nahdran. 2|2012

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nahdran. Aus Branche und Unternehmen. September 2012

Schaden oder Nutzen? Pro & Contra der Kl채rschlammverwertung in der Landwirtschaft Seite 6 | 7

Bioplastik aus Abwasser Wenn die Kl채ranlage zur Bio-Raffinerie wird Seite 11

Ein Bad in der Spree Berlin entdeckt seinen Fluss wieder Seite 14

Moderne Alchemie Der Schatz aus der Kl채ranlage: Phosphorrecycling aus Abwasser Seite 4


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Aus der Branche

BDEW: Energiewende braucht klare Signale der Politik Über den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze diskutierten im Juni über 1 000 Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und NGOs auf dem BDEW-Kongress in Berlin. BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller forderte eine klare politische Linie, die Marktsignale für notwendige Investitionen in die Energiewende gibt. Bund und Länder müssen einen gemeinsamen Plan für Deutschland entwerfen. Kanzleramtsminister Pofalla hingegen warnte, dass Politik nicht die Bedingungen für risikoloses Wirtschaften schaffen kann. Zeitgleich einigte sich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag zu den Änderungen des EEG und der Solarstromförderung. Müller begrüßte das Ergebnis, das Planungssicherheit gewährleiste. Dass eine Lösung bei der energetischen Gebäudesanierung noch immer aussteht, kritisierte der Verband scharf. www.bdew.de > Veranstaltungen > BDEW Kongress 2012

BMU: Überwachung der Radioaktivität im Trinkwasser Das Bundesumweltministerium veröffentlichte im August den »Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von Radioaktivität im Trinkwasser«. Er soll Wasserversorgungsunternehmen und Behörden bei der Einhaltung der Grenzwerte unterstützen. Zudem informiert er zur EURATOM-Richtlinie, die Endes des Jahres auf nationaler und europäischer Ebene entschieden wird und die Überwachung von Radioaktivität im Trinkwasser auf EU-Ebene regeln soll. www.bmu.de > Atomenergie > Strahlenschutz > Leitfaden

Rio+20: Nachhaltiges Wassermanagement zeigt Erfolge Nicht nur der Klimawandel macht einen nachhaltigen und integrierten Umgang mit Wasserressourcen dringend erforderlich. Auch die globalen Herausforderungen auf dem Weg zu einer »grüneren« Wirtschaft und Gesellschaft stehen in engem Zusammenhang mit Fragen der Wasserknappheit und -versorgung, die auf dem UNGipfel Rio+20 im Sommer diskutiert wurden. Bereits 1992 einigte man sich in Rio auf einen integrativen Managementansatz zum Umgang mit Wasserressourcen, kurz IWRM. Im Rahmen der diesjährigen UN-Konferenz prüfte UN-Water die Umsetzung dieses Ansatzes in 130 Ländern. Das Ergebnis: 80 Prozent der Länder führten seit 1992 nationale Wasserreformen durch. Der Zugang zu Trinkwasser verbesserte sich deutlich. Im Tschad etwa konnte eine Steigerung des Trinkwasserzugangs von 15 Prozent auf 50 Prozent erzielt werden. Auch in den Bereichen Gesundheit und Hygiene wurden laut der Studie Fortschritte gemacht. Diese Erfolge sind jedoch erst ein kleiner Schritt bei der Bewältigung akuter globaler Probleme: Die Studie zeigt, dass Maßnahmen zur effizienten Wassernutzung und entsprechend nötige Reformen noch deutlich unterrepräsentiert sind. Laut UNICEF haben rund 780 Millionen Menschen bis heute keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Fast die Hälfte der Bevölkerung in den Entwicklungsländern leidet an Krankheiten, die auf schlechte sanitäre Verhältnisse, mangelnde Hygiene und verunreinigtes Wasser zurückzuführen sind. www.unwater.org > Downloads > UNW Status Report Rio2012


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Auf ein Wort

Werte respektieren.

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n diesen Zeiten … Mit diesen drei Worten werden in Essays, Talkshows oder Kommentaren oft ziemlich nichtssagende Allgemeinplätze eingeleitet. Aber nicht immer ist diese Einleitung eine hohle Phrase, denn es gibt tatsächlich Erkenntnisse, Einsichten, Verhaltensweisen, die »in diesen Zeiten« wichtiger werden als früher oder deren Relevanz stärker ins Bewusstsein rückt.

Was halten Sie von folgenden Sätzen: In diesen Zeiten …

Ihr Michel Cunnac, Vorsitzender der Geschäftsführung Veolia Wasser

… sollten wir nichts unnötig vergeuden … müssen wir verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umgehen … wird es immer wichtiger, knappe Rohstoffe zurückzugewinnen und wiederzuverwerten

Alles richtig, oder? Hier in Deutschland ist dieses Bewusstsein im weltweiten Vergleich weit verbreitet und stark ausgeprägt. Das hat mit dazu beigetragen, dass Deutschland in puncto Kreislaufwirtschaft in vieler Hinsicht als vorbildlich gilt. Umso erstaunlicher, dass dabei eine ganz besonders wichtige, unersetzliche und nur endlich vorhandene Ressource bislang fast nur in Expertenkreisen eine Rolle spielt: Phosphor, das ‚weiße Gold‘. Welcher Wert darin liegt und wie wir es schaffen können, ihn nicht zu vergeuden, darüber können Sie in diesem Heft viel erfahren. Phosphor ist das wichtigste, aber nicht das einzige Beispiel dafür, dass der Prozess der Reinigung von gebrauchtem und verunreinigtem Wasser nach der Nutzung durch den Menschen gleichzeitig die Wiedergewinnung wertvoller Stoffe für eine erneute Nutzung sein kann. Neben der Rückgewinnung von Phosphor stellen wir in diesem Heft eine noch verblüffendere Technologie vor: die Herstellung von Biokunststoff aus Abwasser. Und, natürlich, steckt unser Abwasser voll Energie, die wir nutzen können, von der Wärmeenergie im Kanalnetz bis zur Nutzung von in Kläranlagen gewonnenem Biogas als grüne Energiequelle (nahdran 1| 2012). In diesen Zeiten, da werden Sie mir jetzt hoffentlich zustimmen, ist Abwasser viel mehr als eine zu entsorgende Flüssigkeit mit schlechtem Geruch: Es stecken Werte darin, die wir im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft nutzen sollten. Weniger in Deutschland, aber in anderen, wasserarmen Ländern gehört zu einer solchen nachhaltigen Nutzung auch das Recycling des Abwassers selbst: Nach der Reinigung kann es wiederverwandt werden, zumindest zur Bewässerung oder für industrielle Zwecke. Sehen Sie Ihre Kläranlage jetzt mit ganz anderen Augen? In diesen Zeiten ist das sicher kein Fehler.


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Moderne Alchemie: Kläranlagen als Rohstoffquellen Warum die Rückgewinnung wertvoller Ressourcen kein Zukunftszauber bleiben muss.

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nedle Metalle in Gold verwandeln zu können, das war ein über Jahrhunderte gehegter Traum der Alchemie. Objekt der Begierde war der sogenannte Stein der Weisen, der eben diese Umwandlung möglich machen sollte. Generationen von Vertretern dieser geheimnisumwitterten Wissenschaft arbeiteten sich an der Suche ab  ohne je fündig zu werden. Heute gibt es Forscher und Praktiker, die sich ein ähnlich ungeheuerliches Ziel auf die Fahnen geschrieben haben. Phosphor heißt das edle Element, das die modernen Alchemisten gewinnen wollen, aus einem Stoff, der alles andere als edel daherkommt: Abwasser. Dass Abwasser nicht einfach nur Abfall ist, ist keine neue Erkenntnis. Der bei der Abwasserbehandlung anfallende Klärschlamm enthält neben viel Energie auch lebenswichtige Nährstoffe wie zum Beispiel Phosphor und Stickstoff. Es liegt also nahe, ihn als Dünger direkt aufs Feld zu bringen. Diese in Deutschland jahrzehntelang gelebte Praxis ist allerdings umstritten, denn im Schlamm sind auch Schadstoffe wie Schwermetalle, Tenside oder organische Spurenstoffe enthalten (mehr zu der Kontroverse auf Seite 6 – 7). Die Ausbringung von Klärschlamm als Düngemittel ist daher bereits in einigen Ländern stark eingeschränkt, in der Schweiz sogar vollkommen verboten.

Phosphor, Baustein des Lebens Wie aber lassen sich die im Klärschlamm enthaltenen Nährstoffe nutzen, ohne die Umwelt mit Schadstoffen zu belasten? Im Zentrum steht bei dieser Frage das Element Phosphor, das der Hamburger Alchemist Hennig Brand 1669 auf seiner Suche nach dem »Stein der Weisen« entdeckt hatte. Es ist essentiell für den Aufbau und die Funktionen des gesamten Organismus und somit unentbehrlich für Menschen und Tiere. Das gilt auch für Pflanzen, und daher ist Phosphor auch der wichtigste Grundstoff von Mineraldüngern. Aber die Ressource ist knapp: Die weltweiten Reserven stehen Schätzungen zufolge noch rund 100 Jahre in ausreichender Qualität und zu erschwinglichem Preis zur Verfügung. Da viele Lagerstätten Schwermetalle wie Cadmium oder Uran enthalten, wird reines Phosphat immer knapper – und teurer. Anders als Erdöl ist es nicht durch andere Stoffe substituierbar, gleichzeitig aber unverzichtbar für die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung.

Das Klärwerk als Phosphatmine Ausgerechnet in einem Abfallprodukt – im Abwasser – ist eine hohe Menge dieser kostbaren Ressource enthalten. Wie lässt sich nun dieser Schatz heben? Seit Jahren wird die Entwicklung technischer Lösungen für die Phosphor-Rückgewinnung aus Abwasser vorangetrieben. Ähnlich wie seinerzeit Alchemisten bei Hofe engagiert waren, in der Hoffnung, dass ihre Experimente die Reichskasse auffüllen, wird heutzutage in die moderne Wissenschaft investiert. Diverse Institute, Universitäten und Forschungsinitiativen, aber auch Anlagenbetreiber arbeiten intensiv an neuen Verfahren, um den Nährstoffgehalt des Klärschlamms ökologisch und ökonomisch sinnvoll zu nutzen und alternative Verwertungsmöglichkeiten zur Anwendung zu bringen. Mit Erfolg: Inzwischen gibt es mehrere Methoden, um Phosphor aus Klärschlamm nutzbar zu machen. Nur praktiziert werden sie hierzulande noch sehr zögerlich [siehe Seite 8 – 9].

Zurück in die Zukunft: Kreislauf statt Sackgasse Früher, zu Zeiten der regionalen, bäuerlichen Kreislaufwirtschaft, lief es noch rund: Phosphor musste nicht etwa aus fernen Ländern importiert werden, sondern recycelte sich sozusagen automatisch. Er gelangte über die Verwertung von Exkrementen direkt in den Boden, aus dem ihn die Pflanzen aufnehmen konnten. Mensch und Tier nahmen ihn mit der Nahrung zu sich und gaben ihn über ihre Ausscheidungen


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wieder zurück. Heute, in der globalisierten und intensivlandwirtschaftlichen Ära, ist dieser Zyklus mehrfach durchbrochen. Pflanzenproduktion, Fleischerzeugung, Abfallwirtschaft und Düngerindustrie arbeiten losgelöst voneinander nach jeweils eigenen Prinzipien. Nun scheint es, als könne eine Art moderner »Stein der Weisen« die getrennten Wirtschaftszweige wieder zusammenführen und durch kluge Recyclingmethoden eine zeitgemäße Form der Kreislaufwirtschaft aufbauen. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass das keine Vision bleiben muss, sondern auch in großem Maßstab reell funktionieren kann. Vorreiter sind hier unter anderem Kanada, Japan und die Niederlande. Japan profitiert beispielsweise von einer nationalen Phosphor-Plattform, die Industrie, Wissenschaft und Politik zusammenführt, den Knowhow-Transfer sichert und die Legislative auf den Stand der Technik bringt. Damit will man das enorme Recycling-Potenzial heben, das dort rund 80 Prozent des landwirtschaftlichen Phosphor-Bedarfs decken kann. Das Beispiel lässt hoffen: Der hohe Bedarf der modernen Zivilisation an der endlichen Ressource Phosphor führt nicht zwangsläufig in eine Sackgasse. Für den Ausweg steht der Kreis: Geschlossene Rohstoffkreisläufe sind keine Utopie.

Fakten über Phosphor > Der menschliche Körper braucht täglich etwa 0,7 g Phosphor zur Energieverteilung und für den Eiweißstoffwechsel. > Entwicklung der weltweiten jährlichen Rohphosphatproduktion: 1900 ca. 3 Millionen Tonnen; 2012 ca. 191 Millionen Tonnen. > 44 US$ (35 €) kostete eine Tonne Rohphosphat 2006 im Schnitt. Im August 2008 lag der Preis bei 430 US$ (350 €) pro Tonne. > Europa ist zu 90 % von importiertem Rohphosphat abhängig, 123 000 Tonnen Phosphor in Form von Mineraldünger wurden im Wirtschaftsjahr 2010/11 nach Deutschland importiert. > Berechnungen zufolge befinden sich 70 000 Tonnen Phosphor in den Abwasserströmen Deutschlands. Etwa 55 000 Tonnen sammeln sich im Klärschlamm, ca. 15 000 davon werden in der Landwirtschaft verwertet, ca. 40 000 entsorgt oder verbrannt.


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Abwägen statt Verteufeln: Klärschlamm in der Landwirtschaft kann sinnvoll sein Prof. Norbert Dichtl, Institut für Siedlungswasserwirtschaft, Technische Universität Braunschweig

»Mit dem Urangehalt in Mineraldüngern auf deutschen Äckern könnte man ein AKW betreiben – während die Schwermetallbelastung im Klärschlamm stetig sinkt.«

sorgfältig abzuwägen sind. Durch geltende Verordnungen wird die Klärschlammverwendung in der Landwirtschaft daher restringiert. Vergleicht man aber die Schwermetallgehalte von Wirtschafts- oder Mineraldüngern mit denen landwirtschaftlich genutzter Klärschlämme, zeigen letztere diesbezüglich eine hervorragende Qualität. So wird mit Mineraldüngern jedes Jahr eine Uranmenge auf deutschen Äckern verteilt, die für den Betrieb eines AKWs ausreichen würde. Demgegenüber sinkt die Konzentration von Schwermetallen in unseren Klärschlämmen durch gesetzliche Anforderungen immer weiter, so dass die landwirtschaftliche Verwertung unproblematisch ist.

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lärschlämme aus der mechanisch-biologischen Abwasserreinigung sind sowohl Wertstoff- als auch Schadstoffsenke. Vor dem Hintergrund der in wenigen Jahrzehnten drohenden Verknappung von Phosphor, der wachsenden Weltbevölkerung und der Änderung von Ernährungsgewohnheiten stellt sich die Frage, welcher Weg des PhosphorRecyclings verantwortungsvoll und nachhaltig ist: die direkte Nutzung des Klärschlammes in der Landwirtschaft oder andere Methoden. Die heute praktizierte direkte Klärschlammnutzung nutzt nicht nur die enthaltenen Phosphate, sondern auch Stickstoff und Kali und trägt zudem über die Bereitstellung zusätzlicher organischer Substanz zur Bodenverbesserung bei. Unbestritten werden so aber auch Schwermetalle und organische Schadstoffe in den Boden eingetragen, so dass die Vor- und Nachteile

Im Klärschlamm vorhandene organische Schadstoffe, insbesondere Medikamentenrückstände, nähren die Kritik, dass das davon ausgehende Risiko nicht abschätzbar sei und langfristig Mensch und Ökosystem gefährde. Der Vergleich mit Alternativen, etwa Mist und Gülle aus der Tierhaltung, zeigt, dass diese ggf. erheblich höhere Mengen an Medikamentenrückständen aufweisen als kommunale Klärschlämme und daher im Grunde der gleichen Betrachtung unterzogen werden müssten. Hier gilt es abschließend zu klären, inwieweit Spurenstoffe in die Nahrung gelangen können, in welchen Zyklen sie im Boden ab- bzw. umgebaut werden und ob es zu einer Anreicherung kommen kann, die das vertretbare Maß überschreitet. Die Alternative der Verbrennung ist jedenfalls nicht per se das Mittel der Wahl. Die oft gewählte Co-Verbrennung in Kohlekraftwerken macht ein Phosphorrecycling aus Asche aufgrund hoher Kosten praktisch unmöglich, zudem erfolgt eine Schadstoffverlagerung in die Abgasphase. Eine Monoverbrennung erscheint nur sinnvoll, wenn zugleich die Rückgewinnung von Phosphor aus den Klärschlammaschen vorgeschrieben würde, um den Verlust dieser Lebensgrundlage zu vermeiden.


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Notwendiger Abschied: Entsorgung auf dem Acker ist nicht mehr zeitgemäß Dipl.-Ing. Benjamin Wiechmann, Umweltbundesamt, Fachgebiet Abfalltechnik, Abfalltechniktransfer

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n Deutschland fielen im Jahre 2010 etwa 1,89 Mio. Tonnen kommunale Klärschlämme (Trockenmasse) an. Etwas über die Hälfte davon wurde thermisch entsorgt, die andere Hälfte in der Landwirtschaft oder in landschaftsbaulichen Maßnahmen verwendet. Aufgrund des Vorkommens an organischen Schadstoffen, Arzneimittelrückständen und Krankheitserregern bewertet das Umweltbundesamt unter dem Aspekt der Vorsorge die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm zu Düngungszwecken als kritisch und spricht sich für einen sukzessiven Verzicht auf diese Art der Verwertung aus. Zukünftig sollte stattdessen eine vollständige thermische Verwertung mit anschließender Phosphorrückgewinnung angestrebt werden. Darüber hinaus steigt das Bewusstsein, dass Deutschland über keine eigenen Lagerstätten an lebensnotwendigem Phosphor verfügt. Schon jetzt warnen Experten davor, dass Deutschland und die Welt vor dem Problem stehen werden, dass Phosphor zukünftig nur noch zu überhöhten Preisen erhältlich sein wird und dass sich die Qualität der Rohphosphate schon jetzt immer weiter verschlechtert. Aus den genannten Gründen ist es zwingend notwendig, die Rückgewinnung von Phosphor aus abfallstämmigen Stoffen zu fordern und zu fördern. Klärschlamm und Klärschlammaschen sind Ressourcen, aus denen der Phosphor technisch erfolgreich rückgewonnen werden kann. Schon heute stehen geeignete Rückgewinnungsverfahren zur Verfügung, die jedoch noch nicht gänzlich wirtschaftlich betrieben werden können. Um eine weitergehende Kreislaufführung zu erreichen, sollte das Rückgewinnungspotenzial von Phosphor möglichst weit ausgeschöpft werden. Dies ist z. B. bei der Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammaschen der Fall, aus denen bis zu 90 % des enthaltenen Phosphors zurückgeholt werden kann. Aus diesem Grund und aus Vorsorgegründen, keine Schadstoffe im Boden anzureichern, muss sich die Klärschlammentsorgung in Deutschland einem Wandel unterziehen. Darüber hinaus sollte sich Deutschland in den nächsten 15 bis 20 Jahren von der landwirtschaftlichen Verwertung

»Deutschland sollte sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren von der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung verabschieden.«

verabschieden. Um dies zu gewährleisten und um gleichzeitig den Nährstoffbedarf zu decken, ist der Ausbau der Monoverbrennungskapazitäten notwendig und die Rückgewinnungsverfahren sind mit entsprechenden Förderungen zu versehen. Es ist dabei zu beachten, dass phosphorarme Klärschlämme, denen bereits durch vorgeschaltete Verfahren der Phosphor entzogen wurde, weiterhin in die Mitverbrennung gelangen können und sollten.


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»Jetzt ist die Zeit, die Weichen zu stellen.« Interview mit Dr. Christian Kabbe, Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) Herr Kabbe, wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Phosphorrückgewinnung in Deutschland ein, wo stehen wir? Christian Kabbe: Die nötigen Werkzeuge sind mittlerweile entwickelt – jetzt müssen wir damit in die Umsetzung gehen. Auch der Bedarf ist da: mehr als 120 000 Tonnen Phosphor importiert Deutschland jährlich als mineralischen Dünger. Gleichzeitig sind ca. 70 000 Tonnen Phosphor im Abwasserstrom – meist ungenutzt. Phosphor-Recycling aus Abwasser könnte also eines Tages mindestens 50 bis 60 Prozent unseres Bedarfs decken. Zahlreiche Verfahren und Pilotprojekte wurden in den letzten Jahren entwickelt. Allerdings hapert es noch an der praktischen Umsetzung – aktuell sind kaum Verfahren im großtechnischen Maßstab in der Anwendung. Woran liegt das?

Beim AirPrex®Verfahren anfallende MagnesiumAmmoniumPhosphat (MAP)Kristalle

Christian Kabbe: Bei vielen Forschungsprojekten lag der Fokus bislang nur auf der Phosphor-Ausbeute, nicht auf der Praktikabiliät. Diese Verfahren werden im rein akademischen Sektor entwickelt, ohne die Betreiber- und Marktanforderungen der Industrie zu berücksichtigen. Lediglich die Anforderungen der Düngemittellegislative fanden Beachtung. Daher gehen viele dieser Arbeiten an der Praxis vorbei. Was muss sich ändern? Christian Kabbe: Wir brauchen eine engere Vernetzung der Akteure, etwa eine nationale Plattform, um Agrarlobby, Politik, Wissenschaft, Industrie und Anlagenbetreiber zusammenzubringen. Und wir brauchen eine Forschung und Gesetzgebung, die sich stärker an der Praxis orientiert. Das haben wir uns auch mit dem EU-Projekt »P-Rex« zum Ziel gesetzt, das das KWB ab Herbst koordiniert. Für drei Jahre untersuchen wir die unterschiedlichen in der EU entwickelten und umgesetzten Verfahren zum Phosphor-Recycling und erarbeiten mit der Industrie, welche Anforderungen die Produkte für den Massenmarkt erfüllen müssen. Unser Ziel ist es, bestehende Technologien, die ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind, auf dem Markt bekannt zu machen. Denn die Zeit für Weichenstellungen zur nachhaltigen Phosphornutzung ist jetzt und nicht erst dann, wenn Phosphor tatsächlich knapp geworden ist. www.kompetenz-wasser.de


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Technologien, die viel versprechen Anwendungs- und Forschungsprojekte zu Phosphor-Recycling in Deutschland

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ephos, Airprex, Mephrec, Ashdec. Griechische Götter? Weltraumstationen? Mitnichten. Hinter den klangvollen Namen verbergen sich Verfahren der Phosphorrückgewinnung. Technologien, die bereits erfolgreich in deutschen Kläranlagen eingesetzt werden oder die großtechnische Um setzung vorbereiten.

100 Tonnen Phosphor im Jahr produzieren die Berliner Wasserbetriebe jährlich im Klärwerk Waßmansdorf. Dafür werden aus dem Faulschlamm durch chemische Prozesse Magnesium-Ammonium-Phosphat Kristalle (MAP) gefällt, die zu mineralischem Langzeitdünger verarbeitet werden. Der Dünger wird als »Berliner Pflanze« auf dem Markt vertrieben. Auch im Klärwerk Mönchengladbach-Neuwerk sorgt die unter dem Namen Airprex® patentierte Technik für eine Phosphor-Ausbeute von rund 60 Tonnen im Jahr.

PhosphorAusbeute des AshDecVerfahrens

Das Verfahren macht sich eine im Klärprozess eigentlich problematische Eigenschaft von Phosphor zu Nutze: Er neigt dazu, bei der Schlammbehandlung unkontrolliert zu reagieren und sich in Rohren abzulagern. Die Airprex®-Technik lässt die Fällung der MAP-Kristalle gezielt an einem Punkt, nämlich nach der Faulung in einem Reaktionsbehälter, ablaufen. Reibungsloser Betrieb, geringerer Chemikalieneinsatz und verbesserte Schlammentwässerung sind angenehme Nebeneffekte, die die Wirtschaftlichkeit dieser Technik sogar ohne Verkaufserlöse für das MAP garantieren. Ähnliches spielt sich hinter den Mauern einer Großmolkerei der Deutschen Milchkontor GmbH in Altentreptow ab. Die Produktionsabwässer des mecklenburgischen Käsewerks enthalten hohe Konzentrationen an organischen Stoffen und Phosphor. Das Rephos®-Verfahren fällt aus dem Abwasserstrom eine Verbindung von Magnesium, Ammonium und Phosphat. Das Endprodukt: weiße MAP-Kristalle, fast wie winzige Styroporkügelchen – einsetzbar als Dünger. Weit fortgeschritten, doch noch nicht in der großtechnischen Anwendung ist das »Metallurgische Phosphor-Recycling« (Mephrec®) der Leipziger ingitec GmbH. Mephrec® erschließt in einem einzigen Schritt sowohl das energetische Potenzial des Klärschlamms als auch den Phosphor. Bei hohen Temperaturen werden Klärschlamm-Briketts geschmolzen und organische Schadstoffe zerstört. Übrig bleiben abgetrennte Schwermetalle und eine phosphathaltige Schlacke, die im Wasserbad zu einem Düngemittel granuliert. Die überschüssige thermische Energie kann direkt zur Stromerzeugung

genutzt werden. Das Verfahren lässt sich auf andere phosphorhaltige Abfälle wie Tiermehl anwenden. Auf mehrere erfolgreiche Machbarkeitsstudien soll 2013 der Bau einer Pilotanlage im Nürnberger Klärwerkseigenbetrieb SUN folgen. Dass selbst in Asche noch jede Menge Phosphor steckt, beweist das AshDec-Verfahren, das Nährstoffe aus Klärschlammasche gewinnt. Hier wird die bei der Mono-Verbrennung von Klärschlamm entstehende Asche thermochemisch behandelt. Schadstoffe werden zerstört, verwertbare Phosphatverbindungen entstehen, in einem zusätzlichen Schritt werden Schwermetalle entfernt. Das Verfahren wurde 2008 in Österreich durch die ASH DEC Umwelt AG, jetzt Outotec, erprobt und wartet nun auf den großtechnischen Einsatz. Gesetzliche Rahmenbedingungen und eine unklare Fördermittelsituation verzögern jedoch den Start. 2013 soll der Bau eines Biomassekompetenzzentrums im Großraum Berlin-Brandenburg beginnen, bei dem auch eine AshDec-Anlage geplant ist.


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Ressourcenschutz auf der Agenda Die EU will den Wechsel zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Neue Regelungen zum Bodenschutz kommen bislang nicht voran.

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er Umgang mit knappen Ressourcen ist längst auch ein europäisches Thema. Aus Brüssel kommen dabei nicht nur zu beachtende Regelungen, auch eine Rahmenstrategie für die nachhaltige Versorgung der Bürger und Unternehmen mit notwendigen Rohstoffen. Ein Überblick über die wichtigsten Regelungen und Initiativen, die das Phosphorrecycling und die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung betreffen. Bestandteile der europäischen Zukunftsstrategie ‚Europa 2020‘, die die Grundlagen für ein nachhaltiges Wachstum legen soll, sind die Leitinitiative ‚Ressourcenschonendes Europa‘ und ein dazugehöriger Fahrplan. Sein Ansatz: über verschiedenste Politikfelder hinweg die Bedingungen für eine ressourcenschonende Ökonomie in Europa zu schaffen. Dabei spielt mit Blick auf die Sicherung der Ernährung auch die unersetzliche Ressource Phosphor eine Rolle: Der Fahrplan fordert, weiter zu erforschen, wie die Abhängigkeit von abgebautem Phosphor verringert werden kann – und kündigt für 2012 ein Grünbuch zur nachhaltigen Verwendung von Phosphor an. Eine hochkarätig besetzte Plattform aus Umweltpolitikern, zivilgesellschaftlichen Akteuren, Wissenschafts- und Wirtschaftsvertretern begleitet die Umsetzung des Fahrplans. Grundlage der Verwendung von Klärschlamm als Dünger, also der direktesten Form der kreislaufwirtschaftlichen Nutzung der Nährstoffe im Abwasser, ist die EU-Klärschlammrichtlinie von 1986. Ein Kernsatz darin: »Die Schlämme besitzen vielfach agronomisch nutzbringende Eigenschaften, die Förderung ihrer Verwertung in der Landwirtschaft ist deshalb gerechtfertigt, vorausgesetzt, dass sie ordnungsgemäß verwendet werden.« Die Richtlinie regelt z.B. die Grenzwerte für Schwermetalle und Einschränkungen etwa im Gemüse- oder Futterpflanzenbau. Sie ist Basis für entsprechende nationale Regelungen, wobei diese auch strenger ausfallen dürfen. Eine inhaltliche Überarbeitung der Klärschlamm-Richtlinie steht seit langem aus – nachdem ein Anlauf Anfang des letzten Jahrzehnts erfolglos blieb, rechnen Beobachter nicht vor 2014 mit ihr.

Im Gespräch war und ist unter anderem eine Differenzierung der Auflagen danach, wie die Schlämme aufbereitet wurden (hygienisiert oder nicht hygienisiert). Wichtig sowohl für die Klärschlamm-Nutzung als auch die Verwendung zurückgewonnenen Phosphors ist die anstehende Novelle der Düngemittelrichtlinie von 2003 – sie legt fest, welche Stoffe als »EG-Düngemittel« bezeichnet und in Verkehr gebracht werden dürfen. Noch nicht beschlossen ist die im EU-Fahrplan für ein ressourceneffizientes Europa vorgesehene Bodenschutzrichtlinie – damit ist der Boden als einziges Umweltmedium bisher keiner europäischen Regelung unterworfen. Das EU-Parlament hat zwar 2007 dafür gestimmt, im Ministerrat ist es aber seither blockiert: Eine Minderheit der Staaten, darunter Deutschland, ist aus Gründen der Subsidiarität dagegen und verhindert einen Beschluss. Die Europäische Kommission verfolgt das Thema dennoch weiter. So hat sie jüngst ausführliche Berichte zur Bodenschutzstrategie und zum (sich verschlechternden) Zustand der Böden vorgelegt, die eine kohärente Bodenschutzpolitik einfordern. In der Summe ist damit heute unklar, welche europäischen Vorgaben künftig für eine landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm gelten werden. Der Trend geht allerdings nicht in Richtung eines Verbots, sondern weiterentwickelter Qualitätsauflagen.

EU-Klärschlammrichtlinie http://redir.ec/nahdran1 Leitinitiative zur Ressourceneffizienz http://redir.ec/nahdran2 Fahrplan & Plattform für ein ressourcenschonendes Europa http://redir.ec/nahdran3 Parlamentsbeschluss zur EU-Bodenschutzrichtlinie http://redir.ec/nahdran4 Webseite zur deutschen und europäischen Ressourcenpolitik http://www.ressourcenpolitik.de


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Biokunststoff aus Abwasser Biologisch abbaubar und ressourcenschonend: Wenn die Kläranlage zur Bio-Raffinerie wird.

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unststoff ist überall. Als Material von Zahnbürsten und Verpackungen, in der Bekleidung, als Bau- und Dämmmaterial oder in winzigen Partikeln sogar in Hautcremes. Spätestens seit dem Dokumentarfilm »Plastic Planet« weiß man allerdings auch, dass das praktische, meist aus Erdöl gewonnene Material nicht nur Vorteile hat. Es verschmutzt unsere Umwelt, gibt gefährliche Stoffe ab und treibt, von Flüssen ins Meer geschwemmt, noch Jahrzehnte in den Ozeanen, wo es in kleine Stücke zerfällt, die Meerestiere irrtümlich für essbares Plankton halten und daran zugrunde gehen. Biologisch abbaubare Biokunststoffe, die sich völlig zersetzen, könnten zumindest einen Teil des Problems lösen. Noch besser wäre es, diese aus erneuerbaren Quellen herzustellen. Das ist Anox Kaldnes, einem Unternehmen von Veolia Water Solutions & Technologies, nach rund zehn Jahren Forschungsarbeit gelungen. Es stellt Bioplastik aus Polyhydroxyalkanoaten (PHA) her. Diese kunststoffähnlichen, biologisch abbaubaren Speicherstoffe werden von Mikroorganismen gebildet und abgelagert. Die Besonderheit: Die schwedische Pilotanlage nutzt dazu die industriellen Abwässer einer Fabrik. Der Schlamm wird mit Nährstoffen und Sauerstoff angereichert, dann beginnen die Mikroorganismen ihr Werk und lagern PHA als ihre Kohlenstoff- und Energiequelle an. Bis zu 42 Prozent des Klärschlamm-Trockengewichts können so angereichert werden. Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren werden gemischte Bakterienstämme verwendet, wie sie im Klärschlamm vorkommen, was die Kosten senkt und das Bioplastik gegenüber Produkten aus Erdöl wettbewerbsfähig macht. Inzwischen ging Anox Kaldnes noch einen Schritt weiter und startete Ende 2011 mit der Gewinnung von Biokunststoff auf der kommunalen Kläranlage Aquiris im belgischen Brüssel. Auf der Anlage mit einer Kapazität von 1,1 Millionen Einwohnerwerten nutzt man das Abwasser bereits als Ressource, um Biogas zu erzeugen und Phosphor als Dünger zurückzugewinnen. Nun soll die Kläranlage auch zur »Kunststofffabrik« werden. Das CellaPolTM genannte Material kann etwa zu Haushaltsprodukten, Verpackungen, Beschichtungen, Schäumen oder auch Kreditkarten verarbeitet werden. Das Klärwerk in Brüssel ist damit heute nicht mehr nur eine Anlage zur Beseitigung von übelriechenden Stoffen, sondern hat sich zur Bio-Raffinerie entwickelt.


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Aus dem Unternehmen Nachhaltigkeitsbericht 2011 – erstmals nach GRI-Standards

Water2Energy vor Ort

Mit ihrem inzwischen sechsten Nachhaltigkeitsbericht zeigt sich die Veolia Wasser-Gruppe erneut als Vorreiter der Branche und folgt erstmals den Anforderungen der Global Reporting Initiative (GRI). Mit diesem internationalen Standard macht Veolia sein Engagement und seine Geschäftstätigkeit umfassend vergleichbar und nachvollziehbar – als erstes privates Unternehmen der Wasserwirtschaft. Klima-, Umwelt- und Artenschutz, gesellschaftliches Engagement, Ausbildung und Beschäftigung – durch alle Bereiche hindurch analysiert der Bericht, inwieweit die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele erreicht wurden und zieht daraus Schlussfolgerungen für die Zukunft. So sank etwa der Stromverbrauch der Trinkwasserversorgung je m3 Wasser auf 0,246 kW/h – und damit innerhalb von zwei Jahren um mehr als sieben Prozent. Außerdem hat Veolia Wasser Maßnahmen zur CO2-Reduktion in seinem ganzheitlichen Programm „Water2Energy“ gebündelt und als erstes Unternehmen in der deutschen Wasserwirtschaft seinen CO 2-Fußabdruck ermittelt. Die gedruckte Fassung des Nachhaltigkeitsberichts 2011 können Sie mit einer Bestellkarte beziehen, die dieser Ausgabe der nahdran. beiliegt. Den ausführlichen digitalen Bericht finden Sie unter nachhaltigkeit.veoliawasser.de.

Dass sich erneuerbare Energie aus Klärschlamm (Water2 Energy) auch bei kleineren Anlagen ökologisch und ökonomisch sinnvoll nutzen lässt, zeigen das Veolia Wasser-Unternehmen OEWA und der Abwasserzweckverband Döbeln-Jahnatal in Sachsen. Der Verband investiert 1,2 Millionen Euro in eine anaerobe Schlammbehandlung in der Kläranlage DöbelnMasten. Aus Klärschlamm und organischen Abfällen wird sie Biogas gewinnen, in einem Blockheizkraftwerk werden dann die gesamte benötigte Prozesswärme und 60 Prozent des Strombedarfs selbst erzeugt. Die Betriebskosten sinken so um ca. 70 000 Euro pro Jahr, der CO2-Ausstoß um 320 Tonnen. Die OEWA als Betriebsführer hat die Federführung bei der technischen Projektbearbeitung und wird die Anlage betreiben. Zudem sollen in der Anlage künftig Wärmepumpen die Ölheizung ablösen, die durch Wärmetauscher aus dem Abwasser Heizenergie für die Gebäude gewinnen. Rund 4 000 Liter Heizöl können so pro Jahr eingespart werden – ein weiterer Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Zweckverbands und stabilen Abwassergebühren.

nachhaltigkeit.veoliawasser.de

www.oewa.de


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Ein grünes Band durch die Wüste

THW mit modernster Aufbereitungstechnik

In einem der weltweit größten Aufforstungsprogramme soll in den kommenden Jahren in der Sahelzone ein fruchtbarer Gürtel entstehen: die sogenannte »Große Grüne Mauer«. Die Fondation Veolia Environnement unterstützt im Rahmen des Projekts unter anderem eine Baumschule, die bis zu 20 000 Sprösslinge dafür ziehen soll. Geplant ist, 11,7 Millionen Hektar Wüste zu begrünen: Mit einer Länge von 7 000 km und einer Breite von 15 km soll sich der Grüngürtel von Dakar nach Djibouti wie ein Gürtel um den Kontinent legen. Das Projekt wurde 2005 von der Afrikanischen Union beschlossen und wird im Senegal von der Regierung und tausenden Freiwilligen umgesetzt. Die Fondation Veolia Environnement unterstützt im Senegal seit Jahren Entwicklungs-, Umwelt- und Biodiversitätsprojekte. 2011 vergab sie einen Zuschuss an die Non-Profit-Organisation Les Brigades Vertes für die Gründung einer Baumschule in Mboro im West-Senegal. Dort werden überwiegend Akazien heimischen Typs vorgezogen und später in die anwachsende Grünzone umgepflanzt.

Ob Katastrophenvorsorge in Deutschland oder Nothilfe weltweit: Das Technische Hilfswerk (THW) setzt auf modernste mobile Wasseraufbereitungsanlagen der Spezialisten von Berkefeld in Celle, einem Tochterunternehmen von Veolia Water Solutions & Technologies. Acht neu entwickelte, modulare Anlagen wurden auf der Fachmesse IFAT im Mai symbolisch an das THW übergeben. Das System verwandelt durch eine Kombination mehrerer Verfahrenstechniken verschmutztes Rohwasser in sicheres Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung, für bis zu 20 000 Menschen täglich. Kernkomponente ist dabei eine hocheffektive keramische Ultrafiltration. Mit den Anlagen verfügt das THW über ein in Deutschland flächendeckendes Netz an Aufbereitungsanlagen. Die modulare Bauweise ermöglicht den schnellen Transport mit Linienflugzeugen und Lkws sowie eine einfache Inbetriebnahme vor Ort. Das THW bietet sich damit als Partner der deutschen Trinkwasserversorger für geplante oder unvorhergesehene Fälle der temporären Notversorgung an.

www.grandemureilleverte.org

www.berkefeld.com


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…und eines Tages darin schwimmen Berlin entdeckt die Spree zurück – und sich selbst als Stadt am Wasser.

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ast 90 Jahre ist es her, dass in der Spree das letzte Flussbad geschlossen wurde. Heute träumen die Berliner wieder davon, im Sommer zur Abkühlung einfach hineinzuspringen. Die Rückeroberung des Flusses durch die Bürger ist in der Hauptstadt mehr als nur ein Modetrend – und eine bessere Wasserqualität ein wichtiger Schlüssel dazu. Ein echter Renner war das Lichttauchen: Mitten in der Nacht sprangen Badegäste mit Lampen ins Wasser und erforschten den Boden des Flusses. Bei Tag dann zogen künstlich erzeugte Wellen die Berliner in Scharen in das 1849 erbaute Sachsesche Wellenbad. Ein Bad im Fluss war um die vorletzte Jahrhundertwende selbstverständlich: Insgesamt 15 Flussbadeanstalten luden zum Schwimmen ein. Bis der Magistrat 1925 dem Vergnügen ein Ende setzte und alle Berliner Flussbäder wegen starker Verschmutzung geschlossen wurden. Dabei blieb es, aber seit einigen Jahren wird der Ruf nach einer neuen Chance zum Bad im Fluss immer lauter. So auch in der preisgekrönten Vision der Künstler- und Architektengruppe ‚realities:united‘: Ein Bad mitten in der Innenstadt, am Lustgarten, dem künftigen Schloss und der Museumsinsel, mit sauberem Wasser dank einer Pflanzenkläranlage und der teil-

weisen Renaturierung des Spreekanals. Kein Zufall, dass die Initiatoren ihre Idee als Neudefinition des Verhältnisses der Stadt zum Fluss verstehen – als Wiederaneignung eines Uferterrains, das in der jüngeren Vergangenheit kaum eine Rolle im urbanen Leben spielte. Immer stärker zieht es die Berliner an die 360 Kilometer Ufer im Stadtgebiet, beim ersten Sonnenstrahl bevölkern Menschentrauben Strandbars und Uferstreifen. Aber nicht alle sind von diesem Trend begeistert: Seit Investoren unter dem Stichwort ‚Mediaspree‘ vor allem im hippen FriedrichshainKreuzberg die besten Wasserlagen gezielt entwickeln, regt sich Widerstand.


Alternative Konzepte entstehen, etwa der Plan für den ‚Holzmarkt‘, wo auf dem Areal der legendären ‚Bar 25‘ ein von der örtlichen Subkultur geprägtes neues Stadtquartier entstehen soll. Plötzlich liegt die Spree im Zentrum der Diskussion, wie die Stadt sich in den nächsten Jahren entwickeln soll. Doch während andere Gewässer wie der Tegeler See längst hervorragendes Badewasser bieten, ist bei der Spree der Weg bis zur Badeerlaubnis noch weit. Auf den 400 Kilometern von der Oberlausitz bis zur Havel muss der Fluss einiges einstecken: Er wird begradigt, gestaut und eingezwängt, als Bundeswasserstraße befahren, muss Nährstoffe und Pestizide von den Äckern, Industrieabwässer und jährlich rund 16 Millionen Kubikmeter gereinigtes Abwasser aus dem Klärwerk Münchehofe aufnehmen. Bei Starkregen fließen bis zu 40 Mal im Jahr Straßenunrat, Abwasser und Ablagerungen zu, die die übervolle Kanalisation nicht ins Klärwerk ableiten kann. Das Schmutzwasser fördert das Algenwachstum und lässt den Sauerstoffgehalt auf kritische Werte sinken. Dennoch muss Baden in der Spree kein unerfüllbarer Traum bleiben. Die Berliner Wasserbetriebe arbeiten intensiv daran, dass Spree und Havel sauberer werden. So wurde das Klärwerk Münchehofe in den vergangenen Jahren aufwändig saniert: Eine im Test befindliche vierte Reinigungsstufe soll künftig auch Spurenstoffe und Krankheitserreger aus dem Wasser filtern.

Dezentrale Sicker-, Speicher- oder Klärbecken, Bodenfilter und Gründächer tragen zusätzlich dazu bei, dass Regenwasser zwischengespeichert und vorgereinigt wird. Durch die zentrale Steuerung des Abwassernetzes mit über 150 Pumpwerken können die Wassermassen bei Starkregen inzwischen optimal auf die sechs Klärwerke verteilt werden. Zusätzlich wird unterirdisch Platz geschaffen: Am Neuköllner Weigandufer etwa entsteht ein 210 Meter langer Stauraumkanal, der bei Starkregen Mischwasser zurückhält. Über 90 Millionen Euro investieren die Berliner Wasserbetriebe und der Senat, um so die Zahl der Überläufe zumindest auf zehn bis zwölf im Jahr zu verringern, begleitet von einem umfangreichen Forschungsprogramm des Kompetenzzentrums Wasser Berlin. Mit dem Projekt »Spree2011« macht derweil der Unternehmer Ralf Steeg von sich reden, der Speicherpontons im Fluss errichten und öffentlich nutzbar machen will. Die Idee wird immer konkreter; seit April 2012 werden in Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben Prototypen zu Testzwecken im Osthafen versenkt. Um die Wasserqualität auf Dauer zu verbessern, reichen technische Innovationen aber nicht aus, zusätzlich müssen die Selbstreinigungskräfte der Natur gefördert werden. Das Grundproblem: Die Stadtspree wird nicht von natürlichen Böschungen, sondern zu beiden Seiten von Spundwänden begrenzt. Derzeit erprobt die Technische Universität Berlin die Ansiedlung schwimmender Pflanzenkolonien, die in Netzen neben den Spundwänden wachsen und Fischen und Kleinstlebewesen Lebensraum bieten – wie ein Schilfgürtel ohne Uferböschung, der die Selbstreinigung des Wassers unterstützt. Trotz aller Anstrengungen wird Baden in der Spree noch lange Zeit eine Vision bleiben. Eine konkrete Vision allerdings, die zusehends an Kraft gewinnt und immer mehr Akteure an einem Strang ziehen lässt.


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Termine 15. - 16. Oktober 2012, Erfurt

20. – 22. September 2012, Wiesbaden

BWK Bundeskongress 2012

6. Netzwerk21Kongress

Kongress zum Thema »Kreislaufwirtschaft und Gewässerschutz – Nachhaltige Lösungen durch innovative Technologien«

Bundesweiter Fortbildungs- und Netzwerkkongress für lokale Nachhaltigkeitsinitiativen.

www.bwk-bund.de

Veolia Wasser auf dem Netzwerk21Kongress: Dienstag, 16. Oktober 2012 09.00 –11.00 Uhr: Nachhaltigkeit anstiften – Stiftungen als Partner in der Region: mit Sylke Freudenthal, Veolia Stiftung

24. – 25. September 2012, Dresden

wat Dresden 2012

Dienstag, 16. Oktober 2012 11.15 –13.00 Uhr: Daseinsvorsorge – Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Kommunen: mit Helmut Rohmann, Stadtwerke Springe GmbH

Größte Tagung der Wasserbranche zu Themen wie dem Rückgang des Wasserverbrauchs, dem Wandel von Klima und Demografie, der Diskussion über Kosten und Preise sowie der Europäisierung des Regelwerks

Dienstag, 16. Oktober 2012 11.15 –13.00 Uhr: Kollaborative Demokratie – Vom Beteiligungsprojekt zur Mitwirkungskultur: mit Dr. Birgit Böhm, nexus-Institut (Vorstellung einer Studie im Auftrag von Veolia Wasser)

www.wat-dvgw.de/

25. – 26. September 2012, Kassel

www.netzwerk21kongress.de

4. Kongress »100 % Erneuerbare-Energie-Regionen« Kongress mit Vertretern aus Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft rund um die Themen Energiewende und erneuerbare Energien.

29. – 31. Oktober, Wiesbaden

DWA-Energietage – Energiewende und Wasserwirtschaft

www.100-ee-kongress.de

Forum für den Austausch zwischen Energie- und Wasserwirtschaft mit Schwerpunkten Energie auf Kläranlagen und Chancen der Wasserkraft.

www.dwa.de

26. – 27. September 2012, Berlin

3. VDI-Fachkonferenz »Klärschlammbehandlung«

29. – 20. November 2012, Berlin

Fachkonferenz über verschiedene aktuelle Themen der Klärschlammbehandlung mit Besichtigung der Kläranlage Waßmannsdorf mit Phosphorrückgewinnung (kombiniert buchbar mit Seminar »Trocknung von Klärschlamm«)

11. Wasserwirtschaftliche Jahrestagung des BDEW Jahrestagung rund um die Themen Wasserver- und Abwasserentsorgung

www.vdi.de/klaerschlamm

www.bdew.de/veranstaltungen

Veolia Environnement in Deutschland www.veolia.de

www.veoliawasser.de

www.veolia-umweltservice.de

www.dalkia.de

www.veolia-verkehr.de

Impressum: nahdran. Aus Branche und Unternehmen | Herausgeber: Veolia Wasser GmbH, Unter den Linden 21, 10117 Berlin, www.veoliawasser.de | Redaktion: Dr. Petra Warnecke (verantwortlich für den Inhalt), Matthias Kolbeck, Telefon: 030-2062956-73, nahdran@veoliawasser.de | Druck: AlsterWerk MedienService | Konzept, Realisation, Illustrationen: Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation | Bildnachweise: Veolia Wasser, P.C.S. Pollution Control Service GmbH (S. 8), Outotec GmbH (S. 9), Veolia Environnement, Samuel Bigot/Andia (S. 11), Fondation Veolia Environnement, Axel Ducourneau/CNRS, VWS Berkefeld (S. 13), realities:united, studio for art and architecture (S. 14, 15) | Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier.


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