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CO2 -KOMPENSATION: EIN BAUSTEIN IM KAMPF GEGEN DEN KLIMAWANDEL

Bei Klimaschutz denken viele Deutsche nur an Verzicht. Der kirchliche Kompensationsfonds „Klima-Kollekte“ zeigt, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt.

Im Distrikt „Kolar“ im Süden Indiens hat die Bevölkerung 83 Prozent der ursprünglichen Waldfläche gerodet. Die Frauen müssen beim Holzsammeln immer weitere Strecken zurücklegen. Denn: Die Familien heizen ihre Öfen zum Kochen hauptsächlich mit Holz (und Kuhdung). Doch es entstehen Alternativen. Rund 18.000 Biogasanlagen wurden seit 2006 gebaut. Finanziert wird dieses Projekt durch den Verkauf von CO2-Einsparungen auf dem freiwilligen Kompensationsmarkt.

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Die EKD will bis 2035 klimaneutral sein. Aktuell sind Treibhausgasemissionen jedoch selbst unter größter Anstrengung nicht vollständig zu vermeiden. Das liegt daran, dass ausreichend Alternativen zur fossilen Energieerzeugung fehlen. Auf dem Weg in eine dekarbonisierte Welt hat sich über die vergangenen Jahre ein Markt für die freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen entwickelt.

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Eigene Emissionen Ausgleichen

Das Prinzip der Kompensation beruht darauf, dass Treibhausgase das globale Klima unabhängig von ihrem Entstehungsort beeinflussen. Jede vermiedene Emission hilft. Die CO2-Kompensation ermöglicht es, Klimaschutzprojekte an einem anderen Ort finanziell zu unterstützen, Zertifikate dafür zu erwerben und so die eigenen verursachten Emissionen auszugleichen.

Im kirchlichen Bereich hat sich mit der Klima-Kollekte ein CO2-Kompensationsfonds mit Sitz in Berlin etabliert. 2011 gegründet, stehen hinter der Klima-Kollekte

11 Gesellschafterhäuser, unter anderem Brot für die Welt, Caritas, Misereor, die Evangelische Kirche in Deutschland oder auch die schweizerische Organisation Fastenaktion und Horizont3000 aus Österreich.

EINE TONNE CO2

KOSTET 25 EURO

370.400 Tonnen CO2 hat die Klima-Kollekte von 2011 bis 2022 durch Klimaprojekte kompensiert. Sie verkauft aktuell Zertifikate für eine Tonne CO2 für 25 Euro. Der Kauf steht jedem offen – auch Privatpersonen.

Die Gesellschafterhäuser und deren Partnerorganisationen vor Ort entwickeln die Projekte. Diese lassen sich den Bereichen erneuerbare Energien (Photovoltaik, Biogas) und Energieeffizienz (energieeffiziente Kochstellen) zuordnen. Sie werden in Ländern des globalen Südens (z. B. Nepal, Bangladesch, Uganda, Kenia, Kamerun, Indien) durchgeführt. Das hat gute Gründe.

Die Biogasanlagen in Indien werden ausschließlich aus lokalen Materialien gefertigt, die eine Lebensdauer von 25 Jahren und mehr haben, und sind damit kostengünstig und nachhaltig.

Andere Leiden Unter Unserem Wohlstand

Der Lebensstandard der wohlhabenden Industriestaaten verlangt immense Mengen an Energie. Diese wird immer noch größtenteils mithilfe von Kohle, Erdgas und Mineralöl erzeugt. Die energiebedingten Emissionen machten im Jahr 2020 etwa 83 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen aus.

Der Klimawandel und seine Folgen sind jedoch am drastischsten in den Ländern des globalen Südens zu spüren. Aus Gründen der Klimagerechtigkeit sollen die Verursacherländer einen Ausgleich schaffen. Die Klima-Kollekte fördert allerdings keine Aufforstungsprojekte. Das liegt an der fehlenden Garantie, dass CO2 dauerhaft eingespart wird und daran, dass Forstprojekte zu Landnutzungskonflikten führen können. Stattdessen unterstützt die Klima-Kollekte den Ausbau erneuerbarer Energien oder Projekte für mehr Energieeffizienz, die die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort verbessern.

„EINE MEINER BESTEN ENTSCHEIDUNGEN“

In Indien entfallen dank der Biogasanlagen samt Gaskochern das kräftezehrende Holzsammeln sowie die großflächige Waldrodung. Das sind nicht die einzigen Vorteile. Die Gesundheit der Familien verbessert sich. Die Luftverschmutzung durch Rußpartikel reduziert sich, wie auch die Krankheitsbelastung durch die Bakterien im Kuhdung. „Biogas zu Hause zu bekommen, war eine meiner besten Entscheidungen“, sagt Shantamma aus Saddapalli. Die Familien sparen Geld, da sie nicht mehr das teure Kerosin nutzen, wenn nicht ausreichend Brennholz gesammelt werden konnte. Mit Biogas kochen die Familien dreimal so effizient wie mit Holz. Und das Reinigen der Töpfe gelingt schneller, da sie weniger verrußt sind. Die Frauen nutzen die gewonnene Zeit für wirtschaftliche Tätigkeiten oder die Betreuung der Kinder. Die organischen Abfälle landen jetzt in der Biogasanlage statt wie vorher im Grundwasser. Dies verbessert die Wasserqualität. Als Nebenprodukt entsteht zudem Dünger. Den können die Familien statt chemischer Düngemittel für ihre Felder nutzen – was wiederum Geld spart. Dadurch verbessert sich auch die Bodenqualität, was zu besseren Erträgen führt. Außerdem schaffen der Bau und die Wartung der Biogasanlagen Arbeitsplätze.

Projekte Unterliegen Strengen Qualit Tsstandards

Die Kompensationsprojekte müssen bewertet und ihre Umweltund Klimawirkung gewährleistet werden. Das ist ziemlich komplex. Wie viele Emissionen wären ohne das Projekt entstanden? Und trägt das Projekt zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort bei? Die Klima-Kollekte nutzt den sehr hochwertigen „Gold Standard for the Global Goals“. Dieser Zertifizierungsstandard stellt die Einhaltung wichtiger Kriterien sicher, zertifiziert die Klimaprojekte und sorgt für Transparenz.

Des Weiteren sind die Projekte in die Strategien der lokalen Entwicklungsorganisationen eingebettet. Diese stellen sicher, dass die Zielgruppen an der Projektentwicklung sowie Durchführung beteiligt sind. Sie achten auch darauf, dass neben dem Klimaschutz soziale und wirtschaftliche Entwicklungen gefördert werden. Zum Beispiel eine Verbesserung der Gesundheit oder die Steigerung des Einkommens. Anders gelingt Klimaschutz nicht.

Die Länder des globalen Südens werden nicht auf einen höheren Lebensstandard verzichten. Wer von uns würde das tun? Sie werden ihr Ziel erreichen. Die Frage ist nur: wie? Klimaschutz muss deshalb Vorteile präsentieren, statt Verzicht zu predigen. Der zukünftige Wohlstand darf nicht auf Kohle, Gas und Öl gründen. Und das muss er auch nicht. Klimaschutz und gesellschaftlicher Fortschritt schließen sich nicht aus.

Claudia Tober

ist studierte Volkswirtin und war von September 2021 bis Februar 2023 Geschäftsführerin der Klima-Kollekte in Berlin. Mehr Infos zu den Angeboten der Klima-Kollekte unter: www.klima-kollekte.de

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