SEKEM Insight 08.14 DE

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Nr. 143 - September 2014

Fotovoltaik

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, dass ein Land wie Ägypten von erneuerbaren Energien, die die Sonne nutzen, in hohem Maße profitieren könnte, liegt eigentlich auf der Hand. Von keiner anderen natürlichen, sich selbst erneuernden Ressource besitzt Ägypten so viel, wie der Sonne. Und doch ist der Weg hin zu praktisch nutzbaren Lösungen weit. Nicht nur Kosten stehen im Weg, solange fossile Brennstoffe noch billig sind. Auch der schlichte Mangel an anwendbaren und bezahlbaren Geräten und Technologien ist ein Hindernis. Hinzu kommt, dass nur wenige Fachleute im Land diese entwickeln, bauen und warten könnten. Gegen viele dieser Hindernisse geht SEKEM jetzt mit der deutschen DEG und anderen Partnern im Rahmen eines PPPProjekts, einer Partnerschaft der Wirtschaft und der öffentlichen Hand, vor. Die Heliopolis Universität gehört zu den Partnern und wird von der Einrichtung eines Sonderforschungsbereichs profitieren. Die dazu nötige Versuchsanlage wurde bereits errichtet, wie der Leitartikel dieser Ausgabe berichtet.

Ihr Redaktionsteam SEKEM finden sie im Internet auch auf:

Heliopolis Uni profitiert

Holzwirtschaft

SEKEM versucht sich an Nutzhölzern

Religionen

Kooperation fördert Toleranz

Heliopolis Universität profitiert von neuem Fotovoltaikprojekt Ein neues Solarenergieprojekt, das die SEKEM-Holding mit der deutschen DEG durchführt, führte jetzt unter anderem zu einer Versuchsanlage und ein Testlabor für die Heliopolis Universität.

Im Rahmen eines “Train-the-Trainer”-Kurses lernen ägyptische Fachleute den Umgang mit der neuen FotovoltaikTechnik. Ihre Kenntnisse werden sie später an eigene Auszubildende weitergeben und das Wissen so multiplizieren.

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EKEM Insight hat oft über die Bestrebungen SEKEMs berichtet, die Geschäftsprozesse der einzelnen Firmen der Initiative noch „grüner“ zu gestalten. Ein wichtiges Standbein dieses langfristig angelegten Prozesses ist die Förderung nachhaltiger Energien. Diese sollen einmal die von den Betrieben heute noch genutzten konventionellen Energiequellen vollständig ersetzen können. Dafür sind umfassende Versuchsprojekte notwendig.

Bisher wird der Energieverbrauch in Ägypten zum überwiegenden Teil durch fossile Brennstoffe wie Diesel gedeckt. Dies gilt besonders für die Industrie. Einen Kubikmeter Nutzwasser für die Landwirtschaft durch mit Diesel betriebene Pumpen zu transportieren kostet im Schnitt etwa 30 Piaster (4 Cent). Dieselbe Menge Wasser durch eine Pumpe zu transportieren, die mit Sonnenenergie betrieben wird, schlägt allerdings mit rund 6 Cent zu Buche. SEKEM Insight | September 2014 | Seite 1


Wirtschaft

fotovoltaisch betriebene Pump­systeme für die Bewässerung landwirt­schaft­ licher Flächen entwickelt wurden. Ziele des Projekts

Studenten lernen an der Versuchsanlage neue Fähigkeiten unter Anleitung ägyptischer Fachleute.

Erneuerbare Energien müssen also preiswerter und zugänglicher werden. Das Ziel eines neuen PPP-Projektes, das SEKEM mit der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG) zum Januar 2013 in Angriff genommen hat, ist es daher, den Fotovoltaik-Markt in Ägypten durch die Bereitstellung von bedarfsgerechten Systemen und durch die Verankerung von anwendungsorientiertem Wissen über Solartechnik im Bildungssektor und in der Privat­ wirtschaft zu stimulieren. In diesem Projekt arbeitet die SEKEM-Holding mit mehreren Partnern zusammen. Partner Die Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung soll zunächst von einer Testanlage profitieren und sich so frühzeitig der Solarforschung widmen können. Das SEKEMBerufsbildungszentrum (VTC) wird zu den Bildungseinrichtungen gehören, die später die neuen Lehrinhalte zur Solartechnik entwickeln und verbreiten helfen sollen. Die JUWI AG aus Deutschland ist ein Entwickler und Konstrukteur von schlüsselfertigen Solar­­kraftwerken und Vertrags­partner im Projekt. Als ägyptisches Part­ner­un­ ternehmen fungiert E-Green, das als Lieferant, Installateur und War­tungs­ beauftragter den Service für erneuerbare Energieanwendungen bereitstellt. In der Zeit zwischen November 2013 und März 2014 hat außerdem die deutsche Aschoff Solar GmbH durch die Entwicklung eines Partnerprojekts teilgenommen, in dessen Rahmen landwirtschaftliche,

Die Ziele des zweijährigen PPPProjektes sollen mittels einer Reihe von Maßnahmen erreicht werden, die im Verlauf des Projektzeitraums schrittweise durchgeführt werden. Zunächst sollen fünf netzgekoppelte PV-­De­mon­ stra­tionsanlagen mit ägyptischen und europäischen Komponenten errichtet werden. Dann folgt die Errichtung eines Fotovoltaik-Testlabors an der HU. Das Thema „Fotovoltaik“ soll anschließend in den Lehrplan der HU Eingang finden. Abschließend geht es um die Entwicklung von Geschäftsmodellen für den ägyptischen Markt für Fotovoltaik sowie die Förderung des Bewusstseins zum Thema in der Öffentlichkeit und die Schaffung günstigerer Ver­siche­rungsbedingungen. Die PV-Anlagen und das Labor sind seit Sommer 2014 bereits im Einsatz. Neben Bildungsaktivitäten für Studenten der HU wurden auch bereits öffentliche Informations- und Schu­ lungs­ver­anstaltungen durchgeführt, um die Bekanntheit des Themas zu steigern. Auch dessen Integration in den Lehrplan der HU ist fortgeschritten und erste strategische Partnerschaften konnten bereits geschlossen werden. Einen großen Fortschritt stellte auch die gründliche Analyse der vorhandenen Akteure auf dem ägyptischen Markt für die Off-Grid-Fotovoltaikanlagen und die Auswahl eines Unternehmens dar, das ein Pilotprojekt für die Entwicklung eines grundlegenden Geschäftsmodells in Ägypten durchführen wird. Zunächst wurden drei netzgekoppelte Demons­trations­anlagen mit verschiedenen PV-Mo­dulen mit einer Kapazität von 4,8 kWh an der Tech­ nischen Fakultät der HU errichtet. Ein weiteres Thin-Film-Modul steht für Trainingszwecke zur Verfügung.

Das an der HU eingerichtete Labor ist mit Sensoren für Wind, Umgebungstemperatur und einer meteo­ ro­lo­gischen Station mit Pyra­nometer ausgestattet, die alle nötigen Daten, die für Bildungs- und Betriebszwecke verwendet werden, liefern kann. Das erste Trainingsprogramm für den Einsatz der Fotovoltaik für Studierende und Lehrende wird an der Heliopolis Universität bereits durchgeführt. Eine Integration in weitere Kurse des Lehrplans ist ebenfalls für die nahe Zukunft geplant. Im vergangenen Januar konnte an der Universität so bereits ein Workshop zum Thema „Agrophotovoltaics“ durchgeführt werden. Außerdem engagierte sich SEKEM im Rahmen der „RASEEDKonferenz“ im März 2013, auf der mit einer Vielzahl an Akteuren der Energiebranche in Ägypten über die Zukunft der Fotovoltaik im Land diskutiert wurde. Helmy Abouleish bemühte sich im Rahmen einer Diskussionsgruppe, neue Perspektiven auf grüne Energiequellen und ihre Möglichkeiten für die Bauern in Ägypten zu vermitteln. Nun steht noch eine genaue Prüfung von PV-Technologie-Anbietern in Ägypten im Marktsegment der OffGrid­-Solar­be­wässerungspumpen, die Auswahl von starken Tech­no­log­ie­ part­nern aus Deutschland sowie die Entwicklung eines Pilotprojekts für ein PV-Solar-Pumpensystem für die SEKEM-Farm auf dem Programm. Zukunft Für die HU stellt die Einrichtung des Labors einen bedeutenden Schritt auf dem Weg der Etablierung eines Son­der­ forschungsbereiches dar. Die SEKEMFirmen wollen die neue Technologie außerdem schnellstmöglich auf den eigenen Farmen zum Einsatz bringen. Die Finanzierung ist dafür bereits gesichert und der Import von Technologie wird mit dem Partner Aschoff bereits vorbereitet. Für den kommenden November werden die nächsten Ergebnisse erwartet.

SEKEM können sie auch besuchen:

www.SEKEM-reisen.de

Bijan Kafi, Maximilian Abouleish

SEKEM Insight | September 2014 | Seite 2


Impressionen

Impressionen aus SEKEM

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lles Holz, das in Ägypten verarbeitet wird, kommt normalerweise aus Skandinavien. SEKEM hat sich vor 2 Jahren erstmals die Frage gestellt, ob Nutzholz nicht auch aus endemischen Baumarten gewonnen werden könnte. Mit dem österreichischen Schreiner Alfred Kohlhofer wurde daraus ein Projekt. Auf der SEKEM-Farm werden seit ihren Anfangstagen viele Bäume als Windschutz und Schattenspender gepflanzt. Sie senken die Temperatur in ihrem Schatten um etwa 10°. Dazu gehörten Kasuarinen und Eukalyptusbäume – beides sehr schnell wachsende Arten (1-2m pro Jahr), die jedoch viel Wasser benötigen. Das Holz ist sehr hart und wird normalerweise nur für Paletten oder Dachbalken verwendet. Wichtig sind stets der richtige Zeitpunkt des Fällens im Winter und die richtige Lagerung. Dann kann man aus diesen und anderen Baumarten gutes Nutzholz gewinnen. Dieses Jahr stellt SEKEM nun erstmals die neuen Schulstühle aus dem eigenen Holz her. Das ist ein neuer Schritt zu mehr Nachhaltigkeit. Außerdem beginnt SEKEM jetzt mit dem gezielten Nutzholzanbau. Melia (Persischer Flieder) braucht 10 Jahre, bis die Bäume schlagreif sind, Kasuarine und Eukalyptus 15-20 Jahre. Sobald die Versuche mit der Verarbeitung des Holzes abgeschlossen sind, sollen weitere Arten getestet werden, die in Ägypten gut wachsen, und deren Holz sich gegebenenfalls noch besser für bestimmte Möbel eignet oder sie im Wachstum oder in der Lagerung weitere Vorteile zeigen. Mögliche Kandidaten sind zum Beispiel Swietenia Mahagoni und Tamarix Erecta. SEKEM pflanzt seit mehreren Jahren auch Persischen Flieder wegen seiner Verwandtschaft zum Neembaum an, der in seinen Samen und Blättern ein Insektizid bildet, und der zunächst nicht direkt aus Indien eingeführt werden konnte. Durch seinen Gehalt an dem Insektizid Azedarachtin wird es niemals von Schadinsekten befallen. Dieser Baum hat dunkles bis gelb gefärbtes Kernholz, ist weicher als die zuvor genannten Arten und lässt sich daher auch gut zum Schnitzen per Hand verwenden, zum Beispiel im handwerklichen Unterricht an der SEKEM-Schule. Dieser Bereich stellt in Ägypten bisher eine ganz unbeachtete Nische dar. Außerdem stellt pflanzliche Diversität in allen Bereichen ein Plus für die ganze Farm und die Umwelt im Allgemeinen dar. Angela Hofmann

SEKEM Insight | September 2014 | Seite 3


Kurznachrichten

15-jähriges Jubiläum der interreligiösen Kulturarbeit in SEKEM

Die Studenten der Jesuitenvereinigung aus Minia besuchten im August SEKEM.

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eit vielen Jahren ist es in SEKEM üblich, Jugendliche aus der christlichen Jesuitenvereinigung der oberägyptischen Stadt Minia auf dem Farmgelände der Initiative zu empfangen. Jetzt jährte sich das Projekt, das dem Kulturaustausch und der Förderung von Verständnis und Toleranz unter den Religionen gewidmet ist, zum fünfzehnten Mal. Zwei Gruppen besuchten SEKEM jeweils im August. SEKEM wird dabei stets von zwei Gruppen aufgesucht. Entweder handelt es sich um Studenten oder um Schüler, die sich als Pfadfinder engagieren möchten. Die etwa 20-30 Teilnehmer kommen mit ihrer eigenen Ausrüstung nach SEKEM und zelten meist 3 Tage auf dem Farmgelände. Dabei absolvieren sie auch einen Arbeitseinsatz für eine der gemeinnützigen Einrichtungen der Initiative. Diese Besuche gelten der Jugendbildung und werden von den Studenten und Studentinnen im Alter von 19-21 Jahren mit großem Interesse aufgenommen. Sie nehmen an den Veranstaltungen in ihrer Freizeit teil. Die Gruppen bestehen aus Vertretern des christlichen Glaubens und werden von einem Verein organisiert, der darüber hinaus auch den Betrieb einer Kirche und eines Klosters besorgt und einige europäische Priester sowie ägyptischen Mitarbeiter und Geistliche beschäftigt. Der Verein der Jesuiten in Minia ist sozial sehr aktiv und unterhält

außerdem Werkstätten zur Ausbildung und Erwachsenenbildung sowie Sozialarbeit in allen umliegenden Dörfern der Region. Diese Angebote wenden sich ohne Unterschied an Muslime und Christen. Die verschieden kirchlichen Einrichtungen – Jesuiten, Franziskaner usw. – gibt es in Ägypten bereits seit dem 19. Jahrhundert und alle von ihnen leisten einen großen Beitrag zum interkulturellen Verständnis im Land. Für die SEKEM-Mitarbeiter besitzen diese Besuche und Austausche nicht nur einen pädagogischen, sondern auch einen großen ideellen Wert. Sie symbolisieren das Engagement einer Vielzahl von jungen und älteren Menschen für ein besseres Verständnis der Religionen in Ägypten. Vertreter aus SEKEM haben den Verein daher auch schon selbst vor Ort besucht.

Weltkonferenz Bildung für nachhaltige Entwicklung: SEKEM ist mit dabei

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m nachhaltige Entwicklung zu fördern, reichen politische Regelungen und finanzielle Anreize nicht aus. Eine grundlegende Änderung in der Art, wie Menschen denken und handeln ist notwendig. Diesem Ziel widmet sich die jährliche Weltkonferenz für Bildung für nachhaltige Entwicklung, an der Dr. Ibrahim Abouleish für SEKEM in Form eines Workshops zum Thema Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft teilnehmen wird. Bildung für nachhaltige Entwicklung soll den Lernenden die Fähigkeiten vermitteln, eine nachhaltige Zukunft für alle selbstständig zu gestalten. Dazu müssen die nötigen partizipativen Lehrund Lernmethoden entwickelt werden, die Lernende befähigen, Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung in Eigenregie zu entwickeln und umzusetzen.

Der Holländer Pater Francis hatte SEKEM ursprünglich kennengelernt und damit begonnen, diese Besuche zu organisieren. Er begleitete die jungen Leute stets nach SEKEM, bis er selbst eine andere Arbeitsstelle antrat. Seine Nachfolger setzten die Besuche fort.

Eine Online-Plattform im Vorfeld der Konferenz wird Interessierten, die nicht an der Veranstaltung teilnehmen können, die Möglichkeit geben, sich zum Thema zu informieren und zu engagieren.

Die beiden Gruppen von Studenten und Schülern, die SEKEM jetzt besuchten, arbeiteten in der SEKEM-Schule mit. Sie kümmerten sich einerseits um die Fertigstellung eines neuen Zauns für das Areal der Kleinkinderbetreuungsgruppe und andererseits um den Bau von Schulmöbeln in Zusammenarbeit mit den Lehrern der Schule. Zusätzlich erhielten sie dann von den Mitarbeitern der SEKEM-Schule eine Einführung in die Ideale und Projekte SEKEMs und konnten an künstlerischen Kursen aus dem Schulangebot teilnehmen.

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Zum Abschluss besuchten alle Teilnehmer außerdem auf Einladung von Dr. Ibrahim Abouleish die Heliopolis Universität in Kairo.

Quelle: UNESCO

Mehr Informationen:

http://www.unesco.org/new/en/unescoworld-conference-on-esd-2014

SEKEM Insight abonnieren Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt. Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteur: Bijan Kafi Kontakt: SEKEM-Insight c/o SEKEM Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@SEKEM.com Bildnachweis: 4: SEKEM Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.

Bijan Kafi, Rafik Costandi

SEKEM Insight | September 2014 | Seite 4


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