Die ganze Welt ist himmelblau - Programmheft zum Neujahrskonzert 2020

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kleinezeitung.at

Neujahrskonzert 2020

Die ganze Welt ist himmelblau

Abhängig von Unabhängigkeit.


Quellen Livia Krisch und Bernd Krispin verfassten ihre Einführungstexte eigens für dieses Heft. Ein herzlicher Dank gebührt an dieser Stelle Hans Stolz für das Bereitstellen von ­Photos, des Notenmaterials und der Hintergrundinformationen zu Robert Stolz. Bildnachweise Die Künstlerportraits wurden von Werner Kmetitsch (Oksana Lyniv), Raimund Plöderl (Bernhard Berchtold) und Wolf Silveri (Sophia Brommer) aufgenommen. Aufführungsmaterial Felix Bloch Erben („Intermezzo“ aus „Mädi“ von Robert Stolz/Arr. Willy Mattes) | Bayerisches Rundfunkarchiv (Ouverture zu „Die keusche Susanne“ von Robert Gilbert/ Arr. Willy Mattes) | Archiv Oper Graz („Gold und Silber“ von Franz Lehár) | Archiv Hans Stolz (alle übrigen).

Was zählt, ist Einklang. Mit sich und den anderen. So wird aus einem Solo ein Orchester – und aus Begeisterung Applaus. steiermaerkische.at

Partnerin der Oper Graz seit 1899

Impressum Medieninhaber und Herausgeber Opernhaus Graz GmbH Geschäftsführende Intendantin Nora Schmid Saison 2019/20 Redaktion Livia Krisch, Bernd Krispin Gestaltungskonzept Perndl+Co Covergestaltung Perndl+Co Layout edsign Druck Steiermärkische Landesdruckerei GmbH


Robert Stolz (1880–1975)

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„Wenn meine Melo­ dien in den Herzen der Menschen einen Platz gefunden ­haben, dann weiß ich, dass ich meine Auf­gabe erfüllt und nicht umsonst g ­ elebt habe!“


Neujahrskonzert Mi 1. Jan 2020, 19.30 Uhr, Oper Graz Musikalische Leitung Oksana Lyniv Sopran Sophia Brommer Tenor Bernhard Berchtold Moderation Nora Schmid Grazer Philharmoniker

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Jean Gilbert (1879–1942) | Arrangement von Willy Mattes (1916–2002) Ouverture zur Operette „Die keusche Susanne“ (1910) Robert Stolz (1880–1975) „Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n“, op. 644 aus dem Film „Ich liebe alle Frauen“ (1935) Bernhard Berchtold „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“, op. 221 aus der Operette „Der Favorit“ (1916) Sophia Brommer „Wiener Café (Kipferlwalzer)“, Walzer, op. 646 nach Motiven aus der Operette „Zum Goldenen Halbmond“ (1953) „Frag nicht, warum ich gehe“, op. 557 aus dem Film „Das Lied ist aus“ (1930) Bernhard Berchtold

Programm

„Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“, op. 562 aus dem Singspiel „Im Weißen Rössl“ (1930) Sophia Brommer & Bernhard Berchtold „Frühjahrsparade-Marsch“ aus dem Film „Frühjahrsparade“ (1934) „Zwei Herzen im Dreivierteltakt, op. 548 aus dem gleichnamigen Film (1930) Sophia Brommer & Bernhard Berchtold


Franz Lehár (1870–1948) „Gold und Silber“, Walzer, op. 79 (1902) Pause Robert Stolz „Intermezzo“ aus der Operette „Mädi“, op. 450 (1923) „Wenn die kleinen Veilchen blühen“, op. 590 aus der ­gleichnamigen Operette (1931) Sophia Brommer & Bernhard Berchtold

Robert Stolz | Arrangement von Nico Dostal (1895–1981) „Im Traum hast du mir alles erlaubt“, op. 594 aus dem Film „Liebeskommando“ (1931) Bernhard Berchtold

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„Spiel auf deiner Geige das Lied von Leid und Lust“, op. 600 aus der Operette „Venus in Seide“ (1931) Sophia Brommer

Robert Stolz „Ich sing’ mein Lied heut nur für dich“, op. 619 aus dem Film „Mein Herz ruft nach dir“ (1934) Bernhard Berchtold „Verwandlungsmusik“ und „Wind, o trag das Wort der Liebe himmelwärts“ aus der Oper „Die Rosen der Madonna“, op. 358 (1920) Sophia Brommer & Bernhard Berchtold

Robert Stolz „Die ganze Welt ist himmelblau“, op. 567 aus dem Singspiel „Im Weißen Rössl“ (1930) Sophia Brommer & Bernhard Berchtold „UNO-Marsch“, op. 1275 (1972)

Programm

Robert Stolz | Arrangement von Willy Mattes „Salome“, Lied und Foxtrott, op. 355 (1920)


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Ich mag Robert Stolz, weil ­diese Musik sehnsüchtig macht! Sie erweckt eine un­ erklärliche Nostalgie nach Zeiten, in denen die Menschen noch Liebesbriefe statt SMS geschrieben haben. Stolz’ ­Musik ist überhaupt nicht ­sentimental. Sie hat Witz, Schwung und eine unglaub­ liche Gefühlstiefe, besonders in den lyrischen Liedern. Für mich ist es sehr ergreifend, wie Stolz passende Nuancen und Farben für einzelne Worte findet. Die Melodien von ­Robert Stolz habe ich schon geliebt, bevor ich wusste, dass die Musik von ihm komponiert wurde. Oksana Lyniv


Die ganze Welt ist himmelblau

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„Fünfzig Prozent Talent genügen, wenn man sie durch fünfzig Prozent Arbeit ergänzt“, soll Robert Stolz gesagt haben. Die diesbezügliche Bilanz des Komponisten und Dirigenten Stolz ist beachtlich: Stolz war vermutlich der produktivste Komponist von Unterhaltungsmusik seiner Zeit, er schrieb an die 90 Operetten und Musicals, über 2000 Lieder und die Musik zu über 80 Filmen und nahm als Dirigent an die 300 Schallplatten mit Operetten­ musik auf. Geboren 1880 in eine Grazer Musikerfamilie – die Mutter diplo­ mierte Konzertpianistin, der Vater ein angesehener Dirigent, Komponist und Musikwissenschafter –, lernte Robert Stolz schon früh Klavier, studierte später Komposition bei seinem Vater, bei Robert Fuchs und Engelbert Humperdinck und wurde als 17-Jähriger unbezahlter Ballett-Korrepetitor an der Grazer Oper. Im selben Jahr sprang er auch als Kapellmeister ein und dirigierte ein Volksstück von Carl Costa im heutigen Schauspielhaus Graz. „Er war dem Haus immer sehr verbunden“, bestätigt sein Großneffe Hans Stolz im Gespräch. Lange hielt es ihn allerdings nicht in Graz, schon ein Jahr später ging es an das Marburger Stadttheater – wo Stolz als zweiter Kapellmeister vertraglich verpflichtet war, auch in kleinen Schauspiel- und Gesangsrollen aufzutreten. Hier entstand auch sein erstes Bühnenwerk, „Studentenulke“. Die nächste Station war Salzburg, wie Stolz selbst erzählte: „Es war ein Schritt nach oben in meinem Musikerdasein, als ich 1902 als Erster Kapellmeister für die Operette an das Salzburger Stadttheater engagiert wurde. Ich sah darin eine Bestätigung für meinen Entschluss, als Inhalt meiner kompositorischen Arbeit die Operette und die sogenannte Leichte Musik zu wählen.“

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Die musikalische Welt von Robert Stolz


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Nach Ableistung des Militärdienstes, einer Russlandtournee und einem Aufenthalt in Berlin wurde der junge Grazer schließlich ans Brünner Deutsche Theater verpflichtet. Brünn war damals eine Metropole, ein Zentrum der Textilindustrie, das ein sehr renom­miertes Theater vorzuweisen hatte. Stolz dirigierte hier neben Operetten auch Opern von Verdi oder Goldmark, lernte Franz Lehár und Leo Slezak kennen und schloss Freundschaft mit der Choristin Maria Jedlitzka, die später als Maria Jeritza welt­ berühmt werden sollte. 1908 zog es Stolz schließlich nach Wien, er wurde Kapellmeister am Theater an der Wien. In Wien vertiefte sich die Freundschaft mit Franz Lehár. Stolz dirigierte in den Folgejahren zahlreiche von Lehárs Bühnenwerken, etwa die Uraufführung von „Der Graf von Luxemburg“. Wie sehr er die Musik Lehárs schätzte, zeigte sich noch beim Festkonzert anlässlich seines 90. Geburtstags, bei dem er nur ein einziges Werk, das nicht von ihm selbst war, aufs Programm ­setzte und selbst dirigierte: den Walzer „Gold und Silber“ von

Robert Stolz enthüllt sein Denkmal im Grazer Stadtpark.


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Lehár. Lehár hatte den Walzer 1902 für eine Redoute unter dem Motto „Gold und Silber“, veranstaltet von Fürstin Pauline von Metternich, komponiert. Der Tradition gemäß wurde der Namenswalzer damals als Konzertstück, mit Introduktion und Coda, am Beginn des Balles gespielt, fand aber nur mäßige Aufnahme. Erst später wurden die drei Walzerfolgen zu einem Welterfolg. Auch unter dem Dirigat von Robert Stolz: „Als der letzte Wiener Walzerund Operettendirigent der ersten Stunde fühle ich mich besonders in die Pflicht genommen. Denn wenn nicht ich Stil, Geist und Rhythmus der Musik von Strauß, Lehár und all den anderen authen­tisch vermitteln kann – nach meinem Tode wird keiner mehr da sein, der noch von diesen Meistern selbst erfahren hat, wie sie ihre Musik interpretiert wünschten.“ Als Komponist arbeitete Robert Stolz gerne mit einem engen Kreis an Vertrauten zusammen. Ein Textdichter, den er in besonderer Weise bevorzugte, war Robert Gilbert, über dessen litera­ rische Vorzüge Stolz in seiner Autobiographie eindrucksvoll schwärmt: „Wenn ihm gerade der Sinn danach steht, kann Robert auch ein wahrhaft vollendeter Poet und Philosoph sein; überdies verfügt er über einen köstlichen, trockenen, niemals aufdring­ lichen Humor.“ Bis ins hohe Alter hinein waren die beiden Roberts, also Stolz und Gilbert, miteinander befreundet und beruflich eng verbunden, und Robert Gilberts Vater fand ebenso die Anerkennung von Stolz, hatte sich doch Jean Gilbert als Komponist der Operette „Die keusche Susanne“ einen führenden Namen unter den Berliner Operettenkomponisten gemacht. Eigentlich hieß Jean Gilbert Max Winterfeldt, doch damit hätte sich damals keine Karriere machen lassen, und so legte er sich einen französischen Künstlernamen zu. Die 1910 in Magdeburg uraufgeführte „Keusche Susanne“ ist typisch für die Berliner Operette, weist sie doch zahlreiche Marschlieder auf. Aus dem Werk konnte sich „Puppchen, du bist mein Augenstern“ lösen und zum zeitlosen Schlager werden. Mit Lilian Harvey und Willy Fritsch wurde „Die keusche Susanne“ 1926 erstmals als Stummfilm produziert, und 15 Jahre


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später kam in Argentinien – wohin Jean Gilbert rechtzeitig entkommen konnte – eine „Chasta Susanna“ heraus. Der Inhalt spielt auf die biblische Gestalt der Susanna im Bade an und jongliert gekonnt zwischen Prüderie, Sittenwacht und mehr oder weniger frivolen Geheimnissen. Musste Robert Stolz auch während des Ersten Weltkriegs zum Militär, so erhielt er dennoch im Frühjahr 1916 Sonderurlaub, um an der Komischen Oper Berlin die Uraufführung seiner Operette „Der Favorit“ dirigieren zu können. Hier begeisterte er nicht nur als exzellenter Interpret seines eigenen Werks, sondern ­wusste auch Aufsehen zu erwecken, da er in der österreichischen Armeeuniform der Deutschmeister am Dirigentenpult stand. War „Der Favorit“ auch kein Favorit des Publikums, sondern vielmehr das, was man gemeinhin als einen Flopp bezeichnen muss, so gibt es doch darin eine Nummer, die diese Operette nicht nur überdauerte, sondern die in mehr als vierzig unterschiedlichen Einspielungen vorliegt. Robert Stolz erinnert sich in seiner Autobiographie, wie eng Erfolg und Misserfolg am Theater nebeneinander liegen können: „Theaterglück ist oft unberechenbar. Oft kommt es vor, dass ein Misserfolg – und ,Der Favorit‘ war ein solcher – einen echten ‚Hit‘ enthält. Im ,Favorit‘ hieß dieser Erfolg ‚Du sollst der Kaiser meiner Seele sein‘ – ein Lied, das die Operette überlebte und auch heute noch gesungen wird. Wie so viele meiner Lieder hat es im Laufe der Zeit mehrere Inkarnationen erfahren. Den vielleicht höchsten Berühmtheitsgrad erlangte es in den dreißiger Jahren, als es für jenen stimmgewaltigen kleinen Mann, Joseph Schmidt, zu einer Art Markenzeichen wurde.“ Aber Erfolge kann man nicht herbeizwingen, sondern sie er­ geben sich zuweilen aus dem schieren Zufall. Dass auch die so wunderbare Stimmung an einem ersten Weihnachtsfeiertag, wenn schon längst alle Geschenke ausgepackt und Küche und Keller geleert, die Bäuche aber gerade deswegen umso voller sind, dazu geeignet ist, einer biblischen Figur dank eines modernen Tanzrhythmus’ überzeitliche Bedeutung zu verleihen, davon erzählt


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Robert Stolz und lässt uns wissen, wie „Salome“ zum Foxtrott kam. Dass seine zweite Frau Franzi Ressel den in später über hundert Einspielungen bekannt gewordenen Schlager so gar nicht mochte, lässt uns nicht nur schmunzeln, sondern auch beseligt lächelnd daran denken, wie Sophia Loren in der Blüte ihrer Schönheit just zu dieser Melodie im Film „Gestern, heute, morgen“ aufreizend vor Marcello Mastroianni tänzelte. Doch lassen wir Robert Stolz selbst zu Wort kommen, wie es sich denn zu Weihnachten 1919 wirklich begab: „Es war am ersten Weihnachtsfeiertag 1919. Ich räkelte mich bequem in einem tief gepolsterten Ohrensessel und schaute mit etwas glasigen Augen auf Franzi und unseren gemeinsamen Freund Otto Hein. Da saßen wir drei nun, vollge­ fressen wie die Schlangen, gewärmt vom prasselnden Kaminfeuer. So wandte ich mich an Franzi und sagte zu ihr: ‚Ich geh’ jetzt schlafen.‘ Otto wollte das nicht zulassen. ‚Du wirst dich hinsetzen und komponieren! Du wirst jetzt einen orientalischen Foxtrott komponieren!‘ ‚Bist du verrückt, Otto? Es gibt keine orientalischen Foxtrotts.‘ ‚Es wird einen geben – wenn du fertig bist, Robert.‘ Franzi teilte seine Meinung und drängte ihrerseits. Da gab ich es auf und ging zum Flügel. Und da begann die Musik auch schon ihr Eigenleben zu führen, bediente sich meiner Finger und verselbstständigte sich auf den Klaviertasten. Ich spielte ,Saaalome‘. Mir gefiel die Melodie sofort, Franzi dagegen mochte sie gar nicht. Mein musikalischer Scherz wurde einer der größten internatio­ nalen Hits.“ Wenige Monate später, genauer am 1. März 1920, kam in Wien die einzige Oper von Robert Stolz, die einaktige Klosterballade „Die Rosen der Madonna“, zur Uraufführung. Stolz war gerade von seiner zweiten Frau Franzi verlassen worden – die sich pikanterweise just jenem oben erwähnten Otto Hein zuwandte – und hatte mit seinem Freund Bruno Hardt-Warden eine Kreuzfahrt durch griechische Gewässer unternommen, wo er auf einer Insel den entscheidenden Impuls zu seiner Oper empfing. Inspiriert vom Gemälde eines sterbenden Mönchs, der im Tode entrückt auf


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das Bildnis einer rosenumkränzten Madonna blickte, entspann sich die Geschichte von Pater Heribert, der sich sterbend und in Fieber­träumen daran erinnert, wie einst seine Geliebte Maria unter Einsatz ihres eigenen Lebens Heribert vor dem Pistolenschuss ihres Vaters bewahrt hatte. Nun erwacht das Bild der Rosen-Madonna und streut dem Sterbenden Rosen der Liebe und der Vergebung. So pathetisch der Stoff erscheinen mag, so befremdlich mag uns heute erscheinen, dass die Uraufführung der „Rosen der Madonna“ mit einer Operette von Ralph Benatzky und dem Schwank „Versicherung gegen Ehebruch“ – in dem pikanterweise Franzi Ressel auftrat – kombiniert war. Ungeachtet vergangener Spielplankonstellationen ist von größerer Bedeutung, was Robert Stolz zu seiner einzigen Oper rückblickend zu berichten weiß: „Wird diese fragile, einaktige Oper mich überleben? Ich weiß es nicht – und im Grunde will ich’s auch gar nicht wissen. Denn ,Die Rosen der Madonna‘ ist ein kostbarer Teil meines eigenen Lebens, meiner inneren Imagination. Die Melodien kamen von Herzen und sind ehrlich empfunden. Es wird für mich stets die Schöpfung bleiben, die in einem Augenblick der Erleuchtung auf dem Berge Athos geboren wurde – eine Offenbarung, die mir lieb und teuer ist. Für mich ist der Akt des musikalischen Schaffens aus einer solchen Inspiration heraus, das Erfinden einer lebendigen Melodie aus dem Nichts, ein unbeschreibliches Glücksgefühl und gleichzeitig ein Mysterium.“ Inhaltlich stilistisches Neuland betrat Robert Stolz wenige Jahre später mit der Operette „Mädi“, die am 1. April 1923 in Berlin herauskam. Wenige Monate später, am 24. November 1923, dirigierte Stolz übrigens auch eine Aufführung von „Mädi“ in ­seiner Heimatstadt. „Mädi“ ist der Versuch einer sogenannten „modernen“ Operette, erzählt sie doch vom Bemühen der Titel­ heldin, die Liebe auszutricksen und dadurch ihrem Verlobten die Erbschaft seiner Tante zu sichern. Deren skurrile Bedingung lautet nämlich, dass er nur dann erben würde, wenn er eine schuldlos


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geschiedene Frau ehelichen würde. So vermählt sie sich mit dem Vorsitzenden des Vereins „A-nu-nie-hei“ (Kurzform für: „Alles, nur nie heiraten“) und begibt sich mit ihm auf Hochzeitsreise. Doch die Liebe ist schon längst im Reisegepäck, und es bedarf einiger Verwicklungen, bis es zum Happy-End kommt. Allerdings war „Mädi“ im Verständnis der Zeit derart frivol, dass es gar zur sogenannten „Schlafwagen-Affäre“ kam. Denn der dritte Akt spielte in einem Schlafwagen-Coupé, in welchem die Titelheldin in einem recht freizügigen Pyjama agieren sollte. Daraufhin weigerte sich die Internationale Schlafwagengesellschaft, ein Original-Coupé zur Verfügung zu stellen, da man den untade­ ligen Ruf der Gesellschaft nicht durch eine „unsittliche Darstellung“ auf dem Theater gefährdet wissen wollte. Es bedarf schon des kaiserlichen Zuspruchs, bis endlich die Wirtin Josepha Vogelhuber und der Zahlkellner Leopold ihre Kabbe­leien beenden und bis „Im Weißen Rössl“ am Wolfgangsee das Eheglück nicht länger vor der Tür stehen bleiben muss, sondern Quartier beziehen darf. Mit dem Foxtrott „Die ganze Welt ist himmelblau, wenn ich in deine Augen schau“ und dem Walzer „Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“ erweisen sich Robert Stolz’ Beiträge zum „Weißen Rössl“ zu den wohl einprägsamsten Melodien der 1930 in Berlin uraufgeführten Operette. War und ist „Im Weißen Rössl“ ein konstanter Welterfolg, der durch mehrfache Neuverfilmungen noch bestätigt wurde, so ­konnte das Singspiel „Wenn die kleinen Veilchen blühen“ nicht diese dauerhafte Bekanntheit erreichen. Am 1. April 1932 in Den Haag uraufgeführt, ist das Werk die Neubearbeitung einer wenige Jahre zuvor unvollendet gebliebenen Operette mit dem Titel „Due baci“. Nun schrieb Bruno Hardt-Warden eine neue Geschichte um ein Teenager-Liebesabenteuer in einem Mädchen­ internat, und Robert Stolz konnte sich, wiewohl selbst schon über fünfzigjährig, in das Lebensgefühl junger Menschen hineinversetzen. 1968 wurde davon ein Fernsehfilm produziert, der in Graz gedreht wurde. Besser konnte man damals nicht für Graz im Aus-


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land werben, und selbst Robert Stolz ist in diesem Film als Dirigent zu sehen, der im Stefaniensaal das Grazer Philharmonische Orchester – das sich erst Jahrzehnte später in „Grazer Philharmoniker“ umbenennen wird – leitet. Während „Im Weißen Rössl“ bewusst als Revueoperette kon­ zipiert war, an der mehrere Autoren und Komponisten – neben Ralph Benatzky schrieben Robert Stolz, Robert Gilbert und Bruno Granichstaedten musikalische Einlagen – beteiligt waren, um die stilistische Vielfalt zu potenzieren, so darf die am 10. Dezember 1932 am Stadttheater Zürich uraufgeführte Operette „Venus in Seide“ als klassische Gesangsoperette gelten. Die im ungarischen Ambiente angesiedelte Verwechslungsgeschichte um einen Grafen und einen Räuberhauptmann inspirierte Robert Stolz zu geradezu verschwenderischer Musik, die auch Chorsätze und großangelegte Finali kennt. Nur einen dauerhaften Erfolg erfuhr sie nicht, wiewohl Robert Stolz anlässlich seines 90. Geburtstags just dieses Werk an der Volksoper Wien und auch in Graz diri­ gierte. Die bekannteste Nummer aus „Venus in Seide“ ist das Auftrittslied der Jadja, „Spiel auf deiner Geige das Lied von Leid und Lust“. Bedeutende Sopranistinnen wie Anneliese Rothen­berger oder Lucia Popp haben es in mustergültiger Weise eingespielt, und auch das Orchester von James Last hatte es im Repertoire. Dass sich auch in einem veritablen Misserfolg ein musikalisches Juwel verbergen kann, beweist der 1935 uraufgeführte Film „Ich liebe alle Frauen“. Der Film diente dem Startenor Jan Kiepura als Staffage, um gleich eine Doppelrolle zu verkörpern, denn er spielt nicht nur den an der Mailänder Scala verpflichteten Opernsänger Jan Morena, sondern auch den einfachen Wurst­ verkäufer Edi Jaworski. Edi gleicht Jan aufs Haar – mit dem ­einzigen Unterschied, dass Edi blond ist, Jan aber nicht. Als Jan einmal keine Lust hat, auf einem Fest zu erscheinen, um dort einen bedeutenden Herrn aus Amerika kennenzulernen, muss Edi in die Rolle des berühmten Sängers schlüpfen. Dabei verliebt


Robert Stolz war bis ins hohe Alter als Dirigent aktiv.


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sich der Wurstverkäufer in Camilla, die er für die Tochter des Amerikaners hält, die aber doch nur die Tochter eines Gurkengroßhändlers ist. Auch Jan lernt die Liebe in Gestalt der Tochter jenes Delikatessenhändlers, bei dem Edi seine Würste verkauft, kennen. Nur dank Jan Kiepuras glänzendem Gesang sind diese erotisch-lukullischen Begehrlichkeiten und Schwindeleien halbwegs erträglich, denn als Opernstar singt er Arien von Flotow und Verdi, und als Wurstverkäufer darf er sich als unterschiedslos Liebender präsentieren und den einprägsamen Schlager „Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frauen“ darbieten. Auch der 1930 gedrehte Film „Das Lied ist aus“ spielt im Künstlermilieu. Diesmal geht es allerdings nicht um einen Startenor, sondern um eine Operettendiva, die sich in ihren Privatsekretär, den verarmten Ex-Offizier Ulrich Weidenau, verliebt und die schließlich, da Ulrich es nicht wagt, der reichen Chefin seine Liebe zu erklären, resigniert einen reichen Fabrikanten heiratet. Der höchst ungewöhnliche Liebesfilm ist eine Komödie ohne HappyEnd, ein intimes Kammerspiel mit einer Prise Weltschmerz. Von der von Stolz komponierten und aufgenommenen Filmmusik blieben zwei Nummern bis heute populär: „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“ und „Frag nicht, warum ich gehe“. Filmhistorisch weniger bedeutsam, allerdings weitaus popu­ lärer war der nur wenige Monate zuvor entstandene Film „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“, einer der ersten europäischen Musikfilme überhaupt. Waren bis 1929 nur drei von hundert in Deutschland gedrehten Filmen vertont, waren es Ende 1930 – vor allem auch Dank des Erfolges von „Zwei Herzen“ – bereits 84 Prozent. Stolz war sich der historischen Bedeutung bewusst: „Meine ‚Zwei Herzen im Dreivierteltakt‘ hatten das Goldene Zeitalter des deutschen Films eingeleitet. Bis zum Kriegsausbruch waren ‚Zwei Herzen‘ und viele andere meiner Filme die einzige reale Konkurrenz für Hollywood gewesen. Niemals wieder sollte die deutsche Filmindustrie diese Weltgeltung erreichen.“ Bereits 1933 erstellte Stolz aufgrund der Popularität des Films auch eine


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Operettenfassung, die einen Großteil der Filmmusik unverändert übernahm. Der „Haupthit“, das Walzerlied „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ ist seither in über 40 verschiedenen Versionen und Einspielungen erschienen. Auch den 1934 entstandenen Film „Frühjahrsparade“ ­arbeitete Stolz zu einer Operette um. Der Film verarbeitet ein Ereignis, das Stolz bei seinem ersten Wienbesuch sehr beeindruckt hatte: „Nur ein einziges Mal im Jahr nämlich trafen alle in und rund um Wien stationierten Soldaten zu einem friedlichen militärischen Schauspiel zusammen, auf einem riesigen Paradeplatz, der ‚Schmelz‘, nicht weit vom Schloss Schönbrunn. Der Kaiser war natürlich zugegen, und jedermann, vom Adel und dem diploma­tischen Corps. Für jeden, der Paraden liebte, war es eine Erinnerung fürs Leben. Des Kaisers adelige ungarische Pferde­ garde reitet auf ihren weißen Stuten in scharlachroten, reich mit Gold bestickten Husarenuniformen vorbei. Dann sammeln sich die Truppen zu einer großen Formation, und die Musikkapellen ­spielen Traditionsmärsche und die Hymne ‚Gott erhalte Franz den Kaiser‘. Und dann kommt er, der Kaiser … Noch Jahre später, als ich einen Tonfilm und dann eine Operette komponierte, erinnerte ich mich an diese Frühjahrsparade und verdankte ihr meine ­Inspiration.“ Die nostalgische k. und k.-Geschichte um das ungarische Landmädel, das die Noten des vom Deutschmeister Willi komponierten Marsches in des Kaisers Salzstangerl einbäckt und so vom Kaiser die Erlaubnis zur Aufführung des Marsches und zur Heirat mit Willi erlangt, wurde legendär. Neben der englischen Version „Spring Parade“ von 1941 (für „Waltzing in the Clouds“ aus diesem Film wurde Stolz sogar für den Oscar nominiert!) wurde vor allem die Version von 1955, „Die Deutschmeister“ (mit Romy Schneider), beliebt. Den „Frühjahrsparade-Marsch“ dirigierte Robert Stolz, der selbst bei den Deutschmeistern gedient hatte, auch in Graz, wie sein Großneffe Hans Stolz erzählt: „Ein großer Auflauf war, als die ,Frühjahrsparade‘ 1973 in Graz aufgeführt


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wurde. Da hat oben auf der Balustrade, auf dem Balkon, die Militär­musik Steiermark gespielt und Robert Stolz hat seinen ,Frühjahrsparade-Marsch‘ dort oben am Balkon dirigiert.“ Für die 1964 an der Wiener Volksoper uraufgeführte Operette verwertete Stolz übrigens den Hit „Ich sing’ mein Lied heut nur für dich“ aus dem Film „Mein Herz ruft nach dir“ von 1934. Im ersten der gemeinsamen Filme des Ehepaares Jan ­Kiepura/Marta Eggerth wird die Geschichte des Tenors Mario erzählt, der sich auf einer Europatournee seines Opernensembles in die blinde Passagierin Carla verliebt. Zwei Stolz-Evergreens überlebten auch aus der 1931 produzierten Komödie „Liebeskommando“, in der eine militärbegeisterte Grafentochter, als Mann verkleidet, anstelle des Bruders an die Militärakademie geht und sich schließlich in ihren Oberleutnant verliebt. Stolz berichtet in seiner Autobiographie: „Richard Tauber interpretierte zwei der Evergreens aus diesem Film ‚Im Traum hast du mir alles erlaubt‘ und ‚Ich möchte einmal wieder verliebt sein‘, und wer könnte sie je vergessen, wenn er gehört hat, wie Richard Tauber sie sang?“ Allerdings blieb auch eine weitere Nummer des Filmes im historischen Gedächtnis: „Ebenfalls aus ‚Liebeskommando‘ stammt der schmissige Marsch ‚Kamerad, wir sind die Jugend‘, der später ein Lieblingsmarsch der Hitlerjugend werden sollte, was nicht einer bitteren Ironie entbehrte, denn der Text stammte von meinen jüdischen Freunden Robert Gilbert und Armin Robinson.“ Stolz selbst flüchtete auf dem Höhepunkt seiner Karriere vor den Nazis von Berlin nach Wien, 1938 nach Paris und von dort in die USA. Dort hielt er sich als Dirigent von Operettenkonzerten über Wasser. 1946 kehrte er, mit seiner fünften und letzten Ehefrau Einzi, endgültig nach Wien zurück, wo er zahlreiche ältere Werke umschrieb und als Dirigent mit erstklassigen Künstlern hunderte Schallplatten mit Operettenmusik aufnahm. In jenen Jahren entstand auch der Konzertwalzer „Wiener Café“, nach Motiven aus der Operette „Zum Goldenen


Livia Krisch & Bernd Krispin

Bis ins hohe Alter aktiv: Robert Stolz und seine „Marketingchefin“ Einzi

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­Halbmond“. Die Operette, die vier Episoden aus der Geschichte eines Wiener Caféhauses erzählt – von den Türkenkriegen über die Zeit Maria Theresias und Johann Strauß’ bis zu einer Rock’n’Roll-Show in einem Nobelcafé von 1960 – war bereits 1935 entstanden (1937 dirigierte sie Stolz auch in Graz). Von ihren Melodien, etwa „Kipferl, du mein liebes Kipferl“ oder „Am Naschmarkt, da gibt es ein kleines Café“, ließ er sich nun zu einem „eleganten, würdigen großen Walzer“ (Hans Stolz) inspirieren. In den 50er und 60er Jahren schuf Stolz zudem 19 „Eis-Operetten“ als musikalische Untermalung der Vorstellungen der Wiener Eisrevue. 1962 kam sein Musical „Trauminsel“ bei den Bregenzer Festspielen heraus, 1963 debutierte Stolz schließlich als Dirigent an der Wiener Staatsoper. Er starb 1975 in Berlin. Eine seiner letzten Kompositionen ist der „UNO-Marsch“, mit dem der Komponist etwas Neuartiges schaffen wollte, „keinen bedrohlichen Kriegsmarsch, sondern einen mitreißenden ,Friedensmarsch‘, der all jenen den Rücken stärken sollte, deren höchstes Anliegen der Aufbau einer Welt ist, die auf Gerechtigkeit und gegenseitigem Verstehen statt auf Besitzgier und Gewalt basiert.“ Bis zuletzt blieb Stolz also ein Idealist – auch in Bezug auf seine Musik, denn: „Ein Komponist, der es schafft, wirklich gute, pri­ märe Melodien zu erfinden, wird immer wieder erleben, dass sein Werk sich trotz unterschiedlichster Arrangeure und Interpreten seine ganz eigene innere Schönheit bewahrt.“


„Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n“

aus dem Film „Ich liebe alle Frauen“

„Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n“

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Ein Ideal hat jede Frau, jeder Mann, und jeder Mann hat seinen Liebesroman! Aber ich, aber ich habe zehn bis zwölf und mehr beinah’! Denn für mich, ja für mich, sind die Mädels nur zum Küssen da! Tra-la-la-la-la-la Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n! Mein Herz ist groß! Doch was ich tu’, ich denke immerzu an eine bloß! Und diese eine, diese Kleine, die hat Beine! Und einen Mund hat die Kleine, ja, das eine ist mir sonnenklar: Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n. Mein Herz ist groß! Und doch gehört’s nur einer offenbar! Denn die eine, die ich meine, küsst ja famos! Das ist mein Typ, sagt jede Frau, jeder Mann! Im Leben ganz genau so wie im Roman! Ist er blond, liebt er braun! Ist er braun, bei ihm nur blond gewinnt! Aber ich im Vertrau’n, bin in punkto Haare farbenblind! Tra-la-la-la-la-la Ob blond, ob braun ... Ernst Marischka


„Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“

aus der Operette „Der Favorit“

Wenn du mich liebst, hast du zum Lohne in meinem Herzen deine Krone, und schaltest frei auf gold’nem Throne, den meine Liebe dir gebaut! Du bist die Herrin, die ich wähle, und deine Wünsche sind Befehle, gehorchen wird dir meine Seele, die sich so ganz dir anvertraut! Du, du, du sollst die Herrin meiner Seele sein! Du, du, du sollst den Purpur tragen ganz allein! Du, du, du sollst das Zepter führen, du, du, nur du darfst d’rin regieren, du, du, ziehst dort als Herrin ein! Fritz Grünbaum & Wilhelm Sterk

„Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“

Du, du, du sollst der Kaiser meiner Seele sein! Du, du, du sollst den Purpur tragen ganz allein! Du, du, du sollst das Zepter führen, du, du, nur du darfst d’rin regieren, du, du, ziehst dort als Sieger ein!

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Ich weiß ein Land, das ohne Schranken, ich weiß ein Reich, worin sich ranken wohl tausend zärtliche Gedanken um meiner Liebe Rosenpfad. Das ist das Land, worin ich lebe, das ist das Reich, das ich dir gebe, auf dessen Thron ich dich nun hebe ist meines Herzens freier Staat!


„Frag’ nicht, warum ich gehe“ aus dem Film „Das Lied ist aus“

„Frag’ nicht, warum ich gehe“

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Frag’ nicht, warum ich gehe … frag’ nicht, warum! Was immer auch geschehe … frag’ nicht, warum! Ich kann dir nur mehr sagen: Ich hab’ dich lieb! Das Schönste im Leben wollt’ ich dir geben! Frag’ mich bloß nicht das eine, frag’ nicht, warum! Frag’ nicht, warum ich weine … frag’ nicht, warum! Wir gehen auseinander … morgen küsst dich ein and’rer, dann wirst du nicht mehr fragen, warum! Das Lied ist aus, das du für mich gesungen, beim letzten Klang war mir nach dir so bang. Das Lied ist aus, die Melodie verklungen, nichts blieb von der Musik zurück, ein Echo nur von Liebe! Die Rosen, die ich dir gebracht, sind jetzt ein welker Blumenstrauß … Das Lied ist aus … Frag’ nicht, warum ich gehe … Walter Reisch & Armin L. Robinson


„Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“

aus dem Singspiel „Im Weißen Rössl“ Was mein Herz zu sagen hat, fühlst auch du! Was die Uhr geschlagen hat, weißt auch du. Und hast du kein Ohr für mich, finde ich keine Ruh’; d’rum hör’ zu, d’rum hör’ zu!

Mein Liebeslied muss ein Walzer sein, der süß berauscht wie Champagnerwein! Und das Lied, das dir sagt: „Ich bin Dein!“, kann doch nur ein Walzer sein! Wenn der Liebe Lust und Schmerz einen packt, schlägt ein jedes Menschenherz seinen Takt! Jeder singt für sich partout und auch der Text dazu heißt: Chacun à son goût! Einer gibt den größten Reiz der Gavott’ und der and’re seinerseits liebt mehr flott! Und es wechseln Moll und Dur, ja, c’est l’amour. Aber ich sage nur: Mein Liebeslied muss ein Walzer sein … Robert Gilbert

„Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“

Mein Liebeslied muss ein Walzer sein! Voll Blütenduft und voll Sonnenschein! Wenn beim ersten Du ich mich an dich schmieg’, braucht mein Herz dazu süße Walzermusik.

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Sag’ ich es in Prosa dir, klingt es kühl, das ist nicht das Rechte für mein Gefühl! Aber wenn die Geigen zärtlich für mich fleh’n, wirst du gleich mich versteh’n:


„Zwei Herzen im Dreivierteltakt“

aus dem gleichnamigen Film

„Zwei Herzen im Dreivierteltakt“

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Ein leiser Walzer klingt durch den Raum, da gleite ich mit dir wie im Traum durch’s Sterngewimmel bis in den Himmel, und alles lacht uns freundlich zu. Und ein Geheimnis hab’ ich entdeckt, dass Liebe mehr berauscht noch als Sekt. Die Lippen schweigen beim Klang der Geigen und keine tanzt so gut wie du! Zwei Herzen im Dreivierteltakt, die hat der Mai zusammengebracht, zwei Herzen im Dreivierteltakt in einer Walzernacht! Ein Viertel Frühling und ein Viertel Wein, ein Viertel Liebe, verliebt muss man sein. Zwei Herzen im Dreivierteltakt, wer braucht mehr, um glücklich zu sein? Die Loge liegt versteckt hinterm Saal, da schäumt das pure Gold im Pokal. Der Sekt berauscht uns, kein Ohr belauscht uns, wir sind allein beim Rendez-vous. Ich habe heimlich dir nur geraubt den Kuss, den mir dein Blick schon erlaubt, die Lippen schweigen beim Klang der Geigen und keiner tanzt so gut wie du! Zwei Herzen im Dreivierteltakt ... Walter Reisch & Armin L. Robinson


„Wenn die kleinen Veilchen blühen“ aus dem gleichnamigen Singspiel

„Wenn die kleinen Veilchen blühen

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Wenn der Herbst jeden Baum taucht in Gelb und Rosa, dann welkt auch mancher Traum. Poesie wird Prosa! Denn es muss der Student fort von seinem Mädelchen! Heidelberg ruft an’s Werk und nun heißt es geh’n!


Und sie steh’n wie so oft bei der alten Linde, wo sie sich heiß geküsst unterm Laubgewinde … und sie weint, doch er sagt: Mädel, nimm es nicht zu schwer! Übers Jahr komm’ ich doch wiederum hierher:

„Wenn die kleinen Veilchen blühen

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Wenn die kleinen Veilchen blühen bin ich wieder bei dir, bei dir! Und wenn die Schwalben nach Hause ziehen, dann klopf’ ich leis’ an deine Tür! Wenn die kleinen Veilchen blühen, wie ein blaues Gesicht, so licht und schimmert wieder der weiße Flieder, dann bin ich wieder bei dir! Und es fällt leis’ der Schnee und Wünsche wandern … Jeder hat Sehnsuchtsweh, einer nach dem andern! Jeder träumt sich zurück in die sonnengold’ne Zeit, wo der Wind süß und lind sang von Seligkeit! Und sie steh’n oft im Traum bei der alten Linde, wo ein Herz, pfeildurchbohrt, friert in dunkler Rinde. Und er seufzt und sie seufzt: Ach, das Glück war abgrundtief! Und man schreibt jeden Tag sich den gleichen Brief: Wenn die kleinen Veilchen blühen … Bruno Hardt-Warden


„Spiel’ auf deiner Geige das Lied von Leid und Lust“ aus der Operette „Venus in Seide“

Spiel’ das dunkle Lied mir von Liebe und vom Wein, Spiel’ das Lied von Küssen, vom Glück und Seligsein! Spiel auf vom Glück, das einmal war spiel’ mir den Csárdás, du Betyár! Keiner kann’s, Zigeuner, wie du! Spiel’ das dunkle Lied mir … Alfred Grünwald & Ludwig Herzer

„Spiel’ auf deiner Geige das Lied …“

Spiel’ auf deiner Geige das Lied von Leid und Lust, nimmst mit deiner Geige das Herz mir aus der Brust. Spiel’ auf deiner Geige, Zigeuner! Meiner Seele Sehnsucht kennt keiner so wie du.

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Fern im schönen Polenland, dort, wo meine Wiege stand dreh’n sich die Mädels bei der Mazurka voll Lust und Feuer. Hier am blauen Donaustrand, hier im schönen Ungarland singt man and’re Lieder beim Tokajer:


„Im Traum hast du mir alles erlaubt“

aus dem Film „Liebeskommando“

„Im Traum hast du mir alles erlaubt“

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Der schöne Tag war aus und rings war Ruh’, links war ein Rosenstrauß und rechts warst du! Ich bat: Nur einen Kuss, weil ich sonst weinen muss! Doch als du kühl bliebst, sprach ich zum Schluss: Im Traum hast du mir alles erlaubt, im Traum warst du so süß! Im Traum hab’ ich beinah’ schon geglaubt, ich bin im Paradies! Nun träum’ ich nur das eine allein: Es möcht’ auch einmal wirklich so sein, dass du mir schenkst, was ich dir geraubt – im Traum hast du’s erlaubt! Schon Heinrich Heine schrieb: Ich grolle nicht! So denk’ auch ich, mein Lieb’, wenn’s Herz auch bricht! Ich nehm’ kein Messer, nein, es wird viel besser sein, ich sag’ dir leise ins Ohr hinein: Im Traum hast du mir alles erlaubt … Robert Gilbert & Armin L. Robinson


„Ich sing’ mein Lied heut nur für dich“

aus dem Film „Mein Herz ruft nach dir“

Oft ist das Herz so von Zärtlichkeit voll, man ist verliebt und vor Sehnsucht ganz toll! Oft fühlt man etwas so wahr und so rein! Will man es sagen, da klingt es ganz klein, Worte sind nur zum Scherzen! Gehen oft nicht zu Herzen! Nur die Musik dringt ganz heimlich zu dir hoffentlich hilft sie auch mir! Ich sing’ mein Lied heut’ nur für dich … Ernst Marischka

„Ich sing’ mein Lied heut nur für dich“

Ich sing’ mein Lied heut’ nur für dich! „Ob du mich liebst“, fragt der Walzer für mich! Sag’ mir kein Wort, sieh’ mich bloß an, weil ich dann weiß, ob ich selig sein kann! Ich sing’ mein Lied für dich allein und dieser Walzer, er bettelt „Sei Mein“! All meine Sehnsucht, mein Herz und mein Glück fliegen dir zu mit der Musik was ich empfinde und fühle für dich, sagt dir mein Lied für mich!

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Geigen, sie schmeicheln sich leise ins Ohr, zaubern die herrlichsten Märchen hervor! Flüstern und locken und lachen dir zu, Märchen der Liebe, so schön nur wie du! Wenn sie dann süß erklingen, himmelhoch jauchzend singen, fühlst du, wie arm ist ein Wort und ein Blick gegen ein bisschen Musik!


„Wind, o trag das Wort der Liebe himmelwärts“ aus der Oper „Die Rosen der Madonna“ Aus deinem Wort strömt Wunderkraft, drauf will ich gläubig bauen. Dir schenk ich alles, was ich hab’, des Herzens Allvertrauen.

„Wind, o trag das Wort der Liebe …“

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Die Sorgen, Liebste, werden schwinden, bald naht die lichte Zeit, da wir uns Glück und Heimat gründen in trauter Zweisamkeit! Ich glaube dir, es blüht in mir die Hoffnung blumenschön empor! Und deine Liebe öffnet mir der frohen Zukunft Rosentor! Wind, o trag’ das Wort der Liebe himmelwärts! Sag’ es in den Fernen auch den Sternen! Quelle, trag’ das Wort der Liebe bis ans Meer! Künde allen Flüssen unser Küssen! Kleines Vöglein, trag’s auch du auf deinem Wolkenflug der Sonne zu! Wissen soll’s die ganze Erde überall! Dass sich zwei gefunden, glücksverbunden! Weite Welt! Dir sei es froh erzählt! Lieb’ und Treu hat uns vermählt!


Bei einer Reise zu den Klöstern am Berg Athos wurde 29 Rosen der Madonna“ inspiriert. Robert Stolz zu „Die

Stunde, Stunde, hab’ kein Ende, stehe still! Lass das süße Schauern ewig dauern! Du bist mein! Auf ewig bin ich dein! Heimat soll dein Herz dir sein! Wind, o trag’ das Wort der Liebe himmelwärts! Sag’ es in den Fernen auch den Sternen! Bruno Hardt-Warden & Otto Tumlirz


„Die ganze Welt ist himmelblau“

aus dem Singspiel „Im Weißen Rössl“

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Der Sommer verblüht, die Sonne verblasst, die Erde ist müd’ und rüstet zur Winterrast. Die Schwalbe entfloh, und doch bin ich froh, du nur alleine weißt, wieso: Die ganze Welt ist himmelblau wenn ich in deine Augen schau’! Und ich frag dabei: „Bist auch du so treu wie das Blau, wie das Blau deiner Augen?“


Man flirtet im März im duftigen Grün und schenkt sich das Herz wenn rot alle Rosen blüh’n! Darum ist es gut, dass jeder am Schluss Farbe bekennen soll und muss:

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Ein Blick nur in dein Angesicht, und ringsum blüht Vergissmeinnicht! Ja, die ganze Welt machst du, süße Frau, so blau, so blau, so blau!

Die ganze Welt ist himmelblau …

???

Robert Gilbert


Künstlerbiographien Neujahrskonzert

Oksana Lyniv / Musikalische Leitung Geboren in der Ukraine, studierte Oksana Lyniv u. a. in Dresden, hatte Positionen als Stellvertretende Chefdirigentin der Oper Odessa und als Assistentin von Kirill Petrenko in München inne und ist seit der Saison 2017/18 Chefdirigentin der Oper Graz. Sie gründete das Festival LvivMozArt in Lemberg

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und gastiert bei renommierten Orchestern in aller Welt.

Sophia Brommer / Sopran Ausgebildet in München, war die Sopranistin Ensemblemit­ glied in Augsburg und Graz und gastierte unter Ulf Schirmer, Christoph Eschenbach und Herbert Blomstedt. Wichtige Gast­ engagements waren u. a. Olympia in Kopenhagen, Mimì und Margarete in St. Gallen, Donna Anna am Staatstheater am Gärt­

Künstlerbiographien

nerplatz in München, sowie Lisa bei den Seefestspielen Mörbisch.

Bernhard Berchtold / Tenor Der Tenor studierte in Salzburg und war Ensemblemitglied in Karlsruhe. Gastauftritte führten ihn an die Scala ebenso wie nach München, nach Frankreich und Spanien, weiters zu den Festspielen von Bayreuth, Salzburg und zur styriarte. Er arbei­ tete mit Dirigenten wie Semyon Bychkov, Nikolaus Harnoncourt, Marek Janowski, Simon Rattle und Helmuth Rilling.


Grazer Philharmoniker Seit 1950 spielen die Grazer Philharmoniker Oper, Operette, Ballett und Musical, bestreiten Konzerte in der Oper Graz und sind regelmäßig im Musikverein für Steiermark zu hören. Gastspiele (wie in Wien, Brünn und Taiwan), CDs, Rundfunkund Fernsehübertragungen machen das Orchester überregional bekannt. Seit 2017

Künstlerbiographien

Grazer Philharmoniker – Besetzung vom 1. Jan 2020 Konzertmeister Yukiko Imazato-Härtl, Alexander Stock / Erste Violine Judit Winkler, Barbara Gritzner-Thausing, Katalin Szasz-Czifra, Viktor Petek, Elizaveta Goldort, Daniil Loban, Roman Rovenkov, Halyna Bila, Moeko Sugiura, Cornelia Neumann / Zweite Violine Karl Vorraber, Dejan Dacic, Remigiusz Gaczinsky, Sabine Schenk-Zechling, Igor Zogovic, Eugen Wagner, Klara Ronai, Szonya Szebeny, Raimund Winkler, Georgios Zacharoudis / Viola Elke Chibidziura, Anja Biber, Carl Smith, Cosima Strauss, Walter Schulte, Milan Maksimovic, Daria Ujejska, Aram Kim / Violoncello Bernhard Vogl, Gergely Mohl, Ivanila Lultcheva, Noriko Kataoka, Katarzyna Bieniasz, Dae Sun Ko / Kontrabass Jinwon Yoon, Anton Haunold, Rudolf Thausing, Klaus Melem / Harfe Christine Heger / Flöte Marlies Gaugl, Eva-Maria Fandl / Oboe Kamen Nikolov, Hirokazu Hiraki / Klarinette Kurt Mörth, Christoph Gaugl, Adolf Friedrichkeit, Anton Hirschmugl, Stephan Mayrhuber / Fagott Antonio Piccolotto, Zsolt Varga / Horn Wilhelm Kalcher, Athanasios Ioannou, Manuel Egger, Max-Xaver Pichler / Trompete Stefan Plank, Wolfgang Huß, Karl-Heinz Promitzer / Posaune Thomas Weinzettl, Dominik Schnaitt, Wolfgang Haas / Tuba Markus Nimmervoll / Pauke & Schlagwerk Karin Meissl, Simon Steidl, Sebastian Riener, Dominik Palla, Alessandro Petri / Klavier & Celesta Tsugumi Shirakura / Gitarre Reinhold Kogler

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ist Oksana Lyniv Chefdirigentin der Grazer Philharmoniker.


Foto: Marija Kanizaj

Hofgasse 2 8010 Graz www.ardea-luh.at


­ VOR UF A K VER . Dez. 2 t sei 19! 20

VORSCHAU Mo | 9. Nov. 2020

HUBERT VON GOISERN Zeiten & Zeichen

musikverein-graz.at

© Sarah Marchant

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Musikalische Broadway-Fabel Nach einer Geschichte von Damon Runyon Musik und Gesangstexte von Frank Loesser, Buch von Jo Swerling und Abe Burrows Deutsche Dialoge von Henry Mason mit Bettina Mönch Premiere 11. Jän 2020 Vorstellungen bis 27. Mai 2020

es Jahres

ld Das Musica

Die Übertragung des Aufführungsrechts erfolgt in Übereinkunft mit Music Theatre International (Europe) Ltd, London Bühnenvertrieb für Österreich: Josef Weinberger Wien, GesmbH Tickets & Info 0316 8000 | oper-graz.com

Gestaltung: Perndl+Co I Portrait: Isabell Schatz

Guys and Dolls


Quellen Livia Krisch und Bernd Krispin verfassten ihre Einführungstexte eigens für dieses Heft. Ein herzlicher Dank gebührt an dieser Stelle Hans Stolz für das Bereitstellen von ­Photos, des Notenmaterials und der Hintergrundinformationen zu Robert Stolz. Bildnachweise Die Künstlerportraits wurden von Werner Kmetitsch (Oksana Lyniv), Raimund Plöderl (Bernhard Berchtold) und Wolf Silveri (Sophia Brommer) aufgenommen. Aufführungsmaterial Felix Bloch Erben („Intermezzo“ aus „Mädi“ von Robert Stolz/Arr. Willy Mattes) | Bayerisches Rundfunkarchiv (Ouverture zu „Die keusche Susanne“ von Robert Gilbert/ Arr. Willy Mattes) | Archiv Oper Graz („Gold und Silber“ von Franz Lehár) | Archiv Hans Stolz (alle übrigen).

Was zählt, ist Einklang. Mit sich und den anderen. So wird aus einem Solo ein Orchester – und aus Begeisterung Applaus. steiermaerkische.at

Partnerin der Oper Graz seit 1899

Impressum Medieninhaber und Herausgeber Opernhaus Graz GmbH Geschäftsführende Intendantin Nora Schmid Saison 2019/20 Redaktion Livia Krisch, Bernd Krispin Gestaltungskonzept Perndl+Co Covergestaltung Perndl+Co Layout edsign Druck Steiermärkische Landesdruckerei GmbH


kleinezeitung.at

Neujahrskonzert 2020

Die ganze Welt ist himmelblau

Abhängig von Unabhängigkeit.


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