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BIM Entwicklung

Peter Löffler, Head of Digital Construction Programs, Siemens Smart Infrastructure

Die BIM-Methode hat großes Potenzial, Prozesse in der Baubranche zu optimieren und Kosten zu sparen, findet Peter Löffler, Head of Digital Construction Programs, Siemens Smart Infrastructure.

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„Die Autoindustrie ist ein Vorbild“

Noch ist die Digitalisierung der Baubranche nicht so weit vorangeschritten, wie es wünschenswert wäre – aber sie macht Fortschritte, findet der 61-Jährige.

Die Nutzung von BIM kann deutlich über den eigentlichen Bauprozess eines Gebäudes hinausgehen. Für welche Phasen des Lebenszyklus eines Gebäudes kann BIM eine Rolle spielen?

Das geht grundsätzlich von den frühesten Anfängen eines Bauprojekts bis zum Abriss des Gebäudes, also möglicherweise über Jahrzehnte.

Wo ist der Nutzen am größten?

Das trifft sicher auf die eigentliche Bauphase zu. In dieser Phase können viele Fehler vermieden werden, die ohne BIM gar nicht auffallen oder erst dann, wenn es zu spät ist, um sie ohne große Schwierigkeiten zu beheben. Wenn zum Beispiel eine Mauer falsch gesetzt wurde und dieser Fehler fällt erst auf, wenn schon lange weiter gebaut wurde, ist es ungemein kompliziert und aufwendig, das rückgängig zu machen. Das verursacht Kosten und benötigt Zeit. Nur: Dazu braucht man alle verfügbaren Daten, und das bedeutet wiederum, dass auch wirklich alle an einem Bauprojekt Beteiligten mitmachen müssen.

Man kann BIM ja auch noch deutlich erweitern. Dazu gehört zum Beispiel das sogenannte Connected Data Environment. Das bedeutet, dass auf einer Baustelle alle möglichen Daten zusammengetragen werden – wie viel Zement wurde verbraucht, wie viele Betonmischer wurden benötigt und wie viele LKW-Fahrten getätigt. Auch kann zum Beispiel mit Scans erkannt werden, wie weit ein Bauprojekt vorangeschritten ist und ob es im geplanten Zeitrahmen liegt.

„Die Idee von BIM lautet, ein Gebäude erst mal digital zu bauen, es sich dann genau anzusehen und alles auf seine Funktionalität zu testen. So kann man erkennen, was funktioniert und was nicht – und das über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg.“

Peter Löffler

Man kann aber vermutlich auch schon während der Planungsphase Fehler vermeiden?

Ja, auch in der Planungsphase kann BIM schon eine große Rolle spielen. Seit Jahrtausenden sind an einem Bauprojekt für gewöhnlich mehrere Beteiligte dabei – und umso größer und komplizierter das Projekt ist, umso mehr werden es. Häufig laufen die Prozesse nebeneinander her, ohne dass es zu einer Kommunikation oder Kooperation in der frühen Phase kommt. BIM, beziehungsweise überhaupt die Digitalisierung, stellt diese Erfahrung auf den Kopf, denn das Prinzip, das dahintersteckt, ist ja gerade, dass alle gewissermaßen an einem Tisch sitzen und mit denselben Daten arbeiten.

Sehen Sie Vorbilder in anderen Industriezweigen, die die Baubranche adaptieren könnte?

Eine Idee von BIM lautet, ein Gebäude erstmal digital zu bauen, es sich dann genau anzusehen und alles auf seine Funktionalität zu testen. So kann man erkennen, was funktioniert und was nicht, was also geändert werden muss, um ein optimales Ergebnis zu erhalten. Genau so arbeitet schon seit vielen Jahren die Autoindustrie. Bevor ein neues Modell gebaut wird, ist es am Computer schon etliche Kilometer gefahren, hat viele Crashtests durchgestanden und was sonst noch so alles geprüft und getestet wird. Insofern ist die Autoindustrie ein Vorbild, denn das ist die Grundidee, wie sie auch bei dem Bau von Häusern und Großprojekten funktionieren sollte: Erst alles am digitalen Zwilling prüfen, testen, versuchen – und wenn man die besten Ergebnisse hat, anfangen zu bauen. So kann man, um nur mal ein paar wenige von unendlich vielen Beispielen zu nennen, prüfen, auf welche Art man den geringsten Energieverbrauch erreicht oder wie sich im Falle eines Brandes die Rauchausbreitung entwickelt. Oder man kann, als ein spezifisches Beispiel in einem Krankenhaus, prüfen, wie die beste Raumverteilung für möglichst effiziente Laufwege anzulegen ist.

Wie weit ist die Entwicklung denn schon vorangeschritten?

Leider ist der Stand der Digitalisierung noch nicht so weit, wie wir uns das wünschen würden. Als ein Unternehmen, das für die technische Ausstattung von Gebäuden oder auch ganzen Komplexen zuständig ist, spüren wir das immer wieder. Von einem Zustand, dass wir vom Anfang bis zum Ende eines Projekts mit digitalen Mitteln arbeiten, sind wir noch weit entfernt. Aber die gute Nachricht ist: Wir kommen jedes Jahr ein Stück voran. Andere Länder wie Großbritannien oder Singapur sind da allerdings schon weiter. Gerade in Großbritannien passiert in Sachen Digitalisierung sehr viel.

Es heißt immer, die BIM- Methode hilft, Kosten und Zeit zu sparen. Müsste das nicht eigentlich ein überzeugendes Argument sein, sie möglichst rasch flächendeckend einzuführen?

Ja, aber diese Faktoren muss man erst einmal beweisen, und das ist zurzeit noch ziemlich schwierig. Man braucht vergleichbare Projekte – solche, die mit und solche, die ohne die BIM-Methode geplant, gebaut und betrieben wurden. Das müssen Flughäfen oder andere Großprojekte sein. Wenn sich daraus ergibt – woran ich keine Zweifel habe – dass die Projekte mit BIM schneller und kostengünstiger waren, wird das sicher viele überzeugen. Aber für solche Vergleiche gibt es einfach noch zu wenige Projekte.

Glauben Sie, dass sich die BIM-Methode in absehbarer Zeit durchsetzen wird?

In Dubai wurde jetzt das erste Haus komplett mit einem 3D-Drucker gebaut, in Singapur wurden Roboter zum Verlegen von Fliesen konstruiert. Je mehr aber automatisiert wird, desto genauer müssen die Planungen werden. Und das geht nur mithilfe der Digitalisierung. Ich glaube, in zehn bis 20 Jahren wird die Baubranche anders aussehen als heute – und BIM wird dazugehören. Zumal die Politik hier auch ein Antreiber ist.

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