Sinfoniekonzert: Ebb’ und Fluth I Komische Oper Berlin

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Ebb’
BAROCKE GEZEITEN
und Fluth

inhalt

DIE WERKE IN KÜRZE

BAROCKE GEZEITEN von Meike Lieser

BIOGRAFIEN

The works in a nutshell

L'essentiel sur les œuvres Kısaca eserler GLOSSAR IMPRESSUM

8 14 20 21 22 23 25

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FREITAG, 9. DEZEMBER 2022, 20 UHR

Ebb’ und Fluth BAROCKE GEZEITEN

MUSIKALISCHE LEITUNG Nadja Zwiener, Violine SOLISTIN Elina Albach, Cembalo

Es spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin.

PROGRAMM

GEORG PHILIPP TELEMANN [1681–1767]

Hamburger Ebb’ und Fluth 55:C3

ARCANGELO CORELLI [1653–1713]

Concerto grosso in g-Moll op. 6, Nr. 8 Fatto per la Notte di Natale

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL [1685–1759]

Concerto grosso op. 5, Nr. 4 Passacaglia

JOHANN SEBASTIAN BACH [ 1685–1750 ]

Orchestersuite Nr. 3 D-Dur BWV 1068

Einführungsgespräch 45 min vor Beginn im Foyer

#KOBSiKo

Die Werke in Kürze

GEORG PHILIPP TELEMANN : HAMBURGER EBB’ UND FLUTH 55:C3

Georg Philipp Telemanns Wassermusik ist auch bekannt unter dem Namen Hamburger Ebb’ und Fluth, dem Titel des vorletzten Satzes. Diese zehnsätzige Festmusik zum 100-jährigen Jubiläum der Hamburger Admiralität (1723) führt erst einmal hinaus aufs offene Meer: Die maritimen Gottheiten Thetis und Neptun und andere Wasserwesen werden in verschiedenen Sätzen vorgestellt, ebenso wie die strengen und die sanften Winde, die für die Schifffahrt entscheidend sind. Die Ebbe und Flut der Elbe in Hamburg und ein Tanz der »lustigen Bootsleute« runden das fröhlich-festliche Werk ab.

ARCANGELO CORELLI : CONCERTO GROSSO IN G-MOLL OP. 6, NR. 8 FATTO PER LA NOTTE DI NATALE

Das Weihnachtskonzert von Arcangelo Corelli ist nicht nur sein bekanntestes Werk, sondern auch eins, das Maßstäbe setzte. Eine ganze Ära von Weihnachts- und Pastoralmusiken nahm damit im 17. Jahrhundert ihren Anfang. Im Stil des Concerto grosso*, das Corelli entscheidend mitprägte, sind in den sechs Sätzen abwechselnd eine kleine und eine große Besetzung zu hören, die sich am Schluss zu einem Ensemble vereinigen.

Ein Großmeister auch der kleinen Kunst ist ebenfalls Georg Friedrich Händel, neben Bach und Telemann der bedeutendste deutsche Barockkomponist. Die Passacaglia aus einer seiner Triosonaten (op. 5, Nr. 4) erfreut sich so großer Beliebtheit, dass sie auch in vielen Bearbeitungen vorliegt und von verschiedensten Besetzungen gespielt wird.

JOHANN SEBASTIAN BACH: ORCHESTERSUITE NR. 3 D-DUR BWV 1068

Johann Sebastian Bachs Orchestersuiten folgen dem traditionellen Aufbau einer Suite, die nach einer ausführlichen Ouvertüre eine Reihe von Tänzen vorsieht. Bachs dritte Suite kann mit Oboen, Trompeten und Streichern eine besonders festliche Besetzung vorweisen. Umso mehr berührt nach der prächtigen Ouvertüre der zweite Satz, der nur in schlichter Streicherbesetzung vorgestellt wird: das berühmte Air, eines der bekanntesten klassischen Musikstücke überhaupt. Die Suite wird abgerundet durch typische Barocktänze: Gavotte, Bourrée und Gigue

* Lost in translation?

Mehr dazu im Glossar auf S. 28

7 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Ebb’ und Fluth

Barocke Gezeiten

Die Wassermusik Hamburger Ebb‘ und Fluth des in der Hansestadt wirkenden Georg Philipp Telemann hat diesem Programm seinen Namen gegeben. Denn gleich wie die Gezeiten das Meer immer wieder verändern, es abwechselnd zurücktreten und wieder anschwellen lassen, so kommen im Verlaufe des heutigen Abends wechselnde Besetzungen, auch innerhalb der gespielten Werke, zum Einsatz – vom Trio über das Kammerensemble bis zum großen Orchester ist alles dabei! Das Concerto grosso* und die Suite spielen als Genres bewusst mit den klanglichen und dynamischen Kontrasten, die sich durch solch wechselnde Besetzungen erreichen lassen.

Der Abend beginnt mit dem namensgebenden Stück. Wobei es genau genommen ein einzelner Satz ist, der Telemanns Wassermusik zum inoffiziellen Titel Hamburger Ebb‘ und Fluth verhalf. Denn der größte Teil des Werkes führt aufs Meer hinaus und nur die beiden letzten der zehn Sätze nach Hamburg. Die Stadt spielt jedoch eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung des Werks: Die Hamburgische Admiralität, eine ihrer wichtigsten Institutionen, beging im Jahr 1723 ihr 100-jähriges Bestehen und bestellte für die entsprechenden Festlichkeiten beim Director Musices, dem Musikdirektor Georg Philipp Telemann, die musikalische Untermalung. Gewünscht war zum einen ein weltliches Oratorium, in dem die Bedeutsamkeit der Hamburgischen Admiralität dargestellt wurde. Zum anderen aber sollte schon vorab, während des festlichen Banketts, eine Instrumentalmusik auf dieses Werk einstimmen – eine Wassermusik also. Es galt, eine Institution zu ehren, die von der Verwaltung des Hafens in Hamburg bis zur Bekämpfung der Piraterie auf offener See zahlreiche wichtige Funktionen rund um die Gewässer zu erfüllen hatte.

Wie es dem Brauch der Zeit entsprach, griff Telemann nach den damals allseits bekannten und beliebten Figuren der griechischen Mythologie, um

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diese Aufgabe zu erfüllen, und verband sie mit zeitgenössischen Tanzformen, die seinem Publikum zweifellos ebenfalls vertraut waren. Die Form des Gesamtwerks entspricht dem einer Suite, also einer Folge von Tänzen.

Zunächst erklingt eine lange Ouvertüre*, die an den französischen Stil angelehnt ist: Auf einen langsamen Teil folgt ein schnellerer mittlerer, bevor der langsame Teil wiederholt wird. Telemann erweitert dies noch, indem er auch den Mittelteil wiederholt, jedoch in veränderter Besetzung, bevor dann eine kurze Reprise* des Anfangsteils die Ouvertüre beschließt. Vielleicht ist dies schon der Beginn der Reise aufs offene Meer mit seinen wechselnden Gezeiten? Es folgen eine Sarabande* und eine Bourrée*, die die erst schlafende und dann erwachende Meeresgöttin Thetis darstellen. Im vierten Satz wird Neptun (Poseidon) höchstpersönlich vorgestellt: der oberste Meeresgott, der als Herrscher aller Gewässer das Schicksal der Seefahrenden in der Hand hat. Doch in der ruhigen Loure*, die ihm gewidmet ist, lässt er keine Seestürme brausen. Der Titel des Satzes verrät uns den Grund: Neptun ist verliebt … Vielleicht in die spielenden Najaden (Nymphen) des 5. Satzes, die eigentlich die Gewässer bewachen sollen und stattdessen Gavotte* tanzen? Der 6. Satz ist ausnahmsweise kein barocker Tanz, sondern eine Harlequinade*, also ein lustiges Schauspiel. Seine Bezeichnung »Der schertzende Tritonus« bezieht sich auf Triton, einen Sohn des Neptun/Poseidon, der damals als besonders fröhliche Gottheit galt. Heutzutage ist sein Name vor allem im Zusammenhang mit der Disney-Figur Arielle bekannt, deren Vater er ist. Doch neben dem Wasser ist noch ein anderes Element wichtig für die Seefahrt: der Wind. Ihm sind die nächsten beiden Sätze gewidmet. Aoelus, der Herr aller Winde, präsentiert sich als Herr der von den Seefahrenden so gefürchteten Stürme, doch ihm folgt sogleich mit einem Menuett* einer seiner Untergebenen, der auch für gutes Reisewetter sorgen darf: Zephyr, der Gott der sanften Westwinde. Und damit sind wir bereits beim neunten Satz angelangt, denn der Westwind hat das Schiff nach Hause gebracht, und nun werden in einer Gigue die Hamburger Ebbe und Flut vorgestellt. Mit dem zehnten und letzten Satz, dem lustigen Tanz der Bootsleute, findet die Wassermusik ihr fröhliches Ende.

Georg Philipp

Telemann

Hamburger Ebb’ und Fluth 55:C3

Telemann, der Meister des »galanten Stils«*, konnte bei diesem bezaubernden Werk in Tonmalereien schwelgen und nutzte dies genussvoll aus – nicht zuletzt auch durch wechselnde Besetzungen. Denn das Motto, das er in seiner ersten Autobiografie beschrieb, lautete: »Gib jedem Instrument das, was es leiden kann / So hat der Spieler Lust, du hast Vergnügen dran.«

Uraufführung: 6. April 1723

Heute zum ersten Mal an der Komischen Oper Berlin

Ob so wohl auch sein italienischer Kollege Arcangelo Corelli dachte? Der galt als einer der virtuosesten Geiger seiner Zeit und prägte die Spieltechnik dieses Instruments bis in die folgenden

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Jahrhunderte entscheidend mit. So verwundert es nicht, dass auch in seinen Kompositionen die Violine oftmals eine große Rolle spielt, besonders in den weltlichen Werken. Der in der Nähe von Bologna geborene (und daher »Il Bolognese« genannte) Künstler verbrachte einen großen Teil seines Lebens in Rom, wo er als Komponist unter anderem im Dienst der Ex-Königin Christina von Schweden und verschiedener hoher geistlicher Würdenträger stand. Der äußerst produktive Corelli trug viel zur Weiterentwicklung verschiedener musikalischer Formen bei, von der Kammermusik bis zur Kirchensonate.* Besonders bedeutsam aber wurde seine Beschäftigung mit der Form des Konzerts: Arcangelo Corelli gilt heute als der eigentliche Vater des Concerto grosso.* Typisch für diese Konzertform ist die Besetzung mit zwei Orchestern, einem großen (dem namensgebenden »Concerto grosso«) und einem kleinen (»Concertino«). Diese beiden Gruppen wechseln sich zumeist ab, spielen jedoch manche Passagen auch gemeinsam (ripieno). Natürlich ermöglicht dieser ständige Wechsel zwischen den Ensembles die verschiedensten Klangfarben – und er ermöglicht es dem Komponisten, das ihm zur Verfügung stehende große Musikerteam komplett einzusetzen und trotzdem auch kammermusikalische Elemente in sein Werk zu integrieren. In gewisser Weise finden sich also auch hier musikalische Gezeiten: Es ist ein Auf- und Ab-ebben der Klänge auch jenseits des Meeres…

Obgleich Corelli heute längst nicht mehr so berühmt ist wie im 18. und auch noch im 19. Jahrhundert, erfreut sich das achte seiner Zwölf Concerti grossi op. 6 nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Der gesamte Zyklus, wohl um 1711 beendet, war ein Auftrag des Kardinals Pietro Ottoboni in Rom, bei dem Corelli seit langem im Dienst stand, und gehört vermutlich zu den letzten Werken des damals schon kranken Komponisten. Das achte Konzert spielt dabei eine ganz besondere Rolle. Es trägt den Beinamen fatto per la notte di Natale (geschrieben für die Weihnacht) und war ausdrücklich als Konzert für die mitternächtliche Weihnachtsmesse vorgesehen.

Arcangelo Corelli

Concerto grosso in g-Moll op. 6, Nr. 8 Fatto per la Notte di Natale

Komponiert: wahrscheinlich Anfang der 1680er Jahre. Veröffentlicht 1714

Zum ersten Mal mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin gespielt am 19. Dezember 1971

Wie alle Concerti grossi Corellis ist auch das Weihnachtskonzert strukturell an eine sogenannte Sonata da chiesa* (Kirchensonate) angelehnt, allerdings in recht freier Form: Statt der sonst üblichen vier Sätze beinhaltet es sechs, die dazu noch sehr kurz sind. Die ersten fünf Sätze stehen in der Grundtonart g-Moll, wobei die häufig auch innerhalb der Sätze erfolgenden Tempowechsel auffallen. Der eigentliche Weihnachtssatz ist der sechste und letzte, der ausdrücklich die Bezeichnung Pastorale* trägt, bezogen auf die Hirten (pastores) der Weihnachtsgeschichte. Der Satz schließt ganz unmittelbar an den vorherigen an und statt der bisherigen Grundtonart g-Moll ertönt nun plötzlich lichtes G-Dur – im Barock eine Tonart, die für Festliches steht.

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Sogenannte Pastoralmusiken, wie sie bald genannt wurden, gehörten schnell zu den beliebtesten Formen der Weihnachtsmusik. Insbesondere Corellis Konzert wird auch heute noch regelmäßig aufgeführt und ist fester Bestandteil des Kanons der weihnachtlichen Musik.

Corellis Schaffen, nicht zuletzt auch sein Beitrag zur Weiterentwicklung der Konzertform, war von großer Bedeutung für die Kollegen seiner eigenen und der nachfolgenden Generationen. Auch Telemann, Bach und Händel wurden davon beeinflusst.

Georg Friedrich Händel

Triosonate op. 5, Nr. 4 Passacaglia Komponiert: wahrscheinlich 17371738

Zum ersten Mal mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin gespielt am 19. Dezember 1971

Georg Friedrich Händel könnte Corelli sogar persönlich begegnet sein, als er 1707 Rom bereiste. Dass er seine Musik kannte und schätzte, ist in seinem eigenen Werk unüberhörbar. Dies gilt für seine Concerti grossi ebenso wie für seine Sonaten. Doch gerade an letzteren lässt sich auch studieren, wie Händel die Strukturen des großen Vorbilds erweiterte und veränderte: Während sich sein erster Triosonatenzyklus* noch an die durch Corelli etablierte Form der Sonata da chiesa hält, ist der zweite Zyklus (Triosonaten op. 5) bereits viel freier in der Gestaltung. Der Zyklus wurde 1739 in London erstmals im Druck veröffentlicht. Er orientiert sich stark an der französisch-deutschen Tradition der Suiten, wie sie auch Bach und Telemann pflegten. Dies zeigt sich bereits in der äußerlichen Anlage dieser sieben Sonaten: Statt der üblichen vier haben sie alle fünf oder sechs Sätze. Auf Wunsch seines Verlegers arbeitete Händel teilweise Musik aus seinen erfolgreichen Bühnenwerken in die Sonaten mit ein, etwa aus den Ballett-Opern Ariodante und Alcina. Dabei zeigt sich seine Erfahrung als Komponist von Bühnenwerken, bei dem auch die Instrumentalmusik oftmals dramatische Qualitäten aufweist. Zugleich war Händel selbstverständlich auch ein Meister seines Fachs, wenn es um die Tänze seiner Zeit ging. Das zeigt sich zudem in der wunderschönen Sonate Nr. 4, die ebenso wie der gerade gehörte Schlusssatz von Corellis Weihnachtskonzert in der strahlenden Festtagstonart G-Dur steht. Die Sonate umfasst fünf Sätze, darunter ein Menuett und eine Gigue. Vor allem aber enthält sie eine Passacaglia, die zu den wohl beliebtesten Kammermusikstücken Händels zählt. Die ursprüngliche Besetzung aus zwei Violinen oder Traversflöten mit Continuo wurde schon vielfach variiert: vom Klavier-Solostück bis zur Orchesterbesetzung konnte man die Passacaglia bereits erleben.

Großer Popularität erfreuen sich auch die Orchestersuiten von Johann Sebastian Bach, von denen uns vier erhalten sind. Mit ihrem zweiten Satz, dem weltbekannten Air*, ist besonders die dritte Suite ein immer wieder gern gehörtes Werk. Wann sie genau entstanden ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen, doch gilt als gewiss, dass Bach sie spätestens 1723 in Leipzig

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Johann Sebastian Bach

Orchestersuite Nr. 3 D-Dur BWV 1068

Originalstimme erhalten von 1731, wahrscheinlich frühere Komposition und Aufführung

Heute zum ersten Mal mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin

mit seinem Collegium Musicum aufführte – in dem Jahr, in dem auch Telemanns Wassermusik ihre Uraufführung in Hamburg erlebte. Und auch im Aufbau gibt es Ähnlichkeiten: Ebenso Bach folgt der alten Regel, in seinen Suiten verschiedene zeitgenössische Tänze hintereinander spielen zu lassen, eingeleitet durch eine ausführliche Ouvertüre im französischen Stil. Tatsächlich sind die Ouvertüren der Suiten bei Bach sogar namensgebend, denn vielfach werden diese im Gesamten als »Ouvertüren« tituliert.

Die Suite Nr. 3 steht in der Tonart D-Dur, die im Barock, ebenso wie G-Dur, gern für besonders festliche Musik verwendet wurde. Kein Wunder: Sind doch beide Tonarten für Barocktrompeten ideal, die auch hier zum Einsatz kommen. Die dreiteilige Ouvertüre beginnt denn auch mit einem prächtigen, vollbesetzten Ensemble, in dem Trompeten und Pauken eine Klanggruppe bilden, Oboen und Streicher eine Weitere. Auch diese Ouvertüre besteht, wie die zuvor von Telemann Gehörte, aus mehreren Teilen. Der langsame erste Teil ist dem französischen Stil entsprechend gravitätisch und präsentiert sich mit einem punktierten Rhythmus. Ihm folgt ein schneller zweiter Part, in dem typischerweise verschiedene Stimmen in einem Fugato* geführt werden, bevor der erste Teil wiederholt wird. Genau wie Telemann erweitert aber auch Bach die übliche Ouvertürenform: Nicht nur wird im Mittelteil verschiedenen Instrumenten Raum gegeben für kleine konzertierende Momente, sondern die Wiederholung des ersten Abschnitts präsentiert diesen mit vielerlei Veränderungen. Auffällig ist, dass die Trompeten und Oboen hier keine Solopassagen haben; sie dienen tatsächlich in erster Linie der Klangfarbe – und der Fülle, mit der diese Ouvertüre den Saal flutet.

Nach diesem klangmächtigen Beginn mit Holz- und Blechbläsern ist der Kontrast zum nächsten Satz umso berührender: Das berühmte Air wartet nur mit einer Streicherbesetzung und Continuo auf. Der ruhige und besinnliche Satz mit seiner markanten Basslinie zeigt deutlich, dass diese gesamte Suite nicht mehr als Tanzstück komponiert wurde, auch wenn die Gattung der Suite seinerzeit darin ihren Anfang genommen hatte. Das Air wurde zu einem Lieblingsstück des gesamten Genres »Klassische Musik«, vielfach von Künstler:innen aller Musikrichtungen verarbeitet – und in den verschiedensten Besetzungen präsentiert …

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Die weiteren drei kurzen Sätze der Suite sind dann aber doch wieder Tanzsätze, wenn auch in stilisierter Form: Als dritter Satz folgt eine schwungvolle zweiteilige Gavotte, in der die festliche Besetzung mit Bläsern wieder aufgenommen wird. Auch die Bourrée bringt als vierter Satz nochmals das ganze Instrumentarium mit tänzerischem Einsatz zum Leuchten und geht unmittelbar in eine Gigue über, mit der die Suite einen festlichen Abschluss findet.

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Nadja Zwiener

Einen großen Teil ihrer musikalischen Ausbildung verbrachte Nadja Zwiener als Gründungsmitglied des Kuss Quartetts am Musikgymnasium Carl Philipp Emmanuel Bach in Ost-Berlin. Zu Beginn des Quartetts tauschten die drei Oberstimmen die Rollen. So gewöhnte sich Zwiener schon als Teenager daran, Musik als Gespräch auf Augenhöhe zu verstehen. Der Wunsch, in eine neue Kultur einzutauchen und die Reisemöglichkeiten, die sich nach dem Fall der Berliner Mauer ergaben, brachten sie für ein Aufbaustudium an der Guildhall School of Music and Drama nach London. Hier spielte sie als Barockgeigerin Claudio Monteverdis Marienvesper von 1610.

Die Kombination von Instrumenten und Stimmen, von Reichtum und Klarheit, von exotischen Klangfarben und ungewohnten harmonischen Strukturen war inspirierend. Die Arbeitsweise Christian Curnyns, der Sänger und Instrumentalisten zu einer echten Zusammenarbeit brachte, schien den Nervenkitzel des großen Musizierens mit dem intimen Ansatz eines Kammermusikers zu verbinden.

Diese Erfahrungen prägen weiterhin Nadja Zwieners Haltung als Leiterin von The English Concert. Hier genießt sie seit 2007 vielfältige Rollen als Leiterin, Kammermusikerin und Konzertsolistin unter Kolleg:innen, die musikalische Impulse ebenso geben wie empfangen können.

Besonders gerne arbeitet sie mit Sängerinnen und Sängern zusammen und kreiert interessante Kammermusikprogramme, die bis hin zur Kombination von Alter Musik mit improvisierter, elektronischer oder zeitgenössischer Musik und Tanz gehen können. Sie arbeitet regelmäßig mit dem Sounddesigner Johannes Malfatti und dem Choreografen Emanuele Soavi zusammen. Als stolze Thüringerin, die in Leipzig lebt, fühlt sich Nadja Zwiener in der Musik Johann Sebastian Bachs sehr wohl und freute sich, 2016 von Dirigent Hans-Christoph Rademann eingeladen zu werden, ein neues Orchester für historische Instrumente für die Internationale Bachakademie Stuttgart zu gründen und zu leiten. Hier konzentriert sie sich auf einen definierenden Komponisten und ein Repertoire mit einem eigenen, prägenden Klang, der auf der mitteldeutschen Tradition basiert.

Dies ist die perfekte Balance für ihre Arbeit mit Harry Bicket, Kristian Bezuidenhout und The English Concert, deren kaleidoskopischer und kollaborativer Ansatz die gleichen Qualitäten bietet, die ihr bei diesen Monteverdi-Proben vor zwanzig Jahren zum ersten Mal auffielen. Nadja Zwieners jüngste Aufnahme von Giuseppe Tartinis Konzert in h-Moll zeugt von ihrer Virtuosität als Solistin.

14 BIOGRAFIEN

Elina Albach

Elina Albach, Jahrgang 1990, studierte an der Schola Cantorum Basiliensis bei Jörg-Andreas Bötticher, leitete bereits das Vocalconsort Berlin, die Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker und unterrichtete an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden und der Hochschule für Musik Detmold Kammermusik, Generalbass und Cembalo. Sie trat in verschiedenen Besetzungen und solo auf zahllosen rennomierten Festivals und in legendären Häusern auf vier Kontinenten auf. Unter ihren zahlreichen Stipendien stach zuletzt das Fellowship #bebeethoven von PODIUM Esslingen und der Kulturstiftung des Bundes heraus, die 2017– 2021 jungen Künstler:innen ermöglichte, neue Wege in Aufführungspraxis, Interpretation und Komposition zu finden. In dieser Zeit entstanden mit CONTINUUM Projekte, die die Aktualität der Alten Musik ausloteten, spektakuläre Verschränkungen Alter und zeitgenössischer Musik mit der Entwicklung eines neuen Repertoires für barockes Instrumentarium und innovative Konzertdesigns. 2022 wurde Elina Albach eingeladen, die Residency »Younger than Jesus« mit vier Konzerten beim renommierten MA Festival in Brügge zu kuratieren und zu gestalten.

Derzeit arbeitet sie vor allem daran, kanonisierte Werke des Barock durch Verdichtung in kleinen Besetzungen intensiv neu erlebbar zu machen. Besonders berückend gelang dabei die Aufführung von Johann Sebastian Bachs Johannespassion für Tenor allein (Benedikt Kristjánsson), Schlagwerk (Philipp Lamprecht), Orgel und Cembalo, die zu Karfreitag 2020, in der Hochphase des ersten Corona-Lockdowns, in der leeren Leipziger Thomaskirche aufgezeichnet wurde und weit über die Grenzen der Klassikszene hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Bereits 2019 erhielt diese Inszenierung den Preis OPUS Klassik für das innovativste Konzert.

Albach ist nicht nur als Cembalistin heute international gefragt und vielfach ausgezeichnet, auch gilt das von ihr erdachte fluide Ensemble CONTINUUM als Keimzelle einer so noch nie gehörten Herangehensweise an Alte Musik.

17
BIOGRAFIEN

Orchester der Komischen Oper Berlin

Zur Komischen Oper Berlin gehört von Anbeginn das eigene Orchester: Die Eröffnung des Hauses 1947 war auch die Geburtsstunde dieses neu gegründeten Klangkörpers, mit dem Walter Felsenstein seine Auffassung von Musiktheater verwirklichen wollte.

Von Anfang an profilierte sich das Orchester durch einen Konzertzyklus. Dirigenten wie Otto Klemperer, Václav Neumann, Robert Hanell und Kurt Masur prägten das Orchester dabei maßgeblich sowohl in Opernproduktionen als auch im Konzertbereich.

Zahlreiche Aufnahmen zeugen von der schon damals erreichten Ausstrahlung des Orchesters, die von späteren Generalmusikdirektoren wie Rolf Reuter, Yakov Kreizberg, Kirill Petrenko und Henrik Nánási noch intensiviert wurde. Viele bedeutende Gastdirigent:innen haben das künstlerische Spektrum erweitert, unter ihnen Rudolf Kempe, Hartmut Haenchen, Rudolf Barschai, Lothar Zagrosek, Fabio Luisi, Neville Marriner, Roger Norrington, Vladimir Jurowski, Simone Young und Dennis Russell Davies. Ein besonderes Gewicht wurde und wird auch der zeitgenössischen Musik beigemessen. So hat das Orchester der Komischen Oper Berlin viele Uraufführungen in Zusammenarbeit mit Komponisten wie Benjamin Britten, Hans Werner Henze, Giuseppe Manzoni, Siegfried Matthus, Aribert Reimann, Krzysztof Penderecki, Hans Zender und Christian Jost erarbeitet. Auch die Liste international renommierter Gastsolist:innen aus dem In- und Ausland spiegelt die große Bandbreite musikalischer Stile und Genres in der Arbeit des Orchesters: Es sangen, musizierten und rezitierten gemeinsam mit dem Orchester so unterschiedliche Künstler:innen wie Rudolf Buchbinder, Gidon Kremer, Barbara Hendricks, Gabriela Montero, Maria Farantouri, Dominique Horwitz, Lars Vogt, Daniel Hope, Till Brönner und viele andere.

Das Repertoire spiegelt die ganze Vielfalt der Musikgeschichte wider: von Monteverdi über Händel und Mozart, die großen romantischen Komponist:innen des 19. Jahrhunderts bis hin zur frühen Moderne und dem Musikschaffen unserer Zeit. In Kammerkonzerten in unterschiedlichsten Formationen setzen sich die Mitglieder des 112 Musiker:innen umfassenden Orchesters zudem für die Kammermusik ein. Einen wichtigen Schwerpunkt legt das Orchester der Komischen Oper Berlin auf Konzerte für Kinder und Jugendliche, die die pädagogische Verantwortung und den Wunsch unterstreichen, neue und junge Publikumsgenerationen für klassische Musik zu begeistern.

Ab der Spielzeit 2023/24 wird der US-amerikanische Dirigent James Gaffigan neuer Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin.

19 ORCHESTER

IN A NUTSHELL

GEORG PHILIPP TELEMANN : HAMBURGER EBB’ UND FLUTH 55:C3

Georg Philipp Telemann’s Water Music is also known by the name Hamburger Ebb’ und Fluth, the title of the penultimate movement. This ten-movement piece, composed to celebrate the centenary of the Hamburg Admiralty (1723), begins out on the open sea: the maritime deities Thetis and Neptune and other aquatic beings are introduced in different movements, as are the stormy and gentle winds that are all-important to sailing ships. An evocation of the ebb and flow of the Elbe in Hamburg and a dance of »merry boat people« bring the lively and festive work to a close.

ARCANGELO CORELLI : CONCERTO GROSSO IN G-MOLL OP. 6, NR. 8 FATTO PER LA NOTTE DI NATALE

The Christmas Concerto by Arcangelo Corelli is not just his best known work but also one that became a model, ushering in as it did an entire era of Christmas and pastoral compositions in the 17th century. The six-movement piece is in the style of the Concerto grosso, which Corelli himself decisively influenced. In it, a small group of instruments alternates with a large group, before they join forces as an ensemble at the end.

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL : TRIOSONATE OP. 5, NR. 4 PASSACAGLIA

Another grandmaster of small-scale art forms is Georg Friedrich Händel, next to Bach and Telemann the most significant German baroque composer. The Passacaglia from one of his Trio Sonatas (op. 5, no. 4) is so popular that it exists in many arrangements and is performed by endlessly varied instrumental combinations.

JOHANN SEBASTIAN BACH: ORCHESTERSUITE NR. 3 D-DUR BWV 1068

Johann Sebastian Bach’s orchestral suites follow the traditional form of a suite, namely a substantial overture followed by a series of dances. Bach’s Third Suite features a particularly festive orchestration, comprising oboes, trumpets and strings. After the magnificence of the overture, the second movement, simply scored for strings, is all the more poignant. This is the famous Air, one of the best known pieces of classical music. The Suite is rounded off by typical baroque dances: gavotte, bourrée and gigue.

20 IN A NUTSHELL

L’ESSENTIEL EN BREF

GEORG PHILIPP TELEMANN : HAMBURGER EBB’ UND FLUTH 55:C3

La pièce musicale Wassermusik de Georg Philipp Telemann est également connue sous le nom de Hamburger Ebb‘ und Fluth, titre de l’avant-dernier mouvement. Cette pièce en dix mouvements composée pour célébrer le centenaire de l’Amirauté hambourgeoise (1723) nous entraîne d’abord en pleine mer : les différents mouvements présentent les divinités maritimes Thétis et Neptune et autres créatures aquatiques, de même que les vents, violents et doux, qui sont décisifs pour la navigation. L’évocation de la marée basse et marée haute de l’Elbe à Hambourg ainsi qu’une danse des »joyeux matelots« parachèvent la solennelle gaieté de l’œuvre.

ARCANGELO CORELLI : CONCERTO GROSSO IN G-MOLL OP. 6, NR. 8 FATTO PER LA NOTTE DI NATALE

Le Concerto pour la nuit de Noël d’Arcangelo Corelli est non seulement son œuvre la plus connue mais aussi une œuvre qui fit référence, inaugurant au 17è siècle toute une ère de musique de Noël et d’œuvres pastorales. Dans le style du concerto grosso que Corelli influença de manière décisive, les six mouvements alternent entre un petit groupe et un grand groupe d’instruments avant de s’unir en ensemble au finale.

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL : TRIOSONATE OP. 5, NR. 4 PASSACAGLIA

Georg Friedrich Händel, le plus célèbre compositeur baroque allemand avec Bach et Telemann, est aussi un grand maitre de la petite forme en art musical. La passacaglia tirée de l’une de ses Sonates en trio (op. 5, n° 4) jouit d’une telle popularité qu’elle a fait l’objet de nombreux arrangements et des combinaisons instrumentales les plus variées.

JOHANN SEBASTIAN BACH: ORCHESTERSUITE NR. 3 D-DUR BWV 1068

Les suites orchestrales de Jean Sébastien Bach obéissent à la traditionnelle structure de la suite, composée d’une ouverture détaillée suivie d’une série de danses. La troisième suite de Bach fait état avec ses hautbois, ses trompettes et ses cordes, d’une instrumentation particulièrement solennelle. Après la majestueuse ouverture, le second mouvement, porté par les seules cordes, est d’autant plus émouvant : c’est la célèbre aria, l’une des pièces musicales classiques les plus connues. La suite s’achève sur les typiques danses baroques : gavotte, bourrée et gigue.

21 L’ESSENTIEL EN BREF

KISACA EN ÖNEMLI BILGILER

GEORG PHILIPP TELEMANN : HAMBURGER EBB’ UND FLUTH 55:C3

Georg Philipp Telemann‘ın Wassermusik isimli eseri, sondan bir önceki bölümün başlığı olan Hamburger Ebb‘ und Fluth ismiyle de tanınır. Bu on bölümden oluşan ve Hamburg Bahriyesi’nin 100. kuruluş yıldönümü (1723) kutlamaları için bestelenen eser, dinleyiciyi önce açık denize sürükler: Deniz tanrıları Thetis ve Neptün ve diğer su yaratıkları, aynı şekilde denizcilik açısından belirleyici bir öneme sahip olan keskin ve yumuşak rüzgarlar gibi değişik bölümlerde dinleyiciye tanıtılır. Elbe Nehri’nin Hamburg’taki gelgitleri ve »neşeli sandalcıların« sergilediği dans, bu keyifli ve şatafatlı eseri tamamlar.

ARCANGELO CORELLI : CONCERTO GROSSO IN G-MOLL OP. 6, NR. 8 FATTO PER LA NOTTE DI NATALE

Arcangelo Corelli’nin Noel Konçertosu sadece en ünlü eseri olmakla kalmamış, aynı zamanda kendi alanda çıtanın yüksekliğini belirlemiştir. Noel ve pastoral müzik dönemi 17. yüzyılda onunla başlamıştır. Corelli’nin büyük oranda damgasını vurduğu büyük konçerto tarzındaki eserin son altı bölümünde küçük bir çalgı grubuyla büyük bir çalgı grubu yer değiştirerek sahne alır ve eserin sonunda bir araya gelerek bir orkestra oluşturur.

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL : TRIOSONATE OP. 5, NR. 4 PASSACAGLIA

Küçük sanatların bir diğer büyük ustası da Bach ve Telemann’ın yanı sıra en önemli barok bestecisi olan Georg Friedrich Händel’dir. Trio sonatalarının birinden (opus 5, No. 4) alınan passacaglia günümüzde de çok beğenilir ve farklı varyasyonları vardır ve farklı enstrüman gruplarından oluşan orkestralar tarafından seslendirilir.

JOHANN SEBASTIAN BACH: ORCHESTERSUITE NR. 3 D-DUR

BWV 1068

Johann Sebastian Bach’ın orkestra süitleri bir süitin geleneksel yapısını takip eder. Söz konusu geleneksel süitlerde kapsamlı bir uvertürün ardından bir dizi dans gelir. Bach’ın bu üçüncü süitini obua, trompet ve yaylı çalgılarla özel bayram günlerine layık bir orkestra seslendirir. Muhteşem uvertürün ardından gelen ve sade bir yaylılar grubunun seslendirdiği ikinci bölüm, buna rağmen dinleyicinin işine işler. Bu bölüm, bilinen en önemli klasik müzik parçalarından biri olan ve şarkı söyler gibi çalınan aryadan oluşur. Süiti tipik barok dansları olan Gavotte, Bourrée ve Gigue tamamlar.

KISACA EN ÖNEMLI BILGILER
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Glossar

AIR (von ital. aria = Arie) einfaches Vokal-/Instrumentallied oder Melodie vokaler oder instrumentaler Herkunft, das zu dramatischen Zwecken, in Tänzen oder in Orchestersuiten vorkommt. Im 17. Jahrhundert in Frankreich, während der Herrschaft Louis XIII. für das Ballet de cour entwickelt.

BOURRÉE französischer, höfischer Reigentanz im 2/2-Takt aus dem 16. Jahrhundert, der sich später zum beliebten Volkstanz entwickelte. Der lebhafte Tanz fand stilisiert Eingang in viele Barock-Opern, Suiten (vor allem bei Johann Sebastian Bach) und Ballette. oder französischer Hoftanz des 16. Jahrhunderts, der teils im 3/4-Takt, teils im 2/4-Takt getanzt und im Laufe der Jahrhunderte zu einem Volkstanz in Zentralfrankreich wurde.

CONCERTO GROSSO (ital. = großes Konzert) eine im Barock entwickelte Konzertform, bei der eine kleine Solistengruppe (Concertino) abwechselnd gemeinsam mit dem Orchester (Ripieno) und solistisch musiziert. Entstand im Barock aus einer Erweiterung der Triosonate. Bei einem Concerto grosso steht eine kleine, solistisch behandelte Gruppe von Instrumenten einer größeren gegenüber; Passagen, in denen beide Gruppen gemeinsam spielen, werden als Tutti bezeichnet.

FUGATO (von lat. fuga = Flucht) ist ein fugenähnlicher Abschnitt innerhalb eines Musikstücks. Beim musikalischen Kompositionsprinzip der Fuge tritt ein Thema oder Motiv in einer streng geregelten Anordnung nacheinander in verschiedenen Stimmen auf.

GALANTER STIL im 17. Jahrhundert und 18. Jahrhundert in Frankreich als Geschmacksurteil nach dem Idealbild des galant homme, des gebildeten, eleganten und kultivierten Mannes, entwickelt. In Abgrenzung zu intellektuellen Stücken richtet sich der Fokus des galanten Stils auf Gefälligkeit, Leichtigkeit und Zierlichkeit des Ausdrucks.

GAVOTTE französischer, höfischer Tanz mit volkstümlichem Ursprung im 16. Jahrhundert und beliebt bis zum 18. Jahrhundert. Alla Breve (im geraden Takt) gespielt, mit einprägsamem Rhythmus und klarer Gliederung wurde er zum beliebten Volkstanz und kam in Orchestersuiten zwischen Gigue und Sarabande zum Einsatz.

GIGUE französischer, höfischer Tanz im 3/8-, 6/8- oder 12/8-Takt. In den keltischen Teilen Großbritanniens entstanden.

HARLEQUINADE Stück oder Szene, meist als Pantomime, in dem ein Harlekin, also ein Schalk, ein »Trickster«, die Hauptrolle spielt. Entwickelt aus der italienischen commedia dell’arte und im 18. Jahrhundert in England beliebt geworden.

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LOURE (von frz. für Sackpfeife) französischer, höfischer Tanz nach volkstümlichem Vorbild und im 6/8-Takt getanzt. Charakteristisch sind der Auftakt aus Achtel und Viertel und unterschiedliche Varianten der Rhythmisierung. Ausgeprägt im späten 17. Jahrhundert am Hof des Sonnenkönigs Louis XIV.

MENUETT (von frz. Menus pas = kleiner Schritt) beschwingter französischer Gesellschaftstanz im 3/4-Takt, bestehend aus einer Folge 4-, 8- oder 16-taktiger Teile.

ORATORUM abendfüllendes Werk mit Nähe zur Oper für Soli, Chor und Orchester mit Anfängen um 1600. Es besteht eine Rollenaufteilung zwischen Erzähler, der das Geschehen rezitativisch erläutert, den Solisten und den Chören. Letztere kommentieren oder reflektieren das Geschehen in Arien und Ensembles oder Chorsätzen.

OUVERTÜRE (frz. = Eröffnung) rein instrumentales Einleitungsstück, das am Beginn eines Bühnen- oder Instrumentalwerkes steht.

PASSACAGLIA (von span. pasar una calle = eine Straße entlang gehen) eine Form der musikalischen Variation auf der Basis einer gleich bleibenden Basslinie, die mehrfach wiederholt wird.

PASTORALE widmet sich programmatisch dem Topos des pastoralen (von ital. pastore, Hirte) Lebens, also dem Leben auf dem Land.

REPRISE (franz. = Wiederaufnahme) der erneute Einsatz eines bereits zuvor erklungenen Satzteils; wichtiger Bestandteil der Sonatensatzform mit ihren festen Formteilen Exposition (Vorstellung der Themen), Durchführung (Verarbeitung der Themen) und Reprise (Wiederaufnahme der Themen).

SARABANDE Höfischer Tanz mit lateinamerikanischen Wurzeln und in Spanien als lebhafter gesungener Tanz ausgeprägt. In der barocken Instrumentalmusik als langsamer Kernsatz im Dreiertakt eingebettet zwischen Allemande, Courante und Gigue.

SONATA DA CHIESA (KIRCHENSONATE) im Barock oder der Klassik in Messen aufgeführte Sonaten mit meist vier Sätzen, ohne liturgische Funktion und in kleiner oder großer Besetzung. Zu unterscheiden von der Sonata da camera (Kammersonate).

SONATE (von ital. sonata, suonata; von ital. suonare, lat. sonare = klingen) ist ein meist mehrsätziges Instrumentalstück für eine solistische oder kleine kammermusikalische Besetzung. Je nach Besetzung wird unterschieden zwischen Solosonaten für ein einzelnes Instrument, Duosonaten (meistens ein Melodieninstrument plus Klavier) und Triosonaten.

SUITE (frz. = Folge, Abfolge) steht seit dem 17. Jahrhundert für eine barocke Kompositionsform zyklischer Instrumentalmusik, insbesondere eine festgelegte Folge von in der Anzahl variierenden Tänzen oder tanzartigen Sätzen.

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IMPRESSUM

Herausgeberin Komische Oper Berlin Dramaturgie

Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin www.komische-oper-berlin.de

Intendanz Susanne Moser, Philip Bröking Generalmusikdirektor James Gaffigan (ab 2023/24)

Redaktion Julia Jordà Stoppelhaar Layoutkonzept www.STUDIO.jetzt Berlin Gestaltung Hanka Biebl Druck Druckhaus Sportflieger

Quellen

Bilder

Der Text von Meike Lieser ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Übersetzungen von Giles Shephard (englisch), Anne-Marie Geyer (französisch) und Mehmet Çallı (türkisch).

S. 6: Marée montante, Gustave Courbet (1860) S. 15: Nadja Zwiener © Antje Kroeger S. 16: Elina Albach © Neda Navaee S. 18: Jan Windszus Photography

Die Inhaber:innen der Bildrechte konnten leider nicht in allen Fällen kontaktiert werden. Wir bitten sie, sich gegebenenfalls mit uns in Verbindung zu setzen.

Redaktionsschluss 2. Dezember 2O22 Änderungen vorbehalten

25 Impressum

SINFONIEKONZERT MIT »BANG!«

ZU NEUEN UFERN

TERMIN Fr, 14. Okt 2022

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Holly Hyun Choe und Marianna Bednarska

EIN SINFONISCHLITERARISCHER ABEND

JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN

TERMIN Fr, 11. Nov 2022

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Dirk Kaftan und Katharina Marie Schubert

Vorschau

BAROCKE GEZEITEN

EBB’ UND FLUTH TERMIN Fr, 9. Dez 2022

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Nadja Zwiener und Elina Albach

SINFONISCHE MODERNE ZWISCHEN NEW YORK TRANSATLANTIC TERMIN Fr, 24. Feb 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit James Gaffigan und Tom Erik Lie

SINFONISCHE SHAKESPEAREVERTONUNGEN

»SEIN

ODER

NICHTSEIN?«

TERMIN Fr, 21. Apr 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Erina Yashima

DAS ETWAS ANDERE NEUJAHRSKONZERT!

FRANKEN STEIN!!

TERMIN So, 1. Jan 2023

18 Uhr

Sinfoniekonzert mit James Gaffigan, Max Hopp und Nadja Mchantaf

SINFONISCHE GESÄNGE VON MAHLER BIS ANDRIESSEN VOLXMUSIK

TERMIN Fr, 31. Mai 2023

20 Uhr

Sinfoniekonzert mit Brandon Keith Brown und Wallis Giunta

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VORSCHAU
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