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Pörtner in Basel, Schifflände

Surprise-Standort: Schifflände

Einwohner*innen: 201 354

Sozialhilfequote in Prozent: 6,7

Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 36,9

Teuerstes Hotel: Das Les Trois Rois an der Schifflände wurde 1681 erstmals erwähnt, im heutigen Stil 1844 erbaut.

Auf den Apparaturen des steinernen Wetterhäuschens ist abzulesen, dass die Temperatur 26 Grad beträgt, bei 60 Prozent Luftfeuchtigkeit. Beim Limnigraphen, der den Stand des Rheines aufzeichnet, haben Spinnen ihre Netze gespannt.

Eine ältere Frau dirigiert eine noch ältere Frau auf die nahe Sitzbank und beschimpft jüngere Frauen, die auf dem Mäuerchen hocken und deren Schuhsohlen die Holzbank berühren. «Wir hätten auf die Ohren gekriegt, wenn wir das gemacht hätten», wettert sie. Von wem ist nicht klar, vielleicht gab es hier früher Ohrfeigenverteilbrigaden, die der Jugend ihre Flausen austrieben. Nichtsdestotrotz wirkt die junge Generation fröhlicher und entspannter als die gemassregelte.

Nicht ganz einfach herauszufinden scheint, ob und wann die Schiffe hier landen, verschiedene Tourist*innenGruppen stehen werweissend herum. Zu ihrer Kurzweil stehen zwei bunte Fernrohre zur Verfügung. Wer hindurchschaut, schaut durch eine Art Kaleidoskop, das die Aussicht in verschiedene Dreiecke unterteilt. Wie auf dem Infotäfelchen zu erfahren ist, soll diese Erfahrung den Horizont erweitern, ebenso können sich zwei Personen durch das Rohr betrachten und auf ganz neue Weise wahrnehmen, dreieckig irgendwie. Während ein Paar noch vor dem angeschlagenen Fahrplan diskutiert, kommt das Schiff angefahren und alle Fragen sind beantwortet. Die Einheimischen hingegen bevorzugen es, sich ohne Schiff den Fluss hinunterzutreiben lassen.

Es landen aber nicht nur Schiffe hier, diverse Tram- und Buslinien fahren in alle Richtungen, Velos kommen von überall, dazwischen Fussgänger*innen und Taxis, irgendwie kommen alle aneinander vorbei. Die Brücke wird von einer «Amazone, Pferd führend» bewacht, ein Tram ist speziell für einen Pferdesport-Event lackiert worden, der allerdings erst 2025 stattfindet. Ein anderes Tram ist als Federer-Express verkleidet. Am Haus der Brücke gegenüber ist der Lällekönig angebracht, der früher offenbar die Zunge herausstrecken und mit den Augen rollen konnte.

Zweifarbige Fahnen werben für die Art Basel, die Sponsorenbank gibt es zum Glück auch noch. Die Fahnen auf der Brücke werden eingeholt und durch jene von Schweizer Kantonen ersetzt, diese haben noch keine Sponsoren. Auf dem Steinsims sitzende Tauben werden abfotografiert. Eine Mutter drapiert ihr Kind vor die Blumentöpfe des nahegelegenen Brunnens, was bestimmt die schöneren Bilder ergibt.

Unten am Wasser, wo die Schiffe landen, essen die Leute zu Mittag oder halten eine kurze Siesta. An der Wand ist das Relief eines Tauziehers angebracht, der Kopf des muskelbepackten Nackten ist allerdings von den Tauben verunziert worden, denen jegliches Kunstverständnis abzugehen scheint.

Sieben Polizisten in gelben Leuchtwesten sind auf Patrouille, sie postieren sich bei der Buchhandlung und scheinen auf etwas zu warten, zwei betrachten ein parkiertes Velo, zwei weisen Tourist*innen den Weg, während ein weiterer die Gasse hinauf späht. Es liegt etwas in der Luft, Wolken ziehen auf. Das Thermometer steigt auf 27 Grad.

STEPHAN PÖRTNER

Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.