Sicher und rentabel investieren in Mikrofinanz

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Moneymaker

Bankgeschäfte im Schneidersitz: Angestellte eines Mikrofinanzinstituts (MFI) zahlen Kleinstkredite aus

Mikrofinanzfonds

Duales Anlageziel Anleger suchen sichere Erträge, Arme eine sichere Zukunft. Lohnenswert für beide Seiten: Mikrofinanzfonds. Eine alternative Anlage in turbulenten Zeiten

K

eine Schweißausbrüche mehr, wenn wieder einmal ein Euro-Land seine Notlage verkündet, Börsenkurse in den Keller rauschen oder Einlagen nicht länger sicher scheinen. Wer wünscht sich das nicht? Unabhängig, rentabel und sozial. Mikrofinanzfonds sind die Lösung. Eine Geldanlage, die politischen und wirtschaftlichen Stürmen standhält und trotzdem eine finanzielle und sogar soziale Rendite abwirft. Wie funktioniert’s? Anleger investieren über Fonds in Mikrofinanzinstitute (MFIs). Diese Minibanken vergeben dann Minidarlehen an die Ärmsten der Armen, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern. MFIs dienen als Brücke zwischen Investoren und Kreditnehmern. Durch sie erhalten Menschen ohne Sicherheiten Kredite von oftmals weniger als 20 Euro, um ihr Geschäftsmodell umzusetzen und eine Existenz zu gründen. Mittlerweile gibt es mehr als 500 Millionen Menschen, die Zugang zu Kleinstkrediten erhalten haben, dadurch zu Unternehmern wurden und sich und ihrer Familie eine Zukunft geben können. Doch die Nachfrage ist noch lange nicht gedeckt. Weltweit leben über eine Milliarde Menschen in absoluter Armut. Sie verfügen über weniger als einen Euro am Tag. Eine Existenzgründung ist unmöglich. Ohne Zugang zu Krediten kann man weder ein Geschäft gründen noch ver54

Foto: S. Noorani/World Bank

größern. Dem gegenüber stehen Investoren in Industrieländern, die nach Möglichkeiten suchen, ihr Geld sicher, profitabel und zugleich sinnvoll anzulegen. Durch die Idee von Muhammad Yunus, Vater der Mikrokredite und Friedensnobelpreisträger, gelingt es, Arm und Reich wirtschaftlich zusammenzuführen. Die Kredite ermöglichen den Menschen den Kauf einer Ziege, einer Nähmaschine oder von ein paar Quadratmetern Anbaufläche. Dem Anleger bieten die Fonds neben einem guten Gewissen auch eine beachtliche Rendite von teilweise über drei Prozent. Bei den historisch niedrigen Zinsen für Anleihen keine schlechte Bilanz. Die Renditechancen hängen jedoch von der Entwicklung in den einzelnen Ländern ab, in denen der Fonds tätig ist. Die Überwachung der Länderrisiken und eine breite Diversifikation auf verschiedene Länder bieten dem Anleger einen gewissen Schutz. Die meisten Fonds investieren in Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika gleichzeitig und arbeiten nur mit geprüften und für gut befundenen MFIs zusammen. So auch bei dem ersten in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Mikrofinanzfonds Invest in Vision. Der Fonds ist inzwischen auf ein Volumen von über 24 Millionen Euro angewachsen und hat sich verpflichtet, nicht mehr als 15 Prozent seines Gesamt­volumens in ein einzelnes Land zu investieren. Läuft es in einem FOCUS-MONEY 16/2013


Land schlecht, kann eine gute Entwicklung in einer anderen Region das ausgleichen. Besonders die Finanzkrise hat gezeigt, dass sich Mikrofinanzfonds weitgehend losgelöst vom restlichen Marktgeschehen und daher unabhängig von anderen Anlageklassen entwickeln. Auf Grund dieses geringen Gleichlaufs (Fachbegriff: niedrige Korrelation) können Anleger selbst in unbeständigen Zeiten mit stabilen Erträgen rechnen. Aus dem sozialen Engagement wird ein krisensicheres Investment. Gute Aussichten. Während in der Euro-Zone weiterhin Gewitterwolken am Horizont aufziehen, gibt es auf der anderen Seite der Erdkugel Lichtblicke. Das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt der 15 wichtigsten Mikro­finanzmärkte wird gemäß dem Internationalem Währungsfonds (IWF) nach guten 4,7 Prozent 2012 dieses Jahr um 6,2 Prozent zulegen. Entwicklungs- und Schwellenländer bleiben attraktiv und wachsen stetig. Das spiegelt sich auch im globalen Mikrofinanzsektor wider. 2012 ist dieser um fast ein Fünftel gewachsen. Auch für 2013 erwarten Experten ein ähnliches Tempo und rechnen mit einem realen Wachstum von 15 bis 20 Prozent. Einen besonders starken Anstieg bei der Vergabe von Mikrofinanzkrediten soll es in den Regionen Süd- und Ostasien geben. Damit jedoch die Rechnung aufgeht und der Erfolg der jungen Industrie weiter anhält, muss nicht nur der Markt wachsen, sondern müssen vor allem die Kreditnehmer ihre Verpflichtungen ernst nehmen. Niedrige Ausfallraten von derzeit weniger als drei Prozent bestätigen die notwendige Zahlungsmoral. Eine Quote, von der andere Kreditgeber träumen. Mikrofinanzfonds haben jedoch auch ihre Tücken. Eine tägliche Handelbarkeit ist nur bei dem Mischfonds Good Growth gegeben. Bei den anderen betrachteten Fonds sind Käufe bzw. Verkäufe nur monatlich möglich. Hinzu kommt ein hoher administrativer Aufwand bei der Steuererklärung, weil die Erträge bei den ausländischen Fonds nicht ausgeschüttet, sondern wieder angelegt werden (Fachbegriff: thesaurierend). Dadurch ist der Anleger verpflichtet, die Höhe des thesaurierenden Anteils beim ­Finanzamt anzugeben, obwohl die Erträge nicht mal geflossen sind. Steuertechnisch nicht immer einfach.

Stabile Entwicklung Einen Überblick über die Mikrofinanzbranche gibt Interessenten der Symbiotics-Microfinance-Index (SMI). Einfach und aussagekräftig bildet er die Wertentwicklung der größten Mikrofinanzfonds seit 2004 ab. Die konstante Entwicklung und stetiges Wachstum sind eindeutig. Noch viel wichtiger: Der Index bestätigt, dass sich Mikrofinanzfonds fast vollständig unabhängig von anderen Anlageklassen entwickeln. Die Anleger blieben von den Einbrüchen an den globalen Finanzmärkten verschont. Die Strategie sorgte vor allem in Krisenzeiten wie 2008 und 2011 für eine Rendite, die wesentlich über dem Geldmarktniveau lag. Woher kommt die überdurchschnittlich hohe Rendite? Wie bei Krediten üblich von den Zinszahlungen. Auf dem ersten Blick scheinen die Zinsen, die MFIs von ihren finanzschwachen Kunden verlangen, horrend. Im Durchschnitt sind es über 20 Prozent im Jahr. Im Vergleich zu den lokalen Kredithaien, die mitunter 20 Prozent am Tag verlangen, vertretbar. Dass die Zinsen hoch sind, hat mit der personalintensiven Vergabe von Kleinkrediten zu tun. Die Mitarbeiter der MFIs fahren mit dem Moped über ungeteerte Wege raus zu ihren Kunden, um dort die Zinsen bar abzuholen. Diese sind meist die einzige Einnahmequelle der Institute. Der Rest fließt auf das Konto des Anlegers. Trotz der klaren Grundrichtung des Index unterscheiden sich die enthaltenen Mikrofinanzfonds deutlich. Die Mindesteinlage kann zwischen 500 und 10 000 Euro variieren, die Rücknahme der Anteile von täglicher bis viertel- oder halbjährlicher Verfügbarkeit reichen. Gemeinsam haben alle Fonds des Index, dass sie das verstärkte Interesse bei privaten und institutionellen Anlegern spüren. Das Tiefzinsumfeld, die anhaltende Euro-Krise und die Angst vor Inflation machen Mikrofinanzfonds zunehmend attraktiv.

Symbiotics-Microfinance-Index

Pkte

auf US-Dollar-Basis

140 130 120 110 100

2004 Stephanie Lichtenberg

05

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2014

Quelle: Symbiotics

Visionen verwirklichen Manche Mikrofinanzfonds dürfen in Deutschland nicht beworben werden. Anleger müssen direkt bei der Bank oder dem Online-Broker nachfragen, um investieren zu können. Achtung: Die Gebühren sind oftmals hoch. Name ISIN Währung Fondsvolumen Auflage in Mio. Euro

Invest in Visions DE000A1H44T1 Euro 24,89 responsAbility Global LU0180190273 Euro 545,25 Dual Return-Vision LU0236782842 Euro 95,90 Dexia Micro-Credit LU0164081316 Euro 214,78 Good Growth Fund* LU0360706096 Euro 12,40

Mindesteinlage in Euro

Gebühren (p. a.) in %

2008

Wertentwicklung in % 2009 2010 2011 2012 lfd. Jahr

01.10.2011 100 3,00 1,40 – – – – 0,97 0,46 26.01.2005 1  000 5,00 2,60 6,88 1,09 2,07 3,29 2,88 0,44 25.04.2006 1  000 3,00 3,00 5,60 3,27 2,72 2,51 3,34 0,31 01.04.2003 10 000 4,00 2,65 5,90 2,42 1,28 0,86 2,24 –3,55 14.05.2008 500 5,00 1,68 – 2,24 6,06 -4,52 0,93 1,14

Stand: 28.2.2013; *ethisch orientierter Mischfonds mit hohem Anteil an MFIs und Mikrofinanzfonds

FOCUS-MONEY 16/2013

Agio in %

Quellen: Onvista, Thomson Reuters Datastream, Fondsgesellschaften

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