IPPNW-Thema "Der unvollendete Ausstieg: Wie geht es weiter mit der Anti-Atom-Bewegung

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Anti-Atom-Demo 2010 in Berlin. Foto: Stephanie Rosen

ippnw thema

Juni 2023 internationale ärzt*innen für die verhütung des atomkrieges – ärzt*innen in sozialer verantwortung

Der unvollendete Ausstieg: Wie geht es weiter für die Anti-Atom-Bewegung?


Foto:: Günter Zint

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Foto:: Günter Zint

epublik Freies Wendland: Atomkraftgegner*innen besetzen im Mai 1980 die Bohrstelle, wo der Salzstock von Gorleben erkundet werden soll.


Die Fotos stammen aus dem Buch „Atomkraft nein danke“, zu bestellen beim oekobuch Verlag: oekobuch.de/buecher/atomkraft-nein-danke

50 Jahre Anti-AKW-Bewegung Das Buch „Atomkraft nein danke“ dokumentiert die Erfolge des kreativen Widerstands

BROKDORF, 1986

WACKERSDORF, 80ER JAHRE

MAGDEBURG, 26. APRIL 1996 3

Foto: anti atom aktuiell

Foto: Günter Zint

Aus: Atomkraft – nein danke! 50 Jahre Anti-AKW-Bewegung, ökobuch Verlag 2022, ISBN 978-3-947021-25-3

Foto: Günter Zint

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orleben, 7. Mai 1980: 5.000 Menschen besetzen die Bohrstelle 1004 im Gorlebener Wald und proklamieren die „Republik Freies Wendland“. Ein Dorf aus Holzhäusern wird errichtet. Die Unterstützung vor Ort und aus der ganzen Bundesrepublik ist riesig. Brokdorf: Nach dem Super-GAU von Tschernobyl protestieren ab Mai 1986 bundesweit hunderttausende Menschen gegen Atomanlagen. Am 7. Juni machen sich 100.000 Menschen auf den Weg nach Brokdorf. Die Polizei lässt keine Demonstration zu und treibt die Teilnehmer*innen brutal mit Tränengas und Knüppeln auseinander. Wackersdorf: Der Kampf gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage dauert fünf Jahre und endet erfolgreich. Hier gab es Proteste in allen Facetten: Unterschriftenaktionen und Volksbegehren, Einwendungen und Klagen, Festivals und Hüttendörfer, ein widerspenstiger Landrat und Demos mit bis zu 100.000 Teilnehmer*innen. 1989 musste die Atomwirtschaft den Ausstieg aus dem Projekt erklären.


ATOMAUSSTIEG

Rückbau: Die unterschätzte Aufgabe Ein sicherer und zügiger Rückbau der AKWs muss jetzt im Fokus der Öffentlichkeit stehen!

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m 15. April 2023 wurden die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland endgültig abgeschaltet. Damit endet zwar die kommerzielle Nutzung der Atomenergie. Die Herausforderungen, die mit der jahrzehntelangen Nutzung dieser Energieform einhergehen, stehen jedoch erst am Anfang. Denn vor der endgültigen Einlagerung von radioaktiven Abfällen in noch nicht existierende Endlager stehen wesentliche Zwischenschritte an.

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iner dieser Zwischenschritte ist der technisch höchst aufwendige Rückbau der stillgelegten Atomkraftwerke. Aufgrund der kontaminierten und aktivierten Gebäude und Komponenten können kerntechnische Anlagen nicht konventionell abgerissen werden. Denn während des Betriebs kann nicht verlässlich vorhergesagt werden, welche Gebäudeteile und Komponenten wie stark radioaktiv kontaminiert oder aktiviert sein werden. So bedarf es einer sorgfältigen Planung und Aufsicht während des gesamten Prozesses, um einerseits die Sicherheit der vor Ort tätigen Mitarbeitenden zu gewährleisten, andererseits auch um sicherzustellen, dass keine Kontamination nach außen dringen kann. Die Atomindustrie ist im Bereich des Rückbaus weitgehend unerfahren. Von den mehr als 200 Kernreaktoren, die Mitte 2022 stillgelegt waren, wurden bisher nur etwa 20 vollständig zurückgebaut. Dabei handelt es sich größtenteils um Forschungsreaktoren mit wenigen Megawatt

Leistung – die Erfahrungen mit dem Rückbau hochkapazitärer Atomkraftwerke sind also beschränkt verlässlich. In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene Rückbaustrategien verfolgt. Die heute weitestgehend etablierte Strategie ist die des sofortigen Rückbaus. Hier werden die Rückbauarbeiten direkt nach der Stilllegung aufgenommen, um das institutionelle Wissen der Mitarbeitenden zu nutzen und um den Standort möglichst zügig aus der atomrechtlichen Überwachung zu entlassen. Bei der Strategie des verzögerten Rückbaus werden die Anlagen über Jahre bis Jahrzehnte in den sog. „sicheren Einschluss“ („longterm enclosure“) übergeben, um Strahlung abklingen zu lassen; der Rückbau soll dadurch weniger gefährlich sein. Allerdings stellte man beispielsweise im Vereinigten Königreich an einigen Standorten fest, dass durch diese Verzögerung wichtiges Wissen über mögliche Kontamination, vor allem in Abfallsammelbecken, verlorengegangen war. Man bemüht sich aktuell um einen Strategiewechsel hin zum sofortigen Rückbau. Die dritte Strategie ist der sogenannte „langfristige Einschluss“ („entombment“). Die Anlage wird versiegelt, wie am Reaktor Nr. 4 in Tschernobyl geschehen, und der Rückbau ins Ungewisse verschoben.

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n Deutschland werden aktuell 32 Reaktoren parallel zurückgebaut. Dabei wird vor allem der sofortige Rückbau angewandt, was mitnichten bedeutet, dass dies zügig geschieht: Das einzige kommerzielle Atomkraftwerk, das nach 17 Jahren tech4

nisch vollständig zurückgebaut wurde, ist das Atomkraftwerk Würgassen. Perspektivisch soll der Standort als zentrales Zwischenlager für das Endlager Konrad genutzt werden. Daher ist der Standort auch heute noch nicht aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen. Die aktuellen Schätzungen der Atomkraftwerksbetreiber hinsichtlich der Dauer des Rückbaus sind bestenfalls vage gehalten (s. Abbildung). Eindeutig ist jedoch, dass der Rückbau im Schnitt über 28 Jahre dauern könnte. Bestätigt wird diese Einschätzung aus bisherigen Erfahrungen, die zeigen, dass der Rückbau länger andauern kann als der Betrieb der Anlagen. So werden die AKW der ehemaligen DDR, Greifswald und Rheinsberg, seit 1995 von der bundeseigenenen EWN zurückgebaut. Mittlerweile wird nach zahlreichen unerwarteten Verzögerungen von der Veröffentlichung eines Abschlussdatums abgesehen. In Deutschland befinden bzw. befanden sich zwei Kernreaktoren im „sicheren Einschluss“. Das Atomkraftwerk Lingen war von seiner Stilllegung 1977 bis 2015 in diesem Zustand, so dass heute am Standort aktiv zurückgebaut wird. Der Hochtemperaturreaktor THTR-300 in Hamm-Uentropp, eine der größten Fehlinvestitionen der deutschen AKW-Geschichte, ist heute noch verschlossen und soll ab den frühen 2030er Jahren zurückgebaut werden. Die Finanzierung des Rückbaus westdeutscher Atomkraftwerke obliegt auch nach der Neuregelgung der Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung 2017 vollständig den Betreibern E.ON, EnBW


BETRIEB UND (GEPLANTER) RÜCKBAU DEUTSCHER ATOMKRAFTWERKE

und RWE, sowie zu einem Teil für das Atomkraftwerk Isar 2 den Stadtwerken München. Die Betreiber sind verpflichtet, alljährlich Informationen zu den Rückstellungen für den Rückbau bereitzustellen, welche vom Deutschen Bundestag veröffentlicht werden. In Summe beliefen sich diese Rückstellungen Ende 2020 auf 21,5 Milliarden Euro. Diese Summe deckt sich inflationbereinigt ungefähr mit Schätzungen einer 2015 durch die Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie. Ob diese Deckung aufrechterhalten werden kann, bleibt abzuwarten. Bisherige Kostenannahmen und -projektionen geben Anlass für Zweifel. Beispielsweise mussten kürzlich die Annahmen für die Projektkosten für den Rückbau von sieben französischen Reaktoren von 4 auf 6,5 Milliarden Euro korrigiert werden.

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uch die letzte Schätzung (2015) der Kosten für den Rückbau der DDRKraftwerke, finanziert aus dem Bundeshaushalt, liegt um mehr als zwei Milliarden Euro über den vorher angenommenen. Ob von den Betreibern versprochene Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen tatsächlich auftreten werden, kann heute noch nicht abgesehen werden. Historisch nicht eingehaltene Versprechen der Atomindustrie, insbesondere beim Neubau von Atomkraftwerken, lassen vermuten, dass auch hier aus heutiger Sicht unbegründeter Optimismus vorherrscht. Sollte sich herausstellen, dass die Betreiber finanziell nicht für den sicheren Rückbau aufkommen werden können, besteht auch in Deutschland weiterhin die Möglichkeit der

schon oft praktizierten Vergesellschaftung von Kosten und Risiken im Atomsektor. Der sichere und effiziente Rückbau ist für das Gelingen der „Atomwende“, also der vollständigen Beendigung der Nutzung der Atomenergie, in Deutschland essentiell. Mit dem Beschluss zur Beendigung des kommerziellen Betriebs der Atomenergie zur Stromerzeugung war das Volumen des hochradioaktiven Abfalls in Form abgebrannter Brennelemente abschätzbar, sodass ein tiefengeologisches Endlager planbar ist. Beim Rückbau entstehen allerdings in Form radioaktiver Anlagenteile und Bauschutts, welche z.B. aufgrund einer Aktivierung nicht dekontaminiert werden können, Unmengen an schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, die ebenso wie die Brennelemente gelagert werden müssen. Das im Bau befindliche Endlager Konrad wird in der Lage sein, einen Großteil dieser Abfälle aufzunehmen. Eine genaue Abschätzung über die benötigten Volumina ist jedoch erst in einigen Jahren möglich, wenn der Rückbau an deutschen Atomkraftwerken vorangeschritten ist. Weiterhin verhindert die bestehende Endlagerproblematik eine anderweitige Nutzung der meisten Standorte. Aktuell lagern abgebrannte Brennelemente an acht ehemaligen Kraftwerkstandorten in Lagerbecken und an 13 Standorten in Castorbehältern in sogenannten dezentralen Zwischenlagern. Bis ein Endlagerstandort gefunden und errichtet ist und die hochradioaktiven Abfälle zur Einlagerung dorthin transportiert werden können, müssen die Behälter an den Standorten bleiben. Deren Betriebsdauer 5

ist auf 40 Jahre ausgelegt, so dass die ersten Genehmigungen in den 2030er Jahren auslaufen werden. Die Zwischenlagerung verhindert die Entlassung der Standorte aus der atomrechtlichen Überwachung und somit eine Weiternutzung.

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ie Beendiung der kommerziellen Nutzung der Atomenergie zur Stromerzeugung ist ein notwendiger, jedoch keineswegs hinreichender Schritt zum Gelingen der Atomwende in Deutschland. Der Fokus der Öffentlichkeit muss sich jetzt darauf richten, die für den sicheren und zügigen Rückbau der Atomkraftwerke verantwortlichen Akteure an ihre Aufgaben zu erinnern. Denn erst wenn der Rückbau vollständig abgeschlossen ist und die einzulagernden radioaktiven Volumina feststehen, kann die Endlagerung von radioaktiven Abfällen perspektivisch abgeschlossen werden. Bis dahin muss der Staat gewährleisten (und die Gesellschaft darauf bestehen), dass die hohen Sicherheitsstandards an den dezentralen Zwischenlagern aufrecht erhalten bleiben – und die Verantwortung dafür bei den Betreibern bleibt. Die vollständigen Quellenangaben finden Sie unter: ippnw.de/bit/rueckbau

Alexander Wimmers ist Wirtschaftsingenieur und forscht an der TU Berlin zur politischen Ökonomik der Atomenergie.


ATOMAUSSTIEG

Brennelementefabrik plant Ostexpansion Geplantes Joint Venture in Lingen: Antiatom-Initiativen fordern Taten statt Worte

Kurz vor der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke Mitte April sorgten drei Nachrichten mit Bezug auf die Brennelementefabrik Lingen für bundesweite und internationale Schlagzeilen.

pa beliefert. Doch seither hat die Brennelementefabrik zahlreiche Kunden verloren und die Auslastung der Atomanlage sank auf magere 30-40 Prozent, Tendenz weiter fallend. Allein seit Ende 2021 hat Framatome sieben AKWs als Kunden verloren: die sechs letzten deutschen AKWs und der belgische Reaktor Doel 3. Damit steht die betriebswirtschaftliche Grundlage für die Brennelementefabrik in Frage.

Zunächst bestätigte das niedersächsische Umweltministerium, dass die französische Betreiberfirma Framatome in Frankreich ein Joint Venture mit dem russischen Staatskonzern Rosatom gegründet habe, um gemeinsam in Lingen Brennelemente für Osteuropa herzustellen. Dann bestätigte das Umweltministerium, dass für die Umrüstung der Brennelementefabrik auch Mitarbeiter von Rosatom „unterstützend“ in Lingen eingesetzt werden sollen. Zeitgleich forderte jedoch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach seinem Besuch in der Ukraine auf einmal dezidiert EU-Sanktionen gegen Russland im Atombereich.

Framatome versuchte zunächst, durch die Belieferung der neuen französischen EPR-Reaktoren verlorenes Terrain gutzumachen. Doch der Bau der Reaktoren in Finnland, Frankreich und China war und ist ein Desaster ohne Zukunftsperspektive. Also richtete Framatome seinen Blick nach Osten auf die vermuteten Zukunftsmärkte der Atomindustrie. So baute Framatome in Kasachstan für China eine Brennelementefabrik, die Ende 2022 in Betrieb ging. Sie wurde prompt mit Brennstäben aus Lingen beliefert, die via Russland exportiert wurden und dann nach der Endfertigung in chinesischen AKWs zum Einsatz kommen. Ein mögliches Ziel: Die EPR-Reaktoren in Taishan, an denen die Framatome-Mutter EdF mit 30 Prozent beteiligt ist.

Wie passen diese Meldungen zusammen und welche Rolle spielen die Brennelementefabrik in Lingen und der französische Atomkonzern Framatome für die internationale Atomindustrie? Zunächst einmal der Blick nach Lingen im Emsland: Die Brennelementefabrik liegt nur wenige hundert Meter vom jetzt stillgelegten AKW Emsland entfernt. Sie hat im Laufe der Jahrzehnte mehrfach die Besitzer gewechselt – von Siemens über Areva zu Framatome. Framatome ist eine Atomtochter des staatlichen französischen Energiekonzerns EdF2 und ist für den Bau und die Wartung von Atomkraftwerken zuständig, aber auch für den Bau von Brennelementefabriken und die Herstellung der Brennstäbe. Damit spielt Framatome für die internationalen Ambitionen der französischen Atomindustrie und der jeweiligen Staatspräsidenten eine herausragende Rolle.

as zweite Element ist die direkte Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom. Dazu hat Framatome im Dezember 2021 eine Generalvereinbarung mit Rosatom abgeschlossen. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat zu keiner Kündigung geführt. Und das obwohl Rosatom im militärisch besetzten ukrainischen AKW Saporischschja für den Kreml die Verwaltung übernommen hat und sich damit direkt am Kriegsgeschehen beteiligt, wie etwa ein Hintergrundpapier des österreichischen Umweltbundesamtes von 2022 belegt.

In Deutschland hat Framatome zwei große Standorte: Neben der Brennelementefabrik Lingen ist dies der Technologie-Standort Erlangen in Bayern, den Framatome von der ehemaligen Siemens und Areva übernommen hat. Framatome Erlangen ist weltweit tätig, derzeit u. a. in Ungarn, Bulgarien, Belgien, Kasachstan und China.

Warum kooperiert Framatome mit Rosatom und was bedeutet das für Lingen? Da keine nennenswerte Anzahl von neuen AKWs gebaut wird, bleibt für die Wahrung des Status Quo oder gar für eine Expansion nur die Kooperation mit den wenigen Konkurrenten. Und in Osteuropa führen alle nuklearen Wege zu Rosatom.

Bei der Brennelementefertigung jedoch läuft es in Lingen seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima in 2011 nicht mehr gut. Bis dato hatte man zahlreiche AKWs in Deutschland und Westeuro-

Für Russland macht die Kooperation schon allein deshalb Sinn, weil westeuropäische Partner aus der EU letztlich vor möglichen weiteren Sanktionen schützen können. So hat Russland in Ungarn

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wollen sich Land und Bund nicht mit der französischen Regierung anlegen, andererseits möchte man natürlich auch keine Atomspezialisten von Rosatom im Emsland und einen Teil der Kontrolle über die äußerst sensible Atominfrastruktur an Russland abtreten. Deshalb fordert Robert Habeck inzwischen offiziell EU-Sanktionen gegen Rosatom. Doch diese werden wenig überraschend weiterhin von Frankreich blockiert.

zielgerichtet Framatome und Siemens Energy mit ins Boot geholt. Prompt blockieren Frankreich und Ungarn gemeinsam mögliche EU-Sanktionen gegen Russland. In puncto Brennelementefertigung macht eine Kooperation für Rosatom noch aus einem anderen Grund Sinn: Viele osteuropäische AKWs sind russischer oder gar sowjetischer Bauart und verwenden spezielle Brennelemente, auf die Rosatom ein Monopol hat. Nur der US-Konzern Westinghouse – mit seiner Brennelementefabrik in Västeras in Schweden – hat es bislang geschafft, für die Ukraine und Tschechien „russische“ Brennelemente in Eigenregie zu entwickeln. Doch der Prozess ist mühselig, teuer und sehr zeitaufwendig.

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o ist die Brennelementefabrik in Lingen derzeit in eine internationale politische Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich sowie Russland und China geraten. Die regionalen Anti-Atomkraft-Initiativen und die IPPNW fordern von der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung die klare Zurückweisung der Ausbaupläne von Framatome und die Verhinderung des Einstiegs von Rosatom. De facto wird es aber wahrscheinlich noch im Laufe dieses Jahres zur öffentlichen Auslegung der Antragsunterlagen kommen und damit zu einem Widerspruchsverfahren mit einem öffentlichen Erörterungstermin.

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ramatome möchte sich diese Mühe ersparen und hat deshalb entschieden, Rosatom als Partner gleich direkt mit ins Boot zu holen. Rosatom erhält Anteile an einem Joint Venture mit Framatome und erteilt für den Bau der Brennelemente in Lingen Lizenzen. Für Rosatom liegen die Vorteile auf der Hand: strategischer Einfluss auf einen führenden westeuropäischen Atomkonzern und die Umgehung von möglichen EU-Sanktionen, weil die Produktion von einer EU-Firma innerhalb der EU durchgeführt wird.

Die Frage ist, bekennt sich die Bundesregierung zum Atomausstieg oder öffnet man im Emsland der französisch-russischen Atomindustrie die Türen, um Lingen für weitere Jahrzehnte zu einem international zentralen Atomstandort zu machen? Die französische Regierung zwingt die Bundesregierung zu einer Entscheidung. Die nächsten Monate werden also spannend werden. Das Bundesumweltministerium hat zu Recht gesagt, es gehe hier um eine Frage der Glaubwürdigkeit und die Stilllegung der Atomanlage gefordert. Die Anti-Atom-Initiativen und die IPPNW fordern aus eben diesen Gründen Taten statt Worte.

Frankreich hingegen hat sich völlig verkalkuliert. Ende 2021 rechneten viele Staatschefs noch nicht mit einem Krieg und nun fällt Framatome die Einbeziehung von Rosatom auf die Füße. Zunächst hatte man den osteuropäischen Atomländern wie Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Bulgarien und Rumänien noch versprochen, eine Produktion in Lingen würde die Unabhängigkeit von Russland bringen – dabei bleibt die Abhängigkeit erhalten, zudem sogar das Uran für viele Brennelemente in Lingen per Schiff via Rotterdam aus Russland kommt. Die Landes- und die Bundespolitik hat sich mit den Plänen von Framatome bislang sehr schwer getan, seit die ersten Pläne Ende 2021 bekannt wurden. Zunächst hieß es, das Joint Venture sei vom Tisch, doch insgeheim stellte Framatome in Hannover im März 2022 doch einen Antrag, um in Lingen gemeinsam mit Rosatom diese „russischen“ Brennelemente herzustellen. Einerseits

Matthias Eickhoff ist Sprecher des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen. 7

Foto: Alexander Vent

DIE ANTI-ATOM-RADTOUR VON AUSGESTRAHLT ZU BESUCH BEI FRAMATOME IN LINGEN – JULI 2022.


ATOMAUSSTIEG

Konzernmacht im Atomsektor Drei internationale Perspektiven auf Rosatom

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Rosatom-Tochter am „Mkuju River Uranium Project“ im Süden Tansanias. Gemeinsam mit Anthony Lyamunda, der kürzlich mit dem Nuclear Free Future Award in der Kategorie „Widerstand“ für sein Engagement ausgezeichnet wurde, wehrt er sich in einer Koalition aus Umweltgruppen und Einzelpersonen gegen den Einstieg Tansanias in den Uranbergbau.

osatom – Kritiker*innen der Atomindustrie und ihrer internationalen großen Player war der russische staatliche Atomkonzern bereits vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ein Begriff. Seit seiner Gründung 2007 umfasst der Staatskonzern alle entscheidenden Bereiche des zivilen wie des militärischen Atomkomplexes Russlands. Doch seine Aktivitäten sind bei Weitem nicht auf Russland beschränkt. Auch in Deutschland spielt der Konzern eine Rolle in der Atomwirtschaft. Seit 2009 ist die Rosatom-Tochter „Atomstroyexport“ Inhaberin der ehemals in Hanau, heute im benachbarten Alzenau ansässigen NUKEM Technologies und damit in Deutschland an Stilllegungen von Atomkraftwerken beteiligt. Mehr Aufmerksamkeit erlangte die Atomkooperation zwischen der französischen Framatome und Rosatom in der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen (siehe S. 24f.). Doch die Aktivitäten des russischen Staatskonzerns gehen weit über diese Beispiele hinaus. Tatsächlich ist Rosatom zu einem der bedeutendsten international tätigen Player der Atomwirtschaft mit Unternehmen in allen Bereichen der nuklearen Kette geworden.

„Rosatom ist relativ empfindlich, wenn es um internationale Öffentlichkeit geht – wir können mit unseren Kampagnen also durchaus etwas erreichen.“ (Vladimir Slivyak) Vladimir Slivyak betont, dass es sich bei Rosatom nicht um einen Konzern handelt, der nach ökonomischen Spielregeln im engeren Sinne handeln würde: „Rosatom ist ein politisches, ein staatliches Instrument, eine Waffe würde ich sogar sagen, für das die politische Führung Russlands, Putin selbst, 2007 entschieden hat, dass es am besten als Wirtschaftskonzern auftritt. Das Ziel ist es, Einfluss auszuüben und Abhängigkeiten zu schaffen.“ Zum Komplex Rosatom gehören mehrere hundert Unternehmen. Langsam werden einige davon kritischer betrachtet. Schließlich kontrolliert Rosatom gegenwärtig das russisch besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine und ist damit aktiv in den Krieg verwickelt. Slivyaks Engagement gegen den Atomkomplex in seiner Heimat begann aber schon in den 1990er Jahren, hält bis heute an und bleibt nicht auf Russland beschränkt. Rosatom ist schon seit mehreren Jahren auch auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. „Die hiesige Zivilgesellschaft sollte darüber sehr alarmiert sein“, mahnt Slivyak auf dem IPPNW-Weltkongress im kenianischen Mombasa.

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m Rahmen des IPPNW-Weltkongresses kamen drei Umweltgerechtigkeits- und Menschenrechtsaktivist*innen aus Russland, Südafrika und Tansania ins Gespräch, die jeweils etwas über Rosatom zu sagen haben. Valdimir Slivyak hat sich als Umweltaktivist der russischen Umweltorganisation EcoDefense über viele Jahre hinweg und unter großen Risiken immer wieder gegen die russische Atomwirtschaft engagiert und dafür den Right Livelihood Award, auch als alternativer Nobelpreis bekannt, erhalten. Makoma Lekalakala ist Direktorin von Earthlife Africa und war neben vielen andern Aktivitäten besonders prominent gegen die russisch-südafrikanischen Atomgeschäfte aktiv. In Tansania, wo in Abhängigkeit von den Konjunkturerwartungen in der globalen Atomindustrie bereits seit den 1950er Jahren immer wieder Uranbergbau erwogen wurde, ist die Rosatom Tochter Uranium One seit 2011 Betreiberin des am weitesten fortgeschrittenen möglichen Uranbergbauvorhabens des ostafrikanischen Landes. Wilbert Mahundi engagiert sich seither gegen die Bergbaupläne der

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ass zivilgesellschaftliche internationale Zusammenarbeit auch gegen einen Gegner wie Rosatom erfolgreich sein kann, hat Slivyak zum Beispiel gemeinsam mit Makoma Lekalakala aus Südafrika unter Beweis gestellt. Die langjährige Aktivistin und Direktorin von Earthlife Africa setzt sich seit 2014 gegen Atomkraft in Südafrika ein. Damals hatte EcoDefense sie und ihre Kolleg*in8


AUF DEM IPPNW-WELTKONGRESS IN MOMBASA/KENIA, APRIL 2023

„Für uns ist es kaum möglich, herauszufinden, was vor Ort tatsächlich passiert. Wer in das Gebiet möchte, ist auf die Kooperation der Betreiberfirma und der Behörden angewiesen – von Transparenz kann keine Rede sein.“ (Wilbert Mahundi)

nen auf ein Abkommen zwischen ihrer Regierung, dem südafrikanischen Energieversorger Eskom und Rosatom aufmerksam gemacht. Dem Abkommen nach sollte Rosatom acht bis zehn AKW im ganzen Land errichten. Die Atomkooperation sollte beispielhaft stehen für die Expansion des russischen Nuklearsektors in Afrika. Die auf der Webseite von Rosatom kurzzeitig sichtbaren Unterlagen wurden alsbald wieder entfernt. Zu spät, denn die Aktivist*innen hatten bereits Kopien angefertigt und eine Kampagne gegen die Pläne, die die südafrikanische Seite mit beispiellos hohen Kosten belastet hätten und ihr zudem die gesamten Verantwortung für etwaige Atomunfälle überließ, kam ins Rollen.

Ursprünglich hatte Rosatom eine Bergbaugenehmigung für einen offenen Tagebau erhalten. Nun will das Unternehmen die Methode allerdings ändern und das sogenannte „In situ Leaching“ anwenden, bei dem zumeist mit großen Mengen Schwefelsäure gearbeitet wird. „Eigentlich wäre eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung fällig. Schließlich sind die Risiken im Fall dieser neuen Methode völlig andere, insbesondere, was das Grundwasser und die angrenzenden Flüsse betrifft“, betont Mahundi. „Wir müssen verhindern, dass Rosatom mit diesem Vorhaben durchkommt. Mit Aufklärungskampgenen in Tansania und internationalem Druck, können wir das noch verhindern“, ergänzt Lyamunda. Erfahrungen erfolgreicher zivilgesellschaftlicher Kooperationen, auch gegen große Gegner wie Rosatom, machen Mut politische Möglichkeitsfenster zu nutzen. „Wir müssen so international sein wie die Industrie und die nukleare Kette selbst“, formuliert es eine Teilnehmerin des Weltkongresses.

„Jede Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Form der Energiegewinnung hat Auswirkungen auf uns und unsere Umwelt. Wir brauchen und wollen keine Atomkraft! Wir brauchen eine dezentralisierte und demokratisierte Energieversorgung.“ (Makoma Lekalakala)

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icht nur die Probleme, die mit AKWs einhergehen, sind der südafrikanischen Aktivistin ein Begriff. Südafrika leidet auch unter den Folgen des Uranbergbaus. Für Wilbert Mahundi und Anthony Lyamunda sind diese Erfahrungen eine Bestätigung ihres langjährigen Kampfes gegen den Einstieg ihres Landes in den Uranbergbau. Auch in Tansania ist der russische Staatskonzern aktiv. Die Rosatom-Tochter Uranium One betreibt das „Mkuju River Uranium Project“ und ist damit zum wichtigsten Akteur des Landes in Sachen Uranbergbau geworden. Keine der anderen potentiellen Uranminen im Land ist so weit fortgeschritten wie dieses Projekt, das am Rande eines Natur- und Wildtierschutzreservats, des Selous Game Reserve, liegt und damit von außen kaum zugänglich ist.

Patrick Schukalla ist IPPNW-Referent für Atomausstieg, Energiewende und Klima. 9


Foto: Flaviana Charles

Foto: Patrick Schukalla

ATOMAUSSTIEG

BAUERN UND EHEMALIGE HILFSARBEITER ZEIGEN STANDORTE DER LETZTEN EXPLORATIONSREIHEN IN BAHI, TANSANIA.

BOHRKERNE AUS DER URANEXPLORATION IN MANYONI, ZENTRALTANSANIA

Radioaktive Spekulationen Uranvorkommen auf dem afrikanischen Kontinent könnten erneut ins Visier der Industrie kommen

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fürworter*innen der Atomkraft als Werbeslogan verwendet. Mit ihm wollte die Branche seit Anfang der 2000er Jahre eine neue Ära des Atomkraftwerksbaus heraufbeschwören. Gemessen an diesen Zielsetzungen hielt sich diese vermeintliche Renaissance in Grenzen. Anders als prognostiziert, speisten im Jahr 2020 weniger Reaktoren in die Stromnetze ein als zu Beginn des Renaissance-Diskurses imaginiert. Der Anteil der Atomkraft an der weltweiten Stromerzeugung sinkt weiter (s. Forum 172, S. 14/15). Dennoch blieb diese jüngste Welle des Atomenthusiasmus nicht ohne Folgen. Insbesondere in der Uranwirtschaft schlugen sich die Effekte nieder. Denn die vermeintlichen Zukunftsaussichten führten zu ausufernden Spekulationen mit Uranvorräten, Bergbaurechten, Aktien und Termingeschäften und spülten Investitionsgelder in Uranexplorationsprojekte.

er Diskurs in den 2000er Jahren um eine vermeintliche nukleare Renaissance und die Erwartung großer AKWNeubauprogramme in aller Welt zog insbesondere in Afrika einen Preisanstieg für Uran und Spekulationen nach sich. Dann bereitete die Atomkatastrophe von Fukushima den meisten spekulativen Geschäften mit Urananleihen und den Explorations- und Bergbauunternehmen ein jähes Ende. Jetzt wittert die Branche langsam wieder Morgenluft. Denn die Behauptungen von einer neuen nuklearen Renaissance unter dem Deckmantel des Klimaschutzes nährt die Spekulationen um eine mittelfristig steigende Urannachfrage. Erneut könnten Uranvorkommen auf dem afrikanischen Kontinent ins Visier der Industrie geraten. Erst kürzlich habe ein Explorationsunternehmen, das am australischen Stock-Exchange eingetragenen ist, neue Bohrungen in Zentraltansania angekündigt, so Anthony Lyamunda, Umweltaktivist aus Tansania. Auf dem IPPNW-Weltkongress im kenianischen Mombasa im April 2023, sagte er: „Bis vor kurzem waren wir noch davon ausgegangen, dass der Erfolg unseres Widerstands gegen die letzte Explorationswelle in unserer Gegend noch trägt. Aber nun kann es sein, dass alles von vorne losgeht.“ Zuletzt hatten Explorationsunternehmen in Tansania versucht, Gewinne aus der Aussicht auf Uranbergbau zu schlagen – so wie viele andere afrikanische Länder es in der ersten Dekade des Jahrtausends taten.

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inige Beobachter*innen sahen die Uranvorkommen des afrikanischen Kontinents im Zentrum der vermeintlichen weltweiten „nuklearen Renaissance“. Und tatsächlich fuhren die traditionellen großen Uranproduzenten in Kanada und in Australien ihre Produktion zurück, während die Uranproduktion in Namibia und in Niger anstieg. Malawi stieg 2009 sogar neu in den Uranbergbau ein. Trotz der Zuwächse entsprach die Uranproduktion auf dem afrikanischen Kontinent in etwa der Entwicklung des weltweiten Produktionsniveaus. Denn auch Uranproduzenten in Usbekistan und Kasachstan verzeichneten signifikante Produktionssteigerungen.

Der Diskurs um eine vermeintliche „Wiederbelebung der Atomenergie“ hatte um die Jahrtausendwende und in den darauf folgenden Jahren an Prominenz und partieller Zustimmung gewonnen. Der Begriff „nukleare Renaissance“ wurde von den Be-

Seit dem Jahr 2000, während der Hochzeit des Diskurses über eine nukleare Renaissance und darüber hinaus, machten die afrikanischen Uranminen etwa 17 Prozent der weltweiten Uranproduktion aus. Kanada und Australien blieben die Nummer zwei 10


Fotos: Flaviana Charles

ARBEITER IM MKUJU RIVER URANIUM PROJECT, NAMTUMBO

TRADITIONELLE SALZGEWINNUNG IN BAHI. DIESER UND ANDERE WIRTSCHAFTSZWEIGE WÄREN BEDROHT, SOLLTE ES ZUM BERGBAU KOMMEN. bilitiert, nachdem sie unprofitabel geworden war. Die meisten Explorationsvorhaben wurden mit dem Preiseinbruch für Uran nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima abgebrochen oder ganz aufgegeben. Genauso in Tansania, wo nach 2005, zur Hochzeit des Diskurses um eine nukleare Renaissance, rund 70 aktive Uranexplorationslizenzen über das Land verteilt waren.

und drei in der Rangliste der größten Uranexporteure. Im Gegensatz dazu sticht Kasachstan besonders hervor, wo die Uranproduktion in diesem Zeitraum um über 700 Prozent gestiegen ist. Das zentralasiatische Land ist seit 2009 jedes Jahr der weltweit größte Uranproduzent. Was also hat es mit der proklamierten zentralen Bedeutung von afrikanischem Uran für eine nukleare Renaissance auf sich? Zu einer großen Zahl neuer Uranminen auf dem Kontinent hat sie nicht geführt. Die Bedeutung Afrikas zeigte sich vielmehr in der großen Zahl von Uranexplorationen auf dem Kontinent – also in der Wette auf mögliche, zukünftige Gewinne aus den jeweiligen geologischen Potentialen. Denn so spekulativ die sogenannte nukleare Renaissance und so unsicher die langfristigen Zukunftsaussichten der Atomindustrie tatsächlich waren und sind – so ungewiss und spekulativ sind auch die von ihr abgeleiteten Erwartungen auf Gewinne aus dem Bergbau. Die Industrie bewältigt diese Unwägbarkeiten, indem sie auf Orte zugreift, die eine potentielle, aber billige Uranquelle darstellen, die leicht zurückgelassen werden kann, falls die Nachfrageerwartungen nicht eintreten oder nachlassen.

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as lehrt uns dieser Rückblick für die heutige Situation? Es ist gegenwärtig nicht mit einem ähnlich starken Pro-Atom-Diskurs wie in den 2000er Jahren zu rechnen. Dennoch sind die maßgeblichen Spotmarktpreise von Uran für das Explorationsgeschäft wieder leicht gestiegen. Die Tendenz, Unsicherheiten jeder Art nach Möglichkeit auszulagern, ist ungebrochen. Gleichzeitig sind die Folgen einer möglichen und wünschenswerten Abkehr von russischen Uranprodukten im Angesicht des Ukrainekriegs und damit vor allem von kasachischem Uran bisher nicht absehbar. Mit ihr muss auch ein umfassender Rückzug aus der nuklearen Stromproduktion verbunden sein. Ein Beitrag Deutschlands hierzu wäre die Beendigung der Urananreicherung und der Brennelementeproduktion. Denn ansonsten droht ein nukleares Weiter-so, das letztlich auf Kosten bestehender und möglicherweise neuer afrikanischer Uranbergbauregionen gehen könnte.

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m Hinblick auf die Uranexploration und neue Uranminen sind Tansania und Malawi eindrückliche Beispiele für diese Art der Externalisierung – für den Versuch, die negativen Folgen und Unwägbarkeiten von Produktions- und Konsummustern in andere Teile der Welt auszulagern. Kaum jemand hat dieses Externalisierungsbestreben so griffig ausgedrückt wie John Borshoff, damals Chef des Uranbergbauunternehmens Paladin Energy. In einem Interview mit dem australischen Fernsehsender ABS im Jahr 2006 sagte er, Australien sei dem Unternehmen angesichts hoher Anforderungen an Umwelt- und Sozialstandards politisch zu riskant geworden. Dieser Logik folgend, wendet sich der Bergbausektor in höchst spekulativen Geschäften der Geologie afrikanischer Staaten zu, um ein politisches Risiko für die Unternehmensgewinne durch Arbeits- und Umweltschutz zu vermeiden. So hatte das Unternehmen Paladin 2009 in Malawi begonnen, Uranbergbau zu betreiben. In 2014 hinterließ es die Mine unreha-

Im Rahmen eines Netzwerktreffens gegen Uranbergbau in Afrika während des IPPNW-Weltkongresses sagte Wilbert Mahundi aus dem Süden Tansanias: „Wir treffen uns zu einem günstigen Zeitpunkt – rechtzeitig, um mit Nachdruck über die negativen Folgen des Uranbergbaus aufzuklären, noch bevor er beginnt.“

Patrick Schukalla ist IPPNW-Referent für Atomausstieg, Energiewende und Klima. 11


Weiterführende Informationen: •

Aktuelles zum Thema Atomenergie: ippnw.de/atomenergie

IPPNW-Atomenergie-Newsletter: ippnw.de/aktiv-werden/newsletter-abonnieren

IPPNW-Faltblatt „Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie“: ippnw.de/bit/nebenwirkungenakw

Hibakusha Weltweit: Eine interaktive Karte zu den Gesundheits- und Umweltfolgen der nuklearen Kette: hibakusha-worldwide.org/de

Sie wollen mehr? Die Artikel und Fotos dieses Heftes stammen aus unserem Magazin „IPPNW-Forum“, Ausgabe Nr. 174, Juni 2023. Im Mittelpunkt der Berichterstattung des IPPNW-Forums stehen „unsere“ Themen: Atomwaffen, Friedenspolitik, Atomenergie, Abrüstung und Klima und soziale Verantwortung in der Medizin. In jedem Heft behandeln wir ein Schwerpunktthema und beleuchten es von verschiedenen Seiten. Darüber hinaus gibt es Berichte über aktuelle Entwicklungen in unseren Themenbereichen, einen Gastkommentar, Nachrichten, Kurzinterviews, Veranstaltungshinweise und Buchbesprechungen. Das IPPNW-Forum erscheint viermal im Jahr. Sie können es abonnieren oder einzelne Ausgaben in unserem Online-Shop bestellen.

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