Unternehmenskultur

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MARKETING & KOMMUNIKATION

werbewoche 11 | 19.06.2015

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Erfolgskriterium Unternehmenskultur oder auch «don’t f*** up the culture» Manuel P. Nappo, Studienleiter CAS Social Media Management HWZ (Hochschule für Wirtschaft Zürich). www.fh-hwz.ch/smm

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an Francisco. Eine amerikanische Metropole, voller Sehenswürdigkeiten und Impressionen. Und genau neben dieser eindrücklichen Millionenstadt liegt, auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar, das in der Welt der Wirtschaft so berühmte Silicon Valley. Auch dieses Jahr stürzte ich mich mit den Teilnehmern des Studiengangs Digital Leadership in das heiss begehrte Mekka aller Start-up-Unternehmen. Das Silicon Valley ist jedoch nicht nur «yeah, awesome und amazing» und schon gar kein Paradies, denn neun von zehn Start-ups scheitern. Etwa genau wie nach Charles Darwins Evolutionstheorie «survival of the fittest»: Nur die bessere und stärkere Idee bekommt die Millionenfinanzierungen und überlebt. Nach all diesen inspirierenden Besuchen bei Unternehmen wie YouTube, Mozilla und Uber habe ich so einiges für mich auf den Weg genommen; und dabei ein Stichwort ganz besonders: Unternehmenskultur. Die heutige Digitalisierung führt dazu, dass grundsätzlich jeder Bereich des täglichen Lebens

den digitalen Einfluss deutlich spürt. Dies gilt natürlich auch für den Sektor der Unternehmenskultur. Durch die digitale Transformation werden traditionelle Modelle massiv und nachhaltig auf den Prüfstand gestellt. Ziel ist es heute jedoch, sich intern neu aufzustellen und Prozesse der eigenen und vielleicht bisher auch bereits erfolgreichen Unternehmenskultur neu zu überdenken. Für viele mag sich das vielleicht radikal anhören, für mich ist es eher evolutionär. Hierarchien werden aufgebrochen, Mitarbeiter werden in Entscheidungsprozesse eingebunden. Doch gar nicht so einfach, diese Gedanken in die Tat umzusetzen, oder? Trotzdem ist es möglich. Ein Unternehmen lebt meine persönliche Vorzeige-Unternehmenskultur ganz besonders: Das kalifornische Start-up-Unternehmen Airbnb. Im Silicon Valley traf unsere Study-Tour Roman Fuchs – einen von 180 Ingenieuren und 1000 Mitarbeitern von Airbnb am Hauptsitz in San Francisco (beziehungsweise 2000 Mitarbeiter an weltweit 22 Standorten) und der perfekte Insider für einen spannenden Blick hinter die Kulissen. Ihr kennt es bestimmt alle: Airbnb ist ein 2008 gegründeter Online-Community-Marktplatz für Buchung und Vermietung von Unterkünften aus aller Welt. Nun, was macht die Unternehmenskultur von Airbnb so erfolgreich? In den Anfängen ihrer Karriere erhielten die Gründer von ihrem Investor mit der Aussage «don’t fuck up the culture» den Hinweis, dass viele Start-ups zuletzt meist an internen Gründen scheitern. Geprägt durch diese Aussage legt Airbnb seit

dem Beginn einen starken Fokus auf die eigene Unter nehmenskultur. In einer Nachricht an seine Mitarbeiter schreibt der Mitgründer und CEO Brian Chesky: «Culture is a thousand things, a thousand times. It’s living the core values when you hire; when you write an email; when you are working on a project; when you are walking in the hall. We have the power, by living the values, to build the culture.» So werden auch die Mitarbeiter bei Airbnb gezielt ausgewählt. Bewerber haben neben fünf fachlich ausgerichteten Interviews auch zwei zum Thema «cultural fit» und «core values». Die Kandidaten können in ihrem Gebiet demzufolge Experten sein, aber schlussendlich an der Kultur scheitern. Mir gefällt die Aussage von Brian Chesky. Die Unternehmenskultur ist eine Manifestation der wahren Werte einer Organisation. Sie kann von unschätzbarem Wert sein, wenn sie gut ist und ein unüberwindliches Hindernis, wenn sie nicht vorhanden ist. Eine aufrichtige interne Kultur zu entwickeln, braucht Zeit und dies ist zugleich auch das Problem, denn viele Unternehmen sind nicht bereit zu warten und fokussieren sich lieber auf Ziele, die greifbarer und schneller zu erreichen sind. Gerade weil sie aktiv gestaltet werden muss, ist sie so wertvoll und wird zu einem möglichen strategischen Vorteil. Oder wie es so schön bei Airbnb heisst: «Problems will come and go. But culture is forever.»

Kino hat einen grossen Plan! Florian Weischer, Geschäftsführer WerbeWeischer

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in Blick auf die täglichen Nachrichten über Armut, Flüchtlinge und soziale Benachteiligung in vielen Ländern zeigt: Es läuft ziemlich viel schief in dieser Welt. Nur reden und lamentieren aber hilft nicht – es muss gehandelt werden, dachten sich einige kluge und einflussreiche Köpfe rund um den britischen Filmproduzenten Richard Curtis (der uns Kinogängern bestens bekannt ist als Kopf hinter einem guten Dutzend unserer Allzeit-Favoriten im Kino wie zum Beispiel «Vier Hochzeiten und ein Todesfall», «Mr. Bean», «Notting Hill» oder «Bridget Jones»). Da diese Köpfe den Zustand der Welt aber nicht nur für deutlich verbesserungsbedürftig, sondern auch für verbesserungsfähig halten, gründen sie mit Unterstützung der Uno das «Project Everyone». Ziel der Initiative: verbindliche Ziele für die weitere Entwicklung der Welt formulieren, die dazu beitragen sollen, das Leben auf unserem Planeten nachhaltig zu verbessern und zu sichern. Im Kern des Project Everyone stehen Gesundheit für die Menschen, Bekämpfung der Armut in der Welt, Schutz der Umwelt und Nachhaltigkeit.

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Eine wesentliche Aufgabe dieses Projekts ist es auch, nach dem Start der Kampagne mit dem Motto «We have a plan» am 25. September dieses Jahres innerhalb von 7 Tagen rund 7 Milliarden Menschen auf der Welt mit diesen Anliegen zu erreichen. Es soll also eine wirklich globale Kampagne entstehen, die die Chance hat, nahezu jeden Menschen auf dem Erdball anzusprechen. Bewohner von Wohlstandsstaaten denken da wahrscheinlich sofort, dass das doch nur Facebook und Fussball wirklich können. Doch darauf komme ich gleich nochmal zurück. Nun, als Filmemacher liegt es für Richard Curtis nahe, sich über die Rolle des Kinos in einer globalen Kampagne Gedanken zu machen. Und zum Glück sind die Kinovermarkter aus allen Kontinenten in einem internationalen Verband, der SAWA (Screen Advertising World Association), vereint. Damit lässt sich ohne weiteres eine globale und synchron getaktete Kampagne in allen Ländern mit Kinos (also fast überall) realisieren. Als mir im Oktober 2014 in meiner Eigenschaft als SAWA-Präsident diese Idee zugetragen wurde, war schnell klar, dass wir uns hier engagieren müssen. Denn: Wir sind das einzige globale Medium, vielleicht abgesehen von YouTube, das bewegte Bilder zentral gesteuert um die Welt schicken kann. Bei der emotionalen Kraft, die Kino entfalten kann, sind wir gefordert, uns einzubringen. Innerhalb weniger Stunden haben die SAWA-Mitgliedsfirmen Werbezeit für mehr als 15 Millionen

US-Dollar bereitgestellt, um die Kampagne als «Founding Partner» von Project Everyone zu begleiten. Natürlich auch in der Schweiz. Jetzt im Juni wird der grosse Spot dazu bei den Cannes Lions – dem Mekka der Werbewelt – vorgestellt. Kein Geringerer als die Werbelegende Sir John Hegarty hat es übernommen, den kreativen Teil der Kampagne beizusteuern. Wir sind sehr gespannt, wie der Werbefilm zu diesem ambitionierten Anliegen aussehen wird. Ich denke, es wird kein FussballThema sein. Nicht wegen der aktuellen Entwicklungen in der Fifa, nein, hier geht es wirklich um die gute Sache und nicht um den Sport. Als Austragungsländer können und sollen alle teilnehmen, und wir verkneifen uns auch jede Überhöhung dieses Anliegens, das einige schon als die Neuauflage der 10 Gebote bezeichnet hatten. Das würden wir dann doch den Kirchen überlassen, jetzt, wo der Blatter Joseph im Abstieg begriffen ist ... Meine Einschätzung: Die Kreation wird mit Tiermotiven arbeiten, um das Kampagnenthema zu transportieren. Damit kann man fast alle Menschen emotional erreichen, und vielleicht trauen ja manche den Tieren eher die Rettung der Welt zu als uns Menschen. Wie auch immer: Hoffen wir, dass diese globale und interaktive Kampagne Erfolg haben wird und möglichst viele Menschen von den Zielen des Project Everyone überzeugen kann. Das ist jedenfalls ein wunderbarer und wirklich grosser Plan!

17.06.15 16:28


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