner Frau für vier Tage in London auf der weltweit größten Star Wars Convention war. Und meine zweite große Passion ist das Grillen. Mit Star Wars habe ich nichts am Hut, aber da wäre ich dabei. Und das ganze Jahr über grillen? Marco: Selbstverständlich. Ich kriege ja immer die Krise, wenn mir irgendeiner sagt, wir wollen abgrillen oder angrillen. So ein Blödsinn, das ist ganzjährig und bei jedem Wetter. Und dann gerne ›slow and low‹, wie man im Fachjargon sagt. Wo so ein Stück Fleisch auch mal 16, 17, 18 Stunden auf dem Grill liegt und man sich die Nacht um die Ohren schlägt. Ganz wichtig ist mir dabei auch, dass ich nur mit Holzkohle grille. Auch da gibt es im Bekanntenkreis immer wieder die größten Diskussionen. Die sagen immer, ich sei zu verächtlich und intolerant Gas-Grillern gegenüber.

und Seele Kieler bin. Timo: Ich bin lange Zeit kein großer Kiel-Fan gewesen. Kiel stand immer so im Schatten von Hamburg, hat sich selbst kaum definiert. Da war Flensburg zum Beispiel ganz anders. Über dieses Vespa-Hobby habe ich Kiel von einer ganz anderen Seite kennengelernt, mit ganz anderen Aspekten. Wir treffen uns seit einigen Jahren mit ein paar Leuten mittwochs um 19 Uhr an der Tankstelle und fahren dann irgendwo hin – Nordostseekanal, Strandoase in Surendorf, nach Laboe rüber. Das ist cool und das findet man woanders nicht. Inzwischen bin ich ein ganz großer Kiel-Fan – so im Alter. Trotzdem gibt es mit Sicherheit noch etwas zu kritisieren an der Stadt. Timo: Ich denke häufig gerührt an meine Kindheit zurück, als in der Holstenstraße das Leben tobte. Ob das heutzutage besser ist, das da irgendwo Einkaufszentren mit Bällebad und tralalala geschaffen wurden? Ich glaube nicht. Wenn ich an die Holstenstraße denke, wie sie früher war: Das hatte absoluten Charme. Die Ecke ist doch logistisch betrachtet super, dicht am Wasser. Unbegreiflich, dass man da nichts draus gebacken kriegt. Marco: Da muss ich Dir Recht geben. In meiner Jugend habe ich mich freitags immer mit meinem besten Kumpel getroffen und dann sind wir mit dem Fahrrad in die Stadt gefahren und den ganzen Nachmittag durch die Holstenstraße getingelt. Ich wüsste heute gar nicht mehr, was ich drei Stunden da machen sollte. Ganz traurig ist auch, was in Friedrichsort mit der Fußgängerzone passiert, die mehr und mehr ausstirbt.

Und, grillt er gut, Timo? Timo: Ja, ich gehe ihn gerne besuchen, nachdem er eine Nacht vorm Grill gestanden hat. (lacht) Das hat schon Hand und Fuß.

Zum Abschluss noch mal eine fachspezifische Frage. Elektro ist das Stichwort – wird sich das durchsetzen? Timo: Elektro wird kommen, auch bei uns. Es ist nur nicht so einfach, wie es oft dargestellt wird, dass man es von heute auf morgen umstellt. Elektro ist momentan, wenn man sich die Preise anguckt, mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Das muss sich auf jeden Fall entwickeln, die Preise müssen erschwinglicher werden. Da hat die komplette Branche noch Aufgaben zu knacken.

Über Eure Beziehung zueinander haben wir gesprochen, wie ist die denn zu Kiel? Marco: Wir wohnen hier so was von schön. Und auch wenn ich gerne mal weg bin, zieht mich nichts dauerhaft weg aus Kiel. Ich kann schon sagen, dass ich mit Herz

Okay. Dann habt vielen Dank für Eure Zeit. Ich werde mir das Auto da hinten in der Ecke noch mal ein bisschen genauer angucken, wenn ich darf. Timo: Selbstverständlich darfst Du. Marco: Da kann ich Dir das Komplettpaket empfehlen. (lacht) (cv)

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