Bertel-Express 32

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Ausgabe 32 07.08.2019

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort HINTERGRÜNDE: Die Gebirgseisenbahn COMIC: Die Gebirgseisenbahn Teil 1 COMIC: Die Gebirgseisenbahn Teil 2 INTERVIEW: Freddy Milton COMIC: Halloween VIELSEITIG: „Und dann kam Dolly“ COMIC: Spuk oder nicht Spuk INTERVIEW: Rob Klein REZENSION: DuckTales Comics #4 + #5 COMIC: Der Würstchendieb INTERVIEW: Kari Korhonen Internes LYRICS: „A Whale of a Tale“ Impressum

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Vorwort VON TOPOLINO

Liebe Leser, vielleicht erstaunt es euch, dass wir uns schon nach drei Monaten mit einer neuen Ausgabe melden. Grundsätzlich haben wir nämlich vor, den Veröffentlichungsrhythmus zu erhöhen — jedoch ist uns hier eure Meinung wichtig: Über den Erscheinungsturnus dürft ihr selbst abstimmen, mehr dazu auf Seite 73 in der neuen Kategorie „Internes“. Bedenkt jedoch beim Abstimmen: Je häufiger das Magazin erscheint, desto weniger Seiten wird es besitzen. Doch genug der Vorrede, lasst uns nun über die vorliegende Ausgabe sprechen. Bevor ihr fragt, wie wir an das Material von Milton und Nilcholson kommen: Im Prinzip Zufall. Freddy hat in seinem Interview, das wir mit ihm im Februar geführt haben, den inoffiziellen Eisenbahncomic erwähnt (der auf seinem Internetauftritt unter http://www.freddymilton.dk/ zu finden ist), weshalb wir nachgefragt haben, ob wir ihn verwenden dürfen. Er sagte zu. Als wir dann im Mai den Coverzeichner Nicholson interviewten, fragten wir ihn, ob er passendes Material zum Eisenbahncomic zur Hand habe. Er bot uns an, ein Cover zu zeichnen, welches ihr nun auf der ersten Seite dieses Magazins bestaunen dürft. Das Interview mit Ray wird erst in einem der folgenden Hefte veröffentlicht, dafür hat diese Ausgabe noch etwas anderes zu bieten: Beispielsweise ein ausführliches Interview mit dem sehr redfreudigen Rob Klein, nebst einem weiteren mit Kari Korhonen. An Rezensionen werdet ihr in dieser Ausgabe Fortführungen zweier Serien finden: Zum einen knöpfen wir uns zu dritt den Scarpa­Comic von Dollys erstem Auftritt im Rahmen der Reihe „Vielseitig“ vor, zum anderen steuert unser fleißiger David wieder einmal zwei Rezensionen der englischen DuckTales­Hefte von IDW bei. An Comics haben wir diesmal neben der bereits erwähnten Milton­Story erneut einen Achtseiter der Fanzeichnerin Sarah Jolley zu bieten, der wir übrigens gegen Ende des Jahres eine eigene Spezial­ Ausgabe widmen werden (mehr dazu auf Seite 73). Zudem steuern Mikkel Hagen sowie Chefredakteur Donald Duck34 jeweils einen Einseiter bei. Viel Spaß beim Lesen wünscht die Redaktion

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Die Gebirgseisenbahn VON

FREDDY MILTON

Im Alter von zwölf Jahren versuchte ich, einen etablierten Künstler und seinen Stil nachzuahmen. Es war nicht der unerreichbare Meister, der Entengeschichten schrieb, sondern der profanere Schöpfer der langen Micky­Maus­Fortsetzungsgeschichten. Später erfuhr ich, dass sein Name Paul Murry war und dass die Geschichten von einem Mann namens Carl Fallberg geschrieben wurden. Es gab einen ganz besonderen Grund, warum ich damals versuchte, wie er zu zeichnen. Es lag an einer seiner Geschichten über eine Eisenbahn in einem Berggebiet. Es wurde 1960 als Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht [vermutlich „Die tapferen Eisenbahner“ aus Anders And & Co. 38/60] und kurz darauf versuchte ich, eine ähnliche Geschichte selbst zu schreiben. Dass es bereits 1957 eine ähnliche Geschichte gegeben hatte [vermutlich „Die verschwundene Eisenbahn“ aus Anders And & Co. 17/57, Anm.], hatte ich nicht mitbekommen, denn in dem Jahr hatten meine Eltern gefordert, dass ich mein Abonnement für „Anders And & Co“, die hiesige Version der „Walt Disney Comics and Stories“, durch das "Alle Børns Blad" ersetzte, eine Zeitschrift, in der der Herausgeber der berühmte Moderator Jørgen Clevin war. Es war in schwarz­weiß mit viel Text und galt als kindgerechter. In den fünfziger Jahren wurden Comics viel kritisiert. Glücklicherweise habe ich später meine Comic­Sammlung mit dem fehlenden Jahrgang wieder vervollständigt.

Tatsache war, dass ich mich mit Modelleisenbahnen beschäftigt hatte. Ich hatte eine Märklin­Ausrüstung und baute mir eine Modellbahn auf einer Spanplatte auf. Aber dann hat mich Micky Maus in der richtig beeinflussbaren Phase erwischt. Ich liebte die aufregenden Micky­Maus­Abenteuer, die in einem Berghotel beginnen, wo es eine geheime Höhle mit Zugang zum Meer gibt sowie einige miese Typen und mysteriöse Ereignisse. So hat es mich erwischt, als ich die Geschichte mit der Bergbahn für meinen kleinen Bruder vorlas.

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Die Gebirgseisenbahn

Man könnte die Märklin­Lokomotive in das Design von Estella umbauen und einen orangefarbenen Tender bauen, da das lokale Spielwarengeschäft separate Räderpaare an Selbstbauer liefern könnte. Bald hatten wir auch einen Flachwagen mit Dynamitkisten und einen Personenwagen. Unsere Anforderungen wuchsen. Jetzt wurde die plane Spanplatte mit einer neuen Platte ergänzt, die an einem Ende in einer erhöhten Ebene endete, die eine Öffnung für einen Tunnel darstellte. Dann sollte es auch eine Brücke und eine Nachbildung der Station am Ahornsee und Bordsteine sowie einige kleinere Übergänge geben. Sie entsprachen natürlich nicht der Nenngröße H0 [Maßstab 1, Anm.], aber sie passten optisch als Schmalspurbahnen gut zu den Bergbahnen. Wir haben beim Reinemachen sogar unsere wulstigen Hüte aus Krepppapier von damals gefunden. Goofys blauer Hut hatte lange Hängeohren und Mickys roter Hut hatte runde schwarze Ohren an den Seiten. Die Trillerpfeife liegt aktuell vor mir auf dem Tisch. Das Merkwürdige ist, dass ich sogar noch die Modelleisenbahn habe. Wir fanden heraus, dass das Spanplatten­Standardformat 122x244 cm genau zur Anhängergröße passte, als wir alles von Viborg nach Sjælland transportierten. Was für ein unglaubliches Glück! Jetzt wartet die Eisenbahn in Plastik gewickelt in meinem Gartenhaus auf ihren nächsten Einsatz. Die empfindlicheren Teile werden im Haus gelagert.

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Die Gebirgseisenbahn Aber diese Modelleisenbahn hatte mein Interesse geweckt, mit einer solchen Eisenbahn eine neue Geschichte zu schreiben. Und das habe ich getan. Es kostete mich nichts. Zugegeben kosteten mich Zeichenstifte, Tinte und Zeichenpapier etwas im örtlichen Jacobi­Bürobedarf, aber das war locker mit meinem Taschengeld zu regeln. Es entstand eine 24­seitige Geschichte in drei Teilen, wie die im Magazin. Die Geschichte war mit Murrys bärtiger Figur mit langem Bart in einer positiven Rolle recht gut zusammengesetzt. Die Handlung beinhaltete einige pseudowissenschaftliche Hokuspokus, was zu urkomischen Gags und mysteriösen Ereignissen führte, genau wie Murry es getan hätte. Es gab auch eine abgeschlossene Vorgeschichte mit sieben Seiten, weil ein Murry­Comic auch so eine hatte. Ich habe die Serie im A2­Format für eine halbe Seite vor einiger Zeit gefunden. Während des Restaurierungsprozesses, um die Anatomie der Figur zu verbessern, bekam ich Besuch von einer Gruppe von Donaldisten. Das sind die Geeks, die sich extrem mit Disney­Reihen aller Art beschäftigen. Doch als die Gäste diese lange Eisenbahngeschichte sahen, die ich mit zwölf bis dreizehn Jahren schuf, waren sie richtig überrascht. Warum hätte ich mich nicht mit dem Gutenberghus­Verlag über das Projekt in Verbindung gesetzt? Es sähe beinahe professionell aus. Eine gute Frage, musste ich zugeben, aber ich konnte mir ein Leben als Comicschöpfer für mich nicht vorstellen. Zu dieser Zeit waren die dänischen Lizenzverlage auf der Suche nach neuen Talenten, da die US­Quellen langsam austrockneten. Damals hatten sie jedoch wenig Erfolg, was man im Magazin an den amateurhaften Inhalten erkennen konnte, die sie dort präsentierten. Zu dem Zeitpunkt wechselte ich mein Abonnement zu einem neuen Magazin namens Daffy. Hätte ich mich damals an die dänischen Verlage gewandt, die in ganz Skandinavien und Deutschland Disney­Material präsentierten, wäre ich vielleicht schon in jungen Jahren auf den Trichter gekommen und meine Karriere wäre ganz anders verlaufen. Das war zum Glück nicht der Fall, aber ich werde mehr darüber in meiner Autobiografie „The Boy Who Loved Carl Barks“ [„Der Junge, der Carl Barks liebte“] erzählen.

Freddy Milton, 2017

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Comic: Die Gebirgseisenbahn

Story: Freddy Milton, Rob Klein; Zeichnungen: Freddy Milton; Übersetzung: Topolino (Entstehung: 1960)

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Story: Freddy Milton, Rob Klein; Zeichnungen: Freddy Milton; Übersetzung: Donald Duck34, David Bühring, Topolino (Entstehung: 1960)

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Interview mit Freddy Milton VON DONALD DUCK34 ÜBERSETZUNG: TOPOLINO

Du hast bisher für drei für Disney-Comics zuständige Verlage gearbeitet, den dänischen, niederländischen und italienischen. Gibt es da Unterschiede oder läuft das überall ähnlich ab? Ich habe kaum für Mondadori gearbeitet. Die Löhne waren gering. Ich kam zu Oberon/Sanoma, nachdem ich von Gutenberghus/Egmont wegen eines als Plagiat missverstandenen Falls auf die schwarze Liste gesetzt wurde. Oberon erlaubte mir mehr Freiheiten in Bezug auf die Ideen und ihre Umsetzung. Nebenbei hatten sie auch noch einen brillanten Zeichner, Daan Jippes, mit dem ich gearbeitet und dabei viel gelernt habe.

Welche Zeichner und Autoren schätzt du oder waren früher deine Vorbilder? Und mit wem arbeitest du am liebsten an Comics? Die meiste Zeit arbeite ich alleine. Ich habe eine Autobiographie geschrieben, „The Boy Who Loved Carl Barks“ (deutsch: Der Junge, der Carl Barks liebte), welche auf Amazon verfügbar ist. Der Titel offenbart bereits, woher meine Inspiration kommt. Daan Jippes war mein zweiter Guru. Aktuell arbeitet mein deutscher Übersetzer an einer deutschen Version meiner Biographie.

Welche Disney-Figur magst du am meisten? Donald Duck. Seine Charakterzüge sind am vielseitigsten.

Du hast noch keinen Comic mit Micky Maus gezeichnet? Magst du seinen Charakter nicht? Oh, dann schaut euch mal meine Eisenbahngeschichte an [Seiten 7 bis 37, Anm. d. Rd.].

Dein aktuellster Disney-Comic wurde 2015 veröffentlicht? Kann man bald wieder welche von dir erwarten? Nein, ich habe mit dem Zeichnen aufgehört. Jetzt schreibe ich Bücher. Schaut euch mal hier um: www.questland.org

Was macht mehr Spaß und was ist anspruchsvoller: die Arbeit als Autor oder als Zeichner? Für mich bilden Schreiben und Zeichnen zusammen eine Einheit. Beides ist gleichermaßen wichtig. Im besten Falle, wie bei Carl Barks, wirken sie so perfekt zusammen, dass alles auf eine höhere Stufe des Geschichtenerzählens angehoben wird.

Welche ist von deinen eigenen Comics deine Lieblingsgeschichte? Die ersten beiden „Gnuff“­Alben, die zusammen eine Geschichte bilden.

Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen!

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Comic: Halloween

Story, Zeichnungen und Kolorierung: Mikkel Hagen; Übersetzung: David Bühring (Entstehung: 2015)

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen „Und dann kam Dolly“

INHALTSANGABE VON DAVID BÜHRING Dagobert bekommt Post von der schönen Nelly, dass er sich persönlich etwas bei ihr abholen solle. Dieses Etwas entpuppt sich als ein Jemand, nämlich als Nellys Enkeltochter Dolly, der Nelly gerne ein Leben in der Großstadt Entenhausen ermöglichen möchte. Dagobert nimmt sie nach anfänglicher Scheu mit nach Entenhausen möchte sie dort unter großem Tamtam seinen Freunden und Familie vorstellen. Doch Dolly scheint wenig von Familie zu halten und hat lieber musikalischen Spaß mit den Drillingen, anstatt ihre liebe Großmutter anzurufen. Dagobert nimmt das etwas mit. Hat Dolly etwa so schnell schon ihre Wurzeln vergessen?

REZENSION VON DAVID BÜHRING Dolly gibt es in den Lustigen Taschenbüchern schon lange. So lange, dass die Vorstellung schwer fällt, dass diese Figur mal neu war und sich vor den Lesern etablieren musste. Das erklärt auch ein wenig Scarpas Entscheidung, Dolly als Enkeltochter von Nelly einzuführen: Die taffe Dame von gestern, voller Stolz und Intelligenz, bildet einen interessanten Gegensatz zur schnelllebigen und sorgenfreien Dolly, welche ohne großen Auftritt mit vielen bekannten Entenhausenern vielleicht anbiedernd an die Jugend und unsympathisch gewirkt hätte.

Ihr Nachname im italienischen Original lautet Yè­Yè, der Name eines Popmusik­Genres, das besonders in den Sechzigern beliebt war. Der Name des Genres stammt vom englischen „Yeah“, das als Füllwort immer gerne in Liedern verwendet wurde. Die Sängerinnen wurden als Yè­Yès bekannt, unter anderem France Gall, die mit „Poupée de cire, poupée de son“ den Eurovision Song Contest 1965 gewann. Wie die vermutlich bekannteste Band der Sechziger trugen auch France Gall und Dolly Duck einen modischen Pilz­ oder Bubikopf als Frisur. Gall ließ sich die Jahre danach die Haare länger wachsen, Dolly blieb jedoch ihrer Kurzhaarfrisur und ihren an Goofy erinnernden Farbschema treu.

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen Obwohl nicht zuletzt dank ihrem Radioring viel Musik in „Und dann kam Dolly“ auftaucht, macht Musik und Tanz nur einen kleinen Teil von Dollys Charakter aus. Dolly ist zwar weitaus älter als zum Beispiel die Drillinge, spielt aber gerne mit ihnen Musik und tanzt auch mit Dicky, Dacky und Ducky. Dennoch nimmt Dagobert sie ernst und hört auf ihre Vorschläge, auch wenn diese neuartig sind oder gar Geld kosten. Da Dagobert sich so schnell ihrer annimmt, bevor sich Dolly als pfiffige Figur entpuppen konnte, lässt natürlich Interpretationen betreffend ihrer möglichen Verwandtschaft miteinander zu. Der Comic bestätigt oder widerlegt keine davon: Dagobert jammert, dass die Vergangenheit einen immer wieder einhole, laut Nelly wisse Dagobert schon, dass sie eine Enkelin hat und sie wolle das Mädchen nicht in fremde Hände geben, Dolly nennt Dagobert erst Onkelchen und dann Opi... aber das wäre ohnehin alles Vergangenheit. Nelly betrachtet sich inzwischen als zu alt für Dagobert, obwohl beide ungefähr dasselbe Alter haben müssten. Die beiden Scarpa­Figuren Dolly und Gitta hingegen sind noch jung, denen gönnt Nelly ihre Abenteuer mit Dagobert. Und inzwischen über fünfzig Jahre an Comics mit den beiden geben Nelly da recht.

REZENSION VON SPECTACULUS Ich weiß gar nicht mehr, wann ich Dolly Duck das erste Mal begegnet bin. Klar, viele Figuren sind einfach „da“, wenn man nicht total systematisch vorgeht und nach den Debütstorys sucht. Aber Dolly gehört zu den Charakteren, die im deutschsprachigen Raum nicht richtig eingeführt wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass sie auch in Italien lange Zeit nicht sonderlich populär war. Es könnte sogar sein, dass ich ihr zuerst in „Schnupfenschlacht“ ­ einer dänischen Geschichte! ­ begegnet bin. Ungewöhnlich alleine deswegen, weil die dänischen Comics nur äußerst selten Dinge aus den italienischen übernahmen, aber John Blair Moore kannte Dolly offenbar gut genug, um ihr eine kleine Nebenrolle zu geben. Am meisten beeindruckt hat mich Dolly wahrscheinlich in „Das Geheimnis des Luna­Parks“, immerhin „schon“ in LTB 354 (36 Jahre nach Entstehung) erschienen. Ganz toll natürlich auch ihre Rolle als Prinzessin, die viel lieber ein Ritter wäre, in der "Drachenland"­Trilogie, und ihr Auftritt in der Oscar­Wilde­Parodie „Es ist wichtig, Ernst zu sein“, aber diese Geschichten stehen ja ähnlich wie „Detektiv Donald“ ein Stück weit außerhalb des normalen Entenhausens. Wer oder was ist Dolly eigentlich? Nun, wenn man sich auf das klassich Barks­geprägte Entenhausen bezieht, ist sie eine doch etwas fremdartig wirkender Charakter. Und das nicht nur, weil sie jugendlich und weiblich ist. Carl Barks war nicht übermäßig sexistisch, aber die Akteure in seinen Geschichten sind doch mit wenigen Ausnahmen männlich. Seine wichtigsten weiblichen Schöpfungen sind die eindeutig negativ besetzte Gundel Gaukeley und Nelly, der Stern des Nordens ­ keine durchweg negative Figur, aber eben doch mit dieser halbseidenen, kriminellen Vergangenheit. Romano Scarpa war lange vor Don Rosa der erste, der die wohl eher für den einmaligen „Gebrauch“ gedachte Nelly wiederbelebte, auch wenn sie vom Yukon in den Wilden

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen Westen verlegt wurde und ihr Auftritt wohl hauptsächlich als Rechtfertigung für Dollys Einführung dient. Ich will Scarpa aber nicht Unrecht tun: Nicht nur, dass Nelly rein optisch recht nah an Barks' Version ist, nein, auch die komplizierte Beziehung mit Dagobert wird nicht ganz aus den Augen verloren. Die Möglichkeit einer wieder aufflammenden Leidenschaft schließt Scarpa aber (anders als Rosa) dadurch aus, dass Nelly erstens behauptet, sich zu alt für (ähem) solche Dinge zu fühlen und zweitens durch die symbolische „Übergabe“ des Staffelstabs an Gitta. Diese übernimmt in späteren Geschichten übrigens manchmal auch quasi die Patenschaft für Dolly — Blondinen united! Apropos: Die blonde Haarfarbe ist, neben der musikalischen Begabung, auch so ziemlich die einzige Gemeinsamkeit zwischen Nelly und ihrer Enkelin Dolly. Man könnte zwar im Verlauf der Geschichte vermuten, dass Dolly das etwas bedenkliche Verhältnis zu Geld von ihrer Oma geerbt hat, aber im Comic wird eher auf den Generationenkonflikt abgehoben. Dagobert nimmt dabei die Rolle des Alten ein, der über die Jugend schimpft ­ ein Vorurteil, das Scarpa mit dem Schluss gekonnt demontiert. Davon abgesehen, besteht der Comic eher aus einer Aneinanderreihung von einzelnen, teilweise sehr rasanten oder komischen Szenen als aus einer wirklich stringent durchdachten Handlung mit rotem Faden. Das stört mich eigentlich nicht per se, kommt es doch dem echten Leben viel näher als Geschichten, bei denen jedes Panel wichtig ist ­ aber die heutigen Lese­ und Schreibgewohnheiten sind nun mal auch in Italien andere als noch in den 1960ern. Auch das trägt dazu bei, dass sich Dollys jetzt endlich bei uns abgedruckter Erstauftritt nicht so natürlich anfühlt. Die Frage, ob Dollys Einführung nicht trotz ihrer Anbindung an Nelly, wie David es geschrieben hat, „anbiedernd“ wirkt, sollte man schon mal in den Raum stellen. Die Szene, in der praktisch alle bekannten Entenhausener herbeieilen, um den Neuzugang zu begrüßen, wirkt auf mich immer noch befremdlich. Dass Dolly im Gegenzug ein LTB aus der Tasche zieht und als Krönung ausgerechnet Donald und Gitta imitiert ­ geschenkt. (Einen ähnlichen Gag hat Scarpa bei „Der goldene Eisenkamm“ auch wieder verwendet...) Trotzdem: Ich bin froh, dass wir die Geschichte endlich lesen durften, und hoffentlich werden auch in Zukunft Dolly­Geschichten (z. B. von Vito Stabile) bei uns veröffentlicht. Dolly ist nicht zuletzt ein Bindeglied zwischen den beiden Drillingsgrüppchen und den Erwachsenen ­ ein bisschen älter und erfahrener als TTT und DDD, aber deutlich flippiger und temperamentvoller als viele Erwachsene. Daraus kann man noch einiges machen.

REZENSION VON IDEEUS Die 60er Jahre umfassen in groben Zügen Studentenrevolten, Vietnamkrieg, Hippies, Woodstock, … …und das Debut der von Romano Scarpa erdachten Figur DOLLY DUCK, die das Sinnbild des damals typischen Teenagers verkörpern sollte: mit hibbeligen Bewegungen, wilder Frisur und Zuwendung zur Rockmusik. Schon ihr Originalname „Paperetta Yè­Yè“ verweist auf letztgenannten Punkt, ist ein regelrechter Wink mit dem Zaunpfahl. Gemeint ist damit die in den 60ern beliebte Richtung der Popmusik namens Yéyé, basierend auf dem Füllwort „Yeah“ in der britischen Beatmusik.

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen

Eingeführt wird die junge Dame als Enkelin von Dagoberts großer, bei Barks auch einziger, Liebe Nelly, dem Stern des Nordens, von der Dagobert, laut Handlung, scheinbar schon wusste. Es stellt sich dem treuen Leser allerdings die Frage nach dem WOHER. In „Wiedersehen mit Klondyke“ existiert keine Enkelin, zumindest wird sie nicht erwähnt. Ob sie überhaupt Nellys leibliche Enkelin ist sei dahingestellt, schließlich erwähnte dieser in besagter Geschichte, sie habe „ihr Geld Waisenkindern gestiftet, deren Eltern in Klondyke ‚zugrunde gegangen‘ sind“. Denkbar, dass Dolly ein Kind eines dieser Kinder ist und so zu Nellys „Enkelin“ wurde. (Welcher Mann hätte in Nellys Herzen schon neben einem Dagobert Duck bestehen können?) Dolly ist weit genug herangewachsen, um unabhängig von ihrer Großmutter leben zu können und soll aus diesem Grund mit dem, von ihr (scherzhaft?) so genannten, Opa nach Entenhausen kommen, was dieser, nach einigem Sträuben auch gutheißt. Bei der Reise prallen Vergangenheit und Zukunft erneut aufeinander: kommuniziert man noch altmodisch mittels Briefen, so werden diese bereits mittels Post­ Rakete ausgeliefert, mit deren Hilfe Dagobert und Dolly ihren Weg antreten. Raketen waren damals schon erfunden, für einen schnelleren (elektronischen) Weg der schriftlichen Kommunikation reichte Scarpas Phantasie wohl nicht. Dass ihr ihre neue Familie bereits aus dem LTB bekannt ist, stellt einen netten Gag auf der Metaebene dar, und sie dementsprechend parodieren kann ist ebenso ein Hinweis auf eine Verwandtschaft zu Nelly, da sie offensichtlich deren künstlerisches Talent geerbt hat, wie auch Dagobert anmerkt. Die eben beschriebene Situation ist nur der Beginn mehrerer Episoden, die dazu dienen, Dolly dem Leser vorzustellen: Sie macht Musik mit Tick, Trick und Track, zumindest spielt sie diese laut aus dem Radio­ Ring an ihrem Finger, verkauft den Krempel, mit dem sie dafür beworfen werden, mit großem Gewinn (ein Anzeichen, dass auch ein gutes Stück Dagobert in ihr stecken könnte), … Wie die Episoden bereits ahnen lassen, einen richtig durchgehenden Handlungsstrang gibt es an sich nicht, stattdessen viele kleinere Erzählungen, die zu einer Story zusammengefügt wurden. Dass sich schlussendlich eine Stadt dazu einfindet, wie es eigentlich eher für ein Dorf denkbar ist, eine neue Einwohnerin willkommen zu heißen, wirkt in der realen Welt utopisch, macht aber auf der zuvor bereits einmal erwähnten Metaebene Sinn, schließlich feiern die altbekannten Charaktere die Einführung einer neuen Figur, die, im Gegensatz zu etlichen Einmal­Charakteren, in ihre Welt gekommen ist, um dauerhaft zu bleiben, was nicht alle Tage vorkommt.

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen Persönlich bin ich immer froh wenn, auch mit starker Verspätung, Lücken meiner Kindheit endlich geschlossen werden. Meine erste Begegnung mit Dolly war in LTB 119 in „Die Abenteuer von Marco Polo“, auch danach waren es im LTB zumeist Kostümrollen. Dies ließ mich etwas ratlos zurück, da sie irgendwie zwar zur duckschen Sippe dazuzugehören schien, aber mangels Geschichten mit der „echten“ Dolly wusste ich nicht wie. Diese kamen meist in den legendären „100­Seitern“, aber diese erschienen zumeist vor meiner Zeit. So erfuhr ich irgendwann aus dem Internet, dass Dolly Nellys Enkelin sein sollte, was mich einigermaßen verblüfft zurückließ, eben aufgrund der Geschichte Nellys und Dagoberts. Ältere Leser werden sich zumeist sicher über diese Geschichte freuen, wie sie bei der jüngeren Leserschaft ankommt vermag ich nicht zu beurteilen, da sie sich doch in ihrer Entstehungszeit deutlich abhebt. Andererseits gibt es ja auch für die Neuauflagen der ersten LTBs scheinbar genug nachwachsende Leserschaft, sodass ich denke, dass ihr klassischer Stil allgemein gut ankommen wird.

REZENSION VON KARSTEN BRACKER Dolly … erst einmal mich im Inducks vergewissern, wer das denn noch einmal sein soll: Glittering Goldie‘s teenage granddaughter, Erstauftritt 1966 in „Arriva Paperetta Yè­Yè“ – in der deutschen Fassung „Und dann kam Dolly!“ – na immerhin, kein vertieftes Vorwissen nötig. Die Geschichte von Scarpa und Cavazzano verfasst und gezeichnet – kann also so schlecht auch nicht sein. Na dann los. Gelesen habe ich die Geschichte im 517. Lustigen Taschenbuch (26. Februar 2019). Neun Tage später wurde der 40­Seiter im Hardcover­Band „Der Stammbaum der Ducks“ – hier übersetzt von Susanne Walter unter dem Titel „Hallo Dolly“ – wieder einmal ein leider immer noch nicht untypischer Organisationsfehler der deutschen Egmont­Sektion, also auch hier Glückwunsch zur doppelten Übersetzung. Die Geschichte im Kurzüberblick: Donald bemerkt bei seinem neuen Job (nicht von seinem Erbonkel angenommene Post zurückzubringen) einen besonders erscheinenden Brief, welcher mit „Raketenpost“ aus dem Wilden Westen geschickt wurde. Dagobert denkt natürlich sofort an seine alte Flamme Nelly und macht schnell alleine sich auf den Weg nach Nugget City. Dort versucht die uns so gut bekannte Saloonsängerin ihre Enkelin Dolly mit dem Fantastilliardär nach Entenhausen zu schicken. Aufgrund der noch immer vorhandenen Schwärmereien für Nelly bemüht sich der alte Erpel nach zeit­ und nicht Geld sparendem Transport als Fracht per Rakete nach Entenhausen besonders um das Wohl der Neuankommenden und versucht sich darin (natürlich inklusive der üblichen Zusatzverdienste) sie mit einem großen Fest in seiner Stadt willkommen zu heißen. Nach einigen weiteren das Ende herauszögernden Geschehnissen auf dem Wege zur Feier landet dann der (halbe) „Wilde Westen“ mitsamt Nelly in der Stadt an der Gumpe und feiert „wie in guten alten Zeiten“. Im Stile eines Fallschirmjägers springt er über Nugget City, in der nicht­anatiden Welt gibt es einen solchen Ort im Lawrence County in North Dakota – allerdings hat sich die Stadt im Comic zu einer etwas moderneren Variante weiterentwickelt, ein menschlicher Besucher hätte es heute mit einer Geisterstadt zu tun.

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Vielseitig: ein Comic, viele Meinungen Der über 50 Jahre alten Geschichte merkt man ihr Alter insofern an, als dass die kurz vor ihrem Höhepunkt befindliche Raketenbegeisterung deutlich dargestellt wird: Die Landekapsel erinnert hierbei durchaus an die der sich zum Zeitpunkt der Entstehung entwickelnden Apollo­Missionen, jedoch können diese in Entenhausen quasi schon punktgenau im Hafenbecken landen, ein bemerkenswerter Vorsprung.

Wieso schreibe ich das? Nun, die Geschichte ist im Gesamten ziemlich wirr, das Ende voraussehbar und die Rolle der Dolly als überaus hyperaktive eine Stadt mit Lärm beschallende Nervensäge auch schnell erzählt. In Italien sind insgesamt 115 Geschichten mit Dolly Duck erschienen, größtenteils taucht die Figur in Jubiläumsgeschichten zusammen mit vielen anderen Figuren auf. In Brasilien gestand man Dolly 99 Auftritte zu, bei Egmont ganze zwei – letzteres erscheint mit am angemessensten. Das letzte Panel spricht auch in seiner kitschigen Einfalt Bände:

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Comic: Spuk oder nicht Spuk

Story, Zeichnungen und Kolorierung: Sarah Jolley; Übersetzung: David Bühring (Entstehung: 2017)

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Comic: Spuk oder nicht Spuk

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Comic: Spuk oder nicht Spuk

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Interview mit Rob Klein VON

DAVID BÜHRING UND DONALD DUCK34 ÜBERSETZUNG: SPECTACULUS

Wie kann man sich die Entstehung eines Disney-Comics von der ersten Idee bis zu den Tuschezeichnungen vorstellen? Meine Geschichten kommen aus vielen verschiedenen Quellen. Normalerweise beginne ich mit einer Idee, die aus einem Ereignis oder einer Begebenheit in meinem Alltag stammt, welche eine Idee auslöst, oder mit einer Idee, die aus der Vision einer lustigen Szene, die ich gerne sehen würde, stammt, oder eine Szene, die toll für ein Splashpanel wäre (woraus viele von Carl Barks geschriebene und gezeichnete Geschichten entstanden sind). Oder eine Idee kann dadurch entstehen, dass ich darüber nachdenke: Was sollte einer der Stammcharaktere tun, wie soll er sich verhalten, was würde ich gerne mal sehen? Oder man bringt einen neuen Charakter ein, der eine neue Dynamik nach Entenhausen bringt, die zukünftige Geschichten über Entenhausen interessanter machen könnte. Dazu kommt: Da ich gerne über Dinge schreiben möchte, die ich kenne und die mich interessieren, schreibe ich manchmal Storys, die auf meinen eigenen Hobbys, Aktivitäten und Interessen basieren bzw. damit zu tun haben. Eine letzte Quelle für neue Comic­Ideen sind reale oder fiktive Situationen, die solchen ähneln, welche ich selbst erlebt habe, in denen ein Ereignis so scheint, als wäre es etwas anderes, und damit verwechselt wird ­ oder zwei Dinge, die exakt gleichzeitig passieren, wobei das eine fälschlicherweise für den Grund dafür gehalten wird, dass das andere geschieht, was dann wiederum zu lustigen Situationen führt.

In „Zerstrerisches Glück“ lernen wir Gustavs Vetter kennen. 54

Ein Beispiel dafür, wie ich neue Charaktere einführe, ist Gerhard Gans, Gustavs eineiiger Zwilling (von der Redaktion zum Vetter abgeändert): Ich habe ihn als Erklärung dafür eingeführt, warum Gustav fast immer Glück hat. Sein Zwilling, der aus demselben Ei stammt, hat die gesamten „Pechgene“ geerbt, während Gustav jene für glückliche Fügung bekam [in „Zerstörerisches Glück“, Micky Maus Taschenbuch 1, Anm. d. Red.]. Beispiele, bei denen ich über meine Hobbys und Beschäftigungen geschrieben habe, sind die Storys, die ich über Donalds Skirennen („Der Zwieseldorfer Abfahrtslauf“, Micky Maus 01/1992 und Entenbuch der Rekorde, siehe S. ), Dagoberts Skirennen („Retter auf Brettern”, Micky Maus 09/2017 und Donald Duck von Jan Gulbransson), und Tick, Trick und Track beim winterlichen Überlebenstest („Zu viele Orden“, Micky Maus 06/2010, Bild rechts oben) geschrieben habe. Ein Beispiel dafür, wie ich eine Geschichte aus einer zeichnerisch interessanten Idee entwickelt habe, ist eine Geschichte, in der Tick, Trick und Track ein Gerät von Daniel Düsentrieb


Interview mit Rob Klein zur Kommunikation mit Tieren benutzen, um Hunderte Biber davon zu überzeugen, Baumstämme auf der Gumpe in den Bergen zu zerkleinern, hinter denen sich ein großer See gebildet hatte, der Entenhausen bedrohte. Das Splashpanel sollte viele Hubschrauber zeigen, welche Unmengen an Bibern über der Blockade fallen lassen. Diese Geschichte ist noch nicht eingereicht worden. Ein Beispiel dafür, wie ich eine Geschichte schrieb, weil ich einen bestehenden Charakter etwas Bestimmtes tun lassen wollte, war „Hochzeit wieder Willen“ (MMC 27 und Donald Duck von Jan Gulbrans­ son, Bild S. 57), wo ich eine Freundin aus Dagoberts Jugend einführte, und ihn tatsächlich heiraten ließ. Das ist meines Wissens nach das erste und einzige Mal, dass dies in irgendeiner Comicgeschichte geschehen ist. [Anm. d. Red.: Hier irrt Rob Klein, denn das Szenario gab es tatsächlich schon einige wenige Male, zumindest in Italien, zum Beispiel in „Bräutigam wider Willen“ oder „Die Hochzeit von Dagobert Duck“.] Ähnlich dazu habe ich Geschichten mit

einer Freundin von Franz Gans („Verliefd“, auf Deutschland unveröffentlicht) oder Daniel Düsentrieb (die Geschichte ist fertig, aber noch nicht eingereicht). Sobald die Inspiration da ist, fange ich an, einen groben Plot auszuarbeiten. Wenn die Inspiration ein lustiges Splashpanel war, muss ich die Ereignisse schildern, die zu der Szene führen, und später herausfinden, wie die Hauptcharaktere in die Lösung des Problems mit dem verdammten Fluss involviert sein können. Das beinhaltet die Entscheidung, wer von ihnen der "Held" sein wird, bzw. ob es überhaupt einen Helden gibt, und welch unerwartetes Ereignis als überraschende Wendung gegen Ende kommen kann. Falls es keine unerwartete Wendung geben sollte, müsste ich einen beson­ders lustigen Gag einbauen, damit sich der Leser dennoch überrumpelt fühlen kann. Wenn die Inspiration von einem Zufall stammt, muss ich den Plot danach entwickeln, indem ich den Leser durch eine Reihe von Fehlinterpretationen der Situation durch diverse Cha­ raktere führe, die denken, sie hätten eine bestimmte Sa­ che gesehen, obwohl es tatsächlich etwas Anderes war.

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In H 2013-380 bekommt Frans Gans eine Freundin.


Interview mit Rob Klein Ich versuche dann, es so einzurichten, dass diese Fehldeutungen heftige, verrückte oder desaströse Folgen auf die Gemeinschaft der Charaktere haben, oft sogar auf die gesamte Stadt Entenhausen (oder das rivalisierende Goosetown [Gänsfurt?] ­ in einer Geschichte, wo Donald oder Dagobert in einem Städtewettbewerb für den Entenhausener Bürgermeister arbeiten). Dann müsste ich entscheiden, ob der Hauptcharakter am Ende zum Helden wird (entweder hart verdient ODER durch Zufall), ODER, ob er verspottet, für das Disaster verantwortlich gemacht und aus der Stadt gejagt wird. Beispiel: In „Der Zwieseldorfer Abfahrtslauf“ lasse ich Donald das Rennen gegen seinen größten Konkurrenten gewinnen. Der hatte geschummelt, aber weil Donald auf Nummer sicher gehen wollte, hat er eine Abkürzung zum Ziel genommen. Dadurch ist er aus Versehen von einem Hügel gesprungen, direkt auf die Festtafel der Bürgermeister und Schiedsrichter, und hat diese vor den landesweiten Fernsehzuschauern schlecht aussehen lassen. Deswegen wurde er auch disqualifiziert, womit Entenhausen die Ehre entging, das prestigeträchtige Rennen zu

„Zu viele Orden“ (Woudloper-wedstrijd, 2007)

gewinnen. Der wütende Entenhausener Bürgermeister verfolgt Donald, der wie der „Sündenbock“ wirkt. Doch Donalds „Unfall“ wurde von einem Produzenten von Sportcomedy gefilmt, der Donald einen Vertrag und jede Menge Geld dafür gibt, der neue Star seiner Sport­Comedy­TV­Show zu werden. So kann man ein sehr erwartbares Ende zufriedenstellend abwandeln. Donald­ und Dagobert­Geschichten, eigentlich alle Duck­Comics, haben typische wiederkehrende Muster, die einfach in den Charakterzügen der Figuren begründet liegen, wie sie Carl Barks innerhalb seiner 25 Jahre Autoren­ und Zeichnerschaft definiert hat. Der Hauptgrund, warum seine Geschichten einen viel höhreren Qualitätsstandard haben als üblich in der Comicheftindustrie, liegt darin, dass seine Storys immer als korrekte Charakterisierungen erkennbar sind — aber weil die Charaktere viel stärker ausgeprägt sind als die meisten Comichelden, könen die Ergebnisse auf viele verschiedene Weisen abweichen, und trotzdem immer noch „in character“ sein. Donald, Dagobert, die Neffen, Düsentrieb, Dorette, Franz, und sogar Daisy können Helden oder Verlierer sein, sie können ehrlich und hart arbeitend sein oder faul und liederlich, oder sogar (bis zu einem gewissen Grad) gemein durch Eifersucht, Selbstsucht oder Lust am Unfug. Ich versuche diese Eigenschaften in verschiedenen Storys so zu verwenden, dass man die Enden nicht vorhersehen kann. Sobald der komplette Plot in meinem Kopf feststeht, muss er auf Papier festgehalten werden, sodass ich festlegen kann, wieviele Seiten es braucht, um die Geschichte mit dem richtigen Entwicklungsraum (Erzähltempo) zu „entfalten“.

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Interview mit Rob Klein Das ist notwendig: Am Anfang braucht man Platz, um das Setting der Story zu zeigen, wo die Dinge vonstattengehen, und den Kontext davon, und damit die Beweggründe der Hauptcharaktere langsam enthüllt werden können. Das wird mit einem relativ langsamen Tempo getan, zu Beginn der Geschichte, sodass es in die Handlung einbezogen werden kann, und auch um Spannung aufzubauen (Neugier des Lesers, was denn nun passieren wird, und wie). Das wird dazu führen, dass der Leser weiterlesen will, immer mehr, weil er mit deren Fortschreiten immer mehr in die Story hineingezogen wird. Um diesen Effekt zu erzielen und die Aufmerksamkeit des Leser zu halten, muss die Geschichte flotter werden, nachdem die Beweggründe der Figuren klargeworden sind und das Setting vollständig ist. In einer 10­ bis 12­seitigen Hauptgeschichte braucht die gemächliche Einleitung meistens eineinhalb bis drei Seiten. Dann laufen die nächsten zwei bis drei Seiten meistens in einem mittleren Tempo ab, hier beginnt die wichtige Handlung für jeden der Hauptcharaktere. Wir sehen sie oft miteinander interagieren, oft aber auch unabhängig voneinander. Das benötigt weitere Panels und Zeit, bevor die Handlung noch mehr Fahrt aufnimmt und der Höhepunkt (wichtigstes Ereignis) naherückt. Der wird meistens auf Seite 8 oder 9 erreicht und in einem Splashpanel gezeigt. Das kann ein Kampf sein oder eine Konfrontation der Hauptfiguren, und meistens wird hier das Hauptproblem der Geschichte revolutioniert. Nach diesem wichtigen Action­Panel sehen wir einige Panels lang, wie das Problem aufgelöst wird, und wir sehen, wer die Gewinner und Verlierer zu sein scheinen. Das braucht meistens eine halbe bis ganze Seite. Der Rest der Geschichte ist der Epilog, der typischerweise die letzte halbe Seite in Anspruch nimmt. Er enthält entweder einen Twist, der die Gewinner und Verlierer miteinander vertauscht, oder zeigt, wie sie auf ihr Gewinnen und Verlieren reagieren, und ist meistens am besten, wenn diese Vorgänge mit einem lustigen Witz zusammenhängen. Bei manchen Storys habe ich den Schlussgag schon recht früh beim Schreibprozess im Kopf. Bei anderen muss ich ihn hinzufügen, nachdem der gesamte Plot bereits entwickelt ist. Der Prozess, den Plot auf Papier aufzuschreiben, fängt normalerweise mit sehr kleinen Zeichnungen an, sogenannten Thumbnail­Sketches [wörtlich: „Daumennagel­Skizzen“]. Das sind sehr grobe Scribbles, schnell auf Papier gekritzelt, lediglich um einen Eindruck davon zu bekommen, was sich abspielt, sodass ich weiß, wie viele Panels und Seiten es braucht. Ich platziere normalerweise zwei Seiten einer Story als Thumbnails auf einem Blatt A4. Die Thumbnails werden sehr klein gezeichnet, sodass ich nicht viel Zeit und Arbeit in die Zeichnungen investieren kann und auch nicht Platz habe, den kompletten Dialog hineinzuschreiben. Dies liegt daran, dass viele Panels mit bestimmter Handlung an andere Stellen auf derselben Seite, oder sogar von einer Seite zur nächsten wandern können. Das passiert, weil ich bei jeder Seite das Layout in Betracht ziehen muss, und wie dieses auf das Storytelling in Bezug auf die Reaktionen des Lesers wirkt. So sollte jede Seite einen „Page Turner“

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Interview mit Rob Klein Die visuellen Gedankengänge beinhalten folgendes: 1) Sicherstellen, dass bei Größe und Form der Panels genügend Variation gegeben ist. Das ist angenehmer fürs Auge und wirkt nicht so, als ob man auf ein Gitter voller detaillierter Boxen schaut; 2) Darauf achten, die Perspektiven und Abstände zu variieren, damit es etwa Nahaufnahmen gibt, wenn es wichtig ist, die Gesichtsausdrücke genau zu sehen, um die Emotionen zu empfinden, und damit es auch Großaufnahmen gibt, um den Überblick zu behalten und den geografischen Kontext zu sehen ­ wo die Figuren sich befinden; 3) Sichergehen, dass die aneinander grenzenden Seiten ästhetisch nicht miteinander in Konflikt stehen und 4) Dafür sorgen, dass die Menge an Detail von Panel zu Panel variiert, um "Raum zum Atmen" zu lassen, wie von Carl Barks vorgemacht, sodass es nicht generell überladen und zusammengequetscht wie bei Don Rosas Artwork und teilweise auch bei Vicar wirkt.

Wenn ich die Panels und die grundlegenden Dialoge (Bedeutung) festgelegt habe, schreibe ich den endgültigen Text, und füge Gags ein. Dieser Prozess erlaubt es mir, Teile der Action zu ändern oder zu verfeinern, bevor ich meine endgültigen Storyboards zeichne, die bei mir mehr nach fertigen Bleistiftzeichnungen aussehen als bei den meisten Comic­Autoren, die einfach Scribbles zeichnen, irgendwo zwischen meinen Thumbnail­Skizzen und meinen Storyboard­Zeichnungen. Wenn ich davon überzeugt bin, dass alle wichtigen Elemente der Story, Dialog, Handlung und Gags feststehen, fange ich an, die endgültigen Storyboards zu zeichnen. Ich nehme meist Papier, das so hoch ist wie DIN A4, aber ca. 10% breiter. Ich zeichne eine Seite der Geschichte pro Blatt Papier. Ich zeichne sie normalerweise mit einem blauen non­Foto­Farbstift, sodass ich eine Menge herumradieren kann, und damit, wenn ich die finalen schwarzen Linienzeichnungen mache, die Kopien nicht von Überresten schwarzen Bleistifts verschmutzt sind. Wenn ich meine finalen Storyboards gezeichnet habe, schicke ich sie dem Redakteur. Wenn ich alleine arbeitete, hätte ich bereits ein einseitiges Plotszenario an meinen Redakteur zur Genehmigung geschickt, und nachdem dieses gebilligt wurde, hätte ich eine zwei­ bis dreiseitige Plotbeschreibung an den Redakteur geschickt. Er hätte darüber mit mir diskutiert, und Vorschläge

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Interview mit Rob Klein gemacht, bevor ich mit den finalen Storyboards begonnen hätte. Nachdem ich die Storyboards an den Redakteur geschickt habe, arbeite ich an einer weiteren Story, während ich auf seine Kommentare warte. Wenn die Kommentare da sind, ändere ich die Storyboards hin zur finalen Version ­ die Geschichte ist offiziell akzeptiert, bekommt einen Storycode und wird bezahlt. Dann wird sie einem endgültigen Zeichner zugeordnet. Manchmal akzeptiert der Redakteur die Geschichte und gibt ihr einen Code, bevor ich die endgültigen Änderungen vorgenommen habe. Wenn ich mit bestimmten (Bleistift­)Zeichnern wie Jan Gulbransson, Tim Artz oder Henrieke Goorhuis zusammenarbeite, bespreche ich mich mit ihnen während jeder Phase meines Schreibprozesses, um sicherzustellen, dass sie mit der Storyline einverstanden sind und sie zeichnen wollen, also keine Probleme damit haben. Wenn ich mit Jan Gulbransson zusammenarbeite, lasse ich ihn immer meine Storyboards abzeichnen und dabei die Inszenierung verbessern, sodass die Geschichte so gut wie möglich aussieht und der Redakteur sie akzeptiert. Das ist praktisch, denn Jan zeichnet seine finalen Bleistiftzeichnungen direkt über seine eigenen Scribbles, ähnlich wie Barks, der seine endgültigen Tuschestriche über seine blauen Scribbles zeichnete. Wenn ich mit anderen Zeichnern arbeite, verbessern sie oft nur einzelne Panels der Storyboards, und wir reichen sie beim Redakteur so ein — als gescannte Seiten in E­Mail­Anhängen. Das garantiert, dass wir immer noch die Originalseiten haben, um Änderungen vorzunehmen. Der Redakteur kommentiert die Storyboards und die Geschichte wird gekauft. Dann setzt der (endgültige) Zeichner diese Änderungen um, wenn es welche gibt. Wenn der Redakteur der Meinung ist, dass die Geschichte bereit ist, zeichnet der Zeichner die finalen Bleistiftzeichnungen. Das kann bei einer zehn­ bis 14­seitigen Story zwischen drei, vier Tagen und einer Woche dauern. Dann wird sie dem Grafikredakteur vorgelegt. In der Zwischenzeit schreibe ich eine weitere Story, und der Zeichner zeichnet eine andere. Manchmal arbeiten meine Zeichenpartner mit mir beim Schreiben zusammen. Nach einigen Wochen bekommen wir die Story­ Kommentare zugeschickt, und der Bleistiftzeichner wird die erwarteten Änderungen vornehmen. Dann werden Scans der fertigen Seiten dem Grafikredakteur zum letzten Drübersehen geschickt. Wenn sie angenommen werden, kann der Zeichner sie entweder selbst inken (tuschen) ­ oder, wenn er mit seinem eigenen Tuschezeichner zusammenarbeitet, sendet oder übergibt er diesem die ursprünglichen Bleistiftzeichnungen. Wenn der Bleistiftzeichner nicht als Tuscher anerkannt wird, oder keinem eigenen Tuschepartner hat, sendet er/sie die Bleistiftzeichnungen an den Redakteur, der sie dann einem Tuscher des Verlags zuordnet. Wenn die Tuschung beendet und schlussendlich nach möglichen Änderungen angenommen ist, werden die getuschten Seiten per Computer gescannt und mit einem PC­Programm von Koloristen eingefärbt. Dann werden die farbigen Seiten gedruckt und in Heften gebunden. Sobald die Geschichten Storycodes haben, wandern sie in einen Pool von Geschichten, die nach Seitenzahl gruppiert sind. In den vielen Monaten danach werden sie für eine bestimmte Publikation eingeplant, welche einige Monate danach erscheint. Bei Egmont ist die Zeitspanne zwischen dem Datum der Storycode­Festlegung und der Erstveröffentlichung meist eine recht gleichmäßige, durchschnittlich ein paar Monate. Sanoma hat offenbar einen schnelleren Umschlag bei ein paar speziellen Storys, aber die Wartezeit kann bei anderen deutlich länger sein. Kürzlich wurde eine Geschichte von mir gedruckt, die vor etwa sechs Jahren angenommen und bezahlt wurde. Aber die längste Wartezeit, die eine meiner Geschichten hinter sich hat, war stolze 15 Jahre!

Gab es schon einmal inhaltliche Änderungen zwischen deinen Layout-Skizzen und dem fertig getuschten Zeichnungen? Ja. Es gibt IMMER Änderungen im Aufbau der Panels, wenn der Autor nur Storyboards macht und ein anderer Künstler die fertigen (Bleistift­)Zeichnungen.

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Interview mit Rob Klein Es ist der Job der Letzteren, die Geschichte so interessant und spannend wie möglich zu machen, durch Positionieren und Drehen der Figuren in jedem Panel, Mimik und Gestik (Gesichtsausdrücke und Körpersprache) und durch Verbesserung der Action, indem er die Posen der Figuren in dreidimensional wirkenden, natürlich aussehenden Bewegungen zeichnet. Jan Gulbransson ändert Posen und Aufbau weniger als viele andere Zeichner, die meine Geschichten umgesetzt haben, da ich mit ihm darüber rede, was ich mir für jede Szene vorstelle, und er stimmt mir meistens zu. Aber er ändert auch deutlich mehr als einige andere, da er ein besserer Geschichtenzeichner ist als jene, und besser weiß, wie man die Inszenierung verbessern kann.

Ein bekannter Tipp für Autoren ist es, nur über das zu schreiben, was man selbst kennt. Unter Barks wurde Donald einmal Hühnerfarmer, Taliaferro verschaffte Donald nach Vorbild seiner Schwiegermutter eine taffe Großmutter. Wie viel Autobiografisches steckt in deinen Geschichten? Praktisch jede Geschichte, die ich geschrieben habe, und vermutlich alle, die ich noch schreiben werde, basieren auf Merkmalen von Menschen, denen ich begegnet bin und die ich gut kenne, oder auf Ereignissen, die solchen ähneln, die ich selbst erlebt habe, und die in Umgebungen passieren, die solchen ähneln, die ich sehr gut kenne. Ich habe ein 17­seitiges Dagobert­Abenteuer für Egmont geschrieben, das zwar gekauft und mit Storycode versehen, aber leider nie fertig gezeichnet wurde. Es ging um seine Rückkehr in die Gegend des Goldrauschs am Yukon/Klondike­Tal, um dort ein geheimes Goldlager zu finden, welches er dort 1898 zurückgelassen hatte. Fast immer, wenn ich Freunde die Geschichte lesen lasse, sagen sie, dass sie vor Kälte zittern und sich so fühlen, als ob sie wirklich dort wären, wenn sie meine Zeichnungen von frierenden und zitternden Ducks in Schnee und Eis bzw. beim Fallen ins eisige Wasser sehen. Ich habe viel in Schnee und Eis erlebt, da ich lange Jahre in Manitoba gelebt habe und an mehr als 2000 Tagen meines Lebens Skifahren (hauptsächlich in Bergen) war. Meine Donald­Skirenn­Geschichte ist diejenige meiner Storys, die am populärsten bei Fans ist. Sie wurde fünfmal in Finnland gedruckt, viermal in Norwegen, dreimal in Dänemark und Schweden. Meine Fieselschweif­Winter­Überlebenstrainingsgeschichte für Sanoma ist ebenfalls sehr beliebt. Ich habe auch Figuren nach dem Vorbild von Menschen, die ich kenne, ausgeschmückt oder übertrieben, wie etwa Oma Ducks mürrischen Nachbarn Nolte [z. B. in „Die Eier des Kolumbus“, Anm.], oder die Rivalität zwischen Daniel Düsentrieb und Hugo Habicht bzw. Habichts Wunsch, Düsentrieb als weltbester Erfinder zu überflügeln, entgegen seiner häufigen Verwendung als gewöhnlicher Dieb. Ich habe mehrere Storys geschrieben, die auf einem lustigen Zufall basieren ­ wenn eine Person etwas zu Unrecht annimmt, da der Zufall es so aussehen lässt, als ob die zwei voneinander unabhängigen Ereignisse miteinander in Verbindung stehen, obwohl dem nicht so ist, oder wenn etwas wie etwas anderes aussieht. Ich habe in meinen über 70+ Lebensjahren viel erlebt, also muss ich nicht versuchen, über Dinge zu schreiben, die ich nicht kenne. Also kann ich glücklicherweise dem Leser das Gefühl ersparen, dass meine Geschichten keinen wahren Kern haben.

Der erste Donald-Comic von Carl Barks erschien vor fast achtzig Jahren, seitdem baute er die Welt um den Erpel immer weiter aus. Entenhausen wuchs immer weiter und Nebenfiguren aus einzelnen Comics (z. B. Dagobert) wurden zu etablierten Charakteren. Gibt es modernere Figuren aus Donalds Umfeld, denen du eine ähnliche Karriere zutrauen würdest? Mir fallen keine spezifischen modernen Charaktere ein, die Megastars wie Dagobert oder Donald werden könnten. Donald ist der "Jedermann", mit dem man sich als normaler Mensch identifizieren kann. Es braucht in einem Comic­Universum nur einen Typ der Art. Dagobert ist ein Vehikel, um Donald in verschiedene Abenteuer überall auf der Welt hineinzuziehen. Er kann ebenfalls ein Held sein, da er ehrlich, loyal, seinen Überzeugungen verpflichtet, mutig und oft moralisch lobenswert ist. Aber, mir kommt kein anderer existierender Charakter in den Sinn, der ähnlich populär und selbst ein Star werden könnte. Ein neuer Charakter, der das erreichen soll, muss sehr anders sein.

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Interview mit Rob Klein Vielleicht hat Della, die kürzlich [in DuckTales 2017, Anm. d. Red.] eingeführte Mutter von Tick, Trick und Track, dieses Potenzial, denn sie ist weiblich, und ebenfalls abenteuerlustig, zuverlässig und mit guten moralischen Werten. (Wenn es Autoren gelingt, das potenzielle Problem zu umschiffen, dass Leser denken, sie habe ihre Kinder im Stich gelassen, um im All Abenteuer zu erleben.) Daisy Duck ist oft unnötig gemein gegenüber Donald, sehr egoistisch, hinterhältig, kleinlich, geizig und rücksichtslos. Sie wurde bislang nicht in einem guten Licht gezeigt. Seit einiger Zeit wird sie in den Niederlanden in ihrem eigenen Magazin „Katrien“ [Daisys holländischer Name, Anm. d. Red.], welches sich an Mädchen richtet, deutlich positiver gezeigt, nämlich als intelligente, hart arbeitende und engagierte Erwachsene, die sich um ihre Nichten kümmert, ebenso um die Umwelt, Tiere und Gerechtigkeit für alle. Dennoch erinnern sich zu viele an Barks' Daisy, die nicht ein sympathischer Charakter war. Deswegen bezweifle ich, dass Daisy solche Beliebtheit erlangen könnte.

Barks, Jippes, Branca. Einige Disney-Zeichner stammen wie du aus der Animations-Branche, andere wie Rosa und Cavazzano blieben von Anfang an bei unbewegten Bildern. Glaubst du, diese KarriereUnterschiede sorgen für große Unterschiede in den fertigen Comics? Absolut! Künstler mit einem starken Animationshintergrund zeichnen Charakterfiguren und Tiere, die viel flüssiger sind, generell dreidimensionaler wirken, und sich mehr wie echte Menschen, Tiere und leblose Objekte bewegen. Für mich sehen ihre Geschichten deshalb viel realistischer aus. Das ist der Grund, weshalb ich Carl Barks' Artwork so viel mehr mag als fast alle anderen Disney­Comiczeichner, abgesehen von Daan Jippes, Freddy Milton, Jan Gulbransson, Ulrich Schröder und eine Handvoll Anderer ­ und weshalb ich Don Rosas Zeichnungen nicht mag, weil alles, was er zeichnet, für mich flach und steif aussieht.

In vielen Geschichten werden junge Charaktere als Identifikationsfiguren für die Konsumenten eingeführt. Batman bekam zum Beispiel Robin, damit lesende Kinder durch ihn an Batmans Seite Abenteuer erleben können. Sind Tick, Trick und Track auch immer als Identifikationsfiguren gedacht, mit denen man mitfiebert, oder kommt das ganz auf die Geschichte an? Ich denke, es gibt viele verschiedene Rollen, die Tick, Trick und Track in verschiedenen Arten von Geschichten spielen können, und sehr unterschiedliche Arten, sie einzusetzen, genauso wie es Carl Barks getan hat. Oft waren sie die „Stimme der Vernunft“, die erwachsene Rolle, wenn Donald sich kindisch und unverantwortlich benahm. Zu anderen Zeiten waren SIE die Unverantwortlichen und haben ihre Lektion von Donald gelernt. Manchmal werden sie gegeneinander ausgespielt, wenn jemand von Außen sie unterschiedlich behandelt, z. B. als Track eine „Freundin“ hatte und die anderen sich

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Interview mit Rob Klein außen vor gelassen fühlten, eifersüchtig waren. Manchmal sind sie die Helden, wenn Donald der Lage nicht gewachsen ist oder von der Versuchung irregeführt wird.

Bisher hast du nur Geschichten geschrieben. Würdest du gerne mal Comics zeichnen? Ja. Ich arbeite ständig daran, meine Zeichenkünste zu verbessern. Ich kann einzelne Bilder und Covers gut genug für endgültige Bleistiftzeichnungen zeichnen. Aber es dauert immer noch zu lange, um genügend Seiten zu zeichnen, sodass ich davon leben könnte. Storyboard­Skizzen zu zeichnen geht viel schneller. Ich muss auch die Einheitlichkeit meiner Figuren verbessern, um für endgültige Bleistiftzeichnungen engagiert zu werden. Aber ich bin über 70. Also weiß ich nicht, wie lang ich noch Zeit habe, bevor meine Zeichenhand zu wackelig wird.

Du arbeitest mit Jan Gulbransson öfters an Disney-Comics. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie läuft die ab? Als ich klein war [Anm.: Kleiner Scherz ;­)], war meine Familie im Sommer in den Niederlanden, um unsere Verwandten dort zu besuchen. Die Weihnachtsferien haben wir dort auch oft verbracht. Ich habe 1952 angefangen, das holländische „Donald Duck Weekblad“ [Anm: Entsprechung zum MMM], zu lesen und zu sammeln, also von Anfang an. In den frühen 1980ern habe ich die Donald­ und Dagobert­ Geschichten von Daan Jippes, Freddy Milton und Jan Gulbransson in den holländischen Disney­Heften gemocht. Nachdem ich angefangen habe, Donald­ und Dagobert­Storys zu schreiben und Storyboards für Oberon (niederländischer Verlag mit Disney­Lizenz) zu zeichnen, konnte ich alle drei Kollegen treffen. Ich traf Jan im Dezember 1984, als ich in Den Haag (Holland) wohnte. Ein befreundeter holländischer Comicsammler stellte mich 1982 einem deutschen Comicsammler aus Westfalen vor. Er hatte einige Kontakte ins Oberon­Büro, und Mitte 1984 hatte er ihnen einige meiner Zeichnungen von verlorenen/unveröffentlichten Carl­Barks­Seiten geschickt, wie Mr. Barks sie mir in drei Treffen bei ihm zuhause beschrieben hatte. Dadurch kam es zum Vorstellungsgespräch mit Oberons Grafikredakteur Eddie van Schuylenburg und dazu, dass ich für sie zu arbeiten begann. Einige Monate später stellte mich jener deutsche Freund Jan am Telefon vor. Gegen Ende des Jahres, auf einer Skitour nach Tirol machten wir Halt in München, jeweils am Anfang und am Ende der Reise, da dort der Flughafen war. Den Tag der Städtetour habe ich bei Jan zuhause verbracht, ich redete mit ihm, anstelle an der Führung teilzunehmen. Wir wurden sofort Freunde. Er mochte viele meiner Story­Ideen und wollte einige davon zeichnen. Wir haben auch per Brainstorming Ideen für neue Storys entwickelt, was viel Spaß gemacht hat. Wir entschieden, dass wir versuchen wollten, zusammen Storys zu schreiben. Daraus wurde eine über 35­ jährige Zusammenarbeit, die immer noch super läuft. Wir haben auch zusammen an Non­Disney­ Projekten gearbeitet. Manchmal habe ich eine Story, die eigentlich schon fertig geschrieben und gestoryboardet ist. Wenn Jan sie mag und zeichnen will, schauen wir uns sie gemeinsam an, und er sagt mir, was er gerne anders haben will, und warum die Story dadurch besser wäre. Wenn wir uns über alle Hauptelemente der Story einig sind, zeichnet er das Storyboard als Skizze neu, aber schon sehr, sehr nahe an den endgültigen Bleistiftzeichnungen ­ dann kann er diese nämlich direkt über die sehr feinen Skizzenlinien zeichnen (ähnlich wie Barks, der direkt über seine blauen Bleistift­Storyboards getuscht hat). Dann reichen wir die Storyboards bei der Redaktion ein (zu Beginn Disney NL, ab 2003 Egmont). Wir entwickeln Ideen für neue Storys, während der Redakteur die Story hat. Wenn sie zu uns zurückkommt, sind Kommentare dabei, die Änderungen verlangen. Wir diskutieren, wie wir die Änderungen umsetzen können. Dann macht Jan die endgültigen Bleistiftzeichnungen, und wir legen diese vor. Wir arbeiten an anderen Geschichten. Die Redaktion schickt die Zeichnungen mit jeglichen kleinen Änderungswünschen zurück, und in den frühen

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Interview mit Rob Klein Tagen hätte Jan sie selbst getuscht. Seit 1994 hatte er Hilfe beim Inken. Und ab 2000 macht sein Tuschezeichner (davon gibt es vier verschiedene) alle Tuschezeichnungen. Wenn ich eine Geschichte alleine schreibe, mache ich all das alleine, bevor die Redaktion die Geschichte einem Bleistiftzeichner zuteilt. Bei Gutenberghus 1989­2000 wurden z.B. alle meine Düsentrieb­Geschichten von Santiago Scalabroni gezeichnet. Einige meiner Storys wurden von Branca umgesetzt, wenige von Vicar, Millet, Santanach und anderen. Für die Niederlande habe ich einige Geschichten mit Frank Jonker geschrieben. Wir machen ein Brainstorming zusammen (wie mit Jan), und dann zeichnen wir jeweils die Hälfte des Storyboards. Ich habe auch Geschichten für Sander Gulien, Bas Heymans und Tim Artz geschrieben, sowie zusammen mit Henrieke Goorhuis, die sie dann gezeichnet hat.

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Interview mit Rob Klein Hast du irgendeine Erklärung dafür, dass Disney-Comics in deiner (und Disneys!) Heimat USA nicht mehr so beliebt sind wie in Europa? Ich habe fast jedes Jahr meines Lebens Zeit in Nordamerika (den USA und Kanada) und den Niederlanden verbracht, und mich auch viel in Deutschland und Skandinavien aufgehalten; deswegen habe ich einen guten Eindruck der verschiedenen Gesellschaften und davon, wie deren Werte sich im Laufe der Jahre verändert haben. Auf dem Höhepunkt der Popularität von Disney­Comics in den USA und Kanada 1950, wurden jeden Monat fünfeinhalb Millionen Ausgaben von „Walt Disney's Comics and Stories“ verkauft. Ich habe mal gelesen, dass das das weltweit erfolgreichste Magazin aller Zeiten war! Zu dieser Zeit hatten die USA und Kanada zusammen eine Bevölkerungszahl von etwa 165 Millionen. Das bedeutet, dass 1/30 (ugf. 3.3%) dieser beiden Länder [das Heft kauften]. Die stärkste Verbreitung des holländischen Wochenmagazins „Donald Duck Weekblad“ während der frühen bis mittleren 1970er Jahre, betrug etwa 450.000. Zu dieser Zeit lebten dort etwa 13 Millionen Menschen. Das bedeutet, dass ungefähr 3,5% der niederländischen Bevölkerung das Heft kauften. Also waren die [relativen] Verkaufszahlen in den Niederlanden nur unwesentlich höher. Aber es gab einen großen Unterschied in der Leserschaft. Basierend darauf, was ich über die Jahre feststellen konnte, und bestätigt durch alle, mit denen ich gesprochen habe, ist es klar, dass in Amerika hauptsächlich die Eltern von kleinen Kindern, dazu eine deutlich geringere Menge an Barks­Fans in ihren Teenager­Jahren, Disney­Comics gekauft haben ­ und nur diese kleinen Kinder und Teenager haben sie gelesen. In Vergleich dazu haben in den Niederlanden große Teile von Familien die Geschichten gelesen. Als ich jung war, haben Eltern das holländische Wochenmagazin ihren Kindern vorgelesen. In den frühen 1950ern, nach dem 2. Weltkrieg, war das Land noch dabei, sich von den Verwüstungen zu erholen. Die Menschen hatten wenig Geld übrig, weil sie es gebraucht haben, um Schäden zu reparieren oder wieder ein Geschäft aufzubauen, oder um es zu sparen, weil es keine Arbeit gab. Man hatte kein Geld, um ins Kino zu gehen. Comichefte waren günstige Unterhaltung, welche die Fantasie von Kindern in ihren Bann schlug. Disney war in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Skandinavien noch relativ neu ­ anders als in Italien, wo es schon vor dem Krieg ziemlich populär war. In den 1950ern hat praktisch jeder Junge, den ich in Holland kannte, Disney­ Comics gelesen, und die meisten Mädchen ebenfalls. Dasselbe galt auch durch die 1980er. Ich habe mal eine Statistik gesehen, nach der in den 1970ern um 75% der Haushalte mit Kindern zwischen 3 und 12 ein Abonnement des "Donald Duck Weekblad" hatte. Das ist unglaublich. Praktisch jeder in der gesamten Gesellschaft war sehr vertraut mit den Entenhausenern. Sie waren Ikonen. Dasselbe gilt für ganz Skandinavien, besonders aber in Finnland: In jedem Wahljahr bekommt Aku Ankka (also Donald Duck) viele Tausend Stimmen für die finnische Präsidentenwahl. [Anm. d. Red.: !!!!!] In gewisser Weise sind die wichtigsten Entenhausener wegen Carl Barks' großartiger Arbeit zu Ikonen geworden, die aber auf westeuropäische Länder viel stärker Einfluss gehabt haben als auf die Gesellschaft der USA. Es gibt einen anderen wichtigen Faktor, der mit für die Abnahme der Popularität der Disney­Comics in den USA verantwortlich ist, verglichen mit dem westlichen Europa. Und zwar liegt es mit daran, dass Bücher, und bei jüngeren Menschen sogar jegliches Lesen, seit den 1970ern in den USA generell viel mehr zurückgegangen ist als in Europa ­ besonders stark seit den frühen 1990ern, als Heimcomputer verbreiteter wurden und das Internet begann.

Vielen Dank für das ausführliche Interview!

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Rezension: DuckTales Comics (IDW) VON

DAVID BÜHRING

DuckTales #4 Dezember 2017 war es endlich soweit: Erstmals spielten die Geschichten in der DuckTales­Comicreihe nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart, in der Dagobert, Donald und Quack samt Nicky und den Drillingen Abenteuer erleben. Die Vergangenheit wurde in den Comics zur Vergangenheit, nun kann man erstmals Nicky und Quack vielleicht sogar Frieda in gezeichneter Aktion sehen!

Die beiden Cover von Marco Ghiglione ähneln etwas den vorherigen: Auf dem einen sieht man in einer ruhigen Szene etwas mystisch Fremdes, das die Aufmerksamkeit der Leute auf und vor dem Cover auf sich zieht, auf dem anderen eine Actionszene in spannender Perspektive. Jedes der beiden Cover bezieht sich auf eine Geschichte, wobei auf dem zweiten Nicky fehlt. Seltsam. Auf dem „retailer incentive“­Cover des Ducktales­Creative­Teams sieht man diesmal den dritten Drilling, Track Duck. Er sei als „the youngest triplet“ „quick­witted, fast­talking, and charming“ und „has Scrooge's head for money­making schemes, but none of Scrooge's work ethic“ bzw. in anderen Worten: Track „loves making money, but isn't all that great with it“ und „really, really loves living in a mansion“. Anscheinend kann man über junge Leute nicht so viel unterschiedliches sagen wie über die erwachsenen Ducks.

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Rezension: DuckTales Comics (IDW) Das Heft wird eingeleitet mit der Geschichte „Happy, happy valley“ ("Die Insel der Glückseligkeit"), in der Dagobert, Donald, die Drillinge, Nicky und Quack auf einem abgelegenen Eiland notlanden müssen. Einsam ist die Insel aber nicht: Gladys Seeya leitet dort einen Erholungspark, bei dem den Gestrandeten jeder Wunsch erfüllt wird. Ein Paradies also, bei dem keiner wieder nach Hause möchte – oder darf. Um einen Camping­Ausflug mit dem Fähnlein Fieselschweif zu finanzieren, veranstalten die Drillinge in „Fight“ ("Schwert der Vergeltung") einen Flohmarkt, auf dem sie alten Kram von Dagobert verkaufen. Dabei finden sie einen fremd aussehenden Kriegshelm und wecken dabei versehentlich den Fluch der Zwillings­Samurai. „Happy, happy valley“ hat einen kleinen Twist am Ende, deshalb ist es wohl besser, nicht zuviel darüber zu schreiben. Obwohl in den Comics nicht mehr Dagobert mit Donald und Della nach antiken Schätzen suchen, findet sich in „Fight“ ein solcher. Dieser antike Artefakt berichtet von einer jahrhundertealten Fehde zwischen Zwillingen, von denen nur einer namentlich genannt wird, nämlich Roninth. Nomen est Omen, ein Rōnin ist ein herren­ und ehrenloser Samurai. Heute wird der Begriff in Japan oft für junge Leute benutzt, welche die Prüfungen für Universitäten nicht bestanden und sich ihr Leben deshalb mit kleineren Jobs und dem Pauken für die nächste Prüfung verbringen. Das macht die Drillinge gewissermaßen auch zu Rōnins, denn sie müssen auf ihrem Flohmarkt arbeiten, um die Kriterien für das Fieselschweif­Camp zu erlangen. Da sie den ganzen Comic lang nicht auf Dagobert, Donald oder Frieda stoßen, könnte man sie auch als herrenlos bezeichnen. Mit einem solchen „Herren“ würden sie auch kaum im Videospiel­Stil miteinander kämpfen können. Gladys Seeyas Name ist da etwas schlichter, nämlich nur ein Wortwitz: „Glad to see you.“ Ihr gegenüber behauptet Trick, mit vollem Namen Dufert Ellsworth Waterford Ellemenopay Yastrzemski Duck zu heißen, dessen Initialen sich zu seinem englischen Namen Dewey bilden. „Dufert“ (oder Dewford) wird schon in der ersten Folge der DuckTales­Serie als Tricks Vorname genannt, Ellemenopay klingt wie die Buchstaben LMNOP. Wie in der Trickserie gibt es in den Comics sowohl wilde Abenteuer in der Ferne als auch welche in den eigenen vier Wänden, oder, um es mit Frank Angones' Worten zu sagen, sowohl Weltenbummler­Folgen als auch Entenhausen­Folgen, die sich jeweils abwechseln sollen. Die bisher etablierten Muster, nach denen die bisherigen Comics abliefen, scheinen damit endgültig vorbei zu sein. Stattdessen gibt es dank den Neffen jede Menge witziger Dialoge und mehr Herz als in den Geschichten mit Della. Eine Win­Win­Situation also! Mal gucken, ob es auch so weiter geht!

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Rezension: DuckTales Comics (IDW) DuckTales #5 Das Jahr 2018 begann mit der DuckTales­Ausgabe 5. Und mit einer Menge anderer Dinge, über die wir hier aber nicht reden.

Ghiglione hat für diese wieder zwei Cover geschaffen. Eins zeigt Donald und die Jungs gefangen im Krähennest eines Piratenschiffs, auf dem sich Dagobert an einem Tau schwingend mit den Besitzern zofft – das andere zeigt die Ducks mit Quack in einem Flugzeug. Unnötig zu erwähnen, welches Cover ich für besser halte. Aber hey, es können ja nicht alle seine Cover toll sein. Das „retailer incentive“­Cover zeigt nach Dagobert, Donald und den Drillingen nun Nicky, „the unofficial 'fourth nephew'“. Sie ist „an excellent combatant and strategist“, „has an encyclopedic knowledge of adventure, ancient languages, and legends“, sie „greets everyone she meets with an enthusiastic 'I'm Webby!'“ und „is excited to finally be part of a family“. Gerade der letzte Punkt ist etwas betrübend. Betrachtet Nicky ihre Großmutter Frieda etwa nicht als Teil ihrer Familie? Und sie kannte Dagobert noch vor den Drillingen, betrachtet sie ihn erst seit kurzem als ihre Familie?

In „Go, go, Golden Years!“ ("Das Geheimnis ewiger Jugend") bemerkt Dagobert, dass er bei seinen wagemutigen Abenteuern nicht immer so ungeschoren davonkommt wie noch zu seiner Jugend. Also lässt er seinen Kreislauf von Rip van Wrinklestein auf den einer Schildkröte ändern, um sein Leben erheblich zu verlängern. Leider verlängert dies auch seine Reaktionszeit: Dagobert ist auf einmal wie eingefroren.

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Rezension: DuckTales Comics (IDW) In der zweiten Geschichte namens „A Series of unfortunate Substitutions!“ ("Runter kommen sie immer") stürzt Quack während einer Flugshow ab und darf zwei Wochen nicht mehr fliegen. Doch dafür hat Quack nun viel Zeit dafür, Trick das Fliegen beizubringen. Angenommen natürlich, dass Donald ihn lässt. Die Gegenwarts­Comics tun Joey Cavalieri und Joe Caramagna gut: Ihre verrückten Ideen werden in immer neuen Genres ausgelebt, seit Ausgabe 4 sind ihre DuckTales­Comics so gut wie nie zuvor! In „Go, go, Golden Years!“ wird es tatsächlich geschafft, eine Referenz zur Bibel mit einer zu Kaffee zu kombinieren: Der verrückte Dr. Quackmore Quantum braucht das „Golden Calf of Latte“ für seine „Caffeine Bomb“. Dagobert erwähnt nicht nur Cosplayer, sondern auch Abenteuer mit Ernest Henintheway (Anspielung an den Autoren und Lebemann Ernest Hemingway). Die Wurzel zweier Weltreligionen, ein Getränk für Erwachsene und ein kontroverser Womanizer. Und ich Narr dachte, die Comics wären für Kinder! Als Dagobert wie eingefroren ist, hält ihn eine Passantin für eine Statue und wiederholt einen Gag aus „Cheating like Nostradogmus“, Ausgabe 3. Beide Geschichten stammen vom Comic­Autoren Joey Cavalieri. Donald ist außerdem wieder verzweifelt auf Jobsuche: Ein Thema, das die Pilotfolge sowie die ersten Comic­Ausgaben ebenfalls behandelten. Und Donald bewirbt sich um einen Job in Calisota, was ja eigentlich der Bundesstaat ist, in dem Entenhausen liegt. Aber wenn Donald aus Entenhausen nach Calisota fliegen muss... seltsam. Wie in der vorherigen Ausgabe glänzt auch diese durch angenehmen Humor mit gutem Timing sowie einem gewissen Gefühl von Familie – auch wenn Dagobert sich bei Quacks Bruchlandung erst nach dem Wohlergehen des Flugzeuges und dann erst nach der von Quack erkundigt. Generell gewinnt man durch die Trickserie und den Comics den Eindruck, dass Dagobert seinen Geiz verlor und nun statt eines knallharten Geschäftsmanns nur noch ein Abenteurer mit finanzieller Rückendeckung ist. Die DuckTales­Ausgaben #3, #4 und #5 wurden in dem Paperback „Mysteries and Mallards“ nachgedruckt mit einer Galerie aller Cover. Weitere Sammelausgaben werden „Quests and Quacks“ (mit dem Nachdruck der Hefte #6­8) und „Fowl Play“ (mit den Heften #9­11) sein.

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Comic: Der Würstchendieb

Story und Zeichnungen: Donald Duck34; Kolorierung: David Bühring (Entstehung: 2019)

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Interview mit Kari Korhonen VON

DONALD DUCK34, SPECTACULUS UND FLOYD MONEYSAC ÜBERSETZUNG: DONALD DUCK34 Welche Zeichner und Autoren schätzen Sie am meisten? Nun, ich denke, wir sind alle Kinder von Carl Barks, künstlerisch gesehen. Ich hatte auch das große Vergnügen, zu Beginn meiner Karriere mit meinen großen Helden Daniel Branca und Vicar zusammenzuarbeiten, da ich für sie Geschichten schrieb. Jippes, Gottfredson, Gonzales ... zu viele, um sie alle aufzulisten.

Welchen Disney-Charakter mögen Sie am liebsten? Ich habe Onkel Dagobert immer geliebt, obwohl ich mich an den meisten Tagen wie ein Donald fühle. Dagobert ist ein Sammler, wie ich. Ich sammle Bücher und Kunst, er sammelt Geld. Für ihn sind Münzen Erinnerungsstücke an ein langes, aufregendes Leben, wie eine Art Tagebuch. Ich zeichne gerade eine neue Serie mit dem Titel „Klondike Journals“, die noch in diesem Jahr erscheinen wird. Achtet im Micky­Maus­ Magazin darauf.

Zeichnen Sie lieber One-Pager, Kurzgeschichten oder längere Comics? Ich tue, was der Verlag will. Heutzutage sind es meist Zehnseiter. Die mag ich am liebsten.

Was macht mehr Spaß und was ist anspruchsvoller: als Autor oder Zeichner zu arbeiten? Es sind zwei sehr unterschiedliche Disziplinen, was für mich aber ein Segen ist. Das macht die Arbeitstage abwechslungsreicher. Das Zeichnen ist zeitaufwendiger, aber macht Spaß, das Schreiben ist einfach, aber viel zu schnell.

Welche ist von Ihren eigenen Comics Ihre Lieblingsgeschichte? Ich könnte es wirklich nicht sagen. Ich fürchte, je älter ich werde, desto schlechter wird mein Gedächtnis. Der „alte“ Vicar, der mit der gleichen Frage konfrontiert wurde, erwähnte immer die drei Geschichten, die er die letzte gezeichnet hatte. Es ist einfacher, sich zu erinnern, versteht ihr? Schaut euch die Bolivar­Geschichte an, die im Januar 2019 im Micky Maus Magazin veröffentlicht

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Interview mit Kari Korhonen wurde. [Anm.: "Nächtliche Geheimnisse" aus dem Micky Maus Magazin 1/19.] Das war okay.

Ihre Donni-Duck-Comics sind ganz anders als die italienischen. Verfolgen Sie, was italienische Autoren wie Bruno Enna mit den Figuren machen? 1999 wurde ich zum ersten Mal gebeten, Donni zu zeichnen, als das italienische Projekt noch recht neu war. Ich habe etwa 50 Episoden gemacht und finde sie ziemlich lustig. Ich fürchte, ich habe von Anfang an keine der italienischen Geschichten gelesen.

Haben Sie als Autor bestimmte Ambitionen? Ich stelle oft fest, dass Ihre Geschichten mit einer bestimmten Erwartung spielen und dann unerwartet eine ganz andere Wendung nehmen, indem sie mit den Erwartungen des Lesers spielen. Eine schwierige Frage. Ehrlich gesagt, in Zeiten schrumpfender Leserschaft bin ich einfach sehr dankbar, weiterzuarbeiten. Im Moment haben meine Ambitionen, wie sie sind, mit der möglichen zweiten Serie zu den von mir erwähnten "Klondike Journals" zu tun. Die erste Serie führt in viel neue Geschichte für Dagobert ein. Es wird noch viel mehr kommen. Auf meiner Facebook­Seite findest du Updates: https://facebook.com/kari.korhonen.731

Bisher haben Sie Disney-Comics nur für den Egmont-Verlag gezeichnet. Beabsichtigen Sie auch, für andere Verlage zu zeichnen, z.B. Sanoma oder Hachette? Ich mache ein wenig Facharbeit für Sanoma Finnland, aber nein, ich habe im Moment keine Pläne dafür.

Inzwischen haben Sie sich vom klassischen Donald-Duck-Zeichenstil viel abgewandt und Ihren eigenen, ganz speziellen, manchmal etwas expressionistischen Stil entwickelt. War das eine bewusste Entscheidung und was sind die Gründe dafür? Ja, ich denke, ich bin dort eine Weile etwas „wild“ geworden ­ expressionistisch ist ein so gutes Wort wie jedes andere. Das war ein Versuch, etwas Neues zu machen, aber die Ergebnisse gefielen mir nicht. Ich denke, du wirst die neuesten Sachen viel mehr im klassischen Stil und zumindest nach meinem Geschmack finden.

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Internes

In dieser neuen Kategorie werden wir ab sofort in jeder Ausgabe alles den Bertel­Express Betreffende veröffentlichen: Vorschauen, Ankündigungen, Leserbriefe, Umfragen, und so weiter.

Vorschau: Bertel­Express 33 Unser nächstes Magazin wird neben einer Originalcoverzeichnung von William Van Horn auch Interviews mit den professionellen Zeichnern Paco Rodriques sowie Silvio Camboni enthalten.

Ausgabe 33 erscheint voraussichtlich im ersten Quartal 2020.

Bei Scott Ball stellt Donald auf acht Seiten seine fotographischen Kenntnisse unter Beweis.

Leserbriefe Egal ob Lob, Kritik, Anregungen oder Fragen — hier ist Platz für die Meinung unserer Leser. Per E­Mail kannst du einen Leserbrief an uns senden: bertel­express@gmx.net Gerne kannst du auch auf unseren Kanälen im Fieselschweif­ oder Comicforum, im Donald­Club oder auf Twitter mit uns Kontakt aufnehmen.

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Internes

Vorschau: Bertel­Express Spezial 4

Nachdem wir bereits die Hauptreihe fortgeführt haben, werden wir nun auch die Spezial­Reihe wieder zum Leben erwecken: Und zwar mit einem kompletten Band mit Comicgeschichten der talentierten Fanzeichnerin Sarah Jolley („Spuk oder nicht Spuk“ in dieser Ausgabe; „Lucrum in arca“ in Ausgabe 30; „Das Elstern­Gleichnis“ in Ausgabe 31). Der Band wird neben fünf spannenden Geschichten auch ein Interview sowie Artikel enthalten.

BE Spezial 4 erscheint voraussichtlich im vierten Quartal 2019.

Wir suchen immer noch Fanzeichner, die bei unserem geplanten gemeinsamen Comic mitmachen können. Genaue Informationen findest du auf unserer Webseite: https://bertelexpress.blogspot.com/p/wir­suchen­dich.html

Umfrage Stimme per E­Mail an bertel­express@gmx.net oder auf unserer Webseite https://bertelexpress.blogspot.de ab.

Die Ergebnisse der Umfrage werden im nächsten Heft an dieser Stelle veröffentlicht. Wie oft soll der Bertel-Express in Zukunft erscheinen? — monatlich — 2­monatlich — 3­monatlich — 4­monatlich — halbjährlich — jährlich Klickt euch auf unsere Webseite!

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Lyrics VON

DAVID BÜHRING

A Whale of a Tale / Ein Seefahrer, der geladen hat Refrain: Got a whale of a tale to tell ya,

lads

A whale of a tale or two 'Bout the flappin' fish and the girls I've loved On nights like this with the moon above A whale of a tale and it's all true I swear by my tattoo

Refrain: Ach,

ein Seefahrer, der geladen hat, erlebt ja so allerlei mit dem Weibervolk in der Hafenstadt! Die Nacht ist lau und der Mann ist blau! Was einem da passieren kann, das schmeißt den stärksten Mann!

There was Mermaid Minnie, met her down in Madagaskar She would kiss me, any time that I would ask her Then one evening her flame of love blew out Blow me down and pick me up! She swapped me for a trout

Das war Schmuggel-Minna, meine Braut in Madagaskar. Sie war treu mir, denn sie liebt mich, das war glasklar. Doch auf einmal, ich war vor Wut ganz toll. Brat mir'n Storch und paß mal auf: sie nahm 'nen Mann vom Zoll!

Refrain

Refrain

There was Typhoon Tessie, met her on the coast of Java When we kissed I bubbled up like molten lava Then she gave me the scare of my young Blow me down and pick me up! She was the captain's wife

Das war Haifisch-Lili, meine Braut im schönen Java. Wenn die da war, war mein Blut so heiß wie Lava. Doch auf einmal, da wurde mir ganz mau. Brat mir'n Storch und paß mal auf: sie war des Käpt'ns Frau!

Refrain

Refrain

There was Harpoon Hannah Had a face that made you shudder, lips like fish hooks... And a nose just like a rudder If I kissed her and held her tenderly (Held her tenderly) There's no sea monster big enough To ever frighten me

Das war die Kneipen-Hanna, ach, die war so mies und gräßlich. Lippen wie'n Fischmaul, eine Nase, lang und häßlich. Seit mich diese gar zärtlich hat geküßt (zärtlich mich geküßt), kein Ungeheuer mich erschreckt, und sei es noch so wüst!

Refrain

Refrain

— aus "20.000 Meilen unter dem Meer" (1954) — Musik: Al Hoffman; Text: Norman Gimbel

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Impressum Ausgabe 32 — 07.08.2019

Chefredakteur (V. i. S. d. P.): Donald Duck34 Stellvertretung: David Bühring, Topolino

Titelbild: Zeichnung: Ray Nicholson

Freie Mitarbeiter an dieser Ausgabe: Spectaculus, Floyd Moneysac, Dümpelfried, Primus, Ideeus, Karsten Bracker, Topolino

Illustration auf Seite 2: Idee, Zeichnung und Kolorierung: Mikkel Hagen

Lektorat: Floyd Moneysac, Donald Duck34, David Bürhing

Idee, Zeichnung und Kolorierung: Darrin Brege

Gestaltung: Karsten Bracker (Design), Dagolart (Logo), Topolino (Zusammenstellung)

Bild Rückseite:

Internet: E­Mail: bertel-express@gmx.net

bertelexpress.blogspot.com www.issuu.com/bertel-express www.twitter.com/Bertel_Express

Dieses Dokument wurde mit Scribus Open-Source Desktop Publishing 1.4.7 erstellt.

Alle Bilder und Zeichnungen, sofern nicht anders angegeben,

© The Walt Disney Company

Danke an alle, die dieses Projekt möglich gemacht haben ...

Idee und Zeichnung: Marco Marasco

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