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Volkspartei: Pech, Vernichtungskrieg und Selbstzerstörung

Die Rezession ab Jahresende 2022 war aber unabhängig von allen nationalen Fehlern eindeutig eine sehr internationale, wie etwa die zu diesem Zeitpunkt bekanntgewordenen Massenentlassungen großer amerikanischer Konzerne zeigen. Dieser Zusammenhang steht nur scheinbar im Widerspruch zum lange dominierenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Die Rezession dürfte aber auch einen Normalisierungseffekt haben: Arbeitskräfte könnten wieder weniger versuchen, die Bedingungen zu diktieren (wie etwa: viel Home-Office und eine angenehme Work-Life-Balance, also guter Gehalt bei wenig Arbeitsstress), sondern nehmen auch unangenehmere Jobs an.

Der Feldzug gegen die ÖVP n Die folgenschwersten Vernichtungsattacken auf die ÖVP hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft geritten. Sie hat gezielt den weitaus erfolgreichsten ÖVP-Mann der letzten Jahre, also Sebastian Kurz, kaputtgeschossen. Motiv mag dabei gewesen sein, dass Kurz es einmal gewagt hat, die WKStA zu kritisieren, oder aber der Umstand, dass linke Staatsanwälte spüren, dass eine Partei wie die Volkspartei stärker als andere von der Qualität des Mannes an der Spitze abhängig ist.

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Wechsel zu einem anderen großen Problemkreis. Das letztlich gleiche Ziel aller Parteien ist, möglichst alle Wählerstimmen zu erlangen, also anderen Parteien Wähler abzujagen. Das ist ihr ganz legitimes Selbstverständnis. Das erklärt jedoch noch nicht, warum gerade die ÖVP weitaus häufiger Ziel der Angriffe politischer Gegner ist, als diese selbst auf der Jagd nach Wählern angegriffen werden.

Das bedarf einer aufschlüsselnden Analyse, weil die Angriffe auf vielen Ebenen erfolgen, weil meist schwere Fehler der Volkspartei diese Angriffe erst ermöglicht haben.

Tatsache ist jedoch, dass die zwei Vorwürfe gegen Kurz, die ständig an die Öffentlichkeit gespielt worden sind, extrem dünn sind.

Tatsache ist jedoch, dass die zwei Vorwürfe gegen Kurz, die ständig an die Öffentlichkeit gespielt worden sind, extrem dünn sind und nach Ansicht vieler Rechtsexperten nie zu einer rechtskräftigen Verurteilung des früheren ÖVP-Obmannes führen können.

Das gilt für den Vorwurf der Falschaussage im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wo Kurz zwar durch die reflexartige Antwort »Nein« formal die Unwahrheit gesagt hat (ein Wort, das Politiker oft automatisch verwenden, damit ihnen keine Zustimmung zu all den in der Frage implizierten Aspekten unterschoben werden kann), wozu er aber im nächsten Satz sofort die Korrektur nachgeschoben hat, und wozu er dann überdies nachträglich eine – im Parlament sonst immer mögliche! – Protokollkorrektur anbringen wollte, die ihm aber beim Ausschuss von der Opposition verweigert worden ist.

Das gilt ebenso für den Vorwurf, Kurz hätte den Finanzministeriums-Beamten Thomas Schmid dazu angestiftet, Umfragen, die im Interesse des damaligen Aufstiegs von Kurz gelegen seien, in Auftrag zu geben und falsch abzurechnen. Auch das ist absurd. Haben doch zahllose andere breit publizierte Umfragen, die von den unterschiedlichsten Auftraggebern ins Feld geschickt worden sind, damals haargenau dasselbe gezeigt wie die Schmid-Umfragen, nämlich dass die ÖVP mit dem damaligen Außenminister Kurz als Chef dramatisch besser abschneiden würde als mit Reinhold Mitterlehner. Wozu sollte dann für Kurz eine so komplizierte Operation notwendig sein, dasselbe noch einmal via Finanzministeriums-Umfragen zu erfragen?

Den einzigen »Beweis« sehen die Kurz-Jäger in einer späteren Aussage von Schmid. Diese ist aber extrem unglaubwürdig. Denn sie wurde erst gemacht, als Schmid, der durch zahllose Beweise selbst schwer belastet ist, die Flucht nach vorne angetreten hat, in der Hoffnung, den strafbefreienden Kronzeugen-Status zu erlangen. Daraufhin hat er bereitwillig fast wörtlich alles wiederholt, was sich vorher die Staatsanwälte in ihren Verschwörungstheorien alles zusammengereimt haben. Schmids Aussagen sind eindeutig Gefälligkeitsaussagen, um sich selbst zu retten. Bei jeder anderen Aussagelinie hätten die Staatsanwälte Schmid nämlich den Kronzeugenstatus verweigert. Das Blöde für WKStA und Schmid ist aber nicht nur, dass diese Aussage auf Grund dieser Zusammenhänge we- nig wiegt, sondern auch, dass es keinerlei Sachbeweise gibt, die sie bestätigen. Dabei gibt es von dem extrem geschwätzigen Schmid Hunderttausende Chats über alles Mögliche, bis hin zu seiner sexuellen Veranlagung. Es gibt darin jedoch kein einziges Mail oder SMS, die eine Anstiftung durch Kurz beweisen würde. n Wenn man nach den Tätern des ÖVP-Vernichtungsfeldzugs sucht, ist daher Schmid an hervorragender Stelle zu nennen. Er war das, was man umgangssprachlich als karrieregeilen Typ bezeichnet, der sich einst ganz an den aufgehenden Star der ÖVP anzubiedern versucht hat. Genauso übel hat er sich dann auch an ihm gerächt, als er merkte, dass ihm Kurz nicht hilft oder helfen kann. n Damit kann man also auch etliche, freilich nicht genau identifizierbare ÖVP-Bundesländer-Chefs als wichtigen Teil der Armee der ÖVP-Vernichter einordnen. n Ganz entscheidend war bei der Vernichtung von Kurz und ÖVP zweifellos die Rolle der Justizministerin. Alma Zadic hat die WKStA immer voll gedeckt, trotz deren eindeutig politischer Agenda, trotz der zahllosen, sich ergebnislos über viele Jahre hinziehenden Strafverfolgungen, die nur durch Bösartigkeit oder Unfähigkeit erklärbar sind (was in beiden Fällen eindeutig menschenrechtswidrig ist). n Eine besonders kampfkräftige Einheit bei diesem Feldzug sind die Medien. Die ÖVP wie auch die FPÖ stehen einer heute bis auf wenige Ausnahmen praktisch geschlossenen Linksfront gegenüber. Das ist in keinem anderen Land so der Fall. Das hängt auch mit der

Man muss Kurz freilich vorwerfen, dass er Schmids Charakter nicht durchschaut und ihn nicht aus seinem Freundeskreis entfernt hat. Aber das ist eine Kritik an seiner Fähigkeit, Personen zu durchschauen, die sich bei ihm auch in anderen Zusammenhängen als sehr unterentwickelt erwiesen hat. Das ist jedoch strafrechtlich irrelevant.

Daher ist es auch nicht wahrscheinlich, dass die WKStA – wie es eigentlich ihre Pflicht wäre, wenn sie das Verfahren nicht einstellt, – Kurz in Bälde vor einen Richter stellen wird. Sie will sich keine neuerliche Blamage einhandeln, weil die gegen Kurz gesammelten Beweise viel zu dünn sind (wie es auch bei vielen anderen Prozess-Versuchen der WKStA der Fall gewesen ist). Andererseits will sie ihr neuerliches Scheitern erst recht nicht durch eine Einstellung des Verfahrens zugeben. Sie wird daher Kurz wohl noch lange als Beschuldigten behandeln.

Das Ziel seiner Vernichtung als Politiker und eines schweren Schadens für die ÖVP haben die Staatsanwälte ja ohnedies schon durch das Vorverfahren erreicht – und durch ein strafrechtlich eigentlich völlig irrelevantes Detail: Sie haben aus der unübersehbaren Menge von Chats, die sie sich geschnappt haben, auch einen Chat in den Strafakt genommen, in dem Kurz in einer vermeintlich privaten Unterhaltung ein Schimpfwort für Mitterlehner verwendet hat. Von einem solchen Strafakt ist es oft nur ein kurzer Weg in die Öffentlichkeit. Mit (was als wahrscheinlich gilt) oder ohne Zutun der Staatsanwälte.

Dieses Schimpfwort aber war für manche in der ÖVP – vor allem in einigen Bundesländern – zu viel. Sie haben deswegen Kurz nahegelegt zurückzutreten. Was er auch getan hat. Das aber hat die ÖVP nicht gerettet – wie die Rücktritts-Forderer wohl gehofft haben –, sondern noch viel tiefer in den Abgrund gestürzt . Denn aus dem Rücktritt wurde von vielen Wählern ohne tieferen Durchblick geschlossen, dass die Vorwürfe gegen Kurz offenbar doch stimmen.

Sie zur Justizministerin zu machen, war über das problematische Eingehen einer Koalition mit den Grünen hinaus einer der schwersten und sich alsbald rächenden politischen Fehler von Kurz. War sie doch eine der engsten Weggefährtinnen des deklarierten Kurz-Hassers Peter Pilz gewesen und hatte sie Kurz vor Regierungseintritt doch selbst persönlich attackiert.

Wie parteiisch Zadic agiert, war auch daran zu sehen, dass sie sowohl den zuständigen Oberstaatsanwalt wie auch den zuständigen Justiz-Sektionschef einfach suspendiert hat. Denn die beiden waren die einzigen, die den Umtrieben der WKStA noch entgegengetreten sind.

Man muss Kurz freilich vorwerfen, dass er Schmids Charakter nicht durchschaut und ihn nicht aus seinem Freundeskreis entfernt hat.

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