amatom 34: ein Magazin von und für kritische, junge Mediziner*innen

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amatom 34 Herausgegeben von der IPPNW – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung | Ausgabe 2022 | Spende 1 Euro

ein Magazin von und für kritische, junge Mediziner*innen

Atomwaffen sind verboten!

Themen: Deutschland und der Atomwaffenverbotsvertrag | Moral in Zeiten der Krise | Antirassismus im Gesundheitswesen | IPPNW-Studierende …


Inhalt 2 Inhalt und Impressum 3 Editorial 4 Deutschland und der AVV – unter welchen Bedingungen wäre ein ­Beitritt möglich? 5 Atomwaffen sind illegal. Die Proteste in Büchel 2021 7 Was ist das grüne Bottwartal? 2021 fand der erste deutschlandweite #Run4Ratification statt 9 Atomwaffen und die IPPNW in den Niederlanden 11 Notes of Russian young doctors 13 IPPNW Jahreshauptversammlung 2021 in der WG-Küche 15 Statement zur Öffnung der IPPNW für andere (medizinische) Berufsgruppen 16 Berichte aus den Studigruppen 18 Treffen der Jungen IPPNW in Gräben 2021 19 Der Journal Club Antirassismus im Gesundheitswesen: Warum die Medizin diesen blinden Fleck bekämpfen muss 21 Gedanken zu Horst-Eberhard Richter: „Moral in Zeiten der Krise“ 23 Ansprechpartner*innen und Adressen

Impressum Redaktion: Gesa Baum (Oldenburg), Sophia Christoph (Homburg), Ewald Feige (Berlin), Christoph Müller (Hannover), Alexej Silenko (Homburg). Anschrift: der amatom, c/o IPPNW, Körtestraße 10, 10967 Berlin, Tel. 030/698 074-0, Fax 030/6938166. Verleger: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs/Ärzte in sozialer Verantwortung e. V., Körtestraße 10, 10967 Berlin. Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN DE39 1002 0500 0002 2222 10, BIC BFSWDE33BER Gestaltung: Samantha Staudte, Tim Jech. Bilder: nicht gekennzeichnete: privat oder IPPNW-Archiv. Druck: ddl-berlin.de, DruckereiDienstLeistungen, Berlin, Papier: Circle matt, Recycling & FSC. Auflage: 4.000, erscheint jährlich, für studentische ­Mitglieder der IPPNW kostenlos. Nachdrucke bedürfen der schriftlichen Genehmigung. V.i.S.d.P.: Ewald Feige


Editorial Corona ist in aller Munde und auch die amatom-Redaktion hat damit zu ­kämpfen. So mussten auch in diesem Jahr die Redaktionskonferenzen online stattfinden, aber viel schlimmer: die letzte Ausgabe Nr. 33 ist leider kaum verteilt worden, weil auch die Uni nicht in Präsenz stattfand. Dabei ist uns doch bei aller zusätzlichen Kraftanstrengung eine sehr schöne Ausgabe gelungen, als Schwerpunkt „30 Jahre deutsche Einheit“ unter dem Aspekt der IPPNW-Geschichte in beiden deutschen Staaten und internationaler IPPNW-Arbeit. Insofern wundert Euch bitte nicht, wenn die Ausgabe Nr. 33 dieser neuen beiliegt. Im neuen amatom haben wir größtenteils auf das Thema Corona verzichtet, weil derzeit viele wichtige Themen in der öffentlichen Wahrnehmung leider verschwunden sind, oder zumindest kaum Bedeutung erlangen. Dazu gehört auch der Atomwaffenverbotsvertrag, der am 22. Januar 2021 endlich in Kraft getreten ist. Inwieweit Deutschland diesem Vertrag in Zukunft nachkommen wird, ist nach den Bundestagswahlen offen – aber die neuen Kräfteverhältnisse lassen zumindest die Hoffnung aufkeimen, dass hierzulande frischer Wind in die Debatte wehen wird… Wir werden jedenfalls unser Möglichstes dazu tun! Eure Redaktion & Euer Dr. Amatom


Deutschland und der AVV – Unter welchen Bedingungen wäre ein Beitritt möglich?

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it dem Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags (=AVV) am 22. Januar 2021 durch die Ratifikation von Honduras als 50. Staat wurde dieser Anfang dieses Jahres auch in den deutschen Medien wieder häufiger thematisiert. Jedoch ist der Beitritt Deutschlands zum AVV derzeit ein noch eher unwahrscheinliches Zukunftsszenario. Dies ist insbesondere interessant, da die Zustimmung zu diesem Vertrag in der deutschen Bevölkerung als sehr hoch anzunehmen ist. Laut einer durch Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie aus diesem Jahr würden nämlich 92 % 1 der Deutschen einen Beitritt befürworten. Somit soll sich dieser Artikel mit folgender Frage beschäftigen: Unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen könnte Deutschland den AVV unterzeichnen, beziehungsweise genauer gesagt, ratifizieren? Eine Unterzeichnung wäre nämlich sofort möglich, für die Ratifikation müssten jedoch noch Gesetze geändert werden. Der augenscheinlichste Punkt, der zu ändern wäre, ist der Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe im Rahmen der NATO-Mitgliedschaft, zu der unter anderem die Lagerung US-amerikanischer Atomwaffen, die Bereitstellung von Flugzeugen und Raketenträgersystemen für diese Waffen und generell das Recht zur Mitbestimmung beim Thema Nuklearwaffen gehören. Ein derartiger Ausstieg hätte natürlich auch gewisse Folgen. Es wäre sehr wahrscheinlich, dass die US-Nuklearwaffen, die derzeit in Deutschland lagern, einfach von anderen europäischen NATO-Mitgliedern übernommen werden. Beispielsweise bot Polen schon einmal an, diese übernehmen zu können, wie die amerikanische Botschafterin Polens berichtete 2. Dies würde jedoch der Zusicherung der NATO gegenüber Russland im Rahmen der Osterweiterung ­widersprechen, keine Atomwaffen auf dem Staatsgebiet der neuen Mitgliedsstaaten zu stationieren. Des Weiteren würde die NATO bei einem Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe von Deutschland wahrscheinlich auch eine gewisse Kompensation fordern3. Dies könnten zum Beispiel Investitionen in die konventionellen Abschreckungsfähigkeiten sein, wie nicht-nukleare Raketensysteme oder Raketenabwehrsysteme. Ganz grundsätzlich besteht innerhalb der NATO schon die Meinung, dass der Beitritt zum AVV nicht mit der Mitgliedschaft in der NATO vereinbar sei. Jedoch wurde im aktuellen strategischen Konzept aus dem Jahr 2010 festgehalten, dass die NATO zwar

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eine nukleare Allianz ist, solange auch Nuklearwaffen existieren, dass diese Organisation sich aber gleichzeitig für eine atomwaffen­ freie Welt einsetzt 4. Außerdem werden Atomwaffen, beziehungsweise die Notwendigkeit deren Besitzes oder Verwendung, an keiner Stelle NATO-Gründungsvertrag erwähnt. Somit gibt es kein handfestes Argument, das ausschließt, dass ein NATO-­Mitglied den AVV unterschreibt und ratifiziert. Überdies wird im Artikel 1 des AVV nicht nur die Stationierung von Atomwaffen, sondern auch deren Entwicklung, Testung, Herstellung und Erwerb verboten 5. Was bedeutet dies aber nun genau? Es müssten Gesetze so geändert werden, dass sich deutsche Firmen und Banken nicht mehr an der Herstellung von Atomwaffen oder den dazugehörigen Trägersystemen beteiligen oder diese finanzieren können. Dies betrifft beispielsweise deutsche Niederlassungen der Division „Defence and Space“ des Airbus Konzerns, die an der Herstellung von Trägerraketen für französische Nuklearsprengköpfe beteiligt sind. Weiterhin würden von diesen Gesetzesänderungen eben voraussichtlich auch deutsche Banken und Kreditinstitute betroffen sein, die ­größere Kredite an Firmen wie Airbus, Boeing, BAE Systems, Safran, Raytheon und viele andere vergeben, die mit diesen Geldern die Entwicklung und Produktion von Atomwaffen finanzieren. Das betrifft die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Allianz, den Siemens Konzern und die Landesbanken von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen-Thüringen6. Diese Kreditinstitute müssten durch entsprechende Gesetze dazu gebracht werden, ihre Investitionen zu beenden. Somit kann man zusammenfassen: Eine Unterzeichnung und Ratifikation des AVV durch Deutschland bringt sicher einige Herausforderungen mit sich und ist auf alle Fälle mit deutlich mehr Aufwand verbunden als bei einem Staat, der sich schon in der Vergangenheit eindeutig gegen Atomwaffen entschieden hat. Jedoch bestehen auch keine unüberwindbaren Schwierigkeiten und mit genügend (politischem) Engagement wäre ein Beitritt zum AVV ohne Weiteres sicherlich möglich. Und wenn man sich jetzt die bereits am Anfang des Artikels erwähnte sehr hohe Zustimmung zum AVV innerhalb der deutschen Bevölkerung noch einmal ins Bewusstsein ruft, ist es ja eigentlich sehr verwunderlich, warum Deutschlands Unterschrift nicht schon längst unter diesem ­Vertrag steht.


Fußnoten 1 Greenpeace e.V. (2020). Greenpeace-Umfrage zu Atomwaffen und Atomwaffenverbotsvertrag. Abgerufen am 31. 07. 2021 von https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/­ publications/umfrage_atomwaffenverbotsvertrag__0.pdf 2 Carstens, P. (17. 05 2020). Sollen amerikanische Atomwaffen künftig statt in Deutschland in Polen lagern? Frankfurter Allgemeine Zeitung.

5 United Nations (Hrsg.). (07.07.2017). Abgerufen am 31.07.2021 von Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons: https://undocs.org/A/CONF.229/2017/8 6 PA X Niederlande. (01 2020). Abgerufen am 02. 08. 2021 von w w w.dontbankonthebomb.com: https://w w w.dontbankonthebomb.com/investors/

3 Roberts, B. (6 2021). BAKS - Arbeitspapier - Deutschland und die Nukleare Teilhabe der NATO. (B. f. Sicherheitspolitik, Hrsg.) Abgerufen am 31. 07. 2021 von https://www.baks.bund.de/sites/ baks010/files/arbeitspapier_sicherheitspolitik_2021_7 4 Heads of State and Government at the NATO Summit in Lisbon 19.-20.11.2010. (NATO, Hrsg.) Abgerufen am 31. 07. 2021 von Strategic Concept for the Defence and Security of the Members of the North Atlantic Treaty Organization: https://www.nato.int/ nato_static_f l2014/assets/pdf/pdf_publications/20120214_ strategic-concept-2010-eng.pdf

Der Autor

Christoph Müller, 9. Fachsemester, Medizinische Hochschule Hannover. christoph.muellerwabro@gmx.at

Atomwaffen sind illegal. Die Proteste in Büchel 2021 Jedes Jahr gibt es im Juli Proteste und das Friedenscamp in Büchel, dem Ort in Rheinland-Pfalz, wo 20 US-amerikanische Atombomben abschussbereit lagern. Doch dieses Jahr waren sie besonders. Besonders wichtig. Besonders bunt. Besonders sportlich. Aber von vorn.

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m Januar dieses Jahres trat der Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Kraft und wurde somit zu geltendem internationalen Recht. Und dieses internationale Recht erklärt Atomwaffen für illegal. Von diesem Meilenstein beflügelt erlebten die Proteste in Büchel dieses Jahr besonderen Rückenwind: Deutschland boykottiert einen rechtskräftigen UN-Vertrag. Das ist Fakt – und es ist so eine greifbare Aussage. Viel greifbarer als die totgeschwiegenen Atomwaffen auf dem Gelände des Fliegerhorsts. Denn auf diesen Boykott kann nun verwiesen werden: Deutschland weigert sich, eine UN-Vertrag beizutreten, der Atomwaffen ächtet. Diese Aussage ist gleichzeitig auch eine schwere Anklage an die Bundesregierung und gibt den Protesten in Büchel mehr Gewicht. Übrigens hatten schon im Januar, kurz nach dem ­Inkrafttreten des AVV, Aktivist*innen vor dem Haupttor einen Schilderwechsel vorgenommen. Nun warnen und mahnen dort

die Worte „­ Achtung Massenvernichtungswaffen – Atombomben sind seit heute ­verboten!“.

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Und genau wegen eben jener Bomben ist Büchel, das Protestcamp in Büchel, ein unglaublich paradoxer Ort. Die friedliche Atmosphäre im Protestcamp scheint dem Anlass des Protests vollkommen zu widersprechen, schließlich lagern auf der einen Seite des Zaunes Massenvernichtungswaffen, mit denen NATO Manöver geübt werden. NATO Manöver, deren Ziel auch der Einsatz und Abwurf dieser unmenschlichen Waffen ist. Und auf der gegenüberliegenden Seite kommen Menschen verschiedenster Generationen und Hintergründe zusammen, die lachen, diskutieren, tanzen und gemeinsam kochen, sich gegenseitig inspirieren. Diese Vielfalt war auch dieses Jahr spürbar. Bereichert wurde das Camp dabei auch wie letztes Mal von Sachiko Hara: In Kooperation mit der Universität der Künste konnte in Büchel die bewegende Aufführung „Büchel, we claim your space!“ entstehen. Studierenden aus Berlin und Campteilnehmer:innen waren daran gleichermaßen beteiligt und entwickelten gemeinsam die Aufführung. Neben den politisch-sachlichen Workshops, in denen über den AVV und Friedenspolitik gesprochen und gestritten wurde, konnte das Theaterstück die Zuschauer:innen auf einer anderen, emotionaleren Ebene abholen. Dies gelang zum Beispiel durch eine szenische Darstellung der Strahlenkrankheit.

Ebenfalls zum kulturellen Programm gehörte ein anderer, bunter Aspekt Büchels, der seit einigen Jahren dort nicht mehr fehlen darf: Der Auftritt der Nuke-Girls! Im strömenden Regen tanzte fast das gesamte Protestcamp zu den drei Hits „Raus aus Büchel“, „Ban the Bomb from Netherlands“ (eigens geschrieben für einen internationalen Auftritt in Volkel, NL) und „Zeit zu handeln“. Die Stimmung unter den Zuschauern war bombig und niemand störte sich daran, dass bei der Zugabe dieselben Lieder immer wieder gespielt wurden. Im Gegenteil – fast alle Teilnehmenden, jung und alt, stürzten sich in den Regen, um gemeinsam den Ulmentanz zu tanzen. 1 Jedes Jahr entschließen sich auch immer einige Aktivisti, in ihrem persönlichen Protest noch einen Schritt weiter zu gehen und eine Aktion zivilen Ungehorsams durchzuführen. Das hat in der Vergangenheit bereits zu einigen Gerichtsprozessen geführt,

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mit denen die mediale Aufmerksamkeit ein Stückchen mehr auf Büchel gelenkt werden konnte. Dieses Jahr wurden alle drei Tore zum Fliegerhorst gleichzeitig blockiert. Eine Gruppe sorgte bei der Polizei für besondere Verwirrung, und zwar mit einem 4 Meter hohen Tripod. Die Tripods finden mittlerweile bei vielen Waldbesetzungen Verwendung und stellen für die Polizei eine besondere Herausforderung dar: Sie dürfen aus Sicherheitsgründen nicht einfach so geräumt werden. So konnte die Blockade des Tors der Räumung durch die Polizei etwas länger standhalten. An einem anderen Tor wurde übrigens Lachyoga gemacht, auch eine kreative Form des Protests. Und zuletzt war der Protest in Büchel dieses Jahr auch sehr sportlich: Jedes Jahr gibt es die Friedenswanderung, die ­circa 3 Kilometer am Zaun des Fliegerhorstes vorbei führt. Doch auch schon die Anreise war für einige Protestierenden mit viel Bewegung verknüpft. Denn dieses Jahr wurde eine Fahrradsternfahrt organisiert, unter dem Motto „Bikes not Bombs“. Sie führte von Bonn, Mainz oder Trier beginnend teils über Koblenz nach Cochem und schließlich nach Büchel. Viele Radler:innen machten sich auf, die Strecken zu bewältigen und sportlich gegen Atombomben zu


protestieren. Sie legten dabei Wege von bis zu 150 Kilometern zurück. Außerdem wurde auch in Büchel der #run4ratification fortgeführt, der früher in diesem Jahr von uns IPPNW Studis organisiert wurde – zwei sportbegeisterte junge Menschen (unter anderem die Autorin dieses Textes) machten sich am Samstag auf, um in einer 15 Kilometer langen Tour den Fliegerhorst joggend zu umrunden. Und waren erfolgreich. Wenn man zum Abschluss des Protestcamps sagt „bis nächstes Jahr“ oder „Auf Wiedersehen!“, so geschieht das meist mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend weil es so schön ist, sich wieder zu sehen und gemeinsam kreativ und energetisch zu protestieren. Und weinend, weil man ja eigentlich hofft, dass es nächstes Jahr keinen Grund gibt, um wieder kommen zu müssen, dass Deutschland endlich dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt. Die Redaktion des Amatoms sagt: Bis nächstes Jahr, Büchel! :’) Sophia Christoph

Was ist das Grüne Bottwartal? 2021 fand der deutschlandweit erste #Run4Ratification statt. Mittlerweile kann man ja wieder rausgehen und sich mit Freunden treffen. Im Winter 2020 war das aber so gar nicht möglich. Vor allem nicht für mich, weil ich währenddessen mein Erasmus in Brüssel verbrachte, einer Stadt, die verhältnismäßig hart vom Coronavirus und schließlich auch vom Lockdown betroffen war. In der Fremde isoliert zu sein ist nicht schön, und damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt, ging ich in Brüssel mehrmals die Woche laufen. 5, 8, 12 Kilometer belgischer Landschaft zogen so fast Tag für Tag an mir vorbei. Ich wäre gern politisch aktiver gewesen, ich hätte gern vor dem EU Parlament demonstriert, ich hätte mich gern mit Freunden getroffen.

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n einer Videokonferenz mit unserer Studigruppe aus dem Saarland, kurz nach meiner Wahl zur Studisprecherin im November, kam dann die Idee auf, das Laufen mit dem Wunsch nach einem vernünftigen Sozialleben und mehr politischem Engagement zu verknüpfen. Einen Lauf wollten wir veranstalten. Am liebsten vor Ort und mit „echten Menschen“, aber während Corona mussten wir auf das online-Format, einen

virtuellen Lauf, zurückgreifen. Rückblickend betrachtet zweifle ich nicht an unserem Elan, eine sportliche Großveranstaltung zu organisieren, wohl aber an den Mitteln. So gründeten wir eine Task Force, die sich um die Organisation kümmerte. Wir trafen uns online und aus der groben Idee „IPPNW-Sportevent Online-Lauf“ wurde der #Run4Ratification.

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Ein Lauf für den Frieden, gegen Atombomben in Büchel und für Deutschlands Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV). Ein paar ursprüngliche Ideen, wie die geplanten gratis T-Shirts für alle Teilnehmenden, mussten überdacht und verändert werden, wir arbeiteten uns ein ins Webdesign, erstellten eine WordpressPage und designten Logos und Sharepics. Am wichtigsten war uns dabei, dass Teilnehmer:innen keine Anmeldegebühr zahlen sollten – damit jede und jeder sich mit möglichst wenig Aufwand dem Lauf anschließen konnte. Wir einigten uns darauf, den #Run4Ratification von April bis Mai stattfinden zu lassen. Über vier Wochen hinweg sollten Teilnehmerinnen und Teilnehmer so viel laufen wie möglich und für ihre Ortsgruppe Kilometer sammeln. Gewinnen sollte das Team mit der größten Gruppengröße und das Team mit den meisten gesammelten Kilometern. Wir erhofften uns dadurch eine Art Schneeball-Effekt anzustoßen: Größere Gruppen sammeln mehr Kilometer, somit sollte der Lauf und letztlich der AVV bekannter werden. Außerdem schafft der Wettkampf zwischen Gruppen mehr Bewusstsein für die breite Unterstützung, die das Atomwaffenverbot in der Zivilgesellschaft erfährt. Ähnlich wie beim ICANStädteappell, der auch aufzeigt, welche Städte sich alle für den AVV aussprechen und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen lässt. Viele hochmotivierte Studis meldeten sich direkt an – mit einem gratis Shirt nur für die ersten 10 Anmeldungen – und liefen ab dem 22. April Kilometer für Kilometer für das Atomwaffenverbot. Wir konnten viele Anmeldungen aus Düsseldorf registrieren, ebenso meldete sich fast die komplette Womens‘ International League for Peace and Freedom an. Aber noch mehr Städte waren dabei: Hannover, Lübeck, Marburg, Tübingen, die Vulkaneifel… überall liefen Sportler:innen mit und rannten ihren persönlichen #Run4Ratification vor der eigenen Haustür. Irgendwann gingen so viele Anmeldungen ein, dass wir keine Finisher:innen-Packs mehr zum Versenden hatten!

Die Autorin

Sophia Christoph, Studisprecherin der IPPNW, 10. Semester Humanmedizin, Universität des Saarlandes. sophia.eg.christoph@web.de

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Besonders herausragend waren die Leistungen des Zweiergespanns aus dem Grünen Bottwartal: Die beiden liefen zusammen innerhalb von vier Wochen 851 Kilometer, das sind pro Woche pro Person ungefähr um die 100. Das sind Zahlen, die uns ins Staunen brachten und es drängte sich eine Frage auf: Wo ist dieses Grüne Bottwartal? Und warum sind die da so gut? Wie schafft man das? Leider blieb dieses Geheimnis bis heute (Stand Juli 2021) ungelüftet, da das Gewinnerteam bisher nicht auf Anfragen für ein exklusives Amatom-Interview einging. Zumindest konnte uns Wikipedia verraten, dass die Bottwar ein Nebenfluss der Murr in Baden-Württemberg ist und dass man dort in der Region gut wandern gehen kann. Übrigens: Schon während die Veranstaltung noch lief, wurde unsere Orga-Gruppe von ICAN International kontaktiert. Wir hatten also tatsächlich Wellen geschlagen. In gemeinsamen Gesprächen entwickelten wir eine Vision für ein internationales Event - das mag vielleicht für den einen oder die andere Laufbegeisterte:n ein kleiner Ausblick sein. Vor allem für die Profi-Läufer aus dem Bottwartal, aber auch für Düsseldorf, das sowohl bei den meisten Teammitgliedern als auch bei den meisten Kilometern auf Platz zwei lag. Auf Platz eins glänzte die saarländische Studigruppe mit 1581,06 gelaufenen Kilometern und 30 Teilnehmer:innen. Zugegebenermaßen hatten wir auch den kleinen Vorteil, viel mehr Menschen persönlich von unserem Lauf erzählen zu können – was wahrscheinlich zu mehr Anmeldungen führte. Aber im Grunde ist das auch egal. Denn der wahre Gewinn für uns alle wäre doch die erfolgreiche Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags durch die neue Bundesregierung! Und solange das noch nicht passiert ist, gehen wir weiterhin laufen. Gern auch einmal um den Fliegerhorst in Büchel herum.


Atomwaffen und die IPPNW in den Niederlanden In dem Moment, in dem ich das hier schreibe, ist es 76 Jahre her, dass die Atombombe auf ­Hiroshima fiel. Der 6. August ist immer ein Moment, um daran zu denken. Und da sind sie wieder, die Fakten: Das Hypozentrum wurde heißer als der Kern der Sonne. Alles im Abstand von einem Kilometer wurde direkt verkohlt. Die Druckwelle breitete sich dann mit einer Geschwindigkeit von mehr als 3km/s aus. Durch die Strahlung verbrannte Haut wurde durch den Druck vom Fleisch abgezogen. Noch bevor die Strahlenkrankheit sich manifestierte, waren bereits 80.000 Menschen ermordet worden.

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as sind die Fakten. Sie sind so unvorstellbar, so groß, dass es schwierig ist, sich etwas darunter vorzustellen, etwas dabei zu fühlen. Gleichzeitig sind die Erinnerungen der Üb erlebenden so heftig, dass ich mich frage, ob ich ein Fragment daraus zitieren soll. Ich tue es nicht, aber ich empfehle euch, diese im Ganzen zu lesen. Ich durfte einen solchen Augenzeugenbericht aus erster Hand vernehmen. Es war knapp, obwohl ich mit dem ersten Zug aus Amsterdam kam, kam ich beim ICAN Forum in Paris gerade noch rechtzeitig an (das war in der Zeit, als eine unerklärliche Lungenerkrankung durch China jagte, Europa sollte sie aber wohl nicht erreichen). Auf dem Podium saß Setsuko Thurlow. Sie war 13 als die Bombe fiel. Der Saal hing an ihren Lippen, es war so still, man hätte eine Nadel fallen gehört. Und es blieb still: Wie kann man weitermachen, wenn man so viel erlitten hat? Als ob sie unsere Gedanken gelesen hätte, kam sie mit der Antwort: „Wir müssen den Menschen deutlich machen, was es bedeutet, in einer nuklearen Welt zu wohnen. Wenn du das weißt, kannst du nicht anders, als aktiv zu werden.“ Diese Worte rufe ich mir regelmäßig zu Bewusstsein. Zum Beispiel, wenn ich gegenüber meinen Freunden mal wieder begründen muss, warum ich mich für eine atomwaffenfreie Welt einsetze. Freunde, die übrigens alle bei den Klimademos mitlaufen, Klimaerwärmung ist schließlich eine ernsthafte Bedrohung für unsere Zukunft. Ach ja, es ist (aber) auch kein schöner Gedanke, dass noch immer 13.400 Atomwaffen existieren. Die Sicherheitsstrategie lässt sich unter dem Motto „deterrence“ [engl. für Abschreckung, Anm. d. Red.] zusammenfassen, oder anders ausgedrückt: Wenn jemand von diesen Männern es will, dann haben wir einen Atomkrieg. Aber wenn du weißt, was das bedeutet, dann kannst du nicht mehr wegschauen.

Auch gegenüber der älteren Generation musste ich mich verteidigen. Im Anlauf auf die Parlamentswahlen hier im letzten März (bis jetzt gibt es immer noch keine Regierung) hängte ich Transparente bei uns in der Straße auf, die ich mit Mitbewohnern zusammen auf alten T-Shirts bemalt hatte. Eine Bombe und ein roter Buntstift neben einem Stimmkästchen, darunter: „Wie laat u winnen? Gebruik uw wapen.“ („Wen lassen Sie gewinnen? Machen Sie Gebrauch von Ihren Waffen“), waren darauf zu sehen. Ein anderes zeigt einen Atompilz in einer toten Landschaft. Darunter: „Veiligheid“ („Sicherheit“). Als ich dieses Banner aufhängte, lief ein Mann mit seinem Hund vorbei. „Atomwaffen? Das ist doch was von früher?“ Ja, dieses „früher“… Meine Eltern liefen mit bei den Protesten gegen Atomwaffen in den 80er Jahren, die größten Proteste jemals in den Niederlanden. Stell dir das dagegen heute mal vor. Deutschland ist vielleicht eine seltene Ausnahme, aber hier ist die Friedensbewegung ganz schön grau geworden. Um wieder auf die Höhe der Zeit zu kommen, „Make IPPNW Cool Again“, wie es in der letzten amatom-Ausgabe genannt wurde, haben wir einen Instagram-Account angelegt: @ArtsenVoorVrede (Ärzte für den Frieden). Da posteten wir unseren Wahlkompass für die Parla-

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Foto: Lize Kraan/PAX

mentswahlen. Und doch wird man schnell unsichtbar im Internet und die Sozialen Medien sind oft nicht ganz so sozial: Sie sind voll mit Polemik, Fake News und Lügen. Die gibt es ja schon zu Genüge in der Atomwaffenfrage. Als meine Eltern gegen die Aufstellung von Marschflugraketen demonstrierten, lagen schon lange Atomwaffen in Volkel, einer Luftwaffenbasis 75km von Duisburg entfernt. Wie viele Niederländer wissen, dass sie da noch immer liegen? Dass sie sogar durch noch gefährlichere Exemplare ersetzt werden sollen? Da muss sich zuerst etwas verändern. Im letzten Jahr zog ich gemeinsam mit deutschen Medizinstudenten, die ich Büchel kennengelernt hatte, auf dem Fahrrad nach Volkel (Anm.d.Redaktion: ein Militärflugplatz der niederländischen Luftstreitkräfte). Dort gab es Redebeiträge u.a. von Greenpeace, dem Interkirchlichen Friedensrat (IKV), PAX und Politikern. Ich möchte das gerne in

Der Autor Dirk Hoogenkamp studierte Medizin in Amsterdam. Seit Juni 2021 ist er Arzt. Er ist Vorstandsmitglied von „NVMP-Artsen voor Vrede“, der niederländischflämischen Sektion der IPPNW. Außerdem ist er gemeinsam mit Ella Faiz europäischer Studierendensprecher der IPPNW.

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diesem Jahr wiederholen und am Tag darauf, dem 26. September, zu dem belgischen Militärflugplatz „Kleine Brogel“ fahren. Das ist die belgische Luftwaffenbasis mit amerikanischen Atomwaffen. Hier müssen sich die Deutschen, Niederländer und Belgier nämlich gegenseitig helfen: Nukleare Teilhabe ist ein Problem, das uns alle angeht. Und so lange die Massendemonstrationen der 80er Jahre nicht zurück sind, müssen wir gegenseitig unsere Demos besuchen. Instagram ist gut und nett, aber wir dürfen nicht durch Zeitungen und Fernsehen ignoriert werden. Unsere Botschaft muss nämlich noch eine enorme Menge an Menschen erreichen. Das ist jetzt das wichtigste. Denn schließlich: Wenn du weißt, was es bedeutet, in einer nuklearen Welt zu leben, dann kannst du nicht anders, als aktiv zu werden.


Notes of Russian young doctors. Im Februar haben ein paar deutsche IPPNW-Studis die Initiative ergriffen und mit einigen Studis der russischen IPPNW Kontakt aufgenommen – um gemeinsam über politische und medizinische Themen zu diskutieren. Wir fragten sie, ob sie Lust hätten, uns etwas über ihr Leben und Wirken als junge Ärzt*innen zu erzählen. Hier kommen sie zu Wort:

It is always nice to read short stories about people’s lives from different countries. And we have got this opportunity as writers.

Svetlana Filatova, 23

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ard to imagine a more accurate theme for history. Carpe diem. I’m a PA (Physician Assistant, Anm. d. Red.) now. And we are vaccinating people.

7:45 am: I go into the department. Coming 15 minutes before the start of the working day is enough to have time to prepare for work, but not enough to get ahead of people with insomnia – a small queue has already gathered in the corridor. In the treatment room, I begin to prepare voluntary consent forms for vaccination. The old Minsk refrigerator rattles plaintively in the corner, reminding me to check the number of ampoules of Sputnik. 8:00 am: We perform about 70 examinations before the vaccinations and about the same number of vaccinations per day in the ambulatory care. The most common contraindication is an exacerbation of chronic diseases or ARVI (Acute respiratory viral infection, Anm. d. Red.) -vaccination in this case is carried out 2-4 weeks after the onset of remission. After a pastime paradise in the queue, the vaccination will not take place and you will have to return in a month – I am not carrying this "joyful" news to the patient (thanks to the head of the department), this is done by the GP who conducted the examination. 12:00 pm: Destroying myths is not part of my professional duties.

But this is an integral part of my work. The tricky question: What can affect the patient’s level of knowledge in such an area like medicine? Education level? Internet access? Age? Area of residence? Answer: none of the above. Life is complicated and unpredictable, and sometimes you are not able to guess from whom you will hear the next tricky question. For example: -Are there microchips in the vaccine? My best today. 4:00pm: I open the empty (like my bank account) refrigerator and take out the broccoli. I have 20 minutes for lunch. Hiding in the far corner of the residents` office, I watch my colleagues who have just returned from the village of Knyazhevo. The mobile vaccination point visits remote enterprises of the district for on-site vaccination. Chewing on the god-awful vegetable, I calculate the time required to fill out the documentation. Each stage must be entered in the registry. Only after that it is possible to get a QR code. Pulling the mask up to the eyes and putting on glasses (the shiny forehead and shadows under the eyes have not made anyone handsome yet), I return to work. 7:45 pm: The security Officer looks at me reproachfully: The clinic closes in 15 minutes, and I'm still at my workplace. Turning off the computer with one hand, and swiping my things into my backpack with the other, I rush to the exit. My haste is not unreasonable – I have already been locked on the floor several times. When I leave work, I try my best not to run, so it takes only 6 minutes to get home. But no matter how fast you run, you will not escape from fate. Direct proof of this are the windows of my apartment, facing the 7-storey building in which I spent the last 12 hours. Through these windows, I can see the purple light of the bactericidal lamp of the treatment room. The very office in which I will appear tomorrow at 7: 45.

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Ekaterina Schelkanovtseva, 26

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'd like to tell you about one day of my life in a residency department.

Its location is the Chair of Internal Diseases, Sechenov University. Morning is the best part of the day for me. I’m in a hurry to commute to the hospital morning report conference on time. It takes me one hour to get there. There are normally lots of people here: from students to Doctors of Medicine. We’re discussing severe patients' cases and their treatment strategy, asking questions and exchanging the latest news. It feels like we’re a team having common goals – to help people and to support each other. Then I go to visit my mentor to discuss some challenging issues of science work. This is the most useful part of the day as I get really inspired and encouraged after our talks and obtain new knowledge. Sometimes I have classes with students because our educational program in residency includes learning hours. I like teaching because it helps me keep my mind straight and learn something new. The only thing is that I can't accept is how the traditional way of teaching in my country looks like. In my personal perception, we have quite an outdated book of Internal Diseases, and when students read it and discuss something, that looks boring. That makes me feel confused so I try to keep up with the current researches and innovate the learning process. My day is pretty busy and I continue with my work further on I am going to my work. They say business is equivalent to progress and success so I'm happy to have a busy lifestyle! I am a general practitioner in an outpatient hospital. We have to work because residents, students, PhD fellows in Russia have small scholarships and it is not enough to provide a proper living. But it's not a complaint at all and I love my job! I get excited communicating with people and helping them. In fact, I have a big number of interesting cases. I described a clinical case at an international conference and that was an eye-opening experience for me and an immense contribution to my future career.

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George Isaev, 25

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y hospital is situated in the center of Moscow. It’s a big clinic, which has a big number of different departments. We serve not only the Moscow region but all of Russia. I am a resident of the cardiology department. My day usually begins with checking the results of past day analysis and attending patients, after this it I write some observation papers and start preparing documents for the discharge of some patients. In the midday, we usually receive new patients. I examine them, make first prescriptions and tell them about our plans for their treatment. My supervisor and I have about 12–15 patients at one time. Sometimes it is a little hard to keep in mind all prescriptions and the day’s examinations of all patients, so I write it in my little notebook. After midday I start to do a “paper” job. We need to write a lot of documents for every patient. If somebody passed any examination, for e.g. echocardiography, EKG, I’ll interpret the patient's results. In my opinion, it’s really important to inform the patients about the process of their treatment. My work can be exhausting or sometimes monotonous, but for me, it’s the best thing which I possibly could do.

Elena Sukhanova, 25

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t is not enIt is not enough to have a diploma to become a doctor in Russia. You need to pass an accreditation, which will give you the opportunity to start our work as a GP for 5 years. The accreditation is an exam taken at the methodological center. The exam consists of three stages. Without passing one stage, you are not allowed to go to the next one, and it needs to be retaken. The first stage is a test of 60 questions with four possible answers. One is given 60 minutes to solve it. This stage should be held internal, but due to the pandemic this year it was held external. The test is considered as passed if more than 60 points are scored. The points of the first stage are converted to the 100-point system and can be used when you are submitting documents to the residency.


The second stage consists of samples on simulators: intravenous injection, medical examination, physical examination, cardiopulmonary resuscitation and emergency medical care. Each task should take a maximum of 10 minutes to complete. The examinee enters the room where the examiner is sitting behind a glass wall. He gives commands through a microphone and tracks the progress, giving a point for correctly executed items during the process.

The third stage is the solution of clinical cases. This is also a test, but with two tasks, each of which provides 12 questions with one possible answer. This task is also given an hour to complete – 30 minutes per task. This stage is considered completed if you answered more than 17 questions correctly.

IPPNW-Jahreshauptversammlung 2021 in der WG-Küche

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n Vor-Corona-Zeiten bedeuteten die Jahreshauptversammlungen meist einen gemeinsamen Ausflug mit der StudiGruppe, die Möglichkeit, den Namen aus den Emails Gesichter zuzuordnen, und inspirierenden Input durch die Vorträge und die Gespräche in den Pausen. Nach jeder Mitgliederversammlung hatten wir das Gefühl, den Verein etwas besser kennengelernt zu haben und auch ein Stückchen mehr dazu zu gehören. Nun, die Vor-Corona-Zeiten sind vorbei. Aber mittlerweile ist es ja auch schon wieder normal, dass alles anders ist. Im Vorhinein zu dieser zweiten online Versammlung im April 2021 waren wir eher skeptisch. Um das Wochenende nicht ganz alleine vor dem Laptop zu sitzen, haben wir es dann mit einem Brunch in der WG-Küche verbunden. Das Rahmenprogramm der Mitgliederversammlung hatte einen klaren Schwerpunkt: Maja Göpel, Politökonomin, Expertin für Klimapolitik und wissenschaftliche Direktorin von der Denkfabrik „The New Institute“, und Barbara Höhn, Energiebeauftragte für Afrika beim Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, sprachen über die Klimakrise und über den Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Kein klassisches IPPNW-Thema – oder doch? Im Anschluss an die Vorträge beschloss die Mitgliederversammlung durch eine Satzungsänderung, dass die IPPNW zukünftig auch zur Aufklärung über die durch die Klimakrise verschärften Konflikte beitragen soll. In den letzten Jahren wurde das bereits in einigen Projekt umgesetzt und die gemeinsam mit der KLUG (Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit) organisierten Vorträge von Frau Göpel

und Frau Höhn zeigen, dass es bereits enge Verknüpfungen zu den klimapolitisch aktiven Gruppen gibt. Doch ab jetzt steht dies auch in unserer Satzung. Außerdem wurde das Positionspapier des Vereins zum NahostKonflikt ausführlich vorgestellt - ein spannender Einblick in das Ergebnis einer über Jahre geführten Debatte im Verein. In den zahlreichen Workshops wurde die Vielschichtigkeit der IPPNW deutlich. Es gab unter anderem Workshops zu Fukushima, zu den Kriegen im Nahen und Mittleren Osten, zu der Kriminalisierung gesellschaftlichen Engagements und zu dem Atomwaffenverbotsvertrag. In dem Workshop von den MEZIS konnten wir die zukünftige Rolle von uns als Ärzt*innen und Studis diskutieren. Sowohl Arbeitsumfeld als auch -bedingungen werden sich wandeln - so viel steht fest. Offen bleibt die Frage, wie wir uns daran anpassen. Was werden neue Anforderungen und Hindernisse sein - und was neue Stärken? Woraus können wir lernen und woran werden wir scheitern? Wie wird sich das Feld der Medizin verändern und wie unser Zugang zu Heilung? Auch wurden verschiedene Konzepte von “Krankheit” als Begriff sowie dessen soziokulturellen Prägungen in den Raum gestellt und sowohl über mögliche Veränderungen als auch notwendiges Umdenken unsererseits gesprochen. Ganz klar war es den vortragenden Personen ein Anliegen, auch die individuelle Position zu stärken und an das eigene Mitwirken zu appellieren. Auch dem Input der Zuhörer*innen wurde genug Raum gegeben, um persönliche Meinungen und Erfahrungen auszutauschen und in einen – wenn auch virtuellen – Gesprächsdiskurs zu kommen.

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Obwohl der Atomwaffenverbotsvertrag gerade im Januar diesen Jahres in Kraft trat, wurde er im Plenum erst am Sonntag so richtig erwähnt. Dann aber mit globaler Unterstützung: Sechs bekannte Gesichter aus der internationalen IPPNW sprachen über ihre Erfahrungen, wie globale Friedensarbeit in Pandemiezeiten aussieht und wie der Vertrag zur globalen Abrüstung beitragen kann. Ein gelungenes Moment, auch um die Verbindung zur internationalen IPPNW-Föderation zu betonen und den deutschen Mitgliedern das große globale Netzwerk an Friedensaktivist*innen in Erinnerung zu rufen. Die Mitgliederversammlung beschloss nicht nur eine thematische Ergänzung der Satzung. Ab jetzt wird in der Satzung und im Namen der IPPNW eine gendersensible und diskriminierungsarme Sprache verwendet – eine vielleicht überfällige Anpassung, aber auch nicht die direkte Lösung der dahinterstehenden Probleme. Nur durch eine Satzungsänderung wird sich nicht viel verändern. Den Worten müssen nun Taten folgen. Das Gendersternchen sehen wir als stetige Erinnerung daran, dass wir in unserem alltäglichen Engagement auf Antidiskriminierung und Gleichberechtigung achten und uns laut dafür aussprechen. Die thematische Ergänzung der Satzung verstehen wir als Motivation, sich weiter mit der Klimaszene zu vernetzen und über den Zusammenhang zwischen Krieg und Klimakrise aufzuklären sowie die internationale Friedensarbeit als notwendige Voraussetzung für eine Lösung der Klimakrise zu betonen. Bei der nächsten Mitgliederversammlung wird es möglicherweise noch weitere Veränderungen geben, denn die Mitglieder haben den neuen Vorstand beauftragt, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie sich der Verein auch für andere in den Gesundheitsberufen arbeitenden Personen öffnen könnte.

Die Autorinnen

Stella Ziegler (im 4. Semester) und Franca Brüggen (im Praktischen Jahr)

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Apropos neuer Vorstand: Dieses Jahr hat sich dort einiges bewegt. Mit Daniel Öhler als Vorstandsmitglied und Friederike Bröderhausen als stellvertretender internationaler Counclerin wurden auch zwei neue junge Gesichter in den Vorstand gewählt. Neu dazugekommen sind außerdem Ute Rippel-Lau, langjähriges IPPNW und engagiertes ICAN Mitglied aus Hamburg, Ralph Urban, der Erfahrung aus seiner politischen Arbeit bei den Grünen mitbringt, und Robin Maitra, aktuell auch Menschenrechtsbeauftragter der Ärztekammer Baden Württemberg. Charlotta Conrad und Ute Waterman führen ihre wertvolle Arbeit im Vorstand fort. Zwei erfahrene IPPNW Persönlichkeiten haben den geschäftsführenden Vorstand übernommen – Lars Pohlmeier und Angelika Claußen. Die Mitgliederversammlung beschäftigte sich allerdings nicht nur mit Vereinsinterna und Vorstandswahlen. Sie richtete sich mit zwei Forderungen direkt an die Bundesregierung: Zum einen wurde die Bundesregierung aufgefordert, das Pariser Klimaschutzabkommen konsequent einzuhalten und damit verbunden eine sozial-gerechte und ökologische Energiepolitik umzusetzen. Zum anderen wurde die Unterzeichnung des AVVs gefordert. Als erste Schritte sollen der Artikel 6 des AVVs möglichst bald umgesetzt und die Opfer des Uranbergbaus in Deutschland entschädigt werden. Auch wenn sich der persönliche Austausch bei dieser MV größtenteils auf kurze Chat-Nachrichten während der Vorträge beschränkte und es kein abendliches Beisammensein gab, hat es sich trotzdem gelohnt, denn die Vorträge und Workshops waren lehrreich und auch dank der sehr gelungenen Moderation von Lukas Breuning konnten in der virtuellen Welt rege Diskussionen entstehen. Die Beschlüsse zeigen, dass sich der Verein verändert – strukturell und in der inhaltlichen Schwerpunktsetzung. Zeit für uns als Studierende, die Richtung dieser Veränderung mitzubestimmen. Wie soll sich der Verein weiter entwickeln? Was ist euch wichtig? Sammelt eure Ideen und bringt sie ein – bei der nächsten MV in Hamburg!


Statement zur Öffnung der IPPNW für andere (medizinische) Berufsgruppen Vor Verfassen dieses Statements haben wir in einer Umfrage ein Meinungsbild der Studis ­eingeholt bezüglich der Öffnung des Vereins. Die Umfrage umfasste folgende sechs Fragen:

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1. In welcher Studigruppe bist du aktiv? 2. Für welche Heilberufe sollte sich die IPPNW öffnen? 3. Was können deiner Meinung nach Vorteile der Öffnung sein? 4. Und was Nachteile? 5. Deine Meinung, Öffnung ja/nein? 6. Kommentare/Begründungen

4. Und Nachteile? In der Umfrage gab es drei wiederkehrende Argumente gegen die Öffnung der IPPNW. Ein Argument war der mit der Öffnung einhergehende Verlust des medienwirksamen Bildes als „weißer Block“ und eventuell damit einhergehend ein vermindertes Vertrauen in die IPPNW.

1. In welcher Studigruppe bist du aktiv? An unserer Umfrage haben sich insgesamt 22 Studierende aus 6 Studierendengruppen beteiligt. Dabei kamen ca. 36 % aus der Bochumer Gruppe, etwa 27 % aus Lübeck und 23 % aus Homburg. Zudem gaben Studierende aus Mainz, Tübingen und Würzburg ihre Meinung zur Öffnung der IPPNW ab.

Des Weiteren äußerte sich die Befürchtung, es könne zu einer Verwischung der Kernpunkte der IPPNW und zu einer Handlungseinschränkung durch heterogenere Meinungen kommen. Dies könne eine schlechtere Abgrenzbarkeit und die Gefahr des gegenseitigen Abwerbens von Mitgliedern anderer Gruppen mit sich bringen.

2. Für welche Heilberufe sollte sich die IPPNW öffnen? Aus den 86 % der Teilnehmenden, die sich für eine Öffnung der IPPNW gegenüber anderen Berufsgruppen aussprachen, waren alle (21) für die Inklusion des Rettungsdiensts, der Physiotherapie und der Krankenpflege. Geburtshilfe (19), Altenpflege (18) und OTA (19) wurden ebenfalls von nahezu allen bis auf einige wenige als potenzielle Beitrittskandidaten akzeptiert. Eine etwas geringere, aber dennoch mehrheitliche Zustimmung erhielten die HeilpädagogInnen (15), MTLAs (16) und LogopädInnen (17).

Außerdem würde sich die IPPNW-Bezeichnung verkomplizieren und die Namensänderung zusätzlichen Aufwand bedeuten.

3. Was können deiner Meinung nach Vorteile der ­Öffnung sein?

6. Kommentare/Begründungen

Häufig genannte Vorteile in der Umfrage waren, dass eine Öffnung ein offeneres und inklusiveres Auftreten zeigt und so das elitäre Bild von Ärzt*innen nicht weiter gefördert wird. So kann die gewünschte Interdisziplinarität in den Kliniken auch in Friedensorganisationen gezeigt werden, da auch hier nicht nur Ärzt*innen wichtig sind und viele verschiedene Blickwinkel mehr Vielfalt und neue Perspektiven repräsentieren. Weiterhin können mit einer Öffnung mehr Mitglieder gewonnen werden und so die Bedeutung und der politische Druck, der ausgeübt werden kann, wachsen.

5. Deine Meinung, Öffnung ja/nein? Die große Mehrheit der Studierenden sprach sich generell FÜR eine Öffnung der IPPNW aus. Gut 86 % der Teilnehmenden gaben an, eine Öffnung zu befürworten. Es gab keine Gegenstimme, jedoch zwei Enthaltungen und eine Person, die diesbezüglich (noch) unentschlossen war.

Die Vorteile überwiegen die Nachteile, eine breite Basis ist ­wichtig, Healthcare Professionals haben alle eine soziale Verantwortung und sind im Fall der Fälle wichtig. Es gibt keinen Grund, warum Ärzt*innen sich nicht mit anderen zusammenschließen sollten. Außerdem findet ein Generationenwechsel statt, der mit der Zeit gehen und jede*n mit den gleichen Werten und Zielen mit offenen Armen empfangen will.

Abschließendes Statement Der Umfrage entnehmen wir, dass der Großteil der Studis eine Öffnung befürwortet. Daher unterstützen wir den Antrag des Vorstandes an die MV.

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Wir möchten, dass der Verein und das Anliegen des Vereins eine gesunde Welt, frei von Atomwaffen und Krieg – auch in den 2020ern auf Interesse und Resonanz stoßen. Jedem*r, dessen Interesse sich in der IPPNW und ihrem Wirken widerspiegelt, soll die Mitgliedschaft der IPPNW offen sein. Gleichzeitig sehen wir uns in der sozialen Verantwortung durch eine reguläre Öffnung des Vereins ein interdisziplinäres Gesundheitswesen zu unterstützen, das international vernetzt ist und obsolete hierarchische Strukturen überwindet. Die ärztliche Tätigkeit hat sich zu einem Teamplayer*innen-Beruf entwickelt wir wünschen uns, dass sich dies auch in unserem politischen und gesellschaftlichen Engagement widerspiegeln. Wir wollen gemeinsam, Seite an Seite mit anderen Healthcare Professionals für Frieden, eine gesunde Welt und gegen Atomwaffen aufstehe. Ärzt*innen sind nicht allein an der Gesundheitsversorgung beteiligt, alle Heilberufe haben Expertise in diesem Bereich, über-

nehmen Verantwortung für ihre Patient*innen und somit soziale Verantwortung. Ein exklusiver Ärzt*innen-Verein impliziert und bestätigt ein nicht mehr zeitgemäßes, paternales Arztbild vom „Halbgott in Weiß“. Wir denken, dass die Öffnung an dieser Stelle auch zu einem moderneren Image der IPPNW beitragen wird, welches seinerseits die Bekanntheit und die Reichweite des Vereins fördern kann. Des Weiteren bedeutet eine Öffnung des Verein vor allem auch eine ideelle Öffnung und Bereicherung an Perspektiven. Bei Inklusion weiterer Berufsgruppen können wir bei Projekten und im Aktivismus außerdem auf mehr Ressourcen zurückgreifen und somit mehr Aufmerksamkeit generieren. Manche von uns Studis haben ihre Gruppen bereits für alle Interessierten geöffnet und in der Vergangenheit immer wieder von den Ideen und der Tatkraft von Nicht-Mediziner*innen profitieren können.

Berichte aus den Studigruppen BERLIN Thema Rassismus im Gesundheitswesen: Wir haben zwei Mal „Zuhörtreffen“ veranstaltet mit Menschen in unserem Umfeld, die von Rassismus (v.a. bezogen auf Gesundheitswesen) betroffen sind. Dabei ist auch die Idee einer Kampagne auf Instagram zu diesem Thema entstanden, die gerade noch in Arbeit ist. Außerdem sind wir in Kontakt getreten mit verschiedenen Institutionen der Charité (z.B. Diversity Netzwerk, Fachschaft, Frauenbeauftragte). Inzwischen gibt es auch eine bezahlte Stelle für eine Gleichstellungsbeauftragte an der Charité. Darüber hinaus haben wir Gespräche mit Modulverantwortlichen geführt, um z.B. im Derma-Modul die Lehre von Hautkrankheiten auch auf nicht-weißer Haut einzuführen. Außerdem haben wir im Modul „Gesellschaft“ über den Abbau von Vorurteilen gesprochen (z.B. gegenüber türkisch-stämmigen Gastarbeiter*innen). Dann haben wir noch für alle interessierten Studis einen Sensibilisierungs-Workshop organisiert zum Thema Rassismus im Gesundheitswesen.

Thema Klimawandel und Gesundheit: Wir haben gemeinsam mit Health for Future Online-Gespräche mit Bundestagsabgeordneten geführt über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gesundheit.

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Ein paar von uns waren auch bei der Global Health Summer School, die von der IPPNW jedes Jahr in Kooperation mit der Charité organisiert wird, diesmal unter dem Thema: „Climate Crisis, Violent Conflict and Health“: Eine gute Möglichkeit, interdisziplinär über diese Themen zu lernen, sich auszutauschen und uns international zu vernetzen: Victor, IPPNW-Studi aus Kenia, kam extra dafür nach Berlin war auch danach noch mit uns in der Stadt unterwegs.

Sonstiges: Ansonsten haben einige von uns am Treffen „Quo vadis Frieden?“ der IPPNW am Wannsee teilgenommen, bei dem über zukünftige Perspektiven für die Arbeit des Vereins gesprochen wurde.

BOCHUM Zu Beginn des Semesters haben wir in Bochum eine Online-Vortragsreihe zum Thema „Medizin und Geschlechtervielfalt“ auf die Beine gestellt. Nebenbei wollten wir auch etwas außerhalb der Onlinewelt machen und haben die Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser NRW“ unterstützt. Die letzten Monate war hauptsächlich die Organisation des nächsten Studitreffens an der Reihe.


Dank Corona liegen noch einige Hürden vor uns, umso mehr hoffen wir, euch alle bald in Bochum zu sehen!

GÖTTINGEN Wir haben während Corona einige wenige Zoom-Treffen und Veranstaltungen gemacht, z.B. einen Filmabend. Außerdem haben wir an Kundgebungen teilgenommen zusammen mit der IPPNW ÄrztInnengruppe hier. Und wir haben eine Informations-Vorlesung (online) organisiert zur Müllwirtschaft in unserer Uniklinik für die Studis im 5. Semester. Dafür haben wir auch Merkhilfen zur richtigen Mülltrennung im Krankenhaus als laminierte Kärtchen für die Kitteltasche hergestellt und verteilt, die wurden gut angenommen. Insgesamt war leider die Resonanz durch Corona ziemlich gering, wir haben wenige neue Studis „rekrutieren“ können und haben auch kein Treffen im real life auf die Beine gestellt. Das wird dann nächstes Semester hoffentlich besser.

HANNOVER Auch in Hannover wurden die Aktivitäten der IPPNW-Studigruppe durch die Pandemie stark beeinflusst, jedoch schafften wir es, uns dadurch dennoch nicht unterkriegen zu lassen und hielten unsere wöchentlichen Treffen einfach als Videokonferenz ab, was neben den allseits bekannten Nachteilen ja auch Vorteile hat. Beispielsweise können Videos, Artikel oder Ähnliches, was gerade als Diskussionsvorlage fungiert, durch einen geteilten Bildschirm von allen deutlich besser und einfacher betrachtet werden. Zudem ergibt sich durch dieses Format auch der Vorteil, dass man für ein IPPNW-Treffen nicht mal vor Ort sein muss, man kann also auch teilnehmen, wenn man sich in einer anderen Stadt befindet, weil man gerade im PJ ist oder man sitzt währenddessen einfach im ICE (vorausgesetzt das W-Lan funktioniert dort). Und auch außerhalb unserer wöchentlichen Treffen hatten wir dieses Jahr dennoch einiges unternommen, solange es die jeweils aktuellen „Corona-Maßnahmen“ irgendwie zuließen. Wir veranstalteten einen Vortrag zum Thema „Patriarchat und atomare (Ab-)Rüstung“ mit den Mayors for Peace Hannover, wir drehten eine Werbefilm, um neue Mitglieder für unsere Studigruppe zu gewinnen, wir nahmen an der Online-MV teil, in der sogar ein Mitglied aus unserer Gruppe zur stellvertretenden International Councillorin gewählt wurde, wir organisierten einer Banner-Aktion an unserem Uni-Campus zum Inkrafttreten des AVVs, ein Paar von uns waren mit in Büchel und auch sonst unternahmen

wir noch einige weitere Sachen, die mir wahrscheinlich gerade gar nicht alle einfallen. Naja, somit dürfen wir glaube ich behaupten, dass wir das vergangene Jahr im Rahmen des Möglichen gut genutzt zu haben, aber nichts desto trotz oder gerade deswegen freuen wir uns umso mehr darauf, motiviert mit wieder etwas mehr „Normalität“ in das neue Studienjahr starten zu können.

HOMBURG »  Organisation des Run4Ratifications (und Gewinn, hihi) »  ansonsten einige sporadische Treffen mit entrüsteten Gesprächen über deutsche Außenpolitik »  Besuch in Büchel mit 6 Personen »  man munkelt, dass einige Armin-Laschet-Wahlplakate im Rahmen einer Studiaktion „verschönert“ wurden.

JENA Als Anfang diesen Jahres der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft trat, haben wir zusammen mit der Jena IPPNW Ortsgruppe eine gemeinsame Aktion gestartet: Wir haben in der Stadt die ICAN Fahnen (Nuclear weapons are banned) aufgehangen und Informationsflugblätter verteilt. Zum 1. Mai diesen Jahres haben wir eine Veranstaltung zum Thema Arbeitsrecht und Gewerkschaftsarbeit im Gesundheitswesen organisiert, mit den Schwerpunkten des Berufseinstieges für Ärzt*innen, wie man sich organisieren kann und wie Streik im Krankenhaus funktioniert. Weiterhin haben wir versucht ein Online-Vernetzungstreffen der medizinkritischen Ortsgruppen in Jena zu veranstalten und ggf. eine gemeinsame Aktion zu starten. Das hat leider nicht so gut funktioniert, aufgrund mangelnder Teilnahme und Ressourcen der Gruppen. Momentan sitzen wir in einer Berghütte in der Nähe von Jena und halten einen intensives Planungswochenende ab. Wir möchten im Wintersemester eine Veranstaltungsreihe für unsere Kommiliton*innen und Interessierte über Diskriminierung verschiedener Patient*innengruppen im Gesundheitswesen organisieren. Momentan sieht es so aus, als ob wir zahlreich beim Studitreffen in Bochum teilnehmen werden. Wir freuen uns darauf.

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Treffen der Jungen IPPNW in Gräben 2021 Die Junge IPPNW – das sind junge Ärztinnen und Ärzte im Berufseinstieg und Studierende im Übergang vom Studium zum Berufsalltag, die sich weiterhin mit den Themen der IPPNW auseinandersetzen möchten. Die neue Lebenssituation, die Arbeits- und Zeitbelastung erfordern aber andere Wege: so entstand das „Wochenende der jungen IPPNW“, bei dem man eine Auszeit vom stressigen Klinikalltag genießen und Informationen zu aktuellen Projekten der IPPNW erhalten kann. Nach einem Jahr Corona-Pause fand das Treffen dieses Jahr vom 20.-22.08.2021 wieder statt in der gemütlichen, alten Wassermühle Gräben in Brandenburg. Beim gemeinsamen Kochen, Essen, Baden im See und Sitzen am Lagerfeuer gab es viel Gelegenheit zu Gesprächen über den Berufseinstieg, Alltag im Krankenhaus, politische Themen und aktuelle IPPNW-Projekte. Eine schöne Gelegenheit, altbekannte Gesichter wiederzusehen, neue kennenzulernen und sich mit ordentlichem Abstand zum Alltag über Erfahrungen auszutauschen!

Der Termin für das Treffen 2022 wird über die ippnw-E-Mail Verteiler bekannt gegeben. Gesa Baum

Der Amatom braucht Hilfe! Dir gefällt der Amatom? Du hast vielleicht eine Idee für einen spannenden Artikel, Spaß am Schreiben, Editieren oder einfach Lust mitzuhelfen? Das Amatom-Team sucht immer Nachwuchs und freut sich über motivierte Neuzugänge – und keine Angst, falls du noch keine Erfahrung hast: Dafür sind wir ein Team! Schreib eine E-Mail an feige@ippnw.de und sei beim nächsten Treffen mit dabei!

Das Redaktionsteam:

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DU?


Der Journal Club Antirassismus im Gesundheitswesen: Warum die Medizin diesen blinden Fleck bekämpfen muss

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ast 2000 Ergebnisse zeigt die Medline-Datenbank für die Suchbegriffe „Racism in Medicine“. Und wie viele dieser Studien werden in der universitären Lehre vermittelt? In unserem Fall sind es genau: Null.

Einige Probleme in unserer Ausbildung sind so offensichtlich, dass man dafür keine Studien benötigt. Zum Beispiel illustrieren dermatologische Lehrbücher und Vorlesungsfolien Hauterkrankungen ausschließlich mit Bildern weißer Haut, obwohl eine Datenbank mit Beispielen auf schwarzer und brauner Haut im Internet frei zugänglich ist.1 Tödliche Verläufe bei BIPoC Patient*innen werden dementsprechend häufiger übersehen.2

Diese Lücke hat die Schaffung eines Raums dringend notwendig gemacht, in dem sich angehende Ärzt*innen mit Rassismus in der Medizin auseinandersetzen können. Unser Journal Club kann und soll nicht das Versagen medizinischer Institutionen kompensieren, sondern ein Beginn sein die Inkongruenzen zu thematisieren, die wir im Medizinstudium wahrnehmen: Zwischen dem vorhandenen und gelehrten Wissen zu Diskriminierung und Rassismus, und zwischen den in der Lehre vertretenen Personengruppen und der tatsächlichen soziokulturellen Diversität unserer zukünftigen Patient*innen.

Rassistische Muster sind aber nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, sondern oft versteckt. Etwa ist die Reproduktion medizinischer Algorithmen, die auf veralteten und rassistisch verzerrten Daten basieren, bis heute gang und gäbe.3 Beispielsweise wird der eGFR-Wert für die Abschätzung von Nierenwerten weiterhin bei Schwarzen Menschen mit einem Faktor von 1,16 oder 1,2 multipliziert. Dadurch scheint es, als habe ein*e Schwarze*r Patient*in besser funktionierende Nieren als ein*e weiße*r Patient*in. So kommt es dazu, dass Schwarze Patient*innen später behandelt werden. Das ist offener Rassismus, der auf Studien aus der Zeit zurückgeht, in der Leute behauptet haben, Schwarze Menschen seien besser für harte Sklavenarbeit geeignet, weil sie mehr Muskelmasse hätten.4

Wir sind als angehende Ärzt*innen zentraler Teil einer Gesellschaft, die rassistisch diskriminiert. Für viele der Patient*innen, denen wir in der medizinischen Praxis begegnen, ist das Teil ihrer Lebensrealität. Dies wahrzunehmen, bedeutet nicht nur die weiße Normierung unseres Wissens aufzugeben, sondern auch einem wirklich universalen Anspruch der Medizin zu entsprechen. Rassismuskritik sollte deshalb - angelehnt an die Forderungen des Bildungswissenschaftlers Karim Fereidooni als Professionskompetenz des ärztlichen Personals angesehen werden.6 Diese Haltung muss jedoch nicht als Bruch mit ärztlicher Tradition verstanden werden. Das Genfer Gelöbnis verurteilt seit seiner ersten Version aus dem Jahr 1948 rassistische Diskriminierung in der Berufsausübung – und tut dies als Prolog der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzt*innen noch heute.7

Es gibt Studien, die solche Probleme untersuchen und offenlegen. Trotzdem gelangt dieses Wissen meist nicht in unseren Unterricht. Als angehende Ärzt*innen wollen wir Leben retten, benötigen aber dafür das richtige Wissen. Die Informationen sind greifbar, die aktuelle wissenschaftliche Lage im angloamerikanischen Raum zeigt Fortschritte.5 Doch wie lassen sich diese Beobachtungen und mögliche Lösungsansätze auf Deutschland übertragen? Dieser Wissenstransfer fehlt an den deutschen Universitäten.

Jedoch belegen die enge historische Verknüpfung von Rassismus und Medizin, erkennbar beispielsweise an der Beteiligung von Medizinern wie Rudolf Virchow oder Robert Koch an kolonialen Verbrechen, die rassistischen Kontinuitäten in klinischen Algorithmen und die aktuellen Befunde gesundheitlicher Ungleichheit in der Pandemie, dass es mehr braucht als ein Gelöbnis. Eine grundsätzliche Auseinandersetzung und aktive Reflexion müssen stärker in den Fokus rücken. Woher kommt mein Wissen?

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Welche Konsequenzen hat mein Handeln? Wo festige ich Ungleichheit, anstatt sie zu bekämpfen? Uns Studierenden sollte ermöglicht werden, Verantwortung für das Wissen zu übernehmen, das wir jeden Tag anwenden und wir sollten ermächtigt werden kritisch nachzufragen. Der Journal-Club soll ein erster Schritt sein genau dies zu tun. Wir können nicht auf Vorlesungen und Seminare in weiter Zukunft warten.

Der Journal Club Antirassismus im Gesundheitswesen auf einen Blick: »  Teil des bvmd-Projekts Medical Students for Antiracist Action (MAA) »  Bisher über 70 Medizinstudierende aus ganz Deutschland auf der Mailingliste »  Termin: Jeden letzten Donnerstag im Monat - online »  Zielgruppe: Interessierte Mediziner*innen mit und ohne Vorwissen »  Vorgehen: Kurze Vorstellung eines wissenschaftlichen Textes und anschließend moderierte Diskussion in Kleingruppen »  Du hast Lust bekommen mitzumachen? Wir würden uns freuen, dich beim nächsten Treffen zu sehen! Abonniere unsere Mailingliste und bleib auf dem Laufenden: jc_anti-racism_in_medicine@riseup.net

Fußnoten 1 www.brownskinmatters.com (Zugriff: 14.07.2021) 2 Hu S, Soza-Vento RM, Parker DF, Kirsner RS (2006) Comparison of stage at diagnosis of melanoma among Hispanic, black, and white patients in Miami-Dade County, Florida. Arch Dermatol 142 (6):704-708. doi:10.1001/archderm.142.6.704 3 Vyas DA, Eisenstein LG, Jones DS (2020) Hidden in Plain Sight Reconsidering the Use of Race Correction in Clinical Algorithms. The New England Journal of Medicine 383 (9):874-882 4 Braun L, Wentz A, Baker R, Richardson E, Tsai J (2021) Racialized algorithms for kidney function: Erasing social experience. Social Science & Medicine 268:113548. 5 Keeys M, Baca J, Maybank A (2021) Race, Racism, and the Policy of 21st Century Medicine. The Yale Journal of Biology and Medicine 94 (1):153-157 6 Fereidooni K (2019) Rassismuskritische Theorie und Praxis der sozialwissenschaftlichen Lehrer_innenbildung. In: Kergel D, Heidkamp B (Hrsg) Praxishandbuch Habitussensibilität und Diversität in der Hochschullehre. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S 293-318. 7 Weltärztebund (2017) Deklaration von Genf. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/International/Deklaration_von_Genf_DE_2017.pdf. (Zugriff 14.07.2021)

Die Autor*innen

Shreyasi Bhattacharya, Medizin, Uni zu Köln

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Simon Gerhards, Medizin, Uni Oldenburg

Leonard Janho, Medizin, Uni Heidelberg


Gedanken zu Horst-Eberhard Richter: „Moral in Zeiten der Krise“

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oral in Zeiten der Krise – was für ein Titel. Widerwillen ruft er in mir hervor. Klingt irgendwie großväterlich, von oben herab, der alte weiße Mann erzählt uns mal was über die Moral heute. Beziehungsweise 2010. Denn das war das letzte Buch von Horst-Eberhard Richter, einer der prägenden Persönlichkeiten der deutschen ippnw-Sektion und der Friedensbewegung der 80er Jahre in überhaupt. Ich bestellte das Buch, weil ich mal wieder in die ippnw-Geschichte eintauchen wollte, lesen und schreiben über die Menschen, die diesen Verein gestaltet haben – trotz des für mich etwas abschreckenden Titels. Wer ist er also? Ziemlich schnell wandelt sich mein Bild von ihm schon auf den ersten Seiten, als er einen kurzen Einblick in seine Biographie gibt: Geboren 1923 in Berlin, geht er als junger Soldat nach der Schule an die Ostfront, kommt zurück und erfährt, dass seine Eltern noch kurz nach Kriegsende von sowjetischen Soldaten ermordet worden sind. Er steht buchstäblich vor dem Nichts, hat keine Verwandten mehr in Deutschland, nur eine halbzerbombte Wohnung. Findet Trost bei Dostojewski. Und dann in seiner Dissertation „Die philosophische Dimension des Schmerzes“, in der er seine eigenen Erfahrungen verarbeitet und einen wichtigen Grundgedanken für sein weiteres Wirken entwickelt: Den von der Versuchung, zu hassen, um nicht leiden zu müssen, sich nicht mit den eigenen Abgründen und der eigenen Zerbrechlichkeit konfrontiert zu sehen. Und er lernt seine Partnerin Bergrun kennen, eine passionierte Lehrerin, die später selber sehr aktiv in der Friedensbewegung und in der Flüchtlingshilfe sein wird. Wie sie arbeitet er als junger Arzt zunächst mit Kindern, woraus das Werk „Eltern, Kind und Neurose“ entsteht: Dieses Buch wird Ende der 60er Jahre zu einem Bestseller, als es den Menschen der jungen, reformistischen Sozialbewegung hilft, zu verstehen, wie die unverarbeiteten Kriegstraumen ihrer Eltern ihre eigene Kindheit geprägt haben. 1962 wird er auf den neuen Lehrstuhl für Psychosomatik berufen, wo er bis 1991 wirkt. In seinem Buch „Der Gotteskomplex“ (1979) schreibt er, der Mensch habe in der Neuzeit eine Fortschrittsvision entwickelt, in der der wissenschaftlich-technische Fortschritt zum Mittel wird, um die eigene Herrschaft ins Unendliche zu erweitern und alle „nicht herrscherlichen Tugenden“ wie Dankbarkeit, Zärtlichkeit und Mitgefühl „der entmächtigten Frau anvertraut“ werden. Diese zwanghafte Verdrängung der eigenen Zerbrechlichkeit führe zu Hass.

Dann erscheint 1981 sein berühmtestes Buch „Alle redeten vom Frieden“: Eine düstere Satire, in der Außerirdische auf der Erde landen und durch Nachforschungen allmählich herausfinden, dass die Menschen nach der Zerstörung ihrer eigenen Lebensgrundlagen, konfrontiert mit unumkehrbarer Klimaerwärmung und Artensterben, den Ausweg im kollektiven Suizid mithilfe von Atombomben gewählt haben. 1982 begründet er die deutsche Sektion der ippnw mit. Durch sein politisches Engagement nicht nur für die ippnw begegnet er Willy Brandt, Michail Gorbatschow, Andrej Sacharow. Später beschäftigt er sich mit den Irakkriegen, schreibt über die kollektive Projektion von verdrängtem Selbsthass in der neuen Angst vor dem Islam und zitiert Orhan Pamuk, türkischen Literaturnobelpreisträger: „Der Westen hat leider keine Vorstellung von dem Gefühl der Erniedrigung, das eine große Mehrheit der Weltbevölkerung durchlebt und überwinden muss, ohne den Verstand zu verlieren oder sich auf Terroristen, radikale Nationalisten oder Fundamentalisten einzulassen“. Durch das Ringen mit diesen Problemen zieht sich doch unentwegt Richters Hoffnung, die er aus seiner eigenen Biographie und seinen Erfahrungen mit den Kindern der Nachkriegsgeneration gewonnen hat: Menschen können sich auseinandersetzen mit ihren blinden Flecken, tragen bei allen Abgründen doch auch immer die Kraft zur Veränderung in sich. Das alles sind natürlich nur Auszüge von Themen, mit denen Horst-Eberhard Richter sich im Laufe seines langen Lebens (er starb 2011) beschäftigte. Und vielleicht sind es nicht zufällig diese Auszüge, die mir beim Lesen seines Buches im Kopf hängen geblieben sind: Er benutzt keine Begriffe wie Feminismus, Antirassismus und „System change, not climate change“. Und doch, bei aller zeitlichen und sprachlichen Distanz – seine Bücher sind heute zumindest dem breiten Publikum unbekannt, bei der Internetsuche danach werden mir zuerst Seiten von Antiquariaten angezeigt – mein Eindruck ist, dass ihn insgeheim ganz ähnliche Themen bewegten wie uns heute. Insbesondere wenn er über die „Verdrängung der Zukunft“ in Bezug auf die Klimakrise schreibt: „Dies ist überhaupt eine vielfach versäumte Chance, die Menschen aufzurütteln. Sie brauchen konkrete Vorstellungen davon, wie die Welt aussieht, die wir unserem Nachwuchs in 50 oder 100 Jahren oder noch danach hinterlassen werden. Sie müssen die

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Völkerwanderungen aus den überschwemmten Küstenregionen und den Dürregebieten ohne Trinkwasser leibhaftig vor sich sehen und die Bilder von Gewalt in sich aufsteigen lassen, die nicht ausbleiben kann, wenn Millionen Armutsflüchtlinge in die noch relativ verschonten Wohlstandsregionen eindringen werden“. Verrückterweise ploppt da, an dieser düsteren Stelle, auf einmal ein Funken Hoffnung in mir auf. Richter war deprimiert von dem ständigen Ausblenden dieser Realität im Großteil der Gesellschaft und Politik. Und heute? Ist Maja Lunde durch ihre Bücher aus dem Klima-Quartett weltbekannt geworden und sagt: „Die Zeit, Prioritäten setzen zu können, ist vorbei. Klimawandel und Umweltkrise sind bereits hier, jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln. Draußen, zu Hause, privat, öffentlich. Wir können nicht mehr behaupten, etwas anderes würde mehr bringen oder das, was wir tun könnten, sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Jeder muss alles tun, was nachweislich hilft. Sofort.“ Mit Extinction Rebellion und Fridays for Future sind junge Menschen zurück auf der politischen Bühne.

Und in den USA tritt bei der Amtseinführung von Präsident Biden die 22-jährige Amanda Gorman auf und sagt: “When day comes, we step out of the shade, aflame and unafraid. The new dawn blooms as we free it. For there is always light, if only we’re brave enough to see it. If only we’re brave enough to be it.” Ja, es gibt Trump weiter. Ja, wir haben seit 2017 eine rechtsextreme Partei im deutschen Bundestag. Ja, die Klimakrise ist so ernst wie nie und die Aussichten, bei allem guten Willen noch das 1,5°C erreichen zu können, verschwindend gering. Und doch, die Hoffnung, dass Wandel möglich ist, Wandel, der für HorstEberhard Richter immer bei den einzelnen Menschen und ihrem Verantwortungsgefühl für die Welt beginnt – die bleibt.

Im Artikel erwähnte Bücher: Moral in Zeiten der Krise. Suhrkamp Verlag, 3. Auflage 2012. Eltern, Kind und Neurose. Rowohlt TB, 32. Auflage 2010.

Schweden und Kanada haben sich einer sfeministischen Außenpolitik verschrieben. In Belarus wird eine Hausfrau Oppositionsanführerin.

Die Autorin

Gesa Baum, 10. Semester Humanmedizin, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. gesa.baum@uni-oldenburg.de

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Der Gotteskomplex. Psychosozial-Verlag, 2. Auflage 2012. Alle redeten vom Frieden. Rowohlt, 1. Auflage 1981.


Ansprechpartner*innen und Adressen IPPNW-Lokalgruppen an fast allen Unis

An vielen Unis gibt es lokale IPPNWStudierenden­gruppen. Wende Dich einfach an die Geschäftsstelle oder direkt an die*den entsprechende*n Ansprechpartner*in. Auch die Arbeitskreise der IPPNW freuen sich über studentische Mitarbeit. IPPNW-Geschäftsstelle Körtestr. 10, 10967 Berlin, Tel: 030-698074-0 | Fax: 0306938166, E-Mail: ippnw@ippnw.de | www.ippnw.de Ansprechpartner für Studierende in der Geschäfts­ stelle: Ewald Feige: Tel: 030-698074-11, feige@ippnw.de Ansprechpartnerin Programm famulieren&engagieren: Anne Jurema, Tel: 030-698074-17, jurema@ippnw Studierende im Vorstand der IPPNW Der Vorstand der IPPNW wird alle zwei Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt. Ihm gehören acht Personen sowie der International Councillor an. Als Student*in im Vorstand vertritt man/frau die Interessen der Studierenden, setzt sich ein für Studierendenarbeit und informiert die Studierenden in der IPPNW über das, was sich im Verein bewegt. Diese Aufgabe übernimmt derzeit:Frederike Bröderhausen, broederhausen@ippnw.de Studierendensprecher*innen der IPPNW Jedes Jahr werden beim bundesweiten Studierendentreffen Studierendensprecher*innen gewählt. Zur Zeit sind es Frederike Römer roemer@ippnw.de und Sophia Christoph, christoph@ippnw.de. Über die einzelnen Sektionen hinaus, gibt es für die Vernetzung auch zwei Europäische Studierendensprecher*innen. Das sind derzeit Ella Faiz (Frankreich), ella.faiz95@gmail.com und Dirk Hoogenkamp (Niederlande), dirkhoogenkamp@gmail.com Aktuelle Infos unter: studis.ippnw.de Mailingliste: ippnw-studies@ippnw-lists.de Die internationale IPPNW-Studierendenhomepage: www.ippnw-students.org Facebook-Seite: www.facebook.com/ippnwstudies Instagram: ippnwgermany.students

Amatom: »  Blog: amatomblog.wordpress.com »  Facebook: facebook.com/amatomisawesome »  Twitter: twitter.com/Amatomisawesome Studierendengruppen Aktuelle Kontakte auch unter: studis.ippnw.de/studierendengruppen oder über die Geschäftsstelle. Berlin: Claudius Klare, claudius.klare@protonmail.com Bochum: Anna Lenka, anna_lenka@web.de Dresden: Franziska Pilz, pilzfranzi@googlemail.com Düsseldorf: Clara Sonneborn, clara.sonneborn@web.de, duesseldorf@ippnw.de Erlangen: Anna Maria Lehner, Anna-Maria.Lehner@gmx.de Gießen: Rebecca Maitra, rebecca.maitra@posteo.de Göttingen: Carla Maria Dohrendorf, carladohrendorf@web.de Hamburg: Kira Meißner, kira.meissner@icloud.com Hannover: Christoph Müller, Christoph.Mueller@stud.mh-hannover.de Heidelberg/Mannheim: Lucie Landeck, lucie.landeck@yahoo.de Homburg: Johanna Dahle, hom.stud-ippnw@web.de Jena: Janka Ulrich, jankaulrich@freenet.de, studisjena@ippnw.de Köln: Ariana Safi, arianasafi@gmx.net Lübeck: Frederike Römer, frederike.roemer@web.de Mainz: Lina Schiestl, linaschiestl@gmx.de Regensburg: Sophie Flemmer, sophie.flemmer@web.de, ippnw.regensburg@gmx.de, www.regensburg.ippnw.de Rostock: Johanna Matthews, info@medinetz-rostock.de Tübingen: Antonia Klier, klier@ippnw.de, studigruppe-tuebingen@ippnw.de Witten-Herdecke: Lisa Lombardo, lombardo.lisa@web.de Würzburg: Katharina Kersken, katharina.kersken@stud-mail.uni-wuerzburg.de Arbeitskreise »  AK Atomenergie: Paul-Marie Manière, maniere@ippnw.de »  AK Flüchtlinge & Asyl: Carlotta Conrad, conrad@ippnw.de »  AK ICAN: Lisann Drews, lisann@gmx.de »  AK Medical Peace Work: Dr. Katja Goebbels, goebbels@ippnw.de »  AK Süd-Nord: Matthias Jochheim, matthias.jochheim@t-online.de

Kontakte 23


Nur noch kurz die Welt retten?

Was ist die IPPNW? IPPNW steht für „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“. In Deutschland heißt die IPPNW zudem „Ärzte in Sozialer Verantwortung“. Die IPPNW wurde 1980 zur Zeit des Kalten Krieges gegründet.

Nur Atomkrieg und sonst nichts? Nein, längst arbeitet die IPPNW zu vielen Themen wie Ethik in der Medizin, Global Health, Flüchtlingsfragen, medizinischer Friedensarbeit oder Atomenergie und Klimaschutz.

Was macht die IPPNW? Die IPPNW ... ... forscht: z. B. in Studien über die Gesundheitsfolgen von Uranmunition und ionisierender Strahlung. ... setzt sich für Benachteiligte ein: z. B. bei direkten Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern für eine gute Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen in Deutschland. ... klärt auf: zum Beispiel mit Info-Ständen und Publikationen über die Risiken von Atomwaffen und der Nuklearen Kette.

Mehr als 450 Studierende in 20 Lokalgruppen: Das sind wir, die Studierenden in der IPPNW.

Jedes Jahr finden ein bundesweites und ein europäisches Studierendentreffen statt. Alle Aktivitäten sind offen für Interessierte. Das Besondere: Die IPPNW gibt lokalen Gruppen sehr viele Freiheiten und volle Unterstützung bei den Aktivitäten.

Was kann ich machen? In einer von deutschlandweit 20 Studigruppen kannst du direkt einsteigen und dich zusammen mit anderen Studierenden engagieren. Jede Gruppe setzt sich selbst ihre thematischen Schwerpunkte und plant Vorträge, Filmabende oder Straßenaktionen. Die Studis engagieren sich zum Beispiel für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen, informieren über global- und gesundheitspolitische Themen und setzen sich für die internationale Ächtung der Atomwaffen ein. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Möglichkeiten – je nach Interessenslage der jeweiligen Gruppe.

ippnw Studierende Für eine Welt in Frieden, für eine Welt ohne atomare Bedrohung, für eine Medizin in sozialer Verantwortung.

Bitte abtrennen und einsenden oder per E-Mail an kontakt@ippnw.de

Anmeldung

Ja, ich werde Mitglied und unterstütze die Ziele der IPPNW. Für Studierende kostet das im Jahr 32 Euro | Für Ärztinnen und Ärzte 120 Euro. SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige / wir ermächtigen IPPNW e. V., Zahlungen von meinem (unserem) Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein (weisen wir) unser Kreditinstitut an, die vom IPPNW e.V. auf mein (unser) Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann (wir können) innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem (unserem) Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

Vorname und Name des*der Kontoinhaber*in

E-Mail

Straße und Hausnummer Postleitzahl und Ort bei Kreditinstitut BIC

IBAN Unterschrift

Gläubiger-Identifikationsnummer: DE16IPP00000010836. Mandatsreferenz: wird im Zuge der Bestätigung mitgeteilt. Vor dem ersten Einzug einer SEPA-Lastschrift wird mich (uns) der Verein IPPNW e. V. über den Einzug in dieser Verfahrensart unterrichten.


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Statement zur Öffnung der IPPNW für andere (medizinische) Berufsgruppen

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Editorial

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