Oyayaye / Fortunios Lied I Programmheft I Komische Oper Berlin

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Lied

JACQUES OFFENBACH oyayaye / Fortunios

inhalt

DIE HANDLUNG

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

EIN NEUES ZEITALTER UND SEINE MUSIK von Frank Harders-Wuthenow The Plot In a nutshell

L’intrigue L’essentiel en bref Konu Özet Bilgi IMPRESSUM

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Jacques Offenbach

Oyayaye fortunios Lied

Musikalische Menschenfresserei in einem Akt [1855] Libretto von Jules Moinaux Deutsche Übersetzung von Daniel Hirschel Uraufführung am 26. Juni 1855 am Folies-Nouvelles Paris

Operette in einem Akt [1861] Libretto von Hector Crémieux und Ludovic Halévy Deutsche Übersetzung von Ferdinand Gumbert Uraufführung am 5. Januar 1861 am Théâtre des Bouffes-Parisiens Paris

CHARAKTERE

Oyayaye

6
Schrubb-dich-wund, Kontrabassvirtuose Oyayaye, Königin der Menschenfressenden Menschenfressende Fortunios Lied Fortunio, Rechtsanwalt und Notar Marie, Fortunios Frau Valentin, Fortunios Sekretär Babette, Fortunios Köchin Paul Eduard Max Louis Karl ORCHESTER 2 Flöten (auch Piccolo) 1 Oboe 2 Klarinetten 1 Fagott 2 Hörner 2 Trompeten Bassposaune Pauke Schlagzeug Streicher BÜHNENMUSIK Mirlitons Vuvuzela BESETZUNG Besetzung Fortunios Schreiber

Handlung

OYAYAYE

Der Kontrabassvirtuose Schrubb-dich-wund verliert nach einem verschlafenen Solo seinen Posten als Orchestermusiker und schifft sich mittellos als Matrose ein. Gleich bei seiner ersten Fahrt erleidet er allerdings Schiffbruch und kann sich nur dank seines Kontrabasses auf eine einsame Insel retten. Blöd nur, dass er dort einem Haufen Menschenfressenden samt ihrer Königin Oyayaye direkt vor die Füße fällt. Doch was wäre ein Künstler ohne seine Kreativität! Schrubb-dich-wund lässt sich wirklich allerhand einfallen, um Oyayaye und Gefolge davon abzuhalten, ihn zu verspeisen. Er läuft – zum letzten Mal in seinem Leben? – geradezu zu künstlerischer Hochform auf!

FORTUNIOS LIED

Der Notar Fortunio war in jungen Jahren ein gefürchtet-gefeierter Schürzenjäger. Sein kleines Geheimnis – ein Lied, dem geradezu magische Kräfte nachgesagt wurden. Nun aber wacht Fortunio eifersüchtig über seine junge Gattin Marie. Allerorten wittert er mögliche Untreue. Und das vielleicht nicht nur zu Unrecht, hat doch Valentin, einer der jungen Schreiber des Notares, ein Auge auf die schöne Marie geworfen. Als seine Kollegen tatsächlich die Noten von Fortunios geheimnisvollem Lied finden, schöpft Valentin neuen Mut und setzt alle Hoffnung auf die Magie der Musik …

8 HANDLUNG

Das Wichtigste in Kürze

• Obwohl heute vor allem für seine abendfüllenden Werke Les Contes d’Ho mann, Die schöne Helena oder Orpheus in der Unterwelt gefeiert, erlebte Jacques Offenbach seinen Durchbruch mit seinen einaktigen Werken – den sogenannten Offenbachiaden!

• Die Entstehung von Oyayaye fällt in dasselbe Jahr, in dem Offenbach mit »seinem« Theater, dem Théâtre des Bouffes-Parisiens erste große Erfolge feierte und steht somit ganz am Beginn seiner Karriere als MusiktheaterKomponist.

• Mit der Beziehung zwischen dem Kontrabassvirtuosen Schrubb-dichwund und der Menschenfresserin Oyayaye erzählt Jacques Offenbach die zeitlose Parabel des Künstlers, der vor seinem Publikum bestehen muss und sonst »gefressen« wird

• Während das parodistische Oyayaye mit seinem wilden Witz vor allem den Exotismus späterer Werke wie Häuptling Abendwind oder auch Robinson Crusoé vorwegnimmt, zeigt Offenbach sich mit Fortunios Lied voller emotionaler Feinheiten

• Die Melodie, die Fortunios Lied im gleichnamigen Werk bildet, entstand schon viele Jahre vor der eigentlichen »Opérette« und begleitete Offenbach als Talisman bis zu seinem Tod. Sie wurde bei seiner Totenmesse zu seinem letzten Geleit auf der Orgel gespielt.

9 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Ein neues Zeitalter und seine Musik

Zu Ja c ques O f fenbachs Einaktern Oyayaye und Fortunios Lied

Wie kaum ein Komponist des 19. Jahrhunderts repräsentiert Jacques Offenbach mit seinem atemraubenden Lebens- und Schaffensrhythmus, mit der Energie und der Verve seiner Musik, das Tempo eines neuen Zeitalters. 1819 in Köln als Sohn des Kantors Isaac Eberst aus Offenbach geboren, erlebte er die »mondialisation« – die Vernetzung Europas durch die Eisenbahn, die Vernetzung der Welt durch das Telegrafenkabel – hautnah. Die Eisenbahn, die er 1871 in seinem größten Bühnenspektakel, dem Roi Carotte, als Mittel zur Völkerverständigung feiert, wird Offenbachs zweites Zuhause. Immer auf Achse. Quer durch Europa. Den Antagonismus von Romantik und Moderne hält er aus und macht ihn für seine Kunst fruchtbar. Offenbach war ein Getriebener, das verbindet ihn mit seinem »Rivalen« Richard Wagner. Aber in seinem Leben gab es kein Tribschen, als Raststatt für sein unermüdliches Treiben, kein Wahnfried, wo sein Wähnen hätte Frieden finden können. Den brauchte er wohl nicht, und er suchte ihn auch nicht. Er arbeitete bis zur absoluten Erschöpfung und erlag ihr am 5. Oktober 1880 in Paris, während der Arbeit an seinem musikalischen Vermächtnis, der Opéra-comique Les Contes d’Ho mann.

UND WENN JA, WIE VIELE?

Seinem Vermächtnis? Sicher, Ho manns Erzählungen allein hätten ausgereicht, um Offenbach einen Platz unter den Unsterblichen zu garantieren. Und dabei war das Werk nicht einmal vollendet. Ein genialischer Torso, um den sich das Klischee des genialisch Scheiternden ranken ließ. Ein Künstlerleben, gewidmet der leichten Muse, immer nach dem Höheren strebend, es nie erreichend, am Schluss es um Haaresbreite verfehlend.

10 EIN NEUES ZEITALTER

Offenbach hinterließ ein Œuvre von ca. 650 Werken, darunter über 100 für die Bühne: von Schauspielmusiken, die er ab 1850 als Leiter der Bühnenmusik an der Comédie-française komponierte, über kleine Szenen für den Vortrag im Salon wie Le moine bourru (in der Expert:innen die eigentliche Geburtsstunde des Offenbach’schen Theaters sehen), Einakter mit reduzierter Personenanzahl, die er zumeist für sein eigenes, 1855 eröffnetes Théâtre des Bouffes-Parisiens komponierte, abendfüllende Buffo-Opern (Orphée aux enfers, La belle Hélène, La Vie parisienne, La Grande-Duchesse de Gérolstein, La Périchole, Les Brigands …), die ihn in der ganzen Welt berühmt machten und ohne die die spätere Wiener Operette, die englische Savoy Opera Gilberts und Sullivans und das amerikanische Musical nicht denkbar wären, mehrere Opéra-comiques (Barkouf, Les Bergers, Robinson Crusoé, Vert-Vert, Fantasio), also Werke eher ernsteren Charakters mit gesprochenen Dialogen – zu denen auch Les Contes d’Ho mann gehören – bis hin zum abendfüllenden Ballett Le Papillon von 1860, seinem einzigen Werk für das Théâtre Imperial de l’Opéra, und der großen durchkomponierten romantischen Oper Die Rheinnixen/Les Fées du Rhin (seinem eigentlichen künstlerischen Vermächtnis), 1864 am Wiener Kärtnertortheater uraufgeführt, der damaligen Hofoper, Vorläufer der Wiener Staatsoper. Dazu kommen Werke aller anderen Gattungen: Lieder, Kammermusik, Chor- und symphonische Werke, Werke für Cello – sein Instrument – und Orchester, pädagogische Literatur. Alles in allem ein Œuvre, das in seiner Fülle und Vielseitigkeit im 19. Jahrhundert seinesgleichen sucht.

DAS PUBLIKUM FRISST SEINEN KÜNSTLER

Offenbachs Karriere als Opernkomponist verlief alles andere als gradlinig. Da ihm – wie vielen aufstrebenden jungen Komponist:innen– die Tore der staatlichen Musentempel verschlossen blieben, suchte er den Umweg über die Gründung eines eigenen, privat geführten und finanzierten Theaters: das Théâtre des Bouffes-Parisiens. Hätte er gleich an einem großen Haus reüssiert, z. B. an der Opéra-Comique, hätte es die epochemachenden »Offenbachiaden«, als welche bereits Alphonse Daudet die Offenbach’sche Ausprägung des satirischen Musiktheaters bezeichnete, wohl kaum gegeben. Eine der ersten vollgültigen Offenbachiaden ist die »antropophagie musicale« (musikalische Menschenfresserei) in einem Akt Oyayaye ou la Reine des Îles. Sie kam ironischerweise aber nicht an Offenbachs eigenem Theater zur Uraufführung, sondern am Haus der Konkurrenz, dem Folies-Nouvelles des Komponisten Hervé. Offenbach wird Hervé die Rechte an der Uraufführung überlassen haben, bevor ihm die Lizenz zur Gründung seines eigenen Theaters erteilt wurde und Hervé hatte verständlicherweise nicht davon zurücktreten wollen. Mit Oyayaye bewegen wir uns in die tiefen und nicht ganz ungefährlichen Gewässer der Ambivalenz. Schon der Name der Titelfigur – die bei der Uraufführung als Travestie-Rolle von Hervé selbst gegeben wurde – ist ein Paradebeispiel des Doppeldeutigen. Eine Kreuzung aus »oh là

11 EIN NEUES ZEITALTER

trage im

»Was ich so tief und heimlich
Herzensgrund, unmöglich ist’s, dass ich es sage, drum schweigt mein Mund. Wohl lebet lang in meinem Herzen der Liebsten Bild, das bald mit Wonne, bald mit Schmerzen ganz erfüllt.«

là« und »aïe aïe aïe«, mischen sich in dieser onomatopoetischen Namensfindung Ausrufe des Schmerzes, des Erstaunens, und der Komplizenschaft –z. B. über eine erotische Anzüglichkeit. Was Offenbach und sein Librettist Jules Moinaux (der auch den Text zu Die beiden Blinden verfasste, einem der Eröffnungsstücke der Bouffes-Parisiens) mit dieser vollkommen durchgedrehten, surrealen und auf den ersten Blick unsinnigen Farce im Sinn hatten, ist nicht schwer zu erraten: Es ist die zeitlose Parabel des Künstlers, der vor seinem Publikum zu bestehen hat, der, wenn er nicht zu amüsieren versteht, »gefressen«, d. h. erledigt wird. Die exzentrische »Königin der Inseln« und ihr antropophages Gefolge sind eine herrliche Persiflage auf das verwöhnte, amüsierhungrige Publikum, das, nicht immer auf der Höhe des ihm Dargebotenen, sich sogar von der vertonten Rechnung einer Waschfrau begeistern lässt. In der Rolle des Racle-à-mort, zu Deutsch etwa Schrubbdich-wund, ist unschwer ein Alter Ego unseres Komponisten zu erkennen, der im Pariser Théâtre de l’Ambigu-Comique, in dessen Orchester Offenbach tatsächlich als Cellist tätig war, sein Solo verpatzt, an die frische Luft gesetzt wird und sein Heil in der Flucht über den großen Ozean ins Exil sucht. Auch dies eine konkrete Anspielung auf Offenbachs zwischenzeitliche Überlegungen, nach Amerika auszuwandern. In Oyayaye begegnet uns das ganze Arsenal der für die Offenbachiade charakteristischen humoristischen Mittel von der Travestie, über die Parodie (der Kontrabass als »Übertreibung« des Cellos, das Mirliton als Verballhornung der Zauberflöte), die Inkongruenz (was, bitte, hat eine Polka auf einer Südseeinsel verloren?) bis hin zu den verschiedensten Formen der Verfremdung. Die Dialoge strotzen nur so von Wortspielen, oft anzüglicher Natur, die sich – vor allem die Homophone, die im Französischen an allen Ecken lauern – kaum übersetzen lassen (»Comme je descendais en mon temps = en montant«; »wie tief bin ich (he)runtergekommen in meinen guten Zeiten = beim Aufsteigen«). Da das originale Aufführungsmaterial verschollen ist – zu Lebzeiten Offenbachs wurde nicht einmal ein Klavierauszug gedruckt – musste das Werk mit Hilfe des Zensurlibrettos und den erhaltenen Rollenbüchern rekonstruiert werden. In dieser Rekonstruktion des Offenbach-Forschers Jean-Christophe Keck wurde Oyayaye zum Auftakt der Feiern zu Offenbachs 200. Geburtstag im Januar 2019 in Köln erstmals wiederaufgeführt, jetzt ist dieser erste Höhepunkt von Offenbachs absurdem Theater zum ersten Mal in Berlin zu erleben. Als Vorspiel dient die Ouvertüre zu Offenbachs 1857 an den Bouffes uraufgeführtem Einakter Vent du soir, ou L'horrible festin (Häuptling Abendwind), der eine Art antropophage Fortsetzungsgeschichte zu Oyayaye darstellt.

EIN CHANSON FÜR DIE EWIGKEIT

Nach der Eröffnung der Bouffes-Parisiens im Théâtre Marigny mit u. a. Die beiden Blinden, erlebte Offenbachs Ruhm einen kometenhaften Aufstieg. Ab Oktober 1855 wurde zusätzlich die größere (und im Winter beheizte) Salle Choiseul angemietet, in der Offenbach weitere drei Jahre lang ausschließlich Werke kleineren Formats mit bis zu maximal einer Handvoll

13 EIN NEUES ZEITALTER

Darsteller:innen zur Aufführung bringen konnte. Erst 1858 genehmigte die Theaterbehörde, die gleichermaßen eine Art Wettbewerbskontrolle darstellte, die Aufführung von Stücken unbeschränkter Länge und Besetzung. Und prompt landete Offenbach mit dem ersten Werk, bei dem ihm keine Zügel mehr angelegt wurden, den ultimativen Welterfolg: Orphée aux enfers. Eine rotzfreche Verhohnepipelung der oberen Zehntausend, zum Entsetzen weniger der Mächtigen als der Philister, die die hehren Werte ihres Bildungsbürgertums durch den Kakao gezogen sahen. Mit einem Lächerlichmachen der Antike hatte das allerdings gar nichts zu tun, denn die Antike war nur Kostüm und Maske. Es ging um die Allüren, um die Scheinheiligkeit der regierenden Klassen und vor allem: um Eros und Macht.

Mit La Chanson de Fortunio, auf ein Libretto der beiden OrphéeLibrettisten Hector Crémieux und Ludovic Halévy, am 5. Januar 1861 an Offenbachs Théâtre des Bouffes-Parisiens uraufgeführt, bleiben wir im selben zentralen Offenbach’schen Themenfeld, das wir auch in Oyayaye finden: dem der Musik selbst und ihrer Macht über die Menschen. Allerdings zeigt Offenbachs janusköpfiges Talent sich hier von einer gänzlich anderen Seite. Erleben wir den Komponisten in Oyayaye als Meister der Parodie und des entfesselten Blödsinns, so schenkt er uns in Fortunios Lied ein reifes, hintersinniges Werk, das die musikalischen und dramaturgischen Feinheiten der Grande-Duchesse de Gérolstein und der Périchole vorausnimmt. Im Zentrum steht ein Lied, das Offenbach bereits 1850 für Alfred de Mussets Schauspiel Le Chandelier komponiert hatte, das aber gar nicht zur Aufführung kam, weil der vorgesehene Schauspieler gesanglich damit überfordert war. Offenbach lag die Melodie aber so am Herzen, dass er sie 1852 unter dem Titel La Chanson de Fortunio in der Sammlung Les voix mystérieuses in einer Fassung mit Klavierbegleitung veröffentlichte. Crémieux’ und Halévys Geschichte des gleichnamigen Bühnenwerkes, das heute zur Aufführung kommt, führt Mussets Schauspiel direkt fort: Der Notarschreiber Valentin offenbart der von ihm angebeteten Gattin seines Chefs, mithilfe eines magischen Liedes zwar, dass er sie liebt, aber – und hier übertragen die Librettisten den Inhalt des Liedes genial in die Dramaturgie des Stückes –, da das Lied eben davon handelt, dass der Liebende den Namen der Geliebten nicht auszusprechen vermag, begreift sie nicht, dass sie die Angebetete ist: »Si vous croyez que je vais dire, qui j’ose aimer, je ne saurais pour un empire vous la nommer.« Zu Deutsch wörtlich etwa: »Sie glauben vielleicht, dass ich Ihnen sage, wen ich zu lieben wage, doch vermag ich für ein ganzes Königreich nicht, Euch ihren Namen zu nennen.« Das Lied zündet nicht zwischen ihm und ihr, weil es keine Brücke bauen kann zwischen ihren Herzen. Das gelingt aber wohl den anderen Advokatengehilfen, die bei ihren Angebeteten mit ihren Emotionen nicht hinterm Zaun halten. La Chanson de Fortunio besticht durch die psychologisch feinsinnige und hintergründige Art und Weise, mit der Offenbach und seine Librettisten das alte, der Comedia dell’arte entlehnte Thema des auf eine jüngere Frau eifersüchtigen älteren Mannes neu interpretieren und dabei auf eindeutige Sympathiezuweisungen verzichten. Eine leise Melancholie durchwebt dieses Lied, das in dem Kontext der Opérette ganz andere Zwischentöne offenbart als in

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»Hm hm hm hm hm die Wälder hm hm hm hm hm die Felder ah ha ha ha ha ha im Mai ah ha ha ha das Lied ist aus.«

Mussets Schauspiel. Denn wir erleben es gleichzeitig aus der »naiven« Perspektive Valentins, dessen Liebe sich noch nicht entfalten konnte, und der »sentimentalen« Perspektive Fortunios, dessen Liebe mit ihm in die Jahre gekommen ist und durch seine Eifersucht einen bitteren Nachgeschmack bekommen hat. Offenbachs Genie als Musikdramatiker zeigt sich immer wieder in genau dieser Fähigkeit, Musik selbst zum Thema und zur treibenden Kraft einer Handlung zu machen, wobei ihre »Aussage« durch Ambivalenz ihre Eindeutigkeit verliert. Fortunios Lied erlebte am Abend der Uraufführung einen derartigen Erfolg, dass das gesamte Stück wiederholt werden musste. Es blieb bis ins 20. Jahrhundert einer der meistgespielten Einakter Offenbachs, das Lied selbst erfreute sich auch unabhängig von der Opérette enormer Popularität. Als Offenbachs musikalischer »Talisman« gehörte es – auf der Orgel gespielt – zu seinem letzten musikalischen Geleit in der Totemesse am 7. Oktober 1880 in der Pfarrkirche La Madeleine in Paris.

16 EIN NEUES ZEITALTER

THE PLOT

OYAYAYE

The double bass virtuoso Schrubb-dich-wund (lit. Scrub-yourself-sore) loses his job as an orchestra musician after sleeping through his solo and, utterly penniless, signs himself up as a sailor. On his first voyage, however, he is shipwrecked and only makes it to a desert island thanks to his double bass. It’s just his luck that he lands right in front of a bunch of man-eaters and their queen Oyayaye. But what would an artist be without his creativity! Schrubb-dich-wund comes up with all kinds of ideas to keep Oyayaye and her entourage from devouring him. He reaches—perhaps for the last time in his life?—new heights of artistic achievement!

FORTUNIO’S SONG

In his younger years, the notary Fortunio was a feared and celebrated womanizer. His little secret: a song that was said to have almost magical powers. Now, however, Fortunio jealously watches over his young wife Marie. He senses potential infidelity lurking everywhere. And perhaps he is not entirely wrong, since Valentin, one of the notary’s young clerks, has become smitten with the beautiful Marie. When his colleagues find the notes of Fortunio’s mysterious song, Valentin takes heart and pins all his hopes on the magic of music …

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IN A NUTSHELL

• Although Jacques Offenbach is celebrated today primarily for his fulllength works The Tales of Ho mann, La belle Hélène and Orpheus in the Underworld, he had his breakthrough with his one-act works—the so-called Offenbachiades!

• The creation of Oyayaye occurred in the same year in which Offenbach celebrated his first major successes with »his« theater, the Théâtre des Bouffes-Parisiens, and thus marks the very beginning of his career as a composer of musical theater.

• Via the relationship between the double bass virtuoso Schrubb-dich-wund and the man-eater Oyayaye, Jacques Offenbach tells the timeless parable of the artist who must succeed in front of his audience or else be »eaten«.

• While the parodic Oyayaye, with its wild wit, anticipates the exoticism of later works such as Vent du Soir or even Robinson Crusoe, Offenbach displays a profound sense of emotional subtlety in Fortunio’s Song.

• The melody of Fortunio’s song in the eponymous work was composed many years before the actual »opérette« and accompanied Offenbach as a talisman until his death. It was performed on the organ during his requiem mass at his funeral.

19 IN A NUTSHELL

L’INTRIGUE

OYAYAYE

Le virtuose de la contrebasse Racle-à-mort est renvoyé de l'orchestre après s'être endormi au moment de son solo. Sans le sou, il se fait engager comme matelot. Dès le premier voyage, il fait naufrage et ne doit son salut qu'à sa contrebasse, à l'aide de laquelle il parvient à atteindre une île déserte. Comble de malchance, il tombe nez à nez avec une horde de cannibales et leur reine Oyayaye. Mais que serait un artiste sans sa créativité ? Racle-àmort déborde d'imagination pour empêcher Oyayaye et sa suite de le dévorer et ce faisant se hisse – pour la dernière fois de sa vie ? – au sommet de son art !

LA CHANSON DE FORTUNIO

Dans sa jeunesse, le notaire Fortunio était un coureur de jupons aussi redouté que célébré. Son petit secret : une chanson à laquelle on attribuait des pouvoirs magiques. Aujourd'hui, Fortunio veille jalousement sur sa jeune épouse Marie. Il voit le mal partout et n'a peut-être pas tout à fait tort dans la mesure où Valentin, un des jeunes clercs du notaire, s'est épris de sa belle. Lorsque ses collègues découvrent la partition de la mystérieuse chanson de Fortunio, Valentin reprend courage et place tous ses espoirs dans la magie de la musique …

L'INTRIGUE
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L’ESSENTIEL EN BREF

• Bien qu’il soit aujourd'hui surtout célébré pour des opéras de format plus classique, Les Contes d’Ho mann, La belle Hélène ou Orphée aux Enfers, Jacques Offenbach s’est fait connaître grâce à ses œuvres en un acte – les bien nommées Offenbachiades !

• Oyayaye fut composée l’année où Offenbach connaît ses premiers grands succès avec « son » théâtre, le Théâtre des Bouffes-Parisiens, et remonte donc au tout début de sa carrière de compositeur de théâtre musical.

• À travers la relation entre le virtuose de la contrebasse Racle-à-mort et la cannibale Oyayaye, Jacques Offenbach raconte la parabole intemporelle de l’artiste qui doit conquérir son public sous peine d'être dévoré.

• Alors qu’Oyayaye, avec ses airs de parodie et son esprit féroce, préfigure l’exotisme d'œuvres ultérieures telles que Vent du Soir ou encore Robinson Crusoé, Offenbach dévoile toute sa subtilité émotionnelle dans La chanson de Fortunio.

• La mélodie qui constitue la chanson de Fortunio dans l’œuvre du même nom a été composée des années avant l'opérette et a accompagné Offenbach comme un talisman jusqu'à sa mort. Elle fut jouée à l'orgue le jour de ses funérailles.

21 L’ESSENTIEL EN BREF

KONU

OYAYAYE

Kontrbas virtüözü Racle-à-mort, kaçırdığı bir solonun ardından orkestra müzisyenliği işini kaybeder ve yoksul bir denizci olarak yola çıkar. Gelgelelim ilk yolculuğunda gemi kazasına uğrar ve ıssız bir adada kendini ancak kontrbası sayesinde kurtarabilir. Maalesef orada bir grup yamyam ve onların kraliçesi Oyayaye'nin önüne düşer. Fakat sanatçı yaratıcıdır! Racle-à-mort, Oyayaye ve çevresindekilerin kendisini yemesini engellemek için türlü türlü fikirler üretir. Belki hayatında son kez sanatsal formunun zirvesine koşar!

FORTUNIO‘NUN ŞARKISI

Noter Fortunio gençlik günlerinde namlı bir çapkındı. Sihirli güçlere sahip olduğu söylenen bir şarkı onun küçük sırrıydı. Ancak şimdi Fortunio genç eşi Marie'yi kıskançlıkla korumaktadır. Her yerde olası bir sadakatsizlik kokusu alıyor. Muhtemelen haksız da değildir, çünkü noterin genç kâtiplerinden Valentin'in gözü güzel Marie'nin üzerindedir. Meslektaşları Fortunio'nun gizemli şarkısının notalarını bulduklarında Valentin cesaretlenir ve tüm umutlarını müziğin büyüsüne bağlar …

KONU
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ÖZET BILGI

• Günümüzde daha çok Ho mann'ın Maceraları, Güzel Helena ya da Orfeus yeraltı dünyasında gibi uzun metrajlı eserleriyle tanınsa da, Jacques Offenbach asıl çıkışını Offenbachiaden olarak adlandırılan tek perdelik eserleriyle yaptı!

• Oyayaye, Offenbach'ın »kendi« tiyatrosu olan Théâtre des Bouffes-Parisiens ile ilk büyük başarılarını kutladığı yıl yazıldı ve böylece müzikli tiyatro bestecisi olarak kariyerinin başlangıcına denk geliyor.

• Jacques Offenbach kontrbas virtüözü Racle-à-mort ile yamyam Oyayaye arasındaki ilişkiyle seyircisinin önünden geçmek zorunda kalan ve aksi takdirde »yenilecek« olan sanatçının zamansız hikayesini anlatıyor.

• Parodik Oyayaye, taşkın esprileriyle, özellikle Reis Akşam Rüzgarı ve hatta Robinson Crusoe gibi daha sonraki eserlerin egzotizmini öngörürken, Offenbach Fortunio'nun Şarkısı ile duygusal incelikleriyle dolu olduğunu gösterir.

• Eserdeki Fortunio'nun Şarkısını oluşturan melodi, asıl »operetten« yıllar önce yazılmış ve Offenbach'a ölümüne kadar bir muska gibi eşlik etmiştir. Cenaze töreninde orgda çalınan bu melodi ona son yolculuğunda eşlik etmiştir.

23 ÖZET BILGI

IMPRESSUM

Herausgeberin Komische Oper Berlin

Dramaturgie

Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin www.komische-oper-berlin.de

Intendanz Susanne Moser, Philip Bröking Generalmusikdirektor James Gaffigan (ab 2023/24)

Redaktion Maximilian Hagemeyer Layoutkonzept www.STUDIO.jetzt Berlin Gestaltung Hanka Biebl Druck Druckhaus Sportflieger

Premiere am 18. Dezember 2022

Musikalische Leitung Adrien Perruchon Szenische Einrichtung Max Hopp Kostüme Katrin Kath-Bösel Dramaturgie Maximilian Hagemeyer Choreographische Mitarbeit Martina Borroni Licht Johannes Scherfling

Quellen

Bilder

Der Text von Frank Harders-Wuthenow ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Übersetzungen von Saskya Jain (englisch), Yasmina Ikkene (französisch) und Kemal Doğan (türkisch).

S. 7: Lebrecht Music & Arts / Alamy Stock Photo S. 17: Zeichnung des Théâtre des Bouffes-Parisiens 1859

Redaktionsschluss 9 Dezember 2O22 Änderungen vorbehalten

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Impressum
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