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konnte er knapp eine Woche überbrücken. Bei der Heilsarmee hatte er sich Anfang Februar gemeldet, weil sein Budget im Januar noch knapper als normalerweise war. Zahnarzt- und weitere Rechnungen waren fällig. Und das Leben wurde teurer.

Montags bis mittwochs arbeitet Gianni, gelernter Bäcker-Konditor, im Lager einer Logistikfirma. Diese zahlt ihm 2200 Franken aus, einen Teuerungsausgleich erhält er nicht. Freitag und Samstag arbeitet er als Hauswart und kommt so insgesamt auf 2500 Franken. Sind die Fixkosten gedeckt – neben Miete, Krankenkasse und Steuern auch Rückzahlungen von Schulden –, bleiben ihm 400 bis 500 Franken. Davon, er überlegt kurz, gibt er 150 bis 200 Franken für Essen aus. 5 bis knapp 7 Franken am Tag.

Tashi würde gerne arbeiten, erzählt sie am Esstisch im Wohnzimmer, doch ohne geregelten Aufenthaltsstatus und damit ohne Arbeitsbewilligung ist ihr das Risiko, entdeckt und ausgewiesen zu werden, zu hoch. Nothilfe von 300 Franken bekommt sie keine. Sonam, der eine Aufenthaltsbewilligung B hat, arbeitet 90 Prozent als Pflegehelfer in einem Spital und verdient netto knapp 3700 Franken, plus die Kin- derzulage von 230 Franken. Frei verfügen kann die Familie über 800 Franken. Für Essen, sagt Sonam, geben sie 500 bis 600 Franken aus.

Wo ist es am günstigsten?

Ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt, berechnete das Bundesamt für Statistik, hatte 2020 ein Einkommen von 6789 Franken und gab für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 641 Franken aus. Das Fünftel der Bevölkerung mit weniger als 4530 Franken Einkommen gab dafür deutlich weniger aus, nämlich nur 409 Franken. Das entspricht aber 13,1 Prozent ihres Einkommens, beim Durchschnitt sind es nur 6,6 Prozent.

«Er», Tashi blickt zu ihrem Mann, der Kelsang gerade eine Banane öffnet, «greift beim Einkaufen zu, ohne sich zu achten. Dann ist spätestens am 20. des Monats kein Geld mehr da.» Sonam muss lachen, ja, sie habe recht. «Wenn Tashi Tomaten einkaufen geht», sagt er, «und die Aktion eines Produkts entdeckt, das wir bald brauchen werden, kauft sie es.» Sie geht nicht in einen Laden. Sie geht in die Migros, den Coop, Lidl, Aldi, Denner, Alima, in asiatische Läden, in die Landi, in den Cari - tas-Markt und vergleicht: Was ist wo am günstigsten? «Ich kann mir Zeit nehmen, ich muss ja nicht zur Arbeit», sagt Tashi.

Am Donnerstag gibt es im Coop oft Ein-Franken-Angebote, am Montag in der Migros. Ein Kilo Zitronen für 1 Franken, 500 Gramm Bohnen für 1.95 statt 2.95 Franken. Fünf Kilo Ruchmehl aus der Landi für 6.95 Franken. Das günstige Rindfleisch von Alima oder das M-Budget-Poulet. Nur für Kelsang kaufen sie «besseres Fleisch», sagt Sonam. Öl sowie Waschmittel, Shampoo oder Seife lässt sich Tashi von einer Basler Freundin mitbringen, wenn diese Einkäufe in Deutschland macht.

Mindestens einmal pro Woche, sagt Gianni, mache er einen «guten Einkauf», der für mehrere Tage reicht. Brot, Milch, Salat, Eier. Auch mal zwei, drei Äpfel oder Bananen. Manchmal bäckt er eine Zwetschgenwähe. Fertiggerichte kauft er dann, «wenn ich nicht gross kochen will». Spaghetti mit Sauce von Aldi für 2.79 Franken, eine Tiefkühlpizza für 4 Franken. Oder ein Thai-Curry aus dem Denner für 4.50 Franken. Lebensmittel zu kaufen, die über das reine Grundbedürfnis hinausgingen, sagt Gianni, läge nicht drin.

Lieber als über Essen und Geld spricht er über Musik, über Rock und Old School HipHop, über Vasco Rossi, Gianna Nannini oder Litfiba. Er spielt Gitarre und schreibt Songtexte, meistens ernste, manchmal humorvolle. «Zytumstellig», heisst einer. «Verwirrig». «Wie chani glücklecher wärde?»

Gemüse bekommt der zweite Mani Matter, wie seine Freund*innen ihn nennen, aus dem eigenen Garten, den er mit einem Freund gemeinsam bewirtschaftet. Bald wird er wieder die Erde lockern, pflanzen, wässern, Unkraut jäten und schliesslich ernten. Salat, Lauch, Kohlrabi, Fenchel, Erdbeerminze, Basilikum, Thymian. Mehr, als er essen kann. Und so verschenkt er Gemüse an Freund*innen und Bekannte. Manche geben ihm Trinkgeld; schliesslich, sagen sie, stecke Arbeit drin.

Früher habe er, sagt Gianni, mit Freund*innen ab und an in einem Restaurant gegessen. Heute holt er sich manchmal einen Kebab oder geht in den McDonald’s. Sonam und Tashi waren vor sechs Jahren einmal im Boky, einem chinesischen Restaurant, das inzwischen geschlossen hat. Ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt gibt im Monat 285 Franken in Restaurants, Cafés, Bars, Take-aways und Kantinen aus.

Kein Geld, keine Wahl Wie sozioökonomischer Status und Ernährung strukturell zusammenhängen, dazu gibt es in der Schweiz kaum Forschung. In Deutschland ist von «Ernährungsarmut» die Rede, wenn mangelndes Geld zu einer unausgewogenen und damit ungesunden Ernährung führt. Sowie zu