Ostwest

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Im Boden des Sauna-Hauses haben die Architekten einen riesigen Bade-Kessel eingelassen. Er wird durch einen Holzofen beheizt. "Da hätten wir Janukowitsch gut drin kochen können", scherzt ein Besucher. Doch es herrscht keine Pogromstimmung, sondern eine Atmosphäre wie bei einem Volkswandertag. Wer an einer Tür rüttelt, weil er sich Zugang verschaffen will zum Inneren der Residenz wird umgehend von anderen Besuchern zurechtgewiesen. Familien mit kleinen Kindern laufen vorbei an Gehegen mit Fasanen aus China. Sie sagen: "Warum sollten wir plündern wollen, was uns gehört? Janukowitsch kommt niemals hierher zurück."  Damit könnten sie recht haben. Janukowitsch meldete sich zwar mit einer Fernsehansprache zu Wort. Er verurteilte den "Staatsstreich" der Opposition und sagte, er habe nicht vor, zurückzutreten. Kurz darauf aber erklärte das Parlament den Staatschef für abgesetzt. Er habe sich widerrechtlich Vollmachten angeeignet, erklärten die Abgeordneten. 328 Parlamentarier stimmten für den Beschluss. Dann sangen sie die Nationalhymne. Ein Rechtsradikaler gibt sich zahm Ein Abgeordneter der Opposition inspiziert die Residenz. Eduard Leonow war Kommandeur des besetzten Kiewer Rathauses, er trug Springerstiefel und Tarnfleck. Er gehört der nationalistischen Swoboda-Partei an. Im Oktober hat Leonow sich im Parlament mit einem Kollegen fotografieren lassen, beide hielten Garderobenmarken der Parlamentskleiderkammer in die Kamera, der eine die Heil-Hitler 88, der andere die 14, einen weiteren Code radikaler Rassisten. Er steht für den englischen 14-Worte Slogan "Wir müssen die Existenz unseres Volkes sichern und die Zukunft weißer Kinder."   Jetzt gibt sich Leonow ganz zahm. Er hat sich ein Jackett übergeworfen. Wie die Opposition das Gelände in Zukunft zu verwenden gedenke? "Wir werden ein Sanatorium für behinderte Kinder einrichten", sagt er.

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