Viva Las Vegas 3.0

Page 1

MARKETING & KOMMUNIKATION

werbewoche 01 | 15.01.2016

13

Viva Las Vegas 3.0 Manuel P. Nappo, Studienleiter CAS Social-Media-Management HWZ (Hochschule für Wirtschaft Zürich). www.fh-hwz.ch/smm

D

igitaler Fortschritt hin oder her, die Zukunft wird man niemals vorhersagen könnten – könnte man meinen. Doch einmal im Jahr tut Las Vegas genau das. Zumindest fast. An der Consumer Electronics Show (CES), die jeweils im Januar durchgeführt wird, präsentieren verschiedenste Hersteller aus der Elektronikbranche ihre neuen Produkte, Visionen und Innovationen für die Zukunft. Von nützlichen Gadgets für den Alltag bis hin zu Science-Fiction-ähnlichen Bauten ist alles dabei. Da gibt es zum Beispiel die Android Wear Smartwatch der japanischen Firma Casio, perfekt für alle Outdoor-Sportbegeisterten: Sie kann Luftdruck und Ortshöhe bestimmen, hat einen magnetischen Kompass und liefert auf Anfrage z.B. Daten zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang – alles nach USMilitär-Standard. Der Clou: Mit einem ein-

fachen Befehl via Touchscreen lässt sich die Smartwatch in eine simple, traditionelle Armbanduhr verwandeln, deren Akku für dreissig Tage ausreicht. Einem ganz anderen Thema widmet sich der SCiO food scanner (dessen Herstellungsfirma übrigens den USB Memory Stick erfunden hat). Das Gadget enthält einen Sensor, welcher bei Kontakt mit L e b e n s m it teln Informationen wie Fettanteil oder Anzahl Kohlenhydrate ermitteln kann. Das handliche Gerät passt in jede Hosentasche und soll noch dieses Jahr auf den Markt kommen. Wo wir gerade beim Thema Essen sind: Können Sie sich einen Kühlschrank mit Sexappeal vorstellen? Falls nein, dann haben Sie noch nie vom Samsung Family Hub Refrigerator gehört. Er hat drei eingebaute Kameras, die bei jeder Bewegung der Kühlschranktüren ein Foto aller enthaltenen Lebensmittel machen und in eine entsprechende App hochladen. So kann man über sein Smartphone jederzeit den Food-Stand des Kühlschranks

abfragen – egal, wo man sich gerade befindet. Über den in der Kühlschranktür eingebauten Touchscreen kann man seine Online-Einkäufe tätigen, Musik abspielen oder im ganzen Haus die Lichter löschen und Türen schliessen (Stichwort Smart Home). Und die Tradition, an der magnetischen Kühlschranktür die erhaltenen Postkarten aufzuhängen, geht dank der eingebauten Software zum Teilen von Notizen, Fotos und Kalenderdaten auch nicht ganz verloren. Im Oktober habe ich an dieser Stelle noch von den Hoverboards aus «Back to the Future» geschwärmt. Doch nun stellen Sie sich Folgendes vor: Sie fahren auf einem Hoverboard-ähnlichen Untersatz vom Arbeitsplatz bis zum Bahnhof. Dort steigen sie ab, und das Hoverboard verwandelt sich in einen kleinen Roboter, der ihnen auf Schritt und Tritt bis in den Zug folgt und dazu ihre Businesstasche trägt. Eine Zusammenarbeit der Firmen Segway, Intel und Xiaomi macht das möglich: Der Segway Advanced Personal Robot kann nicht nur im Dunkeln sehen oder die Haustür öffnen, wenn es läutet, er sieht auch noch

richtig putzig aus. Putzig ist wohl das falsche Wort, um die chinesische EHang 184 zu beschreiben – sie ist nämlich eine Drohne, so gross wie ein Helikopter, die menschliche Passagiere transportieren kann. Einsteigen, Destination eingeben, los geht’s. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 96 km/h und einer Maximalhöhe von 3.4 m donnert das 227 kg schwere Flugobjekt durch die Lüfte und ist sogar für einen Regensturm bestens ausgerüstet. In den USA ist die EHang 184 – natürlich – verboten. Sympathischer kommt da die Parrot Disco daher – auch sie eine Drohne, aber sehr viel kleiner und im Design eines Papierfliegers. Mit einem Propeller hält sie sich immerhin 45 Minuten lang in den Lüften und erreicht Geschwindigkeiten bis zu 80 km/h. Und wie startet man das Gadget? Ist doch selbsterklärend: Man wirft die Drohne wie einen Papierflieger in die Luft, und sie macht sich sofort auf die Reise. Manchmal kann Technik so einfach sein.

Mobile Moments An Smartphone und Tablet führt kein Werbeweg vorbei. Warum, weiss Mobile-Spezialist Robin Wirz.

D

rei Stunden und 26 Minuten verbringen 16- bis 24-Jährige täglich online an mobilen Bildschirmen! Bei den 55–64-Jährigen sind es 0.58 Stunden – immerhin, Tendenz steigend (Quelle: globalwebindex.net/trends). An Smartphone und Tablet führt 2016 kein Werbeweg vorbei. Die Werbewoche im Gespräch mit Robin Wirz, Spezialist für mobile Applikationen und CEO von Terria Mobile mit Sitz in Basel. WW: Welche App hast du 2015 – E-Mail ausgenommen – am häufigsten genutzt? Robin Wirz: Das war die Kamera, oder eine der Reise-, News- oder Social-Media-Apps. Robin, was war dein erstes Lieblings-App? Am Anfang Google Maps zur Navigation, dazu kleine Helferlein, die Gerätefunktionen clever nutzen, etwa die Wasserwaage und die Fotobearbeitung. Ihr seid ein mehrfach prämiertes Start-up. Euer Erfolgsrezept? Seit Gründung 2011 konzentrieren wir uns zu 100 % auf «mobile» und sind hier täglich an vorderster Front dabei. Wir haben auch seit unserem Beginn in die Entwicklung einer Technologie investiert, die es erlaubt, mobile Erlebnisse und sogenannte «Mobile Moments» nicht nur zu schaffen, sondern auch zu verwalten. Mobile Moments – klingt spannend. Ja, dahinter steckt eine neue Marketing-

philosophie. Unternehmen erweisen Nutzern Dienste, die auf ganz bestimmte Bedürfnismomente innerhalb eines Erlebnispfades ausgerichtet sind. Die App kann dabei je nach Moment völlig anders aussehen. Hauptsache, dem Kunden ist situativ geholfen.

teilen. Mobile Apps sind schneller, ermöglichen die Nutzung der Gerätefunktionen und auf die Power von Push-Notifications möchte ich als Marketer keinesfalls verzichten. In der Summe lassen sich so mit Mobile App bis auf Weiteres überzeugendere Erlebnisse kreieren.

Worin besteht die Kunst der MobileMoments-Kreation? Es sind drei Kunststücke in einer Vorführung. Den Moment identifizieren, das Angebot aufbereiten und die Inhalte ausliefern. Alles in Echtzeit und 100 % bedürfnisbezogen. Einige Airlines sind schon sehr gut darin. American Airlines lohnt sich anzuschauen.

Simon Muster von Maxomedia sagt aber im Werbewochen-Trendbarometer, dass es in Zukunft webbasiert ablaufen wird. Mobile-Web-Technologien entwickeln sich in der Tat rasant. Das tun aber auch die mobilen App-Technologien. Sie sind bei innovativen Funktionen nach wie vor tonangebend. Das Standardisierungsprozedere von HTML wird weiterhin dafür sorgen, dass Web-App-Technologien den herstellergetriebenen Mobile-AppTechnologien hinterherhinken. Wir bei Terria Mobile arbeiten meist mit einem «hybriden» Ansatz, der die Vorteile von HTML nutzt und mit nativen App-Technologien ergänzt, um somit das beste beider Welten zu vereinen.

Welche typischen Ziele verfolgt man mit einer Mobile App? Es geht darum, den Kunden in die mobile Welt zu folgen und da die vielen, auch kreativen, Möglichkeiten der Präsentation zu nutzen sowie Prozesse aller Art zu vereinfachen. Alle Bereiche profitieren: Kommunikation, Verkauf, Messemarketing, Events etc. Die Nutzung der Geräteeigenschaften wie Kamera, GPS und Sensoren, im Zusammenspiel mit angereicherten Daten über Präferenzen aus dem Content-Management-System, ermöglichen die Schaffung neuer Angebote, Services und Erlebnisse. Web-App vs. Mobile App – erkläre uns bitte den Hauptunterschied: Eine Web-App ist technisch gesehen eine mobile Internetsite mit allen Vor- und Nach-

Ihr habt mit «LaunchBase» ein eigenes Management-System für mobile Apps. Was muss ein solches System können? Man muss damit überzeugende mobile Erlebnisse schaffen und Apps einfach verwalten können. Konkret geht es um Erfordernisse wie Content-Management, Zugriffsverwaltung, Datenanalyse sowie um die Möglichkeit, Inhalte aus bestehenden Datenquellen zu beziehen und entsprechend aufzubereiten. Worauf sollte ich bei der Wahl des Entwick-

Robin A. Wirz, CEO Terria Mobile

lungspartners besonders achten? Mobile ist eine eigene, hoch dynamische Welt. Ein mobiler «Abklatsch» anderer Konzepte funktioniert selten. Wichtig ist ein Partner, der diese Welt und seine Möglichkeiten kennt, der konzeptionell stark ist und der die technischen Fähigkeiten zur makellosen und effizienten Umsetzung besitzt, auch über den ersten Launch hinaus. Welches sind die wichtigsten Schritte bei der App-Entwicklung? Man folgt den klassischen Schritten von Bedarfs- und Zielerfassung, Budgetfestlegung, User-Experience-Design und Umsetzung. Ich empfehle einen Prozess mit kleinen «agilen» Schritten. Man ist so schneller und kann auch rascher auf neue Entwicklungen und Präferenzen reagieren. Was sind die wichtigsten Trends für die nächsten 48 Monate? Die mobile Internetnutzung wird zunehmend dominanter, das Marketing wird folgen. Neue Ideen und neue Möglichkeiten, ich denke an das Internet der Dinge, werden neue Geschäftsfelder öffnen. Für bestehende und neue Player. Mobile Moments und Big Data werden das Marketing zunehmend personalisieren. Virtual Reality wird noch etwas Zeit benötigen. Die Apple Watch wird besser. Interview: Beat Hürlimann

Vertiefendes auf huerlimanncc.com sowie bei www.terria.com.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.