IPPNW-Thema "Der unvollendete Ausstieg: Wie geht es weiter mit der Anti-Atom-Bewegung

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ATOMAUSSTIEG

Konzernmacht im Atomsektor Drei internationale Perspektiven auf Rosatom

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Rosatom-Tochter am „Mkuju River Uranium Project“ im Süden Tansanias. Gemeinsam mit Anthony Lyamunda, der kürzlich mit dem Nuclear Free Future Award in der Kategorie „Widerstand“ für sein Engagement ausgezeichnet wurde, wehrt er sich in einer Koalition aus Umweltgruppen und Einzelpersonen gegen den Einstieg Tansanias in den Uranbergbau.

osatom – Kritiker*innen der Atomindustrie und ihrer internationalen großen Player war der russische staatliche Atomkonzern bereits vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ein Begriff. Seit seiner Gründung 2007 umfasst der Staatskonzern alle entscheidenden Bereiche des zivilen wie des militärischen Atomkomplexes Russlands. Doch seine Aktivitäten sind bei Weitem nicht auf Russland beschränkt. Auch in Deutschland spielt der Konzern eine Rolle in der Atomwirtschaft. Seit 2009 ist die Rosatom-Tochter „Atomstroyexport“ Inhaberin der ehemals in Hanau, heute im benachbarten Alzenau ansässigen NUKEM Technologies und damit in Deutschland an Stilllegungen von Atomkraftwerken beteiligt. Mehr Aufmerksamkeit erlangte die Atomkooperation zwischen der französischen Framatome und Rosatom in der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen (siehe S. 24f.). Doch die Aktivitäten des russischen Staatskonzerns gehen weit über diese Beispiele hinaus. Tatsächlich ist Rosatom zu einem der bedeutendsten international tätigen Player der Atomwirtschaft mit Unternehmen in allen Bereichen der nuklearen Kette geworden.

„Rosatom ist relativ empfindlich, wenn es um internationale Öffentlichkeit geht – wir können mit unseren Kampagnen also durchaus etwas erreichen.“ (Vladimir Slivyak) Vladimir Slivyak betont, dass es sich bei Rosatom nicht um einen Konzern handelt, der nach ökonomischen Spielregeln im engeren Sinne handeln würde: „Rosatom ist ein politisches, ein staatliches Instrument, eine Waffe würde ich sogar sagen, für das die politische Führung Russlands, Putin selbst, 2007 entschieden hat, dass es am besten als Wirtschaftskonzern auftritt. Das Ziel ist es, Einfluss auszuüben und Abhängigkeiten zu schaffen.“ Zum Komplex Rosatom gehören mehrere hundert Unternehmen. Langsam werden einige davon kritischer betrachtet. Schließlich kontrolliert Rosatom gegenwärtig das russisch besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine und ist damit aktiv in den Krieg verwickelt. Slivyaks Engagement gegen den Atomkomplex in seiner Heimat begann aber schon in den 1990er Jahren, hält bis heute an und bleibt nicht auf Russland beschränkt. Rosatom ist schon seit mehreren Jahren auch auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. „Die hiesige Zivilgesellschaft sollte darüber sehr alarmiert sein“, mahnt Slivyak auf dem IPPNW-Weltkongress im kenianischen Mombasa.

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m Rahmen des IPPNW-Weltkongresses kamen drei Umweltgerechtigkeits- und Menschenrechtsaktivist*innen aus Russland, Südafrika und Tansania ins Gespräch, die jeweils etwas über Rosatom zu sagen haben. Valdimir Slivyak hat sich als Umweltaktivist der russischen Umweltorganisation EcoDefense über viele Jahre hinweg und unter großen Risiken immer wieder gegen die russische Atomwirtschaft engagiert und dafür den Right Livelihood Award, auch als alternativer Nobelpreis bekannt, erhalten. Makoma Lekalakala ist Direktorin von Earthlife Africa und war neben vielen andern Aktivitäten besonders prominent gegen die russisch-südafrikanischen Atomgeschäfte aktiv. In Tansania, wo in Abhängigkeit von den Konjunkturerwartungen in der globalen Atomindustrie bereits seit den 1950er Jahren immer wieder Uranbergbau erwogen wurde, ist die Rosatom Tochter Uranium One seit 2011 Betreiberin des am weitesten fortgeschrittenen möglichen Uranbergbauvorhabens des ostafrikanischen Landes. Wilbert Mahundi engagiert sich seither gegen die Bergbaupläne der

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ass zivilgesellschaftliche internationale Zusammenarbeit auch gegen einen Gegner wie Rosatom erfolgreich sein kann, hat Slivyak zum Beispiel gemeinsam mit Makoma Lekalakala aus Südafrika unter Beweis gestellt. Die langjährige Aktivistin und Direktorin von Earthlife Africa setzt sich seit 2014 gegen Atomkraft in Südafrika ein. Damals hatte EcoDefense sie und ihre Kolleg*in8


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