Sinfoniekonzert: Transatlantic I Komische Oper Berlin

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SINFONISCHE MODERNE ZWISCHEN NEW YORK UND BERLIN Transatlantic

Einführungsgespräch

45 min vor Beginn

im Foyer

#KOBSiKo

ca. 1 h 45 min, eine Pause

NEW YORK UND BERLIN

Transatlantic SINFONISCHE MODERNE ZWISCHEN

DIRIGENT

James Ga gan

SOLIST

John Chest, Bariton

Philharmonischer Chor Berlin

Einstudierung: Jörg-Peter Weigle

Instrumentalensemble des Friedrich-Ebert-Gymnasiums

Leitung: Antje Lienenkämper

Es spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin

24. FEBRUAR 2023, 20 UHR
FREITAG,

PROGRAMM

LUKAS FOSS [1922–2009]

Introductions and Good-Byes

Eine 9-Minuten-Oper

Libretto: Gian Carlo Menotti

PAUL HINDEMITH [1895–1963]

Sinfonische Metamorphosen nach Themen von Carl Maria von Weber

Allegro

Turandot, Scherzo

Andantino Marsch

PAUSE

SVEN DAIGGER [*1984]

Schwärmen in V Formationen für Orchester, Raumensemble und Schulorchester

Auftragskomposition der Komischen Oper Berlin (Uraufführung)

Formation I drängend, wuselig und beißend

Formation II tastend, schwärmend

Formation III unstet, geschäftig, rührig, eifrig, wuselig und quirlig

Formation IV hastig, stürmisch, brausend, schwirrend, sausend, tänzerisch und rasend

Formation V entschlossen, entschieden, bestimmt, nachdrücklich, schwärmend, schwirrend, tänzerisch und tobend

SAMUEL BARBER [1910–1981]

Sinfonie Nr. 1 op. 9

Die Werke in Kürze

LUKAS FOSS: INTRODUCTIONS AND GOOD-BYES

Wer kennt das nicht? Sinnlosen Smalltalk auf einer Party. Der aus Berlin in die USA emigrierte Komponist Lukas Foss hat genau das zum Thema einer Kurzoper gemacht: In seinem nur 9 Minuten langen Mini-Drama für Solo-Bariton, kleinen Chor und Orchester parodiert er sinnentleerte Begrüßungs- und Abschiedsfloskeln – und schafft dennoch farbenreich eine vollwertige Oper: mit Ouvertüre, Chören und »dramatischen« Arien.

PAUL HINDEMITH: SINFONISCHE METAMORPHOSEN NACH THEMEN VON CARL MARIA VON WEBER

Ausgerechnet im amerikanischen Exil besann sich Paul Hindemith auf die »urdeutsche« Musik eines Carl Maria von Webers: Für den Choreografen Léonide Massine sollte er ein Ballett zu Weber Themen schreiben. Zwar zerbrach die Zusammenarbeit mit Massine schnell, Hindemith vollendete das Werk aber dennoch. Er schrieb eine packende, rhythmische Musik, die weit von der deutschen Romantik entfernt und dafür nahe am Puls Amerikas scheint. 1944 wurden die Metamorphosen mit großem Erfolg in New York uraufgeführt.

SVEN DAIGGER: SCHWÄRMEN IN V FORMATIONEN

Sven Daigger ist einer der erfolgreichsten deutschen Komponisten der jungen Generation. Auftragswerke verbinden ihn mit dem Gewandhausorchester Leipzig, der Staatsoper Hamburg, dem Deutschen Musikrat, der Jungen Norddeutschen Philharmonie und vielen mehr. Bereits während seines Studiums bei Adriana Hölszky und Wolfgang Rihm erhielt Daigger wichtige internationale Kompositionspreise. In Schwärmen, seiner Uraufführung für die Komische Oper Berlin, spannt er Laien und Profis zu einem umfassenden Raumklang zusammen.

SAMUEL BARBER: SINFONIE NR. 1

Der Name des amerikanischen Komponisten Samuel Barber ist wohl mit nichts so sehr verknüpft wie mit seinem Adagio for Strings. Dabei hat Barber viele weitere Werke geschrieben, darunter spannende Opern und Sinfonien. Seine erste Sinfonie entstand während eines Aufenthalts in Rom und wurde dort 1936 auch uraufgeführt. Am Pult stand der italienische Dirigent Bernardino Molinari, der das Werk als »moderna ma seria« beschrieb – »modern, aber ernsthaft«.

7 DIE WERKE IN KÜRZE

Transatlantic

Von der Vernetzung der Welt

Volksfeststimmung! Menschenmengen säumen die Elbufer bei Hamburg, bunte Tücher wirbeln durch die Luft, Salutschüsse steigen gen Himmel: Im Juni 1856 startet das erste deutsche Dampfschiff nach Amerika, die »Borussia«. Mehr als 400 Passagiere sind an Bord – 16 Tage später erreichen sie wohlbehalten den Hafen von New York. In nur zwei Wochen hat der Dampfer eine Strecke geschafft, für die fünf oder sechs Wochen anberaumt werden mussten. Wer braucht da noch Segelschiffe? Transatlantikliner sind das Gebot der Stunde! Ein regelrechter Wettstreit zwischen den Reedereien bricht aus: Alle wollen den größten und innovativsten Transatlantikliner bauen, alle wollen teilhaben an diesem neuen, zunehmend dichter werdenden Linienverkehr zwischen Europa und Amerika. Denn immer mehr Menschen suchen den schnellen Weg über den Atlantik: Geschäftsverbindungen akkumulieren sich, Handelsreisende pendeln hin und her, jede Menge Frachtgüter und Briefe müssen transportiert werden. Zur selben Zeit werden Kabel durch den Atlantik verlegt, Telegrafie soll eine schnellere Kommunikation ermöglichen. Die Vernetzung der Welt beschleunigt sich, die Kontinente rücken näher zusammen. Entfernungen scheinen sich aufzulösen, das Verhältnis von Raum und Zeit denkt sich neu. Das, was wir heute Globalisierung nennen, nimmt unaufhaltsam seinen Lauf.

Ein Berliner in New York

Die Reedereien wetteifern nicht nur um die schnellsten, sondern auch um die luxuriösesten Liner: ausgestattet mit teuer verspiegelten Speisesälen, LuxusKabinen und Bibliotheken. Manche haben sogar eine Kuh an Bord, damit niemand auf frische Frühstücks-Milch verzichten muss. Doch nur wenige Passagiere können sich einen solchen Luxus leisten – die meisten nämlich drängen sich in der fensterlosen Ebene zwischen Laderaum und Oberdeck, eingepfercht in unbequeme Holzverschläge. »Die meisten« – das sind die, die weder zu ihrem Vergnügen, noch zu Geschäftszwecken reisen, sondern, weil sie zur Neu-Erfindung ihres Lebens gezwungen sind: Emigrant:innen.

Auch Lukas Foss ist Emigrant. Als gebürtiger Jude muss er 1933, im Alter von nur 11 Jahren, vor den Nazis fliehen: Mit seinen Eltern zieht er erst von Berlin nach Paris, dann nach Übersee – 1937 besteigt er im Hafen von

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Cherbourg die »Queen Mary« Richtung New York. Da Foss’ musikalische Hochbegabung schon im Kindesalter entdeckt und gefördert wird, geht es auch in den USA direkt weiter mit seiner Ausbildung: In Philadelphia studiert er Klavier, Dirigieren und Komposition – später setzt er seine Studien bei Paul Hindemith an der Yale Universität fort. Foss lebt sich schnell in Amerika ein, formt seinen eigentlichen Nachnamen ›Fuchs‹ in ›Foss‹ um, nimmt die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Und je mehr er sich in die neue Welt integriert, desto stärker verschieben sich auch seine musikalischen Vorbilder: Statt Igor Strawinsky und Paul Hindemith gewinnen Aaron Copland und Leonard Bernstein an Bedeutung. Foss’ kompositorisches Œuvre zeigt auf beeindruckende Weise, wie offen er Zeit seines Lebens für neue Impulse war: Anfangs eher neoklassizistisch orientiert, arbeitet er später mit Aleatorik* und Improvisation*, experimentiert mit seriellen Strukturen*, wendet sich auch der elektronischen Musik zu.

Trotz seiner zügigen Assimilation sind die Anfänge in den USA auch für Lukas Foss nicht immer leicht – später wird er bekennen: »Ich habe mich wie ein Flüchtling gefühlt, aber dann lernt ein Flüchtling, alles sein Zuhause zu nennen, egal wo er ist.« Wie Foss wohl in seiner ersten Zeit den »American way of life« erlebt hat? Den Small-Talk? Das schnelle »How are you?« bei jeder Begrüßung? Vielleicht ein wenig so, wie er es viele Jahre später parodieren wird: in seiner 9-Minuten-Oper Introductions and Good-Byes zu einem Libretto von Gian Carlo Menotti. Wobei – kann man es überhaupt Libretto nennen? Denn der Text dieser Mini-Oper besteht aus nichts als Begrüßungs- und Abschiedsformeln, ausgetauscht zwischen einem Gastgeber und den Gäst:innen einer Cocktailparty. Ein ironisches Porträt auf ein durch und durch amerikanisches Gesellschaftsformat, auf leergelaufene Rituale und inhaltsloses Socialising.

Lukas Foss:

Introductions and Good-Byes

Komponiert: 1959

Uraufführung:

5. Mai 1960 in New York City

Heute zum ersten

Foss legt sein Stück palindromisch* an, es schwillt zu einem großen Höhepunkt an und ebbt dann wieder ab. Zu Beginn der Oper bereitet der stumme Diener die Party vor und der Gastgeber Mr. McC (Bariton) mixt sich einen Martini – ein Xylophon-Solo verdeutlicht das Klirren der Eiswürfel ebenso wie die erwartungsvolle Atmosphäre. Die Klingel schrillt, die ersten Gäst:innen treffen ein, der Gastgeber stellt sie einander vor, es rasselt Namen und Floskeln wie: »How are you?«, »So nice to see you!«. Die Eingeladenen (vertreten durch einen kleinen gemischten Chor) antworten mit denselben Phrasen, dazwischen klingelt es immer wieder. Als die letzten Besucher:innen ankommen, brechen die ersten schon wieder auf – eine Serie von Verabschiedungsformeln nimmt ihren Lauf, übertrieben elegisch, fast schon sentimental auskomponiert.

Mal mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin

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* Lost in translation? Mehr dazu im Glossar auf S. 28

Kaum sind alle gegangen, macht der Diener sich ans Aufräumen, der Gastgeber mixt sich erneut einen Martini – wieder begleitet von XylophonMusik alias Eiswürfel-Klirren. Der kurze Spuk aus sinnentleertem Smalltalk ist rasant vorbeigerauscht, schillernd und brillant vertont.

Ein Romantiker in der Moderne

Cocktailparties werden natürlich auch für die Erste-Klasse-Passagiere der Transatlantikliner ausgerichtet – die Reedereien feilen weiter an der Perfektion ihrer Luxusdampfer. Die großen Ozeanriesen entwickeln sich bis zur Jahrhundertwende zu wahren Ikonen, verkörpern formvollendet den anhaltenden Fortschrittsglauben, brillieren mit ingenieurstechnischen Meisterleistungen. Ab 1914 wird die Kohle- durch Ölfeuerung ersetzt, was die Effizienz der Schiffsmaschinen zusätzlich steigert: Noch höhere Reisegeschwindigkeiten sind von da an möglich – wer die Strecke über den Atlantik am schnellsten schafft, wird mit dem »Blauen Band« ausgezeichnet. Doch der Mythos, dass die monströsen Schiffe »unsinkbar« seien, hat längst Risse bekommen: Immer wieder ereignen sich schwere Unglücke, der Untergang der »Titanic« markiert nur die Spitze des Eisbergs. Für viele Passagiere sind die Überfahrten also auch von Angst begleitet – und bei den Emigrant:innen steht zusätzlich noch eine weitere große Sorge im Raum: Wird die Einreise überhaupt gelingen? Denn im Hafen von Ellis Island müssen sie sich strengen Gesundheitsprüfungen unterziehen, manch eine:r wird mit dem nächsten Schiff direkt wieder zurück nach Europa geschickt. Vorbei die Hoffnung auf ein neues Leben in Übersee.

Paul Hindemith: Sinfonische Metamorphosen nach Themen von Carl Maria von Weber

Komponiert: 1943

Uraufführung:

20. Januar 1944 in New York City

Wie Lukas Foss muss auch Paul Hindemith aus Berlin emigrieren: 1938 flieht er vor der nationalsozialistischen Hetze zunächst in die Schweiz, 1940 dann in die USA. Seine Frau Gertrud, eine gebürtige Jüdin, muss länger in der Schweiz ausharren – viele Monate lang bangt sie darum, dass auch ihre Ausreise bewilligt wird: Ihre geplante Überfahrt von Genua scheitert und schließlich muss sie es auf abenteuerlichem und riskantem Weg von Lissabon aus versuchen. Hindemith fiebert von Amerika aus mit, ist erleichtert, als sie Lissabon heil erreicht hat, hofft, dass sie dort bald ein Schiff ergattern kann und schreibt: »Ich werde den Tag preisen, wo ein Kabel Deine Abfahrt ankündigt – von dem anderen ganz zu schweigen, an dem ich Dich den Gangway vom Schiff heruntersteigen sehe. Komme nur bald! Du wirst diesen Kahn besteigen und Thalattarufend endlich in See stechen.«

Zum ersten Mal mit dem Orchester der Komischen

Oper Berlin am 27. Februar 1969

Dirigent: Siegfried Kurz

Anders als Lukas Foss zählt Hindemith nicht 14, sondern 44 Jahre, als er in die USA emigriert – ein Alter, in dem ein Neuanfang in einer fremden Welt ein tiefgreifender Einschnitt sein kann. Dass Hindemith sich auf der anderen

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Seite des Atlantiks zunächst einmal der »deutschen« Musik zuwendet, spricht also für sich: Auf Anregung des russischen Choreografen Léonide Massine beginnt er, ein Ballett nach Motiven von Carl Maria von Weber zu komponieren. Hindemith wählt Themen aus verschiedenen Weber-Werken, wobei er nicht auf das populäre, sondern eher abseitige Repertoire zurückgreift: auf einige unbekanntere Klavierstücke Webers sowie die Schauspielmusik zu Turandot. Doch schnell kommt es zu künstlerischen Differenzen: Massine empfindet Hindemiths Zugang als zu avantgardistisch, ihm würde eine bloße (Neu-)Instrumentierung von Webers Musik genügen. Hindemith hingegen will frei und individuell mit der Vorlage umgehen – die beiden Künstler beenden die Zusammenarbeit. Dennoch gibt Hindemith die begonnene Komposition nicht auf und stellt sie nach längeren Unterbrechungen schließlich für eine konzertante Uraufführung 1944 fertig. Selbstredend empfindet er sein Tun nicht als zu avantgardistisch, er habe Webers Vorlagen nur »leicht gefärbt und schärfer gemacht«.

Das Ergebnis aber ist bemerkenswert: Nichts erinnert mehr an den ursprünglichen romantischen Geist der Musik, sie bekommt einen völlig neuen Ausdruck. Hindemith denkt Webers Klänge in die Moderne weiter, gibt ihnen eine kraftvolle, perkussive Faktur. Die Instrumentierung legt er üppig für großes Orchester an, begleitet von einem riesigen Schlagzeugapparat – was wiederum rhythmische Verlagerungen bis hin zu jazzigen Momenten ermöglicht, ein grooviges, pulsierendes Idiom des 20. Jahrhunderts.

Hindemiths Transfer der europäisch-romantischen Tradition in eine moderne, »amerikanisierte« Sprache wirkt geradezu symbolisch: Es scheint, als habe er seine Assimilation an die Neue Welt zunächst kompositorisch erprobt. Tatsächlich kann sich Hindemith nach anfänglichen Schwierigkeiten gut in den USA einleben und übernimmt bald eine Professur an der Yale Universität – wo unter anderem Lukas Foss seinen Unterricht besucht. Aber nicht nur als Lehrer, sondern auch als Komponist wird er geschätzt, seine Werke werden in Konzerthäusern gefeiert und im amerikanischen Rundfunk übertragen. Spätestens als er im April 1945 den Auftrag erhält, ein Requiem zum Tod des Präsidenten Roosevelt zu schreiben, ist er angekommen auf der anderen Seite des Atlantiks.

Ein Amerikaner in Rom

Während die Schiffsdampfer sich weiter durch meterhohe Ozean-Wellen pflügen, beginnen die nächsten Pioniere bereits, sich die Luft über dem Atlantik zu erobern: 1919 rattern zwei Briten in einem Doppeldecker

16 Stunden lang von Neufundland nach Irland, 1927 fliegt Charles Lindbergh umjubelt von New York nach Paris. Weitere Abenteuerlustige wollen es daraufhin auch gegen die Erddrehung versuchen: Der deutsche Pilot Hermann Köhl startet 1928 mit der Junkers W 33 »Bremen« von Europa gen Amerika. Nach 36 Stunden endet sein Ozeanflug auf einer verschneiten Insel vor der Küste Kanadas. Noch sind Transatlantikflüge weit davon entfernt, selbstverständlich zu sein – aber die Technik schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran.

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Samuel Barber: Sinfonie Nr. 1

Komponiert: 1935/36

Uraufführung:

13. Dezember 1936 in Rom

Heute zum ersten Mal mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin

Zumal ja nicht nur zahlreiche Europäer:innen ihren Weg nach Amerika suchen, sondern die Reise auch in die umgekehrte Richtung geht: Der amerikanische Komponist Samuel Barber besteigt im Herbst 1935 in New York ein Schiff Richtung Italien. Er hat den Preis der American Academy in Rom gewonnen und damit ein Stipendium ergattert, das ihm einen zweijährigen Aufenthalt in der Villa Aurelia ermöglicht. 25 Jahre ist er zu diesem Zeitpunkt alt, schon mit 9 Jahren aber hat er seiner Mutter feierlich in einem Brief eröffnet: »Ich bin dazu bestimmt, Komponist zu werden, und das werde ich auch sicher. Verlange nicht von mir, diese unangenehme Sache zu vergessen und Football spielen zu gehen.« Ebenso wie später Lukas Foss, studiert auch Barber am Curtis Institute of Music in Philadelphia – stark geprägt wird er von seinem Onkel, dem Komponisten Sidney Homer und von seiner Tante Louise Homer, einer gefeierten Sängerin an der Metropolitan Opera. Auf den Einfluss dieser beiden geht sicher auch zurück, dass Barbers kompositorischer Fokus anfangs stark auf dem Gesang liegt: Er schreibt zahlreiche Lieder, tritt auch selbst als Bariton auf. Und er wird dem »belcantesken«* Tonfall sein Leben lang verbunden bleiben – auch seine Instrumentalwerke wirken mit ihren elegischen, lang ausgesponnenen Melodien häufig wie »Lieder ohne Worte«.

Als Barbers Gepäck in New York über die Gangway auf das Schiff getragen wird, befindet sich darin auch eine begonnene Sinfonie: Barbers erste Sinfonie – er wird sie in Italien vollenden. Zwar legt er sie in einem einzigen, durchgehenden Satz an, indirekt aber behält er die traditionelle viersätzige Form bei, indem er vier verschiedene Passagen ineinander übergehen lässt: Ein schneller Kopfsatz* gefolgt von einem Scherzo*, danach ein langsames Andante*, abgelöst durch eine agile Passacaglia*. Im Dezember 1936 findet in Rom die Uraufführung statt, die Publikumsreaktionen splitten sich laut Barber in »etwa 50 Prozent Applaus und 50 Prozent Zischen«. Den Italiener:innen scheint das Werk »zu dunkel getönt, zu nordisch und sibelianisch«. Schon sechs Wochen nach der Uraufführung erklingt die Sinfonie auch auf der anderen Seite des Atlantiks: In Cleveland findet die erfolgreiche amerikanische Erstaufführung statt, im folgenden Jahr steht sie bei den Salzburger Festspielen auf dem Programm. Ein besonderer Moment, weil es das erste sinfonische Werk eines amerikanischen Komponisten überhaupt ist, das in der Geschichte der Salzburger Festspiele aufgeführt wird. Vielleicht könnte man Barber also als eine Art transatlantischen Vermittler bezeichnen? Seine Sinfonie wirkt wie ein Hybrid: In ihren bombastischen Blechbläserfanfaren zeigt sie ein amerikanisches Gesicht, in ihrem elegischen, lyrischen Ton wirkt sie eher europäisch. Barber ist oft vorgeworfen worden, rückwärtsgewandt zu sein – sein expressiver, spätromantisch

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anmutender Ton ignoriere die Impulse der Avantgarde. Aber vielleicht macht genau das seine Besonderheit aus: Ein Amerikaner, der den europäischen Belcanto in seine Musik holt und ihn dort fortschreibt – zu einer gemeinsamen amerikanisch-europäischen Tradition? Es passt jedenfalls gut, dass Barbers bekanntestes Werk mit dem Dirigat eines Italieners seinen Durchbruch erreicht: 1938 bringt Arturo Toscanini das Adagio for Strings in einem im Rundfunk übertragenen Konzert zu Gehör und macht es weltberühmt. Und es passt nicht minder gut, dass Barber seine Liebe zu Europa nicht nur beruflich, sondern auch privat lebte: Sein langjähriger Lebensgefährte war Gian Carlo Menotti.

Ein Orchester im Meer

Ab den 1960er Jahren, als das Fliegen immer selbstverständlicher und erschwinglicher wird, stellen die Schifffahrtslinien ihre transatlantischen Verbindungen zunehmend ein. Doch die Faszination für den Mythos Luxusliner erlischt nie ganz, im Gegenteil – heute haben Kreuzfahrten Hochkonjunktur. Es scheint, als sehnten sich die Menschen inmitten der rasanten globalen Vernetzung des 21. Jahrhunderts, inmitten der Auflösung von Raum und Zeit, wieder nach Langsamkeit, danach, das Zurücklegen von Distanzen in »Echtzeit« zu erfahren. Wie früher versuchen die Reedereien auch heute, sich gegenseitig zu übertreffen: Auf dem neuesten Kreuzfahrtschiff, »Wonder of the Seas«, haben 7000 Reisende Platz, es gibt 19 Pools, 20 Restaurants, eine Indoor-Eisbahn, einen Kletterpark, einen Surf-Simulator ... Ein schwimmender Abenteuerspielplatz.

Dabei muss man kein CO2 verbrauchen, um sich auf große Fahrt zu begeben: Im Auftrag der Komischen Oper Berlin hat der 1984 geborene Komponist Sven Daigger mit seinen Schwärmen in V Formationen eine Art modernes Concerto Grosso* geschrieben – ein Werk, das sich weit in den Raum hinein aufspannt. Das Orchester sitzt auf der Bühne, zwölf Solist:innen stehen verteilt in den Rängen, im Zuschauerraum musizieren Instrumentalist:innen des Friedrich-Ebert-Gymnasiums Berlin. Profis und Laien kommen zum gemeinsamen Musizieren zusammen, kultivieren gewissermaßen einen »Transatlantik im Kleinen«. Denn sie geben die Klänge wie in einer großen Welle weiter, fluten den Raum mit Musik. Inmitten dieses Klangmeeres kann man sich fühlen, wie auf einem Schiff, getragen von den hohen Wellen des Ozeans. Man kann sich dieses große Stück Wasser vergegenwärtigen, das Menschen und Kontinente jahrhundertelang getrennt, aber auch verbunden hat. Man kann aber zugleich dem Auftakt einer neuen Geschichte beiwohnen: Es war einmal ein Dirigent aus Amerika, der kam über den Atlantik nach Berlin, um an der Komischen Oper …

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JAMES GAFFIGAN

Der US-amerikanische Dirigent James Gaffigan wird für seine natürliche Leichtigkeit und seine überragende Musikalität gefeiert. Er ist Musikdirektor des Palau de les Arts Reina Sofía in Valencia. Als Gastdirigent ist er beim Netherlands Radio Philharmonic Orchestra sowie dem Trondheim Symphony Orchestra & Opera tätig. Außerdem ist er Musikdirektor des Verbier Festival Junior Orchestra, wo er sich für die Ausbildung vielversprechender junger Musiker:innen einsetzt.

Zu seinen sinfonischen Höhepunkten zählen Auftritte mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, den Münchner Philharmonikern, der Staatskapelle Dresden, den Wiener Symphonikern, dem London Symphony Orchestra, London Philharmonic Orchestra, Royal Concertgebouw Orchestra, Orchestre de Paris, Rotterdam Philharmonic Orchestra, Mozarteumorchester Salzburg, Orchestra of the Age of Enlightenment, TonhalleOrchester Zürich, Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra sowie dem Seoul Philharmonic Orchestra. In seiner Heimat Nordamerika arbeitet James Gaffigan außerdem mit Orchestern in New York, Chicago, Philadelphia, Pittsburgh, Toronto, Montréal und Los Angeles zusammen. Als Stammgast an der Metropolitan Opera und der Bayerischen Staatsoper ist James Gaffigan gleichermaßen in der Oper zu Hause und dirigiert am Opernhaus Zürich, der Wiener Staatsoper, der Staatsoper Hamburg, der Dutch National Opera, dem Glyndebourne Festival, der Lyric Opera of Chicago und der Santa Fe Opera. James Gaffigan war Erster Preisträger der International Conductor’s Competition Sir Georg Solti 2004. 2009 absolvierte er eine dreijährige Amtszeit als Musikalischer Assistent des San Francisco Symphony Orchestra, eine Position, die Michael Tilson Thomas für ihn geschaffen hatte. Zuvor war Gaffigan stellvertretender Dirigent des Cleveland Orchestra, wo er mit dem Musikdirektor Franz Welser-Möst zusammenarbeitete. Von 2011 bis 2021 war Gaffigan Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters.

James Gaffigan ist ab der Spielzeit 2023/24 neuer Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin.

14 BIOGRAFIEN

JOHN CHEST

Der amerikanische Bariton John Chest studierte am Chicago College of Performing Arts der Roosevelt University und machte dort seinen MasterAbschluss. Zu seinen jüngsten Auftritten gehören Mendelssohns Walpurgisnacht am Teatro Massimo di Palermo, Conte d’Almaviva in Le nozze di Figaro an der Opéra National de Lyon, Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen mit dem Orchestre National de Lille, eine Konzerttour mit Maxim Emelyanychev, Joyce DiDonato, Lisette Oropesa, Michael Spyres und Il Pomo d’oro mit Händels Theodora sowie ein mitreißendes Debüt als Rodrigue in einer Neuproduktion von Don Carlos am Theater Basel. Seine bisherigen Opernengagements umfassen die Titelrolle in Billy Budd an der Deutschen Oper Berlin und der San Francisco Opera, Pelléas in Pelléas et Mélisande in Glyndebourne, Albert in Werther am Théâtre des Champs-Élysées, Nick Carraway in The Great Gatsby an der Staatsoper Dresden, Valentin in Faust am Théâtre du Capitole de Toulouse und am Teatro Real in Madrid, die Titelrolle in Don Giovanni an der AngersNantes Opéra, Figaro in Il barbiere di Siviglia, Papageno in Die Zauberöte, Ford in Falsta und Silvio in Pagliacci an der Deutschen Oper Berlin, Guglielmo in Così fan tutte an der Bayerischen Staatsoper, der Hamburgischen Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin, Il Conte

d’Almaviva in Le nozze di Figaro am Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg, der Opera Philadelphia und der Deutschen Oper Berlin, Marcello in La Bohème an der Washington National Opera und der Semperoper Dresden, Nardo in La nta giardiniera und Demetrius in A Midsummer Night’s Dream beim Festival d'Aix-en-Provence sowie Ned Keen in Peter Grimes an der Norwegischen Nationaloper. Mit gleicher Leidenschaft widmet sich John Chest dem Kunstlied. So sang er Liederabende auf dem Festival d'Aix-en-Provence, in der Pariser Philharmonie, der Essener Philharmonie und der Wigmore Hall. Er nahm Brahms’ Die schöne Magelone mit Marcelo Amaral auf und ist auf allen vier Teilen von Malcolm Martineaus The Complete Songs of Fauré zu hören.

2017 nahm Chest für die USA an der BBC Cardiff Singer of the World Competition teil. Im gleichen Jahr erhielt er ein Karrierestipendium der Richard Tucker Music Foundation. Er erzielte den ersten Platz bei der renommierten Stella Maris International Vocal Competition 2010 und erhielt den Arleen Augér Preis beim Internationalen Gesangswettbewerb von ’s-Hertogenbosch 2012. Bis 2016 war er Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin und ist Absolvent des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper.

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BIOGRAFIEN
18 BIOGRAFIEN

Orchester der Komischen Oper Berlin

Zur Komischen Oper Berlin gehört von Anbeginn das eigene Orchester: Die Eröffnung des Hauses 1947 war auch die Geburtsstunde dieses neu gegründeten Klangkörpers, mit dem Walter Felsenstein seine Auffassung von Musiktheater verwirklichen wollte.

Von Anfang an profilierte sich das Orchester durch einen Konzertzyklus. Dirigenten wie Otto Klemperer, Václav Neumann, Robert Hanell und Kurt Masur prägten das Orchester dabei maßgeblich sowohl in Opernproduktionen als auch im Konzertbereich.

Zahlreiche Aufnahmen zeugen von der schon damals erreichten Ausstrahlung des Orchesters, die von späteren Generalmusikdirektoren wie Rolf Reuter, Yakov Kreizberg, Kirill Petrenko und Henrik Nánási noch intensiviert wurde. Viele bedeutende Gastdirigent:innen haben das künstlerische Spektrum erweitert, unter ihnen Rudolf Kempe, Hartmut Haenchen, Rudolf Barschai, Lothar Zagrosek, Fabio Luisi, Neville Marriner, Roger Norrington, Vladimir Jurowski, Simone Young und Dennis Russell Davies. Ein besonderes Gewicht wurde und wird auch der zeitgenössischen Musik beigemessen. So hat das Orchester der Komischen Oper Berlin viele Uraufführungen in Zusammenarbeit mit Komponisten wie Benjamin Britten, Hans Werner Henze, Giuseppe Manzoni, Siegfried Matthus, Aribert Reimann, Krzysztof Penderecki, Hans Zender und Christian Jost erarbeitet. Auch die Liste international renommierter Gastsolist:innen aus dem In- und Ausland spiegelt die große Bandbreite musikalischer Stile und Genres in der Arbeit des Orchesters: Es sangen, musizierten und rezitierten gemeinsam mit dem Orchester so unterschiedliche Künstler:innen wie Rudolf Buchbinder, Gidon Kremer, Barbara Hendricks, Gabriela Montero, Maria Farantouri, Dominique Horwitz, Lars Vogt, Daniel Hope, Till Brönner und viele andere.

Das Repertoire spiegelt die ganze Vielfalt der Musikgeschichte wider: von Monteverdi über Händel und Mozart, die großen romantischen Komponist:innen des 19. Jahrhunderts bis hin zur frühen Moderne und dem Musikschaffen unserer Zeit. In Kammerkonzerten in unterschiedlichsten Formationen setzen sich die Mitglieder des 112 Musiker:innen umfassenden Orchesters zudem für die Kammermusik ein. Einen wichtigen Schwerpunkt legt das Orchester der Komischen Oper Berlin auf Konzerte für Kinder und Jugendliche, die die pädagogische Verantwortung und den Wunsch unterstreichen, neue und junge Publikumsgenerationen für klassische Musik zu begeistern.

Ab der Spielzeit 2023/24 wird der US-amerikanische Dirigent James Gaffigan neuer Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin.

19 ORCHESTER

THE WORKS IN A NUTSHELL

LUKAS FOSS: INTRODUCTIONS AND GOODBYES

We have all experienced it: Pointless small talk at a party. The composer Lukas Foss, who emigrated from Berlin to the USA, has turned exactly that into the subject of a short opera: In his mini-drama for solo baritone, a small chorus and orchestra, lasting only 9 minutes, he parodies meaningless greetings and farewells—while colorfully creating a full-fledged opera: including overture, choruses and »dramatic« arias

PAUL HINDEMITH: SYMPHONIC METAMORPHOSIS OF THEMES BY CARL MARIA VON WEBER

In American exile, of all places, Paul Hindemith turned towards the »original German« music of Carl Maria von Weber: he was to write a ballet on Weber’s themes for the choreographer Léonard Massine. Although the collaboration with Massine quickly fell through, Hindemith still completed the work. He wrote a gripping, rhythmic score that seems far removed from German Romanticism but close to the pulse of America. In 1944, Metamorphosis premiered to great acclaim in New York.

SVEN DAIGGER: SCHWÄRMEN IN V FORMATIONEN

Sven Daigger is one of the most successful young German composers. The Leipzig Gewandhaus Orchestra, the Hamburg State Opera, the German Music Council, the Junge Norddeutsche Philharmonie and many more have commissioned works by him. Already during his studies with Adriana Hölszky and Wolfgang Rihm, Daigger received important international composition prizes. In Schwärmen in V Formationen (the title is a play on ›swarms in V formations,‹ whereby ›Schwärmen‹ here also means to rhapsodize), his world premiere for the Komische Oper Berlin, he brings together amateurs and professionals to create a comprehensive spatial sound.

SAMUEL BARBER: SYMPHONY NO. 1

The name of the American composer Samuel Barber is probably associated first and foremost with his Adagio for Strings. Yet Barber wrote many other works, including exciting operas and symphonies. His first symphony was written during a stay in Rome and premiered there in 1936. The Italian conductor Bernardino Molinari took the podium and described the work as »moderna ma seria« – »modern, but serious.«

20 THE WORKS IN A NUTSHELL

L’ESSENTIEL SUR

LES ŒUVRE

LUKAS FOSS : INTRODUCTIONS AND GOOD-BYES

Qui ne connaît pas cela ? Bavardages insignifiants dans une party. Lukas Foss, compositeur berlinois émigré aux USA, en a précisément fait le thème d’un court opéra : dans un mini-drame de seulement 9 minutes pour bariton solo, petit chœur et orchestre, il parodie les cérémoniels de salutations et adieux vides de sens – tout en créant un véritable opéra haut en couleurs comprenant : ouverture, chœurs et airs »dramatiques«.

PAUL HINDEMITH : MÉTAMORPHOSES SYMPHONIQUES SUR DES THÈMES DE CARL MARIA VON WEBER

C’est précisément pendant son exil en Amérique que Paul Hindemith se souvint de la musique »typiquement allemande« d’un Carl Maria von Weber : sur des thèmes de Weber, il devait écrire un ballet pour le chorégraphe Léonard Massine. La coopération avec Massine fut rapidement rompue, Hindemith acheva néanmoins son œuvre. Il écrivit une musique rythmique, captivante, fort éloignée du romantisme allemand mais en revanche proche, semble-t-il, du rythme de la vie américaine. Les Métamorphoses eurent un grand succès lors de leur première en 1944 à New York.

SVEN DAIGGER

: SCHWÄRMEN

IN V FORMATIONEN

Sven Daigger est l’un des compositeurs allemands les plus reconnus de la jeune génération. Des œuvres sur commande lui assurent d’étroites relations avec le Gewandhausorchester de Leipzig, le Staatsoper de Hambourg, le Deutscher Musikrat, la Junge Norddeutsche Philharmonie et bien d’autres. Dès ses études auprès d’Adriana Hölszky et Wolfgang Rihm, Daigger a reçu d’importants prix de composition de portée internationale. Dans Schwärmen, œuvre créée pour le Komische Oper Berlin, dont le titre fait allusion aux formations en V des vols, il déploie un vaste espace vocal englobant profanes et professionnels.

SAMUEL BARBER : SYMPHONIE NO. 1

Le nom du compositeur américain Samuel Barber est lié avant tout à son Adagio for Strings. Barber a pourtant écrit de nombreuses autres œuvres, dont d’intéressants opéras et symphonies. Sa symphonie no. 1 fut créée pendant son séjour à Rome où la première eut lieu en 1936 sous la direction du chef d’orchestre italien Bernardino Molinari qui qualifia l’œuvre de »moderna ma seria« – »moderne, mais grave«.

21 L’ESSENTIEL SUR LES ŒUVRE

KISACA ESERLER

LUKAS FOSS: INTRODUCTIONS AND GOOD-BYES

Bir partide anlamsız havadan-sudan konuşmaların yapıldığı bir ortamda bulunmayan var mıdır? Berlin’den ABD’ye göç etmiş olan besteci Lukas Foss, işte tam da bu durumu kısa bir operanın konusu haline getirmiş: Solo bariton, küçük koro ve orkestra için yazdığı ve içeriği boşaltılmış, kalıplaşmış selamlaşma ve vedalaşma ifadeleriyle alay ettiği bu mini-drama sadece 9 dakika sürüyor. Ancak yine de rengarenk ve bir operanın sahip olması gereken bütün bölümleri içeren bir eser: uvertür, korolar ve »dramatik« aryalar.

PAUL HINDEMITH: CARL MARIA VON WEBER’IN TEMALARINI IŞLEYEN SENFONIK METAMORFOZLAR

Paul Hindemith, Amerika’da yaşadığı sürgünde Carl Maria von Weber’in »tipik«, diğer bir deyişle kökleri geçmişe uzanan »orijinal Alman« müziğine yüzünü döner: Kendisinden, koreograf Léonard Massine için Weber’in temaları üzerine bir bale bestelemesi istenmiştir. Massine ile iş birliği kısa sürede bozulmuş olsa da Hindemith eseri tamamlar. Sonuçta, Alman romantizminden uzak ama Amerika’nın nabzına yakın görünen sürükleyici, ritmik bir müzik eseri ortaya çıkmıştır. Metamorfozlar, 1944 yılında New York’ta büyük bir başarıyla prömiyerini gerçekleştirmiştir.

SVEN DAIGGER: SCHWÄRMEN IN V FORMATIONEN

Sven Daigger, Almanya’daki genç besteci kuşağının en başarılı temsilcilerinden birisidir. Sipariş üzerine yazdığı eserler onu Leipzig Gewandhaus Orkestrası, Hamburg Devlet Operası, Deutscher Musikrat, Junge Norddeutsche Philharmonie ve birçok başka orkestra ile buluşturur. Daigger, henüz Adriana Hölszky ve Wolfgang Rihm’den ders aldığı sıralarda, önemli uluslararası beste ödüllerine layık görülmüştür. Komische Oper Berlin için, dünya prömiyerini yaptığı

Schwärmen’de (Tercümanın notu: Göçmen kuşların sürü halinde V formasyonu oluşturarak uçmasını anlatan terim) amatörleri ve profesyonelleri bir araya getirdiği bir çevresel ses düzeni yaratıyor.

SAMUEL BARBER: SENFONI NO. 1

Amerikalı besteci Samuel Barber’in adı anıldığında, herhalde en çok Yaylı Çalgılar İçin Adagio adlı eseri akıllara gelir. Oysa Barber, heyecan verici operalar ve senfoniler de dahil olmak üzere birçok başka esere de imza atmıştır. İlk senfonisini Roma’da bulunduğu sırada bestelemiş ve eserin prömiyeri de 1936 yılında yine Roma’da gerçekleştirilmiştir. Orkestra şefliğini üstlenen İtalyan Bernardino Molinari eseri »moderna ma seria«, yani »modern, ama ciddi« sözleriyle tarif etmiştir.

KISACA ESERLER
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ALEATORIK (von lat. aleatorius = »zum Spieler gehörig«, alea »Würfel«) meint in der Kunst die Verwendung von nicht-systematischen Techniken, die zu einem unvorhersehbaren, weitgehend zufälligen Ergebnis führen

ANDANTE (ital. = gehend) Musikalische Tempo- und Vortragsanweisung

BELCANTO, BELCANTESK (von ital. bel canto = »schöner Gesang«) seit dem 19. Jahrhundert Bezeichnung für die Gesangskunst, die in Italien zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Geburt der Gattung Oper entstand und die menschliche Stimme und ihre Möglichkeiten der (Aus-)Gestaltung einer Melodielinie ins Zentrum rückt.

CONCERTO GROSSO (ital. = großes Konzert) eine im Barock entwickelte Konzertform, bei der eine kleine Solistengruppe (Concertino) abwechselnd gemeinsam mit dem Orchester (Ripieno) und solistisch musiziert.

KOPFSATZ ist der erste Teil einer mehrteiligen Komposition (Sinfonie, Sonate, Konzert), die überwiegend in Sonatenhauptsatzform steht. Er ist der thematisch reichste Satz und stellt zwei, gelegentlich drei oder mehr musikalische Themen, das Haupt- sowie das Seiten-Thema, vor. Bei mehrsätzigen Werken bildet der Schluss-Satz meist das Gegenstück zum Kopfsatz.

PASSACAGLIA (von span. pasar una calle = »ein Straße entlang gehen«) eine Form der musikalischen Variation auf der Basis einer gleich bleibenden Basslinie, die mehrfach wiederholt wird.

PALINDROM (altgriechisch palíndromos = »rückwärts laufend«) bezeichnet Wörter, Wortreihen oder Sätze, die rückwärts gelesen genau denselben Text oder zumindest einen Sinn ergeben. Musik-Palindrome sind musikalische Sequenzen, die rückwärts gespielt gleich klingen (wie z. B. ein Krebskanon).

SERIELLE MUSIK dehnt die in der Zwölftontechnik entwickelte Organisation des musikalischen Materials in festgelegte Reihen auf alle Parameter (Tondauer, Tonhöhe, Lautstärke) der Musik aus.

SCHERZO (von ital. scherzo = Scherz) ist der zumeist heitere und bewegte

3. Satz einer Sonate, Sinfonie oder eines Kammermusikwerkes. Hervorgegangen aus dem Menuett, einem dreiteiligen Tanzsatz im 3/4-Takt, welcher der höfischen Tanzmusik des Barock entstammt.

23 GLOSSAR
Glossar

IMPRESSUM

Herausgeberin

Komische Oper Berlin

Dramaturgie

Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin

www.komische-oper-berlin.de

Intendanz Susanne Moser, Philip Bröking

Generalmusikdirektor James Gaffigan (ab 2023/24)

Redaktion Maximilian Hagemeyer

Layoutkonzept www.STUDIO.jetzt Berlin

Gestaltung Hanka Biebl

Druck Druckhaus Sportflieger

Quellen Der Text von Sylvia Roth ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Übersetzungen von Saskya Jain (englisch), Anne-Marie Geyer (französisch) und Mehmet Çallı (türkisch).

Bilder S. 6: World History Archiv / Alamy Stock Foto

S. 15: Vera Hartmann

S. 16: Gerard Collett

S. 18: Jan Windszus Photography

Redaktionsschluss 16. Februar 2O23

Änderungen vorbehalten

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IMPRESSUM

KONTRAFAGOTT

Das Zanken und Zerren um das einzig vorhandene Kontrafagott in unserem Hause hat nun endlich ein Ende gefunden: Dank der großzügigen Unterstützung des Förderkreises der Komischen Oper Berlin konnte ein zusätzliches wunderbares Instrument der Firma Püchner erworben werden. An dieser Stelle gilt allen Spendern unser größter Dank!

Wir sind glücklich und dankbar, dass die Firma Püchner uns in sehr kurzer Zeit ein so tolles Kontrafagott liefern konnte! Im heutigen Sinfoniekonzert können Sie, verehrtes Publikum, dieses besondere Instrument erleben!

UNSERE BEIDEN FAGOTTIST:INNEN YU-TUNG SHIH UND MARIO KOPF © JAN WINDSZUS PHOTOGRAPHY

Vorschau

SINFONIEKONZERT MIT »BANG!«

ZU NEUEN UFERN

Fr, 14. Okt 2022

Sinfoniekonzert mit Holly Hyun Choe und Marianna Bednarska

BAROCKE GEZEITEN

EBB’ UND FLUTH

TERMIN

Fr, 9. Dez 2022

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Nadja Zwiener und Elina Albach

EIN SINFONISCHLITERARISCHER ABEND

JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN

TERMIN

Fr, 11. Nov 2022

Sinfoniekonzert mit Dirk Kaftan und Katharina Marie Schubert

DAS ETWAS ANDERE NEUJAHRSKONZERT!

FRANKENSTEIN!!

TERMIN

So, 1. Ja n 2023

18 Uhr

Sinfoniekonzert mit James Gaffigan, Max Hopp und Nadja Mchantaf

SINFONISCHE MODERNE ZWISCHEN NEW YORK

TRANS-

ATLANTIC TERMIN

Fr, 24. Feb 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit James Gaffigan und John Chest

SINFONISCHE GESÄNGE VON MAHLER BIS ANDRIESSEN

VOLXMUSIK

TERMIN

Fr, 31. März 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Brandon Keith Brown und Wallis Giunta

SINFONISCHE SHAKESPEAREVERTONUNGEN

»SEIN ODER NICHTSEIN?«

TERMIN

Fr, 21. Apr 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Erina Yashima

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20 Uhr
20 Uhr
TERMIN
VORSCHAU
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