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MARKETING & KOMMUNIKATION

werbewoche 12 | 22.06.2012

Manuel P. Nappo, Studienleiter CAS Social Media Management an der HWZ, Chief Networking Officer bei Centralway. www.about.me/mpn

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haring is caring, but sometimes I don’t really care.Âť Das ist sicherlich fĂźr niemanden was Neues, aber fĂźr mich seit Kurzem etwas, das meine Blutdruckmesswerte in die Tiefe sacken lässt. Grund dafĂźr ist akutes Desinteresse, wenn in meiner Timeline gerannt und gelaufen wird und Kilometer, Kalorien und Zeiten verglichen werden. Wer mir auf Twitter folgt oder mein Freund auf Facebook ist, weiss, dass ich wie ein Weltmeister teile. Gerne auch Inhalte Ăźber mich selber, wo ich bin, was ich hĂśre, was ich schaue und Ăźberhaupt. Wenn ich eine Bar besuche, checke ich mich auf Foursquare ein. Schaue ich einmal mehr meine Lieblingsserie ÂŤFriday Night LightsÂť, erfahren das meine Social-Web-Freunde dank der GetGlue-App. Und an und wann landet auch der Sushi Toni aus San Francisco auf Instagram. Das stillt den Hunger. Den Hunger sein BeďŹ nden kundzutun. Was nach dem leeren Teller kommt, will ich nicht mehr wissen. Ich will nicht wissen, wer sie wann wo und wie abtrainiert. Nicht mein Käse – um beim

kulinarischen Wortschatz zu bleiben. Apps wie Runkeeper, Gadgets wie das Nike Fuelband und die High-Tech-Personenwaagen von Withings zwingen mich jedoch dazu. Mit Runkeeper in meiner Timeline hat es angefangen. Ich habe erfahren, wann einer meiner Freunde zum Jogging aufgebrochen ist, welche Route er rannte, wie schnell und wie unglaublich ďŹ t er war. Seither rennt, schwimmt und läuft es sich rauf und runter in meiner Timeline. Letzer Eintrag: XY just completed a 1.49 km walk. Ich applaudiere. Das kann man Ăźbrigens tatsächlich. Es gibt ein Live Tracking, wo man die Sportler mit einem Klick anfeuern kann. Wer beim Rennen zu sehr um Luft ringen musste, hat sich mittlerweile aufgemacht in den nächsten Kampf: Nike Fuelband, ein Armband, welches die tagtäglichen Bewegungen aufzeichnet, diese in Fuel-Punkten ausweist und mit Freunden im Social Web vergleicht. Dies scheint tatsächlich einige Leute anzuspornen, sich mehr zu bewegen. Ein spielerisches Gadget, das einige frustriert und den anderen bestätigt, dass sie kĂśrperlich aktiv sind. Also eigentlich etwas, das niemand wirklich braucht. Wer nicht nur mitteilen mĂśchte, wie ďŹ t er ist, kann auch seine Gesundheit mit anderen teilen. Der Hersteller Withings hat sowohl eine Personenwaage wie auch ein Blutdruck-Messgerät mit Wi-Fi auf dem Markt. Die Werte werden direkt auf den PC, das

Foto: Keystone

Mein Haus! Mein Auto! Mein Blutdruck!

Smartphone oder Tablet ßbertragen und kÜnnen von dort aus mit der ganzen Welt geteilt werden. Aus medizinischer Sicht dßrfte sicherlich das BlutdruckMessgerät interessant sein. Im Social Web habe ich bisher von meinen Freunden weder das aktuelle Gewicht noch den Blutdruck erfahren. Ich warte eigentlich nur darauf, dass es in Kßrze Rankings von den besten Blutdruckwerten der Community gibt. Ich habe jetzt rund 3 000 Zeichen geschrieben, was einem nicht nennenswerten Kalorienverbrauch entspricht. Gleich werde ich mich fßr eine unbekannte Anzahl von Kilometern aufs Laufband begeben. Wer mÜchte, darf vorbei schauen und mich vom Laufbandrand aus anfeuern. Ich werde nicht auf das Display meines Nachbars schielen, um mich mit ihm zu vergleichen. Mein Blutdruck wird unweigerlich ansteigen, und der Zeiger der Personenwaage schweigt ßber das, was nur er und ich wissen.

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