Hamlet I Programmheft I Komische Oper Berlin

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Hamlet
Ambroise Thomas

inhalt

DIE HANDLUNG

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

EIN PRINZ, DER KEINER SEIN MÖCHTE

Regisseurin Nadja Loschky, Dirigentin Marie Jacquot und Dramaturgin Yvonne Gebauer im Gespräch über Könige, Narren und einen Haufen Maden

DER LANGE WEG DES ANDERSARTIGEN

Zu Ambroise Thomas’ Oper, Shakespeares Tragödie und ihrer Verbindung

von Julia Jordà Stoppelhaar

The Plot In a nutshell L’intrigue L’essentiel en bref Konu Özet bilgi IMPRESSUM 6 8 12 22 32 34 36 38 40 42 44

Hamlet

Ambroise Thomas

Oper in fünf Akten

Libretto von Michel Carré und Jules Barbier

Uraufführung am 9. März 1868 an der Opéra National de Paris

CHARAKTERE

Claudius, König von Dänemark

Königin Gertrude

Hamlet

Ophélie

Polonius

Laërte

Horatio

Marcellus

Der Geist

Erster Totengräber

Zweiter Totengräber

ORCHESTER

Piccolo öte

2 Flöten

2 Oboen (2. m. Englischhorn)

2 Klarinetten (inkl. Bassklarinette)

Altsaxophon

Baritonsaxophon

4 Fagotte

4 Hörner

2 Trompeten, 2 Cornets à pistons

3 Posaunen

Tuba

2 Harfen

Pauken

Schlagzeug (Große Trommel, Becken, Kleine Trommel, Triangel, Tamtam)

Streicher

BÜHNENMUSIK

Flöte

Klarinette

Horn

4 Trompeten

4 Posaunen

Tuba

Schlagzeug (Glocken, Kanone)

2 Harfen

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BESETZUNG Besetzung

Handlung

Der alte König ist kaum zwei Monate tot, da heiratet seine Witwe Gertrude dessen Bruder, den neuen König Claudius. Hamlet stellt sich gegen die verfrühte Heirat seiner Mutter und will den Hof verlassen. Doch Ophélie überredet Hamlet zum Bleiben und sie versprechen sich ewige Liebe. Der Bruder Ophélies, Laërte, vertraut Hamlet seine Schwester an, da er zum Kriegsdienst einberufen ist. Als sich alle zur Hochzeitsfeier des neuen Königspaars begeben, bleibt Hamlet zurück. Marcellus und Horatio berichten Hamlet von einer Begegnung mit dem Geist des toten Königs. Wie vermutet erscheint er um Mitternacht erneut und erzählt seinem Sohn Hamlet, dass er von Claudius und Gertrude vergiftet wurde. Er fordert Hamlet zur Rache an Claudius auf. Seine Mutter aber soll er verschonen.

Ophélie bedrückt Hamlets zunehmende Distanziertheit und sie überlegt, in ein Kloster zu gehen. Königin Gertrude beschwört Ophélie zu bleiben, um Hamlet zur Besinnung zu bringen. Insgeheim fürchtet Gertrude, dass Hamlet die Wahrheit über den Tod des alten Königs kennt.

Tatsächlich lässt Hamlet den Mord an seinem Vater als Schauspiel am Hof vorführen, um Claudius und Gertrude als Mörder:innen zu entlarven. An Claudius’ bleichem Gesicht meint Hamlet, den Täter zu erkennen. Im entstehenden Tumult ieht der König.

3. AKT

Hamlet sinniert über Leben und Tod: Sein oder Nichtsein? Als Claudius erscheint, versteckt sich Hamlet und erfährt, dass Ophélies Vater Polonius als Komplize in den Mord eingeweiht war.

Gertrude präsentiert Hamlet seine Braut Ophélie. Von seinem Wissen um ihren Vater geplagt, weist Hamlet Ophélie zurück und löst die Verlobung. Gertrude versucht, ihren Sohn zur Vernunft zu bringen, doch Hamlet bezichtigt seine Mutter des Mordes. Der Geist erscheint und erinnert ihn daran, seine Mutter zu verschonen.

4. UND 5. AKT Ophélie hat den Palast verlassen. Von Hamlets Zurückweisung verletzt, steigert sie sich in einen Wahn und bringt sich um.

Hamlet wirft sich sein Verhalten Ophélie gegenüber vor. Noch weiß er nichts von ihrem Tod. Da erscheint Laërte und beschuldigt Hamlet, seine Liebe nur vorgetäuscht zu haben. Er fordert Hamlet zum Kampf heraus, doch der nahende Trauerzug unterbricht sie. Claudius, Gertrude und der gesamte Hof erscheinen. Als die Leiche enthüllt wird, erkennt Hamlet Ophélie. Er macht den Mordkomplott für ihren Tod verantwortlich und will sich das Leben nehmen. Der Geist erscheint und mahnt seinen Sohn zur Rache. Hamlet tötet Claudius und wird zum neuen König ausgerufen.

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1. AKT 2. AKT

Das Wichtigste in Kürze

• Die Urau ührung von Ambroise Thomas’ Hamlet fand am 9. März 1868 an der Pariser Oper statt. Während die Oper im ausgehenden 19. Jahrhundert weltweit auf den Spielplänen zu nden war, ließ der Erfolg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich nach. Erst in den 1960er Jahren wurde Hamlet wiederentdeckt.

• Der französische Komponist Ambroise Thomas wurde 1811 in eine musikalische Familie hineingeboren. In Violine und Klavier von seinen Eltern unterrichtet, galt Thomas bereits mit neun Jahren als professioneller Musiker. Nach seinem Durchbruch als Opernkomponist in den 1850ern unterrichtete er als Direktor und Professor am Pariser Konservatorium unter anderem Jules Massenet. Seine beiden erfolgreichsten Opern Mignon und Hamlet brachten ihm ein Jahrzehnt später internationalen Erfolg ein.

• Shakespeare-Dramen für die Oper zu adaptieren war in Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommen. Demzufolge orientierte Ambroise Thomas sich mit Hamlet als Sto vorlage an den Trends seiner Zeit. In Thomas’ Oper Le Songe d’une nuit d’été (Ein Sommernachtstraum) tritt Shakespeare sogar selbst als Figur auf.

• Das Libretto von Michel Carré und Jules Barbier basiert auf der Adaption von William Shakespeares Hamlet von Alexandre Dumas dem Älteren und François Paul Meurice. Der französischen Bearbeitung folgend erheben die beiden Librettisten in der Operndramaturgie Ophélie zur gleichberechtigten Haupt gur neben Hamlet und übernehmen das Ende, in dem Hamlet zum König ausgerufen wird.

• In seiner di erenzierten Instrumentation ordnet Thomas nicht nur Instrumente bestimmten Figuren zu – Flöte und Harfe stehen beispielsweise für Ophélie –, sondern kreiert eigene Klangwelten wie die schaurige Atmosphäre beim Auftritt des Geistes. Eine Neuerung im Orchester ist das Saxophon, welches Thomas als einer der ersten Komponisten in eine Oper integrierte. In Kombination mit dem Englischhorn trägt das Baritonsaxophon zur unheimlichen Klangsphäre des Geistes bei.

• Mit der Konzentration auf zwei Haupt guren und der im Zentrum stehenden Intrige als handlungsauslösende Kraft trug Thomas’ Hamlet zur Entwicklung der Operngattung Drame lyrique bei. Der ausladende Aufbau von fünf Akten mit einem umfangreichen Ballett und die üppigen Ensembleszenen hingegen stehen in der Tradition der Grand Opéra.

10 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

• Dass das Groteske in Verbindung mit dem Tragischen eine essentielle Zutat von Shakespeares Dramen ist, stellte bereits Ambroise Thomas’ Zeitgenosse Victor Hugo 1827 fest. Diese grotesk-komischen Elemente in Hamlet hebt Nadja Loschky hervor und lässt somit die erhabene Fassade des dänischen Hofes bröckeln, was sich nicht zuletzt auch in Etienne Pluss’ Bühnenbild widerspiegelt.

• Das tragikomische Element spiegelt sich in Shakespeares Dichtung häu g in der Figur des Narren. Nadja Loschky stellt Hamlet den Narren Yorick aus dem Original zur Seite und erö net mit ihm auch ihre Inszenierung. Er stimmt das Lied des Narrens Feste »When that I was and a little tiny boy« aus Shakespeares Was ihr wollt an.

11 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Ein Prinz, der keiner sein möchte

Regisseurin Nadja Loschky, Dirigentin Marie Jacquot und Dramaturgin Yvonne Gebauer im Gespräch über Könige, Narren und einen Haufen Maden

Wie viel Shakespeare steckt in Ambroise Thomas’ Hamlet? Die Librettisten Michel Carré und Jules Barbier rücken Ophélie in den Vordergrund, streichen dafür andere Figuren und Handlungsstränge aus Shakespeares Tragödie …

Nadja Loschky Eines der genialsten Stücke der Weltliteratur in LibrettoForm zu gießen, ist kein Leichtes. Shakespeare bereitet die Vielschichtigkeit der Welt, ihre Komik und Tragik, die Liebe und die Abgründigkeit in verschiedenen Szenen und Figuren auf. Der Apparat der Grand Opéra kann der Leichtigkeit und Wendigkeit Shakespeares nicht gerecht werden. Dafür komponierte Thomas eine farbenreiche und ebenso vielschichtige Musik, die den Seelenräumen der Figuren eine Bühne bietet.

Yvonne Gebauer Anders als die Musik betont die Operndramaturgie die Handlung und weniger die inneren Vorgänge. Hamlets Problem ist es aber, keine Handlung vollziehen zu können. Das ist sicher das zentrale Manko in der Konstruktion dieses Werks, wenn man sich an der Dimension der Shakespeare-Tragödie orientiert.

Marie Jacquot Etwas Witz beziehungsweise etwas Opéra comique steckt aber trotz düsterer Stimmung auch in dieser Oper, zum Beispiel wenn Hamlet ein Trinklied (»Ô vin, dissipe la tristesse«) anstimmt.

Sie stellen Hamlet die Figur des Narren Yorick zur Seite, der in Shakespeares Vorlage nur noch als Schädel vorkommt. Somit geben Sie Hamlet etwas Komik und Groteske zurück.

Nadja Loschky In der Tragödie hält Hamlet zu Anfang des fünften Akts einen Monolog über den toten Narren Yorick. Hamlet erzählt, dass sie eine

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GESPRÄCH

große Nähe verbunden habe, dass Yorick ihn oft auf dem Rücken getragen, dass Hamlet oft seine Lippen geküsst habe. Diese Szene ist als ikonographisches Bild Hamlets mit dem Schädel verewigt. Der Narr, der in vielen Stücken Shakespeares eine wichtige Rolle spielt, war uns also als Gegenstimme, Alter Ego und Schatten Hamlets wichtig, aber auch als freie Figur, die keiner Ideologie folgt.

»Sein oder Nichtsein?« ist wohl der berühmteste Monolog der Theatergeschichte. Als »Être ou ne pas être« ndet er Einzug in den dritten Akt der Oper. Was bedeutet Ihnen dieser Gedanke?

Yvonne Gebauer Wir haben den Satz von »Sein oder Nichtsein?« in den Mittelpunkt gestellt und damit das Innenleben von Hamlet in den Vordergrund gerückt. Wenn man die Subjektivierung der Perspektive in der Inszenierung nicht vornimmt, landet man bei dieser Oper sehr schnell in der Repräsentation der Gesellschaft und der äußeren Wirklichkeit – das hat sehr viel mit der Funktionsweise des Chores zu tun, der gewissermaßen die Faktizität der Geschehnisse absichert und stabilisiert. Diese Art von äußerem Realismus, den auch das Genre der Rachetragödie bedient, hat uns aber nicht interessiert. Wenn man die Figur Hamlet als das Zentrum der Oper und der Erzählung versteht, dann dehnt sich seine Wahrnehmungsweise der Welt auf das Gesamtgeschehen aus und zersetzt geradezu die Wirklichkeit. Hamlets Emp nden hat somit viel mit Thomas Bernhards Satz zu tun, der sagt, dass im Angesicht des Todes alles lächerlich erscheint.

Marie Jacquot Die hö sche Musik ist oft mit pompöser Orchesterbesetzung gestaltet, unterstrichen von sehr präsenten Blechbläsern und fanfarenhaften Motiven. Aber es gibt eben auch die brüchige und abwechslungsreiche Musikwelt Hamlets.

Nadja Loschky Man wünscht sich fast eine große und längere Arie »Être ou ne pas être«! Thomas widmet Ophélie einen kompletten Akt und man sucht nach einem Gegenstück für Hamlet. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die Welt durch Hamlets Augen zu zeigen. Er ist »befallen«, und zwar von einem tiefen Gefühl der Leere und des Zerfalls, aber auch umgetrieben vom Wunsch, die marode Welt zu untergraben und eine andere Wahrheit zu enthüllen.

Herman Melvilles Erzählung Bartleby, der Schreiber, deren Protagonist seine Verweigerung beharrlich, doch sanft mit »Ich möchte lieber nicht« ausdrückt, spielte eine Rolle bei der Konzeption Ihrer Inszenierung: Wie hängt sie mit Hamlet zusammen?

Nadja Loschky Hamlet steht im Zentrum eines Geschehens, das ihn zu überrollen scheint. Im Auge seiner Gedankenstürme ist er großem Druck ausgesetzt. Ich glaube, wenn man ihn in Ruhe ließe, würde er ewig darüber nachdenken, ob er Claudius töten soll. Darüber könnte er essen, schlafen und trinken vergessen und würde irgendwann nur noch als Gerippe

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dasitzen. Eigentlich kommt alles zu Hamlet und nicht umgekehrt. Der Geist seines Vaters sucht ihn auf und fordert ihn zur Rache auf. Später erscheint Claudius und Hamlet belauscht ihn beim Beten, und auch Gertrude geht aus freien Stücken zu Hamlet, um ihm seine Braut zu präsentieren. Die Außenwelt bedrängt ihn, bis hin zur Tötung Claudius’. Wenn er die Wahl hätte, würde Hamlet sich aber zurückziehen, genau wie Bartleby.

Warum ist Hamlet derart erstarrt?

Nadja Loschky Es werden viele Ansprüche an Hamlet gestellt. Als Sohn des toten Vaters, aber auch als Stiefsohn des neuen Vaters, der fordert: Sei mein Sohn und verhalte dich dementsprechend. Die Mutter, die ihn tadelt, seinen neuen Vater verletzt zu haben. Ophélie, die in ihm Halt sucht und den Partner braucht. Der Hofstaat, der das Verhalten eines Prinzen erwartet. Er ist ein Prinz, der keiner sein möchte und dem Gewalttätigkeit zuwider ist.

Yvonne Gebauer In Shakespeares Monolog »Sein oder Nichtsein?« spricht Hamlet von der »angebor’nen Farbe der Entschließung«, die durch »des Gedankens Blässe angekränkelt« ist. Wenn man beginnt nachzudenken, wird man handlungsunfähig. Hamlets Denkweise ist nihilistisch und dadurch bewegt er sich in einem anderen Wertesystem und Kosmos als die hö sche Gesellschaft.

Das Bühnenbild zeigt einen repräsentativen Raum, der nach und nach mit Erde gefüllt wird.

Nadja Loschky Wir beginnen mit dem Entrée eines Schlosses. Eine hösche Fassade. Durch die Totengräber wird diese scheinbar intakte Welt immer mehr zersetzt, indem sie sie perforieren, zerfallen lassen, mit Erde befüllen. Dadurch wird die Bühne zum Friedhof. Shakespeares Satz »Etwas ist faul im Staate Dänemark« war uns im Zusammenhang mit dem Bühnenbild besonders wichtig. Er stellt die Fäulnis der Welt aus, zeigt, wie verrottet sie ist. Die Menschen in ihr sind wie Maden, die den Zerfall beschleunigen und Hamlet ist der Einzige, der spürt, dass etwas unter der Tapete schlummert, das enttarnt werden muss.

Auch wenn Hamlet in den verschiedensten Varianten – vom naiven jungen Mann bis zum psychisch erkrankten Menschen – interpretiert worden ist, ein zentraler Gedanke ist und bleibt die Frage: Verfällt Hamlet dem Wahnsinn?

Nadja Loschky Hamlet zerbricht an etwas Realem, am Fakt, dass sein Onkel und seine Mutter seinen Vater ermordet haben, eine Liaison eingegangen sind und die hö sche Gesellschaft dieses Verbrechen deckt. Daher würde ich sagen, er ist vielmehr hellsichtig als wahnsinnig, denn er ist unfähig, diese Tat einfach zu verdrängen.

Yvonne Gebauer Zumal er auch bei Shakespeare den Wahn spielt.

Nadja Loschky Seine große Emotionsfähigkeit führt ihn durch

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Verzwei ung, Hass, Wut und Trauer. Er hat also wahnhafte Momente. Man könnte aber auch sagen, dass er eben nicht abgestumpft ist.

Yvonne Gebauer Und man kann es auch simpler formulieren: Hamlet ist eine Person, die vollkommen anders ist als alle anderen. Die meisten haben sich dazu entschieden, sich der Gesellschaft anzupassen, zu funktionieren. Doch dann tri t Hamlet auf jemand anderen, der damit auch ein Problem hat – Ophélie.

Was verbindet Ophélie und Hamlet?

Nadja Loschky Hamlet und Ophélie sind sich sehr ähnlich. Beide fühlen sich entfremdet von der Gesellschaft, die sie umgibt. Sie fühlen sich in der Welt verloren. Sie weigern sich, dem Regelsystem des Hofes blind zu folgen Ophélie üchtet sich dabei in den Wahn, Hamlet in den eigenen Abgrund. Das Tragische an dieser Ähnlichkeit ist, dass sie sich unter anderen Umständen gegenseitig hätten Halt geben können, doch in dieser verstrickten Situation verfehlen sie sich.

Marie Jacquot Dieses Gefühl, in der Welt verloren zu sein, spiegelt sich bei beiden Figuren musikalisch. Für beide komponierte Thomas charakteristische Motive. Bei Hamlets Racheschwur beispielsweise wiederholt sich die Musik periodisch, wie in einer Art Trauermarsch, der seine Verbindung zu seinem Vater signalisiert. Ophélies Arien hingegen, insbesondere die zweite, haben sehr viele Motive, verschiedene Tempi und einen abwechslungsreichen musikalischen Charakter. Man merkt, wie sehr ihre Gefühle durcheinander irren. In der zweiten Szene der Oper singen sie gemeinsam das Duett »Doute de la lumière«. Ophélie greift diese Musik motivisch im vierten Akt auf, als sie nach und nach dem Wahn verfällt, um zu versuchen, sich selbst zu heilen und vielleicht sogar, um mit ihrem Tod seine Liebe wieder zu erwecken. Auch in der Instrumentierung ndet Thomas besondere Klangfarben für beide Figuren: Hamlet verbindet er mit dem Violoncello und Ophélie werden Flöte und Harfe zugeordnet.

Es gibt auch weitere instrumentale Höhepunkte: Zum ersten Mal in der Operngeschichte setzt Thomas das Saxophon ein. Marie Jacquot Thomas zeichnet sich durch seine transparente und neuartige Orchestrierung aus, trotz seiner Rückgri e auf altbewährte Formen wie der Grand Opéra. Möglicherweise hat ihn seine Freundschaft zu Adolphe Sax, dem Er nder des Saxophons, inspiriert. Im zweiten Akt von Hamlet untermalt er mit einem Altsaxophon-Solo die Bankettszene, in der Hamlet Claudius mit einem Schauspiel als Mörder zu entlarven versucht – das Saxophon begleitet also dieses Theater im Theater.

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Die traditionsreiche Grand Opéra auf der einen Seite und Neuartiges wie das Drame lyrique auf der anderen Seite – zwischen diesen Opernformen fand Thomas’ Hamlet 1868 zur Urau ührung … Marie Jacquot Mit fünf Akten, einem ausgedehnten Ballett, üppigen Chorpassagen und großer Orchesterbesetzung entspricht Hamlet zwar den Konventionen der Grand Opéra, mit seiner komprimierten Struktur und Form und geradezu rezitativischen Deklamationsarten erinnert es aber an Thomas’ langjährige Vorliebe für die Opéra comique. Dabei legt er den Fokus auf die Figuren Hamlet und Ophélie, auf ihre Beziehungen und ihr soziales Umfeld. Das war charakteristisch für das Drame lyrique, das zwischen den Gegensätzen von Grand Opéra und Opéra comique liegt.

Die Partitur sieht zwei unterschiedliche Enden vor. Das zuerst komponierte Ende geht auf die Urau ührung 1868 in Paris zurück: Hamlet tötet Claudius und wird selbst zum König ausgerufen. Ein zweites Ende entstand für die Au ührung 1869 in London und sieht Hamlets Tod vor. Warum haben Sie sich für das erste entschieden?

Nadja Loschky Der sogenannte »tragische« Schluss um Claudius’ und Hamlets Tod wird zentralperspektivisch abgehandelt. Das heißt, man erlebt von außen den Tod dieser zwei Figuren und so nimmt die Oper ihr Ende. Damit entspricht dieser vom Original inspirierte Schluss viel weniger der Tragödie Shakespeares als das vermeintliche Happy End aus Paris. Darin überlebt Hamlet zwar und wird König, doch es ist der Weg in die Dunkelheit. Er ergibt sich in die Welt, die die Totengräber aufgetan haben, er verweigert sich der Wirklichkeit nicht mehr und ist auch nicht weiter hin- und hergerissen, sondern geht in den Abgrund hinein.

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»Ach armer Yorick! Ich kannte ihn, Horatio, ein Bursche von unendlichem Humor, von ganz exzellenter Phantasie. Er hat mich auf seinem Rücken getragen tausendmal, und jetzt, wie graut mir davor. Mir dreht sich der Magen um. Hier hingen die Lippen, die ich geküßt habe, ich weiß nicht wie oft. Wo sind jetzt

Eure Späße? Eure Sprünge?

Eure Lieder? Eure Blitze von Lustigkeit, vor denen die Tafel in brüllendes Lachen ausbrach? Nicht einer hetzt, zu spotten Euer eigenes Grinsen? «

aus dem Englischen von Heiner Müller

William Shakespeare: Hamlet

Der lange W eg d e s Andersar tig e n

Zu Ambroise Thomas’ Oper, Shakespeares Tragödie und ihrer Verbindung

Ambroise Thomas kam 1811 als musikalisches Wunderkind zur Welt. Im Alter von neun Jahren spielte er bereits auf professionellem Niveau Klavier und Geige. Ein mit Musikpreisen gespickter Weg ebnete sich hin zu einer exemplarischen akademischen Laufbahn – der nächste logische Schritt für den Sohn einer hochmusikalischen Familie mit einem Violinisten-Vater und einer klavierbegabten Mutter aus Metz (Frankreich).

Was sich zunächst wie eine Biogra e des Über iegers Mozarts liest, mündet allerdings nicht in begeistertem Echo für Thomas’ Opern, die bis auf wenige Ausnahmen Anfang des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit gerieten. Zu akademisch, zu französisch und vor allem: zu konservativ. Thomas wurde einiges angelastet, dabei zeichnet er für die einzige bis heute gespielte HamletVertonung verantwortlich. Warum eigentlich?

DER STARTPUNKT: ZWISCHEN ALTEM UND NEUEM

Auch wenn Ambroise Thomas das neue Genre des Drame lyrique mitprägte, begann seine Karriere als Opernkomponist mit der bereits im 17. Jahrhundert entstandenen Opéra comique. Vornehmlich wurden diese Opern am Haus der Pariser Opéra Comique gezeigt, das aus einer bürgerlichen Tradition entstanden war und den Konkurrenzkampf mit der dem französischen Hof vorbehaltenen Pariser Opéra ausgefochten hatte. An der Comique kam es für Thomas zu ersten Erfolgen, beispielsweise mit Le Caïd (1849) und Le Songe d’une nuit d’été (1850), deren Strahlkraft ihm eine Reihe bedeutsamer Ehren einbrachte:

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Er wurde zum Mitglied der Académie des Beaux-Arts ernannt, dann zum Professor für Komposition am Pariser Konservatorium und letztlich 1871 zum Direktor desselben. Er komponierte für die im Zweiten Kaiserreich beliebten Massenchöre und war dort gleichzeitig Jury-Mitglied. Kurz gefasst: Thomas hatte seinen Platz im Pariser Establishment gefunden und auf Lebzeit gesichert. Das wirkte sich auch auf die Wahrnehmung seiner Kunst aus. Thomas’ Leben umspannte fast ein ganzes Jahrhundert von 1811 bis 1896, und für den ehrgeizigen Komponisten war wohl diese Epoche zwischen Tradition und Aufbruch, Zweitem Kaiserreich und Dritter Republik ein künstlerischer Ritt auf der Rasierklinge – auf der einen Seite die prestigeträchtige französische Operntradition und auf der anderen Seite die aufkommende Moderne.

DER SCHRITT ZURÜCK ODER ANLAUF NEHMEN

Sechzehn Werke komponierte Thomas ganz dem Genre getreu für die Bühne der Opéra Comique. Opern mit klarer Struktur, kleiner Besetzung und melodienreicher Musik – auch wenn er dies mit den letzten Werken, wie das 1858 komponierte Gille et Gillotin, in einer Zeit tat, in der die Gattung nach und nach mit ihrem Gegenstück, der Grand Opéra, verschmolz und somit in ihrer ursprünglichen Form überholt war.

Vielleicht spürte Thomas selbst, dass die Opéra comique ein epigonenhaftes Dasein fristete, zumal Gille et Gillotin mit juristischen Mitteln und ohne Probenbetreuung durch ihren Komponisten nachträglich auf die Bühne gewuchtet wurde. Vielleicht warf auch seine Karriere einen zu großen Schatten auf seinen musikalischen Einfallsreichtum. In jedem Fall folgten ab 1860 sechs Jahre Stille.

DER SPRUNG INS RAMPENLICHT: DIE ERSTE GRAND OPÉRA

In dieser Zeit entstanden Charles Gounods zukunftsweisende Goethe-Adaption Faust (1859) und seine Shakespeare-Oper Roméo et Juliette (1867). Nun waren Werke auf Basis von literarischen Vorlagen, zumal der auch damals unbestritten besten Schriftsteller, im Frankreich des 19. Jahrhunderts nichts Seltenes. Logisch also, dass Thomas sich 1866 mit Mignon (einer GoetheBearbeitung) aus der Sendepause zurückmeldete und sich in der Pariser Musikwelt dank Mignons musikdramaturgischer Durchdringung endgültig als ernstzunehmender französischer Opernkomponist etablierte. Gounod und Thomas teilten aber vor allem ihre Librettisten, die Stars der damaligen Opernszene schlechthin: Jules Barbier und Michel Carré. Mit ihnen in enger Zusammenarbeit feilte Thomas schon während seiner Scha enspause seit 1860 an Hamlet – in der Ho nung, diesmal an der Pariser Opéra zu landen. Zwar hatte er hier schon zuvor Premieren gefeiert, zum Beispiel mit dem Zweiakter Le Comte de Carmagnola (1841), doch nun kehrte er im Erfolgsrausch Mignons mit seiner ersten Grand Opéra zurück.

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Die strengen Subventionsbedingungen der Opéra verlangten nämlich nach einer jährlichen Grand Opéra, um den Status der Institution zu erhalten. Fünf Akte musste sie haben, Ballettmusik und einen dramatischen, historischen Sto . Zu dem Zweck bearbeitete Thomas seinen Hamlet entsprechend: Er teilte den vierten Akt in zwei, schrieb zusätzliche Ballettmusik im neuen vierten Akt und machte Anpassungen in der Besetzung. Am 9. März 1868 feierte seine erste große Oper endlich ihre Urau ührung.

EIN SCHRITT WEITER: DAS DRAME LYRIQUE

Gestützt auf die Traditionen der Grand Opéra hob Thomas mit Hamlet in die Welt des Drame lyrique ab und bereitete damit das Opernverständnis Jules Massenets und Georges Bizets vor. Thomas prägte den Stil des Drame lyrique zwischen der Ausgelassenheit der Opéra comique und dem Pathos der Grand Opéra mit. Dabei konzentrierte sich die Handlung auf wenige Figuren und bot somit intimeren Szenen Platz. Trinklieder, Balladen und Volksliedgut wurden mit deklamatorischem Gesangs-Stil und Melodienreichtum im Orchester verbunden. Die Figuren rückten näher an das Leben heran, waren keine Held:innen oder überzeichnete Typen mehr, sondern wurden innerhalb ihres sozialen Umfelds gezeigt. Mehr noch: Das gesellschaftliche Netz, in das die Charaktere ver ochten sind, bestimmt ihr Handeln und stellt die Gesetze dafür auf. Analog hierzu entwickelte Thomas musikdramaturgisch ein ra niertes Machtspiel zwischen Königin Gertrude, Hamlet und Ophélie. Im Sinne des Drame lyrique stellte Ambroise Thomas Hamlet mit Ophélie eine ebenbürtige Frauen gur zur Seite. Hamlets lang vergangenen Liebesschwur im Duett »Doute de la lumière« noch im Ohr – und als aufstrebendes romantisches Motiv im Vorspiel – stimmt sie im zweiten Akt ihre Arie an. Als Hamlet mittendrin auftritt, sie aber ignoriert, hat sie den Beweis für seine doch erkaltete Liebe. Bei Königin Gertrude bittet sie darum, den Hof verlassen zu dürfen.

Regisseurin Nadja Loschky packt die Gelegenheit beim Schopf, Ophélie als Frauen gur nicht dem fragilen Rollenklischée zum Opfer fallen zu lassen, sondern zeigt sie als eigenwillige Person, der die Regeln des Hofes aber jegliche Eigenständigkeit verbieten. Gertrude gibt ihr keine Erlaubnis zu gehen, sondern nötigt sie vielmehr dazu, als ihre Spionin Hamlets »Wahnsinn« nachzugehen. Nach dem Wahnsinn gilt es in Thomas’ Oper jedoch an anderer Stelle zu suchen: Der ganz Ophélie gewidmete vierte Akt kulminiert in ihrer sogenannten Wahnsinnsszene. Nachdem sie behauptet, Hamlet sei ihr Ehemann, stimmt sie ein balladenhaftes Lied mit virtuos-erratischen SopranKoloraturen an, das im musikalischen Zitat des Themas aus »Doute de la lumière« mündet und Ophélies nahenden Tod einleitet. Bei Shakespeare ist die Tötung ihres Vaters Polonius durch Hamlet eine wichtige Motivation für Ophélies Selbstmord. Von den Librettisten Barbier und Carré wurde diese Szene aber gestrichen, um stattdessen einzig ihr gebrochenes Herz für ihren Verstandesverlust verantwortlich zu machen. Dass aber die starren Rollenvorstellungen des Hofes an eine junge Frau – und insbesondere Gertrudes

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Instrumentalisierung – sie in die Verzwei ung treiben, zeigt Nadja Loschky mit ihrer Inszenierung. Dabei arbeitet sie Ophélies Ähnlichkeit mit Hamlet heraus: Sie ist ebenso im Machtgefüge des Hofes gefangen, wie er machtlos ist in seinem Willen, sich aus der hö schen Gesellschaft zu lösen oder diese auszulöschen.

AUSSCHEREN: WAHNSINN ODER HELLSICHT?

Seelenverwandt und doch entfremdet vereint Ophélie und Hamlet der echte oder nur vorgeworfene Wahnsinn. Bei der Frage nach Hamlets Verstand wird Thomas’ musikdramaturgische Begabung o ensichtlich. Auch wenn die Librettisten – bis auf seinen berühmten Monolog »Sein oder Nichtsein« – die introspektiven Momente Hamlets aus Shakespeares Vorlage gestrichen haben, ndet der Komponist einen Weg, mit der Wahrnehmung Hamlets zu spielen. Frei von allen Operntraditionen komponiert Thomas im dritten Akt eine Dialogszene zwischen Gertrude und Hamlet, in der Hamlet seiner Mutter klar und deutlich seinen Hass auf sie als Mörderin seines Vaters entgegenschleudert. Mit insgesamt zwölf aufgewühlten Tempowechseln nimmt diese Szene Fahrt auf und zeigt einen klarsichtigen Hamlet, der von seiner Mutter als verrückt dargestellt wird. Dieser Eindruck Königin Gertrudes entsteht einerseits durch ihre Angst, entdeckt zu werden, andererseits durch Hamlets das Regelwerk sprengende Verhalten wie im zweiten Akt. Ganz im Stil des Drame lyrique stimmt Hamlet dort nämlich eine beschwingte und festliche »Chanson bachique«, also ein Trinklied an. Ambroise Thomas setzt das Trinklied aber gekonnt musikdramaturgisch ein, was diesen scheinbaren Feieranlass in eine düstere Szene kippen lässt. Als Hamlet mit Hilfe eines ausgeklügelten Schauspiels König Claudius als Mörder seines Vaters enttarnen will, setzt er an: »Wein, zerstreue die Sorgen.« (»Ô vin, dissipe la tristesse«). Nachdem die Mausefalle zugeschnappt ist und er Claudius laut als Verbrecher beschuldigt, bricht Tumult am Hof aus. Doch Thomas lässt Hamlet den sich empörenden Chor mit einer Reprise des Trinklieds unterbrechen. Ein bizarrer Einfall, wenn man die Tragweite der ö entlichen Anklage und der persönlichen Tragödie bedenkt. Während Gertrude und der Hof ihm Wahnsinn attestieren, nutzt Regisseurin Nadja Loschky diese Gelegenheit, um zu beweisen, dass Hamlet der einzige Hellsichtige ist, der Einzige, der aus dem vorgesehenen Weg ausschert und dadurch anders als alle anderen ist. Inspiriert von Shakespeares Satz »Etwas ist faul im Staate Dänemark« zeigt sie: Er ist der Einzige, der den Verfall hinter der hö schen Fassade sieht. Auch Etienne Pluss’ Bühnenbild, in dem ein repräsentativer Palastsaal mit herrschaftlicher Treppe nach und nach zerfällt, zeigt bildlich Hamlets Perspektive auf diese verrottete Welt.

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EHRENRUNDE DER INSTRUMENTE: AMBROISE THOMAS’ ORCHESTRIERUNG

Trotz der Düsterheit der Schauspiel-Szene komponiert Thomas auch spielerische Momente, die wahre Innovation aufweisen. Besonders in der Bläsergruppe und in den tiefen Stimmen entwickelt er eine di erenzierte und fantasievolle Instrumentation. Das Theater im Theater wird nämlich von einem Solo für Baritonsaxophon eingeführt. Zum ersten Mal in der Operngeschichte erklingt dieses von Adolphe Sax erfundene Instrument, den Ambroise Thomas am Pariser Konservatorium einstellte. Die leichte Melodie des Saxophons erinnert teils an eine menschliche Stimme und steht im starken Kontrast zur realen Situation des Mordkomplotts. Thomas verlegt den hauptsätzlichen Anteil der Melodieführung in Hamlet ins Orchester. Dabei weist er Hamlet vor allem das Violoncello zu und Ophélie Flöte und Harfe. Das Verhältnis von Stimme und Orchester wird bereits mit dem ersten Akt hörbar. Hier richtet sich der Geist – auf ein und demselben Ton – aus der Totenstarre an Hamlet. Die instrumentale Begleitung aber, eine neuartige Kombination von Englischhorn und Baritonsaxophon mit Streichern, birgt die eigentliche emotionale Tiefe dieser Szene. Thomas priorisiert das Verständnis des gesungenen Worts, mit ausgewählten hochvirtuosen Koloraturausbrüchen, und lässt das Orchester zum durchgängigen musikalischen Protagonisten werden, der die Szenen musikalisch und thematisch miteinander verbindet. Für seine originelle Orchestrierung und seine tiefgründige Musikdramaturgie wurde Ambroise Thomas mit Beifall belohnt. Hamlet scha te es auf internationale Bühnen und wurde allein an der Pariser Opéra bis 1918 ganze 321 Mal gespielt. Nach acht Jahren Bearbeitungszeit am Ende ein einziger Erfolg. Oder?

DIE ZIELGERADE: ENDE GUT, ALLES GUT?

Barbier und Carré hatten im Sinne der französischen dramatischen Tradition ein Happy End für Hamlet gewählt. Bei der Pariser Urau ührung wurde Hamlet nach der Rache an Claudius zum König ausgerufen und starb nicht wie im Original durch Laërtes vergifteten Degen. Damit fußt das Libretto auf der französischen Adaption Hamlet von Alexandre Dumas dem Älteren und Paul Meurice.

Shakespeares Original war in frühen französischen Übersetzungen seiner realitätsnahen Sprache, vieler Charaktere und Handlungsstränge sowie auch der Figur des Geistes zugunsten eines angeblich erhabeneren Stils und einer leichter verdaulichen Handlung mit weniger Toden beraubt worden. Mit Beginn der romantischen Epoche ö nete sich die Tür einen Spalt weit für neue Übersetzungen und Dumas nutzte die Gelegenheit. Sein Schauspiel von 1847 ist in allen Punkten eine Rückbesinnung auf Shakespeares Tragödie. Einzig das französische Ende mit Hamlet auf dem Thron übernahm Dumas. Für das Londoner Publikum war aber auch dieser Eingri in das literarische Nationalerbe inakzeptabel. Das originale Ende musste her. Und so konzipierten Thomas, Barbier und Carré 1869 einen neuen Schluss mit

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sterbendem Hamlet. Auch hier wird das Duell mit Laërte unterbrochen, Hamlet rächt sich an Claudius, ganz ohne Geistererscheinung, und fällt letztlich leblos neben Ophélies Leiche zu Boden. Trotz dieser Fassung für englisches Publikum war die Akzeptanz nur mäßig, denn durch den beigefügten Tod atmete Shakespeares Geist gerade weniger in dieser Version.

DER SIEGER

Das »Happy End« von Alexandre Dumas dem Älteren ndet seinen Weg von Paris auf die Berliner Bühne – zunächst sogar zur Überraschung von Regisseurin Nadja Loschky. In ihrer Inszenierung liegt der Fokus nicht auf einer Zentralperspektive auf das Geschehen, sondern jede Szene wird aus Hamlets Perspektive erzählt. Dabei denken Loschky und ihr Team Barbiers und Carrés Richtung im Libretto weiter und fügen der Oper noch ein Stückchen mehr Shakespeare hinzu. Liegt es da nicht nahe, ein tragisches Ende mit Hamlets Tod zu wählen?

Das in seiner Essenz auf vier Hauptcharaktere – Hamlet, Ophélie, Gertrude und Claudius – zugeschnittene Libretto stellt die Abfolge der Handlung in den Vordergrund. Ambroise Thomas erkannte die Lücke, die hier für die Musik o en stand und füllte sie mit der Tiefe von Shakespeares Hamlet, seiner inneren Zerrissenheit und der Macht, die der Hof auf ihn ausübt. Thomas’ Musik verleiht der Oper eine emotionale Fallhöhe, die Hamlet durch immer wiederkehrende musikalische Motive an seinen Racheschwur und damit an die hö sche Welt, die er im ersten Akt verlassen will, fesselt.

Loschky entlarvt, nicht zuletzt dank dieser Musikdramaturgie, das »Happy End« als eigentlich tragischeres Ende. »Meine Seele steht im Grab und ich bin auf dem Thron.« (»Mon âme est dans la tombe, hélas, et je suis Roi.«) sind Hamlets letzte Worte im vermeintlich guten Ausgang der Oper. Die Welt ist also am Ende nicht heil, Hamlets Kon ikt kommt nicht Hollywood-reif zur Au ösung und auch das Paar, durch Irrwege voneinander getrennt, ndet hier nicht zueinander. Dieses Mischende zwischen französisch-traditioneller

Hamlet-Rezeption, die ihn leben lässt, und dem Einblick in seine Abgründe, den Thomas’ di erenzierte, lyrische und tragische Musik bietet, ist ein Bekenntnis für einen Hamlet, dessen Geist an der verdorbenen Welt zerbricht.

29 DER LANGE WEG DES ANDERSARTIGEN

» Sein oder Nichtsein, das ist die Frage.

Ob es von edlerm Geist ist, auszuhalten Schleuder und Pfeil des wütenden Geschicks

Oder, in Wa en gegen eine See Von Plagen, enden im Aufstand. Sterben, schlafen, Nicht mehr, und sagen mit dem Schlaf: vorbei

Das Herzweh und die tausend Qualen, unser Fleischliches Erbteil. Das ist ein Schluß

Auf’s innigste zu wünschen. Sterben, schlafen.

aus dem Englischen von Heiner Müller

William Shakespeare: Hamlet
«

ACT 1

The old king has been dead barely two months when his widow Gertrude marries his brother, the new king Claudius. Hamlet is against his mother’s premature marriage and plans to leave the court. However, Ophélie persuades Hamlet to stay and they pledge their eternal love. Ophélie’s brother Laërte entrusts Hamlet with his sister as he has been called up for military service. When all leave for the wedding ceremony of the new royal couple, Hamlet remains behind.

Marcellus and Horatio report to Hamlet that they have seen the ghost of the late king. At midnight, as expected, it reappears and tells Hamlet he was poisoned by Claudius and Gertrude. The ghost demands Hamlet take revenge on Claudius. But he should spare his mother.

ACT 2

Ophélie is distressed by Hamlet’s increasing emotional distance and considers entering a convent. Queen Gertrude urges Ophélie to stay in order to bring Hamlet to his senses. Secretly, Gertrude fears that Hamlet knows the truth about the former king’s death.

Hamlet has his father’s murder staged as a dumb show at the court, to expose Claudius and Gertrude as the murderers. Hamlet believes Claudius’ pale face betrays his guilt. In the ensuing tumult the king rushes out.

ACT 3

Hamlet re ects on life and death: to be or not to be? Claudius appears; Hamlet hides and discovers that Ophélie’s father Polonius was an accomplice and knew about the murder.

Gertrude presents Hamlet to his bride Ophélie. Hamlet, tormented by what he now knows of her father, rejects Ophélie and breaks o the engagement. Gertrude attempts to bring her son to reason, but he accuses her of murder. The Ghost appears and reminds Hamlet to spare his mother.

ACTS 4 AND 5

Ophélie has left the palace. Distraught by Hamlet’s rejection, she becomes delusional and kills herself.

Hamlet reproaches himself for how he has behaved towards Ophélie. As yet, he knows nothing of her death. Laërte appears and accuses Hamlet of only having pretended to love her. He challenges Hamlet to a ght, but they are interrupted by a funeral procession approaching. Claudius, Gertrude and the whole court are in attendance. When the dead body is uncovered, Hamlet recognises Ophélie. He says the murder plot is responsible for her death too, and is about to kill himself when the Ghost appears and exhorts his son to exact revenge. Hamlet kills Claudius and is proclaimed the new king.

34 THE PLOT the
plot

In a nutshell

• The world premiere of Ambroise Thomas’ Hamlet took place on 9 March 1868 at the Paris Opera. The opera was performed around the world throughout the latter part of the 19th century, but largely dropped out of the repertoire in the rst half of the 20th century. Hamlet was not rediscovered until the 1960s.

• The French composer Ambroise Thomas was born into a musical family in 1811. He was taught violin and piano by his parents and was regarded as a professional musician already at the age of nine. After his breakthrough as an opera composer in the 1850s, Thomas became professor and later director of the Paris Conservatoire, where his students included Jules Massenet. In the following decade, he achieved great success internationally with his operas Mignon and Hamlet.

• Adapting Shakespeare plays for the opera stage came into vogue in France in the middle of the 19th century. Ambroise Thomas was therefore following the trends of his day in choosing to set Hamlet. In Thomas’ opera Le Songe d’une nuit d’été, Shakespeare even appears on stage himself.

• The libretto by Michel Carré and Jules Barbier is based on an adaption of Shakespeare’s Hamlet by Alexandre Dumas the elder and François Paul Meurice. Following this French version, the two librettists raised Ophélie to a gure of equal importance to Hamlet and also retained the ending in which Hamlet is proclaimed king.

• In his nuanced instrumentation, Thomas not only associates speci c instruments with particular characters – ute and harp represent Ophélie, for instance – but in addition he creates discrete sound worlds such as the eery atmosphere when the Ghost appears. A novelty in the orchestra is the saxophone, which Thomas was one of the rst composers to deploy in an opera. In combination with the cor anglais, the baritone saxophone contributes to the unearthly sound world of the Ghost.

• Concentrating on two principal characters and centring on an intrigue that drives the action, Thomas’ Hamlet contributed to the development of the operatic genre of drame lyrique The large ve-act format with a substantial ballet and the lavish ensemble scenes are, on the other hand, in the tradition of grand opéra.

36 IN A NUTSHELL

• The coupling of the grotesque with the tragic is an essential ingredient of Shakespeare’s dramas, as had already been noted by Ambroise Thomas’ contemporary Victor Hugo in 1827. These grotesque-comical elements in Hamlet are accentuated in Nadja Loschky’s staging, which causes the grand façade of the Danish court to crumble as is also re ected in Etienne Pluss’ stage design.

• In Shakespeare’s plays, the tragicomic element is often re ected in the gure of the Fool. While in the original the jester Yorick is no longer alive, Nadja Loschky places him at Hamlet’s side and opens the production with him. He sings Feste’s song »When that I was and a little tiny boy« from Shakespeare’s Twelfth Night.

37 IN A NUTSHELL

L’intrigue

ACTE I

Deux mois à peine après la mort du vieux roi, sa veuve Gertrude épouse son frère Claudius, qui devient le nouveau roi. Hamlet s’oppose au mariage prématuré de sa mère et veut quitter la cour. Ophélie le persuade de rester et ils se promettent un amour éternel. Le frère d’Ophélie, Laërte, con e sa sœur à Hamlet, car il est appelé au service militaire. Alors que tous se rendent au mariage du nouveau couple royal, Hamlet reste en arrière.

Marcellus et Horatio lui apprennent qu’ils ont rencontré le spectre du roi défunt. Ce dernier réapparaît sur les coups de minuit et raconte à son ls qu’il a été empoisonné par Claudius et Gertrude. Il demande à Hamlet de se venger de Claudius mais d’épargner sa mère.

ACTE II

Ophélie supporte mal le détachement croissant d’Hamlet et envisage d’entrer au couvent. La reine Gertrude la prie de rester a n de ramener son ls à la raison. Secrètement, Gertrude redoute que Hamlet ait compris ce qui est véritablement arrivé au vieux roi.

De fait, Hamlet fait jouer le meurtre de son père comme spectacle à la cour a n de révéler le crime de Claudius et de Gertrude. Au visage pâle de Claudius, Hamlet croit reconnaître le véritable coupable. Dans le tumulte qui s’ensuit, le roi s’enfuit.

ACTE III

Hamlet médite sur la vie et la mort : Être ou ne pas être ? Lorsque Claudius apparaît, il se cache et apprend que Polonius, le père d’Ophélie, était complice du meurtre.

Gertrude présente à Hamlet sa ancée Ophélie. Tourmenté par ce qu’il sait de son père, Hamlet repousse Ophélie et rompt les ançailles. Gertrude tente de raisonner son ls, mais Hamlet l’accuse de meurtre. Le spectre apparaît et lui rappelle d’épargner sa mère.

ACTE IV ET V

Ophélie a quitté le palais. Blessée par le rejet d’Hamlet, elle perd la raison et se suicide.

Hamlet se reproche de mal s’être comporté avec elle. Il ne sait pas encore qu’elle est morte. Laërte apparaît et accuse le prince d’avoir simulé son amour. Il dé e Hamlet au combat, mais l’approche du cortège funèbre les interrompt. Claudius, Gertrude et toute la cour font leur apparition. Lorsque le corps est dévoilé, Hamlet reconnaît Ophélie. Il accuse les comploteurs d’être responsables de sa mort et veut se suicider. Le spectre apparaît et exhorte son ls à se venger. Hamlet tue Claudius et est proclamé nouveau roi.

38 L’INTRIGUE

L’essentiel en bref

• La première représentation de Hamlet d’Ambroise Thomas s’est tenue le 9 mars 1868 à l’Opéra de Paris. Alors qu’à la n du 19e siècle, l’opéra était joué dans le monde entier, il eut moins de succès pendant la première moitié du 20e siècle. Il fallut attendre les années 1960 pour que Hamlet soit redécouvert.

• Le compositeur français Ambroise Thomas est né en 1811 dans une famille de musiciens. Initié au violon et au piano par ses parents, Thomas était déjà considéré comme un musicien professionnel à l’âge de neuf ans. Après s’être imposé comme compositeur d’opéra dans les années 1850, il enseigna au Conservatoire de Paris et eut notamment pour élève Jules Massenet. Ses deux opéras les plus connus, Mignon et Hamlet, lui valurent une décennie plus tard une renommée internationale.

• Au milieu du 19e siècle, il était courant en France d’adapter les drames de Shakespeare à l’opéra. Ambroise Thomas a donc suivi la tendance de son époque en travaillant sur Hamlet. Dans Le Songe d’une nuit d’été, Thomas fait même apparaître Shakespeare en tant que personnage.

• Le livret de Michel Carré et de Jules Barbier se base sur l’adaptation qu’ont produite Alexandre Dumas père et François Paul Meurice à partir du Hamlet de Shakespeare. Dans l’adaptation française, Ophélie est élevée au rang de personnage principal au même titre que Hamlet. Les librettistes ont repris la n originelle, où Hamlet est proclamé roi.

• Dans son instrumentation di érenciée, Thomas ne se contente pas d’associer des instruments à des personnages précis – par exemple la ûte et la harpe pour Ophélie –, mais crée des univers sonores propres à chacun, comme l’atmosphère e rayante qui accompagne l’apparition du spectre. Thomas est par ailleurs l’un des premiers compositeurs à introduire dans l’orchestre d’un opéra un saxophone. Avec le cor anglais, le saxophone baryton contribue à l’atmosphère sonore inquiétante qui accompagne le spectre.

• En se concentrant sur deux personnages principaux et en plaçant l’intrigue au centre de l’action, l’opéra de Thomas a contribué au développement du drame lyrique en tant que genre. En revanche, la structure extensive en cinq actes avec un grand ballet et les opulentes scènes d’ensemble s’inscrivent dans la tradition du Grand Opéra.

40 L'ESSENTIEL EN BREF

• Dès 1827, Victor Hugo, qui était contemporain d’Ambroise Thomas, estimait que l’association du grotesque au tragique était un ingrédient essentiel des drames de Shakespeare. Dans Hamlet, Nadja Loschky met en avant ces éléments comico-grotesques, notamment en faisant s’e riter l’auguste façade de la cour danoise, ce que soulignent par ailleurs les décors d’Etienne Pluss.

• Dans l’œuvre de Shakespeare, le tragi-comique se voit souvent incarné par le personnage du bou on. Nadja Loschky fait accompagner Hamlet par le bou on Yorick qui ouvre par ailleurs sa mise en scène. Il entonne la chanson « When that I was and a little tiny boy », tirée de La Nuit des rois, ou Ce que vous voudrez de Shakespeare.

41 L'ESSENTIEL EN BREF

1. PERDE

Yaşlı kralın ölümünün üstünden henüz iki ay geçmişken, geriye kalan dul karısı Gertrude yeni kral olarak tahta geçen kayınbiraderi Claudius ile evlenir. Hamlet annesinin böyle alelacele evlenmesine karşı çıkar ve sarayı terk etmek ister. Ancak Ophelia Hamlet’i kalmaya ikna eder ve sonsuza dek birbirlerini seveceklerine söz verirler. Savaşa katılması için askere çağrılan Laertes, kız kardeşi Ophelia’yı Hamlet’e emanet eder. Bütün ahali kraliyet çiftinin düğününe gidince Hamlet tek başına geride kalır. Marcellus ve Horatio Hamlet’e ölen kralın hayaletiyle karşılaştıklarını anlatırlar. Tahmin edileceği gibi kral gece yarısı bir kez daha ortaya çıkar ve oğlu Hamlet’e, Claudius ile Gertrude’nin kendisini zehirledikleri anlatır. Hamlet’ten isteği, Claudius’tan kendisinin intikamını almasıdır. Fakat annesinin canını bağışlamasını talep eder.

2. PERDE

Hamlet’in kendisine giderek daha mesafeli davranmasına kederlenen Ophelia bir manastıra yerleşmeyi düşünmektedir. Kraliçe Gertrude Ophelia’ya Hamlet’in aklını başına getirmek üzere kalması için ona yalvarır. Gertrude, içinde Hamlet’in eski kralın ölümüne dair gerçeği öğreneceği korkusunu taşımaktadır.

Hamlet gerçekten de Claudius ve Gertrude’nin babasının katilleri olduğunu göstermek için, cinayeti sarayda bir tiyatro oyunu olarak sahneye koydurur. Hamlet, Claudius’un rengi solmuş yüzünü gördüğünde karşısında gerçek katilin durduğunu düşünür. Bu kargaşadan faydalanan kral oradan kaçar.

3. PERDE

Hamlet yaşam ve ölüm hakkında derin düşüncelere dalmıştır: Olmak ya da olmamak? Claudius ortaya çıkınca Hamlet saklanır ve Ophelia’nın babası Polonius’un suç ortağı olarak cinayetten haberdar olduğunu öğrenir. Gertrude Ophelia’yı gelin olarak Hamlet’in karşısına diker. Sevgilisinin babası hakkında sahip bildiklerinden dolayı azap çeken Hamlet Ophelia’yı reddeder ve nişanı bozar. Gertrude, oğlunun aklını başına toplaması için çabalar. Buna karşılık Hamlet annesini cinayete karışmış olmakla suçlar. Bu sırada hayalet ortaya çıkar ve ona bir kez daha annesinin canını bağışlaması gerektiğini hatırlatır.

4. VE 5. PERDE

Ophelia sarayı terk etmiştir. Hamlet’in kendisini reddetmesine kırılmıştır ve duyduğu kederden delirerek intihar eder. Hamlet Ophelia’ya karşı sergilediği davranışlarından dolayı kendisini suçlamaktadır. Henüz onun öldüğünden haberdar olmamıştır. Bu sırada Laertes ortaya çıkar ve Hamlet’i kız kardeşini aslında sevmemiş olmakla suçlar. Hamlet’i kavgaya davet eder, fakat cenaze alayının gelmesiyle kavgaya ara verirler. Claudius, Gertrude ve saray efradının tamamı oradadır. Hamlet, Ophelia’nın öldüğünü anlar ve onun ölümünden babasının komplo sonucu cinayete uğramış olmasını sorumlu tutar. Sevgilisi gibi o da canına kıymak ister. Fakat hayalet ortaya çıkarak intikam talebini tekrar eder. Bunun üzerine Claudius’u öldüren Hamlet kral ilan edilir.

42 KONU
KONU

Özet bilgi

• Ambroise Thomas’nın yazdığı Hamlet eserinin prömiyeri 9 Mart 1868’de Paris Operası’nda gerçekleşti. Opera, 19. yüzyılın sonlarına doğru dünyanın her köşesindeki sahnelerin oyun programlarında yer alırken, onun bu başarısı 20. yüzyılın ilk yarısında büyük oranda geriledi. Hamlet ancak 1960’larda yeniden keşfedilmeye başladı.

• Fransız besteci Ambroise Thomas 1811 yılında müzikle uğraşan bir ailenin çocuğu olarak dünyaya geldi. Annesinden ve babasından keman ve piyano dersleri alan Thomas, daha dokuz yaşındayken profesyonel bir müzisyen olarak görülmeye başlandı. Opera bestecisi olarak 1850’lerden itibaren kendisini kabul ettirdikten sonra, Paris Konservatuarı’nda müdürlük ve profesörlük görevlerine getirildi ve ardından Jules Massenet ile başka sanatçılara ders verdi. En başarılı iki operası olan Mignon ve Hamlet, on yıl sonra kendisine uluslararası başarıyı getirdi.

• Shakespeare’in dramalarının operaya uyarlanması 19. yüzyılın ortalarında Fransa’da moda olmuştu. Buna bağlı olarak Ambroise Thomas da Hamlet ile dönemin trendlerinden nasibini aldı. Thomas Le Songe d’une nuit d’été adlı opera eserinde Shakespeare’in kendisini de bir karakter olarak seyircinin karşısına çıkarıyor.

• Michel Carré ve Jules Barbier’in kaleme aldığı librettoda, Shakespeare’in Hamlet eserinin baba Alexandre Dumas ve François Paul Meurice tarafından yapılan uyarlaması temel alınmıştır. Fransızca olarak düzenlenen bu uyarlamanın peşinden giden bu iki libretto yazarı, kendi hazırladıkları dramaturjide eşit haklar tanıdıkları Ophélie’yi Hamlet’in yanında ana karakter olarak yüceltir ve Hamlet’in kral ilan edildiği nali üstlenir.

• Thomas, farklılıkları gözeterek gerçekleştirdiği enstrümantasyonda, sadece her bir enstrümanı belirli bir gürle tanımlamakla yetinmez (örneğin üt ve arp Ophélie’yi temsil eder) aynı zamanda her birinin kendisine özgü ses dünyasını da yaratır. Hayaletin sahne aldığı sırada ortaya çıkan ürkütücü atmosfer bunun bir örneğidir. Orkestradaki bir başka yenilik de saksafondur Thomas, bu enstrümanı operaya entegre eden ilk bestecilerdendir. Bariton saksafon, obuanın bir çeşidi olan İngiliz kornosuyla birlikte hayaletin tüyler ürperten ses dünyasına katkıda bulunur.

44 ÖZET BILGI

• Thomas, iki ana karaktere odaklanan ve entrikayı olay örgüsünü tetikleyen bir güç olarak eserin merkezine yerleştirdiği Hamlet ile, operanın bir türü olan lirik dramanın gelişimine katkıda bulunmuştur. Öte yandan, beş perdeden oluşan, geniş bir yelpaze üzerinde kurgulanmış, kapsamlı bir bale ile bol bol topluluk sahnelerinin yer aldığı eser, Grand Opéra geleneğinin yolundan gitmektedir.

• Trajik olanla grotesk olanı birleştiren Shakespeare, böylece dramlarının vazgeçilmez bir bileşenini yaratmıştır. Ambroise Thomas ile aynı çağda yaşamış olan Victor Hugo da 1827’de bu tespitte bulunur. Nadja Loschky, Hamlet’te bu grotesk-komik unsurları öne çıkarır ve böylece Danimarka Sarayı’nın cilalı cephesini parçalayarak gerçek boyasını ortaya çıkarır. Etienne Pluss, sahne tasarımında işte tam da bunu yansıtmaktadır.

• Trajikomik unsur, Shakespeare’in şiirlerinde çoğunlukla soytarı gürünün şahsında ortaya konur. Nadja Loschky, eserin orijinalindeki Soytarı Yorick’i Hamlet’in yanına dikmiştir ve oyunun açılışını da onunla yapmaktadır. Açılış, Shakespeare’in »On İkinci Gece« adlı eserinden Soytarı Feste’nin (Fool) »When that I was and a little tiny boy« şarkısıyla yapılır.

45 ÖZET BILGI

IMPRESSUM

Herausgeberin Komische Oper Berlin

Dramaturgie

Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin

www.komische-oper-berlin.de

Intendanz Susanne Moser, Philip Bröking

Generalmusikdirektor James Ga gan (ab 2023/24)

Redaktion Julia Jordà Stoppelhaar, Alina Bernholt (Mitarbeit)

Fotos Monika Rittershaus

Layoutkonzept www.STUDIO.jetzt Berlin

Gestaltung Hanka Biebl

Druck Druckhaus Sport ieger

Premiere am 16. April 2023

Musikalische Leitung Marie Jacquot

Inszenierung Nadja Loschky

Choreographie Thomas Wilhelm

Bühnenbild Etienne Pluss

Kostüme Irina Spreckelmeyer

Dramaturgie Yvonne Gebauer, Julia Jordà Stoppelhaar

Chöre Jean-Christophe Charron

Licht Olaf Freese

Quellen Das Gespräch mit Nadja Loschky, Marie Jacquot und Yvonne Gebauer führte Julia Jordà Stoppelhaar. Der Artikel von Julia Jordà Stoppelhaar ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. Die Handlung, sowie das »Wichtigste in Kürze« stammen von Alina Bernholt.

Übersetzungen von Giles Shephard (Englisch), Yasmina Ikkene (Französisch), Mehmet Çallı (Türkisch). Das Lied »And when I was just a little tiny boy« stammt aus Shakespeares Was ihr wollt und wird in den Übertiteln in einer Übersetzung von Frank Günther angezeigt.

Bilder

Umschlag: Huw Montague Rendall, Liv Redpath, Chor der Komischen Oper Berlin

S. 5: Kjell Brutscheidt, Huw Montague Rendall

S. 7: Huw Montague Rendall, Liv Redpath

S. 10: Huw Montague Rendall, Kjell Brutscheidt

S. 17: Huw Montague Rendall, Jens Larsen

S. 18: Karolina Gumos, Liv Redpath

S. 20: Huw Montague Rendall, Kjell Brutscheidt

S. 28: Karolina Gumos

S. 30: Tijl Faveyts

S. 33: Huw Montague Rendall

S. 37: Liv Redpath

S. 41 und 45: Chorsolisten der Komischen Oper Berlin

46 Impressum

Gemeinsam für Berlin

...

kulturbegeistert.

Deshalb fördern wir Projekte aus Kunst und Kultur und tragen so dazu bei, dass Talente eine Bühne bekommen.

berliner-sparkasse.de/engagement
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